LAG Köln, Urteil vom 11.12.2018 - 4 Sa 51/18
Fundstelle
openJur 2019, 16315
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 15 Ca 4788/17

Einzelfallentscheidung zu Stichtagsregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei erfolgsabhängiger Vergütung

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil desArbeitsgerichts Köln vom 07.11.2017 - 15 Ca 4788/17 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.11.2017 - 15 Ca 4788/17 - teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger insgesamt 1.127,43 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2017.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Im Übrigen wird die Anschlussberufung des Klägerszurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits hat jede Partei zur Hälfte zu tragen.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Bonus für das Jahr 2016.

Der Kläger war seit dem Jahr 2009 bei der Beklagten auf Grundlage des Anstellungsvertrags vom 23.03.2009 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Blatt 4 ff. der Akte) in Köln beschäftigt, seit 2012 als Teamleiter in der Planungsabteilung. Mit Schreiben vom 01.08.2014 (Anlage K 4 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2017, Blatt 42 der Akte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, er werde ab sofort "in das bestehende Beurteilungssystem (PLM) der Firmengruppe eingebunden." Weiter heißt es dort: "Sie erhalten eine jährliche Variable, die z.Zt. zum einen von Ihrer persönlichen Beurteilung und zum anderen vom Unternehmensergebnis abhängig ist. Der jährlichen Variablen wird das Bruttojahresgehalt zzgl. Urlaubsgeld zugrunde gelegt. Die inhaltliche Ausgestaltung des Beurteilungssystems z.B. hinsichtlich Auszahlungszeitpunkt, Verteilungsschlüssel zwischen persönlichen Zielen und Unternehmensergebnis, Höhe des Maximalbetrages etc. richtet sich nach den einschlägigen betrieblichen Regelungen, die arbeitgeberseits jederzeit neu definiert werden können."

Der PLB-Bonus setzt sich aus folgenden Kriterien zusammen: Zielbonus x Unternehmenserfolgsfaktor x Leistungs- und Führungs-Multiplikator. Nach dem PLB Communication Plan 2016 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 16.10.2017, Blatt 99 ff. der Akte) hängt die Auszahlung des Bonus davon ab, dass der Mitarbeiter am 31.12.2016 und zum Auszahlungszeitpunkt in 2017 noch im Konzern der Beklagten beschäftigt ist.

Im Jahr 2014 erhielt der Kläger eine Bonuszahlung in Höhe von 2.290,00 EUR brutto, im Jahr 2015 in Höhe von 1.250,00 EUR brutto. Die Bonuszahlung wurde regelmäßig mit dem Märzgehalt des Folgejahres abgerechnet und gezahlt.

Am 21.06.2016 erhielt der Kläger von der Beklagten als Urlaubsgeld einen Betrag in Höhe von 1.370,47 EUR brutto. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 31.08.2016.

Mit seiner am 17.07.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Bonus in Höhe von 2.290,00 EUR brutto verlangt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm trotz seines Ausscheidens Ende August 2016 der volle Bonus für das Jahr 2016 zusteht.

Der Kläger hat behauptet, für das Jahr 2016 seien mit ihm keine Ziele erörtert worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.290,00 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2017.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2016 entfalle wegen seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zum 31.08.2016. Die Stichtagsregelung aus dem PLB Communication Plan, die sowohl ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis am Ende des Kalenderjahres als auch ein solches zum Zeitpunkt der Ausschüttung des Bonus im Folgejahr vorsehe, sei nach deutschem Recht jedenfalls im Hinblick auf den Stichtag 31.12. wirksam. Die Beklagte habe aber auch ein berechtigtes Interesse daran, die Leistung des Bonus vom Bestand eines aktiven Arbeitsverhältnisses am 31.12. des jeweiligen Jahres abhängig zu machen. Zum einen habe die Konzernmutter der Beklagten ein legitimes Interesse an einer konzernweiten Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Zum anderen habe die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, einen Bonus nur dann zu leisten, wenn das Beschäftigungsverhältnis während der ganzen Periode aktiv bestanden habe, da ein Mitarbeiter in seinen Leistungen eine gewisse Kontinuität zeigen müsse, um einen Bonusanspruch zu erreichen. Die Beklagte hat weiter gemeint, das Bonusversprechen unterliege italienischem Recht, dem Recht des Mutterkonzerns, und nach italienischem Recht seien Stichtagsregelungen ohnehin zulässig.

Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, dass dem Kläger allenfalls ein Bonus auf Grundlage einer zeitanteiligen Berechnung zusteht, den sie auf Basis des vom Kläger im Jahr 2016 tatsächlich bezogenen Grundgehalts in Höhe von 32.034,74 EUR wie folgt berechnet hat: 32.034,74 EUR x 0,05 (= Zielbonussatz des Klägers) x 0,75 (= Unternehmenserfolgsfaktor 2016) x 0,9 (= Leistungs- und Führungs-Multiplikator des Klägers 2016) = 1.081,17 EUR. Die Beklagte hat hierzu unter Vortrag im Einzelnen auf Seiten 8 ff. ihres Schriftsatzes vom 16.10.2017 (Blatt 89 ff. der Akte) behauptet, der Kläger habe im Jahr 2016 während seiner Beschäftigungsdauer Leistungen erbracht, die nach dem anwendbaren Bewertungsschema einen Faktor von 0,9 ergäben. Grundlage für diese Bewertung seien die zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten P A am 10.03.2016 vereinbarten Ziele, die der Kläger bei unterjähriger Betrachtung zu 100 Prozent erreicht habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage für zulässig und teilweise begründet befunden. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch in Höhe von 1.081,17 EUR, also in Höhe des von der Beklagten errechneten Betrags, aus § 611 BGB und der Zusage der Beklagten vom 01.08.2014 in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und dem Beurteilungssystem (PLM). Tatsachen, die einen Anspruch auf eine höhere Bonuszahlung rechtfertigen könnten, seien vom Kläger nicht vorgetragen. Insbesondere ergebe sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht aus den Grundsätzen der Betrieblichen Übung, da die Beklagte mit der Zusage vom 01.08.2014 deutlich gemacht habe, sich vertraglich binden zu wollen. Die Stichtagsregelung des PLB 2016 Communication Plan, der zufolge der Anspruch auf die versprochene variable erfolgsabhängige Vergütung entfallen solle, wenn der betroffene Arbeitnehmer vor dem Ende des Kalenderjahres ausscheidet, hat das Arbeitsgericht für unwirksam befunden. Dabei ist das Arbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis insgesamt, und damit auch im Hinblick auf die variable Vergütung, gemäß Artikel 8 Abs. 2 der ROM I-Verordnung (EG-VO 593/2008) deutsches, und nicht italienisches Recht anwendbar ist. Des Weiteren hat das Arbeitsgericht die in Rede stehende variable Vergütung als eine solche mit Entgeltcharakter qualifiziert, bei der die Auszahlung des verdienten Entgelts nicht von der Erreichung eines bestimmten Stichtages abhängig gemacht werden dürfe.

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze wie auch auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 07.12.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 04.01.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 07.01.2018 begründet. Die Berufungsbegründung ist dem Kläger am 23.02.2018 erstmals unter Hinweis auf § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG zugestellt worden. Mit am 23.03.2018 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung beantwortet und Anschlussberufung eingelegt und diese begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Meinung, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die von der Beklagten angewandte Stichtagsklausel unwirksam sei. Die von der Beklagten angewandte Stichtagsregelung, die auf den 31.12. als letzten Tag der Lohnperiode abstellt, sei auch bei Anwendung deutschen Rechts wirksam. Die Klausel sei teilbar, weshalb die Unwirksamkeit des Stichtags 31.03. des Folgejahres auf den Bestand des Stichtags 31.12. des Bewertungszeitraums keine Auswirkungen habe. Die Beklagte habe im PLB Plan 2016 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den überobligatorischen Einsatz der Mitarbeiter während der gesamten Bewertungsperiode honorieren möchte. Bei den als Jahresziele vereinbarten Zielen scheide - anders als bei quantitativen Zielen - eine pro rata Betrachtung von vornherein aus. Auch ein Geschäftsergebnis lasse sich nicht einfach pro rata ermitteln.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils vom 07.11.2017 - 15 Ca 4788/17 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen sowie

2. auf die Anschlussberufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.11.2017- 15 Ca 4788/17 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.290,00 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 01.04.2017.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger tritt der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung bei, soweit der Klage stattgegeben wurde.

Er ist der Auffassung, ihm stünde nicht nur eine anteilige variable Vergütung zu, sondern die in 2016 tatsächlich für ihn erzielbare Vergütung. Der Zielbonus berechne sich aus seinem Jahresgrundgehalt in Höhe von 55.504,03 EUR (4.111,41 EUR Monatsgehalt x 13 Gehälter) plus 2.055,70 EUR Urlaubsgeld, multipliziert mit fünf Prozent, und betrage mithin 2.775,20 EUR. Da die Beklagte mit ihm für das Jahr 2016 keine Zielvereinbarung getroffen habe, stünde ihm ein Bonusanspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu, den er auf 2.290 EUR beziffert habe, da dieser Betrag jedenfalls für das Jahr 2015 als Bonus erzielt worden ist. Das unterjährige Ausscheiden führe zu keiner Verringerung der Bonuszahlung, da eine solche anteilige Verringerung schlichtweg nicht vereinbart sei. Selbst für den Fall, dass man eine zeitliche anteilige Berechnung vornehmen würde, stünden ihm jedenfalls 1.850,13 EUR zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg. Mit der zulässigen Anschlussberufung hat der Kläger nur teilweise Erfolg.

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG) und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Das Gleiche gilt für die Anschlussberufung des Klägers (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 524 ZPO). Insbesondere hat der Kläger die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gewahrt, indem er die Anschlussberufung am 23.03.2018 und damit innerhalb der Frist zur Berufungserwiderung von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht eingereicht hat. Denn diese begann erst mit der erstmals unter Hinweis auf § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG erfolgten Zustellung der Berufungsbegründung am 23.02.2018 zu laufen (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 66 ArbGG, Rn. 64).

II. Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung in der zugesprochenen Höhe stattgegeben. Mit der Anschlussberufung hat der Kläger nur teilweise Erfolg.

1. Die Berufung der Beklagten ist in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung in Höhe von 1.081,17 EUR brutto stattgegeben. Der Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB und der Zusage der Beklagten vom 01.08.2014 in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und dem PLB Communication Plan 2016. Soweit nach dem PLB Communication Plan die Auszahlung des Bonus davon abhängt, dass der Mitarbeiter am 31.12.2016 und zum Auszahlungszeitpunkt in 2017 noch im Konzern der Beklagten beschäftigt ist, ist diese Stichtagsregelung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB insgesamt unwirksam mit der Folge, dass der PLB Communication Plan ohne die Stichtagsklausel gilt (§ 306 Abs. 1 BGB). Sie ist nicht etwa wirksam, weil im Hinblick auf die Zusage vom 01.08.2014 italienisches Recht Anwendung fände.

a) Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, findet auf das Arbeitsverhältnis insgesamt, also auch im Hinblick auf die Zusage vom 01.08.2014, deutsches Recht Anwendung. Nach Artikel 8 Abs. 2 Satz 1 der Rom I-Verordnung (EG-VO 593/2008) unterliegt der Arbeitsvertrag, soweit das auf den Arbeitsvertrag anzuwendende Recht nicht durch Rechtswahl bestimmt ist, dem Recht des Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Ausgehend davon, dass die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben und der Kläger seine Arbeitsleistung in Deutschland erbracht hat, findet somit auf das Arbeitsverhältnis und damit auch auf die seitens der Beklagten erteilte Zusage vom 01.08.2014 deutsches Recht Anwendung. Ihre hiervon abweichende Auffassung hat die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr geäußert.

b) Soweit nach dem PLB Communication Plan die Auszahlung des Bonus davon abhängt, dass der Mitarbeiter am 31.12.2016 und zum Auszahlungszeitpunkt in 2017 noch im Konzern der Beklagten beschäftigt ist, ist diese Stichtagsregelung insgesamt nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam mit der Folge, dass der PLB Communication Plan ohne die Stichtagsklausel gilt (§ 306 Abs. 1 BGB).

aa) Eine Sonderzahlung, die (auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unzulässig. Das Bundesarbeitsgericht hat die Unzulässigkeit eines Stichtags außerhalb des Bezugszeitraums damit begründet, dass die Stichtagsklausel im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB stehe, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, sei nicht ersichtlich. Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn der Stichtag innerhalb des Bezugsjahres liegt und die Sonderzahlung - auch - Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem Zeitraum vor dem Stichtag erbracht wurde. Auch in diesem Fall ist die Sonderzahlung zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergütung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichts daran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschuldete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des Austauschverhältnisses ist nicht gegeben. Auch ein Stichtag innerhalb des Bezugsjahres erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (BAG, Urteil vom 13.11.2013 - 10 AZR 848/12, juris Rn. 28 ff.; Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 14.08.2014 - 4 Sa 549/13, Rn. 31 ff. juris). Eine (auch) durch Arbeitsleistung erdiente Sonderzahlung kann mithin grundsätzlich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr an Bindungs- oder Stichtagsklauseln im laufenden Kalenderjahr sowie erst recht nicht im Folgejahr gekoppelt werden, sondern ist pro rata temporis im Ausscheidensfalle im Kalenderjahr zu gewähren (vgl. Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Auflage 2019, BGB § 611 a Rn. 534; Thüsing in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Auflage 2018, § 611 a BGB, Rn. 261; Wisskirchen in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 10. Auflage 2017, D. Arbeitsvertrag und AGB-Kontrolle Rn. 119 f.; Heiden in Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 10. Auflage 2017, III. Verpflichtungen des Arbeitgebers Rn. 431).

Anders mag es liegen, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert hat. Das kann bei Saisonbetrieben der Fall sein, aber auch auf anderen branchen- oder betriebsbezogenen Besonderheiten beruhen. Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten Zeitpunkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden (vgl. BAG, Urteil vom 13.11.2013 - 10 AZR 848/12, juris Rn. 32).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen sich die erkennende Berufungskammer anschließt, ist die Stichtagsregelung in dem PLB Communication Plan insbesondere auch insoweit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, als die Auszahlung des Bonus davon abhängt, dass der Mitarbeiter am 31.12.2016 noch im Konzern der Beklagten beschäftigt ist. Bei der Zusage vom 01.08.2014 in Verbindung mit dem PLB Communication Plan handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die hier streitgegenständliche variable Vergütung stellt jedenfalls auch eine Gegenleistung für die vom Kläger im laufenden Kalenderjahr 2016 erbrachte Arbeitsleistung nach § 611 Abs. 1 BGB dar. Besondere Umstände, die ausnahmsweise den Stichtag 31.12. rechtfertigen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich.

(1.) Bei der Zusage vom 01.08.2014 in Verbindung mit dem PLB Communication Plan handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn die Beklagte hat den PLB Communication Plan für eine Vielzahl von Arbeitnehmern geschaffen, so dass es sich bei den dort getroffenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB).

(2.) Der hier streitgegenständliche Bonus stellt jedenfalls auch eine Gegenleistung für die vom Kläger im gesamten Kalenderjahr 2016 laufend erbrachte Arbeitsleistung nach § 611 Abs. 1 BGB dar, also für Arbeitsleistung, die vor dem Stichtag erbracht wird. Hierfür spricht nicht nur der Umstand, dass der Bonus nach dem Wortlaut der Zusage vom 01.08.2014 zum einen von der persönlichen Beurteilung des Klägers abhängig ist. Die Sonderzahlung ist also an das Erreichen bestimmter Ziele bestimmt. Auch die Regelungen in dem PLB Communication Plan, wonach in dort festgelegten Fällen (Langzeiterkrankung, Mutterschutz, Neueintritt etc.) ein Bonus auf Basis einer pro rata Berechnung gewährt wird, sind nur dann verständlich, wenn die variable Vergütung grundsätzlich zumindest auch Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung darstellt. Die Zuwendung von - bezogen auf die zurückgelegten Beschäftigungsmonate - anteiligen Sonderzahlungen an unterjährig eintretende bzw. unterjährig an dem Bonussystem partizipierende Arbeitnehmer spricht dafür, dass dem PLB Communication Plan die Vorstellung zugrunde liegt, die Sonderzahlung werde gleichmäßig im Lauf des Jahres als zusätzliches Entgelt für die laufende Arbeitsleistung verdient.

(3.) Besondere Umstände, die ausnahmsweise den Stichtag 31.12. rechtfertigen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere ist vorliegend nicht erkennbar, dass die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert für die Beklagte hätte. Soweit die Sonderzahlung auch an das unternehmerische Ergebnis im Kalenderjahr anknüpft, findet dies insoweit hinreichend Berücksichtigung, als entsprechende Unternehmenszahlen im Fälligkeitszeitpunkt der Berechnung des Bonus zugrunde gelegt werden können. Es bedarf somit keiner pro rata Ermittlung eines Geschäftsergebnisses. Allein das Interesse der Beklagten an einer konzerneinheitlichen Behandlung rechtfertigt es nicht, den Bestand des Arbeitsverhältnisses am Ende des Bezugszeitraums zur Voraussetzung für die Bonuszahlung zu machen. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass bei als Jahreszielen vereinbarten Zielen - anders als bei quantitativen Zielen - eine pro rata Betrachtung von vornherein ausscheide, zeigt sie mit der von ihr vorgenommenen Berechnung, dass eine unterjährige Betrachtung möglich ist. Schließlich ist dem PLB Plan 2016 angesichts diverser dort vorgesehener Konstellationen, in denen ein pro rata Bonus gewährt wird, gerade nicht zu entnehmen, dass nur ein überobligatorischen Einsatz der Mitarbeiter während der gesamten Bewertungsperiode honoriert werden soll und das Beschäftigungsverhältnis während der ganzen Periode aktiv bestanden haben muss.

c) Die Entscheidung zu den Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

2. Mit der Anschlussberufung hat der Kläger nur teilweise Erfolg. Bei der Berechnung des Bonus war das vom Kläger im Jahr 2016 bezogene Urlaubsgeld zu berücksichtigen, weshalb auf die Klage insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.127,43 EUR brutto zuzusprechen war. Anspruch auf eine darüber hinausgehende Bonuszahlung hat der Kläger nicht.

a) Bei der Berechnung des Bonus war das vom Kläger im Jahr 2016 bezogene Urlaubsgeld zu berücksichtigen, weshalb auf die Klage insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.127,43 EUR brutto zuzusprechen war. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 01.08.2014 wird der jährlichen Variablen das Bruttojahresgehalt zuzüglich des Urlaubsgeldes zugrunde gelegt. Somit war zu dem im Jahr 2016 tatsächlich bezogenen Grundgehalt in Höhe von 32.034,74 EUR noch das am 21.06.2016 bezogene Urlaubsgeld in Höhe von 1.370,47 EUR zu addieren, so dass sich der Bonus nach der Berechnung der Beklagten, die sich der Kläger zu Eigen gemacht hat, wie folgt errechnet: 32.034,74 EUR plus 1.370,47 EUR x 0,05 (= Zielbonussatz des Klägers) x 0,75 (= Unternehmenserfolgsfaktor 2016) x 0,9 (= Leistungs- und Führungs-Multiplikator des Klägers 2016) = 1.127,43 EUR.

b) Anspruch auf eine darüber hinausgehende Bonuszahlung hat der Kläger nicht. Insbesondere besteht infolge seines unterjährigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis kein vollständiger, sondern nur ein anteiliger Anspruch (pro rata temporis) auf die variable Vergütung, weshalb die Beklagte ihrer Berechnung nachvollziehbar das vom Kläger im Jahr 2016 tatsächlich bezogene Grundgehalt zugrunde gelegt hat. Nachdem der Kläger sich diese Berechnung zu Eigen gemacht hat, hätte er - soweit er von einer höheren Vergütung ausgeht - im Einzelnen darlegen müssen, auf welche Grundlage er diese stützt. An entsprechendem Vortrag des Klägers fehlt es. Soweit der Kläger weiter die Auffassung vertritt, dass ihm aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes ein Anspruch in Höhe der Klageforderung zusteht, und insofern behauptet, dass die Beklagte mit ihm für das Jahr 2016 keine Zielvereinbarung getroffen habe, ist dieses pauschale Bestreiten angesichts des konkreten Vortrags der Beklagten zu einer Vereinbarung von Zielen zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten am 10.03.2016 unerheblich.

c) Demzufolge besteht auch hinsichtlich des auf die Anschlussberufung zugesprochenen weiteren Betrags Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Verzugszinsen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO.

IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, weil sie auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht. Auch weicht die Kammer nicht von anderen Entscheidungen im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ab.