LG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2011 - 2a O 78/11
Fundstelle
openJur 2019, 13359
  • Rkr:
Tenor

I.

Den Beklagten zu 1.) - 3.) wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf die Ausführung von Pulverbeschichtungen - insbesondere Farbbeschichtungen - jeglicher Art auf metallischen Werkstücken und sonstigen Gegenständen, insbesondere auf Felgen jeder Art und/oder den Betrieb einer Pulverbeschichtungsanlage und/oder sonstiger Veredelungsverfahren für Fahrzeugteile von Fahrzeugen jeglicher Art gerichteten Geschäftsbetriebs die Bezeichnung "Felgenretter UG" zu verwenden.

II.

Dem Beklagten zu 2.) wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr die Domain www.felgenretter.info für die Bewerbung der Ausführung von Pulverbeschichtungen, insbesondere Farbbeschichtungen, jeglicher Art auf metallischen Werkstücken und/oder sonstigen Gegenständen, insbesondere auf Felgen jeder Art und/oder den Betrieb einer Pulverbeschichtungsanlage und/oder sonstiger Veredelungsverfahren für Fahrzeugteile von Fahrzeugen jeglicher Art zu verwenden.

III.

Dem Beklagten zu 3.) wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet, die Bezeichnungen "Felgenretter" und/oder "Felgenretter.de" in der Werbung für die Ausführung von Pulverbeschichtungen, insbesondere Farbbeschichtungen, jeglicher Art auf metallischen Werkstücken und/oder sonstigen Gegenständen, insbesondere auf Felgen jeder Art und/oder den Betrieb einer Pulverbeschichtungsanlage und/oder sonstiger Veredelungsverfahren für Fahrzeugteile von Fahrzeugen jeglicher Art zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, insbesondere die Kennzeichen als Metatags im html-Code für die Internetseiten www.aca-pulver.de und/oder www.aca-pulverdesign.com auch in Verbindung mit Subdomains zu benutzen.

IV.

Dem Beklagten zu 3.) wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet, die Bezeichnungen "NeidRider" und/oder "NeidRider.de" für die Bewerbung der Dienstleistungen der Pulverbeschichtung und/oder des Hochglanzpolierens und/oder der Instandsetzung von Fahrzeugen und/oder Fahrzeugteilen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, insbesondere die Kennzeichen als Metatags im html-Code für die Internetseiten www.aca-pulver.de und/oder www.aca-pulverdesign.com, auch in Verbindung mit Subdomains zu benutzen.

V.

Die Beklagten werden verurteilt, darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die Handlungen gemäß Ziffern I. bis IV. begangen haben und zwar die Beklagte zu 1.) zu Ziffer I., der Beklagte zu 2.) zu Ziffern I. und II. und der Beklagte zu 3.) zu Ziffern I., III. und IV. und über die Umsätze, die unter der streitgegenständlichen Bezeichnung getätigt wurden, Rechnung zu legen unter Vorlage geeigneter Belege.

VI.

Die Beklagten werden - insoweit teilweise gesamtschuldnerisch - verurteilt, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die zu Ziffern I. bis IV. beschriebenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird, und zwar die Beklagte zu 1.) hinsichtlich Ziffer I., der Beklagte zu 2.) hinsichtlich Ziffern I. und II. und der Beklagte zu 3.) hinsichtlich Ziffern I., III. und IV..

VII.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 699,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. September 2010 zu zahlen.

VIII.

Der Beklagte zu 2.) wird verurteilt, an den Kläger 1.005,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2010 zu zahlen.

IX.

Der Beklagte zu 3.) wird verurteilt, an den Kläger 1.379,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2010 zu zahlen.

X.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

XI.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR hinsichtlich des Klageanspruchs zu I., in Höhe von jeweils 30.000,00 EUR hinsichtlich der Klageansprüche zu II., III. und IV., in Höhe von 5.000,00 EUR hinsichtlich des Klageanspruchs zu V und in Höhe von jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages hinsichtlich der Klageansprüche zu VII., VIII., IX. und X. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien bieten die Veredelung von Oberflächen von Fahrzeugteilen, insbesondere von Felgen, durch Aufbringung einer Pulverbeschichtung an.

Der Kläger meldete am 14.03.2007 sein Gewerbe mit der Bezeichnung "Felgenretter.de" an. Am 21.09.2010 wurde er unter "Felgenretter, Jörg Stähler e.K. in das Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte zu 1.) ist am 21.07.2010 in das Handelsregister eingetragen worden. Die Beklagten zu 2.) und zu 3.) sind Geschäftsführer der Beklagten zu 1.). Der Beklagte zu 3.) ist zudem Geschäftsführer der ACA-Pulver Design GmbH, die ebenfalls im Bereich der Pulverbeschichtung auf Felgen und anderen Fahrzeugteilen tätig ist.

Der Beklagte zu 2.) war Kunde der Klägerin. Am 20.05.2010 meldete er die deutsche Wortmarke "Felgenretter" für die Klassen 37, 6, 12, 14 und 40 an. Die Markenanmeldung wurde inzwischen zurückgenommen.

Abmahnungen des Klägers blieben ohne Erfolg. Daraufhin hat der Kläger bei der Kammer einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt, die mit Beschluss vom 27.09.2010 (2a O 307/10) antragsgemäß ergangen ist. Darin ist den Beklagten untersagt worden, die Bezeichnung "Felgenretter UG" zur Kennzeichnung der Ausführung von Pulverbeschichtungen, insbesondere Farbbeschichtungen, zu verwenden. Hiergegen haben die Beklagten Widerspruch eingelegt. Mit Urteil vom 15.12.2010 hat die Kammer die einstweilige Verfügung bestätigt.

Neben der Verletzung eigener Unternehmenskennzeichenrechte macht der Kläger aus abgetretenem Recht Ansprüche der am 10.10.2007 im Handelsregister eingetragenen NeidRider GmbH geltend, die u.a. im Kfz-Bereich tätig ist und in diesem Zusammenhang Kfz-Folierung, Design und Herstellung von GFK- und Carbon-Tuningteilen, Vermittlung von Aufträgen im Bereich der Felgenaufbereitung, Felgentuning und Pulverbeschichtung anbietet. Geschäftsführerin der NeidRider GmbH ist der Kläger. Die NeidRider GmbH hatte den Beklagten zu 3) mit Schreiben vom 08.09.2010 mit der Begründung, er verwende die Begriffe "neidrider" und "neidrider.de" als Metatags auf den Websiten www.acapulver.de und www.acapulverdesign.com, abgemahnt.

Der Kläger behauptet, dass er bereits seit dem Jahr 2006 unter der Bezeichnung "Felgenretter" handele. Die Beklagten zu 2.) und zu 3.) nutzten die Domains www.felgenretter.de und www.felgenretter.com, um im Namen der ACA-Pulver Design GmbH identische Dienstleistungen zu bewerben. Der Beklagte zu 2.) habe zudem die auf ihn angemeldete Domain www.felgenretter.info mit der Website www.acapulver.de in der Weise verlinkt, dass man sofort auf die Website www.acapulver.de weitergeleitet werde.

Der Beklagte zu 3.) verwende auf den Websiten www.acapulver.de und www.acapulverdesign.com unerlaubt die Kennzeichen "Felgenretter" und "Felgenretter.de" sowie "neidrider" und "neidrider.de" als Metatags.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, dass die Beklagte zu 1.) zu keinem Zeitpunkt den Geschäftsbetrieb aufgenommen habe.

Der Kläger und Frau Bulla hätten die Domain www.acapulverdesign.de eigenmächtig in der Weise für sich genutzt, dass bei Eingabe dieser Bezeichnung in die Suchmaschine eine automatische Weiterleitung auf die Seite www.felgenretter.de erfolge. Die Internetseite www.acapulverdesign.com sei überhaupt nicht aktiviert und auch in der Vergangenheit nicht aktiviert gewesen. Die Domain www.acapulverdesign.de sei auf den Namen Bulla registriert.

Es seien Manipulationen durch Frau Bulla vorgenommen worden. Sie, die Beklagten, hätten Kennzeichen des Klägers als Metatags nicht verwendet. Die Domain www.felgenretter.info werde nicht benutzt und sei auch nicht benutzt worden. Die im Rechtsstreit vorgelegten Screenshots seien ebenfalls manipuliert.

Die Beklagten sind zudem der Auffassung, dass Felgenretter kein schutzfähiger Begriff im Sinne von § 8 MarkenG sei.

Wegen des beiderseitigen Vorbringens im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch auf Verwendung der Unternehmensbezeichnung "Felgenretter UG" gemäß §§ 5 Abs. 1, Abs. 2, 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 MarkenG.

Der Kläger tritt bereits seit Anmeldung seines Gewerbes im Jahr 2007 unter der Bezeichnung "Felgenretter.de" im geschäftlichen Verkehr auf und benutzt damit "Felgenretter" als Bestandteil seiner geschäftlichen Bezeichnung. Dies hat er durch Vorlage von Rechnungen (Anlage KP2) ausreichend dargetan. Er verfügt damit gegenüber der erst im Mai 2010 eingetragenen Beklagten zu 1.) über prioritätsältere Rechte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Bezeichnung "Felgenretter" von Hause aus auch unterscheidungskräftig, denn sie hat für die angebotenen Dienstleistungen, die der Veredelung und nicht der Reparatur von Felgen und anderen Fahrzeugteilen dienen, keinen erkennbar rein beschreibenden Charakter.

Die Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1.) "Felgenretter UG" ist angesichts der Branchennähe beider Unternehmen geeignet, Verwechslungen zu der geschäftlichen Bezeichnung des Klägers herbeizuführen. Nicht entscheidend ist, ob die Beklagte zu 1.) den Geschäftsbetrieb tatsächlich aufgenommen hat, denn mit der Anmeldung der Felgenretter UG im Handelsregister ist eine Erstbegehungsgefahr gegeben, die mangels Abgabe einer Unterlassungserklärung nicht ausgeräumt wurde. Es wurde im Termin auch entgegen der Ankündigung der Beklagten keine Abmeldebescheinigung der Beklagten zu 1.) vorgelegt, die zum Wegfall einer Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die Beklagte zu 1.) hätte führen können.

II.

Darüber hinaus besteht gegen den Beklagten zu 2.) ein Unterlassungsanspruch auf Verwendung der Domain www.felgenretter.info im Zusammenhang mit der Ausführung von Pulverbeschichtungen gemäß §§ 5, 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 MarkenG.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Domain www.felgenretter.info auf den Beklagten zu 2) angemeldet ist. Grundsätzlich stellt die bloße Registrierung einer Domain und ebenso das Halten einer solchen Registrierung noch keine zur Verletzung eines Unternehmenskennzeichens geeignete Benutzung dar (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., nach § 15 Rn. 146). Es kommt jedoch eine Ausnahme dann in Betracht, wenn keine Benutzung der Domain für eine aktive Website denkbar ist, welche nicht zumindest die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung eines Unternehmenskennzeichens ausnutzen oder beeinträchtigen würde. Von einer vergleichbaren Ausnahmesituation ist vorliegend auszugehen. Denn angesichts der Eintragung des Unternehmens "Felgenretter UG" im Handelsregister ist anzunehmen, dass der Beklagte zu 2.) als Geschäftsführer der UG die zeichengleiche Domain für die Bewerbung der Felgenretter UG erwarb. Eine andere Benutzung der Domain als für die hier streitgegenständliche Branche "Pulverbeschichtung von Felgen" ist fernliegend. Damit ist wenigstens eine Erstbegehungsgefahr gegeben.

Ist jedoch bereits mit der Registrierung der Domain jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr begründet worden, kommt es auf den Streit der Parteien, ob eine Verlinkung der Domain www.felgenretter.info auf die Internetseite www.acapulver.de erfolgt war, nicht an.

III.

Die Verwendung der Bezeichnungen "Felgenretter" und Felgenretter.de" als Metatags stellt ebenfalls eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne von §§ 5, 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 MarkenG dar. Mit den vorgelegten Screenshots (Anlagen KP22 und KP23) hat der Kläger eine Verwendung der Zeichen "Felgenrettter" und "Felgenretter.de" im Quelltext der Internetseiten www.acapulver.de und www.acapulverdesign.com substantiiert dargetan. Soweit die Beklagten vortragen, dass die in der Klageschrift beschriebene Seite www.acapulverdesign.com nicht existiere, steht dieser Behauptung die von dem Kläger als Anlage KP27 vorgelegten Screenshots entgegen. Die Behauptung der Beklagten, die Screenshots und die Internetseiten seien durch den Kläger bzw. dessen Lebensgefährtin manipuliert worden, stellt sich als bloße Behauptung ins Blaue hinein dar und ist deshalb nicht relevant. Da ein Zugriff auf die Internetseiten zum Zwecke ihrer Änderung in der Regel nur über Passwörter möglich ist, reicht der Vorwurf allein, es sei manipuliert worden, nicht aus. In welcher Weise hier eine Manipulation erfolgt sein soll, legen die Beklagten jedoch nicht konkret dar. Auch zu den Screenshots tragen sie keine Einzelheiten dazu vor, ob und welche Metatags eingerichtet wurden und in welcher Weise die hier streitgegenständlichen Metatags in den Screenshot eingearbeitet worden sein sollen.

Unerheblich ist auch, ob Frau Bulla als Lebensgefährtin des Klägers die Domain www.acapulverdesign.de eigenmächtig für sich genutzt und damit ggf. die Unternehmensbezeichnung der ACA-Pulver Design GmbH verletzt hat.

Werden Metatags wie hier in einer mit der geschäftlichen Bezeichnung des Klägers nahezu identischen Form für branchenähnliche bzw. -identische Dienstleistungen verwendet, stellen sie eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens dar. Denn Metatags beeinflussen das Auswahlverfahren wie etwa der Suchmaschine "google" und führen den Internetnutzer auf diese Weise auf die entsprechende Website. Da der Nutzer hierdurch auf das dort werbende Unternehmen hingewiesen wird, wird das Recht des Inhabers an dem (prioritätsälteren) Unternehmenskennzeichen verletzt (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, a.a.O., nach § 15 Rn. 190 m.N.).

IV.

Ferner hat der Kläger eine Verwendung der Bezeichnungen "neidrider" und "neidrider.de" im Quelltext der Internetseiten www.acapulver.de und www.acapulverdesign.com durch Vorlage der Screenshots (Anlage KP28) substantiiert dargetan. Soweit die Beklagten dies bestreiten und dem Kläger Manipulation vorwerfen, ohne auszuführen, in welcher Weise manipuliert worden sein soll, gilt das unter Ziffer III. Ausgeführte entsprechend, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Damit besteht ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 5, 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 MarkenG, den der Kläger in gewillkürter Prozessstandschaft geltend macht.

V.

Die geltend gemachten Folgeansprüche sind hinsichtlich des Auskunftsanspruchs aus § 19 MarkenG und, soweit er der Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs dient, aus § 242 BGB, hinsichtlich des Schadensersatzfeststellungsanspruchs aus § 15 Abs. 5 MarkenG und hinsichtlich der Ansprüche auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 15 Abs. 5 MarkenG bzw. nach den Grundsätzen der Geschäftführung ohne Auftrag (§ 683 S. 1, 670, 677 BGB), hinsichtlich der Abmahnkosten der NeidRider GmbH i.V.m. § 398 BGB begründet. Letztere sind auch nicht zu beanstanden, insbesondere bestehen hinsichtlich der 1,3 Geschäftsgebühr auf der Grundlage von Gegenstandswerten in Höhe von 50.000,00 EUR bzw. 30.000,00 EUR keine Bedenken. Die Zinsansprüche sind gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 155.000,00 EUR

davon entfallen auf:

Klageanspruch zu I. 50.000,00 EUR

Klageanspruch zu II. 30.000,00 EUR

Klageanspruch zu III. 30.000,00 EUR

Klageanspruch zu IV. 30.000,00 EUR

Klageanspruch zu V. 5.000,00 EUR

Klageanspruch zu VI. 10.000,00 EUR