AG Kamen, Urteil vom 16.11.2016 - 30 C 1333/13
Fundstelle
openJur 2019, 13372
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des gesamten aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit i. H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aufgrund bergbaubedingter Erschütterungen.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks U-Straße 30 in C. Das vom Kläger im Jahr 1981 erworbene Grundstück befindet sich in einem Siedlungsgebiet, das im Bebauungsplan als reines Wohngebiet ausgezeichnet ist. Es handelt sich um eine Bergarbeitersiedlung, die Anfang der 1980er Jahre modernisiert wurde und in einem Gebiet liegt, in dem Bergbau stattfindet und in dem bergbaubedingte Erschütterungen grundsätzlich vorkommen.

Das Grundstück des Klägers ist mit einem Wohngebäude mit einer Wohnfläche von 165 m² bebaut. Die Wohnfläche setzt sich aus zwei Wohneinheiten zusammen, von der eine Wohneinheit mit 111 m² vom Kläger und die andere Wohneinheit mit 54 m² von einem Mieter bewohnt wird. Das Grundstück des Klägers ist seit dem Jahr 2004 Erschütterungen ausgesetzt, die auf Bergbauarbeiten der Beklagten zurückzuführen sind. Für die vermietete Wohneinheit des streitgegenständlichen Wohngebäudes wurde zu keinem Zeitpunkt seitens der Mieterin gegenüber dem Kläger die Miete gemindert.

Seit dem Jahr 2005 befindet sich auf dem Grundstück U-Straße 27 in C eine Messstelle, die die dort auftretenden Erschütterungsereignisse dokumentiert. Nach der DIN 4150 für Erschütterungen im Bauwesen ist deren Anforderung nicht erfüllt, wenn die Erschütterung ion Wohngebieten tagsüber oberhalb von 3 KBFmax oder nachts oberhalb von 0,2 KBFmax liegt.

In der Zeit zwischen April 2007 bis September 2010 kam es an insgesamt fünf Tagen zu Erschütterungen mit einer maximal bewerteten Schwinggeschwindigkeit (KBFmax), von mehr als 3,0 mm/s, nämlich:

Datum

Uhrzeit

KBFmax

Tageszeit

08.05.2007

03:34:44

3,76

Nachts

15.10.2009

17:46:29

3,11

Tags

26.01.2010

02:46:57

3,23

Nachts

29.04.2010

18:49:44

3,36

Tags

03.09.2010

03:29:26

3,06

Nachts

Außerdem kam es an insgesamt 1.023 Tagen zu nächtlichen Erschütterungen, mit einer maximal bewerteten Schwinggeschwindigkeit von mehr als 0,2 mm/s, davon 20 Ereignisse mit einer maximal bewerteten Schwinggeschwindigkeit von mehr als 1,6 mm/s. Wegen der Verteilung der Ereignisse und deren jeweiliger Schwingstärke wird auf die Ausführungen des Sachverständigen in seinen Gutachten, insbesondere Bl. 249 d. A und Bl. 333 d. A. Bezug genommen, die sich die Parteien ausdrücklich zu eigen gemacht haben.

Der Kläger meint, eine erhebliche Abweichung des durchschnittlichen Erschütterungsereignisses in C udn damit eine unzumutbare Beeinträchtigung seines Eigentums sei schon ab einem Wert von 3 mm/s tagsüber und 0,2 mm/s in der Nachtzeit zwischen 22:00 und 06:00 Uhr anzunehmen.

Der Kläger ist insoweit der Auffassung, dass die von ihm errechnete durchschnittliche Anzahl der Erschütterungsereignisse mit über den vorbezeichneten Richtwerten liegenden Schwinggeschwindigkeiten als ortsüblich hinzunehmen sei. Bei einer doppelten Anzahl solcher Ereignisse pro Monat sei jedoch jedenfalls von einer unzumutbaren Beeinträchtigung auszugehen, die einen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB nach sich ziehe. Auf einer Basis von 30 - 50 % der hypothetischen Nettomiete - von ihm mit 444,50 € angenommen - berechnet der Kläger einen Ausgleichsanspruch in Höhe des Klageantrags.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 2.727,50 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 17.03.2016 hat der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen und beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 2.583,96 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und stimmt der Klagerücknahme nicht zu.

Die Beklagte meint, die von dem Sachverständigen ermittelten Erschütterungswerte stellten keine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks des Klägers dar. Überdies ist die Beklagte der Auffassung, der Kläger müsste konkrete Beeinträchtigungen vortragen, eine abstrakte Betrachtungsweise der Nutzungsbeeinträchtigung anhand der objektiv gemessenen Schwingungswerte sei unzulässig.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. I. Der Beweisaufnahme liegt der Umstand zugrunde, dass zwischen den Parteien ursprünglich im Streit stand, welches Ausmaß die auf das Grundstück des Klägers wirkenden konkreten Erschütterungen, dargestellt in KBmax und KBFmax hätten. Nach Eingang des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. I vom 23.06.2015 sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 05.11.2015 und vom 02.03.2015 wurde das Zutreffen der durch den Sachverständigen ermittelten und zuvor von der Beklagten behaupteten Erschütterungswerte unstreitig gestellt. Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die vorbezeichneten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. I sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB. Hiernach kann der Eigentümer eines Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn eine Einwirkung durch Erschütterungen aus dem von der Beklagten betriebenen Bergbau eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt hat. Die Vorschrift ist grundsätzlich auf Erschütterungen aus dem Bergbau anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2008, Az. V ZR 28/08).

Das Vorliegen eines Ersatzanspruches setzt voraus, dass zunächst eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks vorliegt und diese wesentliche Beeinträchtigung in einem zweiten Prüfungsschritt das zumutbare Maß überschreitet.

Eine unzumutbare Beeinträchtiguing des klägerischen Grundstücks durch bergbaubedingte Erschütterungenin in dem streitgegenständlichen Zeitraum liegt nicht vor.

1.

Ein Anhaltswert, wann eine Erschütterung als wesentliche Beeinträchtigung anzusehen ist, lässt sich Teil 2 der DIN 4150 bezüglich Erschütterungen im Bauwesen entnehmen. Nach der DIN-Norm liegen erhebliche Beeinträchtigung im Allgemeinen nicht vor, wenn die Einheitswerte der Norm eingehalten werden. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von bergbaubedingten Erschütterungen ist allerdings zu beachten, dass die Einheitswerte der DIN-Norm nur eingeschränkt herangezogen werden können. Dies folgt zum einen daraus, dass es sich bei der DIN-Norm gerade nicht um eine gesetzeskonkretisierende Verwaltungsvorschrift, wie etwa die TA-Luft oder die TA-Lärm handelt, deren jedenfalls indizielle Bindungswirkung in der Rechtsprechung anerkannt ist, sondern lediglich um eine Vorschrift, die der Beurteilung individueller Beeinträchtigungen und der Konkretisierung privater Standards dient. Von in derartigen Vorschriften geregelten Grenzwerten geht grundsätzlich keine unmittelbare Indizwirkung aus, sie können jedoch als Entscheidungshilfe im Rahmen der Gesamtwürdigung Berücksichtigung finden (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.11.2011, Az. 13 S 117/09, BGHZ 111, 63,67, = NJW 2005, 660 m.w.N.).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die DIN-Vorschrift nach ihrer Zwecksetzung zunächst zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Erschütterungen im Bauwesen geschaffen wurde. Dabei ist entscheidend, dass Erschütterungen im Bauwesen in der Regel unmittelbar durch den Einsatz von Baumaschinen beeinflussbar sind und das Vorkommen von Erschütterungen außerhalb aktiver Bauzeiten praktisch ausschließbar ist. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass insbesondere hinsichtlich der festgelegten Anhaltswerte für die Nachtzeit in der vorbezeichneten DIN-Vorschrift bereits eine vorweggenommene Abwägung der Interessen der Bauherren einerseits und der den Erschütterungen ausgesetzten Menschen andererseits stattgefunden hat. Der mit KBFmax 0,2 angesetzte Schwellenwert für die Nachtzeit trägt daher bereits dem Umstand Rechnung, dass es im Bauwesen möglich und üblich ist, während der Nachtzeit keine Erschütterungen zu verursachen, um eine vermeidbare Beeinträchtigung der Anwohner auszuschließen. Diese Prämisse findet indes auf bergbaubedingte Erschütterungen keine Anwendung. Denn im Unterschied zu Erschütterungen im Bauwesen treten diese überwiegend unwillkürlich aufgrund nachträglicher unterirdischer Erdrutsche, bzw. Ablösungen auf und sind nicht vermeidbar. Es ist also einem Bauunternehmen unter abstrakter Abwägung der widerstreitenden Interessen zuzumuten, während der Nachtzeit Bauerschütterungen durch Einstellen der Bauarbeiten nahezu auszuschließen, während dies im Rahmen des unterirdischen Bergbaus nicht möglich und folglich auch nicht in gleicher Weise zumutbar ist.

Vor diesem Hintergrund erachtet es das erkennende Gericht, wie auch schon das LG Saarbrücken in der vorbezeichneten Entscheidung sowie das AG Hamm (Urteil vom 04.04.2014 - 17 C3 135/13, Beck RS 2014,08794) für geboten, die Bestimmung der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung in Abhängigkeit von der jeweiligen Intensität der Erschütterung, deren Dauer und auch deren Häufigkeit vorzunehmen. Insoweit hat bereits das Landgericht Saarbrücken ausgeführt, dass, weil insbesondere die Dauer der hier maßgeblichen Erderschütterungen vergleichsweise kurz ist, nicht jede den Anhaltswert überschreitende Erschütterung zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führt. Vielmehr sei das Erreichen der Wesentlichkeitsgrenze davon abhängig, wie viele Erschütterungen von welcher Intensität vorgelegen hätten (vgl. LG Saarbrücken, a.a.O., Rz. 63).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gebiet, in dem das Grundstück des Klägers belegen ist, dadurch eine Vorprägung hat, dass es in einem Bereich belegen ist, in dem grundsätzlich Bergbau stattfindet und mit bergbaubedingten Erschütterungen zu rechnen ist. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit im Sinne des § 906 Abs. 2 BGB ist die Abwägung der beiderseitigen Interessen an einer bestimmten Nutzung der jeweiligen Grundstücke geboten (vgl. LG Saarbrücken, a.a.O., Rz. 66 m.w.N.). Zur ortsüblichen Benutzung des Grundstücks gehörte allerdings, dass Einwirkungen auf das Haus und auf das Leben in diesem Haus zu erwarten waren. Ein hypothetischer Mietzins würde bei Einhaltung der Grenzen ortsübliche Benutzung nicht gemindert, da die Vertragsparteien schon bei Abschluss eines Mietvertrages von möglichen Beeinträchtigung durch den Bergbau hätten ausgehen müssen.

Ab welchem Erschütterungswert eine Überschreitung der in einem bergbaugeprägten Gebiet überschritten und diese Überschreitung für die Eigentümer unzumutbar ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.

2.

Nach dem bereits zitierten Urteil des Landgerichts Saarbrücken liegt eine unzumutbare und damit auszugleichende Einwirkung erst bei einer Erschütterungsgeschwindigkeit bei einem KBFmax von 30,0 - also dem Zehnfachen der auf das Grundstück des Klägers wirkenden Erschütterungen - vor. Sofern pro Monat mindestens zwei Erschütterungen über dem Wert von KBFmax 20,0 oder mindestens drei Erschütterungen über dem Wert von KBFmax 10,0 auftreten, sei dies ebenso unzumutbar, wie vier Erschütterungen im Monat über dem jeweiligen Anhaltswert von KBFmax 3,0. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wäre eine unzumutbare Beeinträchtigung vorliegend eindeutig zu verneinen, da unstreitig Erschütterungen über dem jeweiligen Anhaltswert von KBFmax 3,0 in dem gesamten streitgegenständlichen Zeitraum von dreieinhalb Jahren lediglich fünfmal vorkamen.

a)

Das Amtsgericht Hamm nahm in seinem bereits zitierten Urteil an, dass die Grenze des Zumutbaren überschritten sei, wenn zusätzlich zu ortsüblichen drei Erschütterungsereignissen über KBFmax 3,0 und einem Ereignis über KBFmax 10,0 weitere drei Erschütterungen über KBFmax 3,0 und ein Ereignis über KBFmax 10,0 auftreten. Auch unter Zugrundelegung dieses Maßstabes wäre das Vorliegen einer unzumutbaren Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks zu verneinen.

b)

Das Gericht hatte über die konkrete Grenze, ab wann eine wesentliche Erschütterung nach den vorbezeichneten Entscheidungen vorliegt, nur teilweise zu entscheiden. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts liegt jedenfalls betreffend das klägerische Grundstück bei fünf Ereignissen mit einem KBFmax von mehr als 3,0 und weniger als 4,0 und weiteren 1.023 Erschütterungen mit einem KBFmax von mehr als 0,2 und weniger als 3,0 in einem Gesamtzeitraum von rund dreieinhalb Jahren zwar eine wesentliche, jedoch keine unzumutbare Beeinträchtigung vor.

aa)

Eine unzumutbare Beeinträchtigung folgt zum einen nicht aus der Überschreitung des Einheitswertes von KBFmax 3,0 an insgesamt fünf Ereignissen in dem streitgegenständlichen Zeitraum. Diese Erschütterungen sind zwar wesentlich - insoweit kommt nach Auffassung des erkennenden Gerichts der DIN-Vorschrift eine Indizwirkung zu - aber nicht unzumutbar. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bergbaubedingte unwillkürliche Erschütterungen für den Verursacher nicht verhinderbar sind, ist eine gesteigerte Duldungspflicht der Anwohner und Grundstückseigentümer anzunehmen. Nicht jede Überschreitung der in der vorbezeichneten DIN-Norm angegebenen Anhaltswerte für die Tagzeit stellt daher eine unzumutbare Beeinträchtigung dar. Hierfür wäre es aus Sicht des erkennenden Gerichts im Einklang mit der vorstehend zitierten Rechtsprechung jedenfalls erforderlich, dass mehrere über dem Anhaltswert von 3,0 liegende Erschütterungen im Monat zu verzeichnen sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die über dem Anhaltswert von KBFmax 3,0 liegenden Erschütterungen fanden jeweils in verschiedenen Monaten verschiedener Jahre statt. Auch die geringe Häufigkeit von insgesamt lediglich fünf Ereignissen spricht dafür, dass die Kläger die Erschütterungen in Ansehung der bergbaubedingten Prägung des Wohngebiets entschädigungslos zu dulden hatten. Hierfür sprechen auch die weiteren Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung. Dieser konnte aus seiner sachverständigen Sicht für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und widerspruchsfrei schildern, dass Erschütterungen mit einem KBFmax von 3,0 beispielsweise auch durch einen vorbeifahrenden Lkw oder in einem Mehrfamilienhaus durch in einer Wohnung herumlaufende Kinder verursacht werden. Ebenso wie in einem Mehrfamilienhaus das Herumlaufen von Kindern und an einer Hauptverkehrsstraße das Vorbeifahren von Lkw zu dulden ist, haben auch Anwohner eines durch Bergbau geprägten Gebiets gelegentliche Erschütterungen von über KBFmax 3,0 entschädigungslos hinzunehmen.

bb)

Eine unzumutbare Beeinträchtigung folgt auch nicht aus der mehrfachen Überschreitung des Einheitswerts von KBFmax 0,2 für die Nachtzeit, da insoweit bereits keine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt. Dem in der DIN-Vorschrift enthaltenen Wert von KBFmax 0,2 kommt für die Beurteilung der Wesentlichkeit und der Zumutbarkeit von bergbaubedingten Erschütterungen keinerlei Indizwirkung zu. Wie bereits das Landgericht Saarbrücken ausführte, ist aufgrund der fehlenden Beeinflussbarkeit der Erschütterungen durch die Beklagte eine Differenzierung zwischen der Tag- und Nachtzeit nicht angezeigt, da es der Beklagten - anders als einem der Zielrichtung der genannten DIN-Vorschrift zu Grunde liegenden Bauunternehmen - sowohl tagsüber als auch nachts gleichermaßen unmöglich ist, die Erschütterungen zu verhindern. Zu berücksichtigen waren daher ausschließlich wesentliche Erschütterungen mit einer Schwinggeschwindigkeit von mehr als KB F max 3,0. Eine abweichende Betrachtungsweise wäre lediglich geboten, wenn eine Erschütterung von mehr als KBFmax 0,2 und weniger als 3,0 in der Nachtzeit nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen bereits geeignet wäre, üblicherweise die Schlafqualität und damit die Gesundheit der betroffenen Menschen spürbar zu beeinträchtigen. Dies ist allerdings nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht der Fall. Vielmehr erklärte dieser, dass aus seiner sachverständigen Sicht der in der DIN-Vorschrift angegebene Wert von 0,2 in der Praxis und in der Anwendung der Vorschrift sich als generell zu niedrig erwiesen habe. Eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens sei bei Erschütterungen mit einer Schwingstärke von weniger als KBFmax 3,0 im Normalfall nicht anzunehmen. Diese Ausführungen stehen im Übrigen auch im Einklang mit den Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlungen. Dieser gab nämlich gerade nicht an, durch die Erschütterungen in seiner Nachtruhe gestört worden zu sein, sondern konnte lediglich von spürbaren nächtlichen Erschütterungen berichten, die er wahrgenommen habe, wenn er ohnehin wach gewesen sei und gearbeitet habe. Es ist daher weder eine abstrakte noch eine konkrete Eignung von Erschütterungen KBFmax zwischen 0,2 und 3,0 zur Beeinträchtigungen der Gesundheit und des körperlichen Wohlbefindens ersichtlich, die es rechtfertigen würde, bei Erschütterungen unter KBFmax 3,0 eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnqualität betreffend das jeweilige Grundstück anzunehmen.

Eine andere Betrachtungsweise ist hier im Übrigen auch nicht aufgrund der von dem Kläger vorgetragenen Vielzahl der Ereignisse mit einer Schwinggeschwindigkeit von mehr als KBFmax 0,2 geboten. Dies ergibt sich schon aus dem Vorangestellten. Die entgegengerichtete Argumentation des Klägers, dass sich eine Unzumutbarkeit schon dann ergebe, wenn in einem Monat mehr als doppelt so viele Ereignisse mit einer Schwinggeschwindigkeit von unter KBFmax 3,0 auftreten, wie durchschnittlich monatlich über den gesamten Zeitraum, verfängt nicht. Eine Anwendung dieser Grundsätze würde dazu führen, dass selbst kaum spürbare Erschütterungen eine unzumutbare und ausgleichspflichtige Beeinträchtigung des Eigentums darstellten, nur weil es durchschnittlich in anderen Monaten zu noch geringeren Erschütterungen käme. Vielmehr bedarf es der Festlegung einer objektiven Grenze von KBFmax 3,0, bei deren Unterschreitung eine wesentliche Beeinträchtigung jedenfalls in vom Bergbau geprägten Gebieten grundsätzlich nicht vorliegt.

3.

Da der Anspruch in der Hauptsache dem Grunde nach nicht besteht, war die Klage auch hinsichtlich des Zinsanspruches abzuweisen.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 713, 709 S. 2.

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