AG Moers, Urteil vom 29.11.2017 - 562 C 268/17
Fundstelle
openJur 2019, 16828
  • Rkr:

Bei einer nur aus der Preisliste hervorgehenden Reduzierung der Internetgeschwindigkeit ab einem Verbrauch von 200 MB handelt es sich bei vertraglicher Vereinbarung einer Internetflatrate von 500 MB um eine überraschende Klausel.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 19,99 EUR seit dem 07.11.2015 und aus 19,99 EUR seit dem 08.12.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 88 % und der Beklagte 12 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Gründe

Die Klage hat nur in Höhe von 39,98 EUR Erfolg.

Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Beklagte bei der Klägerin einen Mobilfunkvertrag zur Rufnummer XXX über den Tarif P. Blue Select abgeschlossen hat (Kopie des Mobilfunkvertrages vom 22.01.2015 als Anlage K 1, Bl. 18 ff.GA.).

Gegenstand der Klage sind rechnerisch offene Rechnungen aus dem Zeitraum August 2015 bis April 2016 (in Summe 187,13 EUR) sowie ein Schadensersatzanspruch nach klägerseits ausgesprochener Kündigung des Mobilfunkvertrages wegen Zahlungsverzugs.

Aus dem abgeschlossenen Mobilfunkvertrag steht der Klägerin gegen den Beklagten nur ein Anspruch auf Zahlung der Grundgebühr aus den Rechnungen für die Monate September und Oktober 2015 (Rechnung vom 30.09. und 29.10.2015, Anlagen K 5 und K 6) in Höhe von jeweils 19,99 EUR zu.

Zunächst steht der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Verbindungsentgelte in Höhe von 14,82 EUR aus der Rechnung vom 28.08.2015 (Anlage K 4) zu.

Die Grundgebühr der Rechnung hat der Beklagte ausgeglichen. Streitgegenständlich sind nur noch die Verbindungsentgelte, die die Klägerin für MMS in Rechnung gestellt hat. Nachdem der Beklagte bestritten hat, MMS verschickt zu haben, hat die Klägerin erläutert, dass es sich um umgewandelte SMS wegen Überschreitens der Höchstzeichenanzahl handele. Der Beklagte hat aber ebenfalls bestritten, SMS versandt zu haben. Beweis angetreten hat die Klägerin nicht, so dass die in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte insoweit der Zurückweisung zu unterliegen haben.

Im Weiteren steht der Klägerin gegen den Beklagten nur für die Monate September und Oktober 2015 die Grundgebühr zu.

Der Beklagte hat nämlich mit Schreiben vom 01.10.2015 (Anlage B 3, Bl. 69 GA.) den Vertrag wirksam kündigen können, mit der Folge, dass er ab dem Monat November 2015 keine Grundgebühr mehr schuldete.

Der Beklagte hat zwar darauf verwiesen, dass er bereits unter dem 31.01.2015 eine Kündigung des Mobilfunkvertrages erklärt habe (Anlage B 1, Bl. 67 GA.).

Diese Kündigung hat er aber sodann nicht weiter verfolgt. Dies folgt aus den zwischen den Parteien in zeitlicher Nachfolge gewechselten Schriftverkehr. Vor diesem Hintergrund muss sich der Beklagte daran festhalten lassen, dass er zum 01.10.2015 erneut eine Kündigung ausgesprochen hat und dadurch zu verstehen gegeben hat, dass der Vertrag zuvor fortgelten sollte.

Die unter dem 01.10.2015 ausgesprochene fristlose Kündigung hat den Mobilfunkvertrag beendet, § 314 BGB.

Nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mobilfunkvertrag schuldete die Klägerin eine Internet- Flatrate von 500 MB.

Nur aus ihrer Preisliste (vorgelegt als Anlage K 2, Bl. 22 GA.) folgt, dass nach einem Verbrauch von 200 MB eine Reduzierung der Geschwindigkeit im Internet erfolgt.

Entsprechen den Ausführungen des Beklagten handelt es sich hierbei um eine überraschende Vertragsgestaltung, die der Beklagte gemäß § 305 c BGB nicht gegen sich gelten lassen muss.

Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen brauchte.

Die Klägerin hat sich durch den Vertrag verpflichtet, eine Internetflatrate von 500 MB zur Verfügung zu stellen. Nur aus einer in den Geschäftsstellen ausliegenden Preisliste geht hervor, dass die Internetgeschwindigkeit von 3,6 Mbit/s nach einem Verbrauch von 200 MB monatlich auf 32  Kbit/s herabgesenkt wird. Bei dieser wesentlichen Reduzierung der Datenübertragungsgeschwindigkeit handelt es sich um eine Klausel, mit der der Kunde ohne ausdrücklichen Hinweis in dem Klauselwerk der Kunde nicht zu rechnen braucht.

Da mithin die Klägerin die vertraglich geschuldete Leistung nicht erbracht hat, war der Beklagte zur Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt. Für den Zeitraum ab November 2015 schuldet er daher auch keine Grundgebühr mehr.

Vor diesem Hintergrund müssen die klägerseits geltend gemachte Schadensersatzforderung und die Inkassokosten ebenfalls der Zurückweisung unterliegen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen aus §§ 91, 92, 713 ZPO.

Streitwert:

Bis zum 12.10.2017                 332,16 EUR

Danach                                     229,97 EUR (Rücknahme des Schadensersatzbetrages in Höhe von 102,19 EUR).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Kleve zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Kleve durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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