OLG Hamm, Urteil vom 26.08.2016 - 30 U 41/15
Fundstelle
openJur 2019, 13423
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 O 295/13

Zur Verjährung des bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs nach Zahlung unter Vorbehalt auf ein später aufgehobenes Vorbehaltsurteil.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. Februar 2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen hinsichtlich des Zinsausspruchs unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 54.007,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2014 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung aus beiden Urteilen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, dem Zeugen L, die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 54.007,38 € nebst Zinsen geltend.

Dem liegt Folgendes zugrunde:

Der Beklagte erstritt gegen den Ehemann der jetzigen Klägerin in einem vor dem Landgericht Itzehoe im Urkundenprozess geführten Rechtsstreit (6 O 301/09) ein am 22.01.2010 verkündetes Vorbehaltsurteil, durch das der Zeuge L verurteilt wurde, an den hiesigen Beklagten 47.600 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 23.800 € für die Zeit vom 02.04.2008 bis zum 01.04.2009 und aus 47.600 € seit dem 02.04.2009 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.379,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.10.2009 zu zahlen. Das Urteil war für vorläufig vollstreckbar erklärt und sah für den Zeugen L die Möglichkeit der Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vor.

Anschließend forderte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 03.02.2010 den Zeugen L über dessen anwaltlichen Vertreter zur Zahlung des titulierten Betrages unter Fristsetzung bis zum 25.02.2010 auf.

Ausweislich einer von der Klägerin vorgelegten Ablichtung einer Vertragsurkunde vom 04.02.2010 schloss der Zeuge L mit einem Herrn B einen Darlehensvertrag, wonach ihm jener zum Zwecke der „Zahlung wegen Vorbehaltsurteil LG Itzehoe 6 O 301/09“ ein Darlehen über 60.000 € gewährte, das der Darlehnsgeber am 11.02.2010 – wie sich einem weiterhin vorgelegten Kontoauszug der E entnehmen lässt – absprachegemäß auf das bei der E AG unter der Nummer ...#/... geführte Sammelkonto überwies. Inhaber dieses (Ander-)Kontos ist Rechtsanwalt N, der mit dem als Steuerberater tätigen Zeugen L zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden ist und der dem Zeugen L für das vorgenannte Konto im Jahr 2007 – wie sich ebenfalls der dazu vorgelegten Urkunde entnehmen lässt – eine Kontovollmacht erteilt hatte.

Ausweislich einer vom Zeugen L paraphierten Aktennotiz vom 01.03.2010 wies dieser eine in der Sozietät tätige Mitarbeiterin an, auf das näher bezeichnete Konto des Beklagten bei der Sparkasse F 55.200 € mit dem Zusatz „6 O 301/09 LG Itzehoe Zhlg. u. Vorbehalt der Rückforderung“ zu überweisen.

Mit Schreiben ebenfalls vom 01.03.2010 teilte der anwaltliche Vertreter des Zeugen L dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 03.02.2010 und ein zwischen ihnen am 25.02.2010 geführtes Telefonat Folgendes mit:

„Namens und im Auftrag unseres Mandanten teilen wir mit, dass dieser lediglich zur Meidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage am heutigen Tag die von Ihnen im Schriftsatz vom 03.02.2010 geltend gemachte Forderung aus dem Vorbehaltsurteil des Landgerichtes Itzehoe vom 25.01.2010 unter Vorbehalt der Rückforderung an Ihren Mandanten am heutigen Tag angewiesen hat.“

Am 02.03.2010 ging danach auf dem Geschäftskonto des Beklagten ein Betrag in Höhe von 55.200 € ein mit dem Zusatz:

              „N 6 O 301/09 LG Itzehoe Zhlg. u. Vorbehalt d. Rückford.“

Mit Schreiben vom 19.03.2010 teilte der anwaltliche Vertreter des Zeugen L dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten Folgendes mit:

„Bei der Zahlung von Herrn N in Höhe von 55.200 € handelt es sich um die in unserem Schriftsatz vom 01.03.2010 beschriebene Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage auf das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Itzehoe vom 25.01.2010 zum Aktenzeichen 6 O 301/09. Dem Verwendungszweck der Zahlung ist dies auch zu entnehmen. Anliegend erhalten Sie den Kontoauszug des Herrn N vom 01.03.2010.“

In dem anschließend durchgeführten Nachverfahren (6 O 301/09) hat das Landgericht Itzehoe mit am 05.11.2010 verkündeten Urteil sein Vorbehaltsurteil vom 22.01.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des hiesigen Beklagten hat das Oberlandesgericht Schleswig mit am 24.04.2012 verkündetem Urteil (3 U 111/10) unter weitgehender Zurückweisung des Rechtsmittels das angefochtene Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 05.11.2010 teilweise dahingehend abgeändert, dass dessen Vorbehaltsurteil insoweit für vorbehaltlos erklärt worden ist, als der Zeuge L verurteilt worden war, an den hiesigen Beklagten 1.108,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit ab dem 10.10.2009 zu zahlen.

Am 30.04.2012 – unmittelbar nach Verkündung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig – schloss der Zeuge L als Zedent einen schriftlichen Abtretungsvertrag mit der Klägerin als Zessionarin ab, in dem es heißt:

„Abgetreten wird die Rückforderung zu Unrecht am 01.03.2010 beigetriebener € 55.200,00 (zzgl. Zinsen und Kosten), die zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 25.01.2010 (AZ.: 6 O 301/09) an X2 [Beklagter] (…) unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt wurde. Das Schleswig Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 24. April 2012 (3 O 111/10) die Berufung gegen das vorgenannte Urteil abgewiesen. Der Zedent weist darauf hin, dass aufgrund der Erfahrungen mit Herrn X2 [Beklagter] mit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof gegen das o.g. benannte OLG-Urteil zu rechnen sein dürfte, wodurch sich die Beitreibung der abgetretenen Forderung möglicherweise erschweren könnte.“

Die gegen das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.02.2013 (III ZR 165/12) zurückgewiesen worden.

Mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 26.06.2013 an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten forderte der Zeuge L den Beklagten unter Hinweis auf den Abtretungsvertrag unter Fristsetzung bis zum 05.07.2013 zur Rückzahlung des Betrages in Höhe von 55.200 € auf das angegebene Konto der Klägerin auf.

Hierauf antwortete der Prozessbevollmächtige des Beklagten mit Schreiben vom 03.07.2013, in dem es u.a. heißt:

„Mit diesem Schreiben verlangen Sie für Ihre Mandantin, Frau X [Klägerin], die Rückzahlung des von Ihrem Mandanten, Herrn L, gezahlten Betrages i.H.v. 55.200 €.

Wir bitten zunächst, uns eine Geldempfangsvollmacht der Frau X [Klägerin] vorzulegen. Zuvor kann eine Zahlung nicht erfolgen.

(…)“

Die Klägerin hat behauptet, dass der auf dem Geschäftskonto des Beklagten eingegangene Betrag von dem Zeugen L – ihrem Ehemann – von einem Sammelkonto angewiesen worden sei, dessen Inhaber dessen Sozius N sei und über das der Zeuge L Kontovollmacht besitze. Der Zeuge L habe sich von einem Freund ein Darlehen über 60.000 € gewähren lassen, das jener auf das erwähnte Sammelkonto überwiesen habe, von wo der Betrag an den Beklagten weiter überwiesen worden sei. Sie hat die Ansicht vertreten, dass für den Beklagten – wie im Übrigen für jeden Außenstehenden – erkennbar gewesen sei, dass nicht Herr N als Inhaber des Kontos, von dem die Überweisung vorgenommen worden sei, sondern ihr Ehemann, der Zeuge L, die Leistung erbracht habe. Die Höhe der geltend gemachten Rückforderung ergebe sich – was von dem Beklagten unwidersprochen hingenommen worden ist – aus dem überwiesenen Betrag von 55.200 € unter Absetzung des vom Oberlandesgericht Schleswig dem Beklagten – nunmehr rechtskräftig – zugesprochenen Betrages von 1.108,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit ab dem 10.10.2009.

Die Klägerin hat mit ihrer am 18.10.2013 anhängig gemachten und am 14.05.2014 zugestellten Klage, deren Zustellung am 12.05.2014 veranlasst worden war, nachdem die Klägerin den mit Kostenrechnung vom 22.10.2013 angeforderten Gerichtskostenvorschuss am 08.05.2014 eingezahlt hatte, beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 54.007,38 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

              die Klage abzuweisen.

Er hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Zum einen fehle es bereits an einem Anspruch des Zeugen L, den er an die Klägerin hätte abtreten können. Der Kläger hat insoweit in Abrede gestellt, dass der Zeuge L die Zahlung auf sein Geschäftskonto vorgenommen habe, vielmehr sei die Zahlung durch Herrn N erfolgt. Anlässlich eines Zusammentreffens mit einem der anwaltlichen Vertreter des Zeugen L am 10.03.2010 vor dem Oberlandesgericht Hamm seien Rechtsanwalt Y und anschließend auch Rechtsanwalt K – bei beiden handelt es sich um anwaltliche Vertreter des Zeugen L – in einem Telefonat von seinem Prozessbevollmächtigten darauf auch hingewiesen worden. Dies sei der Grund für das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Zeugen L vom 19.03.2010 gewesen, in dem dieser dann ausdrücklich mitgeteilt habe, dass es sich um eine Zahlung des Herrn N gehandelt habe. Zum anderen sei die Abtretung selbst nicht wirksam, da die abzutretende Forderung nicht hinreichend bestimmt sei.

Der Beklagte hat zudem die Echtheit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht von der Klägerin vorgelegten Originale eines Kontoauszuges vom 11.02.2010 und eines Schreibens der E AG vom 26.01.2015 bestritten.

Der Beklagte hat schließlich – äußerst hilfsweise – gegenüber dem von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat den Beklagten nach uneidlicher Vernehmung des Ehemannes der Klägerin als Zeugen unter Abweisung der Zinsmehrforderung in der Hauptsache antragsgemäß zur Zahlung von 54.007,38 € verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei. Der Zeuge L habe ihr als ursprünglicher Anspruchsinhaber die Rückforderung wirksam gem. § 398 BGB abgetreten. Die Abtretungsvereinbarung sei hinreichend bestimmt, wobei es unschädlich sei, dass das in Bezug genommene Urteil mit dem 25.01.2010 (statt 22.01.2010) ein falsches Datum trage, da das ebenfalls angegebene Aktenzeichen einen eindeutigen Rückschluss zulasse. Dem Zeugen L stehe auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB zu. Dass der Zeuge L Leistender gewesen sei, stehe nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Überzeugung des Landgerichts fest. Dabei werde die bestätigende Aussage des Zeugen durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten und zur Akte gereichten Unterlagen gestützt. Dass es sich um eine Leistung des Zeugen L gehandelt habe, sei für den Beklagten allein aufgrund des Schreibens des anwaltlichen Vertreters des Zeugen L vom 01.03.2010 auch erkennbar gewesen. Der mit dem Vorbehaltsurteil ursprünglich bestehende Rechtsgrund sei mit dessen rechtskräftiger Aufhebung später weggefallen. Der Bereicherungsanspruch sei auch nicht verjährt. Dabei komme es als maßgebliches Ereignis nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Aufhebung des Vorbehaltsurteils (am 05.11.2010) an; entscheidend für den Beginn der Laufs der Verjährung sei der Ablauf des Jahres, in dem der Rechtsgrund endgültig weggefallen sei; rechtskräftig sei die Aufhebung des Vorbehaltsurteils erst mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 28.02.2013 geworden.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er in erster Linie seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt und hilfsweise eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht begehrt. Er rügt nach wie vor die fehlende Schlüssigkeit der Klage. Der Klägerin fehle es an der erforderlichen Aktivlegitimation. Dem Zeugen L stehe ihm gegenüber weder ein Anspruch auf Rückzahlung zu, noch sei dieser vermeintliche, von der Klägerin behauptete Anspruch wirksam an diese abgetreten worden. Im Übrigen sei ein möglicher Rückzahlungsanspruch auch verjährt.

Bezüglich der Abtretung habe das Landgericht verkannt, dass die Klägerin nicht einmal vorgetragen habe, welchen Anspruch sie sich habe abtreten lassen. Die Abtretungsvereinbarung lasse dies nicht erkennen. Denn eine vermeintliche Zahlung des Herrn L wäre nicht zu Unrecht, sondern auf das Urteil des Landgerichts Itzehoe erfolgt, das zudem nicht vom 25.01.2010, sondern vom 22.01.2010 datiere; die Zahlung sei auch nicht auf Beitreibung, sondern freiwillig erfolgt. Auch die Höhe der Abtretung mit 55.200 € zuzüglich Zinsen und Kosten sei zu unbestimmt. Schließlich sei die Zahlung auch nicht zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil vom 25.01.2010 erfolgt. Die von ihm – dem Beklagten – ausgesprochene Aufforderung zur Zahlung des in dem Vorbehaltsurteil titulierten Betrages sei – was das Landgericht vollkommen außer Acht gelassen habe – nicht unter Androhung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Hinzu komme, dass die Zahlung – entgegen der insoweit falschen Feststellung durch das Landgericht – nicht durch den Zeugen L, sondern durch Herrn N erfolgt sei, was der anwaltliche Vertreter des Zeugen L in seinem Schreiben vom 19.03.2010 auch zum Ausdruck gebracht habe. Es mangele an der Glaubwürdigkeit des Zeugen L, der selbst ein Interesse am Ausgang des Verfahrens habe und sich nur durch die vermeintliche Abtretung der Forderung an die Klägerin – seine Ehefrau – in die Position als Zeugen habe bringen können. Entscheidend sei aber vielmehr, was bei Zahlung gegenüber ihm – dem Beklagten – als Empfänger der Leistung kundgetan worden sei. Leiste jedoch – wie hier – ein Dritter auf eine bestehende Schuld, so habe (nur) der Dritte einen Bereicherungsanspruch gegen den Schuldner; keinesfalls habe jedoch der ursprüngliche Schuldner (Zeuge L) einen Rückgriffsanspruch gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger. Soweit das Landgericht den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung schließlich als nicht verjährt ansehe, sei dies ebenfalls rechtsirrig; dieses Verständnis beruhe auf der Rechtsprechung vor der Schuldrechtsreform im Jahr 2002. Wäre die Ansicht des Landgerichts zutreffend, würde der Beginn der Verjährung für Ansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO einerseits und aus § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. BGB andererseits auseinanderfallen, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sei.

Der Beklagte beantragt,

              die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen,

              hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

              die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages erster Instanz als zutreffend.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zur Akte gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II.

1.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache allein hinsichtlich der Zinshöhe Erfolg, deren Zinsfuß auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bei gleichbleibendem Beginn der Verzinsung am 15.05.2014 herabzusetzen war. In der Hauptsache hat das Landgericht den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 54.007,38 € verurteilt.

a)

Einem von der Klägerin – aus abgetretenem Recht – geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus §§ 600 Abs. 2, 302 Abs. 4 ZPO kann der Beklagte allerdings mit Erfolg die erhobene Einrede der Verjährung entgegenhalten. Gem. § 302 Abs. 4 S. 3 ZPO ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des [Vorbehalts-]Urteils oder durch eine zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Schadensersatzanspruch entsteht mit der Aufhebung oder Änderung des Vorbehaltsurteils (BGH, Urteil vom 21.04.1980 – II ZR 107/79, NJW 1980, 2527 f. – für Wechselvorbehaltsurteil). Der Lauf der Verjährung beginnt – wie bei § 717 Abs. 2 ZPO – gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem die Partei Kenntnis von dem aufhebenden Urteil erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2006 – IX ZR 147/04, BGHZ 169, 308 – zitiert nach juris Tz. 13 f. – allerdings noch zu § 852 Abs. 1 BGB a.F.). Da die geltend gemachten Schadensersatzansprüche der dreijährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB unterliegen und der Zeuge L die erforderliche Kenntnis von der Aufhebung des Vorbehaltsurteils – vermittelt durch seinen Prozessbevollmächtigten (vgl. zur Zurechnung: BGH, Urteil vom 08.05.2008 – VII ZR 106/07, NJW 2008, 2427 – Tz. 17) – noch im Jahr 2010 erhalten hat, begann der Lauf der Verjährung dieses Schadensersatzanspruchs am 01.01.2011, so dass mit Ablauf des 31.12.2013 Verjährung eingetreten ist. Die bereits am 18.10.2013 anhängig gemachte Klage führte gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht zu einer rechtzeitigen Hemmung der Verjährung, da ihre Zustellung am 14.05.2014 nicht mehr „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO erfolgt ist. Denn der bereits mit Kostenrechnung vom 22.10.2013 angeforderte Gerichtskostenvorschuss ist durch die Klägerin erst am 08.05.2014 eingezahlt worden, ohne dass etwas dafür ersichtlich wäre, dass dies nicht auf ihrem Verschulden beruht.

b)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Rückgewähr des durch den Zeugen L jedenfalls in Höhe von 54.007,38 € zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Betrages ergibt sich jedoch aus § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB; dieser Anspruch ist wirksam an die Klägerin abgetreten worden und nicht verjährt.

aa)

Die Klägerin ist zur Geltendmachung des Rückgewähranspruchs aktivlegitimiert. Der Zeuge L hat mit Abtretungserklärung vom 30.04.2012 (Anlage K8 – Bl. 35) seinen ihm gegenüber dem Beklagten zustehenden bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückerstattung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung von ihm geleisteten Betrages wirksam auf die die Abtretung annehmende Klägerin übertragen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Abtretungsvereinbarung vom 30.04.2012 hinreichend bestimmt und erfasst jedenfalls einen Rückzahlungsanspruch, der sich ergeben soll aus „zu Unrecht beigetriebener € 55.200,00 (zzgl. Zinsen und Kosten), die zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 25.01.2010 (AZ.: 6 O 30/109)“ an den namentlich bezeichneten Beklagten gezahlt worden sind. Durch die Bezeichnung der Person des Schuldners und den Gegenstand und Umfang der Leistung ist die (Haupt-)Forderung hinreichend bestimmt. Soweit bei der Bezeichnung der Forderung von einem zu Unrecht beigetriebenen Betrag die Rede ist, obwohl die Zahlung durch den Zeugen L freiwillig zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgte, ist dies ebenso unschädlich wie der Umstand, dass der Titel, aus dem die Zwangsvollstreckung durch die Zahlung abgewendet werden sollte, in der Abtretungsvereinbarung mit dem Datum des 25.01.2010 statt zutreffenderweise mit dem des 22.01.2010 beschrieben wird. Diese Ungenauigkeiten oder Unrichtigkeiten hindern die Identifizierbarkeit der abgetretenen Forderung nicht.

Dem wird man auch nicht mit Erfolg entgegenhalten können, der Klägerin sei zwar möglicherweise der nunmehr verjährte Anspruch aus §§ 600 Abs. 2, 302 Abs. 4 ZPO, nicht aber ein zum Zeitpunkt der Abtretung noch gar nicht entstandener Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB abgetreten worden. Eine derartige – auch lebensfremde – Einschränkung im Hinblick auf die Reichweite der Abtretung lässt sich dem Abtretungsvertrag vom 30.3.2012 nicht entnehmen. Vielmehr erhellt der weitere Hinweis in dem Text dieses Vertrages, wonach die Beitreibung der abgetretenen Forderung sich möglicherweise wegen eines noch drohenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens erschweren könne, dass die Abtretung sich nicht nur auf einen bereits zum damaligen Zeitpunkt fälligen und durchsetzbaren Anspruch – eben nach §§ 600 Abs. 2, 302 Abs. 4 ZPO – beschränken sollte.

bb)

Seitdem und in dem Umfang, in dem das den vollstreckbaren Titel bildende Vorbehaltsurteil des Landgerichts Itzehoe vom 22.01.2010 im Nachverfahren durch den Nichtannahmebeschluss des Bundesgerichts vom 28.02.2013 rechtskräftig aufgehoben worden ist, steht der Klägerin aus abgetretenem Recht des Zeugen L der sich aus § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB ergebende Anspruch auf Rückgewähr der vom Zedenten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Summe zu.

(1)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 26.10.2006 – IX ZR 147/04, BGHZ 169, 308 – zitiert nach juris Tz. 23), der der Senat folgt, ist die Anwendung der bereicherungsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Rechts nach Abschluss des Rechtsstreits, wobei sich das Nachverfahren als Fortsetzung des Urkundenverfahrens darstellt und mit ihm eine Einheit bildet (Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 600 Rdn. 1), durch § 717 Abs. 2 ZPO – bzw. dem gleichstehend durch §§ 600 Abs. 2, 302 Abs. 4 S. 3 ZPO – nicht ausgeschlossen, da diese als Instrument innerprozessualer Waffengleichheit ausgestaltete Vorschrift es der Partei, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem (Vorbehalts-)Urteil Zahlung geleistet hat, nicht verwehrt, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung (im Nachverfahren) abzuwarten und sodann die daraus folgenden Bereicherungsansprüche geltend zu machen.

(2)

Entgegen der Ansicht des Beklagten beruhte der mit Eingang der Zahlung in Höhe von 55.200 € auf seinem Girokonto erlangte Vorteil auf einer Leistung des Zeugen L. Diese vom Landgericht als erwiesen angesehene Leistungsbeziehung, für deren Feststellung das Landgericht zutreffend den Bereicherungsgläubiger als beweisbelastet angesehen hat (Palandt/Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 812 Rdn. 76), hat der Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung zu Grunde zu legen, da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

(aa)

Unter einer Leistung i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169; Palandt/Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 812 Rdn. 14). Leistender und damit Bereicherungsgläubiger ist, wer in erster Linie nach der Zweckbestimmung der Beteiligten, hilfsweise nach dem Empfängerhorizont, etwas zuwendet (BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169; Palandt/Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 812 Rdn. 16).

Da vorliegend wegen der tatsächlich erfolgten Abwicklung der Zahlung an den Beklagten über das Konto des Herrn N nicht ohne Weiteres von einer ausschließlich zwischen dem Zeugen L und dem Beklagten bestehenden Leistungsbeziehung mit ausdrücklicher Zweckbestimmung ausgegangen werden kann, sondern vielmehr eine Zahlung in einem drei-Personen-Verhältnis anzunehmen ist, beurteilt sich das Vorliegen einer Leistungsbeziehung grundsätzlich nach dem Empfängerhorizont des Bereicherungsschuldners.

Bei der Beurteilung der Zuwendung nach dem Empfängerhorizont ist regelmäßig eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten (BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169 m.w.N.). Hierbei sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169). Maßgebend ist, wie eine vernünftige Person die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte (BGH, Urteil vom 21.10.2014 – III ZR 38/04, NJW 2005, 60 f.; Palandt/Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 812 Rdn. 14). Sind – wie vorliegend – mehr als zwei Personen beteiligt, verbietet sich bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung eines solchen Vorgangs allerdings jede schematische Lösung; vielmehr sind in erster Linie die Besonderheiten des einzelnen Falles für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung zu beachten (BGH, Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 270/02, NJW 2004, 1169).

i)

Gemessen daran hat der Beklagte die vom Konto des Herrn N erfolgte Überweisung eines Betrages in Höhe von 55.200 € auf sein Konto schon nur als Leistung des Zeugen L ansehen können. Dem Zahlungseingang auf dem Konto des Beklagten vorausgegangen war zunächst eine Aufforderung seines Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 03.02.2010 an den anwaltlichen Vertreter des Zeugen L, den im Vorbehaltsurteil vom 22.01.2010 tenorierten Betrag bis zum 25.02.2010 zu zahlen. Auch wenn über seinen Inhalt nichts Näheres bekannt ist, schloss sich diesem Schreiben am 25.02.2010 – dem Datum des Fristablaufs – ein Telefongespräch zwischen dem anwaltlichen Vertreter des Zeugen L und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten an. Mit Schreiben vom 01.03.2010 teilte der anwaltliche Vertreter des Zeugen L dann unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 03.02.2010 und auf das Telefongespräch vom 25.02.2010 mit, dass der Zeuge L unter demselben Datum die geltend gemachte Forderung aus dem Vorbehaltsurteil des Landgerichts Itzehoe zur Meidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und unter dem Vorbehalt der Rückforderung zur Zahlung angewiesen habe. Einen Tag später konnte der Beklagte anschließend den Eingang eines Betrages in Höhe von 55.200 € mit dem ausdrücklich erklärten Zusatz „6 O 301/09 LG Itzehoe Zhlg. u. Vorbehalt d. Rückford.“ auf seinem Konto und damit in einer Größenordnung feststellen, die überschlägig etwa 110 % des tenorierten Betrages über 47.600 € unter weiterer Berücksichtigung etwaiger Zinsen und Kosten entsprach.

Obwohl die Zahlung über das Konto des Herrn N erfolgte, hat der Beklagte diese Zahlung aufgrund der dargelegten und ihm bekannten Umstände nur als Leistung des Zeugen L verstehen können und müssen. Aus seiner Sicht lag dann die Annahme nahe, dass der Kontoinhaber N ebenso wie eine Bank als Zahlstelle durch den Zeugen L angewiesen worden ist. Eine eigene Leistung des Herrn N bei der geschilderten Sachlage annehmen zu wollen, liegt nicht zuletzt deswegen fern, da der Beklagte keine Zahlung des Herrn N erwartet und bei diesem auch nicht nachgefragt hatte, was es mit der – dann unter Umständen rechtsgrundlosen – Zahlung auf sich hat.

Auch wenn der Beklagte vorträgt, dass von den anwaltlichen Vertretern des Herrn L, zum einen von Rechtsanwalt Y am 10.03.2010 aus Anlass einer Begegnung vor dem Oberlandesgericht Hamm und zum anderen von Rechtsanwalt K in seinem Schreiben vom 19.03.2010, bestätigt worden sei, dass es sich um eine Zahlung des Herrn N bzw. es sich „bei der Zahlung von Herrn N in Höhe von 55.200,00 € (…) um die in unserem Schriftsatz vom 01.03.2010 beschriebene Zahlung unter Vorbehalt“ handele, führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Abgesehen davon, dass es für die Beurteilung der Leistungsbeziehung auf die Umstände im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung ankommt und nachträgliche Erklärungen allenfalls Rückschlüsse auf den Leistungszeitpunkt zulassen, vermag der Senat diesen – durchaus ungenauen – Erklärungen der anwaltlichen Vertreter des Zeugen L angesichts der dargestellten Umstände aber nicht die Bedeutung beizumessen, dass es sich bei der Zahlung vom Konto des Herrn N um dessen eigene Leistung auf eine fremde Schuld, nämlich die des Zeugen L, handelte.

Dass der Beklagte oder jedenfalls seine Prozessbevollmächtigten dies letztlich auch so gesehen haben, deutet sich zumindest in deren Schreiben vom 03.07.2013 an, mit dem sie auf das anwaltliche Schreiben vom 26.06.2013, mit dem die Klägerin aus abgetretenem Recht des Herrn L in Höhe von 55.200 € Rückzahlung „des von Herrn L gezahlten Betrages“ an sie begehrt, lediglich in der Weise reagieren, dass sie von den anwaltlichen Vertretern des Herrn L und der Klägerin für die Zahlung zunächst die Vorlage einer Geldempfangsvollmacht für die Klägerin verlangen, ohne dort jedoch Zweifel an der ursprünglichen Aktivlegitimation des Zeugen L zu äußern. Ob dies – wie die Klägerin mehrfach ausgeführt hat – zu einem Neubeginn der Verjährung gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB geführt hat, kann der Senat offenlassen, da der geltend gemachte Anspruch – wie noch zu zeigen sein wird – ohnehin nicht verjährt ist.

ii)

Für die Annahme einer eigenen Leistung des Zeugen L spricht auch, dass die Zahlung mit Mitteln des Zeugen L erfolgt ist, der zur Erbringung der Zahlung zuvor ein Darlehen über 60.000 € aufgenommen und die Valuta auf das Konto des Herrn N eingezahlt hat, und die Überweisung auf das Konto des Beklagten auf seine Anweisung zurückgeht, da er über das Konto des Herrn N ebenfalls verfügungsbefugt war. Diese nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen lassen keine konkreten Anhaltspunkte erkennen, die Anlass gäben, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Vernehmung des Herrn L als Zeugen erst durch die Abtretung der Forderung an die Klägerin möglich geworden ist, sind gleichwohl durch das Landgericht keine Bedenken an seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage geäußert worden oder sonst ersichtlich. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass seine Aussage durch die von der Klägerin bzw. ihm vorgelegten Urkunden gestützt wird, die vom Beklagten – anders noch als in erster Instanz, in denen er deren Echtheit bestritten hat – nicht mehr länger in Zweifel gezogen worden sind. Aufgrund des vorgelegten Darlehensvertrages vom 04.02.2010 zwischen Herrn B und dem Zeugen L, den dieser unmittelbar nach der Aufforderung des Beklagten zur Zahlung des tenorierten Betrages am 03.02.2010 abgeschlossen hatte, und der am 11.02.2010 auf das „Anweisungskonto“ überwiesenen Darlehensvaluta in Höhe von 60.000 € steht fest, dass der auf das Konto des Beklagten überwiesene Betrag in Höhe von 55.200 € aus Mitteln des Zeugen L stammt, auch wenn sich auf dem Sammelkonto des Herrn N, von dem die Überweisung veranlasst worden ist, noch andere Fremdgelder in Höhe von ebenfalls rund 60.000 € befanden. Dass die Zahlung auch vom Zeugen L veranlasst worden ist, ist angesichts der seit 2007 bestehenden Vollmacht des Zeugen L über das Konto und vorgelegten schriftlichen Anweisung an die Mitarbeiterin der Sozietät, die Zahlung unter Angabe des auch auf dem vom Beklagten vorgelegten Kontoauszugs zu entnehmenden Verwendungszwecks zu veranlassen, ebenfalls nicht mehr zweifelhaft.

(bb)

In dem Umfang, in dem das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Itzehoe vom 22.01.2010 aufgehoben worden ist, ist der mit der Leistung des Zeugen L am 01.03.2010 verbundene Zweck, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil abwenden zu wollen, weggefallen. Dieser Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB ist erst im Jahr 2013 mit der endgültigen Aberkennung des Anspruchs entstanden, dessen vollstreckungsrechtliche Durchsetzung durch die Leistung verhindert werden sollte, so dass der am 01.01.2014 beginnende Lauf der Verjährung durch die am 12.05.2014 zugestellte Klage gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt worden ist.

i)

Da der Leistungsbefehl an den Vollstreckungsschuldner, der aus einer vorläufig vollstreckbaren Entscheidung bzw. dem gleichstehend aus einem – selbst formell rechtskräftigen – Vorbehaltsurteil bei noch anhängigem Nachverfahren in Anspruch genommen wird, zum Zeitpunkt der Zahlung noch nicht endgültig ist, sondern noch unter der auflösenden Bedingung der Urteilsaufhebung in der Rechtsmittelinstanz steht (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.1976 – III ZB 4/76, WM 1976, 1069 – juris Tz. 22), stellt sich die Frage, in welchem Zeitpunkt vom Nichteintritt des mit dem Rechtsgeschäft bezweckten Erfolges und damit vom Entstehen dieses Rückzahlungsanspruches auszugehen ist. In Betracht zu ziehen sein kann einerseits bereits der Zeitpunkt der Aufhebung des Vorbehaltsurteils vom 22.01.2010 im Nachverfahren durch das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 05.11.2010, andererseits aber auch erst der des Eintritts der Rechtskraft der das Vorbehaltsurteil aufhebenden Entscheidung durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde im Jahr 2013, die sich gegen die die Aufhebung des Vorbehaltsurteils überwiegend bestätigende Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig richtete. Wäre auf den Zeitpunkt der erstmaligen Aufhebung des Vorbehaltsurteils im Nachverfahren am 05.11.2010 und dem damit (zunächst) verbundenen Wegfall der Gefahr der Zwangsvollstreckung abzustellen, wäre aus den oben genannten Gründen der Rückgewähranspruch aus § 812 Abs. 2 S. 2 BGB ebenfalls verjährt. Anders wäre es jedoch dann, wenn es auf die endgültige Nichterreichung des Zwecks ankäme, die erst im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des das Vorbehaltsurteil aufhebenden Urteils anzunehmen wäre, weil erst dann die Gefahr der Wiederherstellung des (Vorbehalts-)Urteils, das Anlass für die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gegeben hatte, nicht mehr bestände.

ii)

Der Senat beantwortet die aufgeworfene Frage in dem zuletzt genannten Sinne. Denn es ist zu berücksichtigen, dass Zahlungen aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils bzw. aufgrund eines Vorbehaltsurteils bei noch anhängigem Nachverfahren in der Regel dahin zu verstehen sind, dass sie nur eine vorläufige Leistung darstellen und unter der aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Bestätigung der zugrunde liegenden Verbindlichkeit erfolgen (BGH, Urteil vom 15.03.2012 – IX ZR 35/11, MDR 2012, 604 – juris Tz. 7 m.w.N.).

Der mit der Leistung bezweckte Erfolg tritt damit entgegen der Ansicht des Beklagten nicht bereits mit der nicht rechtskräftigen Aufhebung des zur vorläufigen Zwangsvollstreckung berechtigenden Titels ein, weil sich der Zweck der Leistung nicht in der Abwendung der dem Gläubiger innerhalb einer bestimmten zeitlichen Frist möglichen Zwangsvollstreckung erschöpft. Vielmehr dient die Zahlung über diese beschränkte zeitliche Komponente hinaus dem weiter gehenden Zweck, die mit einem urteilswidrigen Zahlungsaufschub verbundenen Nachteile insgesamt zu vermeiden (vgl. BGH, Beschluss vom 25.05.1976 - III ZB 4/76, WM 1976, 1069 – juris Tz. 22).

Zu diesen Nachteilen zählen allerdings vorrangig diejenigen, die dem Schuldner gerade durch die Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Titel während eines noch laufenden Prozessverfahrens entstehen können. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann jedoch schon nicht davon ausgegangen werden, die Gefahr der Zwangsvollstreckung eben aus diesem Titel sei mit dessen nicht rechtskräftiger Aufhebung bereits endgültig gebannt.

Der Zweck, die Zwangsvollstreckung aus dem von dem Prozessgegner erstrittenen Titel zu vermeiden, tritt vielmehr erst dann nicht (mehr) ein, wenn die Zwangsvollstreckung gerade aus diesem Titel überhaupt nicht mehr betrieben werden kann. Dies steht jedoch erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Prozessverfahrens fest. Ist der weitere Bestand des Titels aber wegen der Anfechtung der ihn aufhebenden Entscheidung weiterhin ungewiss, ist die gerade aus ihm drohende Zwangsvollstreckung noch nicht endgültig abgewendet und fehlt es deshalb gerade (noch) nicht an dem Eintritt des mit der Zahlung verbundenen Zwecks.

Zudem erschöpft sich der Zweck der vorläufigen und erkennbar zunächst nicht auf die Erfüllung der Forderung gerichteten Zahlung nicht allein in der Vermeidung der Zwangsvollstreckung aus einem in seinem weiteren Bestand ungewissen Titel. Vielmehr geht nach inzwischen einhelliger Meinung mit einer solchen Zahlung auch die Beendigung des Schuldnerverzuges einher (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24.06.1981 – Iva ZR 104/80, NJW 1981, 2244 – Tz. 28), selbst wenn später die Entscheidung, durch die das vorläufig vollstreckbare Urteil beseitigt worden ist, ihrerseits wieder aufgehoben und die ursprünglich verurteilende Entscheidung wieder hergestellt wird. Die ersichtlich nur vorbehaltlich des Ausgangs des Verfahrens geleistete Zahlung dient demnach unter diesem Gesichtspunkt auch dem Zweck, etwaige dem Leistenden gerade wegen der Ungewissheit des endgültigen Verfahrensausgangs drohende Nachteile, die mit einem urteilswidrigen Zahlungsaufschub verbunden wären, zu vermeiden, nämlich das (nicht ausgeschlossene) Anwachsen der auf die Zahlung von Verzugszinsen gerichteten Forderung des Gläubigers. Auch unter diesem Aspekt kann daher erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Prozessverfahrens festgestellt werden, dass der mit der Leistung verbundene Zweck tatsächlich nicht (mehr) eintritt.

Entscheidend ist nach allem, dass eine Zahlung, die während eines laufenden Prozesses unter Aufrechterhaltung der Auffassung geleistet wird, es bestehe kein sie rechtfertigender Rechtsgrund, dem Zweck dient, dauerhaft diejenigen nachteiligen Folgen zu vermeiden, die gerade wegen der Ungewissheit über den Ausgang des Prozesses – und eben der Möglichkeit, dass dieser Prozess zu Ungunsten des Leistenden entschieden wird – einzutreten drohen. Aus diesem Grund tritt der mit ihr bezweckte Erfolg erst dann nicht (mehr) ein, wenn die Ungewissheit über den Ausgang des Rechtsstreites endgültig beseitigt ist. Dies war hier erst Ende Februar 2013 mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Bundesgerichtshof der Fall.

Soweit der Senat deshalb die hier aufgeworfene Frage im Sinne der Klägerin beantwortet, sieht er sich im Einklang mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 26.10.2006 – IX ZR 147/04, BGHZ 169, 308 – Tz. 22), wonach der Vollstreckungsschuldner aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB die Rückgewähr der zur Abwehr der Vollstreckung geleisteten Summe verlangen kann, „seitdem“ das den vollstreckbaren Titel aufhebende Berufungsurteil durch den Nichtannahmebeschluss rechtskräftig geworden ist. Auch in diesem Fall hat der BGH den aus Bereicherungsrecht abzuleitenden Anspruch als erst mit der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens entstanden beschrieben, obwohl der Titel, dessen Zwangsvollstreckung vermieden werden sollte, bereits durch das zunächst nicht in Rechtskraft erwachsene Berufungsurteil aufgehoben worden war. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, § 717 Abs. 2 ZPO (hier: §§ 600 Abs. 2, 302 Abs. 4 ZPO) sei als Instrument innerprozessualer Waffengleichheit ausgestaltet, verwehre es jedoch der Partei nicht, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung abzuwarten und sodann die daraus folgenden Bereicherungsansprüche geltend zu machen.

c)

Entgegen der landgerichtlichen Entscheidung sind Zinsen auf die Hauptforderung nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2014 gem. §§ 288 Abs. 1, 291 BGB gerechtfertigt. Die Anwendung des § 288 Abs. 2 BGB kommt allein schon deswegen nicht in Betracht, weil der Zahlungsanspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung keine Entgeltforderung darstellt (MünchKomm/Ernst, BGB, 7. Auflage 2016, § 286 Rdn. 76; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Auflage 2016, § 288 Rdn. 27).

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision – wie vom Beklagten angeregt – war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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