OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2018 - 32 SA 30/18
Fundstelle
openJur 2019, 13579
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 362/17

Macht der Käufer eines vom sog. Abgasskandal betroffenen und bei einem Händler erworbenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB) allein gegen den Hersteller geltend, kann ein Gerichtstand gem. § 32 ZPO an dem Ort begründet sein, an dem der Kaufvertrag abgeschlossen worden ist, und an dem Ort, an dem die Erfüllungshandlungen zu dem Vertrag vorgenommen wurden. Ein Gerichtsstand an den genannten Orten setzt einen schlüssigen Klagevortrag zu einer beim Abschluss des Kaufvertrages und/oder seiner Erfüllung begangenen unerlaubten Handlung voraus. Wird die Zuständigkeit von einem verweisenden Gericht rechtsfehlerhaft und mit einer den vorgetragenen Tatsachen nicht Rechnung tragenden Prüfung des § 32 ZPO verneint, kann der Verweisungsbeschluss grob fehlerhaft und damit unverbindlich sein.

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht Arnsberg.

Gründe

I.

Der in X wohnhafte Kläger hat beim Landgericht Arnsberg gegen die W AG Klage auf Schadensersatz in Höhe von 44.163,75 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter Anrechnung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung erhoben, die er damit begründet hat, dass die Beklagte über das Vorhandensein einer sog. Vorschalteinrichtung eines B 2,0 TDI getäuscht habe. Der Kaufvertrag wurde am 21.6.2013 mit der in C ansässigen B GmbH in C auf den Namen der Schwägerin des Klägers geschlossen (Anl. K 1), da diese aufgrund eines Schwerbehinderungsgrades von 50 Prozent einen entsprechenden Rabatt erhielt. Der Kaufpreis wurde am 22.10.2013 vom Kläger von dessen Konto bei der Volksbank X eG an die B GmbH überwiesen (Anl. K 17). Das Fahrzeug wurde daraufhin zunächst am 23.10.2013 auf die Schwägerin des Klägers und schließlich am 30.10.2014 auf den Kläger zugelassen (Anl. K 1b).

Mit Abtretungsvertrag vom 08.05.2018 hat die Schwägerin des Klägers ihre sich aus dem Eigentum an den Kraftfahrzeug ergebenden Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger abgetreten (Anl. K 18).

Mit Verfügung vom 11.05.2018 hat das Landgericht Arnsberg darauf hingewiesen, dass es sich nicht für zuständig hält. Der geltend gemachte Schaden bestehe darin, dass eine Verbindlichkeit eingegangen worden sei. Der maßgebliche Kaufvertrag sei jedoch in C geschlossen worden (Bl. 131 d.A.).

Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 15.05.2018 vorgetragen, die Vertragsanbahnung habe über das Internetportal www.t.de stattgefunden. Die Vertragsunterlagen wurden durch den Betreiber dieses Portals an den Kläger mit der Bitte übersandt, sie unterschrieben an die Verkäuferin zurückzuschicken. Daher sei von einem Vertragsschluss am Wohnsitz des Klägers auszugehen. Hilfsweise hat der Kläger die Verweisung der Rechtsstreits an das Landgericht Berlin beantragt (Bl. 133 ff. d.A.).

Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sich nicht rügelos auf die Klage einzulassen, hat sich das Landgericht Arnsberg mit Beschluss vom 17.05.2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwiesen (Bl. 138 ff. d.A.). Schadensort i.S.v. § 32 ZPO sei nur der Begehungs-, nicht auch der Schadensort. Ein Grundsatz dahingehend, dass im Falle des § 826 BGB stets ein Gerichtsstand der unerlaubten Handlung am Wohnsitz des Opfers begründet sei, bestehe nicht.

Das Landgericht Berlin hat die Parteien nach Eingang der Akte mit Schreiben vom 23.06.2018 darauf hingewiesen, dass es seine Zuständigkeit nicht für gegeben halte (Bl. 220 f. d.A.). Ein Teil der deliktischen Anspruchsvoraussetzungen, nämlich der Vermögensschaden, sei im Bezirk des Landgerichts Arnsberg eingetreten. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass das Landgericht Arnsberg von einem Vertragsschluss in C ausgehe. Vertragspartnerin sei zunächst die Schwägerin des Klägers gewesen, wie sich aus der verbindlichen Bestellung vom 21.06.2013 ergebe. Diese habe - soweit ersichtlich - auch nicht als Vertreterin des Klägers gehandelt. Hinzu komme, dass eine Schickschuld vereinbart worden sei, so dass der Erfüllungsort in jedem Fall in Arnsberg gelegen habe.

Der Kläger hat dazu nicht Stellung genommen. Die Beklagte hat angeregt, den Rechtsstreit an das für ihren Geschäftssitz nach §§ 12, 17 ZPO zuständige Landgericht Braunschweig zu verweisen (Bl. 224 ff. d.A.).

Das Landgericht Berlin hat sich daraufhin mit Beschluss vom 16.07.2018 für örtlich unzuständig erklärt, da angesichts des Sitzes beider Parteien oder der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen ein örtlicher Bezug zu Berlin nicht ersichtlich sei(Bl. 227 ff. d.A.). Zur weiteren Begründung hat es auf seinen vorhergehenden Hinweis Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass der Eintritt des Schadens zu den haftungsbegründenden Umständen gehöre. Wolle man mit dem Landgericht Arnsberg davon ausgehen, dass der Schaden bereits in der Begründung der Verbindlichkeit mit Abschluss des Kaufvertrages entstanden sei, so sei zu berücksichtigen, dass eine Schickschuld vereinbart worden, die in Arnsberg zu erfüllen gewesen sei. Dies habe das Landgericht Arnsberg außer Acht gelassen und gegen eine "Vielzahl von Rechtsprechung, welche insbesondere aktuell zu den Fällen des sog. Abgasskandals ergangen" sei, entschieden habe, sei die Verweisung objektiv willkürlich und daher nicht bindend.

Dazu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.08.2018 Stellung genommen und bekräftigt, dass das Landgericht Arnsberg örtlich zuständig sei, da er einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB geltend mache (Bl. 236 f. d.A.). Der Ort des Schadenseintritts gehöre zur Begehung der unerlaubten Handlung i.S.v. § 32 ZPO und der Schaden sei an seinem Wohnort eingetreten.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.08.2018 nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger keine vertraglichen Ansprüche geltend mache und daher eine Zuständigkeit gem. § 29 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht komme. Darüber hinaus habe er auch keine ausreichenden Tatsachen für das Vorliegen einer Täuschung durch die Beklagte gem. § 263 Abs. 1 StGB oder eines sittenwidrigen Verhaltens i.S.v. § 826 BGB und den Eintritt eines Schadens dargelegt. Auch wenn es sich dabei um sog. doppelrelevante Tatsachen handle, die bereits für die Zuständigkeitsfrage von Bedeutung seien, müsse der Kläger dazu schlüssig vortragen, was nicht geschehen sei. Der Rechtsstreit sei daher auch unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zum Zwecke der Verfahrenskonzentration an das Landgericht Braunschweig zu verweisen (Bl. 239 ff. d.A.)

II.

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist für die Bestimmung des zuständigen Gerichts das nächsthöhere Gericht zuständig, da sich die Landgerichte Arnsberg und Traunstein jeweils rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Da diese Gerichte in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken liegen und das Landgericht Arnsberg zuerst mit der Sache befasst war, ist das Oberlandesgericht Hamm für die Gerichtsstandbestimmung zuständig (§ 36 Abs. 2 ZPO).

1.

Das Landgericht Arnsberg ist örtlich zuständig.

a) Seine Zuständigkeit ergibt sich allerdings nicht aus § 29 Abs. 1 ZPO. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts ist gegenüber der Beklagten nicht begründet, da es im Verhältnis der Parteien an einer vertraglichen oder ihr gleichstehenden Sonderverbindung fehlt. Der Kaufvertrag ist mit der B GmbH geschlossen worden, die der Kläger nicht mitverklagt hat. Ein Schuldverhältnis mit der Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 311 Abs. 3 S. 1 BGB. Insbesondere hat die Beklagte nicht i.S.v. § 311 Abs. 3 S. 2 BGB in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss beeinflusst. Die Beklagte hat lediglich Werbeaussagen getroffen. Für deren Folgen kommt eine Haftung der Verkäuferin nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB auf Gewährleistung in Betracht. Der Kläger behauptet zwar, dass die Werbung der Beklagten mitentscheidend für den Vertragsschluss gewesen sei. Selbst wenn dies zutreffen sollte, reicht dies jedoch für eine Einbeziehung der Beklagten in den Schutzbereich der vertraglichen Haftung nicht aus, weil sie an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt war (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311 Rn. 63 m.w.N.; für die konkrete Sachverhaltskonstellation LG München II, Urt. v. 7.7.2017 - 10 O 2708/16 - veröffentlicht unter dejure.org).

b) Allerdings ist im Bezirk des Landgerichts Arnsberg der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO begründet, da der Kläger von seinem Konto bei der Volksbank X eG die maßgebliche Zahlung getätigt hat, die zum Schaden geführt hat.

aa) Begehungsorte der deliktischen Handlung sind sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen, und dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (BGH, Urt. v. 28.02.1996 - XII ZR 181/93 - BGHZ 132, 111, zit. nach juris, Rn. 26; Urt. v. 02.03.2010 - XI ZR 23/09 - BGZ 184, 313, Rn. 12, Urt. v. 130.7.2010 - VI ZR 34/07 - NJW-RR 2008, 516, Rn. 24; Patzina, in: Münchener Kommentar, ZPO, Bd. 1, 5. Aufl. 2016, § 32 Rn. 20, jew. m.w.N.). Der Schadensort ist als solcher ohne Belang, es sei denn, dass der Schadenseintritt zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört (Schultzky, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 32 Rn. 19 m.w.N.).

(1) Daraus folgt, dass der Kläger nicht auf den Ort beschränkt ist, an dem nach seinem Vortrag die Tathandlung begangen worden ist. Ihm steht vielmehr ein Wahlrecht zu, das er nach Belieben auszuüben berechtigt ist. Er kann auch dann am Erfolgsort klagen, wenn der Begehungsort woanders liegt. Ebenso kann er an jedem Erfolgsort klagen, wenn dieser in verschiedenen Gerichtsbezirken liegt (vgl. nur Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 1, 23. Aufl. 2014, § 32 Rn. 26 m.w.N.).

(2) Wird die Haftung auf die Erfüllung des Betrugstatbestandes gem. § 823 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB gestützt, ist der Erfolgsort dort, wo die Täuschungshandlung einen Irrtum erregt oder die schädigende Vermögensverfügung ausgelöst hat. Wird ein Anspruch aus § 826 BGB geltend gemacht, gehört zum Tatbestand der unerlaubten Handlung der Eintritt eines Vermögensschadens (vgl. Toussaint, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 29. Edition (1.7.2018), § 32 Rn. 12.1 m.w.N.). Das nach § 32 ZPO zuständige Gericht ist daher in diesen Fällen nicht nur anhand des Ortes zu bestimmen, in dem der Täter gehandelt hat, sondern auch dort begründet, wo der Rechtsgutseingriff erfolgt und der Schaden entstanden ist (vgl. Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Bd. 1/2, 4. Aufl. 2015, § 32 Rn. 40 m.w.N.).

Allerdings ist der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung der Vermögensschädigung nicht schon deshalb am Wohnsitz des Geschädigten begründet, weil sich dort sein Vermögen befindet. Denn die Konzentration der Zuständigkeit am Handlungs- oder Verletzungsort der unerlaubten Handlung knüpft an die Sachnähe und damit einhergehende leichtere Aufklärung des Sachverhalts an. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn immer auch auf den Ort abgestellt werden könnte, an dem sich das Vermögen des Geschädigten im Zeitpunkt der Vornahme der schädigenden Handlung befunden hat (OLG München, Urt. v. 21.01.1992 - 25 U 2987/91 - NJW-RR 1993, 701, 703, unter 2. m.w.N.; missverständlich insoweit Schultzky, a.a.O.: "Betrug am Belegenheitsort des Klägervermögens").

bb) Demnach ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und auf dieser Grundlage zu prüfen, wo die Verletzungshandlung vorgenommen und der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist.

(1) Dass die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers den Einsatz einer mit einer sog. Prüfstandentdeckungssoftware ausgestatteten Vorschalteinrichtung verschwiegen hat, kann einen Eingehungsbetrug i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB begründen, der darin liegt, dass der Käufer einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag mit dem Verkäufer des Fahrzeugs abgeschlossen hat. Infolge dieses Vertragsschlusses ist sein Vermögen mit einer ungewollten Verpflichtung negativ belastet worden. Dies folgt daraus, dass bei verständiger Würdigung und unter lebensnaher Betrachtung kein durchschnittlich informierter und wirtschaftlich vernünftig denkender Verbraucher ein Fahrzeug erwerben würde, welches mit einer gesetzeswidrigen Software ausgestattet ist. Ein solcher Verbraucher kann und muss nicht davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nur deshalb als eingehalten attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Lauf des Prüfstands erkannt und über eine entsprechende Programmierung der Motorsteuerung deswegen - in gesetzlich unzulässiger Weise - insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird (vgl. LG Paderborn, Urt. v. 07.04.2017 - 2 O 118/16, juris, Rn. 38; ebenso LG Krefeld, Urt. v. 04.10.2017 - 2 O 19/17 - juris, Rn. 25; Urt. v. 28.02.2018 - 7 O 10/17 - juris, Rn. 34).

(2) Ein solcher Eingehungsbetrug ist vom Kläger allerdings schon gar nicht behauptet worden. Er trägt nicht vor, dass die Verkäuferin des Fahrzeugs, die B GmbH, bösgläubig gewesen sei, so dass eine Mittäterschaft oder Teilnahme gem. §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 StGB bzw. §§ 826, 830 Abs. 1, Abs. 2 BGB ausscheidet. In Betracht kommt allenfalls eine mittelbare Täterschaft der Beklagten i.S.v. §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB, bei der die Tathandlung i.S.v. § 9 Abs. 1, 1. Alt. StGB allerdings sowohl am Ort des eigenen Tätigwerdens des Tatmittlers als auch dort begangen wird, wo das Werkzeug gehandelt hat, da dem mittelbare Täter dessen Handlung zugerechnet wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.1991 - 1 StR 617/90 - wistra 1991, 135; Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 9 Rn. 4; Satzger, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2017, § 9 Rn. 10; Werle/Jeßberger, Leipziger Kommentar, StGB, Bd. 1, 12. Aufl. 2007, § 9 Rn. 14). Die Voraussetzungen einer mittelbaren Täterschaft lassen sich dem Klägervortrag allenfalls zum Zeitpunkt der Vertragserfüllung entnehmen, also bei Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs durch die Beklagte, was keinen Eingehungs-, sondern einen Erfüllungsbetrug darstellen würde.

Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an, da schon der Kaufvertrag nach dem Klägervortrag nicht im Bezirk des Landgerichts Berlin geschlossen worden ist, sondern vom Wohnsitz des Klägers aus durch Übersendung der Vertragsunterlagen, die er von der Verkäuferin erhalten hat. Dazu hat der Kläger spätestens auf den Hinweis des Landgerichts Arnsberg, dass es sich nicht für zuständig halte, in seinem Schriftsatz vom 15.05.2018 substantiiert vorgetragen (Bl. 133 ff. d.A.). Selbst wenn der Kaufvertrag erst gem. § 151 S. 1 BGB durch die Abgabe der Annahmeerklärung der B GmbH zustande gekommen sein sollte, so stellt der Antrag des Klägers einen wesentlichen Teilakt der Vermögensverfügung dar, auf den es für die Frage der örtlichen Zuständigkeit gem. § 32 ZPO ankommt (vgl. Heinrichs, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 32 Rn. 16; Schultzky, a.a.O., Rn. 19 m.w.N.).

(3) Abgesehen davon ist aber jedenfalls der Erfolgsort i.S.v. § 9 Abs. 1, 2. Alt. StGB und § 32 ZPO am Wohnsitz des Klägers begründet, da die Vermögensverfügung i.S.v. § 263 StGB und den Schaden begründende Handlung i.S.v. § 826 BGB in der Überweisung des Kaufpreises liegt, die vom Konto der Klägers bei der Volksbank X eG und damit im Bezirk des Landgerichts Arnsberg erfolgt ist. Denn im Fall einer Überweisung liegt der Erfolgsort i.S.v. § 32 ZPO dort, wo die Bank des Klägers dessen Anweisung zum Geldtransfer erhalten und zu Lasten seines Kontos ausgeführt hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 27.03.2003 - 1Z AR 28/03 - MDR 2003, 893, zit. nach juris, Rn. 7). Das war hier nach dem Klägervortrag an seinem Wohnort der Fall.

2.

Demnach ist festzustellen, dass das Landgericht Arnsberg den Klagevortrag nicht in ausreichender Weise gewürdigt und an wesentlichen Stellen übergangen hat. Daher ist eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin auch nicht aufgrund des Verweisungsbeschlusses vom 17.05.2018 begründet.

a) Ein Verweisungsbeschluss ist nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss nicht als im Rahmen des § 281 Abs. 1 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH, Beschl. v. 15.05.2011 - X AZR 109/11 - NJW-RR 2011, 1364, 1365, Rn. 9; Beschl. v. 19.02.2013 - X ARZ 507/12 - NJW-RR 2013, 764, 765, Rn. 7; Beschl. v. 09.06.2015 - X ARZ 115/15 - NJW-RR 2015, 1016, Rn. 9; stRspr).

Abgesehen von den Fällen, in denen der Verweisungsbeschluss aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Bestand haben kann, insbesondere weil das verweisende Gericht der beklagten Partei kein rechtliches Gehör zum Verweisungsantrag gewährt hat, ist die Entscheidung, dass eine Verweisung als objektiv willkürlich anzusehen ist, eine vom Einzelfall abhängige, u. U. schwierige Bewertungsfrage. Brauchbare Kriterien können sein, dass die allgemeine Systematik des Verfahrensrechts eine Verweisung dieser Art nicht vorsieht, dass der Akteninhalt ausdrückliche Hinweise auf die Zuständigkeit des verweisenden Gerichts ergibt oder dass das verweisende Gericht selbst zu erkennen gegeben hat, dass es seine Zuständigkeit für möglicherweise gegeben hält. Demgegenüber wird man von einer Bindung ausgehen können, wenn die Verweisung sich im Ergebnis als vertretbar darstellt, wenn der Verweisungsbeschluss eingehend begründet ist, auch wenn das Gericht dabei von einer einhelligen oder herrschenden Meinung abweicht, wenn das Gericht einen relevanten Gesichtspunkt übersehen hat und von keiner Seite darauf hingewiesen wurde und keine Hinweise auf Vorsatz bestehen, schließlich wenn eine Verweisung auf den an das Gericht herangetragenen Wunsch beider Prozessparteien zurückgeht (Prütting, in: Münchener Kommentar, ZPO, Bd. 1, 5. Aufl. 2016, § 281 Rn. 56; ähnl. Bacher, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 29. Edition (Stand: 1.7.2018), § 281 Rn. 32).

b) Gemessen an diesen Maßstäben hält der Senat die Verweisung durch das Landgericht Arnsberg für objektiv willkürlich.

Das Landgericht hat sich mit den Vortrag des Klägers zu den Voraussetzungen des § 32 ZPO nicht in ausreichender Weise auseinandergesetzt. Selbst von seinem eigenen, rechtlich fragwürdigen Standpunkt aus hätte es prüfen müssen, wo der Kaufvertrag zustande gekommen ist. Dass dieser am Sitz der Verkäuferin in C geschlossen worden ist, hätte einer Begründung bedurft, die sich weder aus dem vorhergehenden Hinweis vom 11.05.2018 noch aus dem Verweisungsbeschluss vom 17.05.2018 ergibt. Mit der Frage, wie der Vertrag zustande gekommen ist, hat sich das Landgericht nicht befasst und zudem außer Acht gelassen, dass es für die Frage der örtlichen Zuständigkeit auch auf wesentliche Teilakte ankommt, die dem Vertragsschluss vorgelagert sein können.

Überdies hat das Landgericht in rechtlicher Hinsicht unberücksichtigt gelassen, dass eine örtliche Zuständigkeit i.S.v. § 32 ZPO unabhängig vom Ort der Tathandlung am Erfolgsort begründet sein kann. Dass das Landgericht dies nicht bedacht hat, ergibt sich daraus, dass es allein auf die Entstehung der schuldrechtlichen Verpflichtungen des Klägers abgestellt hat. Wenn es die Tragweite und Bedeutung des im Rahmen von § 32 ZPO bestehenden Wahlrechts des Klägers erkannt hätte, hätte es auch auf den Gesichtspunkt eines zeitlich nachfolgenden Erfüllungsbetruges bzw. einer Verursachung oder Vertiefung des Schadens i.S.v. § 826 BGB durch die Kaufpreiszahlung eingehen müssen.

III.

Angesichts dieser verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Defizite des Verweisungsbeschlusses vom 17.05.2018 hält der Senat ihn nicht für bindend und daher das Landgericht Arnsberg für nach wie vor örtlich zuständig.

Anhaltspunkte dafür, dass eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 36 Abs. 3 S. 1 ZPO erforderlich sein könnte, hat der Senat nicht gesehen. Seine Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach für die auf deliktische Ansprüche gegen die beklagte Fahrzeugherstellerin gerichtete Klage der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung begründet ist, da Begehungsorte i.S.v. § 32 ZPO sowohl am Sitz der Verkäuferin, wo der Kaufvertrag geschlossen worden sei, als auch am Wohnsitz des Klägers begründet seien, wo der Vermögensschaden eingetreten sei (Beschluss vom 30.10.2017 - 5 SA 44/17 - juris, Rn. 23). Soweit ersichtlich, liegen entgegenstehende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte nicht vor.