LG Bonn, Beschluss vom 05.02.2015 - 4 T 417/14
Fundstelle
openJur 2019, 16369
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1 und 2.

Gründe

Die hier gegenständliche Urkunde verhält sich über den Verkauf einer Eigentumswohnung des Beteiligten zu 3 an die Beteiligten zu 1 und 2. Eingangs der Urkunde heißt es:

"Herr Q spricht nach seinen Angaben Englisch und etwas Deutsch. Die Urkunde wurde von dem Notar in deutscher Sprache vorgelesen und bei Bedarf in die englische Sprache übersetzt."

Die Urkunde endet wie folgt:

"Diese Niederschrift nebst Anlage (Sonderbaubeschreibung) wurde den Erschienenen von dem Notar vorgelesen, die nicht verlesungsfähigen Anlagen zur Durchsicht vorgelegt, von ihnen genehmigt und sodann ... unterschrieben."

Wegen des weiteren Urkundeninhalts wird auf die Kopie der Urkunde, Bl. ... ff. d.A., Bezug genommen.

Der als Amtsnachfolger des Notars Dr. T für den Vollzug der Urkunde zuständige Notar Q2 hat die Beteiligten zu 1 und 2 mit Schreiben vom 5.6.2014 dahin beschieden, dass er den weiteren Vollzug der Urkunde ablehne; er lehne insbesondere ab, diese dem Grundbuchamt zur Umschreibung des Eigentums vorzulegen. Er vertritt die Auffassung, dass ein Beurkundungsmangel vorliegt. In der Urkunde sei festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig sei. In einem solchen Fall müsse die Niederschrift bei der Beurkundung insgesamt übersetzt werden; eine Teilübersetzung reiche nicht aus. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Notars, Bl. ... f. d.A., Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit der Beschwerde. Wegen des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschrift, Bl. ... d.A., und den Schriftsatz vom 15.9.2014, Bl. #f.d.A., Bezug genommen.

Der Notar hat der Beschwerde mit Entscheidung vom 1.12.2014, auf die wegen ihrer Begründung Bezug genommen wird (Bl. # ff. d.A.), nicht abgeholfen und sie der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben mit Schriftsatz vom 15.1.2015, auf den ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. ... ff. d.A.), zum Nichtabhilfebeschluss ausgeführt.

Der Beteiligte zu 3 hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

Die gemäß § 15 Abs. 2 BNotO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Notar verweigert die weitere Vollzugstätigkeit zu Recht.

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG muss die Niederschrift den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden. Anstelle des Vorlesens ist jedoch eine Niederschrift den Beteiligten zu übersetzen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BeurkG), sofern die Niederschrift die Feststellung (§ 16 Abs. 1 BeurkG) enthält, dass ein Beteiligter nach seinen eigenen Angaben oder nach der Überzeugung der Urkundsperson der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist. Ein Verstoß gegen die zwingende Vorschriften des § 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BeurkG macht die Beurkundung unwirksam, wenn er sich aus der Urkunde selbst ergibt (vgl. BayObLG, NJW-RR 2000, 1175 f., Tz. 17 ff.; LG Dortmund, NJW-RR 2006, 196f.).

Dies ist hier der Fall. Der Notar hat eingangs der Urkunde festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 der Urkundssprache nicht hinreichend kundig ist; er spreche Englisch sowie "etwas Deutsch". Die Niederschrift hätte daher insgesamt und nicht nur teilweise ("bei Bedarf") in die englische Sprache, welcher der Beteiligte zu 1 nach den Feststellungen des Notars kundig war, übersetzt werden müssen. Der Auffassung der Beteiligten zu 1 und 2, eine auszugsweise Übersetzung habe ausgereicht, schließt die Kammer sich nicht an. Ob mit einer Übersetzung von unbestimmt gebliebenen Teilen der Urkunde dem Sinn der gesetzlich vorgeschriebenen Sprachmittlung, nämlich dem der Urkundssprache nicht ausreichend kundigen Beteiligten den Inhalt seiner zu beurkundenden rechtsgeschäftlichen Erklärungen vor Augen zu führen, Genüge getan ist, bleibt ungewiss. Die von den Beteiligten zu 1 und 2 vertretene gegenteilige Auffassung lässt sich nicht auf das Urteil des OLG Schleswig vom 6.4.2000 (OLGR Schleswig, 275 ff.) stützen. Nach dem dort mitgeteilten Sachverhalt wurde die Urkunde dem sprachunkundigen Urkundsbeteiligten überhaupt nicht übersetzt. Dass, so das OLG Schleswig, der Urkundstext "mindestens teilweise" hätte übersetzt werden müssen, ist daher für die Entscheidung des OLG, die Beurkundung sei mangels Übersetzung nicht wirksam, nicht tragend. Der von den Beteiligten zu 1 und 2 angezogene Beschluss des OLG München (31 Wx 273/13 vom 29.7.2014) gibt für den hier zu entscheidenden Sachverhalt nichts her. Gegenstand dieses Beschlusses war eine Urkunde, welche die Notarin in englischer Sprache niedergelegt hatte, nachdem sie festgestellt hatte, dass der Erklärende dieser Sprache kundig sei.

Nachträgliche Feststellungen zum Umfang der Kenntnisse des Beteiligten zu 1 in der Urkundssprache sind im Beschwerdeverfahren nicht zu treffen, weil die Feststellung der hinreichenden Sprachkunde allein dem Notar obliegt (vergleiche OLG Köln, VersR 2000, 243 f.; BayObLG, aaO., Tz. 24; LG Dortmund, aaO.). Die notwendige vollständige Übersetzung der Niederschrift während des Beurkundungsvorganges kann auch nicht dadurch ersetzt oder geheilt werden, dass der Beteiligte zu 1 sich den Entwurf der Niederschrift vorab von einem Notariatsmitarbeiter vollständig hat übersetzen lassen.

Die privatschriftliche Vereinbarung der Vertragsparteien über die Höhe des Kaufpreises und die Umschreibung des Eigentums vom 2.1.2014 (Bl. # f. d. A.) ist wegen der Beurkundungspflicht von Grundstücksgeschäften für die Entscheidung der Kammer ohne Bedeutung.

Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Beschwerdewert 330.000 EUR.