AG Düren, Beschluss vom 14.03.2018 - 31 M 272/18
Fundstelle
openJur 2019, 13453
  • Rkr:
Tenor

Die Erinnerung der Gläubigerin vom 26.1.18 gegen die Kostenrechnung des OGV A vom 12.1.18 - DR II 27/18 - wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

Gründe

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 11.12.2017. Mit Schreiben vom 28.12.2017 reichte die Gläubigerin einen Vollstreckungsauftrag gegen den Schuldner ein. Darin beauftragte sie den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802f ZPO (ohne vorherigen Pfändungsversuch). Weiterhin erteilte die Gläubigerin dem OGV A einen Pfändungsauftrag nach „Abnahme der Vermögensauskunft, soweit sich aus dem Vermögensverzeichnis pfändbare Gegenstände ergeben“. Der OGV A führte das Verfahren unter dem Aktenzeichen DR II 27/18.

Mit Schreiben vom 12.1.18 teilte der Gerichtsvollzieher dem Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin mit, dass der Schuldner die Vermögensauskunft bereits abgegeben habe und übersandte gleichzeitig eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses. Zudem teilte der OGV der Gläubigerin mit, dass sich aus dem Vermögensverzeichnis keine pfändbare Habe ergebe. Dieses Schreiben enthielt auch eine Kostenrechnung, in der unter anderem für eine nicht erledigte Amtshandlung gemäß KV 604, 205 15,00 € zuzüglich Auslagen berechnet wurden.

Die Gläubigerin wendet sich mit Schriftsatz vom 26.1.18 mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz KV 604, 205 in Höhe von 15,00 € nebst anteiliger Auslagen. Zur Begründung führt sie aus, im Vollstreckungsauftrag sei ein Pfändungsauftrag lediglich dahingehend erteilt worden, dass dieser nach Abnahme der Vermögensauskunft nur erfolgen solle, soweit sich hieraus pfändbare Gegenstände ergäben. Insofern habe man einen bedingten und keinen unbedingten Auftrag erteilt. Der Kostenansatz der Gebühr gemäß KV 604 wäre nach Ansicht der Erinnerungsführerin nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn sich aus der Vermögensauskunft pfändbare Gegenstände ergeben hätten.

Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Das Gericht hat dem Bezirksrevisor beim Landgericht Aachen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellungnahme wird auf das Schreiben vom 20.2.2018 (Bl. 14 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Erinnerung der Gläubigerin ist gemäß §§ 766 ZPO, 5 Abs. 2 GvKostG zulässig, aber nicht begründet.

Die Kostenrechnung des Obergerichtsvollziehers ist nicht zu beanstanden. Die darin angesetzten 15,00 € gemäß KV Nr. 604, 205 GvKostG nebst anteiliger Pauschale gemäß KV Nr. 716 GvKostG stehen dem Obergerichtsvollzieher zu. Gebühren nach Abschnitt 6 KV GvKostG, zu dem auch Nr. 604 gehört, werden erhoben, wenn die Amtshandlung, mit deren Erledigung der Gerichtsvollzieher beauftragt worden ist, aus Rechtsgründen oder infolge von nicht in der Person des Gerichtsvollziehers liegenden oder von dessen Entschließung abhängigen Gründen nicht erledigt wird. Die Frage, ob die Gebühr für eine nicht bewirkte Pfändung (KV Nr. 604, 205 GvKostG) auch dann anfällt, wenn der Gläubiger zugleich mit dem Antrag auf Einholung einer Vermögensauskunft einen Pfändungsauftrag unter der aufschiebenden Bedingung gestellt hat, dass sich aus der Vermögensauskunft des Schuldners das Vorhandensein pfändbarer Gegenstände ergibt, und diese Bedingung nicht eintritt, wird unterschiedlich beantwortet.

Nach einer Ansicht (OLG Stuttgart, DGVZ 2017, 42; LG Stuttgart BeckRS 2016, 125663, LG Koblenz, Beschluss vom 23. April 2004 - 2 T 235/14, DGVZ 2014, 175 ff.) ist ein unter einer aufschiebenden Bedingung gestellter Auftrag erst mit Bedingungseintritt erteilt, so dass es bei Ausfall der Bedingung an einem Auftrag fehle. Hinzu komme, dass der Gerichtsvollzieher nach erteilter Vermögensauskunft diese ohnehin von Amts wegen im Hinblick auf § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO darauf zu prüfen habe, ob sich aus ihr pfändbare Gegenstände ergeben oder nicht. Der Gerichtsvollzieher habe also durch die Prüfung der Frage, ob die Bedingung eingetreten sei, keinen Mehraufwand, der das Entstehen der Gebühr gemäß KV Nr. 604 GvKostG rechtfertigen könnte (LG Koblenz a. a. O.; LG Itzehoe, Beschluss vom 30. März 2015 - 4 T 33/15).

Nach anderer Auffassung ist die Gebühr gemäß KV Nr. 604 GvKostG entstanden, weil es der Gläubiger nicht in der Hand haben dürfe, den Gerichtsvollzieher durch das Aufstellen von Bedingungen zu einer gebührenfreien Tätigkeit zu veranlassen. Zudem entspreche die gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO nötige Prüfung nicht der Prüfung, ob die Bedingung, unter die der Pfändungsauftrag erteilt sei, eingetreten sei (vgl. OLG Schleswig DGVZ 2015, 228; LG Bonn DGVZ 2015, 114 f.; AG Limburg DGVZ 2014, 71 f.; AG Bingen DGVZ 2014, 107; AG Bad Segeberg, Beschluss vom 17. November 2014 – 6 M 131/14 zitiert nach juris; Seip, DGVZ 2014, 177 f).

Das erkennende Gericht folgt der letzten Meinung.

Zwar kann ein Gläubiger wegen der im Zwangsvollstreckungsrecht allgemein geltenden Dispositionsmaxime einen Vollstreckungsauftrag grundsätzlich unter aufschiebende Bedingungen stellen (so für die Übersendung der Abschrift eines bereits vorhandenen Vermögensverzeichnisses nach Auftrag zur Einholung der Vermögensauskunft mit gleichzeitiger bedingter Auftragsrücknahme durch den Gläubiger OLG Schleswig DGVZ 2015, 88, 228 ff.). Allerdings kann diese Dispositionsbefugnis des Gläubigers nicht dazu führen, dass er sich auf das Nichtvorliegen des Gebührentatbestandes für die unterbliebene Vollstreckungsmaßnahme berufen kann, wenn er seinen Antrag auf Durchführung dieser Vollstreckungsmaßnahme von einer inhaltlichen Prüfung, insbesondere einer - eigentlich ihm obliegenden - wirtschaftlichen oder rechtlichen Bewertung ihrer Erfolgsaussicht durch den Gerichtsvollzieher abhängig macht und sich zeigt, dass diese Maßnahme keine Erfolgsaussicht hat. Nach der Vorbemerkung 6 zu KV Nr. 600 - 604 GvKostG soll sich die Nichterledigung einer Vollstreckungsmaßnahme gebührenmäßig nicht zu Lasten des Gerichtsvollziehers auswirken, wenn sie auf Rechtsgründen oder auf tatsächlichen Gründen ohne Bezug zur Person oder Entschließung des Gerichtsvollziehers beruht. Der Nichterledigung „aus Rechtsgründen“ i. S. d. Vorbemerkung 6 steht wertungsmäßig der Fall gleich, dass ein Pfändungsauftrag unter der aufschiebenden Bedingung eines bestimmten Prüfergebnisses des Gerichtsvollziehers erteilt wird und die Bedingung nicht eintritt. Auch in diesem Fall liegt der zur Nichterledigung führende Umstand nicht in der Sphäre des Gerichtsvollziehers. Nach der gesetzgeberischen Wertung steht dem Gerichtsvollzieher daher eine Gebühr nach Abschnitt 6 KV GvKostG zu (vgl. LG Bonn DGVZ 2015, 114; AG Bad Segeberg, a. a. O.; AG Limburg a. a. O.)

Soweit in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, die „Prüfung des Vorhandenseins pfändbarer Gegenstände“ sei bereits Teil der Amtspflichten eines Gerichtsvollziehers bei der durch ihn zu veranlassenden Eintragungsanordnung nach

§ 882c ZPO, zwingt auch dies zu keiner abweichenden Beurteilung (AG Bad Seberg a. a. O.). Entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart (DGVZ 2017, 42) ist die summarische Prüfung nach § 882c Abs.1 Nr. 2 ZPO, ob die Pfändung und Verwertung von dem Schuldner angegebener Vermögensgegenstände die Befriedigung des Gläubigers erwarten lassen, mit der Prüfung, ob der gleichzeitig bedingt erteilte Pfändungsauftrag zur Durchführung gelangt, nicht vergleichbar. Die Eintragung der abgegebenen Vermögensauskunft im Schuldnerverzeichnis hat nur dann zu unterbleiben, wenn aus der Pfändung und Verwertung der vom Schuldner angegebenen Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers zu erwarten ist. Dies gilt auch dann, wenn kein gleichzeitig erteilter Pfändungsauftrag vorliegt. Deshalb ist bei Vorliegen eines Pfändungsauftrages eine ins Detail gehende weitere Prüfung, wie sie vor einer Pfändung zu erfolgen hat, erforderlich. So ist die Bewertung nach § 803 Abs. 2 ZPO sowie die Prüfung der Pfändbarkeit nach §§ 811, 811c, 812 ZPO vorzunehmen, wobei auch die Möglichkeit einer Austauschpfändung nach § 811b ZPO und die Vornahme einer Vorwegpfändung gemäß § 811d ZPO in Betracht kommen kann. Führen diese Prüfungen zu dem Ergebnis, dass eine Pfändung nicht zulässig ist, liegen nach der Vorbemerkung zu Abschnitt 6 GvKostG die Voraussetzungen für den Ansatz der Gebühr nach KV 604 GvKostG vor, denn diese Prüfung kann nicht dem Vermögensauskunftsverfahren zugeordnet werden (vgl. Seip, DGVZ 2015, 75, 76 m. w. N.). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses gemäß § 802d ZPO die Abgabe desselben bis zu 23 Monate zurückliegen kann und der Gerichtsvollzieher sich zur Prüfung der Vollstreckungsaussichten erst wieder in dessen Inhalt vertiefen muss. Wie jede andere Vollstreckungsmaßnahme muss auch diese Prüfung sorgfältig erfolgen, weil Fehlentscheidungen Regressansprüche auslösen können (OLG Schleswig a. a. O.; AG Bad Segeberg a. a. O.; Seip a. a. O.).

Gegen eine solche Betrachtungsweise sprechen auch nicht die Gläubigerinteressen. Denn die Interessenlage der Gläubiger wird hinreichend dadurch gewahrt, dass der Gläubiger das Entstehen der Gebühr dadurch verhindern kann, dass er keinen bedingten Pfändungsauftrag stellt, sondern einen Pfändungsauftrag erst erteilt, wenn er selbst nach Durchsicht des Vermögensverzeichnisses eine Pfändung für erfolgversprechend hält (vgl. OLG Schleswig a. a. O.; AG Limburg a. a. O.; AG Bad Segeberg a. a. O.; AG Bingen DGVZ 2014, 107; Seip a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 8 GKG.

Das Gericht lässt die Beschwerde gegen seine Entscheidung nach § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, 66 Abs. 2 S. 2 GKG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zu.

Rechtsmittel-/Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde (§§ 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 2 ZPO) zulässig.

Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt, andernfalls die befristete Erinnerung (§§ 793, 567 Abs. 2 ZPO, 11 Abs. 2 RPflG).

Die Rechtsbehelfe sind binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht Düren (August-Klotz-Str. 14, 52349 Düren), dessen Beschluss angefochten wird oder bei dem Landgericht Aachen (Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen) als Beschwerdegericht einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels/Rechtsbehelfes ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich, die über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach erreichbar ist. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.nrw.de.

Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die

Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.