OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.09.2013 - 2 W 30/13
Fundstelle
openJur 2019, 13196
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 4a O 256/08
Tenor

I.

Die sofortige Beschwerde der Streithelferin zu 5. (N. GmbH) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 06.06.2013 wird zurückgewiesen.

II.

Auf die sofortige Beschwerde der Streithelferin zu 7. (S. E. M. C. A.) wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - der vorbezeichnete Kostenfestsetzungsbeschluss teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf Grund des Verzichtsurteils des Landgerichts Düsseldorf vom 26.07.2012 (4a O 256/08) sind von der Klägerin 33.672,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24.08.2012 an die Streithelferinnen zu 5. und 7. sowie weitere 6.668,10 Euro an die Streithelferin zu 7. nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24.08.2012 zu erstatten.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 30 %, die Streithelferin zu 5. 50 % und die Streithelferin zu 7. 20 % zu tragen.

IV.Von einer Ermäßigung oder Nichterhebung der Gerichtsgebühr wird abgesehen.

V.Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 21.780,46 EUR.

Gründe

Die sofortigen Beschwerden der Streithelferinnen zu 5. und 7. (zur Vermeidung von Irritationen werden die Streithelferinnen weiter gemäß der im Verzichtsurteil des Landgericht sowie in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss angegebenen Ziffernfolge bezeichnet), mit der sie sich dagegen wenden, dass die r Rechtspflegerin die von ihnen angemeldeten Übersetzungskosten nicht in die Kostenfestsetzung einbezogen hat und mit der sie weiter die Festsetzung dieser Kosten begehren, sind gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. In der Sache ist die sofortige Beschwerde der Streithelferin zu 7. teilweise begründet, wohingegen die sofortige Beschwerde der Streithelferin zu 5. insgesamt ohne Erfolg bleibt.

I.

Zur Recht hat die Rechtspflegerin eine Festsetzung der angemeldeten Übersetzungskosten zugunsten der Streithelferin zu 5. abgelehnt.

Die Kosten, die einer Partei durch die Übersetzung von Schriftsätzen und sonstigen Unterlagen entstanden sind, können nur ersetzt werden, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren. Dies ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Übersetzungskosten der Streithelferin zu 5. entsprechend ständiger Rechtsprechung des Senats nicht der Fall.

1.

Zwar sind Übersetzungskosten, die eine der deutschen Sprache nicht mächtige ausländische Partei in einem Patentverletzungsprozess aufwendet, um jederzeit dem Rechtsstreit folgen zu können und an ihm beteiligt zu bleiben, grundsätzlich zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und damit im Rahmen der Kostenausgleichung erstattungsfähig (vgl. Beschluss vom 25.07.2013 - I-2 W 13/13; Beschluss vom 26.07.2012 - I-2 W 10/12; Beschluss vom 23.07.2012 - I-2 W 20/12, GRUR-RR 2012, 493; Beschluss vom 29.04.2010 - I-2 W 6/10; Beschluss vom 30.09.2009 - I-2 W 39/09, Beschluss vom 17.07.2009 - I-2 W 29/09, InstGE 12, 177 = GRUR-RR 2009, 448 [LS]; Beschluss vom 22.07.2009 - I-2 W 24/09, juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rdnr. 592). Das gilt insbesondere für die Übersetzung der im Prozess gewechselten Schriftsätze, von Urkunden, Beweisprotokollen und Gutachten sowie gerichtlichen Protokollen, Verfügungen und Entscheidungen. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Übersetzung gewechselter Schriftsätze kann sich nicht auf Schriftsätze des Gegners beschränken, sondern schließt die Kosten für die Übersetzung der vom eigenen Prozessbevollmächtigten gefertigten Schriftsätze ein. Schon aus Gründen der Gleichstellung einer der deutschen Sprache nicht mächtigen Partei mit einer solchen, die die deutsche Sprache beherrscht, ist es geboten, die diesbezüglichen Übersetzungskosten im Obsiegensfall als erstattungsfähig anzuerkennen. Für eine deutschsprachige Partei liegt es in der Natur der Sache und versteht sich von selbst, dass sie auch die von ihren Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze mit ihrem wörtlichen Inhalt zur Kenntnis nehmen kann. Dieselbe Möglichkeit muss auch die des Deutschen nicht mächtige Partei haben. Die wörtliche Kenntnis des Inhalts ist unerlässlich, um der Partei eine möglichst genaue und vollständige Kenntnis über den aktuellen Sach- und Streitstand des von ihr betriebenen Verfahrens zu verschaffen und auf der Grundlage dieses Kenntnisstandes über das weitere Vorgehen im Prozess entscheiden zu können. Es kann ihr nicht zugemutet werden, sich insoweit nur auf den Rat ihrer anwaltlichen Vertreter zu verlassen, vielmehr muss sie auch deren Schriftsätze daraufhin überprüfen können, ob sie inhaltlich den eigenen Standpunkt zutreffend wiedergeben. Darüber hinaus gehören die Schriftsätze des eigenen Prozessbevollmächtigten mit zum Prozessstoff und bilden damit auch die Grundlage für das weiteren Vorgehen. Hier muss jede Partei die Möglichkeit haben, selbst entsprechende Vorschläge zu erarbeiten, insbesondere wenn es sich um größere Unternehmen handelt, die zu diesem Zweck eine Patent- und/oder Rechtsabteilung unterhalten. Eine nur sinngemäße inhaltliche Wiedergabe kann diesem Zweck nicht gerecht werden, vielmehr bedarf es einer genauen Kenntnis dessen, was beide Parteien bisher vorgetragen haben, und in diesem Zusammenhang kann es auch auf die wörtliche Kenntnis der beiderseitigen Schriftsätze ankommen (Senat, Beschluss vom 17.07.2009 - I-2 W 29/09, InstGE 12, 177; Beschluss vom 30.09.2009 - I-2 W 39/09, m. w. Nachw.).

Diese für die Hauptpartei geltenden Grundsätze gelten auch für den Streithelfer. Dieser ist im Hauptverfahren hinzuzuziehen (vgl. § 71 Abs. 3 ZPO) und hat daher ein Recht auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und auf Beteiligung an ihrer schriftsätzlichen Vorbereitung. Alle Schriftsätze, Ladungen und Bekanntmachungen von Terminen sind ihm zu übermitteln. Auch ist er berechtigt, in den Grenzen des § 67 ZPO Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen. Insofern steht dem Streithelfer ein eigener Anspruch auf rechtliches Gehör zu (BGH, NJW 2009, 2679, 2680; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 67 Rdnr. 2). Nicht anders als die Hauptpartei kann daher auch ein im Ausland ansässiger Streithelfer, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, Übersetzungskosten, die er aufwendet, um jederzeit dem Rechtsstreit folgen zu können und an diesem beteiligt zu bleiben, von dem unterlegenen Gegner der Hauptpartei erstattet verlangen.

2.

Die Erstattungsfähigkeit von Übersetzungskosten setzt nach den vorstehend geschilderten Grundsätzen jedoch voraus, dass die Partei, die die Schriftstücke hat übersetzen lassen, im Ausland ansässig und der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Bei der Streithelferin zu 5. handelt es sich nicht um ein ausländisches und der deutschen Sprache nicht mächtiges Unternehmen, sondern um eine deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ihren Geschäftssitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und deren Geschäftsführer der deutschen Sprache mächtig sind. Über die im vorliegenden Rechtsstreit zu ergreifenden Schritte hatte die Streithelferin zu 5. als nach deutschem Recht rechtlich selbständige juristische Person in eigener Verantwortung zu entscheiden.

Zwar ist die Streithelferin zu 5. Tochtergesellschaft einer ausländischen Muttergesellschaft, bei der nach dem Vortrag der Streithelferin zu 5. zentrale Funktionen des Konzerns gebündelt und Patentstreitigkeiten zentral durch eine Rechtsabteilung betreut werden. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, sie einer ausländischen und der deutschen Sprache nicht mächtigen Partei gleichzustellen.

Übersetzungskosten, die dadurch veranlasst sind, dass die verklagte deutsche Vertriebsgesellschaft ihre am Rechtsstreit selbst nicht beteiligte ausländische Muttergesellschaft informiert, sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht erstattungsfähig (Beschluss vom 04.03.2013 - I-2 W 9/13; Beschluss vom 27.04.2011 - I-2 W 2/11; Beschluss vom 06.01.2011 - I-2 W 63/10; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 599). Selbst wenn konzerninterne Vorgaben eine Einschaltung und Unterrichtung der Konzernmutter vorschreiben sollten, kann dies nicht zu Lasten des erstattungspflichtigen Prozessgegners gehen. Wenn es ausländischen Konzernen auch freisteht, die für sie aus organisatorischen, logistischen oder rechtlichen Gründen wirtschaftlichste Aufteilung in weltweite Einzelgesellschaften - etwa eigenständige Vertriebsgesellschaften - zu wählen, so müssen diese Unternehmensgruppen bzw. deren Einzelgesellschaften grundsätzlich auch die mit einer solchen Organisationsstruktur verbundenen Nachteile tragen (BPatG, Beschluss vom 18.12.2008 - 5 W (pat) 21/08, juris; Beschluss vom 06.03.2008 5 W (pat) 443/03, juris; Beschluss vom 29.03.2007 - 3 ZA (pat) 1/07, juris; OLG Frankfurt, WRP 2006, 1274). Eine Ausgleichspflicht ist allenfalls dann anzuerkennen, wenn die Übersetzung notwendig war, um von der Muttergesellschaft rechtsstreitrelevante technische Informationen einzuholen, ohne die der Partei eine angemessene Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht möglich und diese ansonsten gezwungen gewesen wäre, externen Sachverstand (z. B. eines Privatgutachters) heranzuziehen. Allerdings gilt auch hier der Vorbehalt, dass es in erster Linie Sache der Partei und ihres Patentanwaltes ist, den technischen Sachverhalt aufzuarbeiten. Nur da, wo - substantiiert darzulegende - Lücken verbleiben, sind Übersetzungen gerechtfertigt (Senat, a.a.O.).

Im Streitfall lassen die Darlegungen der Streithelferin zu 5. nicht erkennen, dass es ihr allein nicht möglich gewesen wäre, den für die Prozessführung bzw. -beteiligung notwendigen technischen Sachverhalt selbst aufzuarbeiten. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die angefertigten Übersetzungen nur deshalb erforderlich waren, um der ausländischen Muttergesellschaft eine möglichst genaue und vollständige Kenntnis des Verfahrens zu verschaffen und auf der Grundlage dieses Kenntnisstandes über das weitere Vorgehen im Prozess und die Wahrnehmung der Interessen des Konzerns entscheiden zu können. Dies genügt nach den vorstehend geschilderten Grundsätzen nicht für eine Erstattungsfähigkeit.

Soweit die Streithelferin darauf hinweist, dass die Beklagte zu 1. mit Schriftsatz vom 02.09.2009 ihrer Muttergesellschaft den Streit verkündet hat, vermag dies an der vorstehenden Beurteilung nichts zu ändern. Dem Rechtsstreit beigetreten ist allein die deutsche Streithelferin zu 5., und zwar bereits mit Schriftsatz vom 29.06.2009 (vgl. Bl. 634 GA).

II.

Die sofortige Beschwerde der Streithelferin zu 7. hat hingegen teilweise Erfolg. Im Gegensatz zur Streithelferin zu 5. kann sie die Erstattung ihr erwachsener Übersetzungskosten verlangen, allerdings nur in Höhe von 6.668,10 Euro. Ein weitergehender Erstattungsanspruch besteht nicht.

1.Der Streithelferin zu 7. erwachsene Übersetzungskosten sind nach den einleitend wiedergegebenen Grundsätzen prinzipiell erstattungsfähig, weil es sich bei ihr um eine schwedische Aktiengesellschaft handelt, deren Vertreter der deutschen Sprache nicht mächtig sind.

2.Dass die Streithelferin zu 7. in Deutschland eine Zweigniederlassung unterhält, steht der Erstattungsfähigkeit nicht entgegen.

a)

Als Streithelferin an dem Prozess beteiligt war allein die S. E. M. C. A.. Bei deren deutscher Niederlassung handelt es sich trotz der Verselbständigung einer Zweigniederlassung nicht um ein eigenes Unternehmen oder gar um einen selbständigen Rechtsträger (vgl. Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, § 13 Rdnr. 22). Die Zweigniederlassung verfügt über keine eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. OLG München NZG 2006, 513, 515; Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 22) und bleibt in jedem Falle Teil des (Gesamt-)Unternehmens des jeweiligen Unternehmensträgers. Ihr kommt keine rechtliche, sondern nur eine gewisse tatsächliche Selbständigkeit zu (Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 22). Die Zweigniederlassung ist damit kein eigenständiges Rechtssubjekt und kein tauglicher Rechtsträger; insbesondere handelt es sich bei ihr nicht um eine eigenständige juristische Person (Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 22 und 63; Baumach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 13 Rdnr. 4). Sie hat auch keine besonderen gesetzlichen Vertreter (Baumach/Hopt, a.a.O., § 13 Rdnr. 4). Als Teil des (Gesamt-)Unternehmens ist die Zweigniederlassung vielmehr dem jeweiligen Unternehmensträger zugeordnet und stellt lediglich einen Teil seines Vermögens dar (Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 63). Die Zweigniederlassung ist mangels eigener Rechtsfähigkeit auch nicht selbst parteifähig im Sinne des § 50 ZPO; Partei ist im Prozess allein der Unternehmensträger (Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 63; Baumach/Hopt, a.a.O., § 13 Rdnr. 4). Zwar kann der Unternehmensinhaber einen Rechtsstreit, der sich auf den Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung bezieht, unter deren Firma führen (Baumach/Hopt, a.a.O., § 13 Rdnr. 4 m. w. Nachw.; vgl. a. vgl. a. OLG Bremen NZG 2013, 144; Pentz in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 63). Dort kann ihm auch eine die Zweigniederlassung berührende Klage zugestellt werden (Baumach/Hopt, a.a.O., § 13 Rdnr. 4; Pentz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 13 Rdnr. 63). Partei ist im Prozess aber nicht die Zweigniederlassung, sondern der Unternehmensträger, hier also die S. E. M. C. A..

b)Abgesehen davon hat sich die Streithelferin zu 7. - ungeachtet ihrer Bezeichnung im Rubrum des Verzichtsurteils des Landgerichts - auch nicht unter der Firma ihrer Zweigniederlassung an dem Rechtsstreit beteiligt. Ausweislich ihres Beitrittsschriftsatzes vom 29.06.2009 ist sie vielmehr ausdrücklich als "S. E. M. C. A." dem Prozess als Streithelferin auf Seiten der Beklagten zu 1. beigetreten (vgl. Bl. 635 GA). Für ihr so bezeichnetes Unternehmen hatten ihre späteren Prozessbevollmächtigten zuvor mit Schriftsatz vom 29.04.2009 (Bl. 151 GA) auch bereits einen Akteneinsichtsantrag gestellt. Im Anschluss an den Beitritt ist sodann auf Anfrage der Serviceeinheit des Landgerichts - offenbar zur Vereinfachung - lediglich die im Rubrum angegebene deutsche "Adresse" als postalische Anschrift angegeben worden (vgl. Bl. 669 GA). Allein daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass sich die Streithelferin zu 7. hier unter der Firma ihrer deutschen Zweigniederlassung an dem Prozess beteiligen wollte.

c)

Die gesetzlichen Vertreter und Entscheidungsträger der Streithelferin zu 7. sitzen in Schweden. Sie sind nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Streithelferin zu 7. nicht der deutschen Sprache mächtig. Dass die Streithelferin zu 7. in ihrer deutschen Niederlassung der deutschen Sprache mächtige Mitarbeiter beschäftigt, steht der Erstattungsfähigkeit der Übersetzungskosten nicht entgegen. Ebenso wie sich die schwedische Streithelferin zu 7. nicht mit einer sinngemäße inhaltlichen Wiedergabe der im Rechtsstreit gewechselten Schriftsätze durch ihre anwaltlichen Vertreter begnügen musste, musste sie sich auch nicht mit einer solchen Information durch ihre in Deutschland tätigen Mitarbeiter zufriedengeben, sofern diese hierzu überhaupt in der Lage waren. Etwas anderes könnte allenfalls dann zu gelten haben, wenn die Streithelferin zu 7. auch in Deutschland eine Rechts- und/oder Patentabteilung unterhalten würde. Dafür ist jedoch nichts dargetan und auch nichts ersichtlich.

d)Entgegen der Auffassung der Streithelferinnen ist ein Wertungswiderspruch nicht darin zu sehen, dass eine Erstattungsfähigkeit von Übersetzungskosten grundsätzlich zu verneinen ist, wenn die deutsche Vertriebsgesellschaft eines ausländischen Konzerns Partei ist, eine Erstattungsfähigkeit im Falle der Parteistellung der ausländischen Muttergesellschaft hingegen auch im Falle der Unterhaltung einer inländischen Zweigniederlassung in Betracht kommt. Entscheidend ist, dass in dem einen Fall eine ausländische Gesellschaft Partei ist, wohingegen dies in dem anderen Fall eine deutsche Gesellschaft ist. Die Anknüpfung an die Parteistellung ist sachgerecht, weil bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist. Der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in unbestimmt vielen Einzelfällen darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, GRUR 2005, 271 - Unterbevollmächtigter III; GRUR 2007, 999, 1000 - Consulente in marchi; GRUR 2011, 754, 757 - Kosten des Patentanwalts II).

2.Die von der Streithelferin zu 7. zur Kostenfestsetzung angemeldeten Übersetzungskosten sind allerdings nur zum Teil erstattungsfähig.

a)Soweit Übersetzungskosten bereits vor ihrem Beitritt angefallen sind, kann die Streithelferin zu 7. diese Kosten nicht von der Klägerin erstattet verlangen.

§ 101 Abs. 1 ZPO erfasst nach seinem Wortlaut nur die Kosten des Nebenintervenienten nach dessen Beitritt. Soweit bereits vorher dem späteren Streithelfer außergerichtliche Kosten entstanden sind, werden sie von § 101 Abs. 1 ZPO nicht erfasst (Jaspersen/Wache in: Vorwerk/Wolf, Beck’scher Online Kommentar ZPO, § 101 Rdnr. 5). Lässt sich der spätere Nebenintervenient bereits vor seinem Beitritt in dem Rechtsstreit Schriftsätze wie z. B. die Klageschrift zu seiner Information übersetzen, sind diese Übersetzungskosten daher grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn zum Zeitpunkt der Fertigung der Übersetzungen bereits feststeht, dass der spätere Streithelfer dem Rechtsstreit beitreten will, die Übersetzung also im Vorgriff auf den geplanten Beitritt erfolgt. Denn auch zu den Prozesskosten der Hauptpartei rechnen nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Rechtsstreits ausgelösten Kosten, sondern auch solche, die durch rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Verfahrens ausgelöst werden. Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (BGH, NJW-RR 2006,501; WM 1987, 247, 248 = BeckRS 2009, 25418; NJW 2013, 2668, 2669). Solche Kosten der Prozessvorbereitung sind aber z. B. nicht solche Kosten, die auf konkreten Maßnahmen beruhen, die lediglich dazu dienen, nähere Erkenntnisse über Prozessaussichten zu erlangen (vgl. MünchKommZPO/Schulz, 4. Aufl., § 91 Rdnr. 39). Demgemäß sind bereits vor dem Beitritt angefallene Übersetzungskosten jedenfalls dann nicht erstattungsfähig, wenn sich der spätere Streithelfer durch die Übersetzung zunächst erst einmal Informationen über den Prozess verschaffen und sodann erst auf Grundlage dieser Informationen darüber entscheiden will, ob er dem Rechtsstreit zur Unterstützung einer Hauptpartei beitritt oder nicht.

Hiervon ausgehend sind im Streitfall die Übersetzungskosten gemäß der Rechnung Nr. 04635 vom 08.05.2009 (Bl. 2004 GA) nicht erstattungsfähig. Denn diese Rechnung bezieht sich auf eine bereits im April 2009 angefertigte Übersetzung, wohingegen die Streithelferin zu 7. ihren Beitritt erst mit Schriftsatz vom 29.06.2009 (Bl. 634 GA) erklärt hat. Dass der spätere Beitritt bereits zum Zeitpunkt der Anfertigung der Übersetzung festgestanden habe und die Übersetzung eben im Hinblick auf den beabsichtigten Beitritt erfolgt seien, trägt die Streithelferin zu 7. nicht vor. Dagegen spricht auch der zwischen der Anfertigung der Übersetzung und dem Beitritt liegende Zeitraum.

b)Nicht erstattungsfähig sind auch die Übersetzungskosten gemäß der Rechnung Nr. 05141 vom 15.11.2010 (Bl. 2000 GA) sowie der Rechnung Nr. 05207 vom 24.01.2011 (Bl. 1999 GA). Zwar steht der Erstattungsfähigkeit dieser Übersetzungskosten nicht schon entgegen, dass sie sich auf die Fertigung von Übersetzungen im Rechtsbestandsverfahren gewechselter Schriftsätze beziehen. Denn die am Einspruchsverfahren nicht beteiligte Streithelferin zu 7. hatte im vorliegenden Verletzungsprozess ebenso wie die Beklagten gemäß § 148 ZPO eine Aussetzung der mündlichen Verhandlung beantragt. Vor diesem Hintergrund waren grundsätzlich auch die im Einspruchsverfahren zwischen den dortigen Parteien gewechselten und von den Beteiligten in den vorliegenden Verletzungsrechtsstreit eingeführten Schriftsätze aus dem Rechtsbestandsverfahren relevant. Die Anfertigung von Übersetzungen der in Rede stehenden Schriftsätze war jedoch nicht sachdienlich, weil der vorliegende Patentverletzungsrechtsstreit zu diesem Zeitpunkt bereits ausgesetzt war.

aa)

Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen (vgl. BGH, GRUR 2005, 84, 85 - Unterbevollmächtigter II; GRUR 2005, 271 - Unterbevollmächtigter III). Zu beachten ist allerdings, dass jede Prozesspartei verpflichtet ist, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (BGH, NJW-RR 2007, 955; NJW 2007, 2257). Diese Verpflichtung folgt aus dem Prozessrechtsverhältnis (vgl. BGH, NJW 2003, 2992; NJW 2007, 2257) und beherrscht als Ausfluss von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht (BGH, NJW 2007, 2257). Der Senat hat demgemäß speziell in Bezug auf Übersetzungskosten bereits darauf hingewiesen, dass es jeder Partei obliegt, die Kosten für Übersetzungen möglichst niedrig zu halten (vgl. Beschluss vom 25.04.1993 - 2 W 9/03 und Beschluss vom 23.07.2012 - I-2 W 20/12).

bb)

Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze kann die Streithelferin zu 7. die Übersetzungskosten gemäß den Rechnungen Nr. 05141 und Nr. 05207 nicht von der Klägerin erstattet verlangen. Gegenstand dieser Rechnungen sind im Oktober 2010 und Januar 2011 angefertigte Übersetzungen. Zum Zeitpunkt der Fertigung dieser Übersetzungen war der vorliegende Rechtsstreit bereits ausgesetzt. Nachdem die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes das Klagepatent erstinstanzlich widerrufen hatte, hat das Landgericht den vorliegenden Rechtsstreit nämlich durch Beschluss vom 01.04.2010 (Bl. 1433 GA) bis zur rechtskräftigen Erledigung des Einspruchsverfahren ausgesetzt. Die Streithelferin zu 7. hatte damit die von ihr erstrebte Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits erreicht; eine Übersetzung von Schriftsätzen aus dem Einspruchsbeschwerdeverfahren war zur Erreichung dieses Ziels nicht mehr erforderlich. Wenn überhaupt, hätte es einer Übersetzung dieser Schriftsätze im Hinblick auf eine etwaige Relevanz für den Verletzungsrechtsstreit nur im Falle einer Aufrechterhaltung des Klagepatents im Einspruchsbeschwerdeverfahren bedurft. Eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei hätte daher eine Übersetzung der in Rede stehenden Schriftsätze zurückgestellt und zunächst den Ausgang des Einspruchsbeschwerdeverfahren abgewartet.

c)Die Übersetzungskosten gemäß den nachfolgend aufgeführten vier Rechnungen sind dagegen anteilig erstattungsfähig:

Rechnungs-Nr.

Datum

Nettobetrag

04764

25.09.2009

8.053,20 €

04746

05.09.2009

291,60 €

04713

03.08.2009

1.132,20 €

04896

30.01.2010

3.859,20 €

Insgesamt:

13.336,20 €

aa)

Die Anfertigung von Übersetzungen der in der Rechnung Nr. 04764 (Bl. 2001 GA) angeführten Schriftsätze war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Dass es sich bei den übersetzten Schriftsätzen um solche der anderen Streithelferinnen sowie der Beklagten zu 2. handelt, steht der Erstattungsfähigkeit dieser Übersetzungskosten nicht entgegen. Eine wörtliche Übersetzung des Prozessstoffes ist nach den eingangs geschilderten Grundsätzen immer dann notwendig und führt damit zur Kostenerstattung, wenn die ausländische Partei ihrer bedarf, um am Prozessgeschehen sachgerecht teilhaben zu können. Bei Beteiligung mehrerer Parteien ist dies grundsätzlich in Bezug auf die im Prozess gewechselten Schriftsätze aller Beteiligten zu bejahen, weil auch diese zum Prozessstoff gehören. Im Streitfall gilt nichts anderes. Denn die Schriftsätze der Beklagten zu 2. und der übrigen Streithelferinnen konnten relevante Ausführungen sowohl in Bezug auf die Auslegung des Klagepatents und die den Beklagten vorgeworfene Patentbenutzung als auch in Bezug auf den Rechtsbestand des Klagepatents enthalten.

bb)Die Rechnung Nr. 04746 (Bl. 2002 GA) bezieht sich unwidersprochenen auf die Übersetzung einer Anpassung der Klageerwiderung der Streithelferinnen zu 5. und 7. (Bl. 2054 GA). Diese Übersetzungskosten sind deshalb nach den einleitend unter Ziffer I. 1. Wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen ebenfalls erstattungsfähig.

cc)

Entsprechendes gilt für die Rechnung Nr. 04713 (Bl. 2003 GA), welche nach dem ebenfalls unwidersprochenen Vortrag der Streithelferinnen zu 5. und 7. (Bl. 2054 GA) Kosten für die Übersetzung des mit ihnen abzustimmenden Entwurfs der Klageerwiderung zum Gegenstand hat.

Soweit die Rechtspflegerin in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheid ergänzend darauf hingewiesen hat, dass die Rechnung vom 03.08.2009 (= Nr. 04713) "Tätigkeiten vor tatsächlicher Einreichung der Streitverkündungsschriften" betreffen, hat sie übersehen, dass der Beitritt der Streithelferin zu 7. bereits mit Schriftsatz vom 29.06.2009 erfolgt ist (Bl. 634 GA). Ausweislich der Rechnung Nr. 04713 vom 03.08.2009 ist die Übersetzung des Schriftsatzentwurfes erst hiernach, nämlich im Juli 2009, erfolgt.

dd)Die Rechnung Nr. 04896 (Bl. 2004 GA) betrifft schließlich Kosten für die Übersetzung der Replik der Klägerin (vgl. Bl. 2054 GA), weshalb auch diese Übersetzungskosten erstattungsfähig sind.

ee)Nach der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung haben die Streithelferinnen zu 5. und 7. die angefallenen Übersetzungskosten je zur Hälfte zu tragen (Bl. 2144 GA), weshalb die Streithelferin zu 5. nur die Hälfte der sich aus den vorstehend angeführten Rechnungen ergebenden Übersetzungskosten als auf sie entfallende Kosten von der Klägerin erstattet verlangen kann. Das sind 6.668,10 EUR.

ff)

Gegen die Höhe der in Ansatz gebrachten Übersetzungskosten hat die Klägerin keine Einwände erhoben.

gg)Hinsichtlich der ursprünglich auch erstattet verlangten Mehrwertsteuer hat die Streithelferin zu 7. ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 12.09.2013 zurückgenommen. Der Senat legt die betreffende Erklärung insoweit als teilweise Beschwerderücknahme aus. Das Ergebnis wäre kein anderes, wenn man von einer Teil-Antragsrücknahme ausgehen wollte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO und § 516 Abs. 3 ZPO analog..

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.

Dr. T. K. F. Dr. R.