LG Aachen, Urteil vom 04.04.2018 - 4 O 139/17
Fundstelle
openJur 2019, 16070
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs VW Golf mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WVWZZZ1KZCW322639 im Wege des Schadensersatzes an die Klagepartei 15.086,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.10.2017 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 13.06.2017 mit der Rücknahme des oben genannten Pkws in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Zwangsvoll-streckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten als PKW-Herstellerin im Rahmen des sog. Diesel-Abgasskandals im Wege des Schadensersatzes Rückzahlung des Kaufpreises und Feststellung des Annahmeverzuges im Zusammenhang mit einem Gebrauchtwagenkauf.

Der Kläger erwarb am 21.03.2013 bei einer Vertragshändlerin der Beklagten, dem W1, den im Klageantrag zu 1) näher bezeichneten PKW VW Golf VI GTD 2.0 TDI, Erstzulassung 02.05.2012, zu einem Gesamtkaufpreis von 21.409,00 Euro. Das Fahrzeug wurde am selben Tag mit einem Kilometerstand von 10.990 an den Kläger übergeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 21.03.2013, Anlage K1, Bl. 32 d.A., Bezug genommen.

Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten 2,0-Liter-Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet, der eine Leistung von 125 KW hat. Die vom Hersteller für den Motor vorgesehene und auch in dem von dem Kläger erworbenen Pkw eingesetzte Motorsteuerung sieht hinsichtlich der Abgasrückführung zwei Betriebsmodi vor, und zwar einen hinsichtlich des Stickstoffausstoßes optimierten Betriebsmodus 1 mit einer verhältnismäßig hohen Abgasrückführungsrate sowie einen hinsichtlich des Partikel-Ausstoßes optimierten Betriebsmodus 0 mit einer erheblich geringeren Abgasrückführungsrate. Dabei vermag die Motorsteuerung zu erkennen, ob das Fahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte eingesetzt wird oder ob es im Straßenverkehr betrieben wird, und schaltet bei einer Prüfung der Emissionen auf dem Prüfstand in den Modus 1. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass bei der Prüfung der betreffenden Fahrzeuge nach den gesetzlich vorgesehenen Maßgaben der Euro-5-Abgasnorm geringere Stickoxid-Emissionen gemessen werden und dementsprechend die Stickoxid-Grenzwerte im Laborbetrieb eingehalten werden. Dagegen schaltet die Motorsteuerung in den Modus 0, wenn das Fahrzeug im Straßenverkehr eingesetzt wird.

Das Kraftfahrzeug-Bundesamt erlegte der Beklagten nach dem Bekanntwerden der vorstehenden Manipulation im Oktober 2015 auf, die Software aus den Fahrzeugen zu entfernen und gab in der folgenden Zeit sukzessive Software-Updates für eine Vielzahl verschiedener Fahrzeug- und Motoren-Typen der Beklagten frei. In der Zwischenzeit verzichtete das Kraftfahrt-Bundesamt darauf, die EG-Typengenehmigung zu widerrufen.

Mit Wirkung vom 21.07.2016 genehmigte das Kraftfahrzeug-Bundesamt die technischen Maßnahmen für Fahrzeuge des Typs wie den streitgegenständlichen Wagen. Der Kläger ließ in der Folgezeit das Software-Update auf sein Fahrzeug aufspielen.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt machte der Kläger zunächst Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Volkswagen Zentrum Bergkamen als Fahrzeughändler geltend, der jedoch nicht bereit war, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, weshalb der Kläger nunmehr gegen die Beklagte aus Deliktsrecht vorgeht.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.05.2017 meldete der Kläger die jetzt klageweise geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten an und forderte diese unter Fristsetzung bis zum 12.06.2017 erfolglos zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 21.409,00 Euro abzüglich der gezogenen Nutzungen Zugum-Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf.

Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung wies das streitgegenständliche Fahrzeug einen Tachostand von 81.570 km auf.

Der Kläger behauptet, der Vorstand der Beklagten habe von der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware gewusst. Die Beklagte habe bei der Entscheidung für den Betrug gewusst, dass die Erwerber entsprechender Fahrzeuge ein Fahrzeug erwerben würden, das den geltenden Vorschriften hinsichtlich der Euro 5-Abgasorm nicht entspreche und das daher aufgrund der tatsächlichen Nichterfüllung der Voraussetzungen weder gemäß § 5 FZV zulassungsfähig gewesen sei noch über eine EU-Typengenehmigung verfüge. Sie habe gewusst, dass jede von ihr ausgestellte EU-Konformitätsbescheinigung falsch sei und dass entsprechend mangelbehaftete Fahrzeuge einen Wertverlust hinnehmen müssten, sobald die Mängel auf dem Markt bekannt würden. Dennoch habe sich die Beklagte dafür entschieden, Fahrzeuge mit der verbotenen "Abschalteinrichtung" auf den Markt zu bringen. Er besitze nunmehr ein Fahrzeug, das einen erheblich höheren Schadstoffausstoß aufweise als seitens der Beklagten oder eines Tochterunternehmens angegeben. Er trage seither das Risiko, dass sein Fahrzeug mangels Genehmigung stillgelegt werde. Aufgrund der Manipulation habe das streitgegenständliche Fahrzeug einen erheblichen Wertverlust erlitten. Für die Ermittlung der Nutzungsentschädigung sei eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 300.000 km zugrunde zu legen.

Er ist der Ansicht, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und sei daher im Wege der Naturalrestitution zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verpflichtet. Die Verantwortlichen der Beklagten hätten u.a. aus Gewinnstreben die Schädigung des Vermögens aller Fahrzeugkäufer bewusst in Kauf genommen.

Mit der am 05.10.2017 zugestellten Klage beantragt der Kläger,

1. die Beklagte wird verurteilt, Zugum-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs VW Golf mit der Fahrgestellnummer WVWZZZ1KZCW322639 im Wege des Schadensersatzes an die Klagepartei 21.409,00 Euro unter Anrechnung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 13.06.2017 mit der Rücknahme des oben genannten Pkws in Annahmeverzug befindet;

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.348,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, sie habe zu keinem Zeitpunkt dem Kläger gegenüber unwahre Angaben gemacht. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei technisch sicher und - spätestens seit Aufspielen des Updates - in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt. Es verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen. Insbesondere habe sie nicht über das Vorliegen der Typengenehmigung getäuscht. Diese bestehe weiterhin und es drohe auch nicht deren Entziehung. Eine unzulässige Abschalteinrichtung sei nicht zum Einsatz gekommen. Die Emissionsgrenzwerte der Abgasnormen müssten im normalen Fahrbetrieb nicht eingehalten werden.

Eine Täuschung liege auch nicht im Inverkehrbringen des Motors, da die Grenzwerte der EU5 Abgasnorm eingehalten würden. Das Inverkehrbringen einer Sache könne schon rein begrifflich keine Täuschungshandlung darstellen. Ferner sei dem Kläger durch den Vertragsabschluss zum Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs kein Schaden entstanden, da er das Fahrzeug ohne Einschränkung weiter nutzen könne. Ein Wertverlust bei Dieselfahrzeugen der Beklagten bestehe nicht.

Die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, sei von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Entsprechende umfangreiche Ermittlungen zur Aufarbeitung der Entstehung der EA189-Motoren dauerten noch an. Es lägen jedoch keine Erkenntnisse vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen wären oder die Entwicklung oder Verwendung der Software des Dieselmotors EA189 EU5 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten. Dies gelte insbesondere für den Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses. Diesbezüglich ist die Beklagte zudem der Ansicht, der Kläger habe bereits nicht substantiiert vorgetragen, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten zuzurechnen wären, mit Vorsatz hinsichtlich eines angeblichen Schadens des Klägers gehandelt haben. Im Übrigen sei bezüglich dem ggf. zu berücksichtigenden Nutzungsersatz von einer Gesamtnutzungsdauer von zwischen 200.000 km und 250.000 km auszugehen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2018, Bl. 273 ff. d.A., ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Das Landgericht Aachen ist gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Der Prüfung ist insoweit der klägerische Sachvortrag zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss v. 25.03.2014 - VI ZR 271/13, juris Rn. 10). Der Kläger hat unter anderem einen Anspruch aus § 826 BGB schlüssig vorgetragen (dazu unten). Da bei § 826 BGB der Eintritt eines Schadens zum Tatbestand gehört, nicht lediglich zur Rechtfolgenseite, ist auch der Ort des Schadenseintritts Begehungsort im Sinne des § 32 BGB. Ort des Schadenseintritts ist der Wohnort des Klägers als Geschädigtem (vgl. Zöller-Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32, Rn 19).

2. Soweit der Kläger trotz der Rüge der Beklagten die Nutzungsentschädigung nicht beziffert hat, steht dies ausnahmsweise der Zulässigkeit des Klageantrages zu 1) nicht entgegen. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass die Gegenleistung entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu unbestimmt ist. Das ist jedoch ausnahmsweise unschädlich, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2018 Angaben zum aktuellen Kilometerstand sowie der von ihm erwarteten Gesamtlaufleistung gemacht hat und die Berechnung im Übrigen von einer gerichtlichen Einschätzung über die Gesamtlaufzeit des Fahrzeugs abhängt. Für das Gericht ist diese im Rahmen einer Schätzung daher entscheidbar (vgl. LG Bonn, Urteil v. 14.09.2017 - 19 O 76/16, juris Rn 42).

3. Für die mit dem Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten folgt das schützenswerte Interesse des Klägers im Sinne des § 256 ZPO aus §§ 756, 765 ZPO.

II. Die Klage ist auch überwiegend begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gezogenen Nutzungen (gefahrene Kilometer), wobei sich insoweit rechnerisch eine Rückzahlungsanspruch i.H.v. 15.086,89 Euro ergibt, Zugum-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB wegen sittenwidriger Schädigung zu.

a. Die Beklagte hat dem Kläger einen Schaden i.S.v. § 826 BGB zugefügt.

Ein Schaden in diesem Sinne ist nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmendem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt, sondern auch dann, wenn der Geschädigte durch eine auf sittenwidrigem Verhalten beruhende "ungewollte" Verpflichtung belastet ist, selbst wenn dieser eine objektiv gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Entscheidend und ausreichend ist, dass der Geschädigte durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 28.10.2014 - VI ZR 15/14, juris Rn. 17ff.)

Diese Voraussetzungen liegen vor.

aa. Der Kläger ist durch ein haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten zum Abschluss des Kaufvertrages gebracht worden, den er sonst nicht geschlossen hätte. Das haftungsbegründende Verhalten der Beklagten folgt aus der gezielten Programmierung der Motorsteuerungssoftware für den Dieselmotor EA 189 mit einem nur für den Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) entwickelten Fahrmodus zur Einhaltung der für die EG-Typengenehmigung erforderlichen Emissionswerte.

Diese streitgegenständliche Programmierung der Motorsteuerungssoftware ist gesetzeswidrig. In der Verwendung von Vorrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Nr.10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge.

Bei verständiger Auslegung muss die von der Beklagten installierte Programmierung als Abschalteinrichtung angesehen werden. Denn sie setzt die zu einem geringeren Stickoxidausstoß führende, ausschließlich für den Prüfstand bestimmte Programmierung der Motorsteuerung im Modus 1 für den Fahrbetrieb auf der Straße außer Kraft mit der Folge, dass der Stickoxidausstoß im Fahrbetrieb auf der Straße höher ist als auf dem Prüfstand. Umgekehrt wird die im normalen Fahrbetrieb wirksame Programmierung etwa für die Abgasrückführung auf dem Prüfstand außer Kraft gesetzt, indem die Motorsteuerung den sogenannten Modus 0, nämlich den Betriebszustand für den normalen Fahrbetrieb auf der Straße, zu Gunsten eines ausschließlich für den Prüfstandbetrieb bestimmten Modus abschaltet. Dies gilt unabhängig davon, ob tatsächlich eine Einwirkung auf das Emissionskontrollsystem vorhanden ist oder aber lediglich eine Einwirkung auf einen innermotorischen Vorgang erfolgt. Schon die Testzykluserkennung in Verbindung mit einer ausschließlich im Testzyklus erfolgenden Einwirkung auf die Abgasrückführung ist ein Verstoß gegen das Verbot von Abschalteinrichtungen. Zudem liegt auf der Hand, dass auch eine Schadstoffmessung auf dem Prüfstand nur sinnvoll ist und einen Vergleich von Fahrzeugen verschiedener Hersteller ermöglicht, wenn das zu testende Fahrzeug gerade hinsichtlich der Abgasbehandlung dem Zustand entspricht, der auch auf der Straße gegeben ist, da ansonsten Tricks und Manipulationen jedweder Art Tür und Tor geöffnet würden und eine Vergleichbarkeit selbst unter den dem realen Fahrbetrieb fernen, genormten Prüfstandbedingungen nicht mehr herzustellen wäre. Eine ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung kann deshalb nur als unzulässige Umgehung der einschlägigen Vorschriften angesehen werden. Diese Wertung bestätigt auch der Bescheid des Kraftfahrtbundesamts vom Oktober 2015, mit dem die Entfernung von einer "unzulässigen Abschalteinrichtung" angeordnet wurde.

Durch diese Manipulation ist der Kläger auch zum Abschluss eines Kaufvertrages gebracht worden, den er sonst nicht geschlossen hätte. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten weder darauf an, ob das streitgegenständliche Fahrzeug durch die verwendete Software einen Wertverlust erlitten hat, noch darauf, ob das streitgegenständliche Fahrzeug verglichen mit vergleichbaren Modellen anderer Hersteller tatsächlich emissionsarm und kraftstoffsparend ist. Ebenfalls dahin gestellt bleiben kann die formale Frage, ob die Angaben über die Emissionswerte des streitgegenständlichen Fahrzeugs zutreffend waren oder nicht. Auch die zwischen den Parteien streitige Frage, welche Faktoren und Informationen im Einzelnen für den Kläger kaufentscheidend gewesen sind, muss nicht aufgeklärt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die Frage an, ob der Kläger das Fahrzeug (zu demselben Preis) auch dann gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs die EG-Typengenehmigung nur erhalten hatte, weil die Beklagte das Testverfahren mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung manipuliert hatte. Dass diese Frage zu verneinen ist, liegt auf der Hand. Kein vernünftiger Käufer würde sich auf die Unsicherheit des möglichen Widerrufs der EG-Typengenehmigung einlassen und ein solches Fahrzeug erwerben, selbst wenn mit dem Fahrzeug weder eine Wertminderung noch nachteilige Emissionswerte verbunden sind. Die berechtigten Erwartungen eines vernünftigen durchschnittlichen Käufers - und damit auch des Klägers - erstrecken sich darauf, dass das erworbene Fahrzeug die technischen und rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt und diese nicht durch illegale Mittel erreicht worden sind (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 20.12.2017 - 18 U 112/17, juris Rn. 36ff.)

bb. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Leistung für Zwecke des Käufers auch nicht voll brauchbar. Zum einen drohte - was die Eigennutzung des Fahrzeugs angeht - nicht nur theoretisch die Betriebsuntersagung und Außerbetriebsetzung, sondern - mindestens bei einer ex ante Betrachtung - auch eine erhebliche Einschränkung der Fungibilität. Mindestens nämlich solange die abschließende Haltung des Kraftfahrt-Bundesamtes zu dem Komplex nicht bekannt war, hätte der Kläger im Falle eines Weiterverkaufs wohl im Vergleich zum Anschaffungswert unverhältnismäßige Preisabschläge hinnehmen müssen. Ob sich die Fungibilität der betroffenen Fahrzeuge später verbesserte und ob heute gegebenenfalls sogar davon auszugehen ist, dass eine objektiv messbare Wertminderung an den betroffenen Fahrzeugen nicht mehr gegeben ist, ist ohne Relevanz (vgl. LG Wuppertal, Urteil v. 16.01.2018 - 4 O 295/17, juris Rn. 34).

b. Diesen Schaden hat die Beklagte in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise herbeigeführt.

Unter einer gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltensweise versteht man eine Handlung, die nach dem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 4). Dies setzt eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens voraus, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann.

Diese Anforderungen erfüllt das Verhalten der Beklagten, die selbst eingeräumt hat, dass die Motorsteuerungssoftware in dem streitgegenständlichen Fahrzeug so programmiert war, dass sie erkannte, wenn das Fahrzeug sich im Prüfstand befand, um dann ein speziell nur für den Prüfzyklus vorgesehenes Abgasrückführungsverfahren einzuleiten. Auch wurde diese Motorsteuerungssoftware gegenüber den maßgeblichen Genehmigungsbehörden nicht offengelegt.

Die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten folgt hier nach Überzeugung des Gerichts aus dem Umstand, dass die Beklagte die Motorsteuerungssoftware des streitgegenständlichen Fahrzeugs gezielt so programmiert hat, dass der Eindruck entsteht, dass das Fahrzeug geringere Stickstoffemissionen aufweist, als es im regulären Fahrbetrieb tatsächlich der Fall ist. Hierbei kommt es nach Überzeugung des Gerichts nicht entscheidend darauf an, dass - wie die Beklagte vorträgt - die erteilte EG-Typengenehmigung wirksam erteilt wurde und dass allgemein bekannt ist, dass die in den Herstellerangaben angegebenen Werte, die unter Laborbedingungen gemessen werden, nicht den Emissionswerten im normalen Straßenverkehr entsprechen. Vielmehr ist für die Entscheidung, ob das Verhalten der Beklagten verwerflich ist i. S. v. § 826 BGB, darauf abzustellen, dass die Beklagte für das Zulassungsverfahren einen Betriebsmodus entwickelt und eingebaut hat, dessen alleiniger Zweck in der Manipulation des Genehmigungsverfahrens bestand. Auch wenn der Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, dass es für die EG-Typengenehmigung auf die Laborwerte ankommt und allgemein bekannt ist, dass die Emissionsangaben der Hersteller unter Laborbedingungen gemessen werden, erfasst das von der Beklagten angeführte Allgemeinwissen nur die Kenntnis, dass die im Labor gemessenen Grenzwerte unter anderen äußeren Rahmenbedingungen nicht erreicht werden können, nicht jedoch die Kenntnis, dass die Laborwerte im Normalbetrieb (auch) deswegen nicht erreicht werden, weil das Fahrzeug dann ohne Wissen des Verbrauchers in einen anderen Betriebsmodus schaltet und der Abweichung der Emissionswerte zwischen Test- und Normalbetrieb eine nur zu diesem Zweck eingebaute Manipulationssoftware zugrunde liegt. Wenn üblicherweise im Labor andere Messwerte erzielt werden, so liegt dies daran, dass die äußeren Rahmenbedingungen nicht dem normalen Fahrbetrieb entsprechen, nicht jedoch daran, dass das Fahrzeug selbst andere Eigenschaften aufweist, die dem Verbraucher bewusst verschwiegen wurden.

Die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass die Beklagte die Manipulation in einer ganzen Motorserie vorgenommen hat, geeignet ist, das Vertrauen einer Vielzahl von Kunden in die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu untergraben und ein sachlicher Grund, der die Umschaltlogik vorliegend rechtfertigen und als zulässig erscheinen lassen würde, von der Beklagten weder dargetan noch sonst ersichtlich ist. Die Manipulation diente vielmehr dem Zweck, zur Kostensenkung (und möglicherweise zur Umgehung technischer Probleme) rechtlich und technisch einwandfreie, aber teurere Lösungen der Abgasreinigung zu vermeiden und mit Hilfe der scheinbar umweltfreundlichen Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Hierbei kann die Beklagte sich nicht damit entlasten, dass der Kläger letztlich nicht getäuscht worden sei, da das Fahrzeug technisch einwandfrei funktioniere, die gesetzlich vorgesehenen Grenzwerte für die EG-Typgenehmigung einhalte und ein Widerruf der Genehmigung nicht drohe. Irrelevant ist auch an dieser Stelle die Frage, ob das Fahrzeug tatsächlich keinen höheren Schadstoffausstoß hat bzw. die Frage, ob tatsächlich ein wirtschaftlicher Minderwert des Fahrzeugs vorhanden ist. Die Sittenwidrigkeit folgt vor allem daraus, dass die Manipulation heimlich vorgenommen wurde mit dem Ziel, eine Zulassung durch Täuschung zu erwirken.

Insofern unterscheidet sich der streitgegenständliche Fall deutlich von dem Sachverhalt, welcher der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BGH vom 28.06.2016 (NJW 2017, 250) zugrunde lag. Dort hatte der BGH die Voraussetzungen für ein sittenwidriges Verhalten im Fall einer unterlassenen Information über Umstände, die für eine Anlageentscheidung erheblich waren, als nicht hinreichend begründet angesehen und ausgeführt, alleine aus der Verletzung der Rechtspflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung könne nicht auf die Sittenwidrigkeit der unterlassenen Aufklärung geschlossen werden. Im streitgegenständlichen Fall liegt jedoch nicht nur eine unvollständige oder unrichtige Aufklärung vor, sondern eine gezielte Manipulation zum Zweck der Täuschung, die als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB einzuordnen ist.

c. Die schädigende Handlung ist der Beklagten auch zuzurechnen.

Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB i. V. m. § 31 BGB setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter i. S. d. § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat (BGH, Urteil v. 28.06.2016 - VI ZR 536/15, juris Rn. 13). Davon ist auszugehen.

Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, dass der Vorstand oder jedenfalls Teile des Vorstands Kenntnis von der manipulierenden Motorsteuerungssoftware gehabt haben, die zu gesetzwidrigen Typenbescheinigungen geführt haben. Dies ist auch naheliegend. Der Vorstand hat das Unternehmen den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu organisieren und zu führen. Es ist davon auszugehen, dass Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand im Hinblick auf alle wesentlichen Entscheidungen eingerichtet sind und deren Einhaltung durch entsprechende Kontrollmaßnahmen gewährleistet ist. Insoweit ist es mehr als naheliegend, dass dem Vorstand oder Teilen des Vorstandes die manipulierende Funktion der Motorsteuerung zur Verwendung auf dem NEFZ-Prüfstand zur Erreichung der EG-Typengenehmigung sowie das Inverkehrbringen eines gesetzeswidrigen Fahrzeuges bekannt gewesen sind. Dies gilt umso mehr als die Beeinflussung der Motorsteuersoftware einer ganzen Motorenreihe für wenigstens hunderttausende von Fahrzeugen hinsichtlich ihres Entwicklungsaufwandes in technischer und finanzieller Hinsicht eine strategisch wesentliche vom Vorstand zu treffende Entscheidung darstellen. Zumal die Verwendung einer solchen Software sämtliche Konzerntöchter zumindest europaweit und in den Vereinigten Staaten betrifft. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass dies eine Entscheidung eines in der Hierarchie untenstehenden einzelnen Entwicklers war, wobei bereits die Motivation hierfür - im Gegensatz zu der des auf Gewinnmaximierung interessierten Konzernvorstands - nicht nachvollziehbar ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten trifft sie eine entsprechende sekundäre Darlegungslast. Die Beklagte selbst weist zutreffend darauf hin, dass eine solche sekundäre Darlegungslast besteht, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die bestreitende Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Der Gegner der darlegungspflichtigen Partei darf sich nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind. Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat keinerlei Einblick in die internen Entscheidungsvorgänge bei der Beklagten und ist auf Veröffentlichungen der Medien und auf Rückschlüsse und Vermutungen angewiesen. Die Beklagte hingegen hat jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse darzulegen, um es so dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und den erforderlichen Beweisantritt vornehmen zu können.

Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Der pauschale Verweis darauf, dass nach dem bisherigen Ermittlungsstand keine Erkenntnisse vorlägen, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt waren oder die Entwicklung oder Verwendung der Software des Dieselmotors EA 189 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt haben, genügt einem ordnungsgemäßen Sachvortrag nicht. Mit Blick darauf, dass diese interne Ermittlungsmaßnahme bereits seit über 2 Jahren andauert, ist es der Beklagten ohne weiteres zumutbar jedenfalls ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse mitzuteilen. Denn ihre Einlassung, dass keine "Erkenntnisse" vorlägen, ist inhaltsleer, nicht nachprüfbar für die Klägerseite und lediglich Ergebnis einer Wertung. Die Richtigkeit dieser Wertung lässt sich nur durch eine vollständige Offenlegung des bisherigen Ermittlungsergebnisses verifizieren. Indem sie ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse jedoch vollständig unter Verschluss hält, verstößt die Beklagte gegen ihre sekundäre Darlegungslast, so dass ihr Bestreiten unbeachtlich ist und das Gericht davon ausgeht, dass der Vorstand der Beklagten Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerungssoftware hatte und das Inverkehrbringen entsprechend ausgerüsteter Motoren veranlasst hat, was auch naheliegend ist (vgl. LG Hildesheim, Urteil v. 17.01.2017 - 3 O 139/16, juris Rn. 33 ff., LG Kleve, Urteil v. 31.03.2017 - 3 O 252/16, juris Rn. 82 ff.; LG Köln, Urteil v. 18.07.2017 - 22 O 59/17, juris Rn. 35 ff.).

d. Durch das bewusste Inverkehrbringen der gesetzwidrig ausgestatteten Fahrzeuge ist auch von einem entsprechenden Schädigungsvorsatz und einer Bereicherungsabsicht auszugehen. Der Vorstand der Beklagten hat eine Schädigung der Vermögensinteressen der Käufer zumindest billigend in Kauf genommen. Bei der Verwendung der Manipulationssoftware kam es der Beklagten bzw. ihrem Vorstand darauf an, Umsatz und Gewinn zu steigern. Andere Gründe sind schlicht nicht ersichtlich. Dabei haben sie es in Kauf genommen, ihren Kunden über das Vertriebsnetz von Vertragshändlern nichtgesetzeskonforme bzw. - nach obigen Ausführungen - mangelhafte Fahrzeuge zu verkaufen und auf diese Weise ihren Kunden wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.

e. Als Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs ist der Kläger so zu stellen, wie er ohne die Täuschung gestanden hätte. Insoweit ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger - wie jeder verständige, Risiken vermeidende Kunde - bei Kenntnis des Sachverhalts und der damit verbundenen Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis den Vertrag nicht geschlossen und gerade keine mangelhaften Pkw erworben hätte. Die Beklagte muss danach die wirtschaftlichen Folgen des Kaufs dadurch ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis gegen Herausgabe des Pkw erstattet.

Dabei muss der Kläger sich nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Angesichts des unstreitigen Kilometerstandes des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung von 81.570 km und dem ebenfalls unstreitigen Kilometerstand bei dessen Übergabe im März 2013 an den Kläger von 10.990 km beträgt die zwischenzeitige Fahrleistung 70.580 Kilometer. Die Gesamtleistung des streitgegenständlichen VW Golf VI schätzt das Gericht vorliegend gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km (vgl. LG Düsseldorf, Urteil v. 09.02.2018 - 7 O 212/16, juris Rn. 43; LG Ravensburg, Urteil v. 09.01.2018 - 2 O 171/17, juris Rn. 54), so dass angesichts der Laufleistung bei Fahrzeugübergabe von 10.990 km von einer voraussichtlichen Restlaufleistung von 239.010 km auszugehen ist. Dies ergibt eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 6.322,11 Euro (21.409,00 Euro Bruttokaufpreis x 70.580 gefahrene Kilometer : 239.010 km voraussichtliche Restlaufleistung) und damit einen Zahlungsanspruch von noch 15.086,89 Euro.

Dem Kläger oblag im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Darlegung und Berechnung des Nutzungsersatzes. Dem trägt der Antrag zu 1) nicht Rechnung, indem hier der volle Kaufpreis zur Rückzahlung unter Abzug einer unbeziffferten Nutzungsentschädigung gestellt wird. Die Klage war daher wegen der anzurechnenden Nutzungsentschädigung in Höhe des überschießenden Betrages abzuweisen (vgl. LG Arnsberg, Urteil v. 14.06.2017 - 1 O 227/16, juris Rn. 47).

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB ab dem 06.10.2017. Die Klage wurde am 05.10.2017 zugestellt.

3. Des Weiteren ist der Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begründet. Die Beklagte zu 1) befand sich infolge der verweigerten Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeuges gemäß §§ 298, 293 BGB seit dem 13.06.2017 in Annahmeverzug. Die Beklagte wurde mit vorprozessualem anwaltlichem Schreiben vom 29.05.2017 unter Fristsetzung bis zum 12.06.2017 erfolglos zur Zahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen Zugum-Zug gegen Hergabe des Fahrzeugs aufgefordert und das Fahrzeug zur Abholung angeboten. Da die Beklagte bis heute jegliche Rückabwicklung ablehnt, war ein weiteres tatsächliches Angebot i.S.d. § 294 BGB überflüssig.

4. Schließlich kann der Kläger gegenüber der Beklagten auch Freistellung von den ihm vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 Euro aus §§ 826, 249 BGB verlangen.

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten folgt aus § 826 BGB. Die Anwaltskosten sind Teil des dem Kläger entstandenen Schadens. Der Kläger durfte sich im Jahr 2017 angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage zur Geltendmachung seiner Ansprüche vorgerichtlicher anwaltlicher Unterstützung bedienen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 249, Rn. 57).

Der Höhe nach kann der Kläger die Anwaltskosten aber nur nach einem zutreffenden Gegenstandswert von 15.086,89 EUR verlangen, weil der Nutzungsvorteil vom Schadensersatzanspruch abzuziehen ist, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedarf (BGH, Urteil v. 23.06.2015 - XI ZR 536/14, juris Rn. 21 ff.).

Zudem sind diese nur aus einer als angemessen anzuerkennenden Geschäftsgebühr von 1,3 zu berechnen. Die vorgerichtliche Tätigkeit des klägerischen Anwalts gegenüber der Beklagten beschränkte sich - jedenfalls ist Weiteres nicht ersichtlich und vorgetragen - auf das als standardisiert zu bewertende Schreiben vom 29.05.2017. Auch die sicherlich überdurchschnittliche Komplexität der sich insgesamt ergebenden technischen und rechtlichen Fragestellungen rechtfertigt vorliegend keine Erhöhung der Regelgebühr, da die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtsbekannt in einer Vielzahl paralleler Verfahren tätig sind und der Aufwand dadurch für jeden einzelnen Fall den durchschnittlichen Umfang und Schwierigkeitsgrad nicht übersteigt. Für den Kläger schließlich hat das Verfahren keine weitergehende Bedeutung als sonstige Rückabwicklungsverfahren aus Kraftfahrzeugkaufverträgen auch.

Damit ergibt sich ausgehend von dem begründeten Gegenstandswert bis 16.000 Euro der zuerkannte Anspruch von 1.029,35 Euro (650,00 € Gebühr x 1,3 + 20,00 Euro Auslagenpauschale + 164,35 Euro Mehrwertsteuer).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Bemessung der jeweiligen Obsiegens- und Unterliegensanteile wurde berücksichtigt, dass der Klageantrag zu 1. aufgrund seiner fehlenden Konkretisierung des in Abzug zu bringenden Nutzungswertersatzes mit einem höheren Wert anzusetzen war, erst in der letzten mündlichen Verhandlung die erforderlichen Angaben zur Berechnung der Nutzungsentschädigung dargelegt wurden und mit einem Gebührensprung verbunden sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1 und S. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV. Der Streitwert wird auf 21.409,00 Euro festgesetzt.

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