AG Euskirchen, Urteil vom 05.04.2017 - 4 C 228/15
Fundstelle
openJur 2019, 15576
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.605,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2015 sowie weitere 281,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme, die die Beklagte zu 2) alleine trägt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 30.10.2014 gegen 18.50 Uhr. Die Beklagte zu 2) fuhr mit dem bei der Beklagten zu 1) pflichtversicherten Pkw, amtliches Kennzeichen EU-AG 730, Typ Opel Astra in die Warnschranke beim klägerischen Speditionslager und anschließend über das Feld bis zum Zaun der Klägerin, den sie beschädigte. Dieser Schaden ist vorgerichtlich seitens der Beklagten zu 1) bezahlt worden. Die Beklagte zu 2) hatte neben dem Zaun auch eine Kamera samt Mast umgefahren, für deren Reparatur die Klägerin den Betrag von 2.605,63 € geltend macht. Dieser Betrag wurde seitens der Beklagten zu 1) nicht reguliert.

Die Klägerin meint, die Beklagten haften hier gesamtschuldnerisch für die Beschädigung auch der Kamera nebst Mast. Der Rechnungsbetrag sei zur Reperatur des durch die Beklagte zu 2) verursachten Schadens erforderlich. Soweit ein vorsätzliches Handeln der Beklagten zu 2) seitens der Beklagten zu 1) behauptet wird, bliebe dies jedenfalls im Außenverhältnis ohne Auswirkung.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 2.605,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2015 sowie weitere 281,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) bestreitet die Höhe des Schadens nicht, verweist indes darauf, dass sie wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles durch die Beklagte zu 2) nicht hafte und verweist hierzu auch auf § 103 VVG.

Die Beklagte zu 2) bestreitet die Reparaturkosten und behauptet, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben.

Zur Ergänzung der Sach- und Rechtslage wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung zweier schriftlicher Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen I. T. vom 23.04.2016 (Bl. 119 bis 128) sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. P. vom 28.01.2017 (Bl. 188 bis 193 GA) verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich gegen beide Beklagte in voller Höhe nach §§ 7 StVG i.V.m. § 117 Abs. 1 VVG.

Soweit nach Auffassung des Gerichts in jetziger Besetzung eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfall einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) sehr wohl gemäß § 103 VVG n.F. ausschließen könnte (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 55/12 -, Rn. 16, juris), sind die Voraussetzungen des § 103 VVG nicht dargetan. Zwar spricht alles dafür, dass die Beklagte zu 2) vorsätzlich gegen die Warnschranke fuhr, jedoch ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sie hierbei billigend in Kauf genommen hätte, über das Feld weiter bis zum Zaun zu fahren und diesen zu beschädigen. Vielmehr spricht die Situation dafür, dass sie auf der Straße weiter fahren wollte. Erstrecht ausgeschlossen ist im Übrigen ein Vorsatz der Beklagten zu 2), die hier alleine streitgegenständliche Kameraanlage beim Zaun zu beschädigen. Damit liege die Voraussetzungen eines Haftungsausschluss nach § 103 VVG nicht vor, da diese Vorschrift einen subjektiven Risikoausschluss begründet. In dem Umfang, in dem der eingetretene Schaden auf vorsätzlichem Verhalten des Versicherungsnehmers beruht, für das es keine Rechtfertigung gibt (z.B. aus §§ 228, 229 oder 904 BGB), und der Schaden darüber hinaus vom Vorsatz des Versicherungsnehmers umfasst ist, besteht von vornherein keine Deckung (vgl. Koch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, § 103, Rn. 13).

Damit ergibt sich die Haftung beider Beklagter gemäß § 7 StVG als Gefährdungshaftung ohne Weiteres.

Die Beklagte zu 2) kann sich gegen den insoweit fraglos dem Grunde nach bestehenden Anspruch hinsichtlich der Höhe nicht mit Erfolg wehren. Vielmehr sind die von der Klägerin geltend gemachten Kosten ortsüblich und angemessen und zur Reparatur des Schadens erforderlich. Dies hat der Sachverständige Dipl.-Ing. P. nachvollziehbar und von den Parteien unangegriffen dargelegt und die Rechnung insoweit sogar "als eher moderat" bezeichnet. Der geltend gemachte Schaden ist in vollem Umfang zu erstatten.

Auch die Nebenforderungen sind begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 3 ZPO. Nach § 100 Abs. 3 ZPO fallen nur der Beklagten zu 2), die im Gegensatz zur Beklagten zu 1) die Reparaturkosten der Höhe nach bestritten hat, die entsprechenden Kosten der Sachverständigengutachten zur Last.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

Streitwert: bis 3.000,00 EUR

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte