OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.10.2018 - 3d A 229/16.BDG
Fundstelle
openJur 2019, 14770
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 37 K 4538/13.BDG
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die am 16. Dezember geborene Beklagte wurde nach Ablegung des Abiturs im Jahre 1987 mit Wirkung vom 1. März 1988 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Postinspektoranwärterin bei der damaligen Deutschen Bundespost ernannt. Im Zuge der Neustrukturierung der Deutschen Bundespost wurde ihr Dienstverhältnis in das Unternehmen Deutsche Bundespost Postdienst übergeleitet. Nachfolgend absolvierte sie ein Hauptstudium an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Post und Telekommunikation, das sie mit der Durchschnittsnote "befriedigend" abschloss. Nach erfolgreich abgelegter Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst wurde sie mit Wirkung vom 1. März 1991 unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Probe zur Postinspektorin z.A. ernannt und ihr der akademische Grad "Diplom-Verwaltungswirtin (FH)" verliehen. Im Zuge der im Januar 1993 vorgenommenen Trennung zwischen den Bereichen Postdienst und Telekom verblieb sie im Bereich Postdienst der Direktion L. und wurde mit Wirkung vom 1. März 1993 zur Postinspektorin, Besoldungsgruppe A9, ernannt. Am 13. September 1994 wurde sie zur Postoberinspektorin, Besoldungsgruppe A10, ernannt und ihr mit Wirkung vom 16. Dezember 1994 die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Mit Gründung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (BAnst PT) zum 1. Januar 1995 wurde ihr Dienstverhältnis übergeleitet. In der Zeit von März 1991 bis April 2012 war sie bei der Bezirksstelle L. der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK), die sowohl als Krankenkasse fungiert als auch die Funktion der Beihilfestelle für den Dienstherrn wahrnimmt, auf verschiedenen Dienstposten beschäftigt.

Die Beklagte ist seit Juni 2011 in dritter Ehe mit Herrn B. N. verheiratet. Zuvor war sie von Juli 1997 bis November 2001 mit Herrn I. E. T. und von April 2002 bis Juni 2010 mit Herrn L1. S. Q. , von dem sie sich im Juli 2008 trennte, verheiratet. Aus den Ehen sind keine Kinder hervorgegangen.

Abgesehen von dem hier in Rede stehenden Vorwurf ist sie disziplinar- und strafrechtlich nicht vorbelastet.

Im Rahmen einer planmäßigen Revision der Leistungsbearbeitung für die bei der Postbeamtenkrankenkasse beschäftigten Beamten der BAnst PT wurde festgestellt, dass die Beklagte mehrfach auf Leistungsbetrug hinweisende Arztrechnungen eingereicht hatte. Eine daraufhin durchgeführte Sonderprüfung der PBeaKK führte ausweislich des Prüfungsberichts vom 16. April 2012 zu der Erkenntnis, dass die Beklagte eine Vielzahl von Rechnungsbelegen selbst erstellt bzw. gefälscht und sodann zur Beihilfe- und Krankenkassenerstattung eingereicht hatte, um Versicherungs- und Beihilfeleistungen widerrechtlich in Anspruch zu nehmen. Auf Basis der Scheinrechnungen, die als solche bereits von 10 Ärzten bestätigt worden waren, ergab sich, dass der Beklagten mindestens 32.014,74 € an Beihilfe- und Krankenkassenleistungen zu Unrecht erstattet worden waren und ein Schaden in dieser Höhe entstanden war.

Als Konsequenz aus dem Prüfbericht erstattete die PBeaKK am 17. April 2012 Strafanzeige gegen die Beklagte, woraufhin die Staatsanwaltschaft L. ein Ermittlungsverfahren (Az.: 83 Js 215/12) einleitete. Zudem verbot der Präsident der BAnst PT ihr mit Verfügung vom 27. April 2012 die Führung der Dienstgeschäfte und leitete wegen des Verdachts der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Beihilfe- und Kassenleistungen der PBeaKK mit Verfügung vom 30. April 2012 ein Disziplinarverfahren gegen sie ein, das er im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren zunächst aussetzte. Von der Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtete er die Beklagte erst mit Schreiben vom 26. Juni 2012, um zuvor eine Gefährdung von Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft (Durchsuchung der Dienst- und Privaträume) zu vermeiden. Mit Verfügung vom 27. Juli 2012 enthob der Präsident der BAnst PT die Beklagte vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von 50 % ihrer Dienstbezüge an.

Das Amtsgericht L. verurteilte die Beklagte durch Urteil vom 5. November 2012 - 529 Ds 777/12 - wegen gewerbsmäßigen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 109 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Das Urteil wurde noch am gleichen Tage rechtskräftig. Aufgrund der geständigen Einlassung der Beklagten, die sich mit dem Ermittlungsergebnis gedeckt habe, stellte das Amtsgericht folgenden Sachverhalt fest:

"In der Zeit vom 12.09.2007 bis zum 15.03.2012 reichte die Angeklagte in eigener Sache in mindestens 109 Fällen zuvor an ihrem Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle der Postbeamtenkrankenkasse in L. selbst gefertigte Arztrechnungen zur Erstattung bei der Postbeamtenkrankenkasse, Bezirksstelle T1. , ein, denen eine ärztliche Behandlung nicht zugrunde lag. Sie war als Beamtin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation dabei gegenüber dieser beihilfeberechtigt, wobei die Postbeamtenkrankenkasse mit den Erstattungsleistungen der privaten Krankenversicherung auch zugleich die Beihilfe im Auftrag des Dienstherrn festsetzt. Die Angeklagte handelte in der Absicht, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Gewicht und Umfang zu verschaffen. Durch die in diesen 109 Fällen zu Unrecht gewährten Versicherungs- und Beihilfeleistungen ist der Postbeamtenkrankenkasse und der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation ein Gesamtschaden in Höhe von insgesamt 31.989,27 € entstanden."

Wegen der einzelnen Fälle verwies es auf den zugelassenen Anklagesatz in der Anklage der Staatsanwaltschaft L. vom 21. August 2012. Insoweit wird auf die Anklageschrift im Verfahren 83 Js 215/12 Bezug genommen. Nach den dortigen zeitlichen Angaben beging die Beklagte von den insgesamt 109 Einzeltaten 7 Taten (laufende Nr. 1 - 7 der Anklageschrift) mit einer Schadenssumme von ca. 1.600,00 € im Zeitraum ihres Zusammenlebens mit ihrem zweiten Ehemann, Herrn Q. .

Mit Verfügung vom 4. Januar 2013 setzte der Präsident der BAnst PT das Disziplinarverfahren fort, kündigte an, aufgrund der Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts L. von weiteren Ermittlungen absehen und Disziplinarklage erheben zu wollen und gab der Beklagten Gelegenheit zur Äußerung.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29. Januar 2013 machte die Beklagte geltend, die Taten im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen zu haben, und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zur Begründung verwies sie auf ihre Ausführungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, wonach ein stetiges über Jahre hinweg dauerndes Klima der Gewalttätigkeit, der Machtausübung durch Kontrolle sowie der finanziellen Forderung seitens ihres zweiten Ehemannes bei ihr zu einer massiven psychischen Beeinträchtigung geführt habe. Um die finanziellen Forderungen ihres über seine Verhältnisse lebenden Ehemannes zu erfüllen, habe sie heimlich zwei Kredite, über die Zeit hinweg i.H.v. 15.000,00 €, aufgenommen. In Sommer 2007 sei das Verhältnis weiter eskaliert, ihre Kreditmöglichkeiten aber ausgeschöpft gewesen. In großer Panik vor den Gewalttätigkeiten ihres Ehemanns sei sie auf den Gedanken gekommen, eine Arztrechnung zu fälschen, die problemlos erstattet worden sei. Da der Druck fortbestanden habe, habe sie nachfolgend weitere Rechnungen gefälscht und zur Abrechnung eingereicht. Nach der Trennung sei ihr die Rückführung der Darlehen aus ihrem Einkommen nicht möglich gewesen, weshalb sie weitere Rechnungen - wie in Trance - gefälscht habe, zumal ihr die Offenbarung gegenüber ihrem jetzigen Ehemann damals nicht möglich gewesen sei. Die sich aus den strafbaren Handlungen ergebende Belastungssituation und die Tatsache, dass sie im Dezember 2009 auf dem Weg zur Arbeit überfallen und Opfer einer versuchten Vergewaltigung geworden sei, habe im April 2012 zu ihrem vollständigen psychischen Zusammenbruch geführt. Sie leide unter verschiedenen psychischen Erkrankungen, nämlich einer depressiven Episode und einer posttraumatischen Belastungsstörung; außerdem habe sie über die gesamte Zeit ihrer zweiten Ehe eine Bulimieerkrankung entwickelt. Einer nach dem Zusammenbruch von ihr beabsichtigten Selbstanzeige, zu der sie ihrem Prozessbevollmächtigten bereits den Auftrag erteilt gehabt habe, sei ihr Dienstherr durch die Strafanzeige zuvorgekommen.

Den Beweisantrag der Beklagten lehnte der Präsident der BAnst PT mit Schreiben vom 14. März 2013 mit der Begründung ab, das Amtsgericht L. habe keine verminderte Schuldfähigkeit angenommen.

Nach Beteiligung des örtlichen Personalrats hat die Klägerin am 21. Mai 2013 die vorliegende Disziplinarklage erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen, indem sie sich in 109 Fällen durch betrügerisches Verhalten systematisch ungerechtfertigte Beihilfe- und Krankenkassenleistungen zu Lasten ihres Dienstherrn und der PBeaKK verschafft habe. Dadurch habe sie das Vertrauen ihres Dienstherrn endgültig verloren. Auf eine Verminderung ihrer Schuldfähigkeit könne sie sich nicht berufen; auch insoweit entfalte das Strafurteil des Amtsgerichts L. Bindungswirkung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat - wie bereits im Disziplinarverfahren - das ihr zur Last gelegte Verhalten eingeräumt. Die in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft aufgeführten Arztrechnungen, die sie sowohl bei der Beihilfe als auch bei der Krankenkasse zur Erstattung eingereicht habe, habe sie auf ihrem Dienstrechner vollständig selbst gefälscht. Sie hat die Ansicht vertreten, ihr komme wegen einer psychischen Erkrankung der Milderungsgrund einer verminderten Schuldfähigkeit zugute.

Das Verwaltungsgericht hat nach Anhörung der Beklagten und Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. Dr. T2. vom 13. November 2014, welches dieser in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. April 2015 erläutert hat, und Beiziehung weiterer Krankenunterlagen mit dem angegriffenen Urteil die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Am 21. Januar 2016 hat die Beklagte gegen das am 4. Januar 2016 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Sie ist der Ansicht, der Milderungsgrund einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage sei gegeben. Bei diesem Milderungsgrund gehe es darum, dass ein Beamter, der aus dem subjektiven Erleben einer wirtschaftlichen Notlage heraus seine dienstlichen Pflichten vernachlässige oder durch aktives Tun breche, eine geringere Schuld auf sich geladen habe als ein allein zu seinem wirtschaftlichen Vorteil handelnder Beamter. Diese Voraussetzungen seien in ihrer Person gegeben. Durch die Ausbeutung und Erpressung seitens ihres zweiten Ehemanns habe für sie eine wirtschaftliche Notlage bestanden. Aufgrund dieser Notlage habe sie sowohl zur Deckung des eigenen Lebensbedarfes als auch um die geforderten Beträge abgeben zu können, die Taten begangen bzw. sich hoch verschulden müssen. Auch nach Beendigung der Beziehung habe sie diese Schulden nur durch die vorgenommenen Straftaten abdecken können. Sie habe sich in einer extremen wirtschaftlichen Notlage befunden, die ihr nach ihrem subjektiven Empfinden keine andere Möglichkeit gelassen habe, als die Taten zu begehen. Dies gelte umso mehr, als sie auch durch massive Gewaltanwendung dazu veranlasst worden sei.

Auch sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Frage der verminderten Schuldfähigkeit unzutreffend. Das Gutachten des Sachverständigen könne keine Entscheidungsgrundlage bilden, da es fehlerhaft sei. Der Beweisbeschluss gehe von einer fehlerhaften Beweisfrage aus. Die korrekte Fragestellung sei vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht beantwortet worden. Zudem weise das Gutachten sachliche Mängel auf. So sei die Vorgeschichte der Beklagten allein nach Aktenlage durch den Sachverständigen aufgearbeitet worden. Die psychischen Belastungen aus mehreren Jahren erlittener Tyrannei seien von ihm nicht hinreichend berücksichtigt worden. Aufgrund dessen habe das Verwaltungsgericht die Hilfsbeweisanträge unzutreffend abgelehnt.

Auch der Milderungsgrund einer negativen Lebensphase sei zu Unrecht verneint worden. Die negative Lebensphase habe schon wegen ihrer wirtschaftlichen Folgen in Form der hohen Verschuldung über den Zeitpunkt der Trennung hinaus fortgewirkt. Auch ihre psychischen Beeinträchtigungen infolge der Gewalterfahrungen hätten über den Zeitpunkt der Trennung fortgewirkt, da sie bis zur Scheidung weiterhin in Angst vor ihrem damaligen Ehemann gelebt habe.

Dementsprechend habe das Verwaltungsgericht auch im Rahmen der Gesamtschau der Milderungsgesichtspunkte das Fortwirken dieser psychischen Beeinträchtigung verkannt.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T2. . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten, die im Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgeführt sind, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Disziplinarklage ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht wegen eines sehr schwerwiegenden Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt, da sie das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat, § 13 Abs. 2 S. 1 BDG.

A.Die Disziplinarklage ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht davon abgesehen, der Klägerin zur Behebung wesentlicher Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens gemäß § 55 Abs. 3 S. 1 BDG eine Frist zu setzen. Auch der Senat sieht hierzu keine Veranlassung, § 65 Abs. 1 S. 1 BDG.

I.

Ein in der fehlenden Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten möglicherweise zu sehende Verfahrensfehler konnte vom Verwaltungsgericht gemäß § 55 Abs. 2 BDG unberücksichtigt gelassen werden. Die Beklagte hat den Mangel trotz entsprechender Belehrung in der Eingangsverfügung nicht fristgerecht gerügt (§ 55 Abs. 1 BDG), und die Berücksichtigung des Mangels hätte die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögert. Im Rahmen der insoweit gebotenen Ermessensentscheidung des Senats war zudem zu berücksichtigen, dass auch im Berufungsverfahren der Mangel von der Beklagten nicht thematisiert worden ist.

II.

Keinen Verfahrensmangel stellt es dar, dass der Präsident der BAnst PT die Einleitung des Disziplinarverfahrens am 30. April 2012 der Beklagten erst rund zwei Monate später mitgeteilt hat. Dies war gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 BDG zulässig, da ansonsten wegen der zu erwartenden Durchsuchungen seitens der Staatsanwaltschaft die Aufklärung des Sachverhalts gefährdet gewesen wäre. Insoweit genügt es, wenn nach Bewertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnisse eine Unterrichtung des Beamten die Erforschung der Wahrheit beeinträchtigen könnte,

vgl. Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017, § 30 Rn. 2

was hier der Fall war.

B.

Die Disziplinarklage ist begründet, da die Beklagte wegen eines schweren Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist. Die Beklagte hat durch einen gewerbsmäßigen Betrug zu Lasten ihres Dienstherrn (BAnst PT) und der PBeaKK und Urkundenfälschung in jeweils 109 Fällen ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 77 Abs. 1 BBG).

I.

In tatsächlicher Hinsicht geht der Senat von den im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts L. vom 5. November 2012 (Az.: 529 Ds - 83 Js 215/12 - (777/12)) aus, die für den Senat nach §§ 65 Abs. 1 S. 1, 57 Abs. 1 S. 1 BDG bindend sind.

1.Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den Strafausspruch tragen. Das sind neben den Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, zur Rechtswidrigkeit der Tat und zum Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) die Feststellungen zur Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestands wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht.

Vgl. BayVGH, Urteil vom 11.05.2016 - 16a D 13.1540 -, juris Rn. 51 m.w.N.

Auch die Feststellung, dass der Täter nicht schuldunfähig war, wird durch einen Schuldspruch bindend festgestellt, da dieser nur bei Schuldfähigkeit möglich ist.

2.

Diese Bindungswirkung entfällt nicht deshalb, weil das gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Strafurteil vorliegend keine substantiierten Ausführungen zur Schuldfrage enthält.

a)Nach ständiger Rechtsprechung nehmen an der gesetzlich vorgeschriebenen Bindungswirkung auch Strafurteile teil, die in abgekürzter Fassung abgesetzt worden sind.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 24.02.1999 - 1 D 31.98 -, juris Rn. 12 zu § 18 Abs. 1 S. 1 BDO, und vom 27.03.2012 - 2 WD 16.11 -, juris Rn. 20 zu § 84 WDO.

Denn auch bei einem abgekürzten Urteil sind als Mindestinhalt die erwiesenen Tatsachen anzugeben, die den gesetzlichen Tatbestand erfüllen.

Vgl. BGH, Urteil vom 15.04.2013 - 3 StR 3513 -, juris Rn. 7 = NStZ 2014, 53.

b)

Vorliegend enthält das Strafurteil zwar keine Ausführungen zur Schuldfähigkeit bzw. Schuldunfähigkeit der Beklagten. Mit der Feststellung, die Beklagte habe sich "des gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 109 Fällen... strafbar gemacht", hat das Amtsgericht aber im Rahmen des abgekürzten Urteils inzident die Frage der Schuldfähigkeit der Beklagten abschließend bejaht.

3.

Ein Anlass, sich von den Feststellungen des Strafurteils zu lösen, besteht nicht, da die Feststellungen in dem Urteil nicht offenkundig unrichtig sind.

a)Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG hat das Disziplinargericht die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die "offenkundig unrichtig" sind. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen der Fall. Eine Lösung kann nur erfolgen, wenn das Disziplinargericht ansonsten gezwungen wäre, quasi "sehenden Auges" auf der Grundlage eines aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts oder offenkundig bzw. inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden. Dabei müssen die tatsächlichen Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 2 BDG ergeben kann.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26.08.2010 - 2 B 43.10 -, juris Rn. 4 ff., vom 28.12.2011 - 2 B 74.11 -, juris Rn. 13, vom 25.02.2016 - 2 B 1.15 -, juris Rn. 7; und vom 13.11.2017 - 2 B 21.17 -, juris Rn. 8 f.

Diese Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss liegen nicht vor, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig sind (§ 57 Abs. 1 Satz 2 BDG). Im Gegenteil hat die Beklagte sowohl im disziplinarischen als auch im gerichtlichen Verfahren den ihr gemachten Tatvorwurf eingeräumt und sich insbesondere zu keinem Zeitpunkt darauf berufen, etwa schuldunfähig gewesen zu sein.

b)

Auch Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme zur Frage einer möglicherweise verminderten Schuldfähigkeit der Beklagten nach § 21 StGB ist eine Lösung von den strafgerichtlichen Feststellungen nicht geboten.

Nach dem Ergebnis des vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens spricht nichts für eine Schuldunfähigkeit der Beklagten. Der Sachverständige hat im Rahmen der erstinstanzlichen mündlichen Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt, dass im Tatzeitraum bei der Beklagten keine psychische Erkrankung vorgelegen hat bzw. nicht in einem Ausmaß vorgelegen hat, dass die Eingangsmerkmale des § 20 StGB erfüllt waren. Diese Einschätzung hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich und unter Berücksichtigung der ihm erst im Berufungsverfahren zugänglich gemachten Unterlagen der Frau Dr. T3. und des Dr. A. vom 18. September 2015 bestätigt.

II.

Auf der Grundlage dieses Sachverhalts hat die Beklagte ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen.

1.Durch das festgestellte Verhalten hat sich die Beklagte wegen gewerbsmäßigen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung strafbar gemacht, §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 267 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB, wobei sie jeweils auch ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall erfüllt hat. Durch Vorspiegelung falscher Tatsachen mittels gefälschter Rechnungen gegenüber der PostBeaKK hat sie Zahlungen erhalten, auf die sie keinen Anspruch hatte. Mit den Betrugshandlungen und den Urkundenfälschungen verletzte sie die Pflicht zu uneigennütziger Amtsführung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, §§ 61 Abs. 1 S. 2, 3, 54 S. 2, 3 BBG a.F., und hat dadurch ein Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 S. 1 BBG begangen.

2.Das Verhalten der Beklagten stellt sich insgesamt als einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar. Für die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichem Verhalten kommt es maßgeblich auf die materielle Dienstbezogenheit an, also darauf, ob durch das Verhalten innerdienstliche Pflichten verletzt sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.07.2016 - 2 B 24.16 -, juris Rn. 14, und Urteile vom 19.08.2010 - 2 C 5.10 -, juris Rn. 9, und vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, juris Rn. 10.

Diese Voraussetzungen sind unzweifelhaft insoweit gegeben, als die PostBeaKK die Funktion der Beihilfestelle für den Dienstherrn wahrnimmt, da die Beklagte mit den Betrugshandlungen und Urkundenfälschungen - soweit sie die Beihilfe betrafen - ihren Dienstherrn selbst geschädigt hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2000 - 1 D 56.99 -, juris, Rn. 23.

Eine innerdienstliche Dienstpflichtverletzung ist aber auch hinsichtlich des Leistungsanteils gegeben, der nicht Beihilfeleistungen umfasst. Denn das Verhältnis der Beklagten zur PostBeaKK, der sie im Zeitpunkt ihrer ersten Anstellung beizutreten verpflichtet war, ist nicht mit dem zu einem außerhalb des Dienstverhältnisses stehenden privaten Krankenversicherungsunternehmen zu vergleichen. Die formelle Einbindung in das Amt der Beklagten ergibt sich insoweit daraus, dass die PostBeaKK eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost ist, deren Rechtsverhältnis zu ihren Mitgliedern öffentlichrechtlich durch Gesetz und ergänzend durch die Satzung der PostBeaKK ausgestaltet ist. Sie ist in ihrem Bestand seit dem 1. Januar 1995 geschlossen, nimmt also keine Mitglieder mehr auf, mit Ausnahme von Angehörigen bereits versicherter Mitglieder (vgl. § 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost - Bundesanstalt-Post-Gesetz - in der Fassung vom 30. November 2000 sowie § 26 Abs. 2 Bundesanstalt-Post-Gesetz in der Fassung vom 14. September 2005).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2009 - 2 C 79.08 -, juris Rn. 10.

Im Übrigen ist die Postbeamtenkrankenkasse auch sozialversicherungsrechtlich nicht als private Krankenversicherung zu qualifizieren.

Vgl. SG Marburg, Urteil vom 09.07.2014 - S 6 KR 19/14 -, juris Rn. 22; SG Kassel, Urteil vom 09.01.2008 - S 12 KR 391/07 -, juris Rn. 20, jeweils m.w.N.

III.

Das von der Beklagten begangene Dienstvergehen führt im Rahmen einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände zu ihrer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Die angemessene Disziplinarmaßnahme richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten sowie der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (vgl. § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG). Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 13.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Ein solcher Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt, die bei seinem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen ist, weshalb er als Beamter nicht mehr tragbar ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.06.2008 - 1 D2.07 -, juris Rn. 58 f., m.w.N.

Das ist hier der Fall.

1.

Die Schwere des Dienstvergehens ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Daher muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden, wobei maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen ist. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C6.14 -, juris Rn. 16.

a)Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine von einem Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist grundsätzlich in einer ersten Stufe auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen. Denn der Gesetzgeber hat mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Diese Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen, die zugleich einen Straftatbestand erfüllen, geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von Dienstvergehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C6.14 -, juris Rn.19.

Die Strafrahmen für den Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB bzw. die Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB sehen jeweils Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. In besonders schweren Fällen - wie hier - sehen § 263 Abs. 3 S. 1 StGB bzw. § 267 Abs. 3 S. 1 StGB jeweils Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Aufgrund dieser Strafrahmen ist auf der ersten Prüfungsstufe die Ahndung des Dienstvergehens bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme eröffnet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, juris Rn. 22.

b)

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen - wie hier - kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung zu, weil der Beamte nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.07.2016 - 2 B 24.16 -, juris Rn. 15, m.w.N.

c)

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt allerdings nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Dies ist insbesondere bei Delikten zu beachten, die gegen fremdes Vermögen gerichtet sind, da sie angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind. Aufgrund dessen ist in diesen Fällen eine umfassende Würdigung der Einzelfallumstände geboten. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein. Hier ist die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens indiziert.

aa)In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Verwaltung bei ihren Entscheidungen im personellen und fürsorgerischen Bereich auf die absolute Ehrlichkeit ihrer Bediensteten sowie darauf angewiesen ist, dass diese bei der Wahrnehmung ihrer Rechte, insbesondere bei der Geltendmachung von Ansprüchen, der Wahrheits- und Offenbarungspflicht ohne jede Einschränkung genügen. Deshalb lässt sich die Verwaltung auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Antragsangaben ausdrücklich versichern.

Ein Beamter, der seinen Dienstherrn unter Verletzung der Wahrheitspflicht um des eigenen materiellen Vorteils willen in betrügerischer Weise schädigt, belastet deshalb das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Vertrauensverhältnis schwer und nachhaltig.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.2001 - 1 D 32.00 -, juris Rn. 28 m.w.N.

bb)In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte deshalb in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen in den Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5.000,00 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann. Die Höhe des Gesamtschadens ist danach ein Erschwerungsgrund neben anderen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.05.2015 - 2 B 19.14 -, juris Rn. 11, m.w.N.

d)

Unter Zugrundelegung dessen ist hier die Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der disziplinaren Maßnahmebemessung. Bereits die Schadenshöhe, die bei etwa 32.000,00 € liegt, übersteigt die vom Bundesverwaltungsgericht angenommene Grenze von 5.000,00 € deutlich. Erschwerend ist ferner in den Blick zu nehmen, dass der Beklagten über 100 Einzeltaten zur Last fallen und dass diese sich über einen Zeitraum von rund 4 ½ Jahren erstreckt haben. Zudem sind die Betrugstaten jeweils mit Urkundenfälschungen einhergegangen. Dabei hat die Beklagte das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit verwirklicht, d.h. jeweils Taten in einem besonders schwerer Fall nach § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB, § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht. Auch die ausgeurteilte Freiheitsstrafe von 11 Monaten zeigt das erhebliche Gewicht der Verfehlung der Beklagten.

2.

Ist demzufolge die Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild der Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 17 m.w.N.

Das gem. § 13 Abs. 1 S. 3 BDG in den Blick zu nehmende Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 35.13 -, juris Rn. 6.

Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme zu rechtfertigen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 18 m.w.N.

Derartige erhebliche Milderungsgründe, die den Schluss rechtfertigen, die Beklagte habe das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren, sind nicht gegeben.

a)

Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte Milderungsgründe, die zum Absehen von der Höchstmaßnahme führen, liegen nicht vor.

aa)

Auf den Milderungsgrund des persönlichkeitsfremden Handelns in einer besonderen Versuchungssituation kann sich die Beklagte nicht berufen. Eine Milderung kommt unter diesem Gesichtspunkt nur in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt hat. Die die Versuchung auslösende Situation muss geeignet sein, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontaneität und Unüberlegtheit herbeizuführen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 35.13 -, juris Rn. 6.

Eine solche unvermittelt entstandene besondere Versuchungssituation bestand bereits nach Darstellung der Beklagten nicht. Vielmehr beging sie das Dienstvergehen im Rahmen ihrer jahrelang ausgeübten und gewohnten Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Leistungswesen.

bb)

Der von der Beklagten geltend gemachte anerkannte Milderungsgrund eines Handelns in einer unverschuldet entstandenen, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage ist nicht gegeben.

Voraussetzung für diesen Milderungsgrund ist, dass es sich um ein zeitlich begrenztes Fehlverhalten des Beamten handelt und dieser die entsprechenden Gelder oder Güter zur Milderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat. Das heißt, dass er ohne die pflichtwidrige Verwertung der Gelder oder Güter von den für den Lebensbedarf notwendigen Leistungen abgeschnitten wäre.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2015 - 2 B 15.14 -, juris Rn. 7 m.w.N.

Diese Voraussetzungen liegen nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass ihr zu irgend einem Zeitpunkt im Tatzeitraum eine Gefährdung der Erfüllung ihrer existenziellen Bedürfnisse drohte, der sie mit den Taten entgegenwirken wollte. Der Wunsch zur Schuldentilgung ist insofern ohne Belang. Auch ein solcher Zweck ist hier im Übrigen nicht ansatzweise erkennbar.

Hinsichtlich der finanziellen Situation der Beklagten ist aus den vorgelegten Unterlagen bekannt, dass sie unter dem 24. Mai 2007 bei der J. E1. einen Ratenkredit über einen Betrag i.H.v. 31.347,25 € aufgenommen hat und der Auszahlungsbetrag i.H.v. 24.138,01 € auf zwei verschiedene Konten überwiesen worden ist. Dabei sind 3.500,00 € auf das Gehaltskonto der Beklagten mit der Nr. 7906779 und der Restbetrag i.H.v. 20.638,01 € auf ein Konto bei der J. E1. überwiesen worden. Die monatliche Rate belief sich für diesen Kredit auf 373,19 €. Die Schlussrate war am 30. Mai 2014 fällig.

Darüber hinaus ist ein (wohl Dispo-) Kredit bei der T4. Bank mit einem Betrag von 4.963,51 € (Stand 31. März 2009) belegt, der durch zwei Restschuldversicherungen (RSV-Prämie) abgesichert war und ein Limit von 5.000,00 € aufwies.

Ferner liegt ein Darlehensantrag der Beklagten an die "von F. GmbH & Co. KG C. " (nachfolgend: von F. Bank) vom 16. Dezember 2009- einem Zeitpunkt mehr als ein Jahr nach der Trennung vom zweiten Ehemann - vor, der von der Bank auch angenommen worden ist. Nach diesem Vertrag hat die Beklagte einen Nettodarlehensbetrag i.H.v. 28.000,00 € aufgenommen und muss hierfür unter Berücksichtigung von Rechtsschutzversicherung, Maklercourtage, Bearbeitungsgebühr und einem Nominalzinssatz i.H.v. 13,49 % einen Gesamtbetrag i.H.v. 60.222,75 € zahlen. Der Gesamtbetrag ist in 120 Raten zu je 501,86 € zurück zu zahlen.

Aus der Übersicht über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten, die sie im Rahmen der Beantragung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren vorgelegt hat, ergibt sich, dass die Beklagte allein 501,00 € monatlich auf die bestehende Schuldverpflichtung bei der von F. Bank zahlt. Weitere Schuldverpflichtungen werden von ihr nicht aufgeführt.

Entgegen der Darstellung der Beklagten in der Berufungsbegründung kann unter diesen Umständen nicht von einer wirtschaftlichen Zwangssituation, die durch Ausbeutung und Erpressung seitens des zweiten Ehemanns hervorgerufen worden ist, die Rede sein. Denn im Zeitpunkt der Trennung ist allein die Ratenzahlungsverpflichtung gegenüber der J. E1. i.H.v. 363,19 € belegt, die, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, von der Beklagten aufgrund ihres Einkommens tragbar war. Selbst wenn man unterstellt, dass zudem noch ein Saldo bei der T4. Bank bestand (Limit 5.000,00 €), sind weder die Ratenhöhe noch der Saldo der Forderungen - ausgehend von einer regelmäßigen Zins- und Tilgungsleistung - so hoch, dass man von einer wirtschaftlichen Notlage oder Überschuldung im Hinblick auf die Höhe der Einkünfte der Beklagten sprechen kann. Bestand folglich schon im Zeitpunkt der Trennung keine Notlage, kann diese nicht nach Beendigung der Beziehung fortgedauert haben, wie die Beklagte behauptet. Dies gilt umso mehr, als nach der Trennung Zahlungen an den zweiten Ehemann, die sie nach ihrer Darstellung auf dessen Druck geleistet haben will - die Rede ist von 1.500,00 € monatlich - nicht mehr erfolgten, ihr also ihr gesamtes Einkommen uneingeschränkt zur Verfügung stand.

Die Beklagte hat ferner nicht dargelegt, dass und inwiefern im Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages mit der von F. Bank für sie eine extreme wirtschaftliche Notlage bestand. Unabhängig davon führte selbst die durch Abschluss des sehr ungünstigen Darlehensvertrags herbeigeführte monatliche Belastung von rund 500,00 € bei dem Einkommen der Beklagten nicht zu einer wirtschaftlichen Zwangslage.

Eine Notlage im Sinne des Milderungsgrundes - kein Strom, Essen, etc. - ist ohnehin nicht gegeben.

cc)

Zugunsten der Beklagten greift auch der Milderungsgrund der verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB nicht ein. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte während des Tatzeitraums nicht vermindert schuldfähig war.

(1)

Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei der Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Hat der Beamte zum Tatzeitpunkt an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten (oder hat ein anderes der dort genannten Merkmale vorgelegen) oder kann eine solche Störung nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden und ist die Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten erheblich, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit kann die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.2012 - 2 B 78.11 -, juris Rn. 5 m.w.N.

Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Beamten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer psychischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert war, sind die Verwaltungsgerichte folglich gehalten, die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufzuklären.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.01.2015 - 2 B 15.14 -, juris Rn. 18.

Insoweit ist zu klären, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer Krankheit gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Hierzu bedarf es in der Regel besonderer medizinischer Sachkunde. Erst wenn die Erkrankung und ihr Umfang feststehen oder nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzung für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegen. Denn von den Auswirkungen der krankhaften psychischen Störung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in Bezug auf das Verhalten des Beamten hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ab. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften psychischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.2012 - 2 B 78.11 -, juris, Rn. 6 m.w.N.

(2)

Ob ein Fall erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist, wie die Beklagte meint, ist nicht bereits durch das abgekürzte Strafurteil bindend festgestellt.

Denn selbst wenn die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung im Strafurteil verneint worden wäre, bliebe es Sache des erkennenden Disziplinargerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht.

Vgl. VGH München, Urteil vom 11.05.2016 - 16a D 13.1540 -, juris Rn. 80.

Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindungswirkung eines Strafurteils nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nämlich nicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, juris Rn. 29.

(3)

Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Voraussetzungen des § 21 StGB in ihrer Person bei Begehung der Taten im Zeitraum von September 2007 bis März 2012 nicht vorgelegen. Es fehlte bereits am Vorliegen eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den fachlich fundierten und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T2. , nach denen bereits die Eingangsvoraussetzungen in der Person der Beklagten nicht vorgelegen haben. Hierzu im Einzelnen:

(a)

Der Sachverständige hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 13. November 2014 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. April 2015 das Ergebnis der Begutachtung dahingehend zusammengefasst, es könne ohne vernünftige Zweifel ausgeschlossen werden, dass bei der Beklagten im Tatzeitraum eine für eine Verminderung der Schuldfähigkeit relevante psychische Erkrankung bestanden hat.

(aa)Der Sachverständige führt in seinem schriftlichen psychiatrischen Gutachten aus, dass im Tatzeitraum September 2007 bis März 2012 keine psychische Erkrankung entsprechend der internationalen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (ICD 10) vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus der Aktenlage. Die eigenen Angaben der Beklagten hierzu divergierten ganz erheblich, seien aber unter einer sehr deutlich gewordenen Aggravationsneigung zu betrachten. Die von der Beklagten gemachten Angaben zum ursächlichen Zusammenhang für ihr Deliktverhalten, wonach sie dies auf Druck ihres seinerzeitigen Ehemannes gemacht habe, seien unabhängig von jeder psychiatrischen Erkrankung.

(bb)

Allerdings hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erläutert, dass bei der Beklagten im Tatzeitraum - zeitweise - psychische Beschwerden in Form von Depressionen, einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer Bulimie vorgelegen haben.

Dass die vorgenannten psychischen Beschwerden bei der Beklagten zeitweise bestanden haben, wird durch die vorliegenden amtsärztlichen Gutachten, die auch vom Sachverständigen ausgewertet worden sind, bestätigt. So ist in der amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit vom 4. Juli 2007 seitens des Kreismedizinaldirektors Dr. S1. eine reaktive Depression erwähnt, allerdings ohne nähere Begründung. Wie Dr. S1. zu diesem Befund gekommen ist, lässt sich heute nicht mehr klären, worauf der Amtsarzt Dr. A. in seiner Stellungnahme vom 18. September 2015 hingewiesen hat. Die Allgemeinmedizinerin L2. hat für die Zeit ab August 2010 neben einer Bulimia nervosa bei der Beklagten auch rezidivierende depressive Episoden diagnostiziert. Eine reaktive Depression hat auch der Arzt Dr. I1. für den Behandlungszeitraum von Februar 2011 bis Februar 2012 diagnostiziert, ebenso wie der Dipl.-Psych. Dr. O. , allerdings erst für April 2012. Die von diesem darüber hinaus gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung findet ungeachtet ihrer Validität eine Bestätigung in der amtsärztlichen Stellungnahme des Dr. A. vom 25. Januar 2010 ("körperliches und psychisches Trauma") und auch in mehreren Ergebnissen der vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T2. veranlassten testpsychologischen Zusatzuntersuchungen.

Der Senat geht auch mit der Beklagten davon aus, dass die psychischen Beeinträchtigungen ihre Grundlage in der Ehe mit ihrem gewalttätigen zweiten Ehemann haben, die sie selbst als subjektiv schlimmstes Erlebnis angegeben hat, welches sie nach wie vor belastete.

(cc)Im Hinblick auf diese psychischen Störungen, insbesondere die Depression und die posttraumatische Störung, hat der Sachverständige allerdings schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nachvollziehbar und in sich schlüssig dargelegt, dass es sich dabei nicht um seelische Störungen oder Abartigkeiten von solchem Gewicht handelte, die zu einer Verminderung der Schuldfähigkeit führen können. Keine dieser psychischen Erkrankungen habe nämlich eine der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB erfüllt, da dazu auch eine gewisse Schwere der Erkrankung gehöre, die etwa einem psychotischen Erleben vergleichbar sein müsse. Daran fehle es nach den Feststellungen des Sachverständigen, die indiziell dadurch bestätigt würden, dass die Beklagte im Tatzeitraum keine Veranlassung sah, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Zudem hat der Gutachter ausgeführt, eine Depression schütze in der Regel vor delinquentem Verhalten, und auch eine posttraumatische Belastungsstörung habe nichts mit delinquentem Verhalten zu tun.

(b)Diese Einschätzungen hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich und unter Berücksichtigung der ihm im Berufungsverfahren zugänglich gemachten Unterlagen der Frau Dr. T3. und des Dr. A. vom 18. September 2015 bestätigt. Aus diesen Unterlagen ergeben sich nach seinen Feststellungen keine neuen Informationen hinsichtlich der möglichen langjährigen Misshandlung der Beklagten durch ihren damaligen Ehemann. Das von der Beklagten beschriebene, langjährige Klima von Gewalttätigkeit, Machtausübung durch Kontrolle sowie der finanziellen Forderung seitens des zweiten Ehemanns habe bei der Beklagten zwar zu einer psychischen Beeinträchtigung geführt. Diese erfülle aber kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB. Anhaltspunkte für eine berücksichtigungsfähige psychiatrische Diagnose nach ICD 10 sind aus fachlicher Sicht des Sachverständigen auch weiterhin nicht gegeben. Deshalb hat er auch in der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 2018 nochmals für den Tatzeitraum das Vorliegen eines Eingangsmerkmals bei der Beklagten ausdrücklich und für den Senat nachvollziehbar ausgeschlossen.

Zur weiteren Begründung hat er ausgeführt, ausgehend von den erwähnten Krankheiten sei festzuhalten, dass ein rezidivierend (wiederkehrend) depressives Syndrom grundsätzlich nicht auf ein aktives Verhalten des Betreffenden führe. Vielmehr verhalte sich der Betroffene eher gehemmt. Jedenfalls komme es im Regelfall nicht zu einem proaktiven Verhalten. Es gebe zwar Ausnahmen punktueller Aktivitäten, wie einen erweiterten Suizid, die hier aber nicht in Rede stünden. Bezogen auf ein Rezidiv gebe es zudem immer einen Anfang und ein Ende einer derartigen Phase. Diese lägen bis zu einige Monaten auseinander. Dies lasse sich mit dem hier in Rede stehenden Tatzeitraum von 2007 bis 2012 nicht vereinbaren, weshalb dieses Syndrom nicht ein Eingangsmerkmal im Sinne von § 20 f. StGB erfülle.

Nach Art und Ausmaß führe auch die beschriebene Essstörung nicht auf eine "andere seelische Abartigkeit". Auch insoweit sei keines der Eingangsmerkmale erfüllt.

Eine posttraumatische Belastungsstörung führe ebenfalls nicht zu delinquentem Verhalten und erfülle deshalb nicht die Voraussetzungen eines Eingangsmerkmals. Zudem sei die von Dr. O. entsprechend gestellte Diagnose nicht nachvollziehbar, da hierfür regelmäßig ein ganz erhebliches Ausmaß des traumatischen Erlebnisses/Ereignisses erforderlich sei.

Eine andere Einschätzung ergibt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen auch nicht im Hinblick auf die Erklärungen der Beklagten zur Behandlung im Trauma-Zentrum in F1. , die bereits im schriftlichen Gutachten thematisiert worden ist. Denn diese Behandlung erfolgte nach Angabe der Beklagten vornehmlich im Hinblick auf die Bulimie-Erkrankung, die gerade kein Eingangsmerkmal erfüllt.

Bei dieser Einschätzung verblieb der Sachverständige auch für den Fall, dass man die von der Beklagten gemachten Angaben als wahr unterstelle. Auch dann führe dies nicht auf eine psychiatrische Diagnose mit der Eignung, eines der sogenannten Eingangsmerkmale zu erfüllen.

Unabhängig davon hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich ausgeschlossen, dass Einsichts- und/oder Steuerunfähigkeit der Beklagten im Tatzeitraum aufgrund der vorerwähnten psychischen Beeinträchtigungen nachteilig beeinflusst gewesen sind.

(c)

Diese fachlich fundierten und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T2. , denen sich der Senat anschließt, werden durch die Beklagte erfolglos angegriffen.

(aa)Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Verwaltungsgericht im Beweisbeschluss vom 17. April 2014 die Beweisfrage fehlerhaft formuliert hat, da eine Maßnahmemilderung nicht erst dann geboten ist, wenn eine Verminderung der Schuldfähigkeit positiv festgestellt wird, sondern bereits dann, wenn der Sachverständige ihr Vorliegen in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo"

- vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, juris Rn. 30 -

ausschließen kann. Deshalb hätte die Beweisfrage hierauf gerichtet sein müssen. Allerdings ist schon das Verwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Anhörung des Sachverständigen eben dieser entscheidungserheblichen Fragestellung nachgegangen und hat im Lichte dessen die Erklärung des Sachverständigen bewertet. Das ergibt sich sowohl aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung als auch aus den Entscheidungsgründen. Unabhängig davon hat der Sachverständige jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich und überzeugend erklärt, das Vorliegen eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB sei mit Sicherheit auszuschließen.

Für die Anwendung des Zweifelsgrundsatzes ist bei dieser Sachlage kein Raum.

(bb)Das Gutachten weist keine sachlichen Mängel auf, die dessen Verwertbarkeit entgegenstehen.

Entgegen der Behauptung der Beklagten hat der Sachverständige ihre Vorgeschichte nicht allein nach Aktenlage aufgearbeitet. Er hat sein übliches Vorgehen bei entsprechenden Gutachten unter - hier erfolgter - Hinzuziehung von Hilfskräfte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingehend erläutert. Danach werden die Hilfskräfte hinsichtlich des Vorgehens vorab von ihm entsprechend dem Ergebnis des Aktenstudiums instruiert. Während der Begutachtung habe er regelmäßig Kontakt zu den betreffenden Hilfspersonen, es finde eine Abschlussbesprechung mit ihnen im Beisein des zu Untersuchenden sowie danach noch mindestens eine weitere Abschlussbesprechung ohne Probandin statt. Anschließend erstelle er eigenverantwortlich das Gutachten. Aufgrund dieser Vorgehensweise steht für den Senat fest, dass auch im Streitfall die von der Beklagten im Zuge der durchgeführten Exploration gemachten Angaben zur Vorgeschichte in das Gutachten eingeflossen sind.

Unabhängig davon ist der Einwand aber auch deshalb unerheblich, weil die Beklagte weder in der Berufungsbegründung noch im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung durch den Senat Umstände aus ihrer Vorgeschichte benannt hat, die dem Sachverständigen nicht bereits bekannt gewesen wären und in die Begutachtung hätten einfließen müssen.

Unzutreffend ist die Erwägung der Beklagten, ihre psychischen Belastungen aus der mehrere Jahre erlittenen Tyrannei seien nicht hinreichend durch den Sachverständigen berücksichtigt worden. Abgesehen davon, dass die Beklagte Details der von ihr behaupteten psychischen Belastungen, denen sie in der damaligen Ehe ausgesetzt war, nicht konkret dargelegt hat, sondern es bei pauschalen Angaben hat bewenden lassen, ist dieser Gesichtspunkt sowohl im Gutachten als auch - ausführlich - bei der Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert und sachverständig beurteilt worden. Ein Eingangsmerkmal i.S.d. § 20 StGB ergebe sich, so der Sachverständige, hieraus auch dann eindeutig nicht, wenn er die Schilderungen der Beklagten zugrunde lege. Zudem hat der Sachverständige bei der Beklagten eine deutliche Neigung zur Aggravation, also eine übertriebene Darstellung ihrer Erlebnisse sowie der Schwere ihrer Beeinträchtigung, festgestellt. An dieser Einschätzung hat der Sachverständige auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgehalten und sich dabei sowohl auf seinen persönlichen Eindruck nach Aktenlage und Exploration als auch auf die entsprechend durchgeführten testpsychologischen Untersuchungsergebnisse bezogen. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung insbesondere im Hinblick auf die wiedergegebenen testpsychologischen Ergebnisse an. Dies mindert die Aussagekraft der Darstellung der Beklagten nachhaltig.

Soweit der Einwand der Beklagten, das Gutachten sei mangelhaft, sich auch auf dessen ordnungsgemäße Erstellung erstrecken sollte, wäre dem nicht zu folgen. Ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendige Tätigkeiten persönlich vorzunehmen. Er darf bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen muss allerdings die volle persönliche Verantwortung des gerichtlich ernannten Sachverständigen wahren.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 09.03.1984 - 8 C 97.83 -, juris Rn. 23 ff.

Diese Voraussetzungen erfüllt das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T2. . Dieser hat die volle Verantwortung für das erstattete Gutachten übernommen, indem er seiner Unterschrift die Worte "Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung" vorangesetzt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung die fachliche Eignung der eingesetzten Hilfskräfte, insbesondere von Frau Dr. E2. , bestätigt hat. Entsprechendes gilt hinsichtlich der testpsychologischen Zusatzuntersuchung, die der gängigen Praxis entspricht.

Vgl. auch VGH München, Urteil vom 11.05.2016 - 16a D 13.1540 -, juris Rn. 86.

Die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal ausdrücklich bekräftigt.

(d)

Soweit das Verwaltungsgericht auf den mündlichen Hinweis des Sachverständigen hinsichtlich des in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 25. Januar 2010 erwähnten körperlichen und psychischen Traumas weitere Ermittlungen bei dem Amtsarzt Dr. A. und der Hausärztin Dr. T3. zu den konkret erhobenen Befunden vorgenommen, diese aber dem Sachverständigen nicht erneut vorgelegt hat, hat der Senat dies im Rahmen des Berufungsverfahrens nachgeholt.

Die von Frau Dr. T3. übersandten Krankenunterlagen sowie die Stellungnahme des Amtsarztes Dr. A. vom 18. September 2015 gaben dem Sachverständigen keine Veranlassung für eine von dem schriftlichen Gutachten abweichende Bewertung. Dies hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt.

Hinsichtlich der möglichen langjährigen Misshandlung durch den damaligen Ehemann seien den Unterlagen keine neuen Informationen zu entnehmen. Sowohl der Überfall als auch die angegebene versuchte Vergewaltigung seien im schriftlichen Gutachten, z.B. auf Seite 13, aufgeführt und bewertet. Anhaltspunkte für eine berücksichtigungsfähige psychiatrische Diagnose entsprechend ICD 10 ließen sich den Unterlagen nicht entnehmen.

Diese sachverständige Einschätzung wird aus Sicht des Senats durch die Krankenunterlagen der Frau Dr. T3. bestätigt. Hieraus ergibt sich im Hinblick auf den Überfall mit der versuchten Vergewaltigung vom 15. Dezember 2009 zwar das Auftreten einer akuten Belastungsreaktion bei der Beklagten, aufgrund derer nach der erfolgten psychischen Traumatisierung eventuell mit einer anhaltenden Angsterkrankung mit Panikattacken zu rechnen sei. Hierzu ist es aber augenscheinlich nicht gekommen, da ebenfalls mitgeteilt wird, dass eine psychologische oder psychotherapeutische Behandlung der Beklagten insoweit nicht stattgefunden habe.

Die Angaben der Beklagten zu ihrer Behandlung in der Trauma-Ambulanz des Krankenhauses F1. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gaben dem Sachverständigen ebenfalls keine Veranlassung zu einer vom Gutachten abweichenden Bewertung. Die damaligen verschiedenen Behandlungen und Beratungen seien von ihm bereits im Gutachten thematisiert worden.

dd)

Der Milderungsgrund einer "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" kann der Beklagten ebenfalls nicht zu Gute gehalten werden. Eine so genannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums kann je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. Die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase liegt dabei vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt. Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass die Frage, welche Disziplinarmaßnahme zu verhängen ist, insbesondere ob ein Beamter trotz eines gravierenden Dienstvergehens noch tragbar ist, nach dem Zweck der disziplinarrechtlichen Sanktionierung stets in Ansehung der gesamten Persönlichkeit zu beantworten ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.02.2013 - 2 C3.12 -, juris Rn. 40 f. m.w.N., Beschluss vom 09.10.2014 - 2 B 60.14 -, juris Rn. 32.

Ebenso wie das Verwaltungsgericht sieht der Senat die Voraussetzungen für eine Maßnahmemilderung unter diesem Gesichtspunkt nicht als gegeben an. Eine negative Lebensphase der Beklagten könnte allenfalls für den Zeitraum des Zusammenlebens mit dem zweiten Ehemann angenommen werden, die aber- selbst bei Annahme gewisser "Nachwirkungen" - mit der Trennung im Juli 2008 grundsätzlich beendet war. Auch insofern fehlt es allerdings an konkreten Angaben, inwiefern die Beklagte "aus der Bahn geworfen" gewesen sein könnte. Auffälligkeiten im dienstlichen Verhalten sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Auch Auswirkungen auf ihr außerdienstliches Leben, die die Feststellung eines "aus der Bahn" geworfen Seins rechtfertigen, hat die Beklagte nicht benannt. Im Übrigen hatte die Beklagte bei Trennung von Herrn Q. gerade einmal sieben der 109 Straftaten begangen. Das rechtfertigt eine Milderung der Maßnahme für das einheitliche Dienstvergehen nicht.

Soweit sie nach der Trennung noch von ihrem zweiten Ehemann belästigt worden ist, war dies nach ihrem eigenen Vorbringen für ihre Taten nicht entscheidend. Denn nach der Trennung hat sie gerade kein Geld mehr an den zweiten Ehemann gezahlt, hatte sich also auch insoweit von ihm gelöst und die Taten- nach ihrer Darstellung - allein zur Erfüllung eigener Verpflichtungen begangen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte seit der Trennung mit ihrem jetzigen Ehemann zusammenlebt, die von ihr so bezeichnete, durch ihren zweiten Ehemann geprägte "negative Lebensphase" folglich nicht mehr bestanden haben kann, als sie noch rund 100 Straftaten begangen hat.

ee)

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, ihre Taten vor deren Entdeckung freiwillig offenbart zu haben.

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens liegt vor, wenn der Beamte das Dienstvergehen vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt. Durch die freiwillige Offenbarung erscheint das Persönlichkeitsbild des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG in einem günstigeren Licht, da er zeigt, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Liegen die Voraussetzungen des Milderungsgrundes vor, führt dies selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 28.07.2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 36 f. m.w.N., und vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 26.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als die Beklagte am 23. April 2012 ihren Prozessbevollmächtigten zum Zwecke der Fertigung einer Selbstanzeige aufsuchte, hatte der Dienstherr ihr Fehlverhalten bereits entdeckt. Ferner handelte sie im Ergebnis nicht freiwillig, da sie befürchtete, dass ihr Betrug entdeckt werden würde. Die Beklagte wusste nach ihrem eigenen Bekunden in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, dass ähnliche betrügerische Machenschaften einer Kollegin entdeckt worden waren.

b)

Unter Geltung der Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG sind die sog. anerkannten Milderungsgründe nicht als abschließenden Kanon der beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen. Vielmehr sind sämtliche entlastende Aspekte des Persönlichkeitsbildes mit dem ihnen zukommenden Gewicht bei der Maßnahmebemessung zu berücksichtigen. Dabei bieten die anerkannten Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 25, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 35.13 -, juris Rn. 21.

aa)

Dass die Beklagte über viele Jahre hinweg beanstandungsfrei Dienst geleistet hat, stellt keinen sonstigen Milderungsgrund mit dem erforderlichen Gewicht dar.

Die - unstreitige - langjährige Dienstleistung ohne Beanstandungen seitens der Beklagten fällt, auch im Fall überdurchschnittlicher Beurteilungen, jedenfalls bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen gegenüber der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht durchgreifend mildernd ins Gewicht. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten abgesenkt werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2013 - 2 B 63.12 -, juris Rn. 13.

bb)

Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte sich während des Zusammenlebens mit ihrem zweiten Ehemann in einer sowohl psychisch als auch finanziell angespannten Situation befunden hat. Dies kann aber nur für die bis zur Trennung vorgenommenen Straftaten mildernd berücksichtigt werden, also für allenfalls sieben Straftaten. Für den ganz überwiegenden Teil der Straftaten bestand dagegen die bedrückende und belastende Ehesituation nicht mehr. Allerdings gab es Belastungen wegen dessen Nachstellens. Diese sind insgesamt indes nicht von solchem Gewicht, dass sie eine Maßnahmemilderung rechtfertigen. Auch die von der Beklagten aufgenommenen Kreditverbindlichkeiten waren - wie bereits dargelegt - nicht so erheblich, dass die finanziellen Belastungen die vorgenommenen Straftaten in einem durchgreifend milderen Licht erscheinen lassen könnten.

cc)Soweit die Beklagte aus dem von ihr beschriebenen langjährigen Klima von Gewalttätigkeit, Machtausübung durch Kontrolle sowie der finanziellen Forderungen seitens des zweiten Ehemanns eine Beeinträchtigung ihrer Steuerungsfähigkeit ohne krankhafte Störung im Sinne von § 20 StGB als sonstigen Milderungsgrund herzuleiten sucht, kann dem nicht gefolgt werden.

Zutreffend ist zwar, dass die anerkannten Klassifikationssysteme (z.B. DSM-IV, ICD-10) keine Verbindlichkeit für die rechtliche Beurteilung der Schuldfähigkeit haben.

Vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 20 Rn. 7.

Dem hat der Sachverständige aber Rechnung getragen, da er, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugend ausgeführt hat, bei der Beklagten zwar eine psychische Beeinträchtigung angenommen, nicht aber eine psychische Störung mit Krankheitswert, die die Voraussetzungen eines Eingangsmerkmals erfüllt, festgestellt hat. Zudem sind nach den Feststellungen des Sachverständigen - wie bereits dargelegt - weder die Einsichts- noch die Steuerungsfähigkeit der Beklagten im Tatzeitraum aufgrund der festgestellten psychischen Beeinträchtigungen nachteilig beeinflusst gewesen. Die Belastung durch die Ehesituation als solche ist bereits oben bewertet worden.

dd)

Die lange Verfahrensdauer führt ebenfalls nicht zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme. Denn sie ist nicht geeignet, das vom Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2014 - 2 B 66.14 -, juris Rn. 7 m.w.N., und Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 40.

3.

Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, juris Rn. 15, und vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, juris Rn. 26.

Die Würdigung aller Umstände unter Beachtung auch dieses Kriteriums führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit der Beklagten nach dem von ihr begangenen sehr schweren Dienstvergehen kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können. Die durch sie bewirkte Ansehensschädigung ist bei ihrem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder zu machen.

Als Reaktion auf ihr Fehlverhalten kommt allein die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Frage, § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG.

4.

Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Beklagte hat ein besonders schweres Fehlverhalten gezeigt. Sie hat die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Die Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für die Beamtin ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen schwerwiegenden Fehlverhalten der für ihr Handeln verantwortlichen Beklagten, die sich bewusst sein musste, dass sie hiermit ihre berufliche Existenz aufs Spiel setzte.

IV.

Zu einer Modifikation des Unterhaltsbeitrags (§ 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BDG) besteht kein Anlass.

V.Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 BDG, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Ein Grund, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.