OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.03.2018 - 4 B 232/18
Fundstelle
openJur 2019, 15494
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 12 L 3444/17
Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9.2.2018 wird verworfen.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9.2.2018 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Festsetzung des Streitwerts mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9.2.2018 wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten der Verfahren betreffend die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und die Streitwertbeschwerde werden nicht erstattet.

Für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird der Streitwert auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch einen hierfür zugelassenen Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen, weil die Antragstellerin weder die gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat, noch die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Auf sich beruhen kann, ob nach Aufhebung der ohnehin nur bis zum 18.1.2018 befristeten Begleitanordnung des Präsidenten des Landgerichts Bochum am 16.1.2018 für die Weiterverfolgung des Antrags auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung noch ein Rechtsschutzinteresse besteht. Jedenfalls fehlt es bezogen auf den im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten Antrag nach § 123 VwGO,

den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, die Antragstellerin bei Besuchen des Justizzentrums Bochum von einem oder zwei bewaffneten Wachtmeistern auf Schritt und Tritt in enger räumlicher Distanz begleiten und/oder überwachen zu lassen,

an einem Anordnungsanspruch. Als Anspruchsgrundlage käme insoweit nur der allgemeine öffentlichrechtliche Unterlassungsanspruch in Betracht, der voraussetzt, dass eine Rechtsbeeinträchtigung nach andauert oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 15.12.2005 - 7 C 20.04 -, NJW 2006, 1303 = juris, Rn. 10 f., 33 f., vom 25.1.2012 - 6 C 9.11 -, BVerwGE 141, 329 = juris, Rn. 19, 21, und vom 22.10.2014 - 6 C 7.13 -, NVwZ 2015, 906 = juris, Rn. 20, 31.

Der konkret geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung bestünde allerdings nicht schon, wenn die Antragstellerin ? wie sie meint ? durch vergangene Begleitungen und Überwachungen im Gerichtsgebäude in ihren Rechten verletzt worden wäre und die konkrete Gefahr der Wiederholung drohte. Vorbeugend kann eine Unterlassung nämlich nur statthaft geltend gemacht werden, wenn ein drohendes tatsächliches Verwaltungshandeln abgewehrt werden soll, das sich hinreichend konkret abzeichnet, insbesondere die für eine Rechtmäßigkeitsprüfung erforderliche Bestimmtheit aufweist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.2017 ? 6 A 7.16 ?, juris, Rn. 12, und vom 19.3.1974 ? I C 7.73 ?, BVerwGE 45, 99 = juris, Rn. 41.

An der danach erforderlichen Bestimmtheit fehlt es. Der gestellte Antrag ist auf jegliches Unterlassen der Begleitung und/oder Überwachung der Antragstellerin im Jusitzzentrum Bochum von einem oder zwei bewaffneten Wachmeistern auf Schritt und Tritt in enger räumlicher Distanz gerichtet. Ein so weit reichender Anspruch steht der Antragstellerin jedoch schon deshalb nicht zu, weil der Präsident eines Gerichts aufgrund seines gewohnheitsrechtlich anerkannten Hausrechts befugt ist, zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs (verhältnismäßige) Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude zu ergreifen und es seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen bleibt, worin solche Maßnahmen im Einzelfall bestehen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.5.2011 ? 7 B 17.11 ?, NJW 2011, 2530 = juris, Rn. 8; BVerfG, Beschluss vom 14.3.2012 ? 2 BvR 2405/11 ?, NJW 2012, 1863 = juris, Rn. 24, m. w. N.

Ausgehend davon setzt die statthafte Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs hier die Angabe der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen voraus, für die die Unterlassung gefordert wird. Daran fehlt es. Dem Begehren der Antragstellerin ist nicht einmal sinngemäß zu entnehmen, ob es ihr nur darum geht zu verhindern, dass eine Wiederholung ihrer bisherigen Äußerung "Jeder Mitarbeiter in den Justizbehörden Bochum hat die freie Wahl: Entweder wird er Teil der Lösung oder er wird Teil des Problems." zum Anlass einer weiteren Begleitanordnung genommen wird. Schon wegen dieser fehlenden Angaben der Antragstellerin lässt sich derzeit nicht beurteilen, ob eine etwaige erneute Begleitanordnung die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen würde.

Sofern es der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde um eine nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der zuletzt erlassenen Anordnung gehen sollte, wäre hierfür im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens kein Raum.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.1.1995 ? 7 VR 16.94 ?, NVwZ 1995, 586 = juris, Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 19.2.2013 - 12 B 1259/12 -, juris, Rn. 6 f., m. w. N.; siehe für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auch OVG NRW, Beschluss vom 16.12.2009 ? 5 B 1639/09 ?, m. w. N.

Die hilfsweise Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist unzulässig. Der hier primär zur Entscheidung gestellte Sachantrag schließt es aus, die Hauptsache hilfsweise für erledigt zu erklären. Ein solches Verhalten ist prozessual widersprüchlich.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.1994 ? 11 C 60.92 ?, DVBl. 1994, 1192 = juris, Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 26.3.2003 ? 8 B 82/03 ?, NVwZ-RR 2003, 701 = juris, Rn. 10 f., m. w. N.

Die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes (einschließlich des hilfsweise gestellten Feststellungsantrages) ist schon deshalb unzulässig, weil die Antragstellerin entgegen § 67 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht durch einen hierfür zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Das Vertretungserfordernis gilt bereits für die Einlegung der Beschwerde (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Darauf ist die Antragstellerin in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses hingewiesen worden.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist aus den genannten Gründen unbegründet.

Auch die Streitwertbeschwerde hat keinen Erfolg. Da das Verwaltungsgericht eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nicht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG zugelassen hat, findet eine solche Beschwerde nur statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Wert des Beschwerdegegenstands ist im vorliegenden Falle der Betrag, um den die von der Antragstellerin zu tragenden erstinstanzlichen Prozesskosten, die von der angefochtenen Streitwertfestsetzung abhängen, diejenigen Prozesskosten übersteigen, die sich ergäben, wenn der Streitwert in der mit der Beschwerde erstrebten geringeren Höhe festgesetzt würde. Bei dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert von 2.500,00 € beträgt die (einfache) Gerichtsgebühr gemäß § 34 GKG i. V. m. Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG 108,00 €. Der Gebührensatz für das durch gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beendete Verfahren beläuft sich gemäß Nr. 5210 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG auf 1,5. Danach ergibt sich bei dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert eine Gerichtsgebühr von 162,00 € (108,00 € × 1,5). Der Wert des Beschwerdegegenstands liegt deshalb jedenfalls unter 200,00 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO und § 68 Abs. 3 GKG.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei der Senat den gesetzlichen Auffangstreitwert wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens auf die Hälfte reduziert hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).