LG Düsseldorf, Urteil vom 30.05.2018 - 2a O 288/16
Fundstelle
openJur 2019, 13341
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollziehen an dem Geschäftsführer Herrn C der Beklagten, es ab sofort zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren die Unternehmensbezeichnung "ProVita Alltagsassistent Deutschland GmbH" zu verwenden, insbesondere wenn dies durch das nachfolgend abgebildete Firmenlogo erfolgt:

;

2. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren die Domain "www.provita-deutschland.de" zu verwenden;

3. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren die Produktbezeichnungen

"ProVita Sicherheitsservice"

und/oder

"ProVita Notrufzentrale"

und/oder

"ProVita Lieferservice"

und/oder

"ProVita Hausnotrufsystem"

zu verwenden.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. genannten Handlungen vorgenommen hat und zwar unter Angabe von

1. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern der Ware oder Dienstleistung sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen für die sie bestimmt waren und

2. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie der Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Handlungen gemäß Antrag zu I. entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.305,40 € (einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nach einem Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 € zzgl. Auslagenpauschale) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2016 freizustellen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 20 %, die Beklagte zu 80 % zu tragen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin hinsichtlich Ziff. I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 96.000,00 €, hinsichtlich Ziff. II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, die der Unternehmensgruppe V GmbH angehört, ist Betreiberin von aktuell 13 Seniorenpflegeheimen, die auf sieben Bundesländer verteilt sind. Seit dem 20.08.2003 war sie unter der Firma "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG" im Handelsregister eingetragen. Nach Anwachsung an die "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH", die bezüglich sämtlicher Rechte und Pflichten Rechtsnachfolgerin der "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG" geworden ist, firmiert die Klägerin seit dem 12.09.2014 unter "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH" und ist als solche im Handelsregister eingetragen (vgl. Handelsregisterauszug der Anlage K 1).

Die Klägerin ist zudem Inhaberin der unter der Registernummer 302010033074 mit Priorität vom 01.06.2010 angemeldeten und am 24.09.2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragenen Wortmarke "PRO VITA", die unter anderem für "Dienstleistungen von Alten- und Seniorenheimen, Seniorenresidenzen sowie Anlagen des betreuten Wohnens (Verpflegung und Beherbergung)" in der Nizza- Klasse 43 sowie für den "Betrieb von Pflegeheimen; Seniorenpflegedienste; Krankenpflegedienste; therapeutische Betreuung und ärztliche Versorgung; psychosoziale Betreuung; Dienstleistungen von Erholungs- und Genesungsheimen; Dienstleistungen einer stationären Altenpflege" in der Nizza- Klasse 44 eingetragen ist.

Die Beklagte firmiert unter "ProVita Alltagsassistenz Deutschland GmbH" und vertreibt Notrufsysteme bzw. GPS-Ortungssysteme insbesondere an ältere Menschen, vor allem in Gestalt spezieller Sicherheitsuhren und sog. "ProVita Demenzuhren", und bietet die dazugehörigen Sicherheitsdienstleistungen zum Auffinden von Personen an, die mithilfe der UMTS- und GPS-Fähigkeit der Uhren durchgeführt werden. Wegen der Einzelheiten ihres Waren- und Dienstleistungsangebots wird auf ihren Internetauftritt unter www.provitadeutschland.de (Anlage K 5) Bezug genommen. Insbesondere bietet sie dort einen "ProVita Sicherheitsservice, eine "ProVita Notrufzentrale", einen "ProVita Lieferservice" und ein "ProVita Hausnotrufsystem" an.

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 23.08.2016 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, zur Auskunftserteilung, zum Schadensersatz sowie zur Erstattung der Abmahnkosten auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 300.000,00 € auf (vgl. Anlage K 6). Die Ansprüche wies die Beklagte unter dem 07.09.2016 zurück (vgl. Anlage K 7).

Die Beklagte unterzeichnete im Januar/Februar 2017 mit der PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG einen Lizenzvertrag mit Wirkung ab dem 01.10.2016 über die Einräumung einer Lizenz an der beim DPMA mit Priorität vom 08.01.1930 unter der Registernummer 414833 eingetragenen Wortmarke "Provita", die für "Taschen- und Armbanduhren" in der Nizza-Klasse 14 Schutz genießt (vgl. Lizenzvertrag der Anlage B 1; vgl. Registerauszug Anlage B 2).

Die Klägerin behauptet, sie verwende die Bezeichnung "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG" für den Betrieb der Seniorenheime bereits seit dem Jahr 1996 (vgl. Anlagenkonvolut K 2). Im Geschäftsverkehr stelle sie die Bezeichnung "Pro VITA" schlagwortartig und in Alleinstellung heraus (vgl. Anlagenkonvolute K 3 und K 8).

Sie ist der Ansicht, ihr stünde ein bundesweites Unternehmenskennzeichenrecht an ihrer Firmierung zu. Sie meint, die Verwendung der Bezeichnung "ProVita" als Bestandteil der Firma der Beklagten, als Bestandteil ihrer Internetdomain www.provitadeutschland.de sowie als Bestandteil ihrer Produktbezeichnungen, wie aus der Anlage K 5 ersichtlich, verletze ihr Unternehmenskennzeichenrecht sowie ihre Marke "PRO VITA". Insbesondere liege die für eine Unternehmenskennzeichenverletzung erforderliche Branchennähe vor. Insoweit böten beide Parteien Waren bzw. Dienstleistungen an, die ältere Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags, insbesondere beim Wohnen, unterstützen sollen. Insoweit verfolgten beide Parteien das Ziel, mit ihren Dienstleistungen eine Umgebung zu schaffen, in der die Bewohner bzw. Kunden ihren Alltag sicher und mit dem Bewusstsein, dass im Notfall Hilfe verfügbar sei, gestalten könnten. Insoweit richteten sich die Dienstleistungen der Parteien an denselben Abnehmerkreis, nämlich ältere Menschen und deren Angehörige. Es sei üblich, dass sowohl der Hausnotruf als auch die Beherbergung von Senioren von den gleichen Unternehmen angeboten und durchgeführt würden. Der Begriff "Alltagshilfe" beschränke sich insbesondere nicht auf die Hilfe in der eigenen Wohnung, sondern erfasse auch die alltägliche Unterstützung innerhalb einer Pflegeeinrichtung. Sie meint, die angesprochenen Verkehrskreise könnten daher zumindest von Unternehmensverbindungen der Parteien ausgehen.

Die Klägerin stützt ihre Ansprüche in erster Linie auf ihr Unternehmenskennzeichen, hilfsweise auf ihre Wortmarke.

Die Parteien haben den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu I. 1. lit. c. im Hinblick auf die "Provita Demenzuhr" ab dem 01.02.2017 übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2018 ihren Antrag zu Ziff. I. 1. hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen für die Pflege von Senioren sowie den Antrag zu Ziff. IV. teilweise zurückgenommen sowie mit Schriftsatz vom 16.03.2018 den Auskunftsantrag präzisiert.

Die Klägerin beantragt nunmehr wörtlich,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollziehen an dem Geschäftsführer Herrn C der Beklagten, es ab sofort zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren die Unternehmensbezeichnung "ProVita Alltagsassistent Deutschland GmbH" zu verwenden, insbesondere wenn dies durch das nachfolgend abgebildete Firmenlogo erfolgt:

2. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren die Domain "www.provitadeutschland.de" zu verwenden;

3. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren die Produktbezeichnungen

"ProVita Sicherheitsservice"

und/oder

"ProVita Notrufzentrale"

und/oder

"ProVita Lieferservice"

und/oder

"ProVita Hausnotrufsystem"

zu verwenden;

II. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. genannten Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe von

1. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern der Ware oder Dienstleistung sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen für die sie bestimmt waren und

2. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie der Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden;

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Handlungen gemäß Antrag zu I. entstanden ist und noch entstehen wird;

IV. die Beklagte zu verurteilen, sie von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.325,40 € (einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nach einem Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 € zzgl. Auslagenpauschale) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe sich bereits kurze Zeit nach Anfang September 2016, jedenfalls vor der Klageerhebung am 16./17.11.2016, über die Erteilung der Lizenz an der beim DPMA mit Priorität vom 08.01.1930 unter der Registernummer 414833 eingetragenen Wortmarke "Provita" mit der diesbezüglichen Markeninhaberin geeinigt.

Sie ist der Ansicht, die Klägerin verfüge schon nicht über ein bundesweites Unternehmenskennzeichenrecht, da der Zweck und Zuschnitt der Pflegeheime der Klägerin, ähnlich wie bei Krankenhäusern, Hotels und Apotheken, lediglich lokal oder regional geprägt sei. Darüber hinaus könne sie sich auf das an sie lizenzierte prioritätsältere Kennzeichenrecht an der Wortmarke "Provita" berufen.

Sie meint zudem, es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und den angegriffenen Bezeichnungen. Zum einen bestehe eine allenfalls äußerst geringe Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichens der Klägerin. Denn "provita" erschöpfe sich in der rein beschreibenden Angabe "für’s Leben" und werde oft im Zusammenhang mit Pflegedienstleistungen verwendet. Zudem sei die Kennzeichnungskraft durch die Benutzung des Zeichens von einer Vielzahl gleichnamiger Drittunternehmen in derselben oder ähnlichen Branchen geschwächt. Zudem scheide eine Verwechslungsgefahr mangels Branchennähe aus. Insoweit seien die Dienstleistungen der Klägerin, die Pflegeheime betreibe, deutlich von den Waren und Dienstleistungen der Beklagten zu unterscheiden. Zwar würden die Kunden der Pflegeeinrichtungen der Klägerin ebenfalls "überwacht", jedoch nur innerhalb der Einrichtung und gerade nicht außerhalb. Der Notrufservice der Beklagten fange daher gerade dort an, wo der Service der Klägerin, der sich auf die Einrichtung beschränke, ende. Sie meint, die angesprochenen Abnehmerkreise der Parteien seien unterschiedlich, da sich ihre Waren bzw. Dienstleistungen nur an Senioren richteten, die sich (noch) nicht in einem Alten- bzw. Pflegeheim befänden und keine Hilfe im Alltag per se benötigten; vielmehr würden sie bei der Bewältigung ihres Alltags lediglich bei Notfällen unterstützt.

Der Unterlassungsanspruch sei jedenfalls auf Dienstleistungen der stationären Pflege von Senioren zu beschränken, da die Klägerin keine "Alltagshilfe" anbiete. Denn diese charakterisiere sich dadurch, dass Menschen nicht in einem Heim gepflegt, sondern bei dem eigenständigen Leben in ihrem eigenen Haushalt unterstützt würden.

Aus entsprechenden Gründen ist sie der Ansicht, dass auch ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht bestehe. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin sei von dieser bereits nicht schlüssig vorgetragen worden, da die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht dargelegt worden sei. Dementsprechend scheide auch ein Auskunftsanspruch aus. Des Weiteren meint sie, der Gegenstandswert der Abmahnung sei überhöht und auf 100.000,00 € zu reduzieren. Es sei zudem nicht dargelegt worden, dass die Rechtsanwaltskosten tatsächlich entstanden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist, nachdem die Klage teilweise zurückgenommen und hinsichtlich des Auskunftsanspruchs präzisiert worden ist, vollumfänglich begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Bezeichnungen im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen für die Alltagshilfe von Senioren aus §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, 5 Abs. 2 MarkenG.

Gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr gemäß § 15 Abs. 4 S. 1 MarkenG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Geschäftliche Bezeichnungen i.S.v. § 5 Abs. 2 MarkenG sind Unternehmenskennzeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden.

1.

Die Klägerin hat an der Bezeichnung "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG" sowie an dem Firmenschlagwort "ProVITA" seit dem Jahr 1996 ein Unternehmenskennzeichenrecht im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG erlangt.

Der Schutz eines Unternehmenskennzeichens entsteht durch die tatsächliche Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr. Ein formaler Akt wie die Eintragung im Handelsregister ist für den Schutz nicht konstitutiv, jedoch ist in einer solchen Eintragung in der Regel eine schutzbegründende Benutzung im geschäftlichen Verkehr zu sehen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 5, Rn. 32 m.w.N.).

Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass sie unter ihrem Unternehmenskennzeichen bereits im Juni 1996 im geschäftlichen Verkehr aufgetreten ist und daher eine tatsächliche Ingebrauchnahme vorlag. Dies ergibt sich aus dem als Anlagenkonvolut K 2 vorgelegten Mietvertrag, aus dem hervorgeht, dass die Klägerin im Jahr 1996 unter ihrem Unternehmenskennzeichen ein Pflegeheim in U anmietete. Aus dem als Anlagenkonvolut K 2 vorgelegten Arbeitsvertrag geht zudem hervor, dass die Klägerin im Jahr 1996 unter ihrem Unternehmenskennzeichen einen Arbeitsvertrag mit Frau K abschloss, der eine Einstellung als Verwaltungsangestellte in dem von der Klägerin in Berlin betriebenen Seniorenheim "I1" vorsah. Den Ausführungen der Klägerin ist die Beklagte nicht qualifiziert entgegen getreten.

Die Bezeichnung "ProVITA Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG" ist auch schutzfähig, da sie hinreichend originär unterscheidungskräftig ist. Die Anforderungen an die Unterscheidungskraft dürfen nicht überspannt werden. Eine besondere Originalität, etwa durch eigenartige Wortbildung oder eine Heraushebung aus der Umgangssprache, ist nicht Voraussetzung für die Annahme der Unterscheidungskraft. Vielmehr reicht es aus, dass eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist (BGH, GRUR 1999, 492, 494 = NJW-RR 1999, 1202 = WRP 1999, 523 - Altberliner). Abzustellen ist hier auf den einzig kennzeichnungskräftigen Firmenbestandteil "ProVITA", da die Zusätze "Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG" rein beschreibend für die Gesellschaftsform und die Tätigkeit des Unternehmens stehen. Der angesprochene Verkehr, der regelmäßig nicht lateinkundig sein wird, wird die Bezeichnung "ProVITA" nicht ohne weiteres in die Angabe "für’s Leben" übersetzen können. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl der Teilnehmer des angesprochenen Verkehrskreises in "pro" die Bedeutung "für" erkennen wird und einige die Bezeichnung "VITA" aufgrund der Verwendung in anderen geläufigen Wörtern wie "Vitalität" oder "vital" mit dem Wort "Leben" in Verbindung bringen. Aber selbst falls ein Teil des angesprochenen Verkehrs daher über die Kombination dieser Bedeutungen die Angabe "für’s Leben" erkennen wird, wird dies nicht ohne gedankliche Zwischenschritte geschehen, so dass die Bezeichnung "ProVITA" ihre Bedeutung nicht direkt erkennen lässt und durchaus zum Nachdenken anregt. Darüber hinaus gibt die Bezeichnung keinerlei konkreten Aufschluss über die Tätigkeit als Betreiberin von Pflegeheimen. Vielmehr erschöpft sich deren Aussagegehalt in einer Zweckbestimmung, die nahezu allen Dienstleistungen, die für den Menschen gedacht sind, anhaftet, nämlich diesen im Leben zu unterstützen. Demzufolge kann der Bezeichnung "ProVita" zwar keine hohe Kennzeichnungskraft zugesprochen werden. Jedoch werden die Anforderungen an die originäre Kennzeichnungskraft deutlich erfüllt.

Der Schutz des Unternehmenskennzeichens erstreckt sich zudem auf das Firmenschlagwort "ProVITA", unabhängig davon, ob dieses von der Klägerin tatsächlich in Alleinstellung verwendet wurde. Denn auch ohne isolierte Verwendung und ohne Verkehrsgeltung kommt diesen Bestandteilen der Schutz des vollständigen Unternehmenskennzeichens zu, da sie in ihm als Teil enthalten sind, namensmäßige Unterscheidungskraft haben und im Vergleich zur ungekürzten Bezeichnung als der eigentlich kennzeichnende Teil anzusehen sind, d.?h. geeignet erscheinen, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rn. 59 m.w.N. zur Rspr.). Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr dazu neigt, längere Firmenbezeichnungen auf ihre unterscheidungskräftigen Bestandteile zu verkürzen, die ihrer Art nach geeignet sind, im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen verwendet zu werden; beschreibende Zusätze in den Firmierungen bleiben daher regelmäßig außer Betracht (BGH GRUR 2008, 803 m.w.N.). Bei den übrigen Bestandteilen des klägerischen Unternehmenskennzeichens "Heimbetriebsgesellschaft mbh & Co. KG" handelt es sich - wie bereits dargestellt - lediglich um beschreibende Angaben.

Das Unternehmenskennzeichen der Klägerin genießt auch bundesweiten Schutz. Grundsätzlich sind originär kennzeichnungskräftige Unternehmenskennzeichen im ganzen Bundesgebiet geschützt (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 5, Rn. 14 unter Bezugnahme auf BGH GRUR 2007, 884 - Cambridge Institute, Tz. 29 und weitere Rspr.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tätigkeitsbereich eines Unternehmens nur ortsgebunden und auch nicht auf Expansion gerichtet ist, wie dies z.B. bei Restaurants, Diskotheken, Apotheken oder typischerweise nur regional tätigen Dienstleistern, wie z.B. Kreiskrankenhäusern angenommen wird (Ingerl/Rohnke, a.a.O. m.w.N.). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die Klägerin betreibt einer Reihe von Seniorenheimen in sieben verschiedenen Bundesländern. Ihre überörtliche Geschäftstätigkeit hat sich dadurch bereits manifestiert. Eine nur regionale Tätigkeit liegt gerade nicht vor.

2.

Die Beklagte hat die angegriffenen Bezeichnungen kennzeichenmäßig für die angebotenen Waren und Dienstleistungen verwendet, indem sie diese innerhalb ihrer Internetdomain, ihrer Firmenbezeichnung und Produktbezeichnungen verwendet hat.

Der Schutz des Unternehmenskennzeichens nach §§ 15 Abs. 2, 5 Abs. 2 MarkenG setzt eine kennzeichenmäßige Verwendung der kollidierenden Bezeichnung voraus, die vorliegt, wenn der Verkehr in dem Zeichen einen Hinweis auf das Unternehmen oder auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sieht (BGH GRUR 2009, 685 - ahd.de; BGH GRUR 2005, 419 - Räucherkate; jeweils m.w.N.). Der BGH ist in seiner ständigen Rechtsprechung zum früheren § 16 UWG ebenso wie zu §§ 5, 15 MarkenG stets davon ausgegangen, dass firmen- und markenmäßige Benutzung infolge der allen Kennzeichenrechten gemeinsamen Herkunftsfunktion ineinander übergehen (BGH GRUR 2001, 344 - DB Immobilienfonds; BGH GRUR 2002, 967 - Hotel Adlon; BGH GRUR 2004, 512 - Leysieffer; BGH NJW-RR 2005, 1350 - seicom). Eine Unternehmensbezeichnung kann daher auch dadurch verletzt werden, dass sie von einem Dritten als Produktbezeichnung, also als Marke, verwendet wird, ebenso wie umgekehrt eine Marke auch dadurch verletzt werden kann, dass ein Dritter, der ähnliche Waren oder Dienstleistungen anbietet, sie als Bezeichnung seines Unternehmens verwendet. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass eine Produktbezeichnung häufig auch das Unternehmen bezeichnet und umgekehrt die Unternehmensbezeichnung zumindest mittelbar auch die Herkunft der aus dem Betrieb stammenden Waren kennzeichnet (BGH NJW-RR 2005, 1350 - seicom; BGH NJW-RR 2004, 1112 - Leysieffer; BGH GRUR 1984, 354 - Tina-Spezialversand II). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn durch besondere Umstände ausgeschlossen ist, dass der unbefangene Durchschnittsbetrachter in der verwendeten Form der Geschäftsbezeichnung (auch) einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung sieht oder umgekehrt (BGH NJW-RR 2005, 1350 - seicom; vgl. BGH GRUR 1984, 354 - Tina-Spezialversand II).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte bietet ausweislich ihres Internetauftritts, wie aus der Anlage K 5 ersichtlich, unter ihrem Unternehmenskennzeichen "ProVita Alltagsassistenz Deutschland GmbH", insbesondere in Gestalt des Wort-Bildzeichens verschiedene Waren und Dienstleistungen an, die mit den (Produkt-)Bezeichnungen "ProVita Hausnotrufsystem"", "ProVita Notrufzentrale", "ProVita Sicherheitsservice" und "ProVita Lieferservice" gekennzeichnet sind. Die unmittelbare Kennzeichnung der Waren eines Hausnotrufsystems, der Dienstleistung einer Notrufzentrale, eines Sicherheitsservices und Lieferservices mit dem Zeichen "ProVita" stellt einen herkunftshinweisenden Bezug her, der auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen hinweist. Der unmittelbare herkunftshinweisende Bezug zwischen dem Unternehmenskennzeichen bzw. dem Wort-Bildzeichen der Beklagten und den angebotenen Waren und Dienstleistungen wird dadurch hergestellt, dass dieses auf jeder der in der Anlage K 5 abgebildeten Internetseiten im oberen linken Bereich abgebildet ist. Denn eine herkunftshinweisende Verbindung zu einzelnen angebotenen Waren oder Dienstleistungen kann ohne weiteres auch in einem Katalog oder im Rahmen eines Internetauftritts geschaffen werden (vgl. BGH GRUR 2008, 254, Rz. 23 - THE HOME STORE, m.w.N.). Besondere Umstände, die eine Auffassung als Herkunftshinweis beim angesprochenen Verkehr ausschließen würden, sind nicht ersichtlich.

Auch der Domainname "www.provitadeutschland.de" ist von der Beklagten zur Kennzeichnung der darunter angebotenen Waren und Dienstleistungen verwendet worden. Denn Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, kommt in der Regel neben der Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu. Der Verkehr sieht in ihnen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der unter den Bezeichnungen im Internet angebotenen Waren oder Dienstleistungen (BGH GRUR 2009, 1055, Rz. 49 ff. - airdsl, m.w.N.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Domainnamen ausnahmsweise eine reine Adressfunktion zukommt oder wenn er vom Verkehr nur als beschreibende Angabe verstanden wird (BGH a.a.O., m.w.N). Dies ist hier mangels rein beschreibender Bedeutung - wie bereits unter Ziff. I. 1. dargestellt - nicht der Fall.

In der Verwendung des Unternehmenskennzeichens bzw. Wort-Bildzeichens der Beklagten sowie ihrer Domain liegt nicht nur eine Verwendung für die angebotenen Dienstleistungen, sondern zudem eine Benutzung für Waren in Gestalt der angebotenen Hausnotrufsysteme. Insoweit haben die Parteien lediglich den Klageantrag zu 1. lit. c. hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnung "ProVita Demenzuhr" übereinstimmend für erledigt erklärt.

3.

Es besteht jeweils Verwechslungsgefahr zwischen dem Firmenschlagwort der Klägerin sowie den angegriffenen Zeichen der Beklagten.

Die Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klägerin und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien besteht (BGH GRUR 2012, 635, Rz. 12 - METRO/ROLLER's Metro; BGH GRUR 2005, 61 - CompuNet/ComNet II, m.w.N.).

a.

Es besteht durchschnittliche Branchennähe.

Branchennähe besteht, wenn sachliche Berührungspunkte zwischen den beiden Unternehmen bestehen, so dass der Verkehr mindestens zur Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhänge gelangt (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rn. 88). Der Begriff der Branchennähe muss dabei weit verstanden werden. Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein (BGH GRUR 2012, 635, Rz. 14 - METRO/ROLLER's Metro; BGH GRUR 2011, 831 Rz. 23 - BCC, m.w.N.). An der Branchennähe fehlt es, wenn die Geschäftsbereiche der beteiligten Unternehmen so weit voneinander entfernt sind, dass die Gefahr ausscheidet, der angesprochene Verkehr könne durch gleiche oder verwechslungsfähige Bezeichnungen zu der irrigen Annahme verleitet werden, die von den Unternehmen produzierten Waren bzw. Dienstleistungen stammten aus ein und demselben Unternehmen (Ströbele/Hacker/Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 15 Rn. 57).

Vorliegend liegen die Branchen der Parteien zumindest so nah aneinander, dass der angesprochene Verkehr, der aus älteren Menschen und deren Angehörigen besteht, bei einer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen zu der irrigen Annahme verleitet werden kann, dass die angebotenen Dienstleistungen aus ein und demselben Unternehmen stammen. Die Klägerin betreibt Pflegeheime, in denen ältere Menschen betreut werden, die in der Regel aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr alleine leben können oder möchten. Die Beklagte hingegen vertreibt Notrufsysteme bzw. GPS-Ortungssysteme und bietet die dazugehörigen Sicherheitsdienstleistungen zum Auffinden hilfebedürftiger Personen an. Darüber hinaus wirbt sie auf ihrer Internetpräsenz damit, dass bei benötigter Unterstützung zu Hause, die Beklagte mit ihren örtlichen Helfern in nur wenigen Minuten beim Kunden ist. Die Produkte und Dienstleistungen der Beklagten sprechen ausweislich des als Anlage K 5 vorgelegten Auszugs aus dem Internetauftritt der Beklagten vornehmlich Senioren bzw. "Menschen in ihrer dritten Lebensphase" an, die bei der "Organisation des Alltags" unterstützt werden sollen. Zudem sollen durch die Produkte der Beklagten "Vitalität und Gesundheit" unterstützt werden (vgl. 1. Seite Anlage K 5). Zwar trifft es zu, dass sich die Leistungen der Beklagten daher vornehmlich an Senioren richten, die in ihrem Eigenheim leben und nicht in einer externen Pflegeeinrichtung. Allerdings werden von den Dienstleistungen der Parteien dennoch dieselben Kundenkreise angesprochen. Denn oftmals haben die betroffenen älteren Menschen, deren Gesundheitszustand sich aus verschiedenen Gründen verschlechtert - sei es durch eine altersbedingte Gebrechlichkeit, sei es durch eine Demenzerkrankung - und deren Angehörige im Laufe der Zeit die Entscheidung zu treffen, ob ein Leben zu Hause noch möglich ist, indem eine Betreuung der betroffenen Person durch einen mobilen Pflegedienst oder die Angebote der Beklagten als ausreichend angesehen wird, oder ob der Umzug in ein Pflegeheim notwendig erscheint. Bei dieser Entscheidungsfindung werden sie die verschiedenen Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stehen, in Betracht ziehen und abwägen, welche der Varianten für sie und ihre Angehörigen die beste Alternative darstellt, wobei auch die Entfernung zu Angehörigen bei der Entscheidung ausschlaggebend sein kann. Auch ist zu beachten, dass selbst in bestimmten Pflegeeinrichtungen, die mehr in Richtung eines selbstbestimmten betreuten Wohnens ausgestaltet sind und in denen keine 24-Stunden-Pflege geleistet wird, eine Verwendung der Produkte der Beklagten mit den entsprechenden Dienstleistungen als eine sinnvolle Ergänzung erscheint. Die Dienstleistungen der Parteien haben daher gemeinsam, dass sie ältere Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags - egal ob zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung - unterstützen sollen. Dementsprechend bieten auch beide Parteien "Alltagshilfe" an. Es ist insoweit nicht ersichtlich, dass sich die Hilfe bzw. Unterstützung im Alltag nur auf Personen beziehen kann, die zu Hause leben und nicht in einer Pflegeeinrichtung. Aber selbst falls die Klägerin nach der Definition der Beklagten keine "Alltagshilfe", sondern nur die Pflege von Senioren außerhalb ihrer "eigenen vier Wände" anbieten würde, bestünde aufgrund der obigen Ausführungen dennoch eine Ähnlichkeit zwischen diesen Dienstleistungen und damit eine Branchennähe.

Auch bezüglich der von der Beklagten angebotenen Waren eines Hausnotrufsystems und der Dienstleistungen der Klägerin besteht Branchennähe, so dass entgegen der Ansicht der Beklagten der Anspruch auf Unterlassung nicht auf Dienstleistungen einzuschränken gewesen ist. Zwar sind Dienstleistungen zu den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln oder durch sie erzielten Ergebnissen nicht generell ähnlich (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 788; m.w.N.), so dass es hier nicht allein ausreicht, dass die von der Beklagten vertriebenen Waren - hier Hausnotrufsysteme - zur Erbringung der Dienstleistungen der Alltagshilfe eingesetzt werden. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Notrufsysteme der Beklagten mit der zugehörigen Dienstleistung eines Sicherheitsservices eng verknüpft sind und in der Regel von dem Kunden zusammen in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus ist es aus Sicht des angesprochenen Verkehrs sowohl denkbar, dass ein Hersteller von Notrufsystemen für Senioren zwecks Steigerung seines Marktabsatzes auch die zugehörigen Dienstleistungen zur Unterstützung im Falle einer Hilfsbedürftigkeit erbringt, als auch dass ein namhafter Dienstleister im Bereich der Alltagshilfe sich dazu entschließt, eigene Notruf- bzw. Sicherheitssysteme zu entwickeln und diese als Ware am Markt anzubieten oder in seinen Pflegeheimen einzusetzen. Für eine Ähnlichkeit spricht darüber hinaus, dass die Dienstleistungen der Klägerin und die Waren der Beklagten miteinander konkurrieren können. Denn ggf. wird derjenige, der über ein Notrufsystem der Beklagten verfügt, die Dienstleistungen der Klägerin zur Alltagshilfe in einem Pflegeheim (noch) nicht in Anspruch nehmen.

b.

Zwischen dem Firmenschlagwort "ProVITA" der Klägerin, das eigenständigen Schutz genießt, und den angegriffenen Zeichen besteht zudem hochgradige Zeichenähnlichkeit.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (BGH GRUR 2012, 635, Rz. 22 - METRO/ROLLER's Metro; BGH GRUR-RR 2010, 205 Rz. 37 - Haus & Grund IV, m.w.N.). Genießt ein Teil einer geschäftlichen Bezeichnung gesonderten kennzeichenrechtlichen Schutz als Firmenschlagwort, ist dieser gesondert geschützte Teil maßgeblich (vgl. BGH, GRUR 2002, 898 - defacto). Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (GRUR 2012, 635, Rz. 22 - METRO/ROLLER's Metro; vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Rz. 28f. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859, Rz. 18 - Malteserkreuz I).

Zwischen "ProVITA" und dem Unternehmenskennzeichen der Beklagten "ProVita Alltagsassistenz Deutschland GmbH" besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit. Insoweit bleiben bei dem Unternehmenskennzeichen der Beklagten die lediglich beschreibenden Angaben "Alltagsassistenz Deutschland GmbH" beim Zeichenvergleich außen vor. Dass "provita" nicht beschreibend für die Unternehmensgegenstände der Parteien steht, wurde bereits unter Ziff. I. 1. ausgeführt. "ProVITA" und "ProVita" sind bis auf die unbeachtliche Groß- und Kleinschreibweise identisch. Auch vermag die grafische Ausgestaltung des angegriffenen Wort-Bildzeichens es nicht, die hochgradige Ähnlichkeit auszuräumen. Denn bei dieser handelt es sich lediglich um eine rein dekorative, nicht ins Gewicht fallende Verzierung. Auch zwischen "ProVITA" und den angegriffenen Produktbezeichnungen "ProVita Sicherheitsservice", "ProVita Notrufzentrale", "ProVita Lieferservice" und "ProVita Hausnotrufsystem" besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit, da die beschreibenden Zusätze "Sicherheitsservice", "Notrufzentrale", "Lieferservice" und "Hausnotrufsystem" beim Zeichenvergleich außen vor bleiben und im Übrigen an Identität grenzende Ähnlichkeit besteht. Darüber hinaus besteht auch zwischen dem Domainnamen, bei welchem "provita" neben "-deutschland.de" den einzig kennzeichnungskräftigen und damit prägenden Bestandteil bildet, und "ProVITA" entsprechend der vorherigen Ausführungen eine hochgradige Zeichenähnlichkeit.

c.

Es besteht höchstens eine leichte Schwächung der Kennzeichnungskraft, die im Rahmen der Gesamtabwägung die Annahme eine Verwechslungsgefahr nicht ausschließt.

Die Kennzeichnungskraft einer Firmenbezeichnung wird durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen (GRUR 2012, 635, Rz. 18 - METRO/ROLLER's Metro; BGH GRUR 2002, 898 - defacto). Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft kommt es bei einem Unternehmenskennzeichen deshalb - anders als bei der Marke - darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht (GRUR 2012, 635, Rz. 18 - METRO/ROLLER's Metro; BGH GRUR 2004, 514 - Telekom).

Die Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen stellt einen Ausnahmetatbestand dar. Sie setzt voraus, dass die Drittkennzeichen im Bereich der gleichen oder eng benachbarten Branchen oder Waren und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet ist, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (BGH GRUR 2008, 1104, Rz. 25 - Haus & Grund II, m.w.N.). Drittzeichen, die den gleichen oder einen größeren Abstand zu dem geschützten Zeichen halten wie die angegriffene Kennzeichnung, können jedoch keine Schwächung begründen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14, Rn. 653 m.w.N.). Gleiches gilt für Drittzeichen für andere Dienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit den Dienstleistungen des Inhabers des Unternehmenskennzeichen stehenden (vgl. BGH GRUR 2008, 1104 - Haus & Grund II).

Die Voraussetzungen einer Schwächung der Kennzeichnungskraft hat die Beklagte nicht dargelegt. Sie hat zumindest die Bekanntheit der Kennzeichnungen der Drittfirmen, die "provita" in ihrer Firma tragen, am Markt nicht im Einzelnen dargelegt. Allein die Anzahl der von ihr angeführten Drittzeichen reicht zur Darlegung einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der klägerischen Unternehmensbezeichnung nicht aus (vgl. BGH a.a.O. - Haus & Grund II, m.w.N.). Darüber hinaus führen die vorgebrachten Drittzeichen nicht zu einer relevanten Schwächung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin. Denn der Abstand zwischen den Drittzeichen ist größtenteils auch nicht kleiner als zu dem angegriffenen Zeichen. Die Zeichen "PROVITA Seniorenpflege und Therapiezentrum", "Provita Pflegedienst GmbH", "PROVITA Gesellschaft für häusliche Krankenpflege mbH", "ProVita Hilfe + Pflege", "Pro Vita - Pflege mit I2 GmbH", "Provita GmbH Pflegedienst", "Provita ambulante Krankenpflege", "Pro Vita Ambulante Krankenpflege", "proVITA Ambulante Hauskrankenpflege" oder "ProVita Ihr Pflegepartner" beinhalten zwar das Zeichen "provita", halten jedoch aufgrund von beschreibenden Zusätzen den gleichen Abstand zum Unternehmenskennzeichen der Klägerin ein wie die angegriffene Firma der Beklagten.

Soweit einige wenige Zeichen wie "pro vita GmbH" und "proVITA Group" einen geringeren Abstand zu dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin aufweisen, führen diese Zeichen allenfalls zu einer leichten Schwächung der Kennzeichnungskraft des klägerischen Unternehmenskennzeichens. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Branchennähe sowie der hochgradigen Zeichenähnlichkeit besteht aber auch bei einer leichten Schwächung der Kennzeichnungskraft in der Gesamtabwägung kein ausreichender Abstand der Zeichen, um eine Verwechslungsgefahr bzw. zumindest die Annahme von Unternehmensverbindungen auszuschließen.

4.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf ein prioritätsälteres Kennzeichenrecht - hier das Markenrecht der PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG - berufen. Denn der wegen Markenverletzung in Anspruch genommene Verletzer kann ältere Rechte anderer Inhaber dem Kläger grundsätzlich nicht entgegenhalten, da diese ihre Vorrangwirkung nur zugunsten ihrer Inhaber entfalten. Die BGH-Rechtsprechung lässt zwar in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 986 Abs. 1 BGB die Einrede aus einem prioritätsälteren Recht eines Dritten dann zu, wenn der Beklagte aufgrund schuldrechtlicher, insbesondere vertraglicher Gestattung zur Benutzung des älteren Rechts des Dritten berechtigt ist und das Recht des Dritten gegenüber dem Kläger durchsetzbar ist, d. h. der Dritte seinerseits vom Kläger Unterlassung verlangen kann (vgl. BGH GRUR 1994, 652 - Virion, GRUR 1993, 574 - Decker). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Denn die Klagemarke greift nicht in den Schutzbereich des anderen Kennzeichenrechts ein. Die Wortmarke der PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG ist insoweit zwar prioritätsälter. Jedoch besteht der Schutz nur für die eingetragenen Waren "Taschen- und Armbanduhren" in der Nizza-Klasse 14, nicht für die hier geltend gemachten Waren und Dienstleistungen der Alltagshilfe für Senioren, für die die Beklagte die angegriffenen Zeichen verwendet. Die PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG könnte daher auch nicht ihrerseits von der Klägerin Unterlassung verlangen.

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 15 Abs. 5 S. 1 MarkenG zudem einen Anspruch auf Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung. Denn die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr alle Schäden ersetzt, die ihr wegen der Handlungen gemäß Ziff. I entstanden sind und noch entstehen werden.

Nach § 15 Abs. 5 S. 1 MarkenG ist derjenige, der die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Im Rahmen des § 15 Abs. 5 MarkenG handelt fahrlässig, wer vor der eigenen Benutzungsaufnahme nicht einmal die Möglichkeit der Recherche nach im Handelsregister verzeichneten Firmennamen professionell durchführen und auswerten lässt.

Die Klägerin ist seit dem 20.08.2003 im Handelsregister eingetragen (vgl. Anlage K 1). Die Beklagte hätte bei einer sorgfältigen Recherche im Rahmen ihrer Nutzungsaufnahme der angegriffenen Bezeichnungen auf die Klägerin stoßen können. Durch das Unterlassen einer solch sorgfältigen Recherche hat sie gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen. Zur Exkulpation hat sie insoweit nichts vorgebracht.

Für die Begründetheit des Feststellungsanspruchs genügt zudem eine gewisse Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Eine solche Wahrscheinlichkeit liegt unter Zugrundelegung eines großzügigen Maßstabs bereits dann vor, wenn eine nicht lediglich entfernt liegende Möglichkeit gegeben ist, dass ein Schadenseintritt auf Grund des festgestellten Sachverhalts zumindest denkbar und möglich erscheint (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19d, Rn. 282 m.w.N.).

Vorliegend kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin durch die unberechtigte Benutzung ihres Unternehmenskennzeichens durch die Beklagte ein Schaden entstanden ist, da sich die Dienstleistungen an den gleichen Adressatenkreis richten und der Klägerin daher Umsatz bzw. Gewinn entgangen sein könnte. Weitergehender Vortrag hierzu ist von Seiten der Klägerin nicht erforderlich. Der Eintritt eines Schadens durch die festgestellte Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass die Klägerin den Eingriff in ihr Unternehmenskennzeichenrecht als vermögenswertes Recht nicht hinnehmen muss und jedenfalls Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie beanspruchen kann (vgl. zur Markenverletzung: BGH GRUR 2006, 421 = NJW-RR 2006, 1118 - Markenparfümverkäufe).

Das rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung folgt daraus, dass der Schaden von ihr noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, § 256 ZPO.

III.

Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich aus §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, 19 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG.

IV.

Die Klägerin hat zudem einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung von den ihr entstandenen Abmahnkosten aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB in nunmehr geltend gemachter Höhe von 2.305,40 €. Denn die Abmahnung war begründet und berechtigt.

Zwar hat die Klägerin ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2018 den Zahlungsantrag mit 2.325,40 € beziffert. Jedoch war dieser dahingehend auszulegen, dass nur 2.305,40 € geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus der hinzugefügten Klammer, wonach es sich bei dem Betrag um eine 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 € zuzüglich Auslagenpauschale handeln sollte. Die Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € war in dem Betrag in Höhe von 2.305,40 € jedoch bereits enthalten, so dass es sich bei der nochmaligen Hinzurechnung um ein offensichtliches Versehen gehandelt hat. Aus der Klammer war insoweit klar ersichtlich, welcher Betrag verlangt wird.

Begründet ist eine Abmahnung, wenn die geltend gemachten Ansprüche bestehen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., vor §§ 14-19 Rn. 296 ff. m.w.N.). Berechtigt ist sie, wenn die Abmahnung erforderlich war, um dem Verletzer einen Weg zu weisen, den Verletzten ohne Gerichtsverfahren klaglos zu stellen (vgl. BGH GRUR 2009, 502, 503 - pcb; 2010, 354, 355 - Kräutertee).

Die Voraussetzungen liegen vor. Die Abmahnung vom 23.08.2016 (Anlage K 6) war begründet. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung (s.o. Ziff. I.). Sie war auch berechtigt, da der Beklagten die Gelegenheit gegeben wurde, ein Klageverfahren zu vermeiden.

Der seitens der Klägerin bzw. ihrer außergerichtlichen Vertreter für die Berechnung der Abmahnkosten in Ansatz gebrachte Gegenstandswert in Höhe von 300.000,00 € für Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz war überhöht. Für die Abmahnung ist vielmehr ein Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 € angemessen. Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten wurde in der mündlichen Verhandlung entsprechend reduziert.

Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO ist der Streitwert vom Gericht grundsätzlich nach billigem Ermessen auf der Grundlage des objektiven Interesses des Klägers an der Erlangung des von ihm begehrten Rechtsschutzes festzusetzen. Das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen wegen Kennzeichenverletzungen wird durch zwei Faktoren bestimmt, nämlich durch den Wert des verletzten Kennzeichens einerseits und das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzung, den sogenannten Angriffsfaktor andererseits (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 142 Rn. 6). Der Angriffsfaktor kann durch eine Vielzahl von Faktoren des Einzelfalls beeinflusst werden. Im Vordergrund steht der Verletzungsumfang sowie die Intensität der Kennzeichenverletzung selbst, also insbesondere der Grad der Verwechslungsgefahr bzw. Rufausbeutung, Aufmerksamkeitsausbeutung, Rufschädigung oder Verwässerung (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 142 Rn. 8).

Zwar bietet die Klägerin seit längerem im ganzen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Pflegedienstleistungen unter ihrem Unternehmenskennzeichen an. Jedoch hat die Klägerin nicht zu einer besonderen Bekanntheit ihres Unternehmenskennzeichens oder einem bestimmten Marktanteil vorgetragen. Zudem verwendet die Beklagte die angegriffenen Zeichen nicht in der identischen Branche.

Unter Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 150.000,00 € berechnen sich Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.305,40 € aus einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zzgl. Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 €.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB ab dem 29.11.2016. Die Klage ist der Beklagten am 28.11.2016 zugestellt worden.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91a, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Klägerin ist gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie die Klage hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen für die Pflege von Senioren sowie den Antrag zu Ziff. 4. teilweise zurückgenommen hat. Die Kammer bemisst den zurückgenommenen Teil der Klage mit 20 %.

Da die Parteien das Verfahren hinsichtlich der angegriffenen Bezeichnung "ProVita Demenzuhren" übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war diesbezüglich gemäß § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Nach bisherigem Sach- und Streitstand waren diese Kosten ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen. Denn diese wäre im Wesentlichen unterlegen. Die Klägerin hatte insoweit auch wegen der Verwendung der Bezeichnung "ProVita Demenzuhr" einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, 5 Abs. 2 MarkenG. Die Beklagte hat unter der Bezeichnung "ProVita Demenzuhren" auf ihrer Internetpräsenz Waren angeboten, nämlich Notrufuhren für Demenzerkrankte, und damit die angegriffene Bezeichnung für die Dienstleistung der Alltagshilfe für Senioren kennzeichenmäßig verwendet. Hinsichtlich der Verwechslungsgefahr kann auf die obigen Ausführungen unter Ziff. I. 4. Bezug genommen werden. Zwar verfügte die Beklagte nach ihrem behaupteten Vortrag bereits im Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage am 17.11.2016 über eine Lizenz der PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG an deren prioritätsälteren Wortmarke "Provita". Allerdings konnte die Lizenz entsprechend der Eintragung nur für "Taschen- und Armbanduhren", nicht aber für Waren der Alltagshilfe für Senioren erteilt werden (vgl. auch Ziff. 2.1 des Markenlizenzvertrags der Anlage B 1), für die die angegriffene Bezeichnung "ProVita Demenzuhr" ebenfalls benutzt worden ist. Auch hier gilt, dass die PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG ihrerseits gegenüber der Klägerin keine Unterlassung der Verwendung ihres Unternehmenskennzeichens für die von ihr durchgeführten Pflegedienstleistungen und Dienstleistungen der Alltagshilfe hätte verlangen können, da die Verwendung nicht in den Schutzbereich ihres Markenrechts eingreift. Dementsprechend konnte die Beklagte der Klägerin das Markenrecht der PROVITA B. C3 GmbH & Co. KG auch hier nicht einredeweise entgegenhalten.

VI.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2018 gab keinerlei Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der Abschluss eines Lizenzvertrages für die Zukunft lässt eine vorherige Unternehmenskennzeichenverletzung nicht entfallen und führt auch nicht zu einer Ausräumung der bereits entstandenen Wiederholungsgefahr. Darüber hinaus ist das Unternehmenskennzeichen der Klägerin älter als die nunmehr an die Beklagte lizenzierte deutsche Marke "proVita Service".

Streitwert:

bis zum 16.01.2018: 150.000,00 € (Unterlassungsanspruch: 120.000,00; Auskunftsanspruch: 5.000,00 €, Schadensersatzanspruch: 25.000,00 €)

danach: 120.000,00 € (Unterlassungsanspruch: 96.000,00; Auskunftsanspruch: 4.000,00 €, Schadensersatzanspruch: 20.000,00 €)

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