ArbG Hamm, Urteil vom 11.09.2015 - 2 Ca 678/15 L
Fundstelle
openJur 2019, 12405
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 6.632,55 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Mit der am 18.05.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und später erweiterten Klage begehrt die Klägerin restliche Arbeitsvergütung für die Zeit bis August 2015 einschließlich sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie mit monatlich zehn Nachtwachen zu beschäftigen.

Die Klägerin ist für die Beklagte seit dem 11.10.2008 tätig. Die Beklagte betreibt verschiedene private Pflegedienste in M und Umgebung.

Im Arbeitsvertrag vom 13.10.2008 (Bl. 6 ff. d. GA) heißt es - soweit von Interesse - wie folgt:"...

1. Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses/Tätigkeit

1. Frau ... T wird mit Wirkung vom 11.10.2008 als Betreuungskraft eingestellt. ...

4. Vergütung

4.1. Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit in der Betreuung eine Stundenvergütung pro geleisteter Arbeitszeit in Höhe von 7,50 Euro ... Nach sechs Monaten erhöht sich die Stundenvergütung auf 8,00 Euro... Pro geleisteter Nachtwache erhält der Arbeitnehmer eine Vergütung von 64,00 Euro ...

Die Vergütung ist zahlbar jeweils zum 15. des Folgemonats auf ein von dem Arbeitnehmer eingerichtetes Girokonto im Inland. ..."

Im Änderungsvertrag vom 28.01.2011 (Bl. 4 d. GA) heißt es - soweit von Interesse - wie folgt:

"§ 3 Tätigkeit

Ab dem 01.02.2011 wird die sozialversicherungspflichtige Tätigkeit von Teilzeit in eine geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis (400-€-Grenze) umgewandelt.

§ 6 Arbeitszeit

Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit richtet sich nach den Vorgaben der Einsatzleitung.

§ 7 Vergütung

Ab dem 01.02.2011 erhält Frau T für ihre Tätigkeit in der Betreuung eine Stundenvergütung pro geleisteter Arbeitszeit in Höhe von 6,65 € ... Pro geleisteter Schlafwache (9,5 Stunden) erhält der Arbeitnehmer eine Vergütung von 47,50 €

...

Sollte sich die Auftragslage ändern, so erhält Frau T, nach Genehmigung durch die Geschäftsführung, die Möglichkeit wieder in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu wechseln.

Alle anderen Vereinbarungen des Arbeitsvertrages bleiben unverändert."

Entsprechend der Vereinbarung zum Änderungsvertrag vom 28.01.2011 hat die Klägerin jedenfalls seit Januar 2015 bis Juli 2015 einschließlich pro Monat zehn Nacht- wachen Bereitschaftsdienst absolviert und dafür pro geleisteter Nachtwache einen Bruttobetrag von 36,20 EUR erhalten, zuzüglich Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 25 bzw. 40 %. Die Bruttovergütung betrug von Januar bis Juli 2015 monatlich 475,35 EUR.

Für August 2015 ist eine Vergütung noch nicht gezahlt worden; die Klägerin erklärt, sie sei für August 2015 lediglich für sieben Nachtwachen eingeteilt gewesen. Aus dem Dienstplan für September 2015 ergebe sich, dass sie lediglich fünf Nachtwachen absolvieren solle und zusätzlich vier Tage Urlaub nehme.

In der 2. Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche vom 27.09.2014, in Kraft getreten am 01.01.2015 und ergangen entsprechend § 11 AEntG, heißt es - soweit von Interesse - wie folgt:

"...

§ 1 Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Pflegebetriebe. ...

(2) Diese Verordnung gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie gilt nicht für: ...

(4) Abweichend von Absatz 3 gilt diese Verordnung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Absatzes 3, soweit sie im Rahmen der von ihnen auszuübenden Tätigkeiten in nicht unerheblichem Umfang gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig werden, insbesondere als:

1. Altersbegleiterinnen und Begleiter,

2. Betreuungskräfte von Menschen mit demenziellen Erkrankungen oder

3. Assistenzkraft

(5) Für Betreuungskräfte von Menschen mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung ... und für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Absatz 4 ist diese Verordnung ab dem 01.Oktober 2015 anzuwenden. ...

§ 2 Mindestentgelt

(1) Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder ... Nordrhein-Westfalen ...

- ab dem 01. Januar 2015: 9,40 € je Stunde ...

(2) Das nach Absatz 1 maßgebliche Mindestentgelt ist für Zei- ten des Bereitschaftsdienstes gemäß nachstehender Grundsätze zu zahlen. Bereitschaftsdienste im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens

75 % beträgt. Sie sind im Dienstplan zu hinterlegen. Zum Zwecke der Entgeltberechnung kann die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer schriftlichen arbeitsvertraglichen Regelung mit mindestens 25 % als Arbeitszeit bewertet werden. Leistet die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in einem Kalendermonat mehr als acht Bereitschaftsdienste, so ist die Zeit eines jeden über acht Bereitschaftsdienste hinausgehenden Bereitschaftsdienstes zusätzlich mit mindestens 15 % als Arbeitszeit zu bewerten. Umfasst die Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes mehr als 25 %, ist die darüber hinausgehende Arbeitsleistung zusätzlich mit dem Mindestentgelt nach Absatz 1 zu vergüten.

(4) Von dieser Verordnung nicht erfasst werden Zeiten der Rufbereitschaft. ..."

Die Klägerin meint, sie habe - da die 2. Pflegearbeitsbedingungenverordnung noch nicht gelte - Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR pro Stunde. Dies entspreche einer Monatsvergütung von 807,50 EUR brutto. Gezahlt worden seien lediglich 475,35 EUR bzw. 475,36 EUR brutto pro Monat für die Zeit bis Juli 2015 einschließlich. Für August sei eine Zahlung noch nicht erfolgt.

Da die Beklagte sie, die Klägerin, im August weniger als zehn Nachtschichten eingesetzt hat, obwohl dies Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarung gewesen sei und die Beklagte bereits im Dienstplan für September 2015 mitgeteilt habe, sie werde lediglich für neun Tage vergütet (fünf Schichten + vier Urlaubstage), habe sie auch Anspruch auf die Feststellung, künftig mit zehn Nachtschichten betraut zu werden. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag sowie entsprechender jahrelanger Praxis in der Vergangenheit.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Januar 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 09.02.2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2015;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Februar 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 06.03.2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2015;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat März 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 09.04.2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2015;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat April 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 08.05.2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2015;

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 15.06.2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2015;

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juni 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 15.07.2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2015;

7. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juli 2015 807,50 EUR brutto zu zahlen, abzüglich am 17.08..2015 gezahlter 475,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2015;

8. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin fortlaufend ab dem Monat August 2015 mit monatlich zehn Nachwachen zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, eine Anspruchsgrundlage für eine Mindestvergütung von 8,50 EUR pro Stunde sei nicht erkennbar. Das Mindestlohngesetz gelte wegen der Bereichsausnahme des § 1 Abs. 3 MiLoG nicht. Aufgrund des Arbeitnehmerentsendegesetzes existiere für die Pflegebranche ein Branchenmindestlohn nach der 2. Pflegearbeitsbedingungenverordnung. Somit sei das Mindestlohngesetz insoweit nicht anwendbar. Eine andere Auslegung verbiete sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen unter Berücksichtigung von Art. 4 GG i.V. mit Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 WRV, da der Mindestlohn in der Pflegebranche - anders als in anderen Wirtschaftszweigen - jedenfalls auch auf den sogenannten "dritten Weg" zustande gekommen sei. Bei Nichtanwendung des § 1 Abs. 3 MiLoG auf den Fall sei das Gericht verpflichtet, ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht einzuleiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Terminsprotokolle.

Gründe

Die Leistungs- und Feststellungsklage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dies ergibt sich aus Folgendem:

I. Soweit die Klägerin Vergütung für August 2015 in Höhe von 807,50 EUR brutto begehrt, steht ihr dieser Anspruch (noch) nicht zu, denn die Vergütung für August 2015 wird erst fällig am 15.09.2015. Dies ergibt sich aus Ziffer 4.1 des Arbeitsvertrages vom 13.10.2008, der durch den Änderungsvertrag vom 28.01.2011 nicht modifiziert worden ist.

II. Soweit die Klägerin restliche Vergütung für die Zeit von Januar bis Juli 2015 auf Basis von 8,50 EUR brutto pro geleisteter Arbeitsstunde begehrt, hat sie darauf ebenfalls keinen Anspruch.

Zwar bestimmt § 1 Abs. 2 MiLoG, dass die Höhe des Mindestlohns ab dem 01.01.2015 brutto 8,50 EUR je Zeitstunde beträgt. Die Kammer geht auch davon aus, dass "Zeitstunde" i.S. von § 1 Abs. 2 MiLoG auch Bereitschaftsdienste umfasst, da der Wille des Gesetzgebers, Bereitschaftsdienste anders zu behandeln als Vollarbeitszeit, im Gesetz keinerlei Niederschlag gefunden hat (vgl. insoweit zur 1. Pflege- arbeitsbedingungenverordnung BAG, Urteil v. 19.11.2014 - 5 AZR 1101/12).

Zur Überzeugung der Kammer gilt § 1 Abs. 2 MiLoG jedoch für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wegen der Bereichsausnahme des § 1 Abs. 3 MiLoG. Nach dieser Vorschrift gehen die Regelungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes und der auf ihrer Grundlage erfassten Rechtsverordnungen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nicht unterschreitet. Dies ist zur Überzeugung der Kammer der Fall. Denn der Branchenmindestlohn für die Pflegebranche beträgt ab Januar 2015 9,40 EUR je Stunde, ist somit also höher als der gesetzliche Mindestlohn. Eine Anwendung von § 1 Abs. 2 MiLoG kommt somit bereits nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 MiLoG nicht in Betracht.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die 2. Pflegearbeitsbedingungenverordnung zugunsten der Klägerin wegen der Bereichsausnahme in § 1 Abs. 4 u. Abs.

5 der Verordnung erst ab dem 01.10.2015 Anwendung finden wird. Denn die 2. PflegeArbbV stellt eine gesetzliche Grundlage dar (vgl. BAG, Beschluss vom 22.7.2014 -1 ABR 96/12 zur 1. PflegeArbbV) und setzt allein voraus, dass der territoriale sowie betrieblich- fachliche Geltungsbereich eröffnet ist (so BAG, Beschluss vom 22.7.2014, a.a.O.), was hier unstreitig der Fall ist.

Dies führt zwar im Ergebnis dazu, dass die Klägerin aufgrund ihrer gegenüber der Beklagten zu erbringenden Tätigkeit praktisch für die Zeit vom 01.01. bis 30.09.2015 keinen gesetzlichen Mindestlohn nach Mindestlohngesetz bzw. Rechtsverordnung

i.V. mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz verlangen kann. Dies ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden, zumal eine Überprüfung der Vergütungsvereinbarung nach den Grundsätzen des § 138 BGB weiterhin erfolgen kann (vgl. dazu statt aller BAG, Urteil v. 17.12.2014 - 5 AZR 663/13; LAG Düsseldorf, Urteil v. 19.08.2014 - 8 Sa 764/13; zur Ausbildungsvergütung BAG, Urteile v. 17.03.2015 - 9 AZR 732/13 und BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 3 AZR 89/11).

Aus Sicht der Kammer ist die Vergütungsvereinbarung im Arbeitsvertrag aus 2011 nicht "sittenwidrig". Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleis- tung ist nicht feststellbar. Dies ergibt sich auch unter Berücksichtigung der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien noch nicht anwendbaren, für die Branche aber schon geltenden 2. Pflegearbeitsbedingungenverordnung. Danach kann - anders als bei der 1. Pflegearbeitsbedingungenverordnung - die Zeit des Bereitschaftsdienstes mit mindestens 25 % des Branchenmindestlohns pro Stunde vergütet werden, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 PflegearbbV erfüllt sind. Daraus ergibt sich für 2015 ein Stundenentgelt von 2,35 EUR brutto jedenfalls für die ersten 8 Nachtschichten. Unter Berücksichtigung einer täglichen Arbeitszeit von 9,5 Stunden ergibt sich ein Tagessatz von 22,33 EUR brutto. Der von der Beklagten gezahlte Tagessatz in Höhe von 36,20 EUR brutto zuzüglich Nachtzuschläge liegt deutlich höher.

Welche Vergütungsansprüche die Klägerin ab dem 01.10.2015 gegenüber der Be- klagten geltend machen kann, ist nicht (mehr) im Streit. Dies wird ggf. in einem Folgeprozess unter Berücksichtigung der dann anwendbaren Vorschrift des § 2 Abs. 1 der PflegearbbV zu prüfen sein.

III. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie auch zukünftig in zehn Nachtwachen zu beschäftigen, besteht aus der Sicht der Kammer insoweit keine Anspruchsgrundlage. Die Parteien haben im Änderungsvertrag vom 28.01.2011 vereinbart, dass die regelmäßige monatliche Arbeitszeit sich nach den Vorgaben der Einsatzleitung richtet. Damit haben sie entsprechend § 12

Abs. 1 TzBfG vereinbart, dass die Klägerin ihre Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Eine bestimmte wöchentliche oder tägliche Arbeitszeit ist nicht festgelegt worden. Dementsprechend beträgt gem. § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit mindestens zehn Stunden. Entsprechend wurde die Klägerin im August 2015 beschäftigt; der Dienstplan für September 2015 sieht insgesamt 9 Schichten a 9,50 Stunden vor. Der Einsatz der Klägerin erfolgte bzw. erfolgt entsprechend § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG.

Dass die Parteien die vertragliche Vereinbarung vom 28.01.2011 später einvernehmlich oder konkludent dahingehend abgeändert haben, dass die Klägerin pro Monat zehn Nachtschichten Bereitschaftsdienst erbringt, ist von der Klägerin nicht vorgetragen und auch für die Kammer nicht ersichtlich. Selbst wenn - wie die Klägerin behauptet - sie nach Vertragsänderung im Jahr 2011 jeden Monat zu zehn Nachtschichten eingeteilt worden sein sollte, deutet dies nicht auf eine ausdrückliche oder konkludente Vertragsänderung hin. Insoweit fehlt auch jeglicher substantiierter Vortrag der Klägerin.

Eine Konkretisierung der Arbeitszeit -so sie überhaupt in Betracht kommen sollte- auf 10 Nachtwachen pro Monat ist ebenfalls nicht ersichtlich. Unabhängig davon, ob das insoweit erforderliche Zeitmoment gegeben ist, fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment, also einem dem Arbeitgeber zurechenbares Verhalten, aufgrund dessen die Klägerin darauf schließen konnte, künftig und dauerhaft oberhalb der Grenze des § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG beschäftigt zu werden (vgl. zur Konkretisierung hinsichtlich des Arbeitsortes durch zurechenbares Verhalten des Arbeitgebers: BAG, Urteile vom 13.6.2012 -10 AZR 296/11 und 13.3.2007 -9 AZR 433/06; zur Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Wochenarbeitstage vgl. BAG, Urteil vom 15.9.2009 -9 AZR 757/08). Eine Konkretisierung auf eine bestimmte -höhere- Anzahl von Arbeitsstunden in Abweichung von § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG tritt jedenfalls nicht allein dadurch ein, dass der Arbeitnehmer längere Zeit in derselben Weise eingesetzt wurde. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass der Arbeitgeber sich verpflichten wollte, über den gesetzlich bestimmten Arbeitszeitrahmen bei Arbeit auf Abruf die Arbeitnehmerin darüber hinaus dauerhaft zu beschäftigen. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.

IV. Demgemäß war zu entscheiden, wie geschehen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V. mit § 91 ZPO. Als Streitwert war ein Betrag von 6.632,55 EUR festzusetzen unter Berücksichtigung einer von der Klägerin begehrten Vergütungsdifferenz von Januar bis Juli 2015, der begehrten Vergütung für August 2015 (807,50 EUR) sowie der Feststellung für die Zukunft (5.000,00 EUR abzüglich 30 %).

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