LG Düsseldorf, Urteil vom 30.08.2017 - 2a O 129/16
Fundstelle
openJur 2019, 13315
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, vollständig und schriftlich Auskunft zu erteilen

a. über den Umfang der in Anlage N 1 beschriebenen Verletzungshandlungen ab dem 25.01.2016 unter Angabe des entsprechenden Zeitraumes, in welchem diese Verletzungshandlung jeweils begangen wurden, sowie

b. über die Namen und Anschrift der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sofern diese von der D2 KG abweichen, sämtliche gewerbliche Abnehmer mit Namen und Adressen und Stückzahlen sowie über die Menge der von ihren Lieferanten erhaltenen Gegenstände zu den in Anlage N 1 beschriebenen Verletzungshandlungen,

c. über Art und Umfang der betriebenen Werbung ab dem 25.01.2016 zu den in Anlage N 1 beschriebenen Verletzungshandlungen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 302012028528 eingetragenen Wortmarke "POSTMAXX", Ralph U, den Schaden zu ersetzen hat, der diesem ab dem 25.01.2016 durch den Vertrieb der Ersatzzylinder ersichtlich aus der Anlage N 1 mit der Bezeichnung "POSTMAXX" durch die Beklagte entstanden ist und entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 % zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. J. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 €. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Herstellerin unter anderem von Briefkästen mit der Bezeichnung "POSTMAXX". Ihr Produktportfolio umfasst Edelstahl-Solarbriefkästen, bei denen über ein Solarzellenfeld die Hausnummer beleuchtet wird, als auch mehrere Modellreihen wertiger Design-Briefkästen, wie aus der Anlage N 2 ersichtlich. Sie beliefert regelmäßig die größten Handelsketten mit ihren Produkten.

Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr U, ist Inhaber der deutschen Wortmarke "POSTMAXX" (Klagemarke 1), Registernummer 302012028528, mit Priorität vom 05.05.2012 und einer gleichlautenden Unions-Wortmarke unter der Registernummer ...#/... (Klagemarke 2), die seit dem 08.08.2012 bzw. 05.11.2014 unter anderem für "Briefkästen aus Metall, Briefkästen aus Mauerwerk, Briefkästen weder aus Metall noch aus Mauerwerk" eingetragen sind, sowie einer weiteren deutschen gleichlautenden Wortmarke unter der Registernummer 302015041040 (Klagemarke 3), die seit dem 07.12.2015 unter anderem für "Schlösser für Briefkästen" Schutz genießt. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Registerauszüge, vorgelegt als Anlagen N 3a bis 3b, Bezug genommen. Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin dieser Marken und ermächtigt, die Markenrechte gerichtlich geltend zu machen (vgl. Anlage N 4). Bereits im Jahre 2005 bot der Geschäftsführer der Klägerin der Baumarktkette I2 unter der Handelsmarke "POSTMAXX" Briefkästen zum Verkauf an, was diese jedoch zunächst ablehnten. Die Klägerin verkaufte der Baumarktkette C3 schon im Jahre 2007 "No Name"-Briefkästen und belieferte sie im Jahr 2008 mit diesen (vgl. Anlage N 29, Anlagenkonvolut N 30).

Die Beklagte ist Gesellschafterin der I2 Handelsgesellschaft für Baustoffe mbH & Co. KG (im Folgenden: I2) und betreibt einen I2-Baumarkt. Über diesen verkauft sie unter anderem Ersatzzylinder für Briefkästen. Der Inhaber der Klagemarken erteilte der Beklagten oder der Herstellerin der Zylinder, der Streithelferin, keine Genehmigung zur Verwendung der Klagemarken.

Die Streithelferin vertreibt seit dem Jahre 2007 eine Briefkastenserie unter der Bezeichnung "POSTMAXX" auf dem deutschen Markt, insbesondere bietet sie diese auch in den Baumärkten der Kette C3 sowie auf deren Onlineshop unter www.C3.info zum Verkauf an (vgl. Anlage N 10 bis N 12). In der Vergangenheit kam es zu mehreren Gerichtsverfahren der Klägerin gegen die Streithelferin sowie mehrere Gesellschafter der I2. Unter anderem ist die Firma N GmbH & Co. KG als weitere Gesellschafterin der I2 unter dem 25.06.2015 wegen eines Verstoßes gegen die Marke "POSTMAXX" abgemahnt worden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.01.2016 mahnte die Klägerin die I2 wegen der Verwendung des Zeichens "POSTMAXX" ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ihrer Gesellschafter, zur Auskunftserteilung und zum Schadensersatz auf (Anlage N 8a). Der Bevollmächtigte der Gegenseite, Herr Dr. R, meldete sich für sämtliche Gesellschafter der I2 unter dem 25.01.2016 (Anlage N 8b) und gab unter dem 28.01.2016 für diese eine modifizierte Unterlassungserklärung ab (Anlage N 8d), die unter dem 02.02.2016 unter Vorbehalt der Vollmachtsvorlegung von Seiten der Klägerin angenommen wurde (Anlage N 9a). Eine Auskunftserteilung sowie Schadensersatzansprüche lehnte der Bevollmächtigte der I2 ab (Anlage N 9b).

Die Klägerin stützt ihre Ansprüche zunächst auf die Klagemarke 1, hilfsweise auf die Klagemarke 2 und sodann hilfsweise auf die Klagemarke 3.

Sie behauptet, am 22.09.2015 habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei der Beklagten eine Marktsichtung durchgeführt, bei der er festgestellt habe, dass Schließ- bzw. Ersatzzylinder für Briefkästen der Firma D2 angeboten wurden, die auf der Vorder- und Rückseite, wie aus der Anlage N 1 ersichtlich, unter anderem mit der Bezeichnung "POSTMAXX" gekennzeichnet gewesen seien. Er habe im Rahmen eines Testkaufs zwei Exemplare in verschiedenen Verpackungen erstanden. Tatsächlich habe es sich nicht um Zubehör der Klägerin gehandelt, d.h. sie seien mit den Produkten der Klägerin nicht kompatibel (vgl. Anlage N 51). Insoweit fehle den streitgegenständlichen Schließzylindern die sogenannte "Klemme", so dass sie in einen Briefkasten der Klägerin nicht eingebaut werden könnten. Darüber hinaus seien die Zylinder nicht passgenau und insbesondere nicht zum Solarbriefkasten der Klägerin kompatibel, weil der Schaft des Schlosses zu kurz sei.

Sie ist der Ansicht, eine bösgläubige Markenanmeldung liege nicht vor. Sie behauptet hierzu, sie bzw. ihr Geschäftsführer hätten erst am 11.12.2013 anlässlich eines Privateinkaufs eines ihrer Mitarbeiter zufällig davon L erlangt, dass die Klagemarken für Konkurrenzprodukte im Briefkastensegment benutzt würden. Im Vorfeld der Markenanmeldung im Mai 2012 habe ihr Geschäftsführer im Internet sorgfältig geprüft, ob die Bezeichnung "POSTMAXX" anderweitig verwendet werde, wobei eine Google-Suche keinerlei Treffer ergeben habe (vgl. Anlagen N 31 und N 32).

Sie ist weiter der Ansicht, die Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Hierzu behauptet sie zunächst, die Beklagte habe den Vertrieb der streitgegenständlichen Zylinder erst nach der Eintragung der Klagemarke 1 aufgenommen. Sie behauptet ferner, die Firma N GmbH & Co. Fachmarkt KG habe die I2 über die Abmahnung vom 25.06.2015 unmittelbar informiert. Die I2 habe diese Information sodann an all ihre Gesellschafter - und damit auch an die Beklagte - weitergegeben. Sie ist der Ansicht, es sei zumindest von einer L der Beklagten von der Markeneintragung noch vor dem Zugang der Abmahnung vom 19.01.2016 auszugehen, da die Weitergabe der Information über eine Abmahnung an die I2 und von dieser an die Gesellschafter im Franchisevertrag vorgeschrieben sei. Sie meint darüber hinaus, die L der I2 sei wiederum der Beklagten zuzurechnen. Dazu behauptet sie, die I2 habe spätestens seit der Abmahnung vom 03.08.2015 L vom Bestand der Klagemarke erlangt, da dieser das Urteil des Landgerichts Hagen gegen die Streithelferin beigefügt war, in dessen Urteilsgründen der "POSTMAXX"-Streit erwähnt worden sei. Sie ist der Ansicht, die vorherige L ihres Prozessbevollmächtigten sei der Beklagten zuzurechnen. Dazu behauptet sie weiter, dass in den Gesprächen zwischen dem Rechtsanwalt der I2, Herrn Dr. R, und dem Rechtsanwalt der Streithelferin, Herrn. Dr. D, am 10.08.2015 die Markenverletzung der Streithelferin bereits H gewesen sei. Sie meint weiter, die L der I2 von der Klagemarke 1 aufgrund der regelmäßigen Gerichtsverhandlungen ab November 2015 sei der Beklagten ebenfalls zuzurechnen. Eine L der Beklagten folge spätestens aus der Zustellung der Klageschrift in dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Az. 14c O 123/15, da der Vortrag zur Markenrechtsverletzung H der Klageschrift, dort auf Seite 11 f. unter Bezugnahme auf die Anlagen FN 16, 22 und 23 gewesen sei.

Das hiesige Verfahren ist am 19.04.2016 von dem Verfahren unter dem Az. 14c O 123/15 gemäß § 145 ZPO abgetrennt worden, da in dem Verfahren vor der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ausschließlich wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht worden sind. In dem dortigen Verfahren ist die hiesige Beklagte als Beklagte zu 2) mitverklagt worden. Die Klageschrift ist ihr am 02.09.2015 zugestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, vollständig und schriftlich Auskunft zu erteilen

a. über den Umfang der in Anlage N 1 beschriebenen Verletzungshandlungen unter Angabe des entsprechenden Zeitraumes, in welchem diese Verletzungshandlung jeweils begangen wurden, sowie

b. über die Namen und Anschrift der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sofern diese von der D2 KG abweichen, sämtliche gewerbliche Abnehmer mit Namen und Adressen und Stückzahlen sowie über die Menge der von ihren Lieferanten erhaltenen Gegenstände zu den in Anlage N 1 beschriebenen Verletzungshandlungen,

c. über Art und Umfang der betriebenen Werbung zu den in Anlage N 1 beschriebenen Verletzungshandlungen;

II. festzustellen, dass die Beklagte dem Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 302012028528 eingetragenen Wortmarke "POSTMAXX" Ralph U, den Schaden zu ersetzen hat, der diesem durch den Vertrieb der Ersatzzylinder ersichtlich aus der Anlage N 1 mit der Bezeichnung "POSTMAXX" durch die Beklagte entstanden ist und entstehen wird.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die streitgegenständlichen unter anderem mit "POSTMAXX" gekennzeichneten Schließzylinder seien bei sämtlichen I2-Gesellschaftern seit geraumer Zeit vor dem 05.02.2016 ausgetauscht worden.

Sie ist der Ansicht, sie treffe keinerlei Verschulden, so dass weder ein Schadensersatz- noch ein Auskunftsanspruch bestünden. Sie behauptet hierzu, sie beziehe die streitgegenständlichen Schließzylinder von der Lieferfirma D2 bereits seit dem Jahr 2008 und damit vor Eintragung der Klagemarken. Sie ist der Ansicht, sie treffe keine ständige Marktbeobachtungspflicht nach einer rechtmäßigen Benutzungsaufnahme. Ein Verschulden liege frühestens ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Markeneintragung vor.

Die Streithelferin ist der Ansicht, es fehle bereits an einer markenmäßigen Benutzung. Denn die angegriffene Bezeichnung werde nicht für den Schließzylinder verwendet. Vielmehr werde klar herausgestellt, dass der Schließzylinder für die Briefkästen unter der angegriffenen Bezeichnung bestimmt sei. Zumindest liege in der angegriffenen Zeichenverwendung eine zulässige Benutzung gemäß § 23 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG. Hierzu behauptet sie, der angegriffene Ersatzzylinder sei sowohl mit den in der Vergangenheit vertriebenen "POSTMAXX"-Briefkästen der Streithelferin, als auch mit den Briefkästen der Klägerin kompatibel. Darüber hinaus meint sie, eine Verwechslungsgefahr scheitere an der fehlenden Waren- und Zeichenähnlichkeit, letzteres an der bildlichen Ausgestaltung der Bezeichnung "POSTMAXX". Sie ist weiter der Ansicht, ihr stünde wegen des Vertriebs seit dem Jahr 2008 ein Vorbenutzungsrecht zu. Sie meint darüber hinaus, der Geltendmachung der markenrechtlichen Ansprüche stünde der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Insoweit habe der Geschäftsführer der Klägerin die Klagemarke bösgläubig angemeldet. Hierzu behauptet sie, zum Zeitpunkt der Markenanmeldung habe es bereits an einem generellen Benutzungswillen gefehlt. Sie behauptet weiter, der Geschäftsführer der Klägerin habe bei Anmeldung der Klagemarke L von ihrer Vorbenutzung gehabt oder zumindest haben müssen. Dies gehe bereits daraus hervor, dass bei einem flüchtigen Blick in die Briefkastenabteilung eines beliebigen C3-Baumarktes die Nutzung des Kennzeichens sofort hätte ins Auge fallen müssen. Sie meint, eine L bzw. ein Kennenmüssen liege auch deswegen vor, weil die Baumarktkette C3 ihre Briefkästen unter der Bezeichnung "POSTMAXX" vor dem Anmeldetag der Marke intensiv beworben habe, wie aus der Anlage NI 2 und NI 2a ersichtlich. Aufgrund des Umstands, dass die Klägerin im selben Geschäftsbereich wie die Streithelferin tätig sei und C3 als denselben Kunden mit Briefkästen beliefere, sei eine Unkenntnis praktisch ausgeschlossen. Die Geltendmachung der Ansprüche diene allein dem Zweck, sie aus dem Markt zu drängen. Darüber hinaus ergebe sich der zweckfremde Einsatz der Marken der Klägerin aus ihrem umfangreichen Abmahnverhalten. Wegen der vorgetragenen Indizien wird auf den Schriftsatz der Streithelferin vom 14.03.2017 (Bl. 473 ff. der Gerichtsakte) sowie auf die Anlagen NI 15 bis NI 17 ergänzend Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, begründet.

J.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach feststellen zu lassen. Sie ist derzeit nicht in der Lage, den ihr entstandenen Schaden abschließend zu beziffern.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 MarkenG.

1.

Die Klägerin hatte bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung wegen der Nutzung der angegriffenen Zeichen auf der Verpackung der Ersatzzylinder, wie aus der Anlage N 1 ersichtlich, aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Danach kann der Markeninhaber F untersagen, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

a.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ihr Geschäftsführer ist der Inhaber der Klagemarke 1, an welcher er ihr am 20.06.2014 eine ausschließliche Lizenz eingeräumt hat, wie aus der Anlage N 4 ersichtlich. Die Klägerin kann gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG Schadensersatzansprüche geltend machen und Auskunft an sich selbst verlangen. Denn ihr Geschäftsführer hat gleichzeitig seine Zustimmung dazu erteilt, dass sie seine markenrechtlichen Ansprüche gerichtlich geltend macht.

b.

Die Beklagte hat die angegriffenen Zeichen ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr markenmäßig zum Anbieten und zum Verkauf ihrer Ersatzzylinder benutzt, wie aus der Anlage N 1 ersichtlich.

Eine rechtsverletzende Benutzung setzt voraus, dass der Verkehr in dem angegriffenen Zeichen einen Herkunftshinweis sieht, es also zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solches eines bestimmten Unternehmens benutzt wird (EuGH WRP 2002, 1415 - Arsenal, Tz. 51/42, GRUR Int 1999, 438 - BMW, Tz 38; BGH GRUR 2002, 809, 811 - FRÜHSTÜCKS DRINK J, GRUR 2002, 812, 813 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II). Die Herkunftsfunktion der Marke wird bereits dann beeinträchtigt, wenn das angegriffene Zeichen vom Verkehr als Angabe des Herkunftsunternehmens aufgefasst werden könnte (EuGH, GRUR 2003, 55 - Arsenal) bzw. ein Verständnis der angegriffenen Bezeichnung als betriebliches Herkunftszeichen nicht ausgeschlossen ist (EuGH, GRUR 2002, 692 - Hölterhoff). Nur wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in diesem Sinne als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird, ist markenmäßiger Gebrauch zu verneinen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 145, N.w.N.).

Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass ihr Prozessbevollmächtigter am 22.09.2015 bei der Beklagten eine Marktsichtung durchgeführt hat, bei der er festgestellt hat, dass die streitgegenständlichen Schließ- bzw. Ersatzzylinder für Briefkästen angeboten wurden, die auf der Vorder- und Rückseite, wie aus der Anlage N 1 ersichtlich, unter anderem mit der Bezeichnung "POSTMAXX" gekennzeichnet gewesen sind und dass er im Rahmen eines Testkaufs unter anderem das aus der Anlage N 1 ersichtliche Exemplare erstanden hat. Die Beklagte ist diesen Ausführungen nicht qualifiziert entgegen getreten, so dass es keiner Beweisaufnahme zu diesem Punkt bedurfte. Zwar hat die Beklagte bestritten, dass der Testkauf stattgefunden hat und hat behauptet, die Zylinder seien seit "geraumer Zeit" aus dem Sortiment genommen worden. Das Bestreiten der Beklagten ist jedoch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Ersatzzylinder in der Vergangenheit tatsächlich vertrieben hat, nicht ausreichend. Insoweit hätte sie vortragen müssen, seit wann die Zylinder aus dem Sortiment genommen worden sind.

Das Kennzeichen wird vorliegend sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite der Produktverpackung des Schließzylinders jedenfalls auch markenmäßig verwendet, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Verkehr darin den Herkunftshinweis erblickt. Denn die Möglichkeit, dass der Verkehr von dem Zeichen auf ein dahinterstehendes Unternehmen schließt, ist nicht völlig fernliegend. Insoweit genügt auch, dass der angesprochene Verkehr zur Annahme von Unternehmensverbindungen gelangt (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14, Rn. 146, 369). Hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass beim angesprochenen Verkehr die Vorstellung erweckt wird, dass das die Briefkästen herstellende Unternehmen auch passende Ersatzschlösser und entsprechendes Zubehör produziert oder es jedenfalls einen Produktionszusammenhang gibt.

Dem Verständnis als Herkunftshinweis steht nicht entgegen, dass die Angabe wegen der vorangestellten Wörter "Für Briefkästen" auch als Typenbeschreibung verstanden werden kann. Denn damit wird nicht nur auf Briefkästen eines bestimmten Typs, sondern gerade auch auf deren Hersteller hingewiesen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - J ZR 34/02 - Staubsaugerfiltertüten, juris, Rn. 18).

D2.

Es besteht zudem Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke 1 und den angegriffenen Zeichen.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Kennzeichnungskraft der Marke, der Ähnlichkeit der mit ihnen bezeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Ähnlichkeit der verwendeten Kennzeichen. Ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Kennzeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Klagemarke ausgeglichen werden und umgekehrt (Ingerl/Rohnke, a.a.O, § 14 Rn. 371).

aa. Es besteht zumindest durchschnittliche Warenähnlichkeit. Die Klagemarke 1 ist für "Briefkästen aus Metall, Briefkästen aus Mauerwerk, Briefkästen weder aus Metall noch aus Mauerwerk" eingetragen. Die Beklagte nutzt die angegriffenen Zeichen für Ersatzzylinder für Briefkästen, wie auf der Verpackung gemäß der Anlage N 1 ausgeführt. Diese stellen Zubehör für Briefkästen und daher sich ergänzende Waren dar, die nicht nur dem gleichen Verwendungszweck dienen, sondern auch oftmals in denselben Verkaufsstätten angeboten werden. Insoweit ist es für die Entnahme der Post erforderlich, dass die Verschlussklappe aufgeschlossen werden kann. Ohne ein funktionierendes Schloss kann daher der Briefkasten seine Hauptfunktion, nämlich die Entgegennahme von Post zu ermöglichen, nicht erfüllen.

bb. Zudem besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit bzw. Zeichenidentität. Bei dem Zeichenvergleich sind die Klagemarke 1 auf der einen und auf der Seite der Beklagten die angegriffenen Zeichen in der konkreten Gestalt, in der sie von ihr tatsächlich benutzt werden, gegenüberzustellen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 826, N.w.N.), d.h. in Gestalt des Wort-Bildzeichens auf der Vorderseite der Verpackung sowie in Gestalt des Wortzeichens "POSTMAXX" auf der Rückseite.

Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH, GRUR Int 2010, 129 Rn. 60 - La Espahola/Carbonell; BGH, GRUR 2009, 1055 Rn. 26 = WRP 2009, 1533 - airdsl).

Die sich gegenüberstehenden Wortzeichen "POSTMAXX" sind identisch. Aber auch hinsichtlich des Wort-Bildzeichens besteht eine hochgradige Zeichenähnlichkeit. In klanglicher Hinsicht sind die Zeichen identisch, da die Aussprache dieselbe ist. Auch ihrem Schriftbild nach sind die Kennzeichnungen jedenfalls durchschnittlich ähnlich. Insoweit ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei der von der Beklagten verwendeten Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung um ein Gesamtzeichen handelt. Grundsätzlich ist auf dessen Gesamteindruck abzustellen, den es beim angesprochenen Verkehrskreis hinterlässt, da Zeichen regelmäßig als Ganzes wahrgenommen werden (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14, Rn. 1007). Nicht auszuschließen ist dabei aber, dass einzelne Bestandteile dem Verkehr besonders in Erinnerung haften bleiben können. Dies gilt vor allem bei aus Bild- und Schriftelementen zusammengesetzten Zeichen; oftmals sind diese nur durch den Schriftbestandteil benennbar (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14, Rn. 939). So liegt der Fall hier. Das auf den Schließzylinderverpackungen verwendete Zeichen verfügt über keine derart ausgefallene Grafik, dass ihr ein eigenständiger Bedeutungsgehalt und Wiedererkennungswert zukäme. Vielmehr ist lediglich das "O" als Posthorn dargestellt, was dessen Wahrnehmbarkeit als Buchstabe aber keineswegs beeinträchtigt. Ebenso wenig ist "MAXX" aufgrund eines bloß verlängerten Schrägstrichs im zweiten X bildlich auffällig gestaltet. Die getrennte Schreibweise steht der Zeichenähnlichkeit ebensowenig entgegen. Denn selbst regulär zusammengeschriebene Wörter, die ausnahmsweise getrennt, aber unmittelbar untereinander abgebildet werden, nimmt der angesprochene Verkehr als einheitliches Wort wahr. Dies gilt auch gerade, da der untere Teil "MAXX" in Alleinstellung keinen eigenständigen Sinngehalt aufweist. Auch in begrifflicher Hinsicht sind die Zeichen identisch.

cc. Unter Berücksichtigung der Waren- sowie zumindest hochgradigen Zeichenähnlichkeit, besteht auch bei unterstellter geringer Kennzeichnungskraft jeweils eine Verwechslungsgefahr.

d.

Die Beklagte kann sich nicht auf die Schranke des § 23 Nr. 3 MarkenG berufen, da dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Nach § 23 Nr. 3 MarkenG hat der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem F zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Zwar soll die Benutzung der angegriffenen Zeichen aus Sicht der Beklagten dazu dienen, auf die Kompatibilität des Ersatzzylinders als Ersatzteil zu bestimmten Briefkästen hinzuweisen. Unabhängig davon, ob der streitgegenständliche Ersatzzylinder überhaupt mit den Briefkästen der Klägerin kompatibel ist, war die Benutzung der angegriffenen Zeichen auf der Verpackung für einen Bestimmungshinweis jedoch schon nicht notwendig.

Notwendigkeit ist gegeben, wenn der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung ohne die Benutzung der Marke praktisch nicht übermittelt werden kann (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 23, Rn. 116). Durch solche Angaben soll für den Verbraucher beim Kauf leicht und eindeutig erkennbar sein, mit welchen Originalwaren die Ersatzteile kompatibel sind. Eine Bestimmungsangabe J.S.d. § 23 Nr. 3 MarkenG liegt daher schon nicht mehr vor, wenn das Produkt des F selbst mit dem fremden Kennzeichen wie mit einem eigenen gekennzeichnet wird (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 23 Rn. 111). Zulässig ist lediglich eine Verwendungszweckangabe, bei der klar und eindeutig erkennbar gemacht werden muss, dass die Herstellermarke allein beschreibend zur Klarstellung des Verwendungszwecks eingesetzt wird. Eine damit verbundene Anlehnung an den Ruf und das Ansehen einer fremden Originalware ist darüber hinaus nur hinzunehmen, wenn die Angaben zur Aufklärung des Verkehrs über den Verwendungszweck des Ersatz- oder Zubehörteils sachlich geboten sind und sich nach Art und Maß in den Grenzen des Erforderlichen halten (OLG Düsseldorf Urt. v. 9.11.1999 - 20 U 139/98, BeckRS 1999, 14276, Rz. 32; vgl. BGH GRUR 1996, 781, 782f. - Verbrauchsmaterialien).

Dies ist hier nicht der Fall. Zum einen entspricht die grafisch ausgestaltete Zeichenbenutzung nicht einem üblichen, möglichst unauffälligen Bestimmungshinweis (vgl. V. Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 23, juris, Rn. 92), sondern wirkt dadurch gerade als Herkunftshinweis. Zum anderen ist die konkrete Art der Markenbenutzung als vermeintliche Bestimmungsangabe auch deshalb nicht notwendig, weil ein einziger lesbarer Hinweis auf der Verpackung für kompatible Briefkästen genügt hätte. Es ist nicht notwendig, diesen auf Vorder- und Rückseite zu drucken, da ein interessierter und angemessen aufmerksamer Verbraucher sich über die Kompatibilitäten informiert und auch einen sich bloß auf der Rückseite befindenden Bestimmungshinweis wahrnimmt. Auf der Vorderseite ist im Übrigen nicht klar herausgestellt worden, dass sich der Zusatz "Für Briefkästen" auf der linken Seite auf die zwei darunter dargestellten Logos verschiedener Hersteller konkret bezieht und im Zusammenhang zu lesen ist. Vielmehr ist aufgrund der hier gewählten Zeichennutzung in Gestalt eines Wort-Bildzeichens nicht ausgeschlossen, dass der angesprochene Verkehr "Für Briefkästen" und das Wort-Bildzeichen getrennt wahrnimmt und jeweils lediglich auf den Ersatzzylinder selbst bezieht; zum einen als Bestimmungs- zum anderen als Herkunftshinweis.

Darüber hinaus kann sich die Beklagte auch nicht auf § 23 Nr. 2 MarkenG berufen. Insoweit stellt § 23 Nr. 3 MarkenG eine eigenständige Regelung dar, die in ihrem Anwendungsbereich hinsichtlich der Verwendung kennzeichnungskräftiger Marken die Anwendbarkeit des § 23 Nr. 2 MarkenG ausschließt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 23 Rn. 55, 109; so auch Ströbele/Hacker/Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 23 Rn. 64, 98). Insoweit verbliebe dem § 23 Nr. 3 MarkenG kein eigener Anwendungsbereich, würde die Verwendung einer Marke eines F als beschreibende Angabe zugleich unter Nr. 2 fallen. Die Freistellungsfähigkeit ist daher zu verneinen.

2.

Die Beklagte handelte zudem schuldhaft im Sinne des § 14 Abs. 6 MarkenG, jedoch erst ab dem 25.01.2016. Denn ihr ist erst ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Markeneintragung vorzuwerfen, sich zumindest fahrlässig über den Bestand des Markenrechts der Klägerin hinweggesetzt zu haben.

Grundsätzlich handelt derjenige fahrlässig, wer vor der eigenen Benutzungsaufnahme nicht einmal die Möglichkeit der Recherche nach eingetragenen Marken professionell durchführen und auswerten lässt (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § Vor §§ 14-19d Rn. 220, N.w.N.). Zwar ist zu einer Markenrecherche vor Benutzungsaufnahme des angegriffenen Zeichens nichts vorgetragen worden. Allerdings besteht eine Verpflichtung zu einer laufenden Recherchenaktualisierung nur bis zur eigenen Benutzungsaufnahme, danach nur bei besonderem Anlass. Sind die erforderlichen Nachforschungen unterblieben, so ist der Schadensersatzanspruch ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung bei sorgfältigem Handeln zuzusprechen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19d; Rn. 220 f.; BGH GRUR 1971, 251, 253 - Oldtimer; OLG Frankfurt a.N. GRUR-RR 2002, 188, 191 - Vitalroyale; jeweils N.w.N.).

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht substantiiert dazu vorgetragen, dass die Beklagte erst nach der Markeneintragung im Jahre 2012 den Vertrieb der streitgegenständlichen Ersatzzylinder aufnahm. Unstreitig vertrieb die Streithelferin die mit der Bezeichnung "POSTMAXX" gekennzeichneten Briefkästen bereits vor der Eintragung der Klagemarken. Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, den Vertrieb der hier streitgegenständlichen Ersatzzylinder damit einhergehend im Jahr 2008 aufgenommen zu haben (vgl. Anlage N 9b). Die Klägerin ist dem nicht substantiiert entgegen getreten. Ein konkreter späterer Zeitpunkt, in welchem die Benutzung stattdessen aufgenommen worden sein soll, ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Darüber hinaus ist für die Behauptung auch kein Zeugenbeweis angetreten worden.

Obwohl die Beklagte damit keine Pflicht zur wiederholten Markenrecherche traf, ist ein ihr anzulastendes Verschulden zumindest ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntniserlangung anzunehmen. Die Beklagte hatte spätestens mit Bestellung ihres Prozessbevollmächtigten auf die Abmahnung vom 19.01.2016 hin, die den hier streitgegenständlichen Markenverstoß betraf, und damit ab dem 25.01.2016, L von der Eintragung der Klagemarke 1.

Auf eine frühere L des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, die dieser in diversen Gesprächen mit Kollegen oder im Zuge von weiteren Parallelverfahren erlangt haben mag, kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn dieser hat sich erst auf die Abmahnung vom 19.01.2016 hin am 25.01.2016 für die Gesellschafter der I2 und damit für die Beklagte in dieser Angelegenheit bestellt (vgl. Anlage N 8b). Eine Zurechnung aller das Mandat betreffenden Kenntnisse des Rechtsanwaltes, die dieser vor einer Beauftragung erlangt hat, ist nach Ansicht der Kammer zu weitreichend und daher abzulehnen. Vielmehr sind Kenntnisse erst ab dem Zeitpunkt der Beauftragung zuzurechnen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage 2017, § 166 Rn. 6a).

Auch auf eine vormalige L eines anderweitig abgemahnten Gesellschafters der I2, kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn eine Wissenszurechnung von der Gesellschaft zulasten der einzelnen Gesellschafter kommt weder nach § 166 Abs. 1 BGB noch in dessen analoger Anwendung in Betracht, so dass es auf eine vormalige Kenntniserlangung der I2 schon nicht ankommt. Im Übrigen wird auch die L eines einzelnen Gesellschafters - da kein organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter - grundsätzlich nicht gemäß § 166 Abs. 1 BGB der Gesellschaft und damit hier der I2 zugerechnet (vgl. Baumbach/Hueck/Noack/Zöllner, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 35 Rn. 151; Roth/Altmeppen/Altmeppen, 8. Aufl. 2015, GmbHG § 35 Rn. 117). Auch eine Zurechnung als "Wissensvertreter" der Gesellschaft gemäß § 166 Abs. 1 BGB analog scheidet aus. Denn es ist kein substantiierter Vortrag dazu ersichtlich, dass die vormals am 25.06.2015 abgemahnte Gesellschafterin der I2, die N GmbH & Co. Fachmarkt KG, mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Aufgaben im privatrechtlichen Geschäftsverkehr von der I2 als deren Repräsentantin betraut worden wäre (vgl. BGH NJW 1992, 1099, N.w.N.). Die reine Zugehörigkeit zur Zentralgesellschaft reicht hierfür nicht aus. Auch falls eine vertragliche Verpflichtung zur Weiterleitung von Informationen bestand und diese ggf. verletzt wurde, führt die vertragliche Pflichtverletzung nicht dazu, dass das Wissen von einer bestimmten Tatsache zugunsten eines F fingiert würde.

Auch eine vorherige L der Beklagten von der Existenz der Klagemarke ab Zustellung der Klage in dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf, Az. 14c O 123/15, von dem das hiesige Verfahren abgetrennt worden ist, und damit ab dem 02.09.2015, kann nach Ansicht der Kammer nicht angenommen werden. Zwar ist in der Klageschrift auf Anlagen Bezug genommen worden, die die markenrechtliche Problematik zwischen der hiesigen Streithelferin und der Klägerin betrafen (Anlagen FN 16, FN 23). Jedoch waren zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage markenrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte nicht streitgegenständlich. Darüber hinaus wurde die Klagemarke in der Klageschrift nicht ausdrücklich erwähnt. Dort ist nur davon die Rede, dass mit dem als Anlage FN 16 vorgelegten Vergleichsvorschlag der hiesigen Streithelferin an die Klägerin "eine schwere Markenverletzung" abgegolten werden sollte (S. Klageschrift vom 18.08.2015, dort S. 12 oben). Es kann der Beklagten nicht abverlangt werden, sich alle Anlagen im Detail durchzulesen, die sich auf eine markenrechtliche Streitigkeit zwischen anderen Parteien beziehen, welche nicht Streitgegenstand des sie betreffenden Rechtsstreits war.

3.

Auf ein eigenes oder ein von der Streithelferin abgeleitetes Vorbenutzungsrecht kann sich die Beklagte nicht berufen. Zwar kann der Inhaber einer bekannten Marke gezwungen sein, die Benutzung eines ähnlichen Zeichens durch einen F zu dulden, wenn sich dieser auf einen "rechtfertigenden Grund" beruft (vgl. EuGH GRUR 2014, 280 Rz. 43 ff. - de Vries/Red Bull). Jedoch entspricht es der einhelligen Auffassung, dass im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kein Vorbenutzungsrecht anerkannt werden kann (BGH, Beschl. v. 18.10.2016 - J ZR 166/15, Rz. 6, BeckRS 2016, 20314).

4.

Dem Unterlassungsanspruch der Beklagten steht auch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Der Geschäftsführer der Klägerin hat die Klagemarke 1 weder bösgläubig angemeldet, noch stellt sich die Ausübung des Markenrechts als unlauter oder sittenwidrig dar.

Das allgemeine Rechtsmissbrauchsverbot gilt als Schranke jeglicher Rechtsausübung, und zwar in zwei Grundformen, erstens als schutzrechtsimmanentes Verbot des Missbrauchs einer mangelbehaftet erworbenen Rechtsposition und zweitens als Verbot einer unlauteren oder sittenwidrigen und daher missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus einem zunächst an sich mangelfrei erworbenen Kennzeichenrecht. Die deutsche Rechtsprechung hat zu der Frage des rechtsmissbräuchlichen Erwerbs eines Kennzeichenrechts im Laufe der Zeit Fallgruppen entwickelt, wobei bei eingetragenen Marken der Zeitpunkt der Anmeldung der Marke maßgeblich ist (BGH GRUR 2008, 621 - AKADEMIKS).

Ein Handeln ist unter anderem dann unlauter und damit bösgläubig, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Kennzeichen im Inland für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt und der Markeninhaber in L eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Marke hat eintragen lassen (BGH GRUR 2008, 621 - AKADAMIKS). Der Umstand, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter zumindest in einem Mitgliedstaat seit langem ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware benutzt, reicht allein daher noch nicht für die Bejahung der Bösgläubigkeit des Anmelders aus (EuGH, Urteil vom 11.06.2009, D2-529/071, Slg. 2009, J-4893 - Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, Rz. 40).

Die Feststellung, ob der Anmelder die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat, erfordert eine Beurteilung unter Berücksichtigung aller sich aus den relevanten Umständen des Einzelfalls ergebenden Anhaltspunkte. Soweit der Begriff der Bösgläubigkeit der Anmeldung eine subjektive Einstellung des Anmelders im Sinne einer unredlichen Absicht oder eines sonstigen unlauteren Motivs voraussetzt, ist darauf aus den relevanten objektiven Umständen zu schließen (BGH GRUR 2009, 780, Rz. 18 - Ivadal, N.w.N.).

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat schon nicht dargelegt, dass der Geschäftsführer der Klägerin zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke am 05.05.2012 wusste, dass sie dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche oder ähnliche Waren benutzte, insbesondere nicht, dass er L von den von ihr vertriebenen "POSTMAXX"-Briefkästen hatte.

Der Vortrag, dass eine Unkenntnis des Geschäftsführers der Klägerin bei der Markenanmeldung aufgrund des Umstands, dass die Klägerin im selben Geschäftsbereich wie die Streithelferin tätig sei und C3 als denselben Kunden mit Briefkästen beliefere, praktisch ausgeschlossen sei, genügt nicht zur Darlegung, dass der Geschäftsführer über konkrete L verfügte. Dass der Geschäftsführer der Klägerin aufgrund von Korrespondenz wegen eines Geschmacksmusters bereits im Jahr 2007 wusste, dass die Streithelferin im Briefkastengeschäft tätig sei, genügt daher ebenfalls nicht. Auch der Umstand, dass bei einem flüchtigen Blick in die Briefkastenabteilung eines beliebigen C3-Baumarktes die Nutzung des Kennzeichens sofort hätte ins Auge fallen müssen, lässt nicht sicher darauf schließen, dass der Geschäftsführer der Klägerin vor der Anmeldung in einer C3-Filiale gewesen und die "POSTMAXX"-Briefkästen der Streithelferin tatsächlich und bewusst wahrgenommen hat. Auch dass die Baumarktkette C3 ihre Briefkästen unter der Bezeichnung "POSTMAXX" vor dem Anmeldetag der Marke intensiv beworben habe, wie aus der Anlage NI 2 und NI 2a ersichtlich, reicht nicht, da daraus nicht folgt, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Prospekte bzw. Werbung erhielt und zur L nahm. Zudem liegt kein "Wissenmüssen" des Geschäftsführers der Klägerin hinsichtlich der Zeichenbenutzung durch die Beklagten vor. Denn eine nicht anlassbezogene Marktbeobachtungspflicht hinsichtlich Verletzungshandlungen Dritter, z.B. im Wege von Marktsichtungen, besteht gerade nicht. Zudem hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass ihr Geschäftsführer vor der Markenanmeldung eine Google-Recherche nach dem Zeichen der Klagemarke durchgeführt, diese aber keine Treffer ergeben habe (vgl. Anlage N 31, N 32). Darüber hinaus hat sie unter Zeugenbeweisantritt ausgeführt, einer ihrer Mitarbeiter habe erst am 11.12.2013 im Zuge eines privaten Besuchs einer C3-Filiale in Bielefeld die "POSTMAXX"-Produkte der Streithelferin entdeckt und dies an die Klägerin weitergeleitet. Zudem sei der Geschäftsführer der Klägerin anlässlich der Lieferbeziehungen zur C3-Kette zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2014 lediglich vier Mal in der C3-Zentrale gewesen, wo keine Verletzungsprodukte ausgestellt worden seien. Diesen Ausführungen ist die Beklagte nicht qualifiziert entgegengetreten. Darüber hinaus hätte es - falls der Geschäftsführer von den Verletzungshandlungen bereits vor der Markenanmeldung L gehabt hätte - Sinn gemacht, gegen diese alsbald nach der Eintragung im August 2012 vorzugehen und nicht erst im Juni 2014.

Unter Würdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls ist auch nicht davon auszugehen, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Klagemarke ohne ernsthaften Benutzungswillen im Wesentlichen zu dem Zweck angemeldet hat, F, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Geldforderungen zu überziehen.

Das Fehlen eines ernsthaften generellen Benutzungswillens des Anmelders kann zwar - unabhängig von einer Vorbenutzung durch den Gegner - ebenfalls die Annahme nahelegen, er wolle die Marke zu dem Zweck verwenden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, in rechtsmissbräuchlicher Weise mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen (BGH GRUR 2009, 780, Rz. 16 - Ivadal, N.w.N. zur Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 242, 244 - F-Classe; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.05.2015 - 20 U 58/14, BeckRS 2015, 9116).

Der generelle Benutzungswille wird in der Benutzungsschonfrist, die hier erst am 08.08.2017 ablief, widerleglich vermutet (BGH GRUR 2001, 242, 244 - F-Classe, N.w.N.). Zudem hat die Klägerin die Klagemarken im Einvernehmen ihres Geschäftsführers zur Kennzeichnung ihrer Briefkästen benutzt. Seit dem Jahr 2005 vertreibt die Klägerin Briefkästen, spätestens seit dem Jahr 2013 unter der Bezeichnung "POSTMAXX" (vgl. Anlagen N 29, N 30, N 45a/b).

Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die zu der Annahme führten, dass die Geltendmachung der Ansprüche allein dem Zweck dient, die Beklagte oder die Streithelferin aus dem Markt zu drängen. Insbesondere ist der Vortrag zu einer möglichen Verdrängung der Streithelferin als Lieferantin der Baumarktkette C3 nicht hinreichend substantiiert. Die Streithelferin trägt insoweit selbst vor, dass die Klägerin die Beklagte überhaupt nicht als Lieferantin ersetzen könnte, da C3 eine ständige Verfügbarkeit voraussetze, was die Klägerin nicht bieten könne. Außerdem belieferte die Klägerin die C3-Ketten bereits vor Markenanmeldung mit Briefkästen. Im Übrigen kann sich die Beklagte analog § 986 Abs. 1 BGB nur auf einen der Streithelferin zustehenden Rechtsmissbrauchseinwand berufen, wenn sie ihre Rechtsstellung von dieser ableitet, z.B. als Lizenznehmerin oder Repräsentantin (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19d Rn. 381; vgl. BGH GRUR 1994, 652, 653 - Virion). Dass die Beklagte ihre Rechtsstellung von der Streithelferin herleitet, ist gerade nicht vorgetragen worden.

Der zweckfremde Einsatz der Klagemarke ergibt sich auch nicht aus dem umfangreichen Abmahnverhalten der Klägerin. Ein Rechtsmissbrauch bei markenrechtlichen Abmahnungen mehrerer Verletzer, sei es auch unter Forderung der Erstattung von Abmahnungskosten, kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, in denen kein Zweifel bestehen kann, dass aus einer unbenutzten Marke nur zur Erlangung von Abmahnkostenerstattungen vorgegangen wird und auch zukünftig kein ernsthafter Benutzungswille besteht. (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19d Rn. 369; vgl. auch Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 35. Auflage 2017, § 8 Rn. 4.12). Denn der Kennzeicheninhaber kann grundsätzlich frei über die Art und Weise der schlagkräftigsten Durchsetzung der ihm gesetzlich zustehenden Verletzungsansprüche nach seiner subjektiven Einschätzung entscheiden, ohne dabei einer Pflicht zur Rechtfertigung oder gar Rücksichtnahme auf den Verletzer unterworfen zu sein (Ingerl/Rohnke, a. a. O., Vor §§ 14-19d Rz. 368). Allein aus dem Aussprechen einer Vielzahl von Abmahnungen und der von der Beklagtenseite vorgetragenen weiteren Indizien kann daher ein Rechtsmissbrauch nicht angenommen werden. Darüber hinaus vertrieb die Klägerin zum Zeitpunkt der Abmahnungen bereits Briefkästen unter der Klagemarke 1 und hatte daher auch ein berechtigtes Interesse an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs, der auch H der streitgegenständlichen Abmahnung gewesen ist.

II.

Die Klägerin hat ferner einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunftserteilung aus § 19 Abs. 1, 3 MarkenG bzw. § 242 BGB. Die geltend gemachten Angaben gemäß Ziff. J. lit. b des Klageantrags hinsichtlich der Namen und Anschrift der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer, der Stückzahlen der bezogenen Verletzungsprodukte werden bereits von § 19 MarkenG erfasst. Der selbständige Auskunftsanspruch gemäß § 19 MarkenG besteht insoweit verschuldensunabhängig (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19 Rn. 6). Die Beklagte wird durch die verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. Der akzessorischen Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu Ziff. J. lit. a und D2 geltend gemachten Zeitraums der Verletzungshandlungen und der begehrten Auskunft über die Art und den Umfang der betriebenen Werbung besteht erst ab einem Verschulden der Beklagten und damit erst ab Kenntniserlangung, hier ab dem 25.01.2016 (S.o. Ziff. J. Nr. 2).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Da der Schadensersatzfeststellungs- sowie der Auskunftsanspruch gemäß der Klageanträge zu Ziff. J. lit. a und D2. nur ab dem 25.01.2016 und nicht bereits ab der Eintragung der Klagemarke 1 am 08.08.2012 besteht, hat die Klägerin die Kosten ihres teilweisen Unterliegens zu tragen. Den Unterliegensanteil der Klägerin bemisst die Kammer mit 60 %.

Streitwert: 10.000,00 €

(8.000,00 € Schadensersatzfeststellung,

1.000,00 € akzessorischer Auskunftsanspruch,

1.000,00 € selbständiger Auskunftsanspruch)