VG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2017 - 2 L 3321/17
Fundstelle
openJur 2019, 12792
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 6 B 1527/17
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf die Wertstufe bis 22.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Der am 4. Juli 2017 bei Gericht eingegangene, teilweise sinngemäße Antrag,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die in L. am Berufskolleg H. zu besetzende Schulleiterstelle (Oberstudiendirektor/in A 16) nicht mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin auf die vorgenannte Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,

hat keinen Erfolg.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis unter anderem dann zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 und § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.

Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner ausweislich des Besetzungsvermerks der Bezirksregierung E. (Bezirksregierung) vom 25. April 2017 und des Schreibens an die Bewerberinnen vom 13. Juni 2017 die Absicht hat, die in Streit stehende Stelle alsbald mit der Beigeladenen zu besetzen. Denn durch deren Ernennung und Einweisung in die Stelle würde das von der Antragstellerin geltend gemachte Recht endgültig vereitelt werden.

Allerdings fehlt es an dem erforderlichen Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat die Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht glaubhaft machen können.

Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners vom 25. April 2017 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Ihr vorangegangen ist das für die Bestellung der Schulleiterstelle in § 61 SchulG NRW festgeschriebene Verfahren, insbesondere die Beteiligung der Schulkonferenz und des Schulträgers bei der Ausschreibung der Stelle (Zustimmungen liegen vor) und die von der oberen Schulaufsichtsbehörde unter Benennung der Bewerber, die das Anforderungsprofil erfüllen, der Schulkonferenz und dem Schulträger einzuräumende Möglichkeit, innerhalb von acht Wochen einen Besetzungsvorschlag abzugeben, der begründet werden soll. Davon haben die zu beteiligenden Stellen auch Gebrauch gemacht. Sowohl die Schulkonferenz des Berufskollegs H. als auch die Stadt L. als Schulträger haben sich eindeutig zugunsten der Antragstellerin ausgesprochen.

Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren - rechtmäßigen - Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint. Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, NJW 2004, 870; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 B 901/10 -, juris.

Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiellrechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. September 2001 - 6 B 1776/00 -, DÖD 2001, 316, und vom 11. Mai 2005 - 1 B 301/05 -, RiA 2005, 253.

Der Antragsgegner ist seiner aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Verpflichtung nachgekommen, die wesentlichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen.

Vgl. zu diesem Erfordernis Beschluss der ersten Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, und BVerfG, Beschluss vom 28. November 2011- 2 BvR 1181/11 -, NVwZ 2012, 366.

In dem Besetzungsvermerk vom 25. April 2017 hat die Bezirksregierung zum Ausdruck gebracht, dass sie die Antragstellerin deshalb nicht berücksichtigt habe, weil die Mitbewerberin - die Beigeladene - ihr gegenüber einen Qualifikationsvorsprung aufweise. Zwar hätten beide Bewerberinnen in ihren aktuellen dienstlichen Beurteilungen dasselbe Gesamturteil "Die Leistungen übertreffen die Anforderungen" erreicht. Ein Eignungsunterschied sei aber über eine inhaltliche Ausschöpfung des übrigen Inhalts der dienstlichen Beurteilungen festzustellen. Die Beigeladene könne im Bereich der Fachkenntnisse einen eindeutigen Qualifikationsvorsprung für sich reklamieren. Sie verfüge "... über sehr umfassende und aktuelle Kenntnisse schulrechtlicher, fachlicher und organisatorischer Art". Die Antragstellerin habe dagegen "... nachgewiesen, dass sie die notwendigen Kenntnisse zur Bewältigung schulrechtlicher, schulfachlicher und organisatorischer Aufgaben besitzt". Ungeachtet dessen sei die Auswahlentscheidung auch deshalb zugunsten der Beigeladenen ausgefallen, weil sie das EFV mit der Note "Die Leistungen übertreffen die Anforderungen" bestanden habe, während die Antragstellerin nur die Note "Die Leistungen entsprechen den Anforderungen" erzielt habe. Ferner zeige die Formulierung der Verwendungsvorschläge einen Vorsprung der Beigeladenen auf. Während diese "... gut qualifiziert für das Amt einer Schulleiterin sei", ist die Antragstellerin "... für die Funktion einer Schulleiterin geeignet". In dem Besetzungsvermerk hat sich die Bezirksregierung schließlich mit den entgegenstehenden Voten von Schulkonferenz und Schulträger auseinandergesetzt und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, das sie im Vergleich zu dem in Art. 33 Abs. 2 GG niedergelegten Prinzip der Bestenauslese, dokumentiert durch die eingeholten dienstlichen Beurteilungen, nachrangig seien.

Dieser Vermerk lässt die tragenden Auswahlerwägungen in hinreichendem Maße erkennen. Ob die angeführten Gründe dem Leistungsgrundsatz in vollem Umfang gerecht werden, ist für das Dokumentationserfordernis unerheblich.

Personalrat, Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung haben der Auswahlentscheidung entweder zugestimmt oder aber keine Bedenken dagegen erhoben.

Die Entscheidung des Antragsgegners, die ausgeschriebene Schulleiterstelle mit der Beigeladenen besetzen zu wollen, steht auch mit dem materiellen Recht in Einklang.

Der Antragsgegner war an der Benennung der Beigeladenen nicht etwa deshalb gehindert, weil sich Schulkonferenz und Schulträger dagegen ausgesprochen haben. Nach der Konzeption des § 61 SchulG NRW in der seit dem 1. Juli 2016 geltenden Fassung trifft gemäß Abs. 3 Satz 1 die obere Schulaufsichtsbehörde die Auswahlentscheidung. Nach Abs. 3 Satz 2 würdigt sie dabei die Vorschläge von Schulkonferenz und Schulträger. Dem ist die Bezirksregierung nachgekommen. Insbesondere ihre Einschätzung, dass eine Störung des Schulfriedens nicht zu besorgen sei, obwohl der Schulträger ergänzend vorgetragen habe, dass er sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Beigeladenen nicht vorstellen könne, erweist sich als tragfähig. Soweit es um inhaltliche Differenzen bei der bevorstehenden Schulentwicklungsplanung geht, sind die Überlegung der Bezirksregierung, dabei handele es sich um Kernaufgaben der Schulleitung, deren bestmögliche Wahrnehmung von der bestgeeigneten Kandidatin ebenso zu erwarten sei wie deren professionelle Zusammenarbeit, nicht willkürlich, sondern stützen sich auf das durch inhaltliche Ausschärfung gewonnene, unterschiedliche Leistungsbild der Bewerberinnen.

Die Bevorzugung der Beigeladenen erweist sich deshalb als materiell rechtmäßig, weil sowohl ihre dienstliche Beurteilung vom 17./18. Juni 2014 als auch die der Antragstellerin vom 2./19. Dezember 2014 rechtmäßig zustande gekommen sind und somit eine tragfähige Grundlage für die Auswahlentscheidung vom 25. April 2017 darstellen, aus der sich nachvollziehbar ein leistungsspezifischer Qualifikationsvorsprung zugunsten der Beigeladenen ergibt.

Nach ständiger Rechtsprechung,

vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, NVwZ 2006, 465; OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 6 B 1281/00 -, DÖD 2001, 261,

unterliegen dienstliche Beurteilungen allerdings nur der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ist nämlich ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es ferner, dass der Dienstherr, wenn er für einen Verwaltungsbereich Beurteilungsrichtlinien geschaffen hat, diese gleichmäßig auf alle zu beurteilenden Beamten anwendet.

Hiernach beachtliche Rechtsfehler weist keine der in den Blick zu nehmenden dienstlichen Beurteilungen auf. Maßgeblich für deren Erstellung ist der Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 betreffend "Bewerbung von Lehrerinnen und Lehrern um ein Amt als Schulleiterin oder als Schulleiter; Eignungsfeststellungsverfahren und dienstliche Beurteilung", BASS 21-01 Nr. 30 - nachfolgend: EFV-Erlass. Dieser EFV-Erlass regelt in Nr. 11 folgendes: Grundlagen der gemäß Nr. 3.1.2 der BRL für die Lehrkräfte (BASS 21-02 Nr. 2) durch die zuständige Schulaufsicht anzufertigende dienstliche Beurteilung sind das Ergebnis des EFV und ein Leistungsbericht des Schulleiters, der auch auf Koordinierungs- und Leitungstätigkeiten im Beurteilungszeitraum eingeht. Sofern das Einholen weiterer Erkenntnisse für die dienstliche Beurteilung, insbesondere wegen festgestellter Abweichungen zwischen dem Ergebnis des EFV und dem Leistungsbericht, zwingend erforderlich ist, führt die Schulaufsicht ein schulfachliches Gespräch (Kolloquium) zur Vorbereitung der dienstlichen Beurteilung durch, das sich auf die Handlungsfelder (Gestaltung und Qualitätsentwicklung, Personalmanagement, schulinterne/schulexterne Kommunikation und Kooperation, Recht und Verwaltung) und Schlüsselkompetenzen (Leitungskompetenzen, Fachkompetenzen) für das Schulleitungshandeln in eigenverantwortlichen Schulen bezieht. Die Gesprächsdauer soll eine Stunde nicht überschreiten. Die Ergebnisse sind vom Beurteiler zu protokollieren.

Die Beurteilungsgrundlagen der für die Antragstellerin angefertigten dienstlichen Beurteilung vom 2./19. Dezember 2014 erfassen neben Personalentwicklungsgesprächen und Dienstgesprächen im Rahmen ihrer Tätigkeit als stellvertretende Schulleiterin das Ergebnis des EFV, einen Leistungsbericht der Schulleiterin, der entgegen der Angabe nicht am 2. November 2012, sondern tatsächlich am 2. November 2014 erstellt worden ist, sowie ein Kolloquium.

Im Übrigen hat sich die Antragstellerin nicht gegen ihre dienstliche Beurteilung gewandt. Etwaige Mängel ergeben sich für die Kammer auch nicht aus den sonstigen Umständen des Einzelfalles.

Die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht insbesondere auf vollständigen Bewertungsgrundlagen, die von ihrem Umfang her mit den bei der Antragstellerin herangezogenen Erkenntnisquellen im Wesentlichen übereinstimmen. Plausibilitätsdefizite sind weder geltend gemacht worden, noch drängen sie sich sonst auf.

Im Rahmen der materiellen Auswahlentscheidung zieht der Antragsgegner zu Recht eine inhaltliche Ausschöpfung der beiden mit der gleichen Note abschließenden dienstlichen Beurteilungen (Die Leistungen übertreffen die Anforderungen) hinsichtlich ihrer wertenden Einzelfeststellungen ernsthaft in Betracht.

Vgl. zu diesem Erfordernis etwa OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2007 - 6 B 1254/07 -, m.w.N., juris Rn.10 ff.,

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erweist sich sein gefundenes Ergebnis schon deshalb als plausibel, weil er das von der Beigeladenen erzielte, im Vergleich zur Antragstellerin um eine Notenstufe bessere Ergebnis im EFV-Verfahren als tragend für einen Qualifikationsvorsprung ansieht. Dem tritt die Kammer schon deshalb bei, weil das EFV nach seiner Konzeption gerade auf die Bewerbung um ein Amt als Schulleiter abzielt und den Schlusspunkt einer umfangreichen Schulleitungsqualifizierung bildet. Hinzu kommt die weitreichende Bedeutung als Erkenntnisquelle im Beurteilungsverfahren.

Vgl. Kammerbeschluss vom 5. Oktober 2015 - 2 L 2049/15 - juris. Im Ergebnis ebenso: Verwaltungsgericht Minden, Beschluss vom 18. August 2014 - 4 L 554/14 - juris, Rn. 28.

Die Antragstellerin verkennt, dass auch sonstige Einzelfeststellungen in einer dienstlichen Beurteilung Gegenstand des Gesamturteils sind, ohne dass der Rückgriff auf eine fokussierte Betrachtung im Rahmen der inhaltlichen Ausschöpfung versperrt wäre. Warum das beim erzielten Ergebnis im EFV-Verfahren anders sein soll, lässt die Antragstellerin letztendlich offen.

Bei der inhaltlichen Ausschöpfung muss auch der Verwendungsvorschlag in den Blick genommen werden.

Vgl. Kammerbeschluss vom 1. Juni 2016 - 2 L 672/15 -, juris.

Der abweichenden Meinung der Antragstellerin kann nicht gefolgt werden. Sie begründet ihre Ansicht mit der Reichweite des Gesamturteils, das nicht nur die Tätigkeit im bisher ausgeübten Amt bewerte, sondern auch Aufschluss über die prognostizierte Qualifikation für andere, höherwertige Aufgaben gebe. Damit verkennt die Antragstellerin den Gesamtzusammenhang. Zunächst ist der Verwendungsvorschlag notwendiger Bestandteil der dienstlichen Beurteilung. Das folgt aus Nr. 4.9 letzter Absatz der ergänzend heranzuziehenden Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung

- RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 2. Januar 2003, BASS 21-02 Nr. 2 -.

Danach ist mit der Bezugnahme auf Nr. 3.1.1 der Richtlinien nur bei dienstlichen Beurteilungen aus Anlass der laufbahnrechtlichen Probezeit von einem Verwendungsvorschlag abzusehen.

Nach Nr. 4.9 der Richtlinien stehen Verwendungsvorschlag und Gesamturteil in enger Beziehung zueinander. Die beiden ersten Absätzen dieser Regelung knüpfen an die nach § 93 Abs. 1 LBG NRW auch zu beurteilende Eignung an, die in die aufgrund von Leistung und Befähigung prognostisch einzuschätzende Tauglichkeit der Lehrkraft in bezug auf ein funktionellabstraktes Amt übergeht. Die für das Gesamturteil gewählte Notenstufe bewertet nicht nur die Tätigkeit im bisher ausgeübten Amt, sondern gibt auch Aufschluss über die prognostizierte Qualifikation für andere (höherwertige) Aufgaben; diese muss sich schlüssig aus dem Inhalt der Beurteilung (einschließlich der beigefügten Anlagen) ergeben. Mithin weist der Verwendungsvorschlag einen leistungsbezogenen Charakter auf.

Die Beurteiler der Bewerberinnen haben diese Vorgaben der Beurteilungsrichtlinien auch dem Grunde nach erfüllt. Ihre Verwendungsvorschläge beziehen sich eindeutig auf das funktionellabstrakte (statusrechtliche) Amt einer Schulleiterin (eines Berufskollegs), welches die Antragstellerin und die Beigeladene anstreben, nicht auf den konkret ausgeschriebenen Dienstposten.

Wenn der Antragsgegner darüber hinaus einen weiteren Qualifikationsvorsprung zugunsten der Beigeladenen bei dem Beurteilungsmerkmal Fachkenntnisse annimmt, so kommt es darauf nicht mehr entscheidend an. Im Übrigen ist dagegen im Ergebnis nichts zu erinnern. Auch wenn hier die relevanten dienstlichen Beurteilungen von unterschiedlichen Beurteilern erstellt worden sind, weisen die Ausführungen des Antragsgegners in seinem Auswahlvermerk vom 25. April 2017 kein durchgreifendes Plausibilitätsdefizit auf. Unter Hervorhebung markanter Umschreibungen mit Wertungscharakter sind die vom Antragsgegner getroffenen Schlussfolgerungen nachvollziehbar.

Die Antragstellerin kann schließlich nicht damit gehört werden, die Beigeladene habe im streitgegenständlichen Stellenbesetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden dürfen, weil sich deren EFV und dienstliche Beurteilung als zu alt erwiesen hätten. Entgegen der Regelung im einschlägigen EFV-Erlass sei die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen nicht unmittelbar im Anschluss an das absolvierte EFV erstellt worden, sondern erst in einem Abstand von acht Monaten. Für die am 13. Juni 2017 getroffene und ihr am 20. Juni 2017 zugestellte Stellenbesetzungsentscheidung sei die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen keine taugliche Grundlage mehr. Der Dreijahreszeitraum ab Bekanntgabe der dienstlichen Beurteilung gelte nur dann, wenn die dienstliche Beurteilung zeitnah nach Beendigung des EFV erstellt worden sei. Im konkreten Fall sei nach Sinn und Zweck der Erlassregelung auf einen Dreijahreszeitraum ab Beendigung des EFV abzustellen. Zunächst verkennt die Antragstellerin, dass die Stellenbesetzungsentscheidung durch die Bezirksregierung bereits im April 2017 getroffen worden ist. Für die Heranziehung der dienstlichen Beurteilung nach EFV spielt aber der Entscheidungszeitpunkt gar keine Rolle. Nr. 11 a. E. EFV-Erlass bestimmt vielmehr, dass das Beurteilungsverfahren einschließlich des EFV wiederholt werden muss, wenn die dienstliche Beurteilung bei der Bewerbung um eine Schulleiterstelle länger als drei Jahre zurückliegt. Beworben hat sich die Beigeladene aber bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 2016, bei der Bezirksregierung eingegangen am 21. Dezember 2016. Sie ist auch unverzüglich im Sinne von Nr. 11 Satz 1 EFV-Erlass dienstlich beurteilt worden. Unverzüglich bedeutet "ohne schuldhaftes Zögern". Ein schuldhaftes Zögern hat selbst die Antragstellerin dem Antragsgegner nicht unterstellt. Der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung zu Recht auf den Ablauf der Beurteilungsverfahrens hingewiesen und den hier zwischen Abschluss des EFV (17./18. Oktober 2013) und Erstellung der dienstliche Beurteilung (17./18. Juni 2014) liegenden Zeitraum von acht Monaten als übliche Verzögerung bewertet. Das erscheint plausibel, wenn man die Einholung eines Leistungsberichts sowie die Durchführung eines Kolloquiums berücksichtigt. Auf die von der Antragstellerin verwendeten Begrifflichkeiten "unmittelbar" bzw. "zeitnah" kommt es nicht an, weil sie im EFV-Erlass keine Bedeutung erfahren. Auch absolut betrachtet ergeben sich aus dem vorliegenden Beurteilungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das Ergebnis des EFV im Zeitpunkt der für die Beigeladene erstellten Beurteilung nicht mehr verwertbar gewesen sein könnte. Vielmehr erschließen sich dem Beurteilenden die im EFV gewonnenen Erkenntnisse über den zu Beurteilenden aus der Einsichtnahme in die über das EFV geführten Unterlagen. Für diesen Befund spricht die heute geltende Regelung bei der Bewerbung von Lehrerinnen und Lehrern um ein Amt als Schulleiterin oder als Schulleiter; Eignungsfeststellungsverfahren und dienstliche Beurteilung,

- RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 2. Mai 2016, BASS 21-02 Nr. 30 -.

Nr. 4.10 letzter Satz bestimmt: Liegt das EFV bei der Erstellung einer dienstlichen Beurteilung länger als drei Jahre zurück, muss das EFV wiederholt werden. Auch die in der Rechtsprechung bekannten Fälle lassen keine andere Bewertung zu. Dem Verfahren des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen

- Beschluss vom 19. November 2014 - 6 B 1107/14 - juris - Rn. 17,

hat eine dienstliche Beurteilung zugrunde gelegen, bei der zwischen EFV und Erstellung der dienstlichen Beurteilung ein Zeitraum von etwa fünf Monaten gelegen hat, ohne dass die Verwertbarkeit dieser dienstlichen Beurteilung als solche in Frage gestellt worden wäre. Was den Dreijahreszeitraum ihrer Berechtigung zur Bewerbung um eine Schulleitungsstelle angeht, hat das OVG auf den Zeitpunkt der Erstellung der dienstlichen Beurteilung abgestellt und nicht auf den Beendigungszeitpunkt des EFV. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die dienstliche Beurteilung in dem ihm zur Entscheidung gestellten Verfahren beanstandet, weil zwischen dem EFV und der dienstliche Beurteilung ein Zeitraum von mehr als drei Jahren gelegen hat.

Vgl. Beschluss vom 21. Juli 2015 - 1 L 1068/15 - juris, Rn. 35.

Das passt zur heute geltenden Erlasslage.

Die unterlegene Antragstellerin hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Darin eingeschlossenen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, weil sie einen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Sie hat sich dadurch einem Kostenrisiko ausgesetzt, so dass es der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, insoweit eine Erstattungsfähigkeit auszusprechen.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4, Satz 1 Nr. 1 sowie den Sätzen 2 und 3 GKG. Der sich danach ergebende Betrag ist im Hinblick auf die im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich angestrebte vorläufige Regelung im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens um die Hälfte zu reduzieren. Folglich ist als Streitwert ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des letztlich angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 16) in Ansatz gebracht worden.

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