LG Dortmund, Urteil vom 14.04.2016 - 4 O 230/13
Fundstelle
openJur 2019, 16100
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 60.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 20.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.

Ferner werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 39.112,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 8.296,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 3.215,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 682,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 1.249,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von der Zahlung des Kaufpreises für ein behindertengerechtes Fahrrad (Dreirad) mit Elektromotor vom Typ Gracia 2 "26/24" E-Trike 7-Gang RBNHM-NR.: 22.51.04.0001 oder gleichwertig zu befreien.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren materiellen und, soweit nicht vorhersehbar, immateriellen Schäden aus Anlass der fehlerhaften Behandlung vom 28.04.2010 bis zum 21.09.2010 zu ersetzen, soweit ein öffentlich rechtlicher Forderungsübergang nicht stattgefunden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese selbst zu 7% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 89% und die Beklagte zu 1.) zu weiteren 4%.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) tragen die Klägerin zu 5% und die Beklagte zu 1.) selbst zu 95%.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.) tragen die Klägerin zu 11% und die Beklagte zu 2.) selbst zu 89 %.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die im Jahr 1967 geborene Klägerin nimmt die Beklagte zu 1.) als Trägerin des N-Hospitals und die Beklagte zu 2.) als niedergelassene Neurologin im Zusammenhang mit einer am 07.05.2010 durchgeführten Lymphknotenexstirpation sowie der sich daran anschließenden postoperativen Behandlung auf Zahlung von Schmerzensgeld, Schadenersatz sowie Feststellung der weiteren Ersatzpflicht in Anspruch.

Am 28.04.2010 wurde die Klägerin in der internistischen Abteilung im Haus der Beklagten zu 1.) stationär aufgenommen. Sie klagte über seit Dezember 2009 wiederholt aufgetretene fieberhafte Infekte mit Schlappheitsgefühl und Gewichtsabnahme. Nach einer laborchemischen Untersuchung wurde am Folgetag zunächst eine Sonografie des Abdomens durchgeführt. Diese zeigte eine etwas vergrößerte Splenomegalie sowie eine geringfügige Steatosis hepatis. Eine Sonografie des Halses vom selben Tag zeigte einen rechtsbetonten cervicalen Lymphknoten in einer Länge von 2 cm.

Am 03.05.2010 wurden zum Ausschluss eines Lymphoms bei submandibullär und nucheal geschwollenen Lymphknoten CT‘s von Hals, Thorax und Abdomen angefertigt. Diese ergaben den Nachweis multipler, leicht vergrößerter zervikaler als auch nuchealer Lymphknoten. Es zeigten sich keine vergrößerten intraabdominellen Lymphome. Es wurde die Empfehlung einer Lymphknotenexstirpation rechts cervical ausgesprochen.

In diesem Zusammenhang fand am 04.05.2010 ein Aufklärungsgespräch statt. Hierzu findet sich in der Akte ein Pro Compliance Bogen.

In diesem heißt es im vorgedruckten Text:

"Extrem selten:

... Verletzungen von Nerven - je nach Lage des Knotens - (z. B. Schulterhebenerv, Stimmbandnerv, Eingeweidenerv, Mundast des Gesichtsnervs ... Armnerv) können auftreten ...und rufen ggf. eine hängende Schulter...hervor...)".

Handschriftlich enthält der Bogen folgende Ergänzungen:

"Wundinfektionen

Nachblutungen?

Verletzung von Nerven und Gefäßen

Weiterführende Exstirpation?

Verletzung umliegender Strukturen

Lymphfistel

Taubheitsgefühle".

Am 07.05.2010 wurde die Klägerin operiert. Es wurde rechts cervical oberhalb des Musculus sternocleidomastoideus ein ca. 3 x 3 cm großer Lymphknoten entfernt und zur histologischen Begutachtung eingeschickt. Die histologische Aufarbeitung zeigte eine geringgradige chronische uncharakteristische Lymphadenitis. Die Operation wurde durch die Assistenzärztin und Zeugin Dr. G, seinerzeit S5, sowie den Oberarzt und Zeugen I durchgeführt.

Am ersten postoperativen Tag war die Klägerin ausweislich des Pflegeprotokolls beschwerdefrei. Im weiteren postoperativen Verlauf klagte die Klägerin über Schmerzen im Bereich des rechten Arms. So finden sich in der Dokumentation der Beklagten nahezu täglich Eintragungen über Beschwerden der Klägerin.

Unter dem 09.05.2010 findet sich folgender Eintrag:

"Pat. klagt über Armschmerzen wegen OP."

Unter dem 10.05.2010 äußerte die Klägerin laut des Pflegeprotokolls der Beklagten Schmerzen im Bereich der OP-Wunde. Am 11.05.2010 wurden ausweislich der Dokumentation der Beklagten Schmerzen im Halsbereich beklagt. Zwei Tage später gab die Klägerin seit der Lymphknotenentfernung bestehende Schmerzen der Schulter an.

Am 14.05.2010 findet sich in den Krankenunterlagen folgender Vermerk:

"Pat. wartet auf MRT ... Pat. gibt Schmerzen an, wenn sie d. re. Arm hebt".

Am gleichen Tag wurde die Klägerin nach einer MRT-Untersuchung der Wirbelsäule aus der stationären Behandlung entlassen.

Am 09.06.2010 suchte die Klägerin aufgrund weiterhin bestehender Schmerzen im rechten Arm sowie einer eingeschränkten Armhebemöglichkeit erstmalig die Praxis der Beklagten zu 2.) auf. Sie gab gegenüber der Beklagten zu 2.) an, seit einer Operation im Haus der Beklagten zu 1.) unter einer Lähmung im Bereich des rechten Arms zu leiden.

Im Rahmen der Erstuntersuchung stellte die Beklagte zu 2.) die Diagnose einer gesicherten Affektion des Nervus accessorius rechts sowie des Verdachtes auf ein beidseitiges Carpaltunnelsyndrom und leitete eine medikamentöse Behandlung mit Tolperison Hexal ein.

Am 18.06.2010 wurde eine regelrechte motorische EMG-Messung der Handnerven links und rechts durchgeführt.

Eine letzte Untersuchung fand am 31.08.2010 in der Praxis der Beklagten statt. Die gestellte Diagnose blieb bestehen. Auch wurde weiterhin konservativ behandelt.

Am 15.09.2010 wurde ein Arztbrief durch die Beklagte zu 2.) gefertigt. In diesem befindet sich ein Hinweis auf einen Schultertiefstand rechts sowie einer Parese der Armabduktion. Versandt wurde dieser Brief an Herrn Dr. S am 21.09.2010.

Ein ursprünglich auf den 20.09.2010 datierter Kontrolltermin wurde einvernehmlich auf den 21.09.2010 verschoben. Gleichwohl fand eine Untersuchung nicht statt, da sich die Beklagte zu 2.) zu diesem Zeitpunkt im Urlaub befand. Unstreitig wies die Beklagte zu 2.) im Laufe der Behandlung weder die Klägerin noch Dr. S darauf hin, dass bei Nervenverletzungen eine operative Behandlung in Betracht kommen kann.

Bei weiterhin persistierenden Beschwerden und bei weiterhin bestehender Armhebeschwäche stellte sich die Klägerin auf eigene Veranlassung am 04.11.2010 in der neurochirurgischen Klinik im Klinikum Dortmund vor. Im Rahmen der neurologischen Untersuchung wurde eine Accessoriusparese rechts diagnostiziert.

Es schloss sich ein stationärer Aufenthalt vom 22.11.2010 bis zum 26.11.2010 an. In mikrochirurgischer Technik wurde am 23.11.2010 der Nerv freigelegt und genäht. Dennoch trat im weiteren Verlauf keine Besserung ein.

Im Zeitraum vom 05.01.2011 bis zum 26.01.2011 befand sich die Klägerin in der Rehabilitationsklinik X. Im Folgejahr, in der Zeit vom 01.02.2012 bis zum 20.12.2012, erfolgte eine weitere Rehabilitationsbehandlung im Klinikzentrum N7.

Seit dem Jahr 2012 bestand ein Schriftwechsel mit den Haftpflichtversicherern der Beklagten. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Die Klägerin behauptet, sie sei von den Beklagten fehlerhaft behandelt worden. So sei die Operation vom 07.05.2010 im Haus der Beklagten zu 1.) nicht indiziert gewesen. Es habe keine medizinische Notwendigkeit zur Lymphknotenentfernung bestanden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Zytologiegewinnung ausgerechnet in der zervikalen Region rechts mit einem 3 x 3 cm großen Lymphknoten erfolgt sei. Die Zytologiegewinnung habe mit einem geringeren Risiko in anderen Regionen durchgeführt werden können.

Zudem sei die Operation fehlerhaft durchgeführt worden. Es sei zunächst der chirurgische Zugangsweg zur Entnahme falsch gewählt worden. Der Zugangsweg hätte größer angelegt werden müssen, um eine bessere Übersicht über das Operationsfeld zu haben. Ferner sei die Operation fehlerhaft durch eine Assistenzärztin durchgeführt worden. Diese habe nicht über die nötige Fachkunde und Erfahrung verfügt, um diese Operation durchführen zu können. Es sei intraoperativ zu einer direkten massiven Schädigung oder auch einer primären Trennung des Nervus accessorius gekommen. Dem Operateur sei die Gefährdung des Nervus accessorius nicht bewusst gewesen. Zudem sei fehlerhaft kein Nervenmonitoring erfolgt.

Auch die postoperative Behandlung sei fehlerhaft erfolgt. So habe sie mehrfach über Beschwerden im Arm geklagt. Dennoch seien keine diagnostischen Maßnahmen eingeleitet worden. Auch sei keine Visite erfolgt. Wären diagnostische Maßnahmen eingeleitet worden, hätte sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Schädigung des Nervens erkennen lassen. Daraufhin wäre eine erneute Operation zur sekundären Naht geboten gewesen.

Zudem rügt die Klägerin eine fehlerhafte Aufklärung. Sie sei weder auf die exakte Lage des zu entfernenden Lymphknotens noch auf die Möglichkeit des Accessoriusschadens hingewiesen worden. Ferner sei sie nicht darauf hingewiesen worden, dass die Probeentnahme auch an einer weniger risikoreichen Körperstelle hätte erfolgen können. Schließlich habe sie sich nur auf massiven Druck der aufklärenden Ärztin zur Operationsdurchführung entschieden. Diese habe ihr mitgeteilt, dass eine zeitliche Verzögerung von vier Wochen nicht tragbar sei, falls sie an Lymphknotenkrebs leide. Rein vorsorglich erklärt sie die Anfechtung der Aufklärungseinwilligung.

Auch habe die Beklagte zu 2.) eine fehlerhafte Behandlung vorgenommen. So habe sie trotz der Feststellung der Affektion des Nervus accessorius keine adäquaten diagnostischen Maßnahmen veranlasst (ENG/EMG). Ein ENG/EMG hätte den Verdacht auf eine Nervendurchtrennung, zumindest aber auf eine gravierende Nervenverletzung bestätigt und somit Anlass zum weiteren operativen Einschreiten gegeben. Es sei fehlerhaft, dass die Beklagte zu 2.) bei keinem Behandlungstermin auf eine solche Operationsbedürftigkeit hingewiesen habe. Sie habe bei der Planung des weiteren Vorgehens nicht auf die ordnungsgemäße Vorgehensweise der Beklagten zu 1.) vertrauen dürfen. Zum einen habe die Beklagte zu 2.) nicht darauf vertrauen dürfen, dass die behandelnden Ärzte der Beklagten zu 1.) die Armparese bereits festgestellt hätten. Zum anderen greife der Vertrauensgrundsatz keinesfalls, wenn zwei Ärzte aus dem gleichen Fachgebiet nacheinander behandeln. In diesen Fällen habe sich der Nachbehandler von der Richtigkeit der Diagnose des Vorbehandlers zu vergewissern. So habe sie von der Beklagten zu 2.) zumindest vorzeitig wieder einbestellt werden müssen.

Zudem habe es die Beklagte zu 2.) versäumt, ihr mitzuteilen, dass nach Ablauf von sechs Monaten nach dem schädigenden Ereignis eine Operation nur noch geringe Erfolgsaussichten habe und insoweit bereits zu Beginn der Behandlung eine Operationsbedürftigkeit gegeben gewesen sei.

Aufgrund der fehlerhaften Behandlung durch die Beklagten habe die Nervenrekonstruktion erst zeitlich verzögert durchgeführt werden können, nämlich sechs Monate nach dem schädigenden Ereignis. Sie sei aus diesem Grund ohne Erfolg geblieben. Bei rechtzeitiger Rekonstruktion wäre sie mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erfolgreich verlaufen.

Nunmehr sei sie in ihrer gesamten Lebensführung ganz erheblich eingeschränkt. Sie sei in sämtlichen Dingen des täglichen Lebens, von der Körperhygiene bis hin zur Haushaltsführung eingeschränkt und würde für den Rest ihres Lebens auf fremde Hilfe angewiesen sein.

Durch die massive Schädigung des Nervus accessorius sei ihr ein irreparabler massiv beeinträchtigender Gesundheitsschaden entstanden. Es liege eine komplette Accessoriusparese vor. Die Gebrauchsfähigkeit des rechten Arms sei vollständig aufgehoben. Zunächst sei noch eine Armabduktion rechts bis zu 70 Grad möglich gewesen. Heute sei trotz fortdauernder physiotherapeutischer Behandlung eine Armabduktion nur bis 45 Grad möglich. Zudem bestünden spontane stichartige Schmerzen im Bereich der Operationsnarbe. Auch liege eine Athropie der proximalen Anteile des musculus trapezius mit Schulterschiefstand vor. Dieser führe täglich zu großen Schmerzen und Krämpfen im vorderen Halsbereich sowie im Bereich des Schlüsselbeins. Zusätzlich führe die Überanstrengung der Hilfsmuskeln, welche den ausgefallenen Trapezmuskel auszugleichen versuchen, oft zu extremen Kopfschmerzen bis zum rechten Auge hin. Zudem bestünden beim Einatmen Schmerzen der Muskulatur zwischen dem mittleren Schulterblattrand rechts und der Wirbelsäule. Schließlich würden auch Schmerzen im Bereich des Schulterhebemuskels rechts auftreten, wenn der rechte Arm nach unten hinge. Dann komme es auch zu Kribbelmissempfindungen und Taubheitsgefühlen in den Fingern 3 und 4 rechts. Um die Schmerzen tagsüber zu vermindern, sei das Tragen einer Orthese dauerhaft notwendig. Auch sei eine tägliche Medikamenteneinnahme notwendig. So nehme sie täglich mindestens 800 mg Ibuprofen ein. Die Nebenwirkungen würden zu Schlappheit, Müdigkeit, Schwindel, Reizbarkeit, Magen-/Darmproblemen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen führen. Zudem habe das Abkippen der rechten Schulter zu einem Hängen der rechten Brust geführt. Das optische Erscheinungsbild sei insoweit in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt. Auch sei ihre Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt. So könne sie ihren Hobbys wie malen, spazieren gehen und Fahrrad fahren nicht mehr nachgehen.

Schließlich habe sich infolge der Beeinträchtigungen und der verminderten Lebensqualität eine Depression sowie eine Anpassungsstörung eingestellt. Auch die sozialen Kontakte würden vernachlässigt.

Sie habe sich zahlreichen ärztlichen Behandlungen unterziehen müssen. So befinde sie sich seit Oktober 2011 in regelmäßiger Behandlung und Betreuung der ambulanten Schmerzklinik C8. Zudem seien zahlreiche ergo- und krankentherapeutische Behandlungen erfolgt. Es finde seit November 2011 eine Verhaltenstherapie statt. Die zunächst wöchentlichen Sitzungen hätten sich im Laufe der Zeit von fünf Sitzungen die Woche auf eine Sitzung jede 4. Woche reduziert. Ferner sei eine psychosomatische stationäre Rehabilitation vom 01.02.2012 bis zum 20.02.2012 erforderlich gewesen.

a)Die Klägerin erachtet demzufolge ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 60.000,00 € für angemessen. Ein solches beansprucht sie mit ihrem Klageantrag zu 1.).

b)Ferner begehrt sie mit ihrem Klageantrag zu 2.) für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.09.2013 den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von insgesamt 50.198,40 €.

Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 die dargelegte Wohn- und Gartenfläche sowie die Aufteilung der Haushaltstätigkeit unstreitig gestellt.

Die Klägerin wohnt in einem ca. 150 m² großen Haus, das sich über drei Etagen erstreckt. Zudem schließt sich eine Gartenfläche von 300 m² an. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ihre Tochter ist im Jahr 1995 geboren und ihr Sohn im Jahr 1998. Die Tochter ist im September 2015 ausgezogen. Der Sohn, der nach anfänglichen kognitiven Problemen inzwischen eine Ausbildung absolviert, wohnt noch im elterlichen Haushalt. Zusätzlich besitzt die Familie einen Hund.

Vor dem Schadensereignis kümmerte sich die Klägerin im Wesentlichen um alle Aufgaben in der Haushaltsführung einschließlich der Betreuung des Sohnes, da ihr Mann berufstätig ist. Die Klägerin ging keiner Berufstätigkeit nach.

Die Klägerin behauptet, sie sei nunmehr in ihrer Fähigkeit den Haushalt zu führen um 70 % eingeschränkt. Es gäbe zwar eine Besserung des psychischen Gesundheitszustandes, allerdings sei der physische Zustand konstant. Die Haushaltsführung falle ihr schwer. Sie habe einen Grad der Behinderung von 50 %. Die Einkäufe könne sie gar nicht mehr erledigen. Sie könne kein Auto fahren, so dass ihr Mann alle Fahrten übernehmen müsse. Sie könne im Haushalt keine Tätigkeit mehr ausüben, die den Einsatz beider Hände erforderten. So könne sie nicht mehr kochen, schneiden oder auch backen. Bei der Wäschepflege könne sie nur zu einem geringen Anteil helfen. Sie könne keine Wäsche mehr aufhängen. Auch bügeln könne sie nicht mehr. Ferner benötige sie für das Beziehen von Betten und das Wischen Hilfe. Auch sei die Gartenarbeit zum überwiegenden Teil nicht mehr möglich. Ferner könne sie den Hund nicht selbständig ausführen. Diese Aufgaben müsse ihr Mann nunmehr für sie übernehmen.

Bei der Berechnung der Höhe des Schadens sei ausgehend von den Listen von Pardey zum Haushaltsführungsschaden von einem Arbeitsaufwand von 49,8 Wochenstunden auszugehen. Bei Annahme einer Beeinträchtigung von 70% falle sie für 34,86 Wochenstunden im Haushalt aus. Die Nettoentlohnung einer Hilfskraft liege bei 9,00 € pro Stunde.

Es ergebe sich für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.09.2013 folgende Berechnung:

- 34,86 Stunden x 9,00 € = 313,74 € pro Woche x 4 Wochen = 1.254,96 € pro Monat x 40 Monate = 50.198,40 €.

c)Zudem beansprucht sie mit ihrem Klageantrag zu 3.) für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.09.2013 den Ersatz vermehrter Bedürfnisse in Höhe von 3.897,20 €. Sie begehrt damit die Erstattung der Kosten für den Pflegemehraufwand.

Hierzu behauptet sie, dass sie nicht mehr in der Lage sei, ihre Körperpflege alleine zu verrichten. So könne sie sich nicht mehr selbständig die Haare waschen sowie sich schminken. Auch das Baden und Eincremen gestalte sich schwierig. Hierzu bedürfte es der Hilfe ihres Ehemannes.

Bei der Berechnung der Höhe des Schadens sei von einem Umfang von 2,5 Stunden pro Woche auszugehen. Die Bruttoentlohnung einer Hilfskraft liege bei 9,00 €/Stunde.

Im Einzelnen ergebe sich für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.09.2013 folgende Berechnung:

- 2,5 Stunden x 9,00 € = 22,20 € pro Woche = 97,43 € im Monat x 40 Monate = 3.897,20 €.

d)Fahrtkosten, Zuzahlungen und Anschaffungen im Haushalt:

Desweiteren macht die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen verschiedener Fahrtkosten, Zuzahlungen und Anschaffungskosten geltend. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Positionen:

- Fahrtkosten des Ehemanns zu Besuchszwecken

- Fahrtkosten zur Rehabilitation

- Fahrtkosten zum Klinikum E2, E3 sowie C4

- Fahrtkosten zur Praxis Physiotherapie, Ergotherapie sowie Psychotherapie

- Medikamenten-/ Behandlungs- und Hilfsmittelzuzahlungen.

Soweit die Klägerin im Rahmen ihres Antrages zu 4.) ursprünglich die Erstattung in Höhe von 9.124,71 € begehrt hat, hat sie die Klage in Höhe der Mitgliedsbeträge beim VDK (3 x 54,00 = 162,00 €), der Kosten für Fahrten zur Behandlung bei der Beklagten zu 2.) (5 x 7,80 € = 39,00 €) , der Kosten für zwei Spezialmatratzen mit Zubehör (3.496,00 €), für unterschiedliche Elektrogeräte (712,87 €) sowie wegen der Rechnungen von Frau Dr. I2 (928,85 €) mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Sie begehrt nunmehr noch Schadensersatz in Höhe von 3.785,99 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung Anlage K 14 zur Klageschrift Bl. 136 bis 205 d.A. verwiesen.

e)

Mit dem Klageantrag zu 5.) begehrt die Klägerin die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Klägervertreter in Höhe einer 0,65- Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 145.573,04 € zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.

f)

Mit dem Klageantrag zu 6.) begehrt die Klägerin die Feststellung der Kostenbefreiung für ein behindertengerechtes Fahrrad. Ein herkömmliches Fahrrad könne sie mit einem Arm weder halten und lenken noch Steigungen bewältigen.

g)

Mit dem Klageantrag zu 7.) begehrt sie die Feststellung der weiteren Ersatzpflicht, da aufgrund ihrer dauerhaften Beeinträchtigung weitere Schäden drohen würden.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 60.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen weiteren

Betrag in Höhe von 50.198,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen weiteren

Betrag in Höhe von 3.897,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen weiteren

Betrag in Höhe von 3.785,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

5. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere

1.249,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen:

6. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind,

sie von der Zahlung des Kaufpreises für ein behindertengerechtes Fahrrad (Dreirad) mit Elektromotor vom Typ Gracia II "26/24" E-Trike 7-Gang RBN HM-NR.: 22.51.04.0001 oder gleichwertig zu befreien;

7. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind,

ihr alle weiteren materiellen und, soweit nicht vorhersehbar, immateriellen Schäden aus Anlass der fehlerhaften Behandlung vom 28.04.2010 bis zum 21.09.2010 zu ersetzen, soweit ein öffentlich rechtlicher Forderungsübergang nicht stattgefunden hat.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1.) behauptet, die Behandlung sei lege artis erfolgt.

Der streitgegenständliche Eingriff sei zum Ausschluss einer bösartigen Erkrankung des lymphatischen Organsystems erforderlich gewesen. An welcher Stelle eine Probeentnahme erfolge, stehe dabei im Ermessen des Operateurs und dessen Einschätzung. Eindeutige Vorgaben gebe es in diesem Zusammenhang nicht.

Auch sei die Operation fachgerecht unter sorgfältiger Präparation und vorsichtiger - schichtweiser - Präparation des Subcutangewebes bis hin zum Lymphknoten durchgeführt worden. Bei fortlaufender Sicherstellung der Blutarmut habe der Lymphknoten problemlos vom anliegenden Gewebe getrennt werden können. Eindeutige Leitlinien, die hierbei ein bestimmtes Vorgehen des Operateurs vorschreiben, gebe es nicht.

Die Operateure seien zum Zeitpunkt der Operation bereits einige Jahre erfolgreich in ihrem Haus tätig gewesen. Sie seien sich dem gewählten Zugang sowie der Komplexität des Operationsgebietes bewusst gewesen. Auch wenn die Zeugin Dr. G seinerzeit noch keine Fachärztin gewesen ist, sei der Facharztstandart dadurch sichergestellt worden, dass ein erfahrener Fach - und Oberarzt der chirurgischen Abteilung die Operation fortlaufend und lückenlos überwacht habe. Zudem habe die Zeugin Dr. G zuvor bereits mehrfach Eingriffe wie den streitgegenständlichen durchgeführt. Sie habe sich zum Operationszeitpunkt ca. 1 Jahr vor der endgültigen Facharztprüfung befunden.

Auch liege in dem postoperativen Vorgehen kein Behandlungsfehler. Es seien keine weiteren postoperativen Befunde zu erheben gewesen. Die Zeugin Dr. G habe die Klägerin noch im Aufwachraum visitiert. Die Klägerin habe ihren rechten Arm heben können. Auch der postoperative Verlauf sei weitestgehend unproblematisch gewesen, so dass auch die Entlassung am 14.05.2010 ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Klägerin habe im gesamten postoperativen Verlauf über keine starken Schmerzen im Bereich des Arms geklagt. So habe sie auch lediglich am Operationstag Schmerzmedikamente gefordert. Die zunächst geäußerten Beschwerden vom 09. und 10.05.2010 hätten den Bereich der Wunde betroffen. Im Rahmen einer Untersuchung am 10.05.2010 durch die Zeugin Dr. G seien keinerlei Störungen bezüglich der Motorik, Sensibilität, Durchblutung oder Schwierigkeiten beim Armheben festgestellt worden. Erst am 13. und 14.05.2010 habe sie Schulterschmerzen mitgeteilt.

Zudem hätten weitere Befunde kein reaktionspflichtiges Ergebnis gezeigt. Der Behandlungsverlauf wäre identisch gewesen. Insbesondere hätten neurophysiologische Untersuchungen keine neuen Erkenntnisse gezeigt. Es hätte dadurch nicht geklärt werden können, ob der Nerv durchtrennt worden sei oder ob lediglich eine Strukturschädigung vorgelegen habe.

Auch wäre zunächst keine Operation zwingend erforderlich gewesen. Ein weiterer operativer Eingriff wäre erst geboten gewesen, wenn von einer Nervenheilung im Rahmen einer konservativen Behandlung nicht mehr auszugehen gewesen wäre. Um dies zu klären, sei ein Zeitraum von 3-4 Monaten erforderlich. Erst im Anschluss wäre eine Operation durchzuführen gewesen. Und selbst bei Durchführung einer zeitlich sachgerechten Operation, bleibe es nicht selten bei einer gravierenden Behinderung.

Die Klägerin sei zudem ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Die aufklärende Ärztin sei mit der Klägerin den gesamten Aufklärungsbogen durchgegangen und habe auch auf mögliche Komplikationen und Risiken hingewiesen. Auch sei das geplante Vorgehen erläutert worden. Am Ende des Gesprächs sei noch einmal die Folge einer Nerven - sowie Gefäßverletzung besprochen worden.

Eine Aufklärung über Behandlungsalternativen hätte nicht erfolgen müssen. Eine Exstirpation an anderen Körperstellen habe nicht mit geringerem Risiko und gleicher Eignung durchgeführt werden können.

Es wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erhoben.

Die Beklagte zu 2.) behauptet, dass die Behandlung durch sie lege artis erfolgt sei. Bei der Erstvorstellung der Klägerin habe das typische klinische Bild einer Läsion des Nervus accessorius vorgelegen. Die Diagnose habe von ihr gestellt werden können, ohne dass es einer Ableitung eines EMG bedurft hätte. Es hätten sich aus der Durchführung einer weiteren Diagnostik ENG/EMG keine weiteren Erkenntnisse ergeben. In diesem Zusammenhang bezieht sich die Beklagte zu 2.) auf ein Gutachten des Prof. Dr. N2 vom 16.08.2013 (Blatt 234 ff. d. A.). In diesem heißt es:

" ...Zur Sicherung der Diagnose der Akzessoriuslähmung war damals eine neurophysiologische Diagnostik entbehrlich. Sie hätte lediglich auf andere Weise das bestätigen können, was auf der Grundlage von Anamnese und klinischen Befunden ohnehin schon feststand...".

Zudem sei der Zeitpunkt für einen möglichen Primäreingriff ohnehin vorbei gewesen. Vielmehr habe sich die Klägerin noch in dem möglichen OP-Zeitfenster von 6 Monaten befunden. Dies habe auch eingehalten werden sollen. Nachdem sich die behandelnden Ärzte im Haus der Beklagten zu 1.) gegen eine sofortige Operation entschieden hätten, habe sie dieses Konzept weiter fortführen wollen. Es habe zunächst überprüft werden sollen, ob sich durch eine intensive physiotherapeutische Behandlung bis September 2010 eine Besserung einstelle. Es hätten dann in einem weiteren Termin am 20.09.2010 mit der Klägerin weitere Behandlungsoptionen, insbesondere die Möglichkeit einer Operation besprochen werden sollen. Dazu sei es nicht mehr gekommen. Nachdem die Klägerin den Termin abgesagt habe, sei ihr leider ein Termin für den 21.09.2010 gegeben worden, zu dem sie aber praxisbekannt abwesend gewesen sei. Das zunächst konservative Vorgehen sei auch ordnungsgemäß gewesen. Eine Operation innerhalb von 6 Monaten könne zu einer kompletten Heilung führen können. Dies bestätige auch Herr Prof. Dr. N1 in seinem Gutachten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat die Klägerin sowie die Beklagte zu 2.) persönlich angehört. Es wurde zudem Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr.G und I sowie durch Einholung von zwei chirurgischen und einem neurologischen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. C2, Prof. Dr. F2 und Prof. Dr. C, das die Sachverständigen Prof. Dr. F2 und Prof. Dr. C in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 näher erläutert haben. Der Sachverständige Prof. Dr. C2 ist verstorben. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die schriftlichen Gutachten vom 06.07.2014, 28.07.2014 und 21.08.2015 (Bl. 350 ff., 386 ff., 571 ff. d. A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 (Blatt 616 ff. d. A.).

Gründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie Schadenersatz und auf Feststellung der weiteren Ersatzpflicht nach den §§ 280, 611, 249 ff. BGB sowie aufgrund einer unerlaubten Handlung nach den §§ 823, 831, 249 ff. BGB. Denn der Klägerin ist es gelungen zu beweisen, dass die Behandlung durch die Beklagten fehlerhaft erfolgt ist. Auch die von der Klägerin geltend gemachte Rüge der fehlerhaften Risikoaufklärung ist hinsichtlich der Behandlung im Haus der Beklagten zu 1.) berechtigt. Die Kammer geht von einer unzureichenden Aufklärung aus.

Die Kammer folgt bei ihrer Einschätzung hinsichtlich der Frage, ob die Behandlung durch die Beklagten fehlerhaft war, den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. C2, Prof. Dr. F2 und Prof. Dr. C. Die Ausführungen der Sachverständigen beruhen auf einer gründlichen Aufarbeitung der Behandlungsunterlagen. Da der Sachverständige Prof. Dr. C2 verstorben ist und sein Gutachten vor der Kammer nicht erläutern konnte, hat die Kammer als weiteren chirurgischen Sachverständigen Prof. Dr. F2 hinzugezogen, der sich auch mit den Ausführungen des Prof. Dr. C2 kritisch auseinandergesetzt hat. Prof. Dr. F2 und Prof. Dr. C haben sämtliche für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Fragen in ihren Gutachten und im Rahmen ihrer Anhörung klar und eindeutig beantwortet.

1.

Zunächst geht die Kammer mit dem Sachverständigen Prof. Dr. F2 davon aus, dass die Behandlung im Haus der Beklagten zu 1.) in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft erfolgt ist.

Zwar war die Operation am 07.05.2010 mit der Exstirpation eines vergrößerten Lymphknotens nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. F2 indiziert, da ein maliges Geschehen ausgeschlossen werden musste. Allerdings fehlt es der Kammer an einer ordnungsgemäßen Aufklärung über Behandlungsalternativen.

Es bestand zur gewählten Entnahmeregion im Halsbereich eine Behandlungsalternative in Form der Entnahme und Histologiegewinnung eines Lymphknotens im Achselbereich. Dies ergibt sich bereits aus dem Operationsbericht, in dem beschrieben ist, dass auch andere vergrößerte Lymphknoten gesehen werden konnten. Auch die Bildgebung hatte zuvor weitere vergrößerte Lymphknoten gezeigt. Der Sachverständige Prof. Dr. F2 hat hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass eine Entnahme im Bereich der Achseln gegenüber einer Exstirpation im Bereich des Halses immer zu bevorzugen ist, wenn nicht ein entzündlicher Prozess vorliegt. Das war hier nicht der Fall. Allerdings sprach als Argument für eine Entnahme im Halsbereich, dass aufgrund der Größe und des vermehrt zu gewinnenden Probematerials eine zutreffende Diagnosestellung wahrscheinlicher war als bei einem kleineren Knoten mit nur geringerer Probemenge. Die Kammer geht aber mit dem Sachverständigen Prof. Dr. F2 davon aus, dass die Klägerin über die in unterschiedlichen Körperregionen befindlichen Lymphknoten und deren Entnahmemöglichkeiten verbunden mit unterschiedlichen Risiken der Schädigung und Erfolgsaussichten der Diagnosestellung hätte aufgeklärt werden müssen. Es hätte mit der Klägerin die Auswahl des zu entfernenden Lymphknotens besprochen werden müssen.

Nicht ausreichend gewesen wäre dagegen eine Entnahme eines Lymphknotens im Leistenbereich, sodass eine Aufklärung insoweit nicht zu erfolgen hatte. Im Leistenbereich - so der Sachverständige Prof. Dr. F2 - ist die Lymphknotenvergrößerung eher unspezifisch und damit eine Diagnosestellung eher unwahrscheinlich. Im Leistenbereich kann es bereits infolge von Entzündungen im Fußbereich zu Lymphknotenvergrößerungen kommen.

Insoweit lagen mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte übliche Methoden mit wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiko- und Heilungschancen vor, über die hätte aufgeklärt werden müssen (vgl. auch Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., Kap. C. Rn. 21 ff.).

Dass eine Aufklärung über diese Behandlungsalternativen durch die Zeugin Dr. G erfolgt ist, kann von der Kammer nicht festgestellt werden. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung erklärt, dass die Zeugin Dr. G trotz der von ihr geäußerten Bedenken, auf eine Entfernung des Lymphknotens im Halsbereich bestanden hat, weil es sich um den größten Knoten gehandelt habe. Die Dokumentation der Beklagten selbst gibt keinen weiteren Aufschluss über die Gründe der Entnahme im Halsbereich und der insoweit erfolgten Aufklärung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben der Zeugen Dr. G. Diese konnte zu dem konkreten Aufklärungsgespräch über den Aufklärungsbogen hinaus keine Angaben tätigen. Insoweit bestand keine Erinnerung. Gegen eine erfolgte Aufklärung über eine Entnahme im Achselbereich als Alternative spricht, dass die Zeugin im Rahmen ihrer Vernehmung einer Lymphknotenexstirpation im Achselbereich sogar ein größeres Schädigungsrisiko beigemessen hat als einer Lymphknotenentfernung im Halsbereich und insoweit angegeben hat, dass sie eine Operation im Halsbereich üblicherweise bevorzugt. Dies ist aber nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F2 falsch. Die Zeugin geht bis heute von einer falschen Risikoeinschätzung aus. Sie kann also auch seinerzeit der Klägerin keine richtige Einschätzung vermittelt haben.

Soweit die Beklagte den Einwand der hypothetischen Einwilligung erhoben hat, greift dieser nicht durch. Die Kammer kann nicht feststellen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Belehrung über die Behandlungsalternativen für eine Probeentnahme im Halsbereich entschieden hätte. Denn sie hat plausibel ausgeführt, dass sie ohnehin schon Bedenken gegen eine Entnahme hatte, weil ein HNO-Arzt sie zuvor auf eine auch nicht Besorgnis erregende Erklärung für die Vergrößerung hingewiesen hat. Sie befand sich auch gesundheitlich nicht in einem so schlechten Zustand, dass zu erwarten ist, dass sie die Entfernung des Lymphknotens im Halsbereich mit der Aussicht einer sicheren Diagnose der weniger risikobehafteren und üblicherweise zu bevorzugenden Entfernung im Achselbereich zugestimmt hätte. Dass die Zeugin Dr. G in glaubhafter Weise bekundet hat, dass sie im Rahmen vergleichbarer Aufklärungsgespräche regelmäßig über die eingriffsspezifischen Risiken, so auch über eine irreversible Nervenschädigung des Schulterhebenervs aufklärt, steht dem nicht entgegen. Denn dieses Risiko hat die Klägerin in Unkenntnis der Alternativen in Kauf genommen.

Die Kammer geht daher davon aus, dass bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Operation einer Lymphknotenentfernung im Halsbereich nicht durchgeführt worden wäre und die Beklagte zu 1.) für sämtliche Folgen einzustehen hat, die auf diese Operation zurückzuführen sind.

Abgesehen von der unzureichenden Aufklärung ist auch die Operation an sich grob fehlerhaft durchgeführt worden. Es kam intraoperativ fehlerhaft zu einer Verletzung des Nervus accessorius rechts.

Zwar geht die Kammer nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F2 im Widerspruch zu den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. C2 davon aus, dass die Operation durch die Zeugin Dr. G durchgeführt werden durfte. Es ist danach gängige Praxis, dass eine solche Operation durch einen erfahrenen Assistenzarzt unter fachärztlicher Aufsicht durchgeführt wird. Es ist nicht niedergelegt, dass ein solcher Eingriff ausschließlich durch einen Facharzt selbst vorgenommen werden darf. Anhand der von der Zeugin zur Akte gereichten Erfahrungsliste ist die Kammer mit dem Sachverständigen der Ansicht, dass eine ausreichende Erfahrung und Fähigkeit der Operateurin seinerzeit gegeben war. Denn eine andere Bewertung der Fähigkeit wird auch im Rahmen der Facharztprüfung nicht vorgenommen. So liegt den bewertenden Ärzten auch insoweit nur ein Katalog der durchgeführten Eingriffe vor.

Auch wurde der Zugangsweg zur Histologiegewinnung ordnungsgemäß gewählt. Es ist dabei dem Operateur überlassen, von welcher Seite und mit welcher Übersicht er sich am sichersten einem Tumor nähert. Insbesondere kann die Bewertung der tatsächlich vorgelegenen Öffnung vom Sachverständigen Prof. Dr. F nicht abschließend geklärt werden, da die intraoperative Öffnung größer ist als letztlich die Narbe. Durch spezielle Haken wird der Hautschnitt etwa um das drei- bis vierfache vergrößert.

Auch dass eine vollständige Lymphknotenentfernung anstelle einer Probenentnahme angestrebt worden ist, ist nicht fehlerhaft. Insoweit ist der Umfang der Entnahme ein Umstand, der im Ermessen des Operateurs liegt und intraoperativ abhängig von dem Zustand des zu entnehmenden Lymphknotens ist. Es wäre zwar möglich gewesen, nur eine Probe zu entnehmen, allerdings wäre eine solche Vorgehensweise mit der Gefahr verbunden gewesen, dass im Fall eines malignen Geschehens Krebsmaterial verschleppt würde oder es zur Bildung einer Lymphfistel kommen könnte

Dennoch ist die Gesamtdurchführung der Operation fehlerhaft erfolgt. Es fehlt an einer Dokumentation der operativen Vorgehensweise. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Tragweite der Operation im Zusammenhang mit der Nähe des Nervus accessorius erkannt wurde. An diesen Nervenverlauf muss bei einer Lymphknotenexstirpation im Halsbereich zwingend gedacht werden.

Nach den Leitlinien ist es zwar ausreichend, wenn eine Operation in Vollnarkose und unter Assistenz erfolgt. Weitere Einzelheiten sind nicht zwingend festgelegt. Dennoch geht die Kammer mit dem Sachverständigen Prof. Dr. F2 davon aus, dass sich bei der operativen Vorgehensweise ein Standard etabliert hat, der sich aus dem Operationsbericht erkennen lassen muss. Danach muss sich im Operationsbericht zunächst die Indikation wiederfinden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Operation konsiliarisch erfolgt. Außerdem muss die Anamnese aufgenommen werden. Es ist dann im Vorspann zu beschreiben, welche Operationsalternative, aus welchem Grund angewandt wird. Insbesondere muss im Fall bestehender Alternativen mitgeteilt werden, warum in welcher Region operiert wird. Auch gehört in den Operationsbericht aufgenommen, wie die Vorstellung des Patienten erfolgt ist und welche Narkoseform gewählt wird. Schließlich ist gerade bei einer Lymphknotenexstirpation die lokale Situation zu beschreiben, wo der Lymphknoten liegt und wie sich die Hautverhältnisse darstellen, ob sich beispielsweise Hautveränderungen zeigen. Im Anschluss ist zu vermerken, wie die Schnittführung erfolgt, ob beispielsweise entlang der Hautspalten operiert wird oder eine besondere Schnittführung angewandt wird. Danach gehört beschrieben, wie operiert wird, in welcher Tiefe und mit welchen Hilfsmitteln. Dies kann z.B. dadurch erfolgen, indem beschrieben wird, in welcher Halsregion operiert wird und wie der Musculus sternocleidomastoideus beiseitegeschoben wird. Vermerkt werden muss, in welcher Situation sich der Lymphknoten befindet, ob eine Entzündung vorliegt und in welcher Form er entnommen wird, vollständig oder nur teilweise. Letztlich ist zu beschreiben wie sich der Operateur zurückzieht, wie also die Wunde verschlossen wird, ob eine Blutstillung notwendig ist und ob eine Drainage oder aber ein Druckverband verwandt wird.

Wenn man diese Erfordernisse mit dem hier abgefassten Operationsbericht vergleicht, stellt man unzweifelhaft fest, dass dieser nur rudimentär ist. Weder ist beschrieben, wo und warum die Inzision stattgefunden hat. Noch wurde der Zustand des intraoperativ vorgefundenen Bereichs, im Zusammenhang mit dem Nervenverlauf niedergelegt. Vielmehr wurde unzureichend ein teilweises scharfes Trennen des Lymphknotens vom anliegenden Gewebe beschrieben, ohne dass genaues Wissen über den Nervenverlauf dargelegt wurde. Auch fehlt es an einer Beschreibung des Einsatzes von Wundhaken, Sperren und Blutstillern. Als anatomische Landmarke wird lediglich der M. sternocleidomastoideus beschrieben. Prof. Dr. F2 hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung anhand einer Skizze verdeutlichen können, dass allein diese Beschreibung nicht ausreicht. Denn wenn man den hinteren Rand des Muskels als Landmarke nutzt und sodann laienhaft ausgedrückt weit unterhalb operiert, ist man weit von dem Nerven entfernt. Dies zeigt, dass eine genaue Lokalisation und Beschreibung im Operationsbericht notwendig ist.

Die unterlassene oder lückenhafte Dokumentation zu dokumentierender Maßnahmen führt zu der Vermutung, dass die Maßnahmen unterblieben sind (vgl. auch Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., Kap. B. Rn. 247). Die Kammer muss daher davon ausgehen, dass intraoperativ das Bewusstsein der Nervennähe fehlte und diese nicht beachtet worden ist.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus den Angaben der Zeugen Dr. G sowie Halauni. Beide Zeugenaussagen waren insoweit unergiebig. Die Zeugen konnten zum intraoperativen Vorgehen über die Angaben in dem Operationsbericht hinaus keine Aussagen treffen.

Der Sachverständige Prof. Dr. F2 hat keine Zweifel daran gelassen, dass er die Operation, die ohne das Bewusstsein der Nervennähe erfolgt, für grob fehlerhaft erachtet. Er steht mit seiner Wertung im Einklang mit der Wertung durch Prof. Dr. C2.

Schließlich ist auch die postoperative Behandlung in zweierlei Hinsicht grob fehlerhaft erfolgt.

Zum einen wurde die Klägerin postoperativ im Aufwachraum unzureichend untersucht. Es wäre zwar keine Untersuchung notwendig gewesen, da sich die Klägerin noch in der Aufwachphase befand. Wenn die Untersuchung aber erfolgt, gerade um eine Schädigung des nervus accessorius zu prüfen, hätte sie ordnungsgemäß durchgeführt werden müssen. Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. F2 und Prof. Dr. C hätte die Klägerin veranlasst werden müssen, ihre Schultern beidseits zu den Ohren hoch zu ziehen. Nur so hätte die Funktion des Schulterhebenervs geprüft werden können. Eine solche Untersuchung ist nicht erfolgt. Die von der Zeugin Dr. G dargestellten Untersuchungsmethoden in Form der Beweglichkeitsprüfung der Arme ist keinesfalls ausreichend. Nach ihren eigenen Angaben bittet sie Patienten nach einer Operation, wie sie vorliegend bei der Klägerin durchgeführt wurde, die Arme nach oben, nach unten, nach vorne und nach hinten zu bewegen, um die Nervenfunktion zu testen. Eine weitere Prüfung der Schulterbeweglichkeit, insbesondere eine Aufforderung zur Schulterhebung wird danach nicht vorgenommen.

Den Ausführungen der Sachverständigen konnte eindeutig entnommen werden, dass die von der Zeugin vorgenommene Untersuchung unzureichend war und nicht den Schulterhebenerv (nervus accessorius) prüft. Eine Schädigung konnte durch die von ihr vorgenommene Untersuchungsform nicht festgestellt werden. Die Kammer schließt sich der erstaunten Einschätzung von Prof. Dr. C an, dass die Zeugin bis heute selbst als Fachärztin den Schulterhebenerv nicht zu prüfen weiß. Auch das ist nach Auffassung der Kammer ein Argument dafür, dass sich die Operateurin der Tragweite der Operation im Hinblick auf eine mögliche Nervenschädigung des Schulterhebenervs nicht bewusst war und offensichtlich bis heute nicht ist.

Ebenso grob fehlerhaft war die sich anschließende postoperative stationäre Behandlung. Es sind nach der Dokumentation der Beklagten zu 1.) postoperativ von den Chirurgen keine Nachuntersuchungen vorgenommen worden, obwohl dies nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F2 notwendig gewesen wäre. So hat dieser ausgeführt, dass es bei konsiliarischen Operation sehr wichtig ist, dass der Chirurg den Patienten auf der Station bei vollem Bewusstsein noch einmal untersucht. Es muss auch der Zustand bei Entlassung des Patienten dokumentiert werden.

Vorliegend ist nach der Dokumentation nur eine internistische Betreuung erfolgt. Auch die Zeugin Dr. G konnte zu dem postoperativen Verlauf keine Angaben machen und sich an eine Visite nicht erinnern. Insoweit konnten von den Chirurgen auch keine Schmerzen im Bereich der Arme und Schultern festgestellt werden.

Dass solche Beschwerden bestanden und von der Klägerin geäußert wurden, davon geht die Kammer nach den Eintragungen im Pflegeprotokoll unzweifelhaft aus. Danach wurden bereits am 09.05.2010 erstmalig Beschwerden im Arm geäußert. Diese wurden am 10.05.2010 sowie 11.05.2010 wiederholt. Zusätzlich wurden am 13.05.2010 und 14.05.2010 Schmerzen in der Schulter sowie beim Heben des Armes mitgeteilt.

Danach hätte bereits beim erstmaligen Beklagen von Armschmerzen am 09.05.2010, spätestens aber am 13.05.2010 anlässlich des erneuten Mitteilens von Arm- und Schulterbeschwerden eine Untersuchung stattfinden und der Verdacht auf eine Komplikation des Nervus accessorius diagnostiziert werden müssen. Es hätte ein Neurologe hinzugezogen werden müssen. Dieser hätte einen Nervenschaden erkennen und wegen der zeitliche Nähe zur Schädigung eine Primärversorgung mittels Operationsrevision einleiten müssen. Bei einer solchen Revisionsoperation im nahen zeitlichen Zusammenhang mit der Ursprungsoperation, bestenfalls am Tag der Operation, hätten nach den Ausführungen von Prof. Dr. C für eine Rekonstruktion deutlich bessere Chancen bestanden als später im Rahmen einer Sekundärbehandlung.

Insgesamt muss die Kammer zur Behandlung im Haus der Beklagten zu 1.) feststellen, dass eine Aufklärung über Behandlungsalternativen fehlte, die Operationsdurchführung ohne Bedacht erfolgte und postoperativ sämtliche Beschwerdeangaben der Klägerin ignoriert wurden. Ihr wurde jede Chance zur Schadensbegrenzung genommen. Die Behandlung war grob fehlerhaft.

2.

Auch die Behandlung durch die Beklagte zu 2.) war grob fehlerhaft. Die Kammer folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. C.

Fehlerhaft war bereits die Behandlung anlässlich des ersten Vorstellungstermins vom 09.06.2010. Die Klägerin beklagte an diesem Tag, dass sie ihren Arm nicht heben konnte. Die Dokumentation der Beklagten zu 2.) weist aus, dass sie an diesem Tag richtig erkannt hat, dass der Nervus accessorius geschädigt war. Gleichwohl hat die Beklagte zu 2.) auf diese erkannte Diagnose nicht hinreichend reagiert. Ihr musste nämlich klar sein, dass die Möglichkeit bestand, dass nicht nur ein vorübergehender Schaden, sondern auch ein gravierender Schaden in Form einer Nervendurchtrennung vorlag. So hat Prof. Dr. C auch keine Zweifel daran gelassen, dass die Beklagte zu 2.) mit der operierenden Klinik hätte Kontakt aufnehmen müssen, um zu eruieren, ob dort die Schädigung erkannt und Überlegungen erfolgt sind, wie weiter vorgegangen werden sollte. Insbesondere durfte sie nicht davon ausgehen, dass man sich in der Klinik bewusst gegen einen primären Eingriff entschieden und eine Sekundärbehandlung eingeleitet hatte. Die Dokumentation der Beklagten zu 2.) weist aus, dass die Klägerin anlässlich dieses ersten Behandlungstages den Entlassungsbrief der Beklagten zu 1.) übergeben hatte. Dieser enthielt keinerlei Hinweise darauf, dass eine Nervenschädigung gesehen worden sein könnte. Es war auch keine Folgebehandlung oder Beobachtung eingeleitet worden. Die Klägerin hatte sich selbst aufgrund ihrer Beschwerden vorgestellt. Der Beklagten zu 2.) musste also klar sein, dass sie eine Patientin vor sich hatte, der der Umfang der Schädigung und die Tragweite überhaupt nicht bekannt war.

Der Sachverständige Prof. Dr. C hat ausgeführt, dass es bei der Mehrheit der Behandler üblich gewesen wäre, bereits zu Beginn der Behandlung eine EMG-Messung durchzuführen. Er hat es jedoch als vertretbar angesehen, dass die Messung zunächst zurückgestellt worden ist. Hierzu hat er im Einzelnen erläutert, dass man drei Wochen nach der schädigenden Operation hätte feststellen können, ob nur eine Neurapraxie, also eine vorübergehende Schädigung durch Quetschung des Nervens bei Erhaltung der Hülle und des Nervens selbst vorlag. Die Unterscheidung zwischen einer sogenannten Axonotmesis, also einer Nervenschädigung bei der die Hülle des Nervens noch enthalten ist und der Nerv entlang der Hülle neu wachsen kann, und einer Neuronotmesis, also einer vollständigen Kontinuitätsunterbrechung, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich war. Eine solche Unterscheidung ist erst durch eine beobachtende klinische und elektrophysiologische Messung möglich.

Die Kammer tut sich schwer der Einschätzung des Sachverständigen zu folgen, dass aus diesen Gründen nicht schon am ersten Behandlungstag eine EMG-Messung notwendig war. Denn die Dreiwochenfrist seit dem schädigenden Ereignis war bereits vergangen und es wäre für die Klägerin als Patientin sicherlich hilfsreich gewesen zu wissen, ob nur eine vorübergehende Schädigung vorlag oder nicht. Letztlich mag dies jedoch dahinstehen. Es mag also noch vertretbar gewesen sein, zunächst die Frage der Neurapraxie nicht abzuklären.

Dennoch hat die Beklagte zu 2.) behandlungsfehlerhaft gehandelt, denn sie hat gegen ihre therapeutische Aufklärungspflicht verstoßen, indem sie unstreitig an diesem Tag der Klägerin die Schwere der Erkrankung einschließlich der Beobachtungspflicht und der therapeutischen Möglichkeit einer Operation bei Nichtbesserung nicht aufgezeigt hat. Ob dieser Verstoß gegen die therapeutische Aufklärungspflicht, der wie ein Behandlungsfehler zu werten ist (vgl. BGH Urteil vom 16.11.2004, VI ZR 328/03, MedR 2005, 226), bereits an diesem Tag als grober Fehler zu werden ist, kann dahinstehen, denn auch anlässlich der weiteren Behandlungstermine, insbesondere am 31.08.2010 ist keine weitere Aufklärung erfolgt.

Dies ist gänzlich unverständlich. Die Kammer hat keinerlei Zweifel hier einen groben Fehler durch Verstoß gegen die therapeutische Aufklärungspflicht anzunehmen. Generell ist ein Behandlungsfehler dann als grob zu bewerten, wenn ein medizinisches Fehlverhalten vorliegt, dass aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil ein solcher Fehler dem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. In diese Bewertung hat die Kammer einfließen lassen, dass es sich nicht um eine spezielle Untersuchung handelte, die aufbauend erst auf andere Untersuchungen erfolgt wäre, sondern um ein leicht durchzuführendes Gespräch. Zudem ist gerade im vorliegenden Fall offensichtlich, dass die Kenntnis von der Schwere der Erkrankung und der Behandlungsmöglichkeiten ausschlaggebend für die Heilungschance war. Denn bei der Klägerin handelte es sich um eine Patientin, die regelmäßig zu Behandlungen erschienen ist. Es ist unstreitig geworden, dass der letzte Behandlungstermin vom 20.09.2010, zu dem sie nicht erschienen sein soll, tatsächlich auf den 21.09.2010 verlegt worden war, an dem die Beklagte zu 2.) allerdings Urlaub hatte. Weder dem Personal der Beklagten zu 2.) noch der Klägerin war bekannt, dass es dringend notwendig war, zeitnah einen weiteren Behandlungstermin zu vereinbaren. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Klägerin aufgrund des letzten vergeblichen Termins zunächst nicht wieder bei der Beklagten zu 2.) erschienen ist und sich erst später selbstständig in der neurochirurgischen Klinik vorgestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Frist, in der eine Operation die Chance einer vollständigen Heilung hätte bringen können, verstrichen. Die Kenntnis von der Erkrankung und von dem engen Zeitrahmen, in dem eine Heilung erfolgen konnte, waren damit essentiel. Desweiteren ist zu sehen, dass es sich nicht um eine einfache Erkrankung handelte, sondern dass es eine Erkrankung war, bei der wie jetzt eingetreten, eine dauerhafte schwere Schädigung gleichstehend einem Armverlust drohte. Der Klägerin die Chance zur Heilung zu nehmen, in dem schlicht kein Gespräch über die Chancen und Möglichkeiten der Behandlung durchgeführt wurde, durfte schlechterdings nicht passieren.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. C dieses Versäumnis zunächst als einfachen Behandlungsfehler gewertet hat, hat er sich der Argumentation der Kammer in der mündlichen Verhandlung angeschlossen. Im Übrigen hat die Kammer den Eindruck gewonnen, dass er bei seiner ursprünglichen Einschätzung eines einfachen Behandlungsfehlers das Fehlverhalten der Beklagten zu 2.) vom Fehlverhalten der Beklagten zu 1.) abgrenzen wollte. Ob das Fehlverhalten tatsächlich geringer wiegt, mag an dieser Stelle dahinstehen, weil die Beklagten im Verhältnis zur Klägerin als Gesamtschuldner für den eingetretenen Schaden haften. Ein Argument gegen das Vorliegen des groben Fehlers ist dies nicht.

Vollständigkeitshalber sei angeführt, dass die Beklagte zu 2.) nicht nur zu Beginn der Behandlung keine EMG- Messung vorgenommen hat, sondern auch im weiteren Verlauf nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. C geht davon aus, dass am 31.08.2010 nunmehr zwingend eine EMG-Messung vorzunehmen und Verlaufskontrollen einzuleiten waren. Dass der Sachverständige diesen Umstand als einfachen Fehler wertet, kann die Kammer nachvollziehen. Denn es wird in der Literatur diskutiert, dass ein Eingriff nach spätestens drei Monaten oder bis nach sechs Monaten erfolgen sollte. Die Klägerin wäre der Verlaufskontrolle nachgekommen, die im vorliegenden Fall gezeigt hätte, dass keine Besserung eintritt. Wenn die Beklagte zu 2.) hierauf nicht reagiert hätte, wäre dies nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf das enge Zeitfenster und die gravierenden Folgen ebenfalls grob fehlerhaft.

3.

Auf der Folgenseite ist nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. C in seinem Gutachten und aufgrund seiner mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin hinsichtlich der Ursächlichkeit der Behandlungsfehler zwischen den Beklagen zu differenzieren. So haftet die Beklagte zu 1.) für jeden aus der Operation resultierenden Schaden, weil die Operation im Halsbereich bei gehöriger Aufklärung nicht durchgeführt worden wäre. Bereits aus diesem Grund wäre es zu der Nervenschädigung und den Beschwerden im Halsnarbenbereich nicht gekommen. Auf die Beweislastumkehr infolge der weiteren groben Behandlungsfehler kommt es maßgeblich nicht an. Die Beklagte zu 2.) indes haftet nur für solche Schäden, die bei einem rechtzeitigen revisionsoperativen Einschreiten unterblieben wären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung (Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, regelmäßig ebenfalls zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden führt, wenn sie geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen. Eine Wahrscheinlichkeit für ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich (vgl. BGH Urteil vom 16.11.2004, VI ZR 328/03, MedR 2005, 226). In diesem Zusammenhang geht die Kammer mit dem Sachverständigen Prof. Dr. C davon aus, dass bei einem rechtzeitigen Einschreiten die Chance bestanden hätte, dass sich der Musculus trapezius vollständig erholt hätte und es insoweit zu einer vollständigen Herstellung der Funktionsfähigkeit des rechten Arms gekommen wäre. Die von der Klägerin geäußerten schmerzhaften Verspannungen in der Tiefe der Nackenmuskulatur mit den ausstrahlenden Schmerzen in den Hinterkopf und die Kribbelmissempfindungen und Taubheitsgefühle hätten der Klägerin erspart werden können. Allerdings erscheint es der Kammer mit dem Sachverständigen äußerst unwahrscheinlich, dass sich die von der Klägerin geschilderten brennenden Schmerzen im Halsbereich auch bei rechtzeitiger Revision erholt hätten.

Der Sachverständige Prof. Dr. C hat in seinem Gutachten in diesem Zusammenhang differenziert dargestellt, dass bei der Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom im Schmerzchronifizierungsstadium III nach Gerbershagen vorliegt.

Dieses besteht zum einen aus einem Schmerz im Bereich der Operationsnarben am seitlichen Hals rechts mit ununterbrochen unangenehmem Gefühl, als würde das Gewebe dort mit einer Klammer zusammengeklemmt. Diese Narbenmissempfindungen sind nach den glaubhaften Ausführungen der Klägerin morgens nach dem Aufwachen besonders ausgeprägt, bessern sich aber im Laufe des Tages durch Massagen. Zusätzlich kommt es in dieser Region mehrmals am Tag zu blitzartig einschießenden Schmerzen. Insoweit ist eine regelmäßige Medikamenteneinnahme erforderlich. Bei diesen von der Klägerin geltend gemachten Schmerzen handelt es sich um neuropathische Schmerzen im Sinne einer Neuralgie, wie sie nach Nervenverletzungen, aber auch in Narbengeweben durch Verletzungen von Hautnerven auftreten. Die Kammer geht mit dem Sachverständigen Prof. Dr. C insoweit davon aus, dass diese Beschwerden im Fall der Klägerin auf operativ bedingten Hautnervenschädigungen beruhen und somit auch im Fall einer rechtzeitigen Revisionsoperation nicht hätten beseitigt werden können. Daraus folgend können diese Schmerzen der Beklagte zu 2) nicht angelastet werden.

Für die darüber hinaus bestehenden Beschwerden haften beide Beklagten als Gesamtschuldner.

So bestehen bei der Klägerin starke schmerzhafte Verspannungen in der Tiefe der Nackenmuskulatur rechts mit ausstrahlenden Schmerzen in das Hinterhaupt rechts, aber auch bis zum rechten Auge hin. Diese Schmerzen haben nach den glaubhaften Angaben der Klägerin dumpfdrückenden Charakter und können viele Stunden lang mit einer sehr hohen Schmerzintensität anhalten. Um die Schmerzen ertragen zu können, nimmt die Klägerin täglich Ibuprofen 800 mg ein. Nach den Ausführungen des Sachverständigen handelt es sich bei den Schmerzen um Zustände, die mit einer Fehlbelastung der Schulter einhergehen. Diese Beschwerden sind im Wesentlichen Folge der N. accessorius-Schädigung, da durch die Verletzung das harmonische Spiel der Schulter-Nacken-Muskulatur in massiver Weise gestört wurde.

Weitergehend kommt es beim Herabhängen des rechtens Arms ohne Orthese zu einer Schmerzverstärkung der Schulterschmerzen rechts und vorübergehend auch zu Kribbelmissempfindungen und Taubheitsgefühlen in den Fingern III und IV rechts, die einige Minuten lang andauern und meist regelhaft verschwinden, wenn der Arm wieder in einer entspannten Situation gelagert wird. Es handelt sich nach den Darstellungen des Sachverständigen Prof. Dr. C um eine intermittierende sensible Irritation des N. plexus brachialis rechts, wie dies typische Folge einer N. accessorius-Schädigung sein kann, da die Schulter nicht mehr richtig gehalten wird und durch den Zug des herabhängenden Armes die Nerven gereizt werden.

Auch wären die massiven psychischen Belastungen, denen die Klägerin zeitweise ausgesetzt war, bei rechtzeitigem Eingreifen, vermieden worden. So litt die Klägerin nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C durch den chronischen Schmerz und die körperliche Behinderung zweitweise an psychischen Beeinträchtigungen in Form einer mindestens mittelschweren depressiven Episode, die als depressiv gefärbte Anpassungsstörung gedeutet werden kann. Ihre Beeinträchtigungen gingen einher mit Konzentrationsstörungen, Tagesmüdigkeit, innerer Unruhe, vegetativen Beschwerden und völligem Verlust der Lebensfreue. Erst mit Hilfe einer unterstützenden ambulanten Psychotherapie war es der Klägerin möglich, sich zu entspannen und ihre Lage zu akzeptieren. Aus diesem Grund ist sie seit dem Jahr 2013 in einer deutlich besseren psychischen Verfassung. Im Rahmen seiner vorgenommenen Untersuchung im Jahr 2014 konnte der Sachverständige Prof. Dr. C nur noch einen milden Affekt mit Gefühlen von Insuffizienz, Störungen der Vitalgefühle, Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit mit erhöhter Reizbarkeit, Dysphorie und leicht eingeschränkter Schwingungsfähigkeit feststellen. Zudem klagt die Klägerin weiterhin über ein bestehendes chronisches Müdigkeitssyndrom infolge erheblicher schmerzbedingter Schlafstörungen. Eine depressive Störung konnte der Sachverständige nicht mehr feststellen.

Im Rahmen der Haftungsverteilung war in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass nach den Erläuterungen des Sachverständigen Prof Dr. C auch die von der Klägerin geschilderten Narbenmissempfindungen, wenn auch nur in geringem Umfang, zur psychischen Situation der Klägerin beigetragen haben, sodass die Beklagte zu 2) für die psychischen Beeinträchtigungen teilweise nicht haftet.

a)

Die Kammer hält angesichts der von der Klägerin erlittenen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000,00 € für angemessen, wobei die Beklagte zu 2.) nur anteilig in Höhe von 60.000,00 € haftet. Diese Verteilung berücksichtigt nach Auffassung der Kammer die nur anteilig bestehende Einstandspflicht der Beklagten zu 2.) in angemessenem Umfang. Im Hinblick auf die Höhe des Schmerzensgeldes hat die Kammer berücksichtigt, dass die Klägerin dauerhaft erheblich in ihrer gesamten Lebensführung beeinträchtigt und bis zum ihrem Lebensende auf Hilfe Dritter angewiesen sein wird. Der Sachverständige Prof. Dr. C hat ausgeführt, dass der Zustand ihres Armes einer Armamputation gleichsteht. Hinkommen dauerhaft erhebliche Schmerzen. Die erlittenen und weiterhin bestehenden Beschwerden hat die Kammer einbezogen. Zudem hat die Klägerin sich mehreren Rehabilitationsaufenthalten unterziehen müssen. Sie befand sich insoweit vom 05.01.2011 bis zum 26.01.2011 und vom 01.02.2012 bis zum 20.12.2012 in Behandlung. Das zugesprochene Schmerzensgeld, das über die Mindestvorstellung der Klägerin hinausgeht, ist angemessen.

b)

Schließlich schätzt die Kammer den geltend gemachten Haushaltsführungsschaden auf 47.409,60 € zu Lasten der Beklagten zu 1.) und davon anteilig in Höhe von 39.112,92 € zu Lasten der Beklagten zu 2.). Ein solcher Anspruch steht ihr nach §§ 249, 251, 843 Abs. 1 BGB für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.09.2013 zu.

Die Kammer ist überzeugt, dass die Klägerin infolge der fehlerhaften Behandlung der Beklagten in dem genannten Zeitraum in großen Teilen nicht in der Lage war, den Haushalt, den sie nach ihrer eigenen glaubhaften Angabe vor der fehlerhaften Behandlung überwiegend allein besorgt hat, zu führen.

So steht für die Kammer fest, dass die Klägerin ihren rechten Arm nicht mehr nutzen kann und insoweit erheblich beeinträchtigt ist. Sie hat hierzu in glaubhafter Weise geschildert, dass sie im Rahmen der Zubereitung von Mahlzeiten, der Wohnungsreinigung und der Gartenarbeit stark eingeschränkt ist. So bedarf sie der Hilfe beim Schneiden von Lebensmitteln, beim Reinigen von Toiletten und insbesondere ist ihr ein selbstständiges Einkaufengehen nicht mehr möglich. Ihre Angaben werden auch von dem Sachverständigen Prof. Dr. C bestätigt. Dieser hat in seinem Gutachten angegeben, dass bei der Klägerin im Hinblick auf Aktivität und Selbstbestimmung eine Einschränkung von 70 % vorliegt. Insoweit ist nach seiner Ausführung auch eine Einschränkung der Haushaltsführung gegeben.

Bei der gemäß § 287 ZPO vorgenommenen Schätzung der Höhe des Schadens hat die Kammer aber auch berücksichtigt, dass eine gewisse Umorganisation in einer Ehe gefordert werden kann.

Die Klägerin hat einen Aufwand von 7,11 täglich Stunden in Ansatz gebracht, wobei sie sich an der Tabelle von Pardey, Der Haushaltsführungsschaden, 8.Aufl. 2013, dort Tabelle für den gehobenen 4-Personen-Haushalt, bei dem die Ehefrau nicht erwerbstätig ist, orientiert hat. Diese weist bei einem solchen Haushalt eine Wochenarbeitszeit von 49,8 Stunden (7,11 Stunden täglich) aus. Dieser Aufwand erscheint bei einem Haushalt, der im fraglichen Zeitraum aus 4 Personen und einem Hund bestand, bei dem ein 150 m² großes Haus und eine Gartenfläche von 300 m² gepflegt werden musste, angemessen. Die kognitive Behinderung des Sohnes der Klägerin hat die Kammer nicht aufwandserhöhend berücksichtigt. Aus den Ausführungen der Klägerin ergeben sich zwar Hinweise auf eine vermehrt notwendige Aufmerksamkeit und Zuspruch, eine sich auf die Haushaltsführung auswirkende Betreuungs- oder gar Pflegebedürftigkeit kann aber nicht festgestellt werden.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F2 bestehen keine Bedenken, den Zeitraum ab dem 01.06.2010 zu bemessen. Zu diesem Zeitpunkt wäre mit einer Wiederaufnahme der Haushaltstätigkeit zu rechnen gewesen. Denn Operationen wie die vorliegende werden auch ambulant durchgeführt. Eine längere Rekonvaleszenzzeit ist nicht erforderlich.

Auch wenn die Klägerin insgesamt maßvolle Ansprüche geltend macht, hat die Kammer bei ihrer Berechnung einen Stundensatz von 8,50 € zugrunde gelegt. Er liegt im Rahmen dessen, was die Kammer in vrgleichbaren Verfahren zugesprochen hat und zuspricht. Die Schätzung liegt auch im Rahmen der allgemein in der Rechtsprechung üblichen Beträge. Die Kammer verweist auf die Entscheidung des OLG Celle, Beschluss vom 02.01.2015 in GesR 12/2015 mit weiteren Nachweisen. Das OLG Celle selbst setzt lediglich 8,00 € pro Stunde an, andere Gericht aber auch 9,00 € oder 10,00 €. Die Kammer ist der Ansicht, dass sie mit einem Betrag von 8,50 € für die Jahre 2010 bis 2013, der sogar dem erst ab dem 01.01.2015 geltenden Mindestlohn entspricht, einen angemessenen Betrag gewählt hat. Denn schließlich handelt es sich um einen Betrag, auf den keine Steuern oder Sozialabgaben zu zahlen sind.

Es ergibt sich folgende Berechnung für den Zeitraum 01.06.2010 bis zum 30.09.2013:

49,8 Stunden x 70 %ige Minderung = 34,86 Stunden x 8,50 €/Stunde = 296,31 € / Woche x 4 = 1.185,24 monatlich x 40 Monate = 47.409,60 €.

Die Beklagte zu 2.) haftet anteilig nur für einen Betrag von 39.112,92 €. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Nervenschädigung selbst ihr nicht vorzuwerfen ist. Es wäre zunächst ein dreimonatiges abwartenden Verhalten gerechtfertigt gewesen und nach der Operation nach den Ausführungen von Prof. Dr. C eine weitere Behandlungszeit von 4-5 Monaten notwendig gewesen. Wenn auch die Klägerin in der Zeit den Arm immer mehr hätte nutzen können, hat die Kammer bei der Berechnung geschätzt nur 33 Monate angesetzt.

c)

Angemessen verlangt die Klägerin auch einen Betrag zur Erstattung ihrer vermehrten Bedürfnisse. Nach den glaubhaften Angaben der Klägerin und den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C ist offensichtlich, dass die Klägerin einen Teil der eigenen Pflegeleistungen nicht mehr erbringen kann. Die Kammer möchte nur als Beispiel die Finger- und Fußnagelpflege anführen, die der Klägerin mit einem Arm nicht mehr möglich ist. Auch das beidhändige Fönen und Stylen der Frisur, was für andere Frauen täglich selbstverständlich ist, ist ihr nicht möglich. Gegen die Annahme einer Stundenzahl von 2,5 Stunden pro Woche ist nichts zu erinnern.

Auch den Stundensatz von 9,00 € erachtet die Kammer für angemessen. Es stellt nach Ausfassung der Kammer einen Unterschied dar, ob man bereit ist, im Haushalt zu helfen oder einen anderen Menschen körperlich zu pflegen. Eine Arbeitskraft, die nur im Haushalt hilft, ist nach Auffassung der Kammer einfacher zu finden und damit auch geringfügiger zu bezahlen. Die Kammer setzt deshalb grundsätzlich einen höheren Stundenlohn an als bei der Haushaltsführung. Da es sich im vorliegenden Fall um einfache Pflegeleistungen handelt, bleibt die Kammer aber unter den Beträgen, die sie üblicherweise für die Pflege z.B. von schwerstbehinderten Kindern gewährt.

Es ergibt sich folgende Berechnung für den Zeitraum 01.06.2010 bis zum 30.09.2013:

2,5 Stunden x 9,00 € = 22,20 € pro Woche = 97,43 € im Monat x 40 Monate = 3.897,20 €.

Die Beklagte zu 2.) haftet anteilig nur für einen Betrag von 3.215,19 €, der einem Zeitraum von 33 Monaten entspricht. Auf die Ausführungen zum Haushaltsführungsschaden wird verwiesen.

d)

Zusätzlich hat die Klägerin nach § 249 BGB einen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz ihrer materiellen Schäden.

Die Klage ist teilweise bereits zurückgenommen worden, soweit die geltend gemachten Beträge nicht berechtigt waren. Die Prüfung im Einzelnen hat ergeben, dass einige weitere Beträge nicht zugesprochen werden konnten. So kann die Klägerin die im Arzthaftungsrecht ohne Darlegung nicht übliche Portopauschale in Höhe von 20,00 € nicht ersetzt verlangen, ferner nicht die verlangten Fahrtkosten ihres Ehemanns ins N-Hospital im Zeitraum vom 28.04.2010 bis zum 14.05.2010 in Höhe von 61,20 €. Diese wären auch bei ordnungsgemäßer Behandlung angefallen. Die Operation fand erst am 07.05.2010 statt, im Übrigen diente der Aufenthalt der Abklärung der internistischen Probleme. Auch mit der Entfernung eines Lymphknoten an anderer Stelle, also einer anderen Operation wäre die Klägerin einverstanden gewesen. Nicht zugesprochen hat die Kammer zudem die vierteljährlichen Zuzahlungen bei Dr. S und Dr. E1 von 5 x 10 € = 50 €, da nicht hinreichend dargetan ist, dass sich die Klägerin in der Zeit nicht auch wegen anderen Beschwerden vorgestellt hat. Nicht gesprochen werden konnten außerdem die Zuzahlungen für die AOK. Hier fehlt es an jeglicher Darlegung, wofür die Beträge angefallen sein sollen (417,58 € und 493,71 €).

Bei den weiteren geltend gemachten Kosten handelt es sich um die Fahrtkosten der Klägerin zu den ärztlichen Behandlungen und zur Physiotherapie/Ergotherapie sowie um Fahrten von Familienangehörigen. Die Klägerin hat anhand von Belegen nachgewiesen, dass sie in erheblichem Umfang Zuzahlungen für ärztliche Verordnungen leisten musste, sei es für Medikamente, Hilfsmittel oder Anwendungen, insbesondere bei der Physiotherapie und Ergotherapie. Es kann keinen Zweifeln unterliegen, dass bei der Klägerin in erheblichem Umfang aufgrund der Behandlungsfehler Nachbehandlungen notwendig waren und sind. Sowohl die Krankenhausaufenthalte in der Neurochirurgie des E2 als auch im Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum C4 in C9 als auch das Erfordernis von Physiotherapie, Ergotherapie, psychologischer Unterstützung, Reha-Maßnahmen bis hin zu Hilfsmitteln wie der Orthese ergeben sich aus den Sachverständigengutachten. Auch der Shopper auf Rollen, der der quasi einarmigen Klägerin das Einkaufen erleichtert, ist sicherlich notwendig. Die Klägerin hat anhand einer detaillierten Aufstellung dargestellt, welche Fahrten erfolgen mussten und mit welchen Kosten diese verbunden waren sowie welche Zahlungen sie hat erbringen müssen. Die Kammer hat nicht jede behauptete Fahrt und nicht jedes Medikament mit den Krankenunterlagen abgeglichen. Da die Beträge einerseits dem Grunde nach berechtigt und zum weit überwiegenden Teil akribisch belegt sind und andererseits die Beklagten keine substaniierten Einwendungen erhoben haben, hat die Kammer von den nachfolgenden Positionen, die einen Betrag von 2.818,55 € ausmachen, einen Abzug von etwa 10% vorgenommen und im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO insgesamt 2.500,00 € zu Lasten der Beklagten zu 1.) für gerechtfertigt gehalten.

Für diesen Betrag haftet die Beklagte zu 2.) nur anteilig, so z.B. nicht für die Fahrten in die Neurochirurgische Klinik des E2, denn diese wären bei einer rechtzeitigen Operation auch angefallen. Sie haftet teilweise auch nicht für Zuzahlungen zur Physiotherapie und Ergotherapie. Diese wären auch bei einer rechtzeitigen Revisionsoperation angefallen. Der Sachverständige Prof. Dr. C hat hierzu ausgeführt, dass bei einer rechtzeitigen Operation auch vier bis fünf Monate lang eine Physiotherapie hätte erfolgen müssen. Diese hätte verhindern sollen, dass sich in der Zeit bis zur vollständigen Versorgung des Muskels eine Fehlstellung einstellt. Auch hätte jedenfalls das Medikament Gabapentin unabhängig von einer Revisionsoperation eingenommen werden müssen. Die Kammer hat sich an den nachfolgend aufgeführten Zeiträumen der Leistungen orientiert und geschätzt, dass der Beklagten zu 2.) nur ein Betrag von 2.000,00 € anzulasten ist.

17.06.2010 -

28.10.2010

Fahrtkosten Reha Kamen, pro Fahrt 10 km, 19 Tage, Hin- und Rückfahrt, 2 x 10 km x 0,30 €

114,00 €

04.11.2010

Fahrtkosten ins Klinikum E2, pro Fahrt 12 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 24 Km x 0,30 €

7,20 €

08.11.2010

Fahrtkosten ins Klinikum E3, pro Fahrt 14 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 28 Km x 0,30 €

8,40 €

19.11.2010

Fahrtkosten ins Klinikum E2, pro Fahrt 12 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 24 Km x 0,30 €

7,20 €

22.11.2010 - 26.11.2010

Fahrtkosten ins Klinikum E2 für Ehemann, pro Fahrt 12 Km, 5 Tage, Hin - und Rückfahrt, 120 Km x 0,30 €

36,00 €

07.12.2010 - 22.12.2010

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 6 Tage, Hin - und Rückfahrt, 84 Km x 0,30 €

25,20 €

08.03.2011 - 04.05.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

13.05.2011 - 21.06.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

05.09.2011 - 30.09.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 6 Tage, Hin - und Rückfahrt, 84 Km x 0,30 €

25,20 €

07.10.2011 - 18.11.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

08.09.2011 - 17.10.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

24.10.2011 - 22.11.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 6 Tage, Hin - und Rückfahrt, 84 Km x 0,30 €

25,20 €

22.11.2011 - 23.12.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

09.12.2011 - 23.03.2011

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

03.01.2012 - 20.03.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

23.03.2012 - 15.05.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

20.03.2012 - 08.06.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

25.05.2012 - 29.06.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

27.06.2012 - 28.09.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

03.07.2012 - 31.08.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

10.09.2012 - 26.10.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

30.10.2012 - 04.12.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

03.03.2011

Fahrtkosten ins Klinikum E3, pro Fahrt 14 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 28 Km x 0,30 €

8,40 €

05.05.2011

Fahrtkosten ins Klinikum E3, pro Fahrt 14 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 28 Km x 0,30 €

8,40 €

25.08.2011

Fahrtkosten ins Klinikum E3, pro Fahrt 14 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 28 Km x 0,30 €

8,40 €

15.03.2012

Fahrtkosten ins Klinikum E3, pro Fahrt 14 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 28 Km x 0,30 €

8,40 €

02.08.2012

Fahrtkosten ins Klinikum E2, pro Fahrt 12 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 24 Km x 0,30 €

7,20 €

05.10.2011

Fahrtkosten ins C4, pro Fahrt 45 Km, 1 Tag, Hin- und Rückfahrt, 90 Km x 0,30 €

27,00 €

30.11.2011

Fahrtkosten ins C4, pro Fahrt 45 Km, 1 Tag, Hin- und Rückfahrt, 90 Km x 0,30 €

27,00 €

17.04.2012

Fahrtkosten ins C4, pro Fahrt 45 Km, 1 Tag, Hin- und Rückfahrt, 90 Km x 0,30 €

27,00 €

29.10.2012

Fahrtkosten ins C4, pro Fahrt 45 Km, 1 Tag, Hin- und Rückfahrt, 90 Km x 0,30 €

27,00 €

25.10.2011

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

30.11.2011

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

12.03.2012

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

25.04.2012

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

13.06.2012

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

27.08.2012

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

12.10.2012

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

24.11.2011 - 29.11.2012

Fahrtkosten Praxis für Psychologische Psychotherapie Frauke T in E4, pro Fahrt 19 Km, 26 Tage, 950 km x 0,30 €

296,40 €

25.05.2010

B1 Apotheke

17,75 €

11.01.2012

N1 Apotheke

10,00 €

18.04.2012

N1 Apotheke

5,00 €

20.04.2012

Ergotherapie H

45,20 €

20.04.2012

Praxis für Physiotherapie C3

26,50 €

06.06.2012

Ergotherapie H

45,20 €

22.06.2012

Praxis für Physiotherapie C3

24,90 €

29.06.2012

L GmbH & Co. KG

9,00 €

29.06.2012

L GmbH & Co. KG

6,98 €

03.07.2012

Praxis für Physiotherapie C3

25,90 €

04.07.2012

N1 Apotheke

10,00 €

24.08.2012

Ergotherapie H

45,20 €

11.09.2012

Praxis für Physiotherapie C3

25,90 €

26.10.2012

Praxis für Physiotherapie C3

25,50 €

26.10.2012

Praxis für Physiotherapie C3

25,90 €

07.12.2012

Praxis für Physiotherapie C3

25,90 €

19.09.2012

N Apotheke

5,00 €

05.10.2012

Ergotherapie H

45,20 €

31.10.2012

N Apotheke

5,00 €

21.11.2012

Ergotherapie H

45,20 €

06.07.2011

Quittung Laden II, Einkaufsshopper

119,00 €

22.02.2013

Zuzahlung Praxis für Physiotherapie C3

25,50 €

29.10.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

18.01.2013

Zuzahlung Praxis für Physiotherapie C3

25,90 €

26.11.2012

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

18.01.2013

Zuzahlung Praxis für Ergotherapie H

45,20 €

26.11.2012

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

23.01.2013

N Apotheke

5,00 €

20.02.2013

Ergotherapie H

45,80 €

16.01.2013

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

26.02.2013

Zuzahlung Praxis für Physiotherapie C3

25,90 €

16.01.2013

Fahrtkosten Praxis für Physiotherapie C3 in M1, pro Fahrt 7 Km, 10 Tage, Hin - und Rückfahrt, 140 Km x 0,30 €

42,00 €

18.02.2013

Praxis für Physiotherapie G1

80,00 €

22.03.2013

N Apotheke

30,00 €

07.02.2013

Fahrtkosten ins Klinikum E2, pro Fahrt 12 Km, 1 Tag, Hin - und Rückfahrt, 24 Km x 0,30 €

7,20 €

21.02.2013

Fahrtkosten ins C4, pro Fahrt 45 Km, 1 Tag, Hin- und Rückfahrt, 90 Km x 0,30 €

27,00 €

04.04.2013

Ausgaben Kopie Krankenakte

93,42 €

12.04.2013

Ergotherapie H

45,80 €

19.02.2013

Fahrtkosten Praxis für Ergotherapie H in M1, pro Fahrt 5 Km, 10 Tage 90 Km x 0,30 €

30,00 €

e)

Nach § 249 BGB hat die Klägerin zudem einen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit. Die Höhe einer 0,65- Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 145.573,04 € zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ist nicht zu beanstanden. Selbst wenn einige wenige Positionen des materiellen Schadens nicht gerechtfertigt waren, wiegt das auch außergerichtlich verfolgte Feststellungsinteresse, das erheblich höher als mit 5.000,00 € veranschlagt werden muss, dieses auf.

f)

Ebenso hat die Kammer keine Bedenken festzustellen, dass die Klägerin einen Anspruch auf Kostenerstattung des Kaufpreises für ein behindertengerechtes Fahrrad hat, um ihre Mobilität zu fördern. Ein normales Fahrrad kann sie nicht lenken, weil sie nur einen Arm nutzen kann. Die Kammer hat sich nicht im Einzelnen mit dem Fahrradtyp des Klageantrages auseinandergesetzt, weil sich der Antrag auf ein solches oder ähnliches Rad bezieht. Sie benötigt ein Dreirad, damit das Rad bei Absteigen und Halten mit einem Arm nicht umfällt, einen E-Motor, weil sie mit einem Arm am Lenker ziehend keine Steigungen nehmen kann, und ein Handling, das die Schaltung und Führung mit einer Hand ermöglicht. Da Fahrräder langlebig sind, hat die Kammer auch keinen Vorteilsausgleich für den Erwerb eines neuen Rades anstelle ihres alten angerechnet.

g)

Die Klägerin kann schließlich auch die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle weiteren materiellen und zukünftigen, derzeit nicht vorhersehbaren, immateriellen Schäden verlangen. Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO besteht. Das Feststellungsinteresse ist bei einer Verletzung des Körpers schon dann anzunehmen, wenn künftige Schadensfolgen, die auch nur entfernt möglich sind, in Art und Umfang, sogar im Eintritt noch ungewiss sind. Auf die Wahrscheinlich weiterer Schäden kommt es nicht an (vgl. Zöller, Greger, ZPO 29. Aufl. § 256 Rn.9). Hier steht fest, dass mit weiteren erheblichen materiellen Schäden zu rechnen ist. Die Klägerin wird dauerhaft physiologische/ergotherapeutische und evtl. psychologische Behandlungen sowie Hilfe im Haushalt und bei der Eigenversorgung benötigen.

h)

Der Zinsanspruch auf die Zahlungsansprüche ist aufgrund der am 28.11.2013 eingetretenen Rechtshängigkeit gemäß § 291, 288 BGB begründet.

4.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 92 Abs. 1, 269 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2 ZPO.