ArbG Paderborn, Urteil vom 02.10.2015 - 3 Ca 629/15
Fundstelle
openJur 2019, 14032
  • Rkr:
Tenor

1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 3.000,00 Euro ab dem 16.01.2013, dem 16.01.2014 und 16.01.2015 zu zahlen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.Der Streitwert wird auf 9.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Jahreszahlungen für die Jahre 2012, 2013 und 2014.

Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 01.01.1991 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als übertariflicher Mitarbeiter tätig. Der Kläger wird ausschließlich am Standort Q beschäftigt. Unter dem 20.12.2002 vereinbarten der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die T Business Services GmbH und Co.OHG (TBS) einen Arbeitsvertrag für Mitarbeiter des ÜT-Kreises (vgl. Bl. 21 f. der Akte). In diesem Arbeitsvertrag, der im Übrigen auf die allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis verweist, vereinbarten die Parteien unter anderem:

"Zusätzlich erhalten Sie eine Jahreszahlung, für deren Berechnung ab 01.10.2002 ein Grundbetrag von brutto Euro 160,00 gilt. Die Berechnung der Jahreszahlung erfolgt durch Multiplikation ihres persönlichen Grundbetrages mit einem Unternehmensfaktor, der jährlich durch Beschluss der TBS-Geschäftsführung festgelegt wird."

Ziffer 4 der allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis (vgl. Blatt 23 ff. der Akte) lautet:

"Als Entgelt für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein Monatsgehalt, eine Jahreszahlung und eine Beteiligung am Geschäftserfolg.

Das Monatsgehalt wird individuell vereinbart.

Die Jahreszahlung ergibt sich aus der Multiplikation eines individuellen Grundbetrages mit einem Unternehmensfaktor. Der Unternehmensfaktor wird jährlich festgelegt. Die Jahreszahlung wird in der Regel mit den Februarabzügen ausbezahlt. Zusammensetzung und Höhe der Jahreszahlung stehen unter dem Vorbehalt der Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen, insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Es gelten die jeweiligen Firmenregelungen.

Über die Bedingungen für die Beteiligung am Geschäftserfolg erhält der Mitarbeiter jeweils zu Beginn des Geschäftsjahres eine gesonderte Information.

Mitarbeiter, die während des Geschäftsjahres eintreten oder vor Abschluss des Geschäftsjahres ausscheiden, erhalten die Jahreszahlung und die Beteiligung am Geschäftserfolg anteilig. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den jeweils gültigen Firmenregelungen.

Mit dem Entgelt sind unabhängig vom zeitlichen Aufwand die gesamte Arbeitsleistung, die der Mitarbeiter zur sachgerechten Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben zu erbringen hat, und alle mit der Aufgabe verbundenen Sonderleistungen (Mehrarbeit, Vorträge, Repräsentationspflichten, Reisezeiten u.ä.) sowie etwaige Ansprüche aus Tarifverträgen abgegolten.

(...)"

Der Grundbetrag für die Berechnung der Jahreszahlung für den Kläger wurde später auf 200,00 Euro erhöht.

Unter dem 8. November 2006 trafen die Firmenleitung und der Gesamtbetriebsrat der T Business Services GmbH und Co.OHG (TBS) eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur "Anpassung der variablen Gehaltsbestandteile BaG und Jahreszahlung an die jeweilige wirtschaftliche Lage der TBS" (vgl. Blatt 106 ff. der Akte). Mit dieser Gesamtbetriebsvereinbarung wurde für die Berechnung der Jahreszahlung ein Multiplikator eingeführt, der sich an der vom Zentralvorstand vorgegebenen Ziel-Ebit-Marge TBS orientiert und eine im Zusammenhang mit dem Ergänzungstarifvertag gleichmäßige Belastung über alle Mitarbeiter gewährleisten soll. Der zeitliche Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung wurde auf die Laufzeit des Ergänzungstarifvertrages begrenzt. Bei dem Ergänzungstarifvertrag handelt es sich um den Ergänzungstarifvertrag vom 07.12.2006, der für die T IT Solutions and Services GmbH & Co.OHG, in welche die T Business Services GmbH und Co.OHG zwischenzeitlich umfirmiert hatte, geschlossen wurde (vgl. Blatt 108 ff der Akte). Im Mai 2007 wurde eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Interessenausgleich" zwischen der T AG und dem Gesamtbetriebsrat der T AG "anlässlich der Integration der T IT Solutions and Services GmbH & Co.OHG (TIS) in die T AG im Wege der Anwachsung gemäß § 738 BGB" geschlossen (vgl. Blatt 114 ff. der Akte). Unter Ziffer I. 1. auf Seite 4 oben heißt es dort:

"Folgende Gesamtbetriebsvereinbarungen von der T IT Solutions and Services GmbH & Co.OHG behalten ihre Gültigkeit begrenzt auf die Laufzeit des Ergänzungstarifvertrages für TIS sofern im Folgenden nichts abweichendes geregelt ist:

- Betriebsvereinbarung zur "Anpassung der variablen Gehaltsbestandteile BaG und Jahreszahlung an die jeweilige wirtschaftliche Lage der TBS" vom 08.11.2006 gilt mit der Maßgabe, dass der Multiplikator sowie der maximale prozentuale Kürzungsbetrag vom Jahreszieleinkommen immer im September zwischen dem Gesamtbetriebsrat der T AG und der Firmenleitung der T AG für das jeweils laufende Geschäftsjahr einvernehmlich festgelegt werden. Es besteht Einvernehmen, dass spätestens zum 01.10.2009 über diese Regelung Verhandlungen aufgenommen werden. (...)"

Nach weiteren gesellschaftsrechtlichen Vorgängen wurde sodann aus der T IT Solutions and Services GmbH (TIS) die Beklagte. Im Zuge des Erwerbs der TIS wurden zwischen der IG Metall und der Beklagten im Jahr 2013 Verhandlungen über die Neuerfassung und Vereinheitlichung der tariflichen Regelungen der B Gesellschaften und der früheren T Gesellschaft TIS geführt. Diese mündeten in den Abschluss des "Rahmentarifvertrages IT-Dienstleistungen" und des "Ergänzungstarifvertrages B vom 5. Juli 2013 zum Rahmentarifvertrag IT-Dienstleistungen" (vgl. Blatt 122 ff. sowie Blatt 142 ff. der Akte). Durch diese Tarifverträge wurde eine Neuregelung der tarifrechtlichen Regelungen mit Wirkung zum 1. Juli 2013 vereinbart.

Bis 2010 beruhten die an den Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gezahlten Jahressonderzahlungen in der Regel auf dem Unternehmensfaktor "15". Auch nachdem der Betriebsübergang auf die Beklagte stattfand, legte diese für den Abrechnungszeitraum 2011 den Unternehmensfaktor "15" zugrunde.

Mit einer Email vom 07.08.2012 teilte die Beklagte den Mitarbeitern unter anderem mit, dass für das Jahr 2012 entschieden worden sei, den Unternehmensfaktor auf "0" zu setzen. Damit werde ein Schritt in Richtung der Harmonisierung der Gehaltskomponenten zwischen den Gesellschaften gemacht sowie die Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit des übernommenen Betriebes, vor allem vor dem Hintergrund aktueller wirtschaftlicher Herausforderungen, verbessert (vgl. Blatt 29 ff., insbesondere Blatt 30, der Akte).

Seit 2012 erhält der Kläger keine Jahreszahlung mehr.

Unter dem 11.12.2014 vereinbarten die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat eine "Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) zur Ablösung und Kompensation der Jahreszahlung gemäß CP-Rundschreiben Nr. 58/2006 vom 3. Mai 2006" (vgl. Blatt 32 ff. der Akte). In der Präambel heißt es unter anderem:

"Die Jahreszahlung ergibt sich aus der Multiplikation des persönlichen Jahreszahlungsgrundbetrages mit einem Unternehmensfaktor, der nach vorheriger Unterrichtung des GBR jährlich von der Firmenleitung festgelegt wird. Bei der Ermittlung des Jahreszieleinkommens wird für die Jahreszahlung als Berechnungsbasis ein Unternehmensfaktor von "15" angenommen. Die tatsächliche Höhe der Jahreszahlung basierend auf dem individuellen Jahreszahlungsgrundbetrag ergibt sich erst aus dem von der Firmenleitung jährlich neu festgesetzten Firmenfaktor."

Als Ablösungsangebot vereinbarten die Betriebsparteien unter § 2 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung, dass für die Vergangenheit (Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2014) die anspruchsberechtigten Mitarbeiter eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 1.400,00 Euro brutto bezogen auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis erhalten sollen. Für die Zukunft (ab dem 01.01.2015) soll die Jahreszahlung in den sogenannten Ergebnisbezogenen Anteil (EBA) / das sog. Variable Zieleinkommen (VZE) und ggf. eine monatliche Zulage nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen umgewandelt werden, wobei sich der individuelle Jahreszahlungsbetrag aus der Multiplikation des individuellen Jahreszahlungsgrundbetrages gemäß Arbeitsvertrag mit den rechnerischen Unternehmensfaktor "5" errechnet. § 3 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung lautet:

"Für Mitarbeiter, die das Ablösungsangebot nicht annehmen, gilt weiterhin folgendes:

Die Jahreszahlung ergibt sich aus der Multiplikation des persönlichen Grundbetrages mit einem Unternehmensfaktor, der nach vorheriger Unterrichtung des GBR jährlich von der Firmenleitung festgelegt wird. Die Firmenleitung wird dabei in erster Linie das Ergebnis des vorangegangenen Geschäftsjahres und seine betriebswirtschaftliche Bewertung in ihre Überlegungen einbeziehen."

Die Beklagte hat dem Kläger auf Basis dieser Gesamtbetriebsvereinbarung eine Vertragsänderung angeboten, um die Festlegung der Jahreszahlung neu zu gestalten. Diese Vertragsänderung wurde vom Kläger nicht akzeptiert.

Mit der beim Arbeitsgericht Paderborn am 15.04.2015 eingegangenen Klage macht der Kläger Jahreszahlungen für die Jahre 2012 bis einschließlich 2014 in Höhe von jeweils 3.000,00 Euro geltend. Anspruchsgrundlage für die jeweils geltend gemachte Jahreszahlung sei der mit dem Kläger geschlossene Arbeitsvertrag vom 20.12.2002 in Verbindung mit den Allgemeinen Vertragsbestandteilen für den ÜT-Kreis. Der für den Kläger unstreitig geltende individuelle Grundbetrag in Höhe von 200,00 Euro sei mit einem Unternehmensfaktor von "15" zu multiplizieren. Dieser Unternehmensfaktor sei regelmäßig in der Vergangenheit festgelegt worden. Aus der "Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) zur Ablösung und Kompensation der Jahreszahlung gemäß CP-Rundschreiben Nr. 58/2006 vom 3. Mai 2006" vom 11.12.2014 ergäbe sich, dass die Betriebsvereinbarung lediglich Regularien zur Vereinheitlichung der Jahreszahlungen enthalte, jedoch nicht in bestehende einzelne Arbeitsverträge eingreifen wolle. Ein solcher Eingriff wäre im Übrigen auch unzulässig.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 3.000,00 Euro ab dem 16.01.2013, dem 16.01.2014 und dem 16.01.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Jahreszahlung im Jahr 2012 nicht zustehe. Ein solcher Anspruch ergäbe sich nicht aus der "Gesamtbetriebsvereinbarung "Anpassung der variablen Gehaltsbestandteile BaG und Jahreszahlung an die jeweilige wirtschaftliche Lage des TBS". Die Formulierungen dieser Gesamtbetriebsvereinbarung und des Interessenausgleichs vom 21.05.2007 sähen vor, dass die Betriebspartner den Multiplikationsfaktor einvernehmlich festlegen. Unstreitig habe eine solche Festlegung jedoch für das Jahr 2012 nicht stattgefunden. Rechtsfolge dieses Untätigbleibens der Betriebspartner sei, dass der Multiplikationsfaktor für das Jahr 2012 "0" sei. Auch für die Jahre 2013 und 2014 stünde dem Kläger ein Anspruch auf die Jahreszahlung nicht zu. So sei die Geltungsdauer der "GBV Anpassung der variablen Gehaltsbestandteile BaG und Jahreszahlung an die jeweilige wirtschaftliche Lage der TBS" auf die Laufzeit des Ergänzungstarifvertrages begrenzt gewesen. Dieser sei jedoch durch den "Rahmentarifvertrag IT-Dienstleistungen" und den "Ergänzungstarifvertrag B vom 5. Juli 2013 zum Rahmentarifvertrag IT-Dienstleistungen" mit Wirkung zum 01.07.2013 abgelöst worden. Eine Festsetzung des Multiplikators sei damit entfallen, womit auch ein Anspruch des Klägers auf eine Jahreszahlung für das Jahr 2013 und das Jahr 2014 nicht bestehe. Selbst wenn man dem Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf weitere Jahreszahlungen einräumen würde, bestünde der hier geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Jahreszahlung basierend auf dem Unternehmensfaktor "15" jedenfalls nicht. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, woraus sich die behauptete Festlegung des Jahresfaktors auf einen Wert von "15" ergeben solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Jahresleistungen für die Jahre 2012, 2013 und 2014 in Höhe von je 3.000,00 Euro brutto gemäß Arbeitsvertrag vom 20.12.2002 in Verbindung mit den Allgemeinen Vertragsbestandteilen für den ÜT-Kreis (übertariflicher Kreis).

1.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch nicht die "Gesamtbetriebsvereinbarung Anpassung der variablen Gehaltsbestandteile BaG und Jahreszahlung an die jeweilige wirtschaftliche Lage SBS" vom 08.11.2006. Zwar finden sich in dieser Betriebsvereinbarung Regelungen zur Jahreszahlung insoweit, als dort für die Laufzeit des Ergänzungstarifvertrages vom 07.12.2006 für die Berechnung der Jahreszahlung zusätzlich ein Multiplikator eingeführt wird, der sich an der vom Zentralvorstand vorgegebenen Ziel-Ebit-Marge TBS orientiert und eine im Zusammenhang mit dem Ergänzungstarifvertrag eine gleichmäßige Belastung über alle Mitarbeiter gewährleisen soll. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung ist jedoch nicht als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachten Jahreszahlungen heranzuziehen. Unabhängig davon, dass die Arbeitsvertragsparteien bereits mit der arbeitsvertraglichen Regelung im Arbeitsvertrag vom 20.12.2002 unter Bezugnahme auf die Allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis arbeitsvertraglich geregelt haben, dass dem Kläger eine Jahreszahlung zusteht und diese arbeitsvertragliche Regelung nicht durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung abbedungen werden kann, ergibt sich aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 08.11.2006 auch lediglich, dass für die Dauer des Ergänzungstarifvertrages die Jahreszahlung durch Einführung eines weiteren Multiplikators verändert werden konnte. Die Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung der Jahreszahlungen hat sich dadurch aber nicht verändert. Insofern kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob die GBV vom 08.11.2006 noch Bestand hat oder nicht.

Dass die Auffassung der Beklagten insoweit nicht zutreffend ist, ergibt sich im Übrigen auch aus der Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat vom 11.12.2014 zur Ablösung und Kompensation der Jahreszahlung gemäß CP-Rundschreiben Nr. 58 aus 2006 vom 3. Mai 2006. In dieser Gesamtbetriebsvereinbarung haben die Betriebsparteien in § 3 geregelt, dass für die Mitarbeiter, die das Ablösungsangebot nicht annehmen, weiterhin gilt, dass sich die Jahreszahlung aus der Multiplikation des persönlichen Grundbetrags mit einem Unternehmensfaktor, der nach vorheriger Unterrichtung des GBR jährlich von der Firmenleitung festgelegt wird, ergibt. Die Firmenleitung wird dabei in erster Linie das Ergebnis des vorangegangenen Geschäftsjahres und seine betriebswirtschaftliche Bewertung in ihre Überlegungen einbeziehen. Dieser Regelung lässt sich eindeutig entnehmen, dass selbst die Beklagte nicht davon ausgeht, dass durch die Ablösung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 08.11.2006 die Anspruchsgrundlage für die Jahreszahlung entfallen ist.

2.

Gemäß dem Arbeitsvertrag vom 20.12.2002 in Verbindung mit den allgemeinen Vertragsbestandteilen für den ÜT-Kreis in Verbindung mit § 315 BGB hat der Kläger einen Anspruch auf Jahreszahlung für die Jahre 2012, 2013 und 2014 in Höhe von je 3.000,00 Euro brutto.

a)

Zwar ist in der arbeitsvertraglichen Regelung vom 20.12.2002 aufgenommen, dass der Unternehmensfaktor jährlich durch Beschluss der TBS Geschäftsführung festgelegt wird. Allerdings ist die Beklagte in der Bestimmung der Jahreszahlung nicht frei.

Nach Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis, die nach Auffassung beider Parteien auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, "erhält" der Kläger eine Jahreszahlung. Grundsätzlich besteht damit ein Anspruch, wenngleich er der Höhe nach nicht bestimmt ist. Damit ist der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 1 BGB eröffnet, weil im Falle eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. Die Parteien haben vereinbart, dass an den Kläger eine noch durch die Arbeitgeberin zu bestimmende Jahreszahlung zu leisten ist.

b)

Die zwischen den Parteien vereinbarte Jahreszahlung hat Entgeltcharakter, wie sich aus Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis ergibt. Der Sinn und Zweck der Jahreszahlung ist in dieser Ziffer darin bestimmt, dass mit dem Einkommen und den sonstigen vertraglichen Leistungen die gesamte Arbeitsleistung, die der Mitarbeiter zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben erbringt (z.B. auch Mehrarbeit, Vorträge, Repräsentationspflichten, Reisezeiten und ähnliches) sowie etwaige Ansprüche aus den Tarifverträgen abgegolten ist.

c)

Zudem ist in Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis geregelt, dass die Zusammensetzung und die Höhe der Jahreszahlung unter dem Vorbehalt der Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen, insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens steht. Auch daraus ergibt sich, dass die Festlegung des Unternehmensfaktors eine gebundene Entscheidung der Firmenleitung ist. Denn einer derartigen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Arbeitgeberin in ihrer Entscheidung über die Festsetzung des Unternehmensfaktors nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien frei wäre. Durch das Kriterium der "Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen, insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens" soll die Arbeitgeberin zwar in die Lage versetzt werden, den Unternehmensfaktor unter Berücksichtigung dieser wirtschaftlichen Entwicklung zu verändern, und die wirtschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen. Dennoch soll sie an die vergangenen Leistungen der Arbeitnehmerschaft und des Unternehmens aber insgesamt anknüpfen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus § 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.12.2014, wonach die Firmenleitung bei der Festlegung des Unternehmensfaktors in erster Linie das Ergebnis des vorangegangenen Geschäftsjahres und seine betriebswirtschaftliche Bewertung in ihre Überlegungen einzubeziehen hat. Damit ist die Arbeitgeberin zwar grundsätzlich in die Lage versetzt, den Unternehmensfaktor bei einem entsprechenden Sachverhalt gegebenenfalls auch auf "0" zu setzen. Allerdings hat die jährlich vom Arbeitgeber zu treffende Entscheidung bei der Festlegung des Unternehmensfaktors billigem Ermessen zu entsprechen.

d)

Hier entspricht die von der Beklagten im Jahr 2012 getroffene Entscheidung, den Unternehmensfaktor auf "0" zu setzen, nicht billigem Ermessen. Gleiches gilt für 2013 und 2014. Aus diesem Grund ist der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach § 362 BGB nicht erloschen.

aa)

Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt, indem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen. Dabei verbleibt dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, weshalb ihm innerhalb dieses Spielraums mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. LAG München, Urteil vom 03.04.2014, 3 Sa 857/13; BAG, Urteil vom 20.03.2013, 10 AZR 8/12, NZA 2013, 917 ff.). Punktvorgaben für die Ausübung des billigen Ermessens im Sinne von § 315 BGB können sich aus vertraglichen (vgl. BAG, Urteil vom 29.08.2012, 10 AZR 385/11, NZA 2013, 148) oder aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen (vgl. BAG, Urteil vom 20.03.2013, 10 AZR 8/12, a.a.O.) ergeben.

bb)

Unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelungen und Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis sowie der Regelungen in der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Ablösung und Kompensation der Jahreszahlung gemäß CP-Rundschreiben Nr. 58 aus 2006 vom 3. Mai 2006 ergibt sich hinsichtlich der von der Beklagten vorgenommenen Festsetzung des Unternehmensfaktors auf "0", dass diese nicht billigem Ermessen entspricht.

Die Beklagte hat in ihrer Mitteilung an die Mitarbeiter vom 07.08.2012 ausgeführt, dass sie den Unternehmensfaktor auf "0" gesetzt habe, um einen Schritt in Richtung der angesprochenen Harmonisierung der Gehaltskomponenten zwischen den Gesellschaften zu machen und um die Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der AIS vor allem vor dem Hintergrund aktueller wirtschaftlicher Herausforderungen zu gewährleisten. Das Kriterium "Harmonisierung der Gehaltskomponenten zwischen den Gesellschaften" der Beklagten durfte jedoch gar nicht bei der Festsetzung des Unternehmensfaktors berücksichtigt werden. Es steht nicht im Zusammenhang mit dem Ergebnis des vorangegangenen Geschäftsjahres und seiner betriebswirtschaftlichen Bewertung, an denen sich die Beklagte gemäß der arbeitsvertraglichen Regelungen in erster Linie orientieren muss. Es steht auch im Widerspruch zu den vertraglichen Festlegungen, die die Beklagte dem Grunde nach zu einer Zahlung einer Jahreszahlung verpflichten. Eine Änderung der Gehaltsstruktur lässt sich nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigungen herbeiführen, nicht aber durch das Instrument des Unternehmensfaktors (vgl. LAG München, Urteil vom 03.04.2014, 3 Sa 758/13, a.a.O.).

Auch der Verweis in diesem Mitarbeiterschreiben auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit vor dem Hintergrund aktueller wirtschaftlicher Herausforderungen berücksichtigt nicht das Ergebnis des vorangegangenen Geschäftsjahres und seine betriebswirtschaftliche Bewertung. Im Übrigen ist mit dieser Formulierung nicht einmal hervorgehoben, dass die betriebswirtschaftliche Bewertung der Beklagten im Jahr 2012 schlecht gewesen sei. So mag es durchaus so gewesen sein, dass die betriebswirtschaftliche Bewertung der Beklagten trotz Wettbewerbsfähigkeit und aktueller wirtschaftlicher Herausforderungen gut gewesen ist. Hierzu trägt die Beklagte überhaupt nicht vor. Sie stützt sich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages lediglich darauf, dass dem Kläger eine Anspruchsgrundlage nicht zustünde, da die GBV vom 08.11.2006 keine Wirksamkeit mehr habe. Zur Festlegung des Unternehmensfaktors auf "0" trägt die Beklagte hingegen nicht vor. Die Kammer konnte mithin nicht feststellen, welche Erwägungen die Beklagte angestellt hat, um zu diesem Unternehmensfaktor zu gelangen. Lediglich in dem Mitarbeiterschreiben vom 07.08.2012 hat die Beklagte ihre Überlegungen zur Festlegungen des Unternehmensfaktors auf "0" mitgeteilt. Diese Überlegungen reichen jedoch bei Weitem nicht aus, von einem billigen Ermessen bei der Festlegung des Unternehmensfaktors auf "0" auszugehen.

Mangels konkreten Vortrags der Beklagten war mithin der Unternehmensfaktor weiterhin mit "15" festzusetzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger nicht darlegungs- und beweisbelastet für Tatsachen, die die Festlegung des Unternehmensfaktors mit "15" rechtfertigen. Die Tatsachen, die für die Leistungsbestimmungen und damit für die Festsetzung des Unternehmensfaktors maßgeblich sind, haben sich aus dem Vortrag des Leistungsbestimmenden, also der Beklagten, zu ergeben. Insoweit hat ein Gericht nach § 315 Abs. 3 BGB zu prüfen, ob "die getroffene Bestimmung, oder gegebenenfalls eine etwa an ihre Stelle zu setzende andere Bestimmung, nachdem, was der Bestimmende dazu vorträgt und unter Beweis stellt, sich in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 BGB gezogen sind (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.1964, KZR 10/62, NJW 1964, 1617). § 315 Abs. 3 BGB weist dem Gericht damit die Aufgabe zu, anhand der durch den Leistungsbestimmenden mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob die Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht oder ob sie aufgrund der durch den Leistungsbestimmenden mitgeteilten Tatsachen abweichend zu bestimmen ist. Dies ist auch sachgerecht, weil sowohl der Klagepartei als auch dem Gericht diejenigen Umstände, die der Leistungsbestimmende bei Ausübung billigen Ermessens herangezogen hat, unbekannt sind (vgl. auch LAG München, Urteil vom 03.04.2014, 3 Sa 857/13, a.a.O).

Mangels Ausübung billigen Ermessens bei der Festlegung des Unternehmensfaktors mit "0" war, wie vom Kläger begehrt, der Unternehmensfaktor mit "15" für die Jahre 2012 bis 2014 zu Grunde zu legen. Ausweislich der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.12.2014 ist bei der Ermittlung des Jahreszieleinkommens für die Jahreszahlung als Berechnungsbasis ein Unternehmensfaktor von "15" anzunehmen. Auch wenn die Gesamtbetriebsvereinbarung erst am 11.12.2014 geschlossen wurde, so ist doch auch in der Vergangenheit unstreitig regelmäßig ein Unternehmensfaktor von "15" festgelegt worden. Der Unternehmensfaktor von "15" ist quasi ein Ausgangswert. Dies ergibt sich auch aus Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestandteile für den ÜT-Kreis, wo die Zusammensetzung und die Höhe der Jahreszahlung unter dem Vorbehalt der Anpassung steht und daher selbst von einem Ausgangswert ausgeht, der bei sich verändernden Rahmenbedingungen jeweils angepasst wird. Unter Berücksichtigung der Festlegung des Unternehmensfaktors in den vorangegangenen Jahren mit "15" und dem fehlenden Sachvortrag der Beklagten, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Beklagten eine Herabsetzung des Faktors auf "0" rechtfertigt, war für die Jahre 2012 bis 2014 wiederum ein Unternehmensfaktor von "15" zugrunde zu legen.

Dem Kläger steht mithin insgesamt für die Jahre 2012 bis 2014 ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 9.000,00 Euro brutto zu.

3.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, wann die Jahreszahlung konkret fällig wird. Insoweit ergibt sich zwar aus den Allgemeinen Vertragsbestandteilen für den ÜT-Kreis, dass die Jahreszahlung in der Regel mit den Februarbezügen ausgezahlt wird. Dass dies in der Vergangenheit jedoch nicht auch einmal anders gehandhabt wurde und beispielsweise eine Jahreszahlung mit Ende des jeweiligen Jahres ausgezahlt wurde, ist von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Die Beklagte hat den geltend gemachten Zinsanspruch der Klägerseite überhaupt nicht in Abrede gestellt.

Insoweit war auch dem eingeklagten Zinsanspruch stattzugeben.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs.1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Er entspricht dem geltend gemachten Klagebetrag.