LG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2018 - 4a O 65/16
Fundstelle
openJur 2019, 16647
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 200.203,63 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens jedoch 5 Prozent, ab dem 15.02.2015 sowie - als Nebenforderung - weitere EUR 2.792,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.07.2016 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 81,6 % und die Beklagte 18,4 %.

IV. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz für die Lieferung einer patentverletzenden Vorrichtung in Anspruch.

Die Klägerin ist die alleinige Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP A (nachfolgend: Klagepatent). Mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 26.07.2012 (Az. 4a O 11/11; vorgelegt in Anlage LR1; nachfolgend kurz: das Urteil) verurteilte die Kammer die Beklagte wegen Verletzung von Anspruch 20 des Klagepatents durch Angebot und Vertrieb (S. 34 letzter Abs. Anlage LR1) von Laserschneideanlagen zum Ausschneiden einer vordefinierten Form in einem bahnförmigen Material mit der Bezeichnung "B" (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform; vgl. S. 9/10 Anlage LR1) und stellte fest, dass die Beklagte der Klägerin den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen muss (Ziff. II. des Tenors des Urteils, Anlage LR1). Eine Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent wies der Bundesgerichtshof zurück (Az. X ZR 158/12), woraufhin die Beklagte die Berufung gegen das Urteil der Kammer zurücknahm.

Aufgrund des Urteils legte die Beklagte Rechnung (vgl. Anlage LR2). Hiernach hatte die Beklagte eine angegriffene Ausführungsform von Deutschland aus an die C (nachfolgend: C) geliefert. Hierfür erhielt die Beklagte einen Kaufpreis von EUR 1.928.860,00. Die vom Gewinn abzugsfähigen Kosten betragen mindestens EUR 842.841,81, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob weitere EUR 85.000,00 als Kosten für Provisionen vom Gewinn abzuziehen sind. Die angegriffene Ausführungsform wurde von der Beklagten vom 04.08.2014 bis zum 12.02.2015 hergestellt. Nach der Abnahme der Maschine durch C am 12.02.2015 bei der Beklagten wurde die angegriffene Ausführungsform am 23.03.2015 ausgeliefert (vgl. Anlage LR2). Im Vorfeld der Beauftragung der Beklagten hatte auch die Klägerin versucht, den Auftrag für die Lieferung einer patentgemäßen Maschine von C zu erhalten.

Die Beklagte vereinbarte mit C, dass C eine Vereinbarung mit der Klägerin schließt, die eine Freistellung von Patentrechten der Klägerin hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform auch zugunsten der Beklagten vorsieht. Dies erfolgte nicht.

Die dem Klagepatent zugrundeliegende Erfindung betrifft u.a. eine Vorrichtung zum Ausschneiden einer vordefinierten Form in einem bahnförmigen Material, insbesondere sogenannter einstückig gewebter Airbags (sog. One-Piece-Woven Airbags = OPW-Airbags). Bei OPW-Airbags, für deren Herstellung auch die angegriffene Ausführungsform benutzt wird, sind die Luftsäcke bei der Herstellung der Stoffbahn mit in diese eingewebt. Diese Luftsäcke müssen anschließend ohne Beschädigung aus den Stoffbahnen herausgeschnitten werden. Die Erfindung des Klagepatents ermöglicht es - im Gegensatz zum Stand der Technik - OPW-Airbags zuverlässig auch dann aus den Gewebebahnen auszuschneiden, wenn sich das bahnförmige Material im Verhältnis zur Schneideanlage bewegt (nachfolgend auch als "Schneiden in der Vorbeibewegung" bezeichnet).

Die Beklagte vertrieb seit 2005 auch nichtpatentverletzende Varianten der Schneidemaschine B, bei denen die Gewebebahn aber während des Schneidevorgangs nicht bewegt wird und die in der Grundausstattung keine Vorrichtung zum Erkennen von Markierungen auf dem zu schneidenden Gewebeband aufweisen. Anders als die Grundausstattung wies die streitgegenständliche angegriffene Ausführungsform zwei Laserschneidevorrichtungen mit jeweils einem Scannersystem auf. Diese ermöglichen ein Schneiden des Gewebes in einem Bereich von 90x90 cm der Gewebebahn, ohne dass hierfür der gesamte Laserkopf zum Verfolgen der Schneidlinie in X- und Y-Richtung über das zu schneidende Gewebe verfahren werden muss. Im Zeitpunkt der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform wiesen die am Markt erhältlichen Schneidevorrichtungen für Airbags nur einen Laserschneidekopf auf.

Die D ist Inhaberin des Europäischen Patents EP E (vgl. Anlagen WKS2 und WKS3), zu dessen Nutzung die Beklagte berechtigt ist, und dessen Lehre die an C gelieferte angegriffene Ausführungsform (ebenfalls) verwirklicht.

Die Beklagte rief die angegriffene Ausführungsform gegenüber C wegen der gerichtlich festgestellten Patentverletzung zurück. C kam der Rückgabeaufforderung nicht nach.

Die Klägerin forderte die Beklagte erfolglos mit anwaltlichem Schreiben vom 07.04.2016 zur Zahlung von EUR 1.086.018,15 als Schadensersatz für die Patentverletzung auf (vgl. Anlage LR3). Vorgerichtlich entstanden der Klägerin Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 6.536,90, basierend auf einem Gegenstandswert von EUR 1.086.018,15.

Die Klägerin behauptet, ihr stehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.086.018,15 zu, wobei sie sich grundsätzlich auf die Rechnungslegung der Beklagten beruft. Von dem sich hiervon ausgehend errechneten Gewinn seien allerdings abweichend von der Rechnungslegung Provisionskosten in Höhe von EUR 85.000,00 nicht abzuziehen. Diese Kosten seien nicht angefallen und/oder ließen sich der angegriffenen Ausführungsform nicht zurechnen.

Der Gewinn der Beklagten mit dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsform beruhe vollständig auf der Rechtsverletzung, der Kausalanteil liege also bei 100 %. Die angegriffene Ausführungsform sei bestellt worden, weil keine andere Technologie zur Verfügung gestanden habe, die die Anforderungen der Firma C hätte erfüllen können. Ohne Verwirklichung von Anspruch 20 des Klagepatents wäre eine Schneideanlage nicht in der Lage, das Ausschneiden von eingewobenen Airbags aus sich bewegendem bahnförmigem Material zu leisten. Die Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre sei damit conditiosinequanon für die Kaufentscheidung von C. Dies zeige die von C übernommene Freistellungsklausel, mit der C das Risiko einer Verletzung des Klagepatents übernommen hat. Die Beklagte und C seien sich also bewusst gewesen, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verwirklicht. Dennoch wollte C gerade eine solche Maschine. Der Durchsatz erhöhe sich durch den Einsatz der patentierten Lehre um bis zu 20 %.

Die von der Beklagten angeführten Aspekte hätten dagegen nichts mit der Eignung der Schneideanalage zum Ausschneiden von OPW-Airbags zu tun. So sei die Verwirklichung der Lehre des EP E für den Kaufentschluss von C nicht relevant gewesen. Der von der Beklagten erwähnte Abwickler sei für das Einführen des Gewebebands in den Schneidebereich nachteilig. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass das Rostsystem die Kaufentscheidung beeinflusst hat. Auch bei der angegriffenen Ausführungsform fielen Unterhaltskosten an. C schließe regelmäßig Serviceverträge ab, wenn diese angeboten würden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zur verurteilen, an die Klägerin EUR 1.086,018,15, sowie als Nebenforderung weitere EUR 6.536,90, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.02.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, es seien Provisionskosten in Höhe von EUR 85.000,00 gewinnmindernd vom Umsatz abzuziehen, so dass sich nur ein Gewinn von EUR 1.001.018,15 ergebe. Hierzu hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018 Unterlagen vorgelegt.

Der Gewinn beruhe allenfalls zu einem geringen Teil auf der Schutzrechtsverletzung. Die Verwirklichung von Anspruch 20 des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform sei für die Kaufentscheidung der Abnehmerin C nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Ein "Schneiden in der Vorbeibewegung" sei zu keinem Zeitpunkt eine Anforderung von C gewesen. Andere Faktoren, die außerhalb der patentgemäßen Lehre stehen, seien vielmehr für die Kaufentscheidung maßgeblich gewesen.

So sei ein wesentlicher Gesichtspunkt der von der Schneidemaschine erzielbare Durchsatz gewesen. Durch die Verwendung von zwei Laser-Scannersystemen bei der angegriffenen Ausführungsform verdoppelt sich - unstreitig - die Ausbringleistung gegenüber herkömmlichen Anlagen im Lieferzeitpunkt (23.03.2015). Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Lieferung keine Anlage anbieten können, die über zwei Schneidlaser verfügt. Der Aspekt des Schneidens in der Vorbeibewegung habe demgegenüber für den erreichbaren Durchsatz nur eine untergeordnete Bedeutung. Der ansonsten auftretende Zeitverlust durch eine Unterbrechung des Schneidevorgangs (für die Bewegung der Gewebebahn) werde dadurch kompensiert, dass die beiden Laser-Scanner den Schneidevorgang bei einer ruhenden Gewebebahn mit höherer Geschwindigkeit ausführen können. Insgesamt sei die Durchsatzleistung der angegriffenen Ausführungsform durch eine Umstellung auf den Stopund-Go-Betrieb nur um etwa 15 % gesunken.

Die Detektion von Stoffunregelmäßigkeiten mit Hilfe von Markierungen und die entsprechende Anpassung des Schneideprogramms seien im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents bekannt gewesen, etwa aus der DE F (Anlage WKS6). Das Klagepatent übertrage dies nur auf ein Schneiden in der Vorbeibewegung.

Ein weiterer Grund für den Kauf der angegriffenen Ausführungsform sei gewesen, dass im Zeitpunkt des Kaufs (August 2014) nur die Beklagte - unstreitig - in der Lage war, diese in einer Sonderbreite herzustellen, so dass Gewebebänder mit einer Breite von bis zu 3,10 Meter verarbeitet werden können, während andere Anbieter nur Schneideanlagen liefern konnten, die Gewebebänder bis zu einer Breite von 2,60 Meter verarbeiten können. C hatte - unstreitig - zuvor Webstühle gekauft, die Gewebebahnen mit einer Breite von 3,10 Meter herstellen, so dass es für C eine conditiosinequanon gewesen sei, dass eine Schneidemaschine diese Gewebebahnen schneiden kann.

Daneben weist die angegriffene Ausführungsform - unstreitig - einen Abwickler für mehrere Materialrollen auf, der Materialwechselzeiten einspare, was ein weiterer Grund für den Kauf gewesen sei. Aufgrund eines Rostsystems zur Auflage des zu schneidenden Gewebes seien die Unterhaltskosten der angegriffenen Ausführungsform gering. Im Gegensatz zu anderen Produkten sei der Kauf der angegriffenen Ausführungsform bei der Beklagten nicht mit fortlaufenden Unterhaltskosten oder dem Abschluss eines Servicevertrages verbunden, wodurch C jährliche Fixkosten einspare. Für die Kaufentscheidung von C sei auch die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform zum Schneiden von einlagigen Bahnen relevant gewesen, wozu die angegriffene Ausführungsform von C auch genutzt wird. Die angegriffene Ausführungsform sei zudem zuverlässig und weise geringe Betriebskosten auf, ohne dass dies auf der Verwirklichung des Klagepatents beruhe.

Die Klageschrift ist der Beklagten am 14.07.2016 zugestellt worden.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet, ansonsten unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 S. 2 PatG nur einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von EUR 200.203,63 (hierzu unter I.). Darüber hinaus kann sie die Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen, allerdings nur in Höhe von EUR 2.792,90 (hierzu unter II.). Sie hat ferner Anspruch auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen auf die vorgenannten Beträge (hierzu unter III.). Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da Ansprüche der Klägerin über die zuerkannte Höhe hinaus nicht bestehen.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte für die Lieferung der angegriffenen Ausführungsform einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von EUR 200.203,63 aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 S. 2 PatG nach der von der Klägerin gewählten Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns (§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG).

Der zuerkannte Schadensersatz von EUR 200.203,63 beruht auf einem Gewinn der Beklagten aus dem Verkauf der patentverletzenden angegriffenen Ausführungsform in Höhe von EUR 1.001.018,15 (hierzu unter 1.). Von diesem Gewinn entfällt ein Anteil von 20 % auf die Schutzrechtsverletzung (hierzu unter 2.); in diesem Umfang ist der erzielte Gewinn als Schadensersatz an die Klägerin herauszugeben.

1.

Der mit der angegriffenen Ausführungsform von der Beklagten erzielte Gewinn beträgt insgesamt EUR 1.001.018,15 und errechnet sich aus dem Umsatz von EUR 1.928.860,00 abzüglich Kosten von EUR 927.841,85.

a)

Der genannte Umsatz und Kosten bis zu einer Höhe von EUR 842.841,85 sind zwischen den Parteien unstreitig. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind vom Umsatz aber weitere EUR 85.000,00 für Provisionskosten abzuziehen, so dass sich Gesamtkosten von EUR 927.841,85 ergeben. Es steht zwischen den Parteien zutreffend nicht im Streit, dass Provisionskosten, die für die Veräußerung konkret der angegriffenen Ausführungsform angefallen sind, vom erzielten Gewinn abgezogen werden können (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. I. Rn. 172 m.w.N.).

b)

Die Klägerin ist als Gläubiger für den Verletzergewinn darlegungs- und beweisbelastet. Sie kann sich dabei die Rechnungslegung der Beklagten als Verletzerin zu Eigen machen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. I. Rn. 144), was sie vorliegend auch - bis auf die streitige Position von EUR 85.000,00 - getan hat. Macht sich der Gläubiger die Auskünfte des Schuldners für seine Schadensberechnung aber teilweise nicht zu Eigen, sondern legt er hiervon abweichende Tatsachen zugrunde, hat er (der Gläubiger) diese darzulegen und notfalls zu beweisen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.02.2007 - I-2 U 71/05 - Rn. 51 bei Juris = InstGE 7, 194 = Schwerlastregal II; Kühnen, a.a.O., Kap. I. Rn. 144).

Die hiernach darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat den Nichtanfall der von der Beklagten behaupteten Provisionskosten nicht hinreichend dargetan. In der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018 hat die Beklagte Rechnungen und Überweisungsbelege über den Betrag von EUR 85.000,00 zugunsten von Herrn G vorgelegt und erklärt, hierbei handele es sich um die gezahlte Provision. Hieraufhin hat die Klägerin die Provisionszahlung nicht mehr substantiiert in Abrede gestellt.

Vor diesem Hintergrund der erfolgten Substantiierung der Provisionskosten durch die Beklagte kann dahingestellt bleiben, ob diese insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 848; BeckOK ZPO/von Selle, 27. Ed. 01.12.2017, § 138 Rn. 16.1) oder ob die Klägerin aufgrund des Zwangsmittelverfahrens schon ausreichende Möglichkeiten hatte, sich die nötigen Kenntnisse zu verschaffen.

2.

Von dem ermittelten Gewinn in Höhe von EUR 1.001.018,15 ist nur ein Anteil von 20 % auf die Verletzung des Klagepatents zurückzuführen, was einem zu ersetzenden Schaden von EUR 200.203,63 entspricht.

a)

Von dem ermittelten Gewinn ist als Verletzergewinn nur dasjenige herauszugeben, was auf der Rechtsverletzung beruht (vgl. BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger), also hier auf der patentverletzenden Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform. Es ist Sache des Schutzrechtsinhabers, dazu vorzutragen, inwieweit der Verletzergewinn auf der Schutzrechtsverletzung beruht (BGH, GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp-Stuhl; OLG Düsseldorf, InstGE 13, 199 - Schräg-Raffstore; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 - I-15 U 34/14 - S. 58 - Funkarmbanduhren).

aa)

Allgemein ist nicht ohne weiteres anzunehmen, dass ein erzielter Gewinn in vollem Umfang auf der Benutzung der patentgeschützten technischen Lehre beruht, indem jeder Kaufentschluss und damit der gesamte Gewinn allein dadurch verursacht worden ist. Das ist in denjenigen Fällen offensichtlich, in denen der geschützte Gegenstand nur ein Detail des in den Verkehr gebrachten größeren Gegenstands betrifft. Aber auch wenn der in den Verkehr gebrachte Gegenstand durch das Schutzrecht mitgeprägt wird, beruht der erzielte Gewinn nicht notwendigerweise nur auf der Benutzung des verletzten Immaterialgüterrechts (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. I. Rn. 187 m.w.N.).

bb)

Eine nicht patentverletzende Produktgestaltung, die im Verletzungszeitraum tatsächlich nicht zur Verfügung stand, ist für die Beurteilung der mit der Benutzung des Schutzrechts verbundenen Marktchancen in diesem Zeitraum unerheblich. Damit haben solche (erst später verfügbaren) Alternativprodukte bei der Bestimmung des Verletzergewinn (-anteils) außer Betracht zu bleiben (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger).

Die Ermittlung des Abstands der geschützten Erfindung zum Stand der Technik erlaubt Rückschlüsse, in welchem Maß die Nachfrage nach der angegriffenen Ausführungsform (patentgemäßes Produkt) auf die Eigenschaften zurückzuführen ist, welche auf dessen patentgemäßer Gestaltung beruhen (BGH, GRUR 2012, 1226, 1229 - Flaschenträger). Je weiter die patentgemäße Lehre vom Stand der Technik entfernt ist, desto eher wird man annehmen können, dass die Kaufentscheidung auf der Verwirklichung des Klagepatents beruht.

cc)

In welchem Umfang der erzielte Gewinn auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist, lässt sich regelmäßig - zumindest mit praktisch vertretbarem Aufwand - nicht genau ermitteln, sondern nur abschätzen. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns ist daher gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (BGH, GRUR 2007, 431 - Steckverbindergehäuse) nach freier Überzeugung zu schätzen. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ist nicht im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen, sondern es ist wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstandes oder anderen Faktoren beruht (BGH, GRUR 2012, 1226 - Flaschenträger; OLG Düsseldorf, InstGE 5, 251 - Lifter; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 - I-15 U 34/14 - S. 58 - Funkarmbanduhren; Kammer, Urteil vom 29.9.2015 - 4a O 49/14 - Rn. 74 bei Juris).

b)

Der Kausalanteil der Schutzrechtsverletzung am Gewinn beträgt hier 20 %. Dies ergibt sich aus dem Vortrag beider Parteien unter wertender Betrachtung der unstreitigen Umstände.

aa)

Die Implementierung der klagepatentgemäßen Lehre führt zu einer Produktivitätssteigerung von 15 - 20 %.

(1)

Der von der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Patentanspruch 20 des Klagepatents lässt sich - im Einklang mit dem Urteil der Kammer vom 26.07.2012 (Anlage LR1) - wie folgt gliedern:

"1 ein Schneidesystem (11) zum Schneiden in der Vorbeibewegung, um ein Muster (P) in das bahnförmige Material (10) zu schneiden,

1.1 wobei das Schneidesystem (11) in globalen Koordinaten bekannt ist;

2 ein optisches System (12) zum Lokalisieren globaler Koordinaten von mindestens einer Bezugsmarkierung (F, F2...) in dem bahnförmigen Material (10), die mit vordefinierten Koordinaten in dem Muster (P) korrespondieren;

3 Aufbau (16, 11 ‚ 12) zum Veranlassen einer relativen Bewegung, die im Wesentlichen fortlaufend ist, zwischen dem bahnförmigen Material (10) und dem optischen System und dem Schneidesystem (12, 11);

4 Mittel (22, 16) zum Ermitteln von Messwerten der genannten relativen Bewegung in globalen Koordinaten; und

5 eine Steuerung (22) zum Überlagern des Musters (P) mit der lokalisierten mindestens einen Bezugsmarkierung (F, F2...),

5.1 so daß das Schneidesystem (11) das Muster (P) für die vordefinierte Form (S) im Wesentlichen gleichzeitig schneidet,

5.2 während das optische System (12) globale Koordinaten von einer folgenden mindestens einen Bezugsmarkierung (F, F2...) in dem bahnförmigen Material lokalisiert."

Die Detektion von Markierungen (in der Gewebebahn) zum Erkennen der auszuschneidenden Form und die entsprechende Anpassung des Schneidevorgangs waren nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten im Stand der Technik bekannt. Das Klagepatent verbessert dies, indem das Material während des Schneidevorgangs bewegt wird (Merkmal 3) und weiterhin während des Schneidevorgangs bereits die nächste Markierung detektiert wird (Merkmalsgruppe 5). Dies erlaubt ein präzises "Schneiden in der Vorbeibewegung" des bahnförmigen Materials.

(2)

Die Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre in der angegriffenen Ausführungsform führt vornehmlich zu einer Produktivitätssteigerung von 15 - 20 % und stellt damit eine bedeutende Verbesserung dar.

In der angegriffenen Ausführungsform ermöglicht die Lehre des Klagepatents das Herausschneiden von Airbags während der Bewegung der Gewebebahnen. Dieses "Schneiden in der Vorbeibewegung" führt dazu, dass die Durchsatzleistung der angegriffenen Ausführungsform - d.h. die Anzahl der herausgeschnittenen Airbags in einer gegebenen Zeit - um ca. 15 % bis 20 % erhöht wird. Denn durch die Lehre des Klagepatents können in einer vorgegeben Zeit mehr Airbags produziert werden, da die Gewebebahnzufuhr nicht für den Schneidevorgang gestoppt werden muss. Es wird ein "Stopand-Go"-Betrieb vermieden, bei dem während der Bewegung der Gewebebahn kein Schneidevorgang stattfinden kann und so die Schneidewerkzeuge ungenutzt bleiben. Die Beklagte hat vorgetragen, dass durch die Umstellung der gelieferten angegriffenen Ausführungsform auf den "Stopand-Go"-Betrieb der Durchsatz um ca. 15 % sinkt, wobei die Klägerin eher 20 % schätzt. Im Umkehrschluss heißt dies, dass die Durchsatzleistung um 15 - 20 % steigt, wenn das Klagepatent benutzt wird.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Beklagte im Verletzungszeitraum die geschützte Konstruktion tatsächlich gewählt und damit selbst dokumentiert hat, dass sie der technischen Lehre des Klagepatents eine Bedeutung für den Verkaufserfolg beigemessen hat. Bereits aus der Tatsache der Verwendung der technischen Lehre des Klageschutzrechts durch den Verletzer kann geschlossen werden, dass diese jedenfalls mitprägend für den Verletzungsgegenstand ist, weil der Verletzer andernfalls nicht zu dieser Art der Ausgestaltung hätte greifen müssen (vgl. Kammer, Urteil vom 29.09.2015 - 4a O 49/14 - Rn. 75 bei Juris). Dies wird hier dadurch unterstrichen, dass die Beklagte C dazu aufgefordert hat, eine Freistellung zur Nutzung des Klagepatents von der Klägerin einzuholen. Allerdings kann dieser Umstand nicht belegen, dass der Kaufentschluss von C nur auf der Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre in der angegriffenen Ausführungsform beruht.

bb)

Trotz der so erreichten signifikanten Produktionssteigerung kann nicht festgestellt werden, dass der Kaufentschluss vollständig auf der Verwirklichung der patentgemäßen Lehre in der angegriffenen Ausführungsform und den damit verbundenen Vorteilen beruht. Dies wäre auch nur ausnahmsweise möglich, wenn durch die geschützte Lehre ein vollständig neues Produkt entstehen kann, zu dem es keine Alternative gibt (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. I. Rn. 196). Derartiges kann für die angegriffene Ausführungsform nicht festgestellt werden. Dem steht nicht entgegen, dass ohne Benutzung der patentgemäßen Lehre ein Schneiden in der Vorbeibewegung nicht möglich ist und insofern die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre alternativlos ist. Eine solche Betrachtung ist zu eng. Die Produktion von Airbags ist auch ohne dieses Attribut in derselben Qualität möglich; nur wird dann mehr Zeit für das Herausschneiden der gleichen Anzahl von Airbags benötigt, da die Bewegungszeiten der Bahn nicht zum Schneiden genutzt werden. Damit sind herkömmliche, patentfreie Varianten der angegriffenen Ausführungsform, wie sie die Beklagte im Verletzungszeitraum ebenfalls verkauft hat, mögliche Alternativen.

Das Bestehen einer Alternative bedeutet allerdings nicht, dass die Implementierung der patentgemäßen Lehre für die Kaufentscheidung unwichtig war. Die Umsetzung des Klagepatents in der angegriffenen Ausführungsform ist einer von mehreren Faktoren, auf denen deren Verkauf und damit der erzielte Gewinn beruht, so dass nur ein Teil des Gewinns auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist. Entscheidend für eine Schneideanlage und damit auch maßgeblich für die Kaufentscheidung ist allgemein die Leistung der Schneideanlage, d.h. die Anzahl von OPW-Airbags, die innerhalb einer bestimmten Zeit von der Anlage herausgeschnitten werden kann. Ein wichtiger Faktor grundsätzlich jeder Kaufentscheidung sind neben der Leistung der Maschine deren Kosten, also die Anschaffungs-, Unterhalts- und Betriebskosten, wobei die Kosten pro produziertem Airbag wiederum von dem Durchsatz beeinflusst werden.

Neben der Verwirklichung der patentgemäßen Lehre haben bei wertender Betrachtung aufgrund der unstreitigen Umstände verschiedene weitere Faktoren zum Kaufentschluss von C - und damit zum tatsächlich erzielten Gewinn - beigetragen.

(1)

Für die Leistungsfähigkeit der angegriffenen Ausführungsform spielt nicht nur der vom Klagepatent geschützte Aspekt eine Rolle, sondern auch der Einsatz von zwei Laser-Scannersystemen. Diese Systeme führen gegenüber herkömmlichen Anlagen zu einer Steigerung der Durchsatzgeschwindigkeit, da einerseits zwei Laser-Schneider eingesetzt werden, andererseits diese in einem Bereich von 90x90cm der Gewebebahn schneiden können, ohne dass hierfür der gesamte Laserkopf bewegt werden muss. Letzterer Aspekt kann - nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten - die Schneidegeschwindigkeit von 0,2 - 0,4 m/sec auf 1 - 4 m/sec beschleunigen. Durch den Einsatz von zwei Laser-Scannern wird die Schneideleistung der Maschine zudem verdoppelt. Die hierdurch erreichte Produktivitätssteigerung geht noch über die Verbesserung aufgrund der Implementierung der geschützten Lehre hinaus.

Es ist nicht ersichtlich, dass ein solches System im Verletzungszeitpunkt auf dem Markt erhältlich war. Ein alternatives Angebot derartiger Schneidesysteme durch einen anderen Anbieter würde zudem durch das Patent EP E der D verhindert werden können, welches die Beklagte dagegen mit deren Zustimmung nutzen darf.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ein entsprechendes Produkt selbst hätte liefern können. Sie trägt nur pauschal vor, sie habe im Oktober 2015 ein Produkt mit zwei Lasern präsentiert. Zum einen ist nicht ersichtlich, ob die zwei Laser wie bei der angegriffenen Ausführungsform arbeiten können; zum anderen ist Oktober 2015 ohnehin zu spät, um ein alternatives Angebot zur angegriffenen Ausführungsform darstellen zu können.

Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass die durch die zwei Laser-Scannersysteme gesteigerte Leistung besser ausgenutzt werden kann, wenn aufgrund der Lehre des Klagepatents ein Stopand-Go-Betrieb vermieden wird und der Schneidvorgang während der Bewegung der Gewebebahn ausgeführt wird. Denn in den (Schneide-) Pausen, die durch den Vorschub der Gewebebahn entstehen, kann sich die beschleunigte Schneideleistung nicht entfalten - die Schneidegeschwindigkeit ist dann stets null.

(2)

Ein weiterer gewichtiger Aspekt beim Kaufentschluss waren die von der Beklagten in der angegriffenen Ausführungsform bereit gestellten 3,10 Meter Bearbeitungsbreite, welche im Angebotszeitpunkt unstreitig nur von der Beklagten angeboten wurden.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin mit C 2013 über Maschinen zum Schneiden von Gewebebahnen von 3 Meter gesprochen hatte. Das Angebot einer konkreten Maschine mit dieser Fähigkeit ist damit nicht vorgetragen; auch kann aus dem Vortrag der Klägerin nicht ersehen werden, ob die angesprochene "H" auch ansonsten eine Alternative zum Produkt der Beklagten gewesen wäre. Letztlich handelt es sich um Anforderungen von C. Vorgetragen ist nur eine Besprechungspräsentation. Unstreitig hat die Klägerin ein Produkt für Gewebebahnen von 3 Meter Breite und 2 Lasern frühestens erst im Oktober 2015 präsentiert.

C hatte vor Erwerb der angegriffenen Ausführungsform nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten erhebliche Investitionen in Webstühle getätigt, die Gewebebänder mit Breiten von bis zu 3,10 Meter erzeugen. Die angegriffene Ausführungsform sorgte damit für eine Produktivitätssteigerung, in dem die volle Breite der herstellbaren Gewebebänder ausgenutzt werden konnte und Komptabilitätsprobleme vermieden wurden. Dass mittlerweile auch andere Schneideanlagen Gewebebänder dieser Breite verarbeiten können, ist unerheblich, da es auf den Verletzungszeitpunkt ankommt.

(3)

Der Kaufentschluss ist auch durch weitere Faktoren beeinflusst worden, deren Bedeutung aber deutlich hinter den vorgenannten Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform zurückbleibt.

(a)

Es ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung die Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform hat, auch einlagige Gewebebahnen zu schneiden. Unstreitig wird diese Option von C genutzt, so dass dieser Punkt zu dem erzielten Gewinn beigetragen hat. Es ist aber nicht hinreichend ersichtlich, wie sehr sich die angegriffene Ausführungsform durch diese Eigenschaft von vergleichbaren Maschinen unterscheidet.

(b)

Der Umstand, dass andere Anlagen der Beklagten bei C störungsfrei laufen, ist für die Frage des Kausalanteils kaum relevant. Zwar ist die Zuverlässigkeit von Anlagen ein gewichtiger Faktor im Einkauf; es ist aber nicht ausreichend dargetan, dass C hier an die angegriffene Ausführungsform höhere Erwartungen knüpfte als an andere Anlagen. Ein Abnehmer erwartet von jeder Anlage, dass sie zuverlässig arbeitet. Dass dies bei der angegriffenen Ausführungsform in besonderen Maße erfüllt werden würde, konnte C nicht sicherer als bei alternativen Anlagen erwarten, gerade weil es sich um das erste Modell der (patentverletzenden) Variante der Schneidemaschine handelte.

(c)

Hinsichtlich der Betriebskosten fehlen konkrete Angaben zu den Kostenvorteilen der angegriffenen Ausführungsform gegenüber den Kosten anderer Schneidemaschinen. Dass durch den Einsatz eines speziellen Schneiderosts insofern ein relevanter Unterschied bestand, hat die insoweit sekundär darlegungsbelastete Beklagte nicht ausreichend dargetan. Im Rahmen einer Schätzung ist davon auszugehen, dass dies kein entscheidender Vorteil war.

(d)

Bei wertender Betrachtung ist die Möglichkeit, auf einen Wartungsvertrag für die angegriffene Ausführungsform zu verzichten, für den Kaufentschluss wenig relevant. Zum einen ist es kein Alleinstellungsmerkmal der Beklagten, da auch die Klägerin angegeben hat, nicht zwingend solche Wartungsvereinbarungen zu treffen. Zum anderen besteht immer ein Wartungsaufwand, egal, ob dieser nun extern oder intern über eigene Mitarbeiter aufgefangen wird. Auch bei der Wartung durch C müssen zudem Ersatzteile mindestens teilweise extern beschafft werden.

(e)

Es wird von den Parteien nicht ausreichend vortragen, dass der Abwickler bei der angegriffenen Ausführungsform relevante Vorteile hat, die für die Kaufentscheidung eine Rolle gespielt haben. Es ist nicht ersichtlich, welche Zeitersparnisse sich hierdurch ergeben. Ungeachtet dessen ist dieser Aspekt verglichen mit dem Durchsatz von geringerer Bedeutung.

(f)

Dass C dem Rückruf der Beklagten nicht entsprochen hat, ist ohne Auswirkung auf den anzusetzenden Kausalanteil. Die Motive hierfür lassen sich nicht feststellen. Zwar mag es ein Indiz gegen einen höheren Kausalanteil zu werten sein, dass C die angegriffene Ausführungsform auch ohne die Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre einsetzt. Andererseits dürften auch andere Gründe hierbei relevant gewesen sein - etwa der Aufwand der Rückgabe der angegriffenen Ausführungsform und der Umstand, dass C sich verpflichtet hat, eine Lizenz am Klagepatent zu beschaffen und damit regresspflichtig gegenüber der Beklagten sein könnte.

c)

Der Kausalanteil von 20 % des erzielten Gewinns ergibt sich aus der Abwägung der vorgenannten Umstände, die für den Kaufentschluss eine Rolle gespielt haben.

Wichtigster Vorteil der angegriffenen Ausführungsform ist die Ausstattung mit zwei Laser-Scannersystemen, was den Durchsatz deutlich erhöht. Die patentgemäße Lehre führt zu einer weiteren Erhöhung des Durchsatzes und zudem zur besseren Nutzbarkeit der erhöhten Schneidegeschwindigkeit aufgrund der Scannersysteme. Hierbei handelt es sich auch nicht nur um eine Detailverbesserung, da die Gesamtleistung der Schneideanlage signifikant verbessert wird. Die Bedeutung der klagepatentgemäßen Lehre bleibt aber bei wertender Betrachtung hinter der des zweifachen Laser-Scannersystems zurück.

Im etwas geringeren Umfang als die Umsetzung der patentgemäßen Lehre spielte bei der Erzielung des Gewinns die Möglichkeit eine Rolle, Gewebebahnen mit einer Breite von bis zu 3,10 Meter verarbeiten zu können. Daneben ist die Bedeutung der weiteren Faktoren deutlich geringer.

d)

Für einen Beruhen des Verkaufs der angegriffenen Ausführungsform zu 20 % auf der Benutzung des Klagepatents spricht ein Vergleich mit der Lizenzanalogie im Rahmen einer Kontrollüberlegung. Zwar kann der Verletzergewinn die angemessene Lizenzgebühr übersteigen; gleichwohl kann ein solcher Vergleich ein gewisses Indiz für die Angemessenheit des geschätzten Kausalanteils sein, wenn der zuerkannte Anteil am Verletzergewinn zu einer Summe führt, die sich bei einer Berechnung des Schadens nach der Lizenzanalogie ungefähr ergeben könnte. Denn letztlich dienen alle Berechnungsmethoden der Bemessung desselben Schadens (BGH, GRUR 2012, 1226, 1230 Rn. [39] - Flaschenträger; OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.06.2005 - I-2 U 39/03 - Rn.113 bei Juris = InstGE 5, 251 - Lifter).

Durch den zuerkannten Verletzergewinn erhält die Klägerin ca. 10,4 % des Umsatzes (von EUR 1.928.860,00) aus dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsform als Schadensersatz. Ein Schadensersatz nach der Lizenzanalogie mit einer Lizenzgebühr von 10,4 % des Umsatzes ist zwar im vorliegenden technischen Gebiet recht hoch; vor dem Hintergrund der signifikanten Leistungsverbesserungen aufgrund der patentgemäßen Lehre und angesichts der hohen Gewinnmarge von mehr als 50 % erscheint dieser Wert aber nicht unverhältnismäßig.

II.

Die Klägerin hat dem Grunde nach auch Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 139 Abs. 2 PatG (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. I. Rn. 218). Allerdings kann sie diese Rechtsanwaltskosten nur soweit erstattet verlangen, wie sie auf einem Gegenstandswert beruhen, der dem zuerkannten Schadensersatzanspruch entspricht. Bei einem Gegenstandswert in dieser Höhe (d.h. EUR 200.203,63) ergeben sich bei 1,3 Anwaltsgebühren zu erstattende Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.792,90 (inkl. EUR 20,00 Telekommunikationspauschale).

III.

Die Klägerin hat ferner Anspruch auf die aus dem Tenor ersichtlichen Zinsen.

1.

Der Zinsanspruch für die Schadensersatzforderung ab dem 15.02.2015 ergibt sich aus § 668 BGB analog. Die Berechnungsmethode des Verletzergewinns findet ihre gewohnheitsrechtliche Anerkennung in der Übertragung der in den Vorschriften zur angemaßten Geschäftsführung konkretisierten Ausgleichs- und Sanktionsgedanken. Da der Verletzer als Fremdgeschäftsführer behandelt wird, hat er einen herauszugebenen Geldbetrag in Form des Verletzergewinns, den er dem Patentinhaber (Geschäftsherr) vorenthalten hat, und den dieser daher nicht zinsbringend anlegen kann, nach § 668 BGB analog zu verzinsen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. I. Rn. 213). Zinsbeginn ist der Tag, an dem der Verletzer der Gewinn zufließt. Die Beklagte hat der Darstellung der Klägerin nicht widersprochen, dass der Beklagten die C am 12.02.2014 in Rechnung gestellte Summe unmittelbar nach Rechnungsstellung zugeflossen ist, also ab dem 15.02.2015 zur Verfügung stand.

Der Klägerin waren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, höchstens jedoch 5 Prozent zuzusprechen. Die Zinshöhe ergibt sich hier aus § 352 HGB (Kühnen, a.a.O., Kap. I. Rn. 214), der Zinsen in Höhe von 5 Prozent vorsieht. Der Klägerin konnten jedoch nur Zinsen bis zu dieser Höhe (d.h. bis zu 5 Prozent), nicht aber allgemein in dieser Höhe zugesprochen werden. Nach § 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, mehr zuzusprechen, als beantragt wurde. Bei einem negativen Basiszinssatz (wie er derzeit gilt) wird ein Zinssatz von 5 Prozent nicht erreicht, wenn man die von der Klägerin beantragten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkennt. Damit würde das Gericht der Klägerin mehr zusprechen als sie beantragt hat, wenn man ihr pauschal Zinsen in Höhe von 5 Prozent zuerkennt, statt Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Auf Zinsen von mehr als 5 Prozent hat sie dagegen keinen Anspruch, so dass im Tenor eine entsprechende Begrenzung vorgesehen ist, die eingreift, wenn der Basiszinssatz wieder über 0 % steigen sollte.

2.

Der Zinsanspruch für die Nebenforderung (Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten) besteht aus § 291 BGB erst ab dem 15.07.2016 (Rechtshängigkeit). Auf den Zeitpunkt des Verkaufs der angegriffenen Ausführungsform kann insoweit nicht abgestellt werden, da zu diesem Zeitpunkt die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren noch nicht angefallen sind. Da die Klägerin keinen anderen Zeitpunkt für das Beginnen des Zinsanspruches vorträgt, wurde auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit abgestellt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

V.

Der Streitwert wird auf EUR 1.086.018,15 festgesetzt.