OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.11.2016 - 4 A 2587/14
Fundstelle
openJur 2019, 15226
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 K 3003/13
Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 24.10.2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist unzulässig (geworden), weil ihr Rechtsschutzbedürfnis für die Fortführung des Verfahrens weggefallen ist.

Gegenstand des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Verfahrens ist der Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, bestimmte im Positionspapier "Energiepolitische Positionen 2012" enthaltene Erklärungen abzugeben und zu verbreiten. Nachdem die Beklagte sinngemäß erklärt hat, diesem Unterlassungsbegehren freiwillig nachgekommen zu sein, ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin noch einer dahingehenden gerichtlichen Entscheidung bedürfen könnte. Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.7.2016 erklärt, die Energiepolitischen Positionen 2012 aus dem Internet genommen zu haben. Sie seien zwischenzeitlich durch ein neues Positionspapier vollständig ersetzt worden. Auf die streitgegenständlichen Energiepolitischen Positionen werde nicht mehr Bezug genommen und sie würden nach außen nicht mehr abgegeben. Nach außen abgegeben würden nur noch die neuen Energiepolitischen Positionen. Gleichwohl hat die Klägerin den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt. Insbesondere enthält ihr letzter Schriftsatz vom 22.9.2016 keine dahingehende Prozesserklärung. Darin wird - geknüpft an weitere Voraussetzungen - eine Erledigungserklärung in Aussicht gestellt, nicht aber abgegeben.

Der Einwand der Klägerin, Gegenstand des Unterlassungsanspruchs sei nicht das Positionspapier an sich, sondern die in ihm enthaltenen inhaltlichen Positionen, so dass Erledigung erst dann eintrete, wenn sich die Beklagte nach außen hin von den streitigen Positionen distanziert und erklärt habe, sie in Zukunft so nicht mehr abzugeben, trifft nicht zu. Der prozessuale Anspruch, in Bezug auf den ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen muss, ist identisch mit dem Streitgegenstand. Dieser wiederum ist gekennzeichnet durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringende Rechtsfolge sowie den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.5.1994 - 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24 = juris, Rn. 9, m. w. N.

Demgemäß ist prozessual verfolgter Anspruch im vorliegenden Verfahren der Leistungsantrag (in Form der Unterlassung) der Klägerin, verbunden mit der Rechtsbehauptung, ihr stehe der Unterlassungsanspruch zu, weil die Beklagte aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts nicht berechtigt sei, die umstrittenen Positionen aus dem Positionspapier nach außen zu vertreten. Der Leistungsantrag der Klägerin hatte von Anfang an die "in dem sog. Positionspapier ?Energiepolitische Positionen 2012? enthaltenen Erklärungen" zum Gegenstand. In Übereinstimmung damit hat die Klägerin auf den Seiten 3 ff. ihrer Zulassungsbegründungsschrift eine Prüfung der Positionen im Gesamtkontext eingefordert und dem Verwaltungsgericht vorgeworfen, die jeweiligen Formulierungen nicht hinreichend einzelfallbezogen geprüft zu haben. Zudem hat die Klägerin darauf abgestellt, dass die Erklärungen der Beklagten nicht unter Einhaltung des dafür vorgesehenen Verfahrens zu Stande gekommen seien und deshalb schon aus formalen Gründen unzulässig seien.

Der Zulassungsantrag ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Klägerin das Verfahren ggf. mit einem umgestellten Klageantrag, gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitigen Erklärungen und Bestehen eines Unterlassungsanspruchs im Zeitpunkt der Klageerhebung, weiterführen möchte. Ein hinreichendes Feststellungsinteresse (im Sinne von § 43 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in entsprechender Anwendung) ist nicht ersichtlich.

Der Senat kann nicht erkennen, inwieweit sich die Position der Klägerin gegenüber der Beklagten durch die begehrte Feststellung verbessern könnte oder sie ggf. im Verhältnis zu Dritten mit dem von ihr erstrebten Urteil zur Sache noch "etwas anfangen" können sollte. Die Klägerin selbst hat eine Erledigungserklärung in Aussicht gestellt, sofern die Beklagte zum einen eine Übernahmeerklärung hinsichtlich sämtlicher Verfahrenskosten abgebe und die Prozessbevollmächtigten der Beklagten, die auch die in den Parallelverfahren beklagten J. vertreten, auch im Namen dieser drei Kammern erklärten, dass diese auf die jeweils streitgegenständlichen energiepolitischen Positionen nicht mehr Bezug nehmen und diese nach außen nicht mehr abgeben. Abgesehen von der Kostenübernahmeerklärung, die in keinem Zusammenhang mit einem möglichen Feststellungsinteresse steht, handelt es sich hierbei nicht um Bedingungen, die der Klägerin selbst zu Gute kommen.

Aus den ohne Beteiligung der Klägerin zwischen Dritten geführten Verfahren ergibt sich von vornherein nicht das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin dieses Verfahrens. Deshalb kommt es für das Feststellungsinteresse der Klägerin auch nicht darauf an, dass die von ihr erwähnten Parallelverfahren mit Blick auf das Verfahren der Klägerin ruhend gestellt worden sind.

Auch Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr bestehen nicht. Insbesondere hat sich die Beklagte nicht geweigert, sich von den umstrittenen Positionen zu distanzieren. Sie hat erklärt, die Erklärungen seien zwischenzeitlich durch ein neues Positionspapier vollständig ersetzt worden und würden nicht mehr in Bezug genommen oder nach außen abgegeben. Im neuen Positionspapier hat die Klägerin die von ihr beanstandeten Positionen offenbar nicht vorgefunden. Bei dieser Sachlage bleibt im Übrigen unklar, welche weitergehende Distanzierung die Klägerin nunmehr anstrebt und weshalb eine solche rechtlich einzufordern sein sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.