LG Bonn, Urteil vom 01.03.2017 - 29 KLs - 410 Js 511/10 - 1/14
Fundstelle
openJur 2019, 12181
  • Rkr:
Tenor

1. Der Angeklagte C ist schuldig der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung und der vorsätzlichen Verletzung der Buchführungspflicht.

Er wird deswegen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von

einem Jahr vier Monaten

verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Von dieser Freiheitsstrafe gelten zwei Monate als vollstreckt.

2. Der Angeklagte Dr. L ist schuldig der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung und der vorsätzlichen Verletzung der Buchführungspflicht.

Er wird deswegen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von

elf Monaten

verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Von dieser Freiheitsstrafe gelten zwei Monate als vollstreckt.

3. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften:

§ 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b), Abs. 3, § 283 Abs. 6 StGB, § 15a Abs. 1, Abs. 4 InsO, 25 Abs. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Gründe

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis #

A. Vorspann ...

B. Feststellungen ...

I. Persönliche Verhältnisse ...

1. Angeklagter C ...

2. Angeklagter Dr. L ...

II. Allgemeines zu der Tat ...

1. Gründung der U-Gruppe (bis 2005) ...

a) Der ehemalige Mitangeklagte K ...

(1) T11 Finanz-Gruppe (bis 1998) ...

(2) Kanzlei T12 L2 L3 ...

b) Die Entstehung der U-Gruppe (bis 2005) ...

c) U als reiner Telekommunikationsanbieter ...

2. Markteinstieg als Stromversorger (2006/2007) ...

a) Vorbereitungen zur geschäftlichen Neuausrichtung (bis 2006) ...

b) Markteinstieg als unabhängiger Stromversorger ...

c) Umzug Ks in die T4 (Oktober 2007) ...

d) Gesellschaftliche Umstrukturierung der U-Gruppe ...

e) C2 M3 als Hauptsponsor ...

f) Die U-Gruppe Ende des Jahres 2007 ...

3. Markteinstieg als unabhängiger Gasversorger (2008) ...

a) Entwicklung des Kundenbestands bis Mitte 2008 ...

b) Gesellschaftliche Veränderungen bis Mitte 2008 ...

c) Markteinstieg als unabhängiger Gasversorger ...

d) Stromeinkaufspreisentwicklung und Umstellung der Tarifmodelle ...

e) Aktivitäten des ehemaligen Mitangeklagten K ...

(1) Die U7-Gruppe ...

(2) E7 und T16-Gesellschaften ...

(3) Unternehmensführung durch K ...

f) Erste Verkaufsbemühungen durch K ...

g) Weitere Vereinbarungen mit C2 M3 ...

h) Gesellschaftliche Umstrukturierung ab Juli 2008 ...

i) Suche nach einem Finanzvorstand - der Zeuge B ...

4. Die U-Gruppe Ende des Jahres 2008 ...

a) Zusammensetzung der Gruppe ...

(1) U I7 AG ...

(2) U N8 GmbH ...

b) Ertrags- und Liquiditätslage der Gruppe ...

(1) U F4 GmbH ...

(2) Andere Gruppenunternehmen ...

c) Ausgangslage der Gruppe für 2009 ...

III. Feststellungen zu Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift) ...

1. Tatvorgeschichte (Januar bis Mai 2009) ...

a) Maßnahmen zur Verbesserung der Liquiditätslage ...

(1) Die Suche nach einem Investor ...

(2) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen ...

(3) Intensivierung der Vertriebsbemühungen ...

(4) Strukturelle Anpassungen in der Finanzbuchhaltung ...

b) Veränderte interne Entscheidungsstrukturen ...

(1) Zusammenarbeit des neu aufgestellten Vorstands ...

(2) Ergänzende weitere Gremiensitzungen ...

c) Ertrags- und Liquiditätslage der Gruppe ...

(1) Einnahmenseite ...

(2) Ausgabenseite ...

(3) Bedarfsorientierte Geldverschiebungen innerhalb der Gruppe ...

(4) Zuspitzung der Situation ...

(5) Krisenmanagement ...

d) Stand der Arbeiten der C3 AG / Investorensuche (Ende Mai 2009) ...

e) Ausgangslage der Gruppe Ende Mai 2009 ...

2. Die abgeurteilte Tat 1 im Einzelnen ...

a) Eskalation durch Nachzahlungsbescheide des HZA L10 (Juni 2009) ...

(1) Nachmeldung zur Stromsteuer für das Jahr 2008 ...

(2) Reaktionen der C3 AG und der Führungsebene ...

(3) Erste Maßnahmen der Führungsebene ...

(4) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...

b) Fortbestehen der Krisensituation (Juli 2009) ...#

(1) Stand der Verbindlichkeiten ...#

(2) Investorensuche ...#

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(4) Weitere Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

(5) Ablauf der Insolvenzantragsfrist zum 16.07.2009 ...#

(6) Reaktionen aus dem Aufsichtsrat ...#

(7) Weiterer Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(8) Maßnahmen der Führungsebene ...#

c) Keine Kapitalzufuhr bis 15.09.2009 (bis 15.09.2009) ...#

(1) Stand der Verbindlichkeiten ...#

(2) Aktivitäten der Bundesnetzagentur ...#

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(4) Maßnahmen der Führungsebene ...#

(5) Ablauf der Abwartefrist zum 15.09.2009 ...#

d) Erste Hinzuziehung insolvenzrechtlicher Berater (bis 08.10.2009) ...#

(1) Erste Maßnahmen der Führungsebene ...#

(2) Kick-Off-Meeting mit H vom 22.09.2009 ...#

(3) Investorensuche ...#

(4) Stand der Verbindlichkeiten ...#

(5) Weiterer Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(6) Weitere Maßnahmen der Führungsebene ...#

(7) Beendigung des Mandats von H ...#

(8) Beendigung des Mandats mit N ...#

(9) Kenntnisnahme durch die Angeklagten ...#

e) Fortbestehen der Krisensituation (bis 31.10.2009) ...#

(1) Stand der Verbindlichkeiten ...#

(2) Investorensuche & Kapitalzuflüsse ...#

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(4) Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

(5) Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei I ...#

(6) Unterbrechung der Prüfungstätigkeit durch die C3 AG ...#

(7) Beendigung des Mandats mit der Kanzlei I ...#

(8) Ablauf der Insolvenzantragsfrist zum 27.10.2009 ...#

(9) Weitere Maßnahmen der Führungsebene ...#

f) Weiteres Geschehen bis November 2009 (bis 30.11.2009) ...#

(1) Stand der Verbindlichkeiten ...#

(2) Investorensuche & Kapitalzuflüsse ...#

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(4) Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

(5) Entwicklung des Kundenbestands ...#

g) Weiteres Geschehen bis Dezember 2009 (bis 31.12.2009) ...#

(1) Stand der Verbindlichkeiten ...#

(2) Investorensuche & Kapitalzuflüsse ...#

(3) Kapitalerhöhungen bei der U I7 AG ...#

(4) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(5) Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

h) Die U-Gruppe Ende des Jahres 2009 ...#

(1) Zusammensetzung der Gruppe ...#

(2) Ertrags- und Liquiditätslage der Gruppe ...#

IV. Geschehnisse bis März 2011 ...#

1. Geschehnisse von Januar bis September 2010 ...#

a) Verbesserung der Liquiditätslage (bis 30.04.2010) ...#

(1) Stand der Netzbetreiberverbindlichkeiten ...#

(2) Stundungsbemühungen bei weiteren Gläubigern ...#

(3) Investorensuche & Kapitalzuflüsse ...#

(4) Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

b) Produktoffensive durch Sommerpakete (bis 30.09.2010) ...#

(1) Investorensuche & Kapitalzuflüsse ...#

(2) Auflegen defizitärer Treue- und Sommerpakete ...#

(3) Stundungsbemühungen bei weiteren Gläubigern ...#

(4) Beratungsmandat mit der Kanzlei G2 ...#

(5) Weitere Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

2. Geschehnisse bis März 2011 ...#

a) Eskalation durch Presseberichterstattung (Oktober 2010) ...#

(1) Der Zeuge B ...#

(2) Beginn der umfassenden Presseberichterstattung ...#

(3) Einleitung des Ermittlungsverfahrens ...#

b) Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit (bis 31.03.2011) ...#

(1) Reaktionen der kontoführenden Banken ...#

(2) Reaktionen der Kunden ...#

(3) Reaktionen der Netzbetreiber und Energielieferanten ...#

(4) Reaktionen der involvierten Behörden ...#

(5) Prüftätigkeiten der Kanzlei G2 (bis 31.01.2011) ...#

(6) Maßnahmen der U-Führungsebene ...#

c) Umstrukturierung durch neue Investoren (März 2011) ...#

(1) Umstrukturierung des Vorstands der U I7 AG ...#

(2) Beauftragung weiterer Berater ...#

(3) Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden / Insolvenzgericht ...#

(4) Kapitalzuflüsse russischer Investoren ...#

d) Geschäftsentwicklung ...#

e) Gang des Ermittlungsverfahrens ...#

V. Feststellungen zu Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift) ...#

VI. Nachtatgeschehen ...#

1. Geschehnisse bis Ende Juni 2011 ...#

a) Geschäftsentwicklung bis Ende Mai 2011 (bis 23.05.2011) ...#

(1) Sanierungsbemühungen Dr. I3 ...#

(2) Ausscheiden des Angeklagten C ...#

(3) Kundenforderungen und Debitorenbuchhaltung ...#

(4) Netzzugangsverweigerungen durch Netzbetreiber ...#

(5) Widerruf der Versorgungserlaubnis ...#

(6) Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung ...#

b) Gutachterliche Stellungnahmen der Berater ...#

c) Ausscheiden Dr. I3 ...#

d) Bemühungen um weitere Kapitalzufuhr ...#

e) Eigenanträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ...#

f) Maßnahmen des vorläufigen Insolvenzverwalters ...#

g) Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft ...#

2. Geschehnisse bis Ende Dezember 2011 ...#

a) Gang des Insolvenzverfahrens ...#

b) Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft ...#

3. Geschehnisse ab 2012 ...#

a) Maßnahmen des Insolvenzverwalters ...#

b) Ermittlungsmaßnahmen bis zur Anklageerhebung ...#

c) Gerichtliche Verfahren vor anderen Strafkammern ...#

d) Gerichtliches Verfahren vor der hiesigen Kammer ...#

(1) Verfahrensgang vor Beginn der Hauptverhandlung ...#

(2) Verfahrensgang ab Beginn der Hauptverhandlung ...#

e) Andere Strafverfahren ...#

f) Stand der Insolvenzverfahren ...#

(1) Einzug von Forderungen gegen Endkunden ...#

(2) Anfechtungsansprüche gegen Geschäftspartner ...#

(3) Aufarbeitung konzerninterner Zahlungsflüsse / Jahresabschluss ...#

(4) Haftungsansprüche gegen Organe ...#

(5) Freie Massen (Stand November 2016) ...#

C. Beweiswürdigung ...#

I. Vorspann ...#

II. Feststellungen zur Person ...#

III. Feststellungen zur Sache ...#

1. Einlassung des Angeklagten C ...#

2. Einlassung des Angeklagten Dr. L ...#

a) Genese des Einlassungsverhaltens Dr. Ls ...#

b) Einräumung des objektiven Rahmengeschehens ...#

(1) Tatvorgeschichte und Struktur und Organisation der Gruppe ...#

(2) Zur Rolle Ks im Unternehmen ...#

(3) Zum Tatgeschehen zu Tat 1 ...#

(4) Zum Geschehensverlauf ab 2010 ...#

(5) Zum Geschehensverlauf ab 2011 und Tatgeschehen zu Tat 2 ...#

(6) Zum verwendeten Buchhaltungssystem ...#

(7) Tarifgestaltung und Paketangebote ...#

c) Erklärung Dr. L vom 02.02.2015 (2. Sitzungstag) ...#

d) Einlassung Dr. L vom 06.02. / 20.02.2015 (3. und 4. Sitzungstag) ...#

e) Einlassung Dr. L vom 30.10.2015 (39. Sitzungstag) ...#

f) Bewertung der Einlassung Dr. Ls ...#

3. Der Zeuge B ...#

a) Belastungstendenz gegenüber den Angeklagten ...#

b) Entlastungstendenz bezüglich der eigenen Rolle ...#

c) Notwendigkeit kritischer Prüfung der Angaben ...#

4. Feststellungen zu Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift) ...#

a) Objektives Geschehen ...#

(1) Liquiditätsmanagement und Priorisierung ab 2008 ...#

(2) Patronatserklärung und gesamtschuldnerische Haftung ...#

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10 ...#

(4) Prämienregelung und Abwartefrist ...#

(5) Externe Kapitalzuflüsse durch Investoren und Gesellschafter ...#

(6) Geschehnisse zur Abberufung Bs ...#

(7) Schriftliche Erklärungen Dr. T3s ...#

b) Zahlungsunfähigkeit ab 25.06.2009 ...#

(1) Wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen ...#

(2) Auswertungsunterlagen und Summen- und Saldenlisten ...#

(3) Negativfeststellung einzelner Beweisanzeichen ...#

(4) Sachverständiger Prof. Dr. A ...#

(5) Sonstige Erwägungen ...#

c) Vorsatz der Angeklagten ...#

(1) Kenntnis der Liquiditätslage der U I7 AG ...#

(2) Kenntnis von möglicher Zahlungsunfähigkeit ...#

(3) Kenntnis der resultierenden Handlungspflichten ...#

(4) Einverstandensein mit möglichem Erfolgseintritt ...#

(5) Abweichende Einlassungen von Dr. L ...#

5. Feststellungen zu Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift) ...#

6. Hilfsbeweisanträge ...#

a) Hilfsbeweisanträge der Verteidigung C ...#

(1) Antrag vom 17.02.2017 (Anlage I zum Protokoll) ...#

(2) Antrag vom 17.02.2017 (Anlage II zum Protokoll) ...#

b) Hilfsbeweisanträge der Verteidigung Dr. L ...#

(1) Antrag vom 21.02.2017 (Anlage I) ...#

(2) Antrag vom 21.02.2017 (Anlage II) ...#

D. Rechtliche Würdigung ...#

I. Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift) ...#

1. Insolvenzreife der U I7 AG ...#

a) Haftung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH ...#

(1) Wirksamkeit der Patronatserklärung ...#

(2) Rechtliche Qualität der Erklärung ...#

(3) Auswirkungen der "harten" Patronatserklärung ...#

b) Notwendige Berücksichtigung der Stromsteuerverpflichtungen ...#

(1) Fälligkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ...#

(2) Ausnahmsweise Nichtberücksichtigung einer fälligen Forderung? ...#

c) Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG ...#

(1) Mögliche Methoden der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ...#

(2) Anwendung der wirtschaftskriminalistischen Methode ...#

(3) Vorliegen hinreichender Beweisanzeichen ...#

2. Keine Antragstellung innerhalb der Frist ...#

3. Vorsatz / Gemeinsamer Tatentschluss ...#

4. Rechtswidrigkeit und Schuld ...#

II. Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift) ...#

1. Nichtaufstellen des Jahresabschlusses / Lageberichts ...#

2. Vorsatz / Gemeinsamer Tatentschluss ...#

3. Rechtswidrigkeit und Schuld ...#

4. Eintritt der Strafbarkeitsbedingung ...#

III. Konkurrenzen ...#

E. Strafzumessung ...#

I. Anzuwendender Strafrahmen für die Taten ...#

II. Angeklagter C ...#

1. Tatübergreifende Strafzumessungserwägungen ...#

2. Besondere Erwägungen zu den Einzelstrafen ...#

a) Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift) ...#

b) Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift) ...#

3. Gesamtstrafe ...#

4. Strafaussetzung zur Bewährung ...#

a) Günstige Legalprognose, § 56 Abs. 1 StGB ...#

b) Besondere Umstände, § 56 Abs. 2 StGB ...#

III. Angeklagter Dr. L ...#

1. Tatübergreifende Strafzumessungserwägungen ...#

2. Besondere Erwägungen zu den Einzelstrafen ...#

a) Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift) ...#

b) Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift) ...#

3. Gesamtstrafe ...#

4. Strafaussetzung zur Bewährung ...#

IV. Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ...#

1. Dauer der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ...#

2. Bemessung der Kompensation ...#

F. Verfall ...#

G. Kostenentscheidung ...#

A. Vorspann

Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist das unternehmerische Wirken der U-Gruppe, dem zeitweise größten unabhängigen Stromversorger auf dem deutschen Energiemarkt, ab 2009, für deren wesentliche Gruppengesellschaften jeweils im Juni 2011 Eigeninsolvenzantrag gestellt und über deren Vermögen ab September 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das hiesige Strafverfahren richtete sich zuletzt gegen zwei ehemalige Vorstandsmitglieder der U I7 AG mit Sitz in U4, die als Dach- und Konzernobergesellschaft 100%-ige Gesellschafterin wesentlicher operativer Tochtergesellschaften der U-Gruppe, so auch der U F4 GmbH und der U T21 GmbH, war. Die hier für das Verfahren allein gegenständliche U I7 AG führte Verwaltungs-, Vertriebs- und Managementaufgaben für die gesamte Gruppe zentral am Unternehmenssitz in U4 aus und nahm mit einer jeweils zentral geführten Buchhaltungs-, Rechts-, Personal- und Controllingabteilung die Funktion einer Konzernleitung der U-Gruppe wahr. Wesentliche Entscheidungen, die die Ausrichtung der Gesamtgruppe betrafen, wurden allein auf der Ebene der U I7 AG getroffen.

Der Angeklagte C war im Tatzeitraum Vorstandsvorsitzender der U I7 AG und neben seiner exponierten Leitungsfunktion für die Ressorts Vertrieb und Marketing verantwortlich. Daneben war er auch Alleingeschäftsführer der U F4 GmbH, über die seit Einstieg der U-Gruppe in den Energiemarkt bis zur Insolvenzantragstellung die wesentlichen Einnahmen und Ausgaben der U-Gruppe insgesamt abgewickelt wurden. Da das Stromgeschäft durchweg weit über 94% der Gesamteinnahmen der U-Gruppe ausmachte, war die U F4 GmbH das "Herzstück" der Gruppe, mit deren wirtschaftlichem Erfolg oder Misserfolg das unternehmerische Schicksal der U-Gruppe insgesamt stand und fiel. Der Angeklagte Dr. L war im Tatzeitraum Vorstandsmitglied der Gesellschaft und in dieser Funktion für die Ressorts EDV-Systeme und Kundenservice zuständig. Daneben war er auch Mitgeschäftsführer der U T21 GmbH, die über eine Factoringvereinbarung mit der U F4 GmbH die Kundengelder sämtlicher Endkunden vereinnahmte und die erzielten Erlöse abzüglich einer Factoringgebühr an die U F4 GmbH weiterreichte. Die so bereitgestellten Umsatzerlöse verwandte die U F4 GmbH zur Begleichung der bei ihr auflaufenden Verbindlichkeiten aus der Belieferung von Energie an die Endkunden, so u.a. Energiesteuer, Netznutzungsentgelte und EEG-Umlagen. Ab Mitte 2008 hatte die U I7 AG zugunsten der U F4 GmbH eine Patronatserklärung mit Gesamtschuldbeitritt abgeschlossen, aus der sich für diese jedenfalls im Insolvenzfall der U F4 GmbH eine Haftungsüberleitung für Verbindlichkeiten ergab.

Jedenfalls mit dem Fälligwerden rückständiger, von den Angeklagten als bestehend anerkannter Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und das 1. Halbjahr 2009 in Höhe von über 28 Mio. € zum 25.06.2009 war die U F4 GmbH und über die Haftungszusage auch die U I7 AG jedenfalls bis Ende des Tatzeitraums zahlungsunfähig. Auf der Grundlage eines gemeinsamen Tatplans unterließen es die Angeklagten - in Kenntnis der aus ihrer Sicht möglicherweise bestehenden Krisensituation und der daraus erwachsenden Pflichten - dennoch nach Ablauf der Insolvenzantragfrist am 16.07.2009 in der Folgezeit bis zum Ende des Tatzeitraums Insolvenzantrag für die - allein diese war Gegenstand der Anklage - U I7 AG zu stellen (Tat 1), wobei ihnen dabei gleichgültig war, ob die für möglich gehaltene Anmeldepflicht bestand oder nicht. Ebenso unterließen es die Angeklagten im einvernehmlichen Zusammenwirken trotz ihnen bekannter handelsrechtlicher Verpflichtung hierzu, als Vorstandsmitglieder bis zum 31.03.2011 den Jahresabschluss der U I7 AG durch Anweisung an die gruppeninterne, bei der U I7 AG geführte Bilanzbuchhaltung fertigen zu lassen und stellten die geforderte Bilanz der Gesellschaft nicht in der vorgegebenen Zeit auf (Tat 2).

Der Angeklagte Dr. L hat sich zu beiden Tatvorwürfen im Rahmen einer zu Beginn der Hauptverhandlung getroffenen Verfahrensabsprache umfassend und hinsichtlich des objektiven Rahmengeschehens zu weiten Teilen geständig eingelassen und sich Rückfragen der Verfahrensbeteiligten vorbehaltlos gestellt, sich aber dann im Wesentlichen auf fehlende Kenntnisse hinsichtlich bestimmter Tatumstände, seine untergeordnete Rolle allein als "technischer" Vorstand, der auf den früheren Finanzvorstand B vertraut habe, sowie eine für ihn nicht einschätzbare unklare Situation wegen widersprüchlicher Beratermeinungen berufen. Der Angeklagte C hat sich zur Sache nicht eingelassen, sondern allein Angaben zu seinem Lebenslauf gemacht.

Die Kammer hat die Hauptverhandlung an 109 Sitzungstagen in der Zeit vom 26.01.2015 bis zum 01.03.2017 durchgeführt, im Rahmen derer über 60 Zeugen, teilweise im Wege der Rechtshilfe in der T4, vernommen und über 1.300 - zum Teil sehr umfangreiche - Urkunden verlesen bzw. im Selbstleseverfahren eingeführt wurden. Im Rahmen der Beweiserhebung hat die Kammer ein eigenes Sachverständigengutachten zur Frage der Zahlungsfähigkeit der U I7 AG bzw. der U F4 GmbH, das bei Anklageerhebung nur in Form eines durch den Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen Gutachtens vorgelegen hatte, nicht eingeholt, sondern Feststellungen zu dem Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG auf der Grundlage einer Vielzahl wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen getroffen.

Als Folge der durchgeführten Hauptverhandlung ist der Angeklagte C wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung (Tat 1) und vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht (Tat 2) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr vier Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Angeklagte Dr. L ist wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung (Tat 1) und vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht (Tat 2) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Aufgrund einer justizbedingten rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von 14 Monaten, zur Durchführung des Verfahrens war - rechtlich unzulässig - anstelle der dauerhaft überlasteten, zuständigen Strafkammer des Landgerichts Bonn eine Hilfsstrafkammer eingerichtet worden, hat die Kammer als Kompensation bei beiden Angeklagten jeweils zwei Monats als vollstreckt betrachtet.

Die Anklageschrift vom 04.02.2013 richtete sich ursprünglich gegen drei Angeklagte, nämlich auch gegen den Gründer der U-Gruppe, ehemaligen Alleinvorstand (bis August 2007) und späteren Aufsichtsrat der U I7 AG (ab September 2007) im Tatzeitraum, K, und hatte insgesamt 246 Taten zum Gegenstand. Hinsichtlich Ks, dessen noch in der Anklageschrift vermutete Beteiligung am Tatgeschehen als faktischer Vorstand sich im Rahmen der Beweiserhebung nicht bestätigt hatte, hat die Kammer das Verfahren im November 2016 gegen Geldauflage eingestellt sowie das Verfahren im Übrigen - unter Berücksichtigung des vorläufigen Ergebnisses der Beweisaufnahme - allein auf die hier ausgeurteilten Tatvorwürfe (im Juni 2016) und Tatzeiträume (im Oktober 2016) beschränkt bzw. bis auf diese eingestellt. Gegen den im Tatzeitraum bis Ende Oktober 2009 für Finanzen zuständigen, weiteren Vorstand B war ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich der hiesigen Tat 1 nicht eingeleitet worden.

B. Feststellungen

I. Persönliche Verhältnisse

1. Angeklagter C

( diverse Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten C )

( weitere Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten C:)

Er absolvierte nach seiner Schulzeit von 19... bis 19... zunächst eine Ausbildung als Maschinenschlosser bei der Firma B5-U10 und arbeitete dort nach erfolgreicher Gesellenprüfung bis 19... Danach wechselte er 19... als Landesbeamter zur C14er Feuerwehr bei der er bis 20... beschäftigt blieb und zuletzt den Rang eines Oberbrandmeisters bekleidete. Zu seinen Aufgabenbereichen gehörte bis 19... insbesondere die Trupp-, Fahrzeug- und Gruppenführung bei Feuerwehr- und Rettungsdiensteinsätzen, wobei er gegen Ende seiner Tätigkeit ausschließlich das Fernmeldewesen betreute.

Ab 19... wechselte er als Unternehmensberater im Bereich Produktmanagement und Personal (Key Account Manager) zu der J AG mit Sitz in C14 (HRB ...# AG D7), die später 20... in G6 N8 AG umfirmierte und deren Geschäftsgegenstand die Vermittlung von Telekommunikations-, Energielieferungs- und Internetverträgen sowie der Handel mit Produkten der Telekommunikationsindustrie war. Seine Aufgabenbereiche umfassten bis zu seinem Ausscheiden 2002 die Produktentwicklung, Unternehmensorganisation, das Personalwesen sowie den Vertrieb von Produkten im Bereich Telekommunikation und Strom. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag auf dem Strommarkt. Im Rahmen seiner Tätigkeit dort kam er in Kontakt mit den späteren Verantwortlichen der G6-Gruppe, einem weiteren großen unabhängigen Stromanbieter auf dem deutschen Markt.

Im November 2002 gründete der Angeklagte die E2 E8 GmbH (im Folgenden: "E2 GmbH") mit Sitz in C14 (HRB ...# AG D7), deren Geschäftsgegenstand der Vertrieb und die Vermittlung von Dienstleistungen im Hinblick auf Verträge im Bereich Strom-, Gas- und Telekommunikation war. C war deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Das Unternehmen war als netzwerkorientiertes Vertriebsunternehmen konzipiert, das getragen von Cs bisherigem beruflichen Werdegang über einschlägige Erfahrungen im Vertrieb von Telekommunikations- und Energieprodukten und deren Ausgestaltung in Form von Produktmerkmalen und Tarifen sowie Provisionsstrukturen und Bedingungen verfügte. Bis zu seinen ersten Berührungspunkten zur späteren U-Gruppe verfügte der Angeklagte so über einschlägige Erfahrung in der Telekommunikationsbranche sowie dem Energiemarkt, insbesondere im Bereich des Marketings und des Vertriebs von hiermit verbundenen Produkten sowie über zahlreiche Kontakte zu entsprechenden Vertriebspartnern und Vertriebsstrukturen. Über diese erworbenen Kenntnisse führte ihn sein beruflicher Werdegang zu den Vorgängerfirmen der später hier relevanten U-Gruppe:

Im Oktober 2003 stieg er als Vertriebsleiter bei der früheren U GmbH mit Sitz in U4, die zu dieser Zeit noch ausschließlich als Telekommunikationsdienstleister in Form eines Resellers am Markt operierte, ein. Hier kam es auch zu ersten persönlichen Kontakten mit dem ehemaligen Mitangeklagten K. In diesem Zusammenhang schloss er unter dem 02.06.2005 für die E2 GmbH mit der U GmbH einen Vertriebskoordinatorenvertrag, nach dem er über seine bestehenden Kontakte Produkte der U GmbH über Vertriebspartner und -strukturen an Endkunden vermitteln und hierzu neue Vertriebspartner akquirieren sollte. Für jeden der U-Gruppe durch die angeworbenen Vertriebspartner zugeführten Bestandskunden erhielt C eine sog. monatliche Overheadprovision von 1% der kalendermonatlichen tatsächlichen Nettoumsätze der akquirierten Kunden.

Bereits Ende 2004 hatte der Angeklagte daneben an der Gründung der D4 Verbraucherservice GmbH & Co. KG in Q2 (HRA ... AG Q2) mitgewirkt. Persönlicher haftender Gesellschafter war zunächst die D4 Verbraucherservice Verwaltungs GmbH mit Sitz in Q2 (HRB ...# AG Q2), deren Geschäftsführer H5 und C waren. Im Verlauf des Jahres 2006 wurde zunächst die GmbH und Mitte 2006 auch die KG aufgelöst. Ab Januar 2006 bezog C über die E2 GmbH gemäß Beratervertrag zwischen dieser und der U GmbH, vertreten durch den ehemaligen Mitangeklagten K ein monatliches Pauschalhonorar in Höhe von 5.000 € zzgl. MwSt. und anfallender Reisekosten. Zu dieser Zeit beliefen sich seine zusätzlichen Bezüge aus den vertraglich garantierten Overheadprovisionen auf über 7.500 € brutto.

Durch seine Tätigkeit als Vertriebsleiter der U GmbH band sich der Angeklagte immer tiefer in die Strukturen der Vorläufer der U-Gruppe ein. In dieser Zeit lernte er auch den Angeklagten Dr. L kennen, der mit seinen Unternehmen für die U GmbH beratend tätig war. Sein gutes Verhältnis zu dem damaligem Vorstand der U I7 AG, dem ehemaligen Mitangeklagten K, führte schließlich dazu, dass er bereits 2006 Geschäftsführer der neu gegründeten U F4 GmbH wurde und schließlich im September 2007 anstelle Ks in den Vorstand der U I7 AG aufstieg.

Als Folge wurde mit Wirkung zum 31.08.2007 der bis hierhin bestehende Vertriebskoordinatorenvertrag der E2 GmbH mit der U GmbH unter Zahlung einer Abfindung von 10.000 € im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben. Weiter verlegte der Angeklagte im November 2007 den Sitz seiner E2 GmbH von C14 nach U4 unter Änderung des Firmennamens zu der zur U-Gruppe gehörenden U N8 GmbH. Ab 2007 war der persönliche Werdegang Cs eng mit der Firmenhistorie der U-Gruppe und der damit verwobenen hiesigen Tatgeschehen verbunden, weshalb die weitere Darstellung im weiteren Verlauf erfolgen wird. Ab August 2008 bis November 2010 war C bei der Firma U7 Technology I7 AG in A3, T4, bei der K Verwaltungsrat war, als deren Direktor tätig und bezog hierfür ein Bruttogehalt von 2.500 CHF monatlich. Daneben erhielt er als Firmenwagen einen N14 $$$ ... im Wert von 60.000 CHF zur Verfügung gestellt. Zudem erhielt C aufgrund der Vereinbarung vom 10.02.2009 zwischen der U7 Technology I7 AG, vertreten durch K, und ihm selbst mit Wirkung zum 31.12.2008 100.000 Inhaberaktien der U I7 AG als Sammelzertifikat.

( diverse Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten C)

( weitere Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten C)

Nach seinem Ausscheiden bei der U-Gruppe hat er seit der Anklageerhebung Anfang 2013 lediglich ein kurzes Anstellungsverhältnis als Produktmanager bei der U11 GmbH ausgeübt. Darüber hinaus bezieht der Angeklagte durchgängig eine beamtenrechtliche Pension aus seiner Tätigkeit als Landesbeamter der C14er Feuerwehr, bei der er 2002 in den Ruhestand versetzt wurde, die sich nach Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen auf ca. 1.170 € netto beläuft und von der er einen Abschlag von 500 € an seine Lebensgefährtin für Miete, Strom, Telefon, u.a. leistet. Im Übrigen lebt der Angeklagte seit 2011 auch von seinen Ersparnissen, die mittlerweile aufgezehrt sind. Die ihm zuvor gehörende Eigentumswohnung in C14 (B10 3, ...# C14) hat der Angeklagte als Folge der Tat veräußern müssen.

Neben dem hiesigen Strafverfahren wurde und wird der Angeklagte insgesamt in einigen Zivilverfahren persönlich in Anspruch genommen, aus denen er sich Verbindlichkeiten im vier- bis unteren fünfstelligen Bereich entgegen sieht. Als Folge der Insolvenz wurde C zudem, gesamtschuldnerisch mit Dr. L, in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht C11 auf Rückzahlung von insgesamt 1,5 Mio. € an die U N8 GmbH in Anspruch genommen. In dem Verfahren wird zurzeit ein Sachverständigengutachten zum Vorliegen von Insolvenzgründen eingeholt, dessen Erstellung sich aber aufgrund der schwierigen Datenlage auf unbestimmte Zeit verzögert hat.

Nennenswerte Erkrankungen oder Gebrechen sind bei dem Angeklagten nicht bekannt geworden. Er ist Nichtraucher und konsumiert keine Drogen, Alkohol nur gelegentlich zu gesellschaftlichen Anlässen.

Der Angeklagte C ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

2. Angeklagter Dr. L

(diverse Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten Dr. L)

( weitere Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten Dr. L)

Im Anschluss leistete er seinen Grundwehrdienst als Sanitätssoldat ab und begann zum Wintersemester 1983 an der Universität L10 ein Studium der Physik mit dem Nebenfach Informatik, welches er 1990 mit dem Abschluss "Diplom-Physiker" beendete. Von 1990 bis 1993 promovierte er an der Universität L10. Studium und Promotion schloss er jeweils mit der Note "sehr gut" ab. Während seines Studiums hatte Dr. L eine Nebentätigkeit in einer Schneiderei und war studentische Hilfskraft und später wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Experimentalphysik. Während des Promotionsstudiums arbeitete er dort auch als Assistent.

Im Anschluss an sein Promotionsstudium arbeitete der Angeklagte zunächst als leitender Berater für ein Tochterunternehmen des S2-Konzerns, die Firma M11 International. Bei diesem Unternehmen handelte es sich um eine lngenieursgesellschaft, die über die M11 lnformationstechnik GmbH Beratungsleistungen im technischwissenschaftlichen Bereich erbrachte. Der Aufgabenbereich des Angeklagten bestand insbesondere darin, das Mobilfunkunternehmen F8 technisch bei der Funkplanung und dem Aufbau deren Netzes und der Standorte in den Betriebsregionen L10, E6, E9 und E10 zu unterstützen.

Im Jahr 1995 wechselte Dr. L in die Telekommunikationssparte des ehemaligen W-Konzerns, der heutigen F AG. Für deren Tochterunternehmen W8 war der Angeklagte als Bereichsleiter für die strategische Planung, Entwicklung und Konsolidierung des Produktportfolios im Rahmen der neuen Technologien zuständig. Nach der Fusionierung der W8 mit dem Telekommunikationsunternehmen P2 GmbH des S2-Konzerns übernahm Dr. L zusätzlich die strategische Anschlussplanung für Festnetztelefonanschlüsse. Da sich der damalige W-Konzern 1997 an dem französischen Telekommunikationsunternehmen U5 S.A. beteiligt hatte, arbeitete Dr. L von 1997 bis 1999 für das Unternehmen wiederum als Bereichsleiter in Q3, um dort die Voraussetzungen für die Kundenbetreuung zu schaffen und ein Kundenmanagement aufzubauen. Nach seiner Rückkehr aus Q3 war der Angeklagte zunächst bis 1999 in E6 als Leiter der Strategieentwicklung für die Telekommunikationsaktivitäten der W AG tätig.

Schließlich entschloss sich der Angeklagte Ende 1999, sich nunmehr mit einem technischen Beratungsunternehmen selbstständig zu machen. Zusammen mit seinem Studienfreund Dr. K3 und einer G9 gründete er hierzu einige Unternehmen, mit denen er in der Folgezeit am Markt operierte. So gründeten die Geschäftspartner die G4 D5 GmbH mit Sitz in L10, eine Beratungsgesellschaft für technische Unternehmensberatung für Telekommunikationsunternehmen, deren Geschäftsführung K3 und Dr. L gemeinsam wahrnahmen. Parallel hierzu gründeten die Geschäftspartner die G4 N9 GmbH (AG L10, HRB ...#) und die G4 Information GmbH (AG L10, HRB ...#) ebenfalls mit Sitz in L10, die auch Beratungsleistungen in diesem Segment zum Unternehmensgegenstand hatten. Bei der G4 D5 GmbH und der G4 Information GmbH waren der Angeklagte und Dr. K3 jeweils zu 47%, G9 zu 6% Anteilsinhaber. Die G4 N9 GmbH war im Wesentlichen G9 zugehörig, wobei Dr. K3 und der Angeklagte jeweils geringe Anteile selbst besaßen.

2001 gründete Dr. L dann - wiederum zusammen mit Geschäftspartnern - die G4 T15 AG zunächst mit Sitz in N13, dann ab 2003 mit Sitz in L10 (AG L10, HRB ...#), deren Vorstand er auch ab dieser Zeit war. Unternehmensgegenstand war u.a. der Betrieb von Billinglösungen von Kunden anderer Unternehmen zum Zwecke der Rechnungserstellung und weiterer IT-Systeme. Parallel gründeten die Geschäftspartner zudem Ende 2001 die G4 Mobility GmbH (AG L10, HRB ...#), die als Unternehmensgegenstand die Beratung und das Management von Fuhrparks von Unternehmen auswies, sowie die G4 Recruiting GmbH (AG L10, HRB ...#), die die Beratung im Personalbereich abdecken sollte. Beide Unternehmen hatten ihren Sitz in L10, bei beiden Unternehmen war Dr. L Mitgeschäftsführer. 2003 firmierte die G4 Recruiting GmbH in G4 Business GmbH um.

Im Oktober 2003 übernahm der Angeklagte den Geschäftsführerposten bei der im März 2003 gegründeten E11 GmbH mit Sitz in N10 von C15. Geschäftszweck der Gesellschaft war die Erbringung von Dienstleistungen im Informatikbereich und verwandten Gebieten, die Softwareentwicklung und -betreuung. In diesem Zusammenhang hatte Dr. L über C15 erste Kontakte zu K und den Vorgängerfirmen der U-Gruppe, woraus sich im Verlauf Beratungsmandate ergaben.

Ende 2003 kam es dann zum Zerwürfnis zwischen dem Angeklagten und Dr. K3. Im Zuge dessen kam es zur Kündigung notwendiger Gesellschafterdarlehen für die gemeinsamen Unternehmungen mit der Folge, dass diese in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten. Der Angeklagte ließ sich hierzu juristisch beraten und stellte dann in den ersten Monaten 2004 für die G4 D5 GmbH, die G4 Business GmbH, die G4 Mobility GmbH und die G4 Information GmbH Insolvenzantrag. In der Folgezeit wurde über die Vermögen dieser Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet. Aus anderen Gründen geriet zudem die E11 GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten mit der Folge, dass auch über diese Anfang 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im Nachgang hierzu führten die Insolvenzverfahren letztendlich aus unterschiedlichen Gründen sukzessive zur Löschung der Gesellschaften aus dem jeweiligen Handelsregister. Die G4 N9 GmbH verlegte ihren Sitz im Juli 2005 nach E6 (AG E6, HRB ...#) und firmierte dort ab Juni 2006 als J5 mbH, die aber maßgeblich allein von G9 gesteuert wurde.

Weiterhin bestehen blieb die G4 T15 AG, für die der Angeklagte durchgängig weiter Beratungsleistungen erbrachte. Über diese Gesellschaft erbrachte Dr. L so zunächst ab Juli 2005 gegen ein pauschales monatliches Honorar von 7.200 € nebst 16 Prozent MwSt. Beratungsleistungen im Bereich des zentralen Produktmanagements im Geschäftsfeld der Telekommunikation für die U GmbH. In dieser Zeit kam es auch zu ersten Kontakten mit dem Angeklagten C, der zu dieser Zeit Vertriebsleiter der Gesellschaft war und ein gutes Verhältnis zu K pflegte.

In der Folgezeit kam es zu weiteren Beratungsmandaten mit der U I7 AG, in deren Sogwirkung der Angeklagte immer mehr in die internen Geschäftsabläufe der U-Gruppe integriert wurde. Infolgedessen veränderte sich zunächst ab 2006 der Unternehmensgegenstand der G4 T15 AG hin zu der Erbringung von Dienstleistungen als Systemhaus für Informationstechnik und Telekommunikation sowohl im Sinne einer Beratung als auch deren Umsetzung. Schließlich firmierte die Gesellschaft 2007 in G4 AG um und konzentrierte sich auf die Unternehmensberatung für technologische und wirtschaftliche Fragestellungen. Gleichzeitig erfolgte eine Sitzverlegung nach U4 (AG T14, HRB ...) hin zu dem Geschäftssitz der U-Gruppe. Ab 2007 war der persönliche Werdegang Dr. Ls eng mit der Firmenhistorie der U-Gruppe und dem damit verwobenen hiesigen Tatgeschehen verbunden, weshalb die weitere Darstellung im Verlauf erfolgen wird.

(diverse Angeaben zum Lebenslauf des Angeklagten Dr. L)

(weitere Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten Dr. L)

Ende 2009 verlegte die G4 AG ihren Sitz nach T22 in die Nähe der Wohnanschrift des Angeklagten (AG X9, HRB ...#). Dieser trat im November 2012 von seinem Amt als Vorstand der G4 AG zurück, nur um im Mai 2013 wiederum das Vorstandsamt zu bekleiden. Für dieses Unternehmen ist der Angeklagte bis heute tätig. Das Unternehmen berät klein- und mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe bei der Optimierung technischer Prozesse, beispielsweise bei der Einsparung von Energie. Ab 2011 erzielte er mit der G4 AG nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Unternehmen der U-Gruppe nur noch geringe, unregelmäßige Umsätze, die auch Folge des gegen ihn angestrengten hiesigen Ermittlungsverfahren waren und mit denen er seinen Lebensunterhalt nur schwerlich bestreiten konnte.

Seit 2015 war Dr. L nach eigenen Angaben freiberuflich als technischer Berater tätig. Allerdings war seine Auftragslage aufgrund des laufenden Strafverfahrens schlecht, so dass er teilweise kostenlos arbeitete, um überhaupt im Geschäft bleiben zu können. Durchschnittlich erzielt er nach eigenen Angaben Einnahmen in Höhe von ca. 500 € (brutto). Seine Ehefrau ist wieder berufstätig und erzielt ein kleines eigenes Einkommen. Beide Eheleute leben gemeinsam im Haus des Schwiegervaters des Angeklagten in T22 in bescheidenen Verhältnissen. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie vornehmlich aus den Ersparnissen der Ehefrau, weil die Ersparnisse des Angeklagten bereits aufgebraucht wurden. Dr. L gab am 06.03.2014 unter dem Az. DR II .../... die eidesstattliche Versicherung bei dem Amtsgericht T22 ab. Als Folge des Strafverfahrens hat der Angeklagte die Darlehensraten einer ihm gehörenden, zur Vermietung verwendeten Immobilie nicht mehr bedienen könne, wodurch diese in 2015 zwangsversteigert werden musste.

Neben dem hiesigen Strafverfahren wurde und wird der Angeklagte insgesamt in über 600 Zivilverfahren persönlich in Anspruch genommen, wovon bis Ende 2016 über 300 rechtskräftig zur Entscheidung gelangt waren. Von den über 230 noch laufenden Verfahren in erster und zweiter Instanz, sind ca. 170 bis zum Ausgang des hiesigen Strafverfahrens ausgesetzt, die verbleibenden weiteren Verfahren waren in erster Instanz nicht weiter gefördert worden. Die durchschnittliche Klageforderung belief sich auf ca. 1.000 €, so dass es für den Angeklagten mit den jeweiligen Verfahrenskosten um Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 2.000 € pro Verfahren ging. Insgesamt resultierten daraus aus 95 Verfahren, die rechtskräftig gegen Dr. L entschieden wurden, inklusive Verfahrenskosten Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 180.000 €, die der Angeklagte Dr. L nicht bedienen kann und die im Rahmen einer potenziell möglichen Privatinsolvenz als Forderungen aus unerlaubter Handlung keine Berücksichtigung finden können. Darüber hinaus wird Dr. L, gesamtschuldnerisch mit dem Angeklagten C, in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht C11 auf Rückzahlung von insgesamt 1,5 Mio. € an die U N8 GmbH in Anspruch genommen. In dem Verfahren wird zurzeit ein Sachverständigengutachten zum Vorliegen von Insolvenzgründen eingeholt, dessen Erstellung sich aber aufgrund der schwierigen Datenlage auf unbestimmte Zeit verzögert hat.

Als Folge der medialen Presseberichterstattung hatte der Angeklagte am ersten Weihnachtsfeiertag 2015 unangemeldet an seiner Privatadresse "Besuch" erhalten und wurde von einem Unbekannten massiv beschimpft. Darüber hinaus hatte er erstmals 2012/2013 einen Briefumschlag mit Fäkalinhalten bekommen, der ihn und seine Familie sehr beunruhigt hatte. Auch in der Folgezeit erhielt er vereinzelt ähnliche Post übersandt, die er aber abfangen und zumindest von seiner Familie fernhalten konnte.

Nennenswerte Erkrankungen oder Gebrechen sind bei Dr. L nicht bekannt geworden. Der Angeklagte ist Nichtraucher. Er konsumiert keine Drogen, Alkohol nur gelegentlich zu gesellschaftlichen Anlässen.

Er ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

II. Allgemeines zu der Tat

Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist die Unternehmensgeschichte des damals größten unabhängigen Stromanbieters, der U-Gruppe ab 2009, deren Geschicke unter der Dachgesellschaft U I7 AG (N7straße #, ...# U4 - HRB ... - AG T14), bei der im Tatzeitraum und darüber hinaus der Angeklagte C Vorstandsvorsitzender und Dr. L Mitglied des Vorstands waren, geleitet wurden und für die die jeweiligen Verantwortlichen der wesentlichen Gruppengesellschaften im Juni 2011 jeweils Eigeninsolvenzantrag stellten und über die ab September 2011 jeweils das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bis Ende 2008 verlief die Entstehungsgeschichte der U-Gruppe wie folgt:

1. Gründung der U-Gruppe (bis 2005)

a) Der ehemalige Mitangeklagte K

Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer K, der als Mitangeklagter bis zur endgültigen Verfahrenseinstellung Ende 2016 Beteiligter des hiesigen Verfahren gewesen war, war der Gründungsvater der U-Gruppe und ab deren Entstehung in 2005 bis jedenfalls Mitte 2010 zunächst operativ und dann im Aufsichtsrat und als Gesellschafter in deren Entwicklung maßgeblich eingebunden. K nahm insbesondere aufgrund seiner charismatischen und redegewandten Wesensart und seines fundierten Wissens in gesellschaftsrechtlicher, steuerlicher und wirtschaftlicher Hinsicht eine tragende Rolle für die spätere U-Gruppe ein, so dass dessen berufliche Erfahrungen und geschäftlichen Kontakte elementar für die unternehmerische Aufstellung der Gruppe sein sollten.

(1) T11 Finanz-Gruppe (bis 1998)

Vor Gründung der U-Gruppe übte K Ende der 80er-Jahre seine Tätigkeit als Steuerberater über die X3 mbH (im Folgenden: "X3 GmbH") mit Sitz in M15, deren Alleingesellschafter und -geschäftsführer er war, aus. Seine beruflichen Schwerpunkte lagen zunächst bei der Steuerberatung mittelständischer Unternehmen, der Durchführung von Jahresabschluss- und Sonderprüfungen sowie der Beratung von Unternehmen bei Umwandlungen, Verschmelzungen und M&A-Geschäften, während er mit Beginn der 90er-Jahre seinen Fokus mehr in Richtung der Unternehmensberatung richtete. Auf dieser Basis beschäftigte sich K in den folgenden Jahren beruflich mit dem Aufbau und der Expansion der T11 Finanz-Gruppe in M15, in die auch die X3 GmbH eingebunden war. Die Vorgänge um den Aufstieg und Zusammenbruch dieser Firmengruppe im Jahr 1998 waren Gegenstand eines Strafverfahrens vor dem Landgericht N15 (Az. ... KLs ...# Js ...#/...), in dem K am 16.03.2007 wegen Untreue in 176 Fällen sowie wegen Gläubigerbegünstigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war. Dem dortigen Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Aufbauend auf der X3 GmbH errichtete K ab Beginn der 90er-Jahre - unter Einbindung der später vor dem Landgericht N15 mitverurteilten L5 und B3 - ein umfassendes Firmengeflecht, über dem als Dachgesellschaft mit Holdingfunktion die T11 Finanz AG mit Sitz in M15 stand. B3 und L5 bekleideten in dem Firmengeflecht auf Betreiben Ks bei unterschiedlichen Gesellschaften Positionen als Geschäftsführer und Vorstände, wobei die faktische Leitungstätigkeit jeweils weiterhin von K ausgeübt wurde. Ab Anfang der 90er-Jahre hatte K über seine so gesteuerten Gesellschaften insgesamt fünf kleiner Immobilienfonds mit einem Fondvolumen von ca. 3 Mio. DM als Steuersparmodell entwickelt und erfolgreich abgeschlossen. Schließlich kam er aufgrund seines anfänglichen Erfolgs und des Zuspruchs seiner Mandanten auf die Idee, sich nunmehr an ein breiteres - über seinen Mandantenstamm hinausgehendes - Publikum zu wenden und brachte unter dem Dach der T11 Finanz AG über deren Tochtergesellschaften von ihm entwickelte und konzipierte geschlossene Immobilienfonds auf den Kapitalanlagemarkt. Nach gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen durch K lag zu dieser Zeit formal die gesamte Geschäftsführung in den Händen L5s, tatsächlich beherrschte jedoch K die gesamte Firmengruppe, obwohl er bei keiner der maßgeblichen Gesellschaften als Geschäftsführer oder Vorstand eingetragen war. Lediglich bei der T11 Finanz AG war K Mitglied des Aufsichtsrats.

In seinem Urteil vom 16.03.2007 führte das Landgericht N15 hierzu aus:

"Es herrschte unter den drei Angeklagten Einvernehmen darüber, dass die Entwicklung und Konzeption der Fonds, deren rechtliche Konstruktion, die inhaltliche Ausgestaltung der Prospekte sowie der Vertrieb allein Sache des Angeklagten K war. Die Angeklagten B3 und L5 verfügten weder über das erforderliche Wissen noch über die bei K vorhandene Motivation, das Kapitalanlagegeschäft voranzutreiben. Beide waren jedoch bereit, die Vorgaben des Angeklagten K zu erfüllen und sich seinen Weisungen unterzuordnen. Trotz der entgegenstehenden formalen Gesellschafts- und Geschäftsführungsverhältnisse stand K unangefochten an der Spitze der T11 Finanz-Gruppe. Dies beruhte zum einen auf seiner charismatischen und redegewandten Wesensart und seinem fundierten Wissen in gesellschaftsrechtlicher, steuerlicher und wirtschaftlicher Hinsicht, mit dem er den Angeklagten B3 und L5 überlegen war. Zum anderen hatte der Angeklagte K die Fähigkeit, seine Visionen von einer erfolgreichen Kapitalanlagegesellschaft überzeugend darzulegen, er scheute selbst keine Arbeit und Mühen, um seinen Plan in die Tat umzusetzen: So arbeitete er unermüdlich und in hohem Tempo an der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung, Finanzierung und dem Vertrieb der Fonds, suchte nach geeigneten Immobilien und entwarf Prospekte. Mit diesem überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz erwarb er die stille Bewunderung und das Vertrauen der Angeklagten B3 und L5 sowie der übrigen Mitarbeiter der T11 Finanz-Gruppe. An seiner Kompetenz zweifelte niemand, so dass die Angeklagten B3 und L5, die die Organisation und die Strukturen der Fondskonzepte nicht durchschauten, es aus Nachlässigkeit versäumten, sich einen eigenen Einblick zu verschaffen."

Zur Firmengruppe gehörten noch zahlreiche weitere Gesellschaften; die Geschäftsräume aller Gesellschaften befanden sich in einem Bürogebäude in M15 unter einem Dach vereint, die Geschäfte entwickelten sich wie folgt weiter:

Die Geschäftsidee Ks entwickelte sich indes nicht erwartungsgemäß. Im Gegensatz zu den ersten fünf Fonds hatten die folgenden Fonds (ab Fonds Nr. 6) als sog. Publikumsfonds ein deutlich größeres Investitionsvolumen und eine breit gefächerte Anlegerschaft. Kapitalanleger waren Privatpersonen, die den Kaufpreis für die Beteiligung an Grundstücksgesellschaften an die X3 GmbH als "neutralen Treuhänder" zahlten, womit B3 und K die Verwaltung der Gelder vornahmen. Im Laufe der Zeit ließ der Vertriebserfolg der Immobilienfonds (Fonds Nr. 6 bis Fonds Nr. 21) nach. Das Interesse der Anleger an dieser Art von Kapitalanlage schwand; die Vertriebszeiten verlängerten sich. Hinzu kamen zahlreiche Fehleinschätzungen zur Marktlage der Objekte, zu Allgemeinkosten und Problemen mit den hohen Vorfinanzierungskosten. Ab 1996 befand sich die Firmengruppe deshalb in einer Liquiditätskrise, die sich zunehmend verschärfte. Im März 1996 waren alle Kreditlimits der Geschäftskonten ausgeschöpft, schließlich kam es bei Fond Nr. 11 erstmals zu Baustillständen, was bei Anlegern zu Irritationen und zur Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der bisherigen Hausbank führte. Ab 1997 manifestierten sich die Liquiditätsschwierigkeiten auch in Vollstreckungsversuchen zahlreicher Gläubiger. Ab Sommer 1997 hatte K die Idee, den Ausweg aus der Situation unter Intensivierung der Vertriebsbemühungen zu suchen. Jedenfalls ab September 1997 war in der Firmengruppe auf Veranlassung des Ks ein System implementiert, mit dem man versuchte, die Unternehmen trotz erheblicher Liquiditätsschwierigkeiten am Leben zu erhalten.

In seinem Urteil vom 16.03.2007 führte das Landgericht N15 hierzu aus:

"K hatte während der Abwesenheit L5s begonnen, die dringendsten Verbindlichkeiten der Gesellschaften in einer Excel-Tabelle aufzulisten. Diese Tabelle wurde täglich neu gestaltet, wobei für den jeweiligen Listenplatz nicht die Fälligkeit der Verbindlichkeiten ausschlaggebend war, sondern die subjektive Dringlichkeit, die durch K willkürlich bestimmt wurde. Nach dieser willkürlichen Aufstellung gab K täglich Zahlungsanweisungen an die Mitarbeiterinnen im Büro, die die Zahlungen weisungsgemäß anhand der sog. Liquiditätspläne ausführten. Auf diese Weise war es K gelungen, trotz erheblicher Liquiditätslücken das Alltagsgeschäft aufrecht zu erhalten und die Gläubiger der T11 Finanz-Gruppe einigermaßen ruhig zu stellen, so dass es zu keinem Konkursantrag durch Gläubiger kam. L5 blieb zunächst nichts anderes übrig, als das von K installierte und im Alltag längst praktizierte System der täglichen Liquiditätspläne fortzuführen. Ab September 1997 übernahm er es, an der Zusammenstellung der Listen mitzuwirken und den Mitarbeiterinnen täglich die Reihenfolge der kleineren Zahlungen vorzugeben. Bei größeren Beträgen hielt L5 nach wie vor Rücksprache mit K und entschied mit diesem gemeinsam, an welcher Stelle der Liste die Verbindlichkeit zu platzieren sein würde. Das System verzögerte jedoch nur den Zusammenbruch der T11 Finanz-Gruppe um einige Monate."

Vor diesem Hintergrund wies K - gebilligt durch B3 und später auch L5 - ab etwa Mitte 1996 die zuständigen Mitarbeiter der X3 GmbH an, die eingehenden Anlegergelder fortan direkt - ohne den Umweg über die Konten der Fondsgesellschaften - an die T11 Finanz-Gruppe zu überweisen. Die Fondsgesellschaften und ihre Gesellschafter verloren damit - entgegen der Vorgaben des jeweiligen Fondprospekts und der getroffenen Treuhandabrede - den Zugriff auf die Anlegergelder und die Einflussnahme auf eine zweckbestimmte Verwendung. K, B3 und L5 missbrauchten das auf den Treuhandkonten einbezahlte Guthaben der Fondsgesellschaften dadurch, dass sie von den Konten der X3 GmbH Gelder für andere Fonds oder für die Allgemeinkosten der T11 Finanz-Gruppe zur Erhaltung deren Liquidität überwiesen. In seinem Urteil vom 16.03.2007 führte das Landgericht N15 hierzu aus:

"Der wirtschaftliche Zusammenbruch der T11 Finanz-Gruppe war damit zwar vorprogrammiert, konnte jedoch durch die Querfinanzierung verzögert werden. Im Laufe der Zeit entwickelte sich diese Vorgehensweise zum Schneeballsystem: Die für die Querfinanzierung nötige Beschaffung von Anlegergeldern durch Auflage immer neuer Fonds bedeutete für die T11 Finanz-Gruppe umgekehrt auch einen stetig wachsenden Liquiditätsbedarf. Dieser konnte mangels anderer Quellen nur durch die Zuführung immer neuer Anlegergelder gedeckt werden. So brachte die T23 GmbH insgesamt 21 Fonds auf den Markt, bis sie schließlich im Herbst 1998 endgültig zusammenbrach."

Über die Vermögen der Unternehmen der T11 Finanz-Gruppe wurde Ende 1998 das Konkursverfahren eröffnet. Durch die treuwidrige Querfinanzierung im Rahmen der Firmengruppe wurden insbesondere zahlreiche Anleger der Fondsgesellschaften im Zeitraum von Mitte 1996 bis September 1998 erheblich geschädigt. So wurden aus dem Fond Nr. 12 in 41 Fällen insgesamt über 3,9 Mio. DM, aus dem Fond Nr. 15 in 13 Fällen 898.483,90 DM sowie aus dem Fond Nr. 20 in 122 Fällen 5.189.243,40 DM treuwidrige Überweisungen vorgenommen.

Neben seiner Tätigkeit für die T11 Finanz-Gruppe hatte K versucht, die sich durch die Wiedervereinigung bietende einmalige Chance eines raschen Einstiegs in die Politik für sich zu nutzen. Durch berufliche Verbindungen und persönliche Beziehungen, u.a. zu seinem späteren Mitarbeiter in der T4, B3, gelang es ihm, 1991 zum Landesschatzmeister und Mitglied des Landesvorstands der D6 T24 ernannt zu werden, und diese Ämter jedenfalls bis zu seinem Rücktritt im Juni 1994 zu bekleiden. Hierdurch hatte K zahlreiche Kontakte zu hochrangigen D6-Politikern knüpfen können, die im Verlauf des hiesigen Geschehens noch nützlich werden sollten.

(2) Kanzlei T12 L2 L3

Nachdem die Staatsanwaltschaft N15 1999 wegen der Geschehnisse um den Zusammenbruch der T11 Finanz-Firmengruppe die Ermittlungen u.a. gegen K aufgenommen hatte, die aber erst im Januar 2005 zur Anklage und 2007 zu dem zitierten Urteil des Landgerichts N15 führten, beeinträchtigten die laufenden Ermittlungen K in seinen geschäftlichen Tätigkeiten zunächst nicht und er suchte neue berufliche Herausforderungen. Im Zuge dessen nahm er ab 1999 eine Tätigkeit als angestellter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der Sozietät T12 L2 L3 in M13 auf und konzentrierte sich dort schwerpunktmäßig auf die Prüfung von Banken, Finanzdienstleistungsinstituten, Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften sowie die Vermögensberatung und internationale Steuerberatung mit den Branchenschwerpunkten Finanzwesen, Telekommunikation und Energieversorger. Im Verlauf seiner dortigen Tätigkeit war K auch weiter mit der Entwicklung und der Konzeption von geschlossenen Fonds befasst.

b) Die Entstehung der U-Gruppe (bis 2005)

Die Ursprünge der U-Gruppe gehen vor diesem Hintergrund zurück in das Jahr 2002. Dort hatte K - parallel zu seiner Tätigkeit als selbstständiger Steuerberater für die Kanzlei T12 L2 L3 - den Entschluss gefasst, nunmehr mit eigenen Unternehmen im fortschreitend liberalisierten Telekommunikationsmarkt tätig zu werden. Zu dieser Zeit hatte er - zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt - das spätere Aufsichtsratsmitglied der U I7 AG, den vermögenden T4er Anwalt Dr. B2 T3, in Zusammenhang mit früheren Treuhandgeschäften kennengelernt. K gelang es, diesen und dessen ebenfalls vermögenden Bruder S4 T3 für seine Pläne zu gewinnen. Dr. B2 T3 und K wurden fortan Geschäftspartner in vielen Bereichen. Mit finanzieller Unterstützung der T3s formte er so ab 2002 sukzessive die Vorläufergesellschaften der späteren U-Gruppe, deren geschäftlicher Fokus zunächst allein auf dem Telekommunikationsmarkt lag.

Dafür erwarb er zunächst mit Unterstützung der T3s von der seit Februar 2002 insolventen D3 AG mit Sitz in U4 (HRB ... AG T14), die bereits auf dem Telekommunikationsmarkt operierte, deren Lizenzen und Endkundengeschäft und firmierte im Juni 2002 ein bestehendes Unternehmen zur P3 GmbH (HRB ... AG T14) mit Sitz in U4 um. Deren Geschäftszweck war die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen und die Vermarktung von Telekommunikationsprodukten. Als Geschäftsführer setzte K den Zeugen X5, den Ehemann der Schwester seiner späteren zweiten Ehefrau, ein. In das neue Unternehmen integrierte K die übernommenen Bereiche der D3 AG. Über die D3 AG hatte K zudem die ...# U5 GmbH & Co KG (HRA ... AG T14) mit Sitz in U4 erworben, deren persönlich haftende Gesellschafterin die ...# U5 Verwaltungs- und Beteiligungs GmbH (HRB ... AG T14) war.

Damit waren die Bemühungen Ks zum Einstieg in den Telekommunikationsmarkt aber noch nicht abgeschlossen: Die frühere, in N10 ansässige U-Gruppe ("U20, E21, G20") hatte sich bis 2000 zu einer bundesweit bekannten Marke entwickelt. Da das Unternehmen aber in Zahlungsschwierigkeiten geriet, wurde über dessen Vermögen im Juni 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Zuge dieses Insolvenzverfahrens erwarb K - wiederum mit finanzieller Unterstützung der T4er Investoren - 2002 die U O5 GmbH (HRB ... AG N10). Nach Umfirmierung der P3 GmbH in U GmbH im Juli 2003 wurde die neu erworbene U O5 GmbH mit dieser Gesellschaft durch Vertrag vom 19.11.2004 verschmolzen. In der neu entstandenen U GmbH fand sich so zum Einen das Endkundengeschäft der D3 AG und der U O5 GmbH wieder, zum Anderen hatte K auf diesem Weg die Namensrechte an der Marke "U" erworben, ohne dabei deren direkter Rechtsnachfolger zu werden, die er nunmehr fortan für seine aufstrebende Firmengruppe verwandte.

Zur gleichen Zeit firmierte K eine weitere Vorratsgesellschaft zu der H14 GmbH mit Sitz in U4 (HRB ... AG T14) um, deren Geschäftsgegenstand alle mit der Kundenbetreuung zusammenhängenden Service für Dritte sein sollten. Die Gesellschaft wurde im September 2003 mit der Firma J4 GmbH mit Sitz in N10 (HRB ... AG N10) verschmolzen. Diese Firma war ebenfalls Bestandteil der insolventen früheren U-Gruppe. Deren Knowhow band K in die neu umfirmierte H14 GmbH ein. Deren Geschäftsführerin war ab diesem Zeitpunkt C15, über die der Angeklagte Dr. L erste Kontakte zu K und der U-Gruppe geknüpft hatte, ab Dezember 2003 M7. Im Oktober 2003 firmierte die Gesellschaft in U T21 GmbH um.

Im November 2003 firmierte K eine weitere Vorratsgesellschaft zur U T15 GmbH mit Sitz in U4 (HRB ... AG T14) um, deren Geschäftsgegenstand den IT-Servicebereich für Soft- und Hardware umfasste. Geschäftsführer war hier der gesondert Verfolgte E3. Im Dezember 2003 firmierte K eine bestehende Vorratsgesellschaft in die U I7 AG (HRB ... AG T14) mit Sitz in U4 um. Deren Geschäftszweck war die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere die Wahrnehmung von Holdingaufgaben für Unternehmen (Verwaltungs-, Vertriebs- und Managementaufgaben für das eigene und für andere Unternehmen). Vorstände waren zunächst E3 sowie wiederum M7.

Da der ursprüngliche Erwerb der ...# U5 Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH (HRB ... AG T14), der ...# U5 GmbH & Co. KG (AG T14, HRA ...) und der U GmbH (AG T14, HRB ...) über die T13 Treuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in M13 (HRB ... AG M13 - im Folgenden: "T13 Treuhand GmbH") vollzogen worden war, erwarb die neu gegründete U I7 AG im April 2004 sämtliche Geschäfts- und Kommanditanteile dieser Gesellschaften und übertrug im Gegenzeug an die T13 Treuhand GmbH 11.950.000 Inhaberaktien der U I7 AG zu einem Ausgabebetrag von 11.950.000 €. Hiermit korrespondierend wurde durch Beschluss der Hauptversammlung vom 14.05.2004 das Grundkapital von 50.000 € auf 12 Mio. € angehoben und alle Aktien der Gesellschaft auf Inhaberaktien umgestellt. Ab Mitte 2004 operierte die so geschaffene U-Gruppe mit gemeinsamem Sitz in U4 über die Unternehmen U I7 AG, ...# U5 GmbH & Co. KG, U GmbH, U T15 GmbH und U T21 GmbH auf dem Telekommunikationsmarkt.

c) U als reiner Telekommunikationsanbieter

K hatte so die Grundstruktur der "neuen" U-Gruppe maßgeblich gestaltet, die fortan zunächst allein auf dem Telekommunikationsmarkt als Anbieter für Telekommunikationsdienstleistungen in den Bereichen Festnetz, Mobilfunk und Internet tätig war. Diese Struktur sollte später auch das Grundgerüst für die sich stetig verändernde U-Gruppe bilden. Zentraler Fixpunkt dabei war die U I7 AG mit Sitz in der N7straße # in ...# U4, die als Dachgesellschaft jeweils 100%ige Gesellschafterin der weiteren Gesellschaften der U-Gruppe war. Da die maßgeblichen Investorengelder für den Aufbau der Gruppe von den Gebrüdern T3 stammten, hielten diese über deren Gesellschaft P4 mit Sitz in W7, M12 ca. 2/3 der existierenden Aktienanteile. Zugleich hielt K über die ihm zuzuordnenden Beteiligungsgesellschaften N11 GmbH & Co. KG und S7 Verwaltungs GmbH jeweils mit Sitz in M13 und J6 GmbH + Co. Beteiligungs KG mit Sitz in U4 im Wesentlichen die verbleibenden Anteile. Im Aufsichtsrat der U I7 AG waren neben Dr. B2 T3 ein Dr. A2 aus I8 und G5 aus F5.

Über die U I7 AG erfolgte die Steuerung der gesamten U-Gruppe dahingehend, dass die maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen durch K, der ab März 2005 zu deren alleinigen Vorstand berufen war, getroffen wurden. Daneben waren in der I7 die zentralen Unternehmensbereiche wie Recht, Buchhaltung, Personal, etc. angesiedelt. Zudem erfolgte die Verwaltung und Steuerung der Finanzen der Gesamtgruppe über die Mitarbeiter der Dachgesellschaft. Das operative Geschäft war nicht Geschäftsgegenstand der I7. Die für die Gesamtgruppe zentrale Stellung Ks zementierte sich ab Juli 2005 noch stärker, weil dieser ab diesem Zeitpunkt auch alleiniger Geschäftsführer der U GmbH war. Diese war die zentrale "operative" Einheit der Gruppe, da über sie die Kunden angeworben und die Telekommunikationsdienstleistungen eingekauft bzw. erbracht wurden. Die Kundenverwaltung erfolgte über die Gesellschaften U T21 GmbH und U T15 GmbH.

Zu dieser Zeit entwickelte sich über die enge berufliche und geschäftliche Verbindung in der U GmbH, K war Geschäftsführer und C deren Vertriebsleiter, eine freundschaftliche Beziehung zwischen K und C, die die Grundlage des späteren Tatverlaufs bilden sollte. Cs Aufgabe in der U GmbH, als maßgebliche operative Einheit des Verbunds deren wirtschaftliches "Herzstück", war die Kundenakquise über Vertriebsstrukturen. Hierzu verfügte C über Jahre lange Erfahrung betreffend die Vermittlung von Telekommunikations-, Energielieferungs- und Internetverträgen sowie dem Handel mit Produkten der Telekommunikationssparte aus seiner Vorbeschäftigung bei der J AG und über seine eigene Gesellschaft, die E2 GmbH. Zudem verfügte C über ein breites Netzwerk an Kontakten in Vertriebstrukturen, auf das er für seine Tätigkeit bei der U-Gruppe zurückgreifen konnte. K, der von Cs Fähigkeiten überzeugt und beeindruckt war, wollte sich dieses Knowhow für die Unternehmensgruppe zunutze machen und schloss für die U GmbH im Juni 2005 deshalb mit der E2 GmbH einen Vertriebskoordinatorenvertrag, nach dem C U-Produkte über akquirierte Vertriebspartner und -strukturen an Endkunden vermitteln und hierzu für jeden durch die angeworbenen Vertriebspartner zugeführten Bestandskunden eine monatliche Overheadprovision von 1% der kalendermonatlichen Nettoumsätze der akquirierten Kunden erhalten sollte.

2. Markteinstieg als Stromversorger (2006/2007)

a) Vorbereitungen zur geschäftlichen Neuausrichtung (bis 2006)

Trotz erfolgreich aufgestellter Vertriebsstrukturen entwickelte sich das Telekommunikationsgeschäft nicht wie erhofft, da zum Einen die Gewinnmargen in dem schon weit entwickelten Telekommunikationsmarkt eher gering waren, zum Anderen sich eine Vielzahl von Anbietern dort eine hart umkämpften Wettbewerb lieferten. Konsequenz war, dass sich das reine Telekommunikationsgeschäft jedenfalls ab 2006 als defizitär erwies. Da die U-Gruppe aber nahezu vollumfänglich in diesem Segment tätig war, erkannte K, dass deren unternehmerische Zukunft bei Fortführung der bisherigen Struktur überschaubar bleiben würde. Insofern versuchte er jedenfalls ab Ende 2005 Maßnahmen zu ergreifen, mit Hilfe derer die U-Gruppe das Portfolio der angebotenen Leistungen erweitern und so ein solideres wirtschaftliches Fundament erhalten sollte. In diesem Zusammenhang firmierte K eine bestehende Gesellschaft in U X10 GmbH mit Sitz in X11 um (HRB ...# AG X11), deren Geschäftsgegenstand der Vertrieb und die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere im Bereich des Mobilfunks war, und übernahm zugleich deren Mitgeschäftsführung.

Jedenfalls auch beeinflusst durch Anregungen Cs, der im Rahmen seiner bisherigen Vertriebstätigkeiten neben Telekommunikations- seit jeher auch Strom- und Gasprodukte im Vertriebsportfolio hatte und dessen Schwerpunkt hierbei auf dem Strommarkt lag, erkannte K im Verlauf des Jahres 2006, die sich nach weiter vorangeschrittener Liberalisierung des Energiemarktes bietende unternehmerische Chance, sich als unabhängiger Strom- und Gasanbieter auf dem deutschen Markt zu betätigen und zu etablieren. Entsprechend beschloss er gemeinsam mit C, die Strukturen der U-Gruppe zu verändern und innerhalb des neu formierten Verbunds als weiteres Geschäftsfeld neben der Telekommunikation die Tätigkeit zunächst als Stromversorger auszuüben.

Hintergrund dieser Neuausrichtung war die zwischenzeitlich realisierte, weitere Liberalisierung des Energiemarktes durch Inkrafttreten der Novelle des Energie- und Wirtschaftsgesetzes (im Folgenden: "EnWG") zum 07.07.2005: Bis 1998 bestanden in der Energiewirtschaft sog. Gebietsmonopole, innerhalb derer wenige vertikal integrierte Versorgungsunternehmen in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten in gesetzlich anerkannter Monopolstellung unter staatlicher Aufsicht operierten. Der Anstoß zu der Liberalisierung dieses nationalen Energiemarktes erfolgte auf europäischer Ebene. Dort war eine legislatorische Grundkonzeption zur Verwirklichung eines europäischen, auf Wettbewerb basierenden Energiebinnenmarktes entwickelt worden, deren Fundamente in den EU-Binnenmarktrichtlinien für Elektrizität (96/92/EG) und Erdgas (98/30/EG) niedergelegt wurde. In der Folgezeit setzte der nationale Gesetzgeber 1998 zunächst die EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt mit der Novellierung des EnWG in nationales Recht um, wodurch die Liberalisierung des deutschen Strommarktes mit der Öffnung der diesbezüglichen Märkte ihren Anfang nahm. Fortan konnte jeder Verbraucher frei wählen, wer ihm den benötigten Strom liefern sollte. Zudem durften Stromanbieter - auch standortunabhängig - überregional, ihre Leistungen anbieten.

Nach zunächst positiven Entwicklungen zugunsten der Verbraucher konsolidierte sich der Strommarkt zunehmend dahingehend, dass sich im Wesentlichen vier Großkonzerne, nämlich S2, F, W9 und F9, den deutschen Markt in vier Versorgungsgebieten aufteilten, innerhalb derer sie neben der Produktion und Verteilung nach wie vor auch für die Übertragung des Stroms durch ihre Höchst- und Hochspannungsleitungen in Regelzonen verantwortlich waren. Auch die in 2003 erfolgte Novellierung des EnWG zur Umsetzung der EU-Richtlinie zum Erdgasbinnenmarkt führte zunächst nicht zur avisierten Liberalisierung des Erdgasmarktes und der Aktivierung des Wettbewerbs, da die Grundstrukturen des Marktes u.a. durch langfristige Lieferverträge kurz- bis mittelfristig zunächst kaum Veränderung zuließen. Diese Entwicklungen aufgreifend erfuhren die ursprünglichen EU-Richtlinien in 2003 eine Revision.

Mit den daraus entwickelten Beschleunigungsrichtlinien für Strom (2003/55/EG) und Erdgas (2003/54/EG) verfolgte der europäische Gesetzgeber nunmehr die Absicht, die angestrebte Liberalisierung im Energiebereich weiter voranzutreiben. Anders als zuvor war in den Beschleunigungsrichtlinien der regulierte Netzzugang - im Gegensatz zum bisher möglichen verhandelten Netzzugang - als einzig mögliche Umsetzung europäischen Rechts festgelegt. Die Vorgaben dieser Richtlinien wurden schließlich durch die Novellierung des EnWG im Juli 2005 in nationales Recht umgesetzt. Als Konsequenz wurde ab diesem Zeitpunkt die Kompetenz der früheren Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post mit Sitz in C11 auf den Energiebereich (Strom und Gas) ausgedehnt und die Behörde in "Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen" (im Folgenden: "Bundesnetzagentur") umbenannt. Die neu geschaffene Regulierungsbehörde für die Energiemärkte erhielt umfangreiche Befugnisse zur Gestaltung der deutschen Energiewirtschaft, mit Hilfe derer sie von nun an die rechtlich nahezu vollendete, aber tatsächlich nicht wirksam umgesetzte Liberalisierung des Strommarktes vorantreiben sollte. In der Folgezeit war es so eine Frage der Zeit, bis sich Wettbewerb in den Strommärkten einstellen würde. Hierin lag für neue Unternehmen in dem Marktsegment zugleich auch eine unternehmerische Chance, sich als unabhängiger Energieanbieter wesentliche Marktanteile zu sichern, die K und C in ihrem jeweiligen Wirkungskreis nutzen wollten, wobei beide nicht über einschlägige Erfahrung betreffend die operative Abwicklung von Energiegeschäften verfügten.

In Vorbereitung des geplanten Einstiegs in den Strommarkt als von den marktbeherrschenden Unternehmen unabhängiger Stromversorger gründete K über die U I7 AG unter dem 14.08.2006 die U F4 GmbH mit Sitz in der N7straße # in U4 (HRB ... AG T14), deren Geschäftsgegenstand die Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen, insbesondere die Lieferung von Strom und Gas an Endkunden, sowie der Großhandel mit Strom war. Die U F4 GmbH sollte - analog der U GmbH für Telekommunikationsdienstleistungen - zentrale operative Einheit für den Vertrieb von Strom in der U-Gruppe werden. Zum alleinigen einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer - befreit von den Beschränkungen des § 181 BGB - wurde C bestellt. Die Gesellschaft verfügte zunächst neben C über keine weiteren Mitarbeiter.

Nach Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister am 13.11.2006 meldete C bei der Stadt U4 deren Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen als Gewerbe an, wobei der Beginn der angemeldeten Tätigkeit zum 01.11.2006 angegeben wurde. Sodann zeigte er unter dem 24.11.2006 die Aufnahme der Energiebelieferung bei der Bundesnetzagentur an und erbat die Aufnahme in die aktuelle Liste der Stromversorger. Ab Januar 2007 wurde die U F4 GmbH dort als zugelassenen Stromversorger geführt. Schließlich trafen die U I7 AG, vertreten durch K, und die neue U F4 GmbH, vertreten durch C, am 15.12.2006 eine Vereinbarung über die Übernahme eines Patronats, die die neue Gesellschaft wirtschaftlich und finanziell in die Lage versetzen sollte, die nun notwendigen Anschubkosten aufbringen zu können. Hierin hieß es u. a.:

(2) "Solange U F4 für eine Geschäftstätigkeit als Stromversorgungsunternehmen die erforderliche öffentlichrechtliche Genehmigung besitzt, übernimmt U I7 hiermit unwiderruflich die uneingeschränkte Verpflichtung, auf U F4 in dieser Zeit, in der Weise Einfluss zu nehmen und diese finanziell so auszustatten, dass sie stets in der Lage ist, ihren gegenwärtigen und künftigen Verpflichtungen aus einer Tätigkeit als Stromversorgungsunternehmen umfassend nachzukommen.

(3) Eine ordentliche Kündigung dieser Vereinbarung ist ausgeschlossen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unbenommen. Wichtiger Grund Ist insbesondere der Wegfall der Stellung der U I7 als Mehrheitsgesellschafter der U F4. Eine außerordentliche Kündigung kann nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen."

b) Markteinstieg als unabhängiger Stromversorger

Mit Abschluss der Vorbereitungen nahm die U F4 GmbH ab März 2007 - wie von C und K beabsichtigt - die Tätigkeit als Stromversorgungsunternehmen auf. Dabei bot das Unternehmen Strombezug deutschlandweit an, wobei der geografische Fokus auf Mittel- und Westdeutschland lag. Zielgruppe der Stromtarife waren seit dieser Gründungszeit vornehmlich private Haushalte und gewerbliche Kleinbetriebe. Um in dem neuen Strommarkt schnell Fuß zu fassen, war es schon bei Markteintritt die gemeinsame Vorstellung von C und K mit rasantem Wachstum schnell hohe Kundenzahlen zu generieren, um sich in dem hart umkämpften Wettbewerb um Stromkunden zeitnah als zahlenmäßiges "Schwergewicht" positionieren zu können. In Umsetzung dieser Strategie war es von Beginn an gemeinsames Grundverständnis von C und K, mit sehr preisgünstigen Angeboten und aggressiven Vertriebsstrukturen die Kundengewinnung massiv anzukurbeln.

Zum Markteinstieg bot die U F4 GmbH so, vor allem konzipiert durch den Angeklagten C und jedenfalls gebilligt durch K, für Kunden allein Tarifmodelle mit Festpreistarifen an, die einen festen Arbeits- (in Cent/kWh) und Grundpreis (Jahresgebühr in €) beinhalteten und gezielt extrem niedrige Verkaufspreise vorsahen. Den Kunden offerierte man die Möglichkeit, durch Sonderabschlagszahlungen und vorzeitige quartalsweise oder jährliche Vorauszahlungen, den eingekauften Stromarbeitspreis in Centbeträgen zu reduzieren. Dabei war die Reduktion besonders hoch dann, wenn höhere Sonderabschläge, die quasi zinslose Darlehen zugunsten der U-Gruppe darstellten, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses an den Kunden zurückgezahlt werden mussten und der Höhe nach bis zu 200 € reichten, gezahlt und die jährliche Vorauszahlung gewählt wurde. Darüber hinaus war - unabhängig von der Wahl des Kunden - in diesen "Lockvogel-Tarifen", die bestenfalls - wenn überhaupt - geringfügige Ertragsmargen vorsahen, stets eine bis zu dreijährige Preisgarantie ohne weiteren Aufpreis integriert. Die zur Bedienung der aus Vertragsabschlüssen zu diesen Konditionen entstehenden Verpflichtungen der U F4 GmbH als Stromlieferant notwendigen Strommengen bezog die Gesellschaft auf Grundlage von Rahmenverträgen mit einem großen unabhängigen Energiehändler monatsweise jeweils im Vormonat für den darauf folgenden Monat. Dabei verhandelten die jeweiligen Mitarbeiter der U F4 GmbH jeden Monat mit dem jeweiligen Stromlieferanten neu, wobei sich die Stromeinkaufspreise dann jeweils an dem zu dieser Zeit gültigen Marktpreis orientierten. Bei Überschreitung der im Vormonat gekauften Energiemengen wurden zur Abdeckung von Lieferspitzen im jeweils laufenden Monat auf dem Spotmarkt weitere Kontingente zum dann aktuellen Marktpreis erworben. Absicherungen gegen Preisschwankungen des Stromeinkaufspreises für Strom im Sinne von längerfristigen Lieferverträgen und Termingeschäften erfolgten indes nicht.

Zur Unterstützung bei der technischen Abwicklung der Strombelieferung an die Endkunden arbeitete die U F4 GmbH von Beginn an mit der F6 GmbH mit Sitz in C14 zusammen (HRB ...# AG D7). Schwerpunkt dieses zunächst gruppenexternen Unternehmens war die Versorgung Dritter mit Energie und damit zusammenhängende Dienstleistungen. Entsprechend beauftragte die U F4 GmbH, vertreten durch den Angeklagten C, die F6 GmbH, mittels eines Kooperationsvertrages Dienstleistungen im Rahmen des Kundenwechselprozesses, der Bilanzkreisführung, des Fahrplan- und Vertragsmanagements sowie der damit korrelierenden kreditorischen Rechnungsprüfung zu erbringen.

Zwischenzeitlich hatten C und K für die U F4 GmbH bei dem Hauptzollamt L10 (im Folgenden: "HZA L10") als zuständiger Behörde für die Einziehung der für Stromversorger nach Stromsteuergesetz anfallenden Stromsteuern eine Erlaubnis zur Leistung von Strom beantragt und unter dem 23.04.2007 auch erteilt erhalten. In Ausübung des bestehenden Wahlrechts zwischen monatlicher und jährlicher Steuerklärung wurde für die U F4 GmbH eine monatliche Anmeldung des zu versteuernden Stromvolumens avisiert.

In dieser Zusammensetzung operierte die U-Gruppe im Markt nunmehr ab Mai 2007 als Stromversoger und verkaufte die skizzierten Tarifmodelle an Endkunden zunächst bis August 2007 mit mäßigem Erfolg. Die Angeklagten hatten sich dabei das Ziel gesetzt, im Jahr 2007 zahlenmäßig insgesamt 60.000 bis 80.000 Kunden zu akquirieren und in die Versorgung zu bringen. Zur Abwicklung der operativen Geschäfte hatte K auf Grundlage des zwischen beiden bestehenden gewachsenen Vertrauensverhältnisses C für die U I7 AG eine Generalhandlungsvollmacht erteilt, die diesen zur Durchführung aller Rechtshandlungen bevollmächtigte, die nicht ausdrücklich nur den organschaftlichen Vertretern zugewiesen waren.

c) Umzug Ks in die T4 (Oktober 2007)

Neben der akribischen Arbeit an der Architektur der "neuen" U-Gruppe und Tätigkeiten für die Kanzlei T12 L2 L3 in M13 war das Strafverfahren gegen K hinsichtlich der T11 Finanz-Gruppe in 2007 soweit vorgedrungen, dass im März 2007 das bereits zitierte Urteil des Landgerichts N15 ergangen war und K nunmehr in absehbarer Zeit die Vollstreckung der dortigen Haftstrafe drohte. Entsprechend begann er, sich aus dem operativen Geschäft der U-Gruppe zurückzuziehen und persönlich und beruflich seinen Lebensmittelpunkt aus Deutschland in die T4 zunächst nach A3 (C16 Straße ...#, $$-... A3) zu verlagern. Dort gründete er allein oder zusammen mit seiner Ehefrau I9 K mehrere Gesellschaften in der T4, die vor allem der Verwaltung von Vermögenswerten der Familie K und der Erbringung von Beratungsleistungen durch K selbst dienten: So hatte er bereits vor seinem Umzug zusammen mit seiner Ehefrau die Firma N12 Vermögensverwaltungs AG mit Domizilsitz in P5 bei A3 gegründet. Daneben gründete K (95%) zusammen mit seiner Frau (5%) am 30.10.2007 die N12 D5 GmbH, deren Geschäftsführer zu Anfang K und seine Ehefrau waren. Die Gesellschaft hatte bis April 2011 ihren Sitz an der Privatadresse der Ks in A3. Weiter gründete K am 29.11.2007 die D AG mit Sitz in der C16 Str. ...# in A3 als Treuhandgesellschaft. Verwaltungsrat war K selbst, Direktorin seine Ehefrau. Die D AG war 100%-ige Tochtergesellschaft der N12 Vermögensverwaltungs AG.

Daneben hatte K bereits im Mai 2007 die ihm allein gehörende U International AG ebenfalls mit Sitz in der C16 Straße ...# in A3 gegründet, deren Geschäftszweck der Handel mit Waren aller Art im In- und Ausland sowie mit Strom und Gas und die Vermittlung von solchen Handelsgeschäften. Verwaltungsrat war ab November 2007 allein K, Direktor ab Mai 2008 W6, ein enger Vertrauter Ks. Über die Gesellschaft wickelte K Geldflüsse (Factoring, Darlehen, Schuldverschreibungen, etc.) zu den U-Unternehmen ab. Eine weitergehende Geschäftstätigkeit entfaltete das Unternehmen nicht.

d) Gesellschaftliche Umstrukturierung der U-Gruppe

In der Folgezeit entfaltete K als Ideengeber, unterstützt durch C, Aktivitäten zu einer Umstrukturierung der bisherigen U-Gruppe für das neue schwerpunktmäßige Geschäftsfeld als Energieversorger. Um das frühere, wenn auch zu dieser Zeit bereits defizitäre Telekommunikationsgeschäft zu bündeln, gründete K zunächst über die U I7 AG als Inhaber unter dem 13.08.2007 die U Communications GmbH (HRB ... AG T14) mit Sitz am Gruppensitz in T14. Deren Geschäftsgegenstand sollte die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie die Vermarktung von Telekommunikationsprodukten und damit verbundene Dienstleistungen und Tätigkeiten sein. Als Geschäftsführer wurde zunächst der gesondert Verfolgte E3 und eine weitere Person bestimmt. Ab Oktober 2007 führte E3 das Unternehmen alleine. Die neue U Communications GmbH entfaltete in 2007 zunächst noch keine nennenswerte Geschäftstätigkeit.

Ende August wurde unter Federführung Ks zudem auch die Kerngesellschaft der Gruppe, die U I7 AG, neu formiert: Zunächst wurde unter dem 28.08.2007 durch den Aufsichtsrat, bei dem zwischenzeitlich die früheren Aufsichtsratsmitglieder Dr. A2 und G5 abberufen und stattdessen, der Bruder Dr. B2 T3s, S4 T3, sowie der Angeklagte C als weitere Aufsichtsratsmitglieder neben Dr. B2 T3 berufen worden waren, beschlossen, das Grundkapital der Gesellschaft durch die Ausgabe weiterer Aktien im Nennwert von 1 € je Aktie an den bisherigen Mehrheitsteilhaber, die Dr. B2 T3 zugehörige P4 in M12, von bisher 12 Mio. € auf nunmehr 13,5 Mio. € zu erhöhen. Die Ermächtigung wurde später im November 2007 in das Handelsregister eingetragen.

In Ansehung seiner persönlichen Situation entschloss sich K, seinen ihm freundschaftlich verbundenen Vertrauensmann C, der ohnehin bereits generalbevollmächtigt war und über für K günstige Erfahrung und Kontakte im Vertrieb im für ihn noch neuen Energiebereich verfügte, auch die operative Leitung der U I7 AG zu übertragen. Hierzu überzeugte er die Mehrheitsgesellschafter, die Gebrüder T3, unter Verweis auf seine neue Geschäftstätigkeit in der T4 und die anstehende Verlagerung seines Lebensmittelpunktes dorthin, C nunmehr als Vorstand der U I7 AG zu berufen. Entsprechend zog sich K aus seiner bis dahin operativ steuernden Rolle als Alleinvorstand zurück und tauschte mit C die Ämter. In Ausführung dieses Wechsels wurde durch Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung vom 29.08.2007 K für C in den Aufsichtsrat berufen, dessen Vorsitzender nunmehr S4 T3 war. Gleichsam bestellte der Aufsichtsrat - unter Abberufung Ks als Vorstand der Gesellschaft - den Angeklagten C mit Wirkung vom 03.09.2007 zum alleinigen Vorstand der U I7 AG, wobei ihm ausdrücklich die Befugnis zustand, im Namen der Gesellschaft mit sich als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Diese Änderung wurde zum 12.09.2007 in das Handelsregister eingetragen.

Da der Fokus des neuen Stromanbieters aus der Sicht von C und K vor allem auf der schnellen Kundengewinnung lag, sollten die dafür notwendigen Marketingbemühungen in einer neuen, der U-Gruppe nicht direkt zugehörigen Gesellschaft konzentriert werden. Zu diesem Zweck erwarb Dr. B2 T3 über dessen in M12 ansässige Gesellschaft U8 Establishment von C sämtliche Anteile an dessen Unternehmen E2 GmbH, die bislang bereits - von C als Geschäftsführer gesteuert - als externer Vertriebskoordinator für Geschäfte im Telekommunikationsbereich gedient hatte. Geschäftsführer blieb weiterhin C als deren Alleingeschäftsführer. Die neuen Inhaber firmierten die Gesellschaft in U N8 GmbH um und verlegten den Sitz der Firma an den Gruppensitz in U4 (HRB ... AG T14). Im Nachgang hierzu wurde im Herbst 2007 das Stammkapital von 25.000 € auf 200.000 € erhöht. Geschäftsgegenstand des neu entstandenen Unternehmens war der Vertrieb und die Vermittlung von Dienstleistungen verschiedener Art, insbesondere Strom-, Gas- und Telekommunikationsverträge sowie Handelsvertretung. Darüber hinaus sollte die Gesellschaft auch im eigenen Namen und auf eigene Rechnung solche Verträge abschließen können und insoweit die Tätigkeit als Telekommunikationsdienstleistungs- und Energieversorgungsunternehmen wahrnehmen. Hintergrund der Gestaltung der U N8 GmbH als rechtlich eigenständiges, formell nicht unter der Dachgesellschaft U I7 AG firmierendes Unternehmen war es, die Kundengewinnungskosten für Stromkunden wertmäßig über den generierten Kundenwert bilanziell innerhalb der maßgeblichen Unternehmen der U-Gruppe, so bei der U F4 GmbH, aktivieren zu können.

Ebenfalls bereits Ende August 2007 wurde - begleitet durch K als jedenfalls zu dieser Zeit noch Geschäftsführer der U GmbH - ein notarieller Verschmelzungsvertrag zwischen den jeweils Verantwortlichen geschlossen, nach welchem die aus Gründungszeiten stammenden, auf Telekommunikation ausgerichteten Unternehmen, die U GmbH, die ...# U5 Verwaltungs- und Beteiligungs GmbH und die ...# U5 GmbH & Co. KG auf die neu gegründete U Communications GmbH als übernehmendes Unternehmens verschmolzen werden sollten, um das Telekommunikationsgeschäft insgesamt in dieser zu bündeln. Die Zustimmungen der übertragenden Gesellschaften wurden aber nur teilweise sofort erteilt, so dass die angelegte Verschmelzung erst zum 29.12.2008 Wirkung entfalten konnte.

Schließlich gründete C unter dem 05.09.2007 die U Gasversorgungs GmbH (HRB ...# AG T14) als Tochterunternehmen der U I7 AG und die U O3 GmbH als Tochterunternehmen der U N8 GmbH (HRB ... AG T14) jeweils mit Sitz in U4 am Gruppensitz. Deren Alleingeschäftsführer, ausgestattet mit der Befugnis im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, war jeweils C. Geschäftsgegenstand der U Gasversorgungs GmbH war die Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen, insbesondere im Rahmen der Belieferung von Gas an Endkunden sowie die Belieferung mit anderen Energieträgern wie z.B. Strom, auch der Handel mit Gas und Strom. Da die U-Gruppe zu dieser Zeit noch keine Gastarife anbot, blieb die neu gegründete Gesellschaft zunächst inaktiv. Geschäftsgegenstand der U O3 GmbH war die Vermittlung von Produkten und Dienstleistungsverträgen verschiedenster Art zur Versorgung von Haushalten, insbesondere Telekommunikationsdienstleistungs- und Energieversorgungsverträgen. Dabei sollten über die U O3 GmbH alle Direktmarketingleistungen der U-Gruppe laufen, um Neukunden zu akquirieren. Für den Vertrieb beauftragte die U O3 GmbH freiberufliche Vertragspartner, deren Provisionen sie wiederum selbst aufbrachte und im Gegenzug, für die Bereitstellung der Kunden an die U N8 GmbH einen Festbetrag von bis zu 65 € pro Kunde erhielt.

Mit der U I7 AG als Dachgesellschaft war im Herbst 2007 die U-Gruppe so aufgestellt, dass über die U F4 GmbH das Stromgeschäft, über die (noch inaktive) U Gasversorgungs GmbH später das Gasgeschäft und über die U Communications GmbH / U GmbH das bisherige - wenngleich defizitäre - Telekommunikationsgeschäft operativ abgewickelt wurde. Dabei fungierte die U T21 GmbH als zentrale Kundenbetreuungseinheit, bei der die Kundengelder eingingen. Über die U N8 GmbH, die im Alleineigentum Dr. B2 T3s stand, wurden der Vertrieb und das Marketing der Gruppe abgewickelt. Jedenfalls ab Herbst 2007 war C - im Einvernehmen mit dem ehemaligen Mitangeklagten K - zur zentralen operativen Figur der Gruppe als Alleinvorstand der U I7 AG und Alleingeschäftsführer der U F4 GmbH und der U N8 GmbH aufgestiegen, wohingegen K als Gründer und Strukturgeber der Gruppe - vornehmlich bedingt durch die ihm drohende Strafvollstreckung und die Verlegung seines Wohnsitzes in die T4 - als Aufsichtsrat der U I7 AG in den Hintergrund getreten war. Gruppenweit verfügte die U-Gruppe zu dieser Zeit über ca. 90 Mitarbeiter.

e) C2 M3 als Hauptsponsor

In den ersten Monaten als Stromversorger operierte die U-Gruppe in dem für sie neuen Markt zunächst mit mäßigem Erfolg. Zum Einen war das Strompreisniveau zu dieser Zeit - der reine Stromeinkaufspreis lag bis Oktober 2007 zwischen 50 und 60 € pro MWh - noch auf moderatem Niveau, so dass der Wechseldruck der Verbraucher gering blieb. Auf der anderen Seite bewegte sich die U-Gruppe als unbekannter Anbieter auf einem weitestgehend neuen Markt in einem für die Kunden unsicheren Umfeld, das eine Wechselbereitschaft der Endkunden nicht förderte. Daran anknüpfend hatte K zwischenzeitlich gegen Ende seiner Amtszeit als Vorstand der U I7 AG im Sommer 2007 Bemühungen unternommen, mittels eines renommierten Sponsors die Attraktivität der U-Gruppe für Endkunden gezielt zu steigern. Hierzu hatte K mit dem damaligen Geschäftsführer der C2 M3 Fußball GmbH, dem Zeugen I5, mit dem K persönlich bekannt war, Verhandlungen geführt. Schließlich gelang es K unter dem 02.08.2007, über die U I7 AG mit der C2 M3 Fußball GmbH einen Hauptsponsorvertrag abzuschließen, durch welchen die U-Gruppe offizieller Hauptsponsor des Fußball-Bundesligavereins C2 M3 für die Zeit vom 01.08.2007 bis 30.06.2010 wurde. Hierfür hatte die U I7 AG im ersten Jahr - neben ereignisbezogenen Leistungsprämien - einen Basisbetrag von zunächst 5,5 Mio. €, im zweiten Jahr 5,885 Mio. € und im letzten Jahr 6.296.950 €, zu zahlen in jeweils zwei Raten zum 01.07. und 15.01. des jeweiligen Vertragsjahres, zu erbringen. Gemäß Abschnitt VI des Vertrages sollte die Schuldnerin berechtigt sein, ihre aus dem Vertrag resultierenden Rechte und Pflichten unter dort näher dargelegten Voraussetzungen auf die Gesellschaften U F4 GmbH, U Communications GmbH oder U N8 GmbH zu übertragen, wobei die Schuldnerin im Übertragungsfall weiter unmittelbar für die Erfüllung der Pflichten aus dem Vertrag verantwortlich bleiben sollte. Daneben war es K auch gelungen, die extrem erfolgreichen Biathleten C12 und S3 als Werbeträger für die U-Gruppe zu gewinnen.

Die sich in die bereits bei Markteintritt bestehende Gesamtstrategie von K und C einfügende Gewinnung des neuen Hauptsponsors mit hohem Bekanntheitsgrad erwies sich als ertragreicher Katalysator für das Stromgeschäft. Ab September 2007 gelang es der U-Gruppe immer besser, neue Kunden zu gewinnen. Die neue Entwicklung wurde zudem auch dadurch befördert, dass der Strompreis ab November 2007 rasant anstieg. So betrug der Einkaufspreis ab November 2007 bereits zwischen 75 und 85 € pro MWh, was die Wechselwilligkeit der Kunden aufgrund des damit steigenden Bezugspreises zunehmend anspornte. In diesem so begünstigten Marktumfeld begann für die U-Gruppe, die gezielt mit aggressiven "Lockvogel"-Tarifen mit extrem geringer Marge und langfristigen Preisgarantien für Neukunden auf dem Markt operierte, eine rasante Entwicklung, an deren Ende diese als in Bezug auf den Kundenbestand größter unabhängiger Energieanbieter Deutschlands stehen sollte. Vor diesem Hintergrund kurbelten C und K den Vertrieb über die neu gegründeten Gesellschaften U N8 GmbH und U O3 GmbH massiv an. In diesem Zusammenhang hatte C am 02.11.2007 auch bei der Stadt U4 für die U N8 GmbH ein Gewerbe zur Geschäftsaufnahme zum 03.09.2007 angemeldet und am 13.12.2007 die Gesellschaft als Stromversorger bei der Bundesnetzagentur angezeigt.

f) Die U-Gruppe Ende des Jahres 2007

Zwischenzeitlich hatte die U I7 AG im Oktober 2007 die U9 GmbH mit Sitz in Q2 (HRB ...# AG Q2) sowie deren Verwaltungsgesellschaft, die U9 Verwaltungs GmbH mit Sitz in Q2 (HRB ...# AG Q2), erworben. Das Unternehmen war ein bundesweit tätiger kleiner Mobilfunkanbieter, der noch bis Ende 2007 über eine Vertriebskooperation mit T-Mobile verfügte und geringe Erträge abwarf. Als Geschäftsführer der neu erworbenen Gesellschaften wurde jeweils der Angeklagte Dr. L eingesetzt. Dr. L, der bislang über seine G4-Gesellschaften für die U-Gruppe nur extern auf Beraterbasis tätig geworden war, trat hier erstmals in einer führenden Position in einer der Gruppe zugehörigen Gesellschaft in Erscheinung. Zum Einen hatte er den dafür notwendigen telekommunikations- und technikbezogenen beruflichen Hintergrund, zum Anderen kannte er durch seine bisherigen Tätigkeiten auch bereits Teile der Gruppenstruktur.

Jedenfalls ab November 2007 hatte K sämtliche Vorstands- und Geschäftsführerposten bei Gesellschaften der U-Gruppe aufgegeben und seinen persönlichen und beruflichen Lebensmittelpunkt nach A3 in die T4 verlagert. Er widmete sich dort zunehmend anderen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Sozietät T12 L2 L3 in M13 und der im Aufbau befindlichen U7-Gruppe in der T4. Allerdings waren die gesellschaftsrechtlichen und unternehmerischen Grundlagen geschaffen, auf denen die Gruppe auf dem nun mehr boomenden Wechselmarkt im Stromsektor unter der operativen Führung Cs aufbauen konnte. Der Angeklagte Dr. L trat nun erstmals in einer führenden unternehmensintern Position in Erscheinung und sollte fortan mit immer weiteren Aufgaben betraut werden.

Bis Ende 2007 war es der U-Gruppe so gelungen, über 83.000 versorgte Endkunden zu verzeichnen und hieraus Umsatzerlöse in Höhe von über 12 Mio. € zu erzielen. Bedingt durch die beschriebene wechselfördernde Gemengelage kam es ab November 2007 zu einem Ansturm wechselwilliger Kunden, auf den die U-Gruppe weder eingestellt noch deren betriebsinterne Strukturen dafür vorbereitet und ausgelegt waren. Binnen nur drei Monaten gingen über 300.000 neue Anträge potenzieller Neukunden ein, die in der Folgezeit in die Versorgung genommen werden sollten. Ab dem Zeitpunkt der Auftragsstellung durch die Kunden befanden sich die Verträge bis zum Versorgungsbeginn im Umstellungsprozess (sog. Backlog), der durchschnittlich zwischen zwei und drei Monaten andauerte. Eine Umstellung der Kunden konnte nur dann erfolgen, wenn die Wechselbedingungen jeweils erfüllt waren. Insofern waren faktisch sichere Neukunden nur diejenigen, die nach Ablauf des Backlogs tatsächlich in die Versorgung gingen. Tariflich war der weit überwiegende Teil akquirierter Kunden jedenfalls bis August 2008 an den seit Geschäftsbeginn verwendeten Tarifen mit Vorkassemodellen und Sonderabschlagszahlungen sowie aufpreislos eingeschlossener Preisgarantie von bis zu drei Jahren orientiert. Die so angeschobene, prosperierende unternehmerische Entwicklung hatte für die U-Gruppe insgesamt zwei Seiten:

Einerseits spülte sie - bedingt durch die Vorauszahlungen und Sonderabschläge - hohe Geldsummen in das Unternehmen und schaffte überdurchschnittliches unternehmerisches Wachstum und Erfolg. Andererseits führten die sehr gering kalkulierten Rohmargen dazu, dass bedingt durch die strukturell hohen Kosten für Vertriebsprovisionen und Sponsoring - allein das Engagement mit C2 M3 belief sich für das erste Jahr ab August 2007 auf über 5,5 Mio. € - bereits Ende 2007 erste Defizite bei der U F4 GmbH als "Herzstück" der nunmehr neu formierten U-Gruppe ergaben. Zudem waren nun weite Teile des neu akquirierten Kundenbestands mit Preisgarantien bis Ende 2010 / Anfang 2011 versehen, die unternehmensseitige Preisanpassungen an veränderte, steigende Strompreise - wenn überhaupt - nur restriktiv zuließen. Da im Rahmen des für die Versorgung notwendigen Stromeinkaufs Preissicherungsinstrumente nicht genutzt wurden, war die wirtschaftliche Situation der U F4 GmbH und damit letztlich der ganzen U-Gruppe zukünftig stark von der Entwicklung des Strompreises abhängig. Diese Folge der hochgradig riskanten, von dem Angeklagten C gesteuerten und dem ehemaligen Mitangeklagten K zumindest bekannten und als Aufsichtsrat gebilligten Tarif- und Einkaufspolitik wurde zudem dadurch intensiviert, dass es zur damaligen Zeit keine bundeseinheitliche Tarifstruktur im Strombereich gab und die Endkunden daher - vor allem über die großen Vergleichsportale im Internet (W2, D2, etc.) - gezielt die U-Tarife in den regionalen Bereichen kauften, innerhalb derer die regionalen Preise höher lagen. Insofern war die U-Gruppe bereits ab deren Gründungsjahr mit strukturellen Risiken belastet, bei deren Realisierung, vor allem durch ansteigende Stromeinkaufspreise, immense finanzielle Verpflichtungen entstehen konnten. Doch zunächst ritt die U-Gruppe weiter auf der Welle des Erfolges.

3. Markteinstieg als unabhängiger Gasversorger (2008)

a) Entwicklung des Kundenbestands bis Mitte 2008

Bis Ende März 2008 hatte die U-Gruppe binnen eines Quartals die Zahl der versorgten Stromendkunden von 83.000 auf 304.000 gesteigert. In dieser massiven Wachstumsphase im Frühjahr 2008 gelangten die unternehmensinternen Arbeitsabläufe vermehrt an ihre Funktionsgrenzen. Entsprechend versuchten sämtliche Verantwortliche, die Buchhaltungssysteme und die personellen Besetzungen der einzelnen Abteilungen und Unternehmen zeitnah zu erweitern bzw. aufzustocken, um der immensen Nachfrage von wechselwilligen Kunden gerecht werden zu können. Zwar wurden dadurch gezielt neue Mitarbeiter in der Kundenbetreuung bei der U T21 GmbH sowie in anderen Bereichen eingestellt. Über Buchhaltungssysteme, die Kundenstrukturen und Überweisungsläufe in den nunmehr anfallenden Dimensionen verlässlich abwickeln konnten, verfügten die ausführenden Unternehmen U F4 GmbH und U T21 GmbH sowie die U-Gruppe als Gesamtes nicht. Dies führte bereits ab Frühjahr 2008 durchgehend zu regelmäßigen Problemen und Rückständen in den einzelnen Buchhaltungssegmenten (Debitoren, Kreditoren, etc.), die punktgenaue Liquiditätsanalysen der Finanzlage der U-Gruppe kaum verlässlich zuließen. Ab März 2008 startete die U-Gruppe über ihren Hauptsponsor C2 M3 eine massive Werbekampagne mit W3 als Werbeträger in einem TV-Werbespot ("Wechseln is'n Klax. Mit U!"), die über Printmedien und Internet begleitet wurde. Hierdurch gelang es, bei zunächst gleich bleibenden Strompreisen auf höherem Niveau den Neukundenzugang kontinuierlich hoch zu halten, mit dem Ergebnis, dass Ende Juni 2008 insgesamt bereits ca. 348.000 Stromkunden in Versorgung standen. Einhergehend mit dem rasanten Anstieg des Kundenbestandes stiegen die finanziellen Verpflichtungen der für die Strombeschaffung (Rechtsbeziehungen mit Netzbetreibern, Stromlieferanten und HZA L10 als zuständiger Steuerbehörde) zuständigen U F4 GmbH massiv an. So hatte das HZA L10 qua Bescheid im Januar 2008 für die nach § 3 Stromsteuergesetz mit 20,50 € je MWh zu entrichtende Stromsteuer, orientiert an dem Umsatzvolumen 2007, ab Januar 2008 monatliche Vorauszahlungen für Stromsteuer in Höhe von 1 Mio. € festgesetzt. Daneben waren die Einkaufskosten für den Bezug der für die Versorgung notwendigen Strommengen wachstumsbedingt ebenfalls stark angestiegen. Während für den reinen Stromeinkauf für das gesamte Jahr 2007 Kosten in Höhe von ca. 5,1 Mio. € entstanden waren, beliefen sich allein diese Einkaufskosten für das erste Halbjahr 2008 bereits auf über 43 Mio. €. Einhergehend mit der explodierenden Kundenzahl sah sich die U-Gruppe mit immensen Folgekosten der Belieferung von Endkunden konfrontiert, da die Durchleitung des gekauften Stromes an diese zudem zu entrichtende Netznutzungsentgelte gegenüber den die Netzinfrastruktur bereitstellenden Netzbetreibern und EEG- und Bilanzkreisabrechnungen der Übertragungsnetzbetreiber nach sich zog.

b) Gesellschaftliche Veränderungen bis Mitte 2008

Bereits im Januar 2008 hatten sich C und K entschlossen, für eine verbesserte technische Abwicklung der massiv steigenden Kundenzahlen die bislang hierfür extern beauftragte F6 GmbH mit Sitz in C14 zu erwerben. Entsprechend kaufte die U I7 AG, vertreten durch C, im Januar 2008 die Softwarefirma P GmbH mit Sitz in C14 (HRB ...# AG D7), deren 100%-ige Tochtergesellschaft die F6 GmbH war. Ab diesem Zeitpunkt übernahm die F6 GmbH als Teil der U-Gruppe gegen geringe Servicepauschalen für die U F4 GmbH das Vertrags- und Kundenmanagement im Hinblick auf die Abwicklung des Wechselprozesses für Strom und Gas sowie die dazugehörige Bilanzkreisverwaltung. Deren Geschäftsführer waren zunächst T19 K4 und der gesondert Verfolgte M10, der aber im September 2008 sein Amt niederlegte.

Ergebnislose Rechtsstreitigkeiten mit dem exklusiven Vertragspartner U21 führten 2008 zu einem Existenz bedrohenden, drastischen Umsatzeinbruch bei den erst 2007 zugekauften U9-Gesellschaften, der eine Auflösung des Standortes in Q2 und Personalabbau mit sich brachte. In diesem Zusammenhang wurden der Sitz der U9 Verwaltungs GmbH (HRB ... AG T20) und U9 GmbH (HRB ... AG T20) nach B9 verlegt. Die Gesellschaften, deren Geschäftsmodell von einer Kooperation mit U21 abhängig war, waren ab diesem Zeitpunkt wirtschaftlich nur noch auf die Betreuung und Abwicklung von Bestandskunden ausgerichtet und stellten so fortan sukzessive ihren Betrieb ein.

Daneben führte das immense Wachstum und die damit einhergehende Größe der U-Gruppe, vornehmlich der U F4 GmbH, - für die maßgeblichen Gesellschaften galten binnen kürzester Zeit nach den gesetzlichen Regeln nunmehr die erhöhten Anforderungen einer mittelgroßen bis großen Kapitalgesellschaft nach § 267 HGB - zu einer verstärkten Einbindung des Angeklagten C in dessen Führungsaufgaben. Da C in Personalunion Alleinvorstand der U I7 AG sowie Alleingeschäftsführer der U F4 GmbH sowie der U N8 GmbH war, gab er zu seiner Entlastung seine Führungsaufgaben bei der U N8 GmbH und deren Tochtergesellschaft U O3 GmbH ab März 2008 ab. Geschäftsführer der U N8 GmbH wurde ab dem 03.03.2008 zunächst kurzfristig G3, dann ab Juni 2008 die gesondert Verfolgte O. Geschäftsführer der U O3 GmbH wurde ab dem 04.03.2008 zunächst H15.

Gleichsam banden C und K nun Dr. L weiter in Führungsaufgaben der U-Gruppe ein. Ab 01.05.2008 wurde Dr. L unter Abberufung der bisherigen Geschäftsführerin neuer, alleiniger Geschäftsführer der U T21 GmbH, der als die für die Geschäftsprozesse der Kundenbetreuung steuernden Einheit im Rahmen der Gruppe in der Wachstumsphase eine herausragende Bedeutung zukam. Darüber hinausgehend wurde Dr. L im Mai 2008 und im Juni 2008 zudem - jeweils unter Abberufung des bisherigen Geschäftsführers - alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der U T15 GmbH und der U O3 GmbH. Bis Mitte 2008 war die Mitarbeiterzahl gruppenweit, vor allem im Bereich der Kundenbetreuung und im Vertrieb, auf über 250 Mitarbeiter angestiegen.

c) Markteinstieg als unabhängiger Gasversorger

Ab Juni 2008 erweiterte die U-Gruppe - wie von C und K ursprünglich bereits angedacht - ihren Tätigkeitsbereich um das Geschäftsfeld Gas. Zunächst war das belieferte Versorgungsgebiet jedoch auf drei von vierzehn deutschen Marktgebieten begrenzt, was einer bundesweiten Abdeckung von ca. 21 % entsprach. Anders als ursprünglich geplant, lief das Gasgeschäft anfangs nicht über die U Gasversorgungs GmbH, sondern ebenfalls über die U F4 GmbH. Nach Durchführung der erforderlichen gewerbebezogenen Anzeigen und Anmeldungen wurden ab Juni 2008 Gastarife in gleicher Weise wie die Stromtarife vertrieben, wodurch erste versorgte Gaskunden unter Berücksichtigung des Backlog ab September 2008 beliefert werden konnten.

d) Stromeinkaufspreisentwicklung und Umstellung der Tarifmodelle

Die neuen Gastarifmodelle folgten der ab September 2008 auch im Strombereich veränderten Tarifstrategie, die durch C ab Juni 2008 entwickelt worden war. Hintergrund hierzu war, dass die Einkaufspreise auf dem Strommarkt ab Juni 2008 extrem anstiegen. Die reinen Strombezugskosten für die U F4 GmbH stiegen allein von Mai auf Juni 2008 von ca. 76 €/MWh auf ca. 90 €/MWh, in der Folgezeit blieb der Stromeinkaufspreis bis Dezember 2008 zwischen 90 €/MWh und 95 €/MWh, mit Ausschlägen im September und Oktober 2008 auf bis zu 100 €/MWh. Als Folge stiegen die Bezugskosten für Strom massiv an, währenddessen die Einnahmen aus den Verträgen mit den Bestandskunden an niedrigeren, noch über Jahre garantierten Preisen orientiert waren. Dadurch schmolz die vorhandene Liquidität in der U-Gruppe, deren Ertragslage fast ausschließlich an den Erfolg im Stromgeschäft gekoppelt war, insgesamt - trotz sprudelnder Einnahmen - massiv ab. Insofern realisierte sich bereits ab Juni 2008 das strukturell vorhandene und von C und K von Anfang an bewusst eingegangene Preisrisiko der riskant gewählten Tarifmodelle ohne Absicherung des Strombezugs.

Die sich so im Juni abzeichnende, schlechte Einkaufssituation veranlasste C in Abkehr von den bisherigen langfristigen Preisgarantiemodellen mit Festpreisen neue Strompreistarife mit Rabattsystemen zu entwickeln bzw. entwickeln zu lassen und diese ab September 2008 als alleinige Grundlage des Vertriebs von Strom und Gas zu machen. Das neue, so bezeichnete Rabattmodell gewährte jedem Kunden auf den Arbeitspreis des regionalen Grundversorgers (dem sog. Referenzarbeitspreis) einen Rabatt, der zwischen 1 ct/kWh und 4 ct/kWh lag. Die Rabatthöhe war abhängig von dem gewählten Zahlungsrhythmus des Kunden (monatlich, vierteljährlich oder jährlich) und der geleisteten Sonderabschlagszahlung. Daher ergaben sich individuelle Tarife in einer Bandbreite, die je nach Höhe des Referenzarbeitspreises des regionalen Grundversorgers und des jeweiligen aktuellen Einkaufspreises mit positiven, aber auch negativen Deckungsbeiträgen ausfallen konnten. Vorteil des neuen Tarifsystems - im Gegensatz zu dem vorher verwendeten Festpreismodell - war, dass die neuen Kundenverträge so bis auf die Höhe des jeweils gewährten Rabatts gegen Schwankungen des Marktpreisniveaus besser abgesichert sein sollten. Dem lag die - freilich nicht zwingende - Annahme zugrunde, dass die Grundversorger ihr jeweiliges Preisniveau bei Marktpreisänderungen zeitnah nach oben und tendenziell eher verhalten nach unten anpassen würden. Darüber hinaus beinhalteten die neuen Tarifmodelle ebenfalls Sonderabschlagszahlungen zwischen 50 € und 200 €, die einmalig durch den Kunden im Voraus zu leisten waren (durchschnittlich zwischen 100 € und € 140 pro Vertrag). Diese wurden als unverzinsliche Kaution vom Kunden bei Vertragsabschluss durch die U T21 GmbH für die U F4 GmbH eingezogen und dem Kunden erst zurücküberwiesen, sobald dieser seinen Vertrag mit der U F4 GmbH gekündigt hatte. Abweichend von der bisherigen Tarifpraxis wurde den Neukunden nunmehr regelmäßig eine nur noch ein Jahr andauernde Preisgarantie zugesichert, die der Kunde jedoch nach Wahl gegen Entrichtung einer Gebühr von 48 € pro weiteres Jahr auf insgesamt bis zu drei Jahre verlängern konnte.

Teil der neuen Tarifstrategie war es zudem, durch entsprechende Vertriebsaktionen die Neukundenakquise vor allem in margenstarke Regionen zu lenken. Darüber hinaus sollten die Altverträge mittel- bis langfristig in das neue Tarifmodell überführt bzw. - unter Beachtung bestehender Sonderkündigungsrechte - vorsichtig an das bestehende Marktpreisniveau herangeführt werden. Die sukzessive Anpassung der nunmehr defizitären Tarife gestaltete sich - sofern sie vertraglich überhaupt vorgesehen war - jedoch als schwierig und riskant, da Preisanpassungen einerseits zu zahlreichen Kündigungen von wechselaffinen Kunden verbunden mit dem Wegfall deren weiterer Vorauszahlungen führen konnten, andererseits damit einhergehend Rückzahlungsansprüche der Kunden aus überzahlten Vorauszahlungen und den erbrachten Sonderabschlagszahlungen entstünden, die die Liquiditätssituation massiv belasten würden. An der bisherigen Stromeinkaufspraxis hielt die U-Gruppe, gesteuert durch den Angeklagten C und gebilligt durch den ehemaligen Mitangeklagten K, jedoch - auch mangels ausreichender Liquidität für Absicherungen - fest.

e) Aktivitäten des ehemaligen Mitangeklagten K

Zwischenzeitlich hatte K zum 03.03.2008 seine Zulassung als Steuerberater in Deutschland zurückgegeben und der Bundesgerichtshof unter dem 20.03.2008 (Az. 1 StR ...#/...) die Revision gegen das Urteil des Landgerichts N15 vom 16.03.2007 als unbegründet verworfen. Entsprechend versuchte die Staatsanwaltschaft N15 - zunächst bis Anfang 2010 erfolglos - im Wege der Auslieferung die nunmehr rechtskräftig ausgeurteilte Freiheitsstrafe gegen K zu vollstrecken.

(1) Die U7-Gruppe

Verbunden mit seinem Umzug in die T4 entwickelte K dort zusammen mit Dr. T3 eine weitere Geschäftsidee: Unter der Dachmarke "U7" (U7) wollte der Angeklagte eine Unternehmensgruppe mit Sitz in der T4 gründen, die im Bereich der Projektentwicklung, der Errichtung und des Betriebs von Umweltprojekten zur Ökostromerzeugung in Ost- und Südeuropa operieren sollte. Idee Ks war es dabei, in den Zielländern Projekte einzuwerben und diese über lokal gegründete Gesellschaften vor Ort erfolgreich abzuschließen und dann - aufgrund der für regenerative Energien gewährten Einspeisevergütungen der Zielländer - günstigen Ökostrom als Betreibergesellschaft zu verkaufen. Mit der finanziellen Unterstützung T3s hatte K so Ende 2007 in A3 an der Adresse C16 Str. ...# bzw. ...# zahlreiche Firmen, die die Struktur dieser neuen U7-Gruppe abbildeten und an denen er jeweils persönlich oder über seine Gesellschaft N12 Vermögensverwaltungs AG zu 30%, Dr. T3 zu 70% beteiligt waren, gegründet:

U7 Technology I7 AG (Dachgesellschaft)

U7 Ecotech AG (Operative Einheit) / Direktor ab September 2008 bis Februar 2010 der ehemalige politische Weggefährte Ks, B3, danach jedenfalls ab August 2010 W6

J7 AG (Beteiligungen) - Direktor war bis Ende 2010 W6

Mit dieser gesellschaftsrechtlichen Struktur nahm die "neue" U7-Gruppe im Verlauf des Jahres 2008 ihre Geschäftstätigkeit auf und warb fortan in den Zielländern vor allem in Osteuropa (Russland und Weißrussland) Umweltprojekte an, für die erhebliche Geldmittel als Investitionsgrundlage benötigt wurden. Erträge wurden jedenfalls bis Ende 2008 zunächst keine generiert.

(2) E7 und T16-Gesellschaften

Während seiner Tätigkeit bei der Kanzlei T12 L2 L3 gründete K zudem mehrere Gesellschaften, die jeweils Teil der Vertriebsstruktur eines Fonds der Fondgesellschaft E7 war. Diese Gesellschaft legte geschlossene Fonds auf, die allein Investitionen im Factoringbereich tätigten und deren alleinige Vertriebs GmbH ihren Sitz in M13 hatte. Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft war dort der gesondert Verfolgte H9, mit dem K befreundet war. In diesem Kontext wurde im Juni 2008 auf Betreiben Ks über die N16 AG mit Sitz in G7 (HRB ...# AG G7), deren Geschäftsführer der ehemalige Verteidiger und Vertraute Ks, Rechtsanwalt T5, war, das Unternehmen T16 T4er Factoring AG mit Sitz in der C16 Str. ...# in A3 ($$-...#.#...#...#-# - HR Kanton A3) gegründet. Geschäftszweck war der Ankauf von Forderungen aller Art auf dem Wege des Factorings sowie deren anschließender Einzug in eigenem Namen und auf eigene Rechnung oder Verkauf der Forderung. Zum Verwaltungsrat ließ der Angeklagte seinen Mitarbeiter F3 bestellen, über den er maßgeblich auf die Gestaltung der Geschäftstätigkeit Einfluss nehmen konnte. Deren Tochtergesellschaft war die bereits im Februar 2008 ebenfalls auf Betreiben Ks gegründete T16 International Ltd. mit Sitz in Q4, N17. Vor diesem Hintergrund war das Geschäftsmodell für die Projektfinanzierung so ausgestaltetet, dass fremde Unternehmen - wie z. B. die U7 Technology I7 AG - den T16-Unternehmen Rückzahlungsansprüche aus Darlehen, die die Darlehensgeberin an ihre Projektgesellschaften ausgereicht hatten, im Wege des Factoring an eines der T16-Unternehmen unter Einbehalt von Factoringgebühren in Höhe von bis zu 2,5% verkauften. Die Refinanzierung erfolgte dann über Einzahlungen aus Mitteln der zu der Struktur der E7 gehörenden N16 AG. In gleicher Weise wurde über die N16 classic 2 GmbH mit Sitz in N13 (HRB ... AG N13), ihrerseits ebenfalls Bestandteil der Struktur eines weiteren Fonds der E7, später im Juli 2009 die T16 Factoring Plus GmbH in der C16 Str. ...# in A3 ($$-...#.#...#...#-# - HR Kanton A3) gegründet, deren Geschäftszweck der Ankauf von Forderungen im Weg des Factorings und deren anschließender Einzug im eigenen Namen und auf eigene Rechnung oder der Verkauf der Forderung war. Verwaltungsrat war auch hier der Mitarbeiter Ks F3.

Bei beiden Gesellschaften trat K weder als Eigentümer auf, noch bekleidete er formal organschaftliche Ämter. Dennoch führte er die Unternehmen faktisch und steuerte deren Geschicke mit Hilfe von Anweisungen an seinen Mitarbeiter, dem Leiter für Finanz- und Rechnungswesen F3, die dieser lediglich ausführte. K hatte F3 im Vorfeld den Posten als Verwaltungsrat und Geschäftsführer der Unternehmen mit der Begründung angetragen, dass dieser T4er Staatsbürger sei und das die Geschäfte vereinfachen solle.

(3) Unternehmensführung durch K

Ausgehend von seinem neuen Lebensmittelpunkt in der C16 Straße ...# in A3 leitete K als firmenintern so bezeichneter "Verwaltungsrat/CEO und CFO der gesamten U7-Group" alle dort ansässigen Unternehmen - formal und/oder faktisch - wie ein Unternehmen als Gesamtgruppe. Hierzu gehörten u.a. die Unternehmen:

U7 Technology I7 AG

U7 Ecotech AG

J7 AG

U International AG

D AG

T16 T4er Factoring AG

T16 Factoring Plus GmbH

Ks Ehefrau war an der Adresse C16 Str. ...# die zentrale Anlaufstelle für Kontakte mit den Unternehmen und zugleich für die gesamte Personalverwaltung zuständig. In dem "OFFICE" in A3 waren die Zuständigkeiten nach Sachgebieten gruppenintern zentral für alle Gesellschaften verteilt. Die von den Ks kontrollierte D AG war dabei die zentrale Verwaltungsgesellschaft, die den anderen Gesellschaften je nach deren konkreten Bedarf monatliche Beträge für bürobezogene Servicedienstleistungen in Rechnung stellte.

f) Erste Verkaufsbemühungen durch K

Neben seinen Aktivitäten in der T4 trug sich K zusammen mit dem Angeklagten C verstärkt mit dem Gedanken, die U-Gruppe kurzfristig an einen potenten Investor zu verkaufen. Aufgrund des - für mögliche Investoren durchaus beeindruckenden - schnellen Wachstums war der Zeitpunkt hierfür im Sommer 2008 extrem günstig. Darüber hinaus hatten auch die Gebrüder T3, die jeweils über 70 Jahre alt waren, das Bedürfnis, sich aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters als Hauptaktionär der U-Gruppe in absehbarer Zeit zurückzuziehen. In diesem Kontext unternahm vor allem K zahlreiche Anstrengungen, um einen potenziellen Verkauf zu forcieren. Insbesondere trat er im Juli 2008 erstmals in Kontakt zu der international tätigen Beratungsgesellschaft M6 AG in G7 (im Folgenden: "M6 AG"), deren geschäftlicher Fokus u.a. den Verkauf von Unternehmen umfasste. In diesem Zusammenhang stellten K und C dem vorgesehenen Projektleiter, dem Zeugen Dr. E, in zwei Gesprächsterminen die Unternehmenssituation vor. Dabei kam die M6 AG zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die bestehenden Strukturen zunächst gefestigt und umgestaltet werden mussten. Weiteres Problem war, dass die Jahresabschlüsse der tragenden Gruppengesellschaften U I7 AG und U F4 GmbH für das Geschäftsjahr 2007 noch nicht erstellt waren. Diese sowie die dann das enorme Wachstum erstmals abbildenden Jahresabschlüsse für das Geschäftsjahr 2008 mit konsolidierten Zahlen sollten abgewartet werden, weil danach jeder seriöse Investor zunächst fragen würde. Entsprechend kam es vorerst zu keiner formellen Mandatierung des Beratungsunternehmens.

Indes unternahm K in der Folgezeit weitere Anstrengungen, einen Unternehmensverkauf doch bereits früher zu realisieren. Über seine politischen Kontakte aus früherer Zeit verfügte K über gute Beziehungen zu einflussreichen Personen im osteuropäischen Raum, insbesondere in Russland. Hierauf aufbauend entwickelte er die - unternehmerisch durchaus visionäre - Idee einer "Energiebrücke" zwischen Deutschland und Russland, mit Hilfe derer durch die U7-Gruppe in der T4 im Wege des Müllrecyclings gewonnene regenerative Energie als Strommix über ein Seekabel direkt von Deutschland nach Russland geleitet werden sollte. Dabei sollten russische Staatsunternehmen eine Beteiligung an der U I7 AG erwerben. K und C konnten die hochrangigen Vertreter potenzieller Investoren aus Russland im Oktober 2008 jedoch nicht zu einem Investment überzeugen. Ähnliche - ebenso erfolglose - Verhandlungen zu einer Beteiligung führte K auf höchster Ebene mit Vertretern des russischen Energieriesen H4.

Trotz seiner vergeblichen Bemühungen nutzte K, der in der U-Gruppe als deren für die Mitarbeiter maßgebliche Gestaltungsfigur und Gründer sowie Aktionär trotz seines Zurücktretens in den Aufsichtsrat eine zentrale Rolle in der Gruppe inne hatte, das durchaus bestehende, grundsätzliche Interesse bekannter, wirtschaftlich potenter Energieunternehmen, um aufkommende Zweifel an der Unternehmensstrategie und der wirtschaftlichen Lage der U-Gruppe zu zerstreuen und zu kaschieren. Beginnend ab Mitte 2008 streute K immer wieder an verschiedenen Stellen gezielt die Information laufender Verhandlungen mit Investoren, vor allem mit H4, ohne im Anschluss über deren erfolglosen oder noch nicht hinreichend konkreten Verlauf zu berichten. Ziel seiner Strategie war es, zum Einen aufkommende finanzielle Probleme mit dem Argument zurückstellen zu können, ein finanziell potenter Investor werde das Unternehmen übernehmen und dadurch werde genug Geld zur Verfügung stehen, um kurzfristige Engpässe zu überwinden. Zum Anderen wertete das Interesse von mächtigen Energiekonzernen die Bedeutung der U-Gruppe für Mitarbeiter und externe Dritte als mögliche Investoren auf und steigerte deren Wert und Reputation.

g) Weitere Vereinbarungen mit C2 M3

Da die Marketing- und Sponsortätigkeiten der U-Gruppe strukturell über die U N8 AG betreut werden sollten, übertrug C im Einvernehmen mit der Geschäftsführerin der U N8 AG, der gesondert Verfolgten O, sowie den Verantwortlichen der C2 M3 Fußball GmbH als Vertragspartner Ende Juni 2008 die aus dem Hauptsponsorvertrag vom 02.08.2007 resultierenden Rechte und Pflichten der U I7 AG mit Wirkung zum 01.07.2008 auf die U N8 GmbH. Ein solcher Wechsel war bereits bei Abschluss des Hauptsponsorvertrages in dessen Abschnitt VI unter den dort näher dargelegten Voraussetzungen angedacht gewesen. Trotz der Übertragung blieb die U I7 AG so unmittelbar für die Erfüllung der Pflichten aus dem Vertrag gesamtschuldnerisch verantwortlich. Weiter schlossen die U N8 GmbH und die C2 M3 Fußball GmbH unter dem 16.08.2008 eine Zusatzvereinbarung zum Hauptsponsorvertrag vom 02.08.2007 zur Ausweitung der Sponsorentätigkeit, durch die die U N8 GmbH für die Saison 2008/2009 und 2009/2010 u.a. für das Sponsoring der Frauenbundesligamannschaft von C2 M3 einen Betrag von 65.000 € pro Saison zahlen sollte. Ansonsten verblieb es bei den bisherigen Vereinbarungen zu dem Sponsoring, das für die U-Gruppe bislang im Hinblick auf die Steigerung des Bekanntheitsgrads extrem erfolgreich verlaufen war.

h) Gesellschaftliche Umstrukturierung ab Juli 2008

Da sich im Zuge der Verkaufsbemühungen der Gruppe und der Erweiterung des Geschäftsfelds Handlungsbedarf bezüglich der Umgestaltung der Unternehmensstruktur ergeben hatte, begannen C und Dr. L, maßgeblich unterstützt und angeleitet durch K, der im Hinblick auf die bestrebten Verkaufsbemühungen den Firmenverbund umgestalten wollte, ab August 2008 - in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat - gesellschaftsrechtliche Veränderungen in der Firmengruppe vorzunehmen: Unter dem 26.08.2008 schloss C, jeweils als deren befreiter Alleingeschäftsführer, zwischen der bisherigen U F4 GmbH und der U Gasversorgungs GmbH einen notariellen Verschmelzungsvertrag, dem die jeweiligen Gesellschafterversammlungen zustimmten, wonach die bisherige U F4 GmbH auf die U Gasversorgungs GmbH übertragen werden sollte. Gleichzeitig firmierte C die U Gasversorgungs GmbH in U F4 GmbH um, die fortan im Rechtsverkehr die bisherige GmbH ablösen sollte.

Da mit der avisierten Verschmelzung die "alte" U F4 GmbH mit Eintragung der Verschmelzung als Gesellschaft erlöschen und in der noch umzufirmierenden U Gasversorgungs GmbH als "neuer" U F4 aufgehen sollte, war für C vor diesem Hintergrund absehbar, dass die am 15.12.2006 getroffene Vereinbarung über die Übernahme eines Patronats durch die U I7 AG für die "alte" Gesellschaft zukünftig leerlaufen würde. Da C wie auch K annahmen, dass das HZA L10 wie auch die Bundesnetzagentur eine solche Patronatserklärung als Sicherheit wiederum für notwendig befinden würden, schloss der jeweils im Handelsregister von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Angeklagte C als zu dieser Zeit Alleinvorstand der U I7 AG und Alleingeschäftsführer der U Gasversorgungs GmbH, deren Umfirmierung in U F4 GmbH notarvertraglich bereits am Tag zuvor durch C selbst beschlossen worden war, am 27.08.2008 eine neue Patronatserklärung, verbunden mit einem Schuldbeitritt der U I7 AG für künftige Verbindlichkeiten. Dabei war von dem Angeklagten C in Unkenntnis der tatsächlichen Rechtslage als Bezeichnung für die U Gasversorgungs GmbH als Vertragspartner der U I7 AG bereits die zukünftige neue Firma "U F4 GmbH" verwendet worden, obwohl die "neue" U F4 GmbH erst mit Eintragung der vertraglich fixierten Verschmelzung am 19.11.2008 in beide Handelsregister und der Eintragung der Umfirmierung am 09.12.2008 als solche existierte. In der Vereinbarung hieß es nunmehr u.a.:

"1. U F4 ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der U I7. Die U F4 ist als Energieversorgungsunternehmen tätig.

2. Die U I7 übernimmt hiermit unwiderruflich die uneingeschränkte Verpflichtung, auf die U F4 in der Weise Einfluss zu nehmen und diese finanziell so auszustatten, dass sie stets in der Lage ist, ihren gegenwärtigen und künftigen Verpflichtungen aus einer Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen umfassend nachzukommen.

3. Für den Fall, dass die U F4 dennoch Ihren vertraglichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Vertragspartnern in der jeweils geltend gemachten Höhe und Weise, gleichgültig aus welchem Grunde, nicht nachkommen sollte, übernimmt die U I7 hiermit die gesamtschuldnerische Verpflichtung, diese als eigene Verbindlichkeit gegenüber den Vertragspartnern der U F4 selbst zu erfüllen

4. Eine ordentliche Kündigung dieser Vereinbarung ist ausgeschlossen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unbenommen, Wichtiger Grund ist insbesondere der Wegfall der Stellung der U I7 als Mehrheitsgesellschafter der U F4. Eine außerordentliche Kündigung kann nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen.

5. Die Patronatserklärung kann ohne Zustimmung der U I7 auf den oder die Rechtsnachfolger der Vertragspartei übertragen werden."

Unter dem 26.08.2008 gründete C weiter die Firma U Gas GmbH mit Sitz in U4 (HRB ...# AG T14), deren Gegenstand die Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen, insbesondere im Rahmen der Belieferung von Gas an Endkunden sowie die Belieferung mit anderen Energieträgern wie z.B. Strom, auch der Handel mit Gas und Strom, sein sollte. Alleingeschäftsführer war wiederum C. Die Gesellschaft blieb zunächst inaktiv.

Noch am gleichen Tag schloss Dr. L jeweils als befreiter Geschäftsführer zwischen der bisherigen U T21 GmbH und der U T15 GmbH einen notariellen Verschmelzungsvertrag, dem die jeweiligen Gesellschafterversammlungen zustimmten, wonach die bisherige U T21 GmbH auf die U T15 GmbH übertragen werden sollte. Gleichzeitig firmierte Dr. L die U T15 GmbH in U T21 GmbH um, die fortan im Rechtsverkehr die bisherige GmbH ablösen sollte. Die Verschmelzung wurde am 23.10.2008, die Umfirmierung am 15.12.2008 in das jeweilige Handelsregister eingetragen. Im Zuge dieser Transaktion erweiterte sich der Unternehmensgegenstand der neuen U T21 GmbH auf alle mit dem Bereich der Kundenbetreuung zusammenhängenden Services für Dritte, insbesondere für Geschäftsprozesse wie Customer Care, Call-Center, Hotlines, Order Processing und Billing, einschließlich der EDV-technischen Abwicklung durch Einsatz, Unterhaltung und Auswertung entsprechender Datenbanken, auch das Factoring von Forderungen.

Zur Beförderung der Vertriebsbemühungen kaufte die U I7 AG, vertreten durch C, zudem im Oktober 2008 die Firma B6 GmbH mit Sitz in T25 (HRB ...# AG D9), deren Geschäftszweck der Betrieb eines Callcenters zur Vermarktung von Dienstleistungen für Versorgungsunternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Strom, Wasser, Gas, Abfall u.a. war. Das bereits bestehende Callcenter sollte aufgestockt und in die Vertriebsstruktur der U-Gruppe integriert werden. Fokus des Callcenters waren sowohl abgehende als auch eingehende Gespräche von und mit Kunden (Beratung von Neukunden und Telemarketing für sämtliche U-Produkte). Geschäftsführer war zunächst der Zeuge H5. Ab dem 22.10.2008, eingetragen zum 22.12.2008, firmierte das Unternehmen unter U E12 GmbH als hundertprozentige Tochtergesellschaft der U I7 AG. Gleichzeitig wurde für H5 der gesondert Verfolgte O4 als deren Geschäftsführer eingesetzt.

Unter Rückgriff auf die bereits bestehende Ermächtigung zur Ausgabe weiterer Aktien hatte C als Alleinvorstand der U I7 AG zudem beschlossen, dass das Grundkapital der Gesellschaft durch Ausgabe weiterer 1,5 Mio. Aktien zum Nennwert von 1 € auf 15 Mio. € erhöht werden sollte, wobei die neuen Aktien einen Ausgabewert von 5 € je Aktie haben sollten (= 7,5 Mio. €).

i) Suche nach einem Finanzvorstand - der Zeuge B

Neben diesen gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen bedurfte es in Ansehung des rasanten Wachstums und der dadurch gestiegenen organisatorischen Bedürfnisse auch personeller Anpassungen an die neue Unternehmenswirklichkeit. Nach dem Rückzug Ks aus dem Vorstand der unternehmenszentralen U I7 AG war der Angeklagte C als Alleinvorstand, der über Expertise und Erfahrungen in Finanzfragen für ein Unternehmen der nunmehrigen Größenordnung nicht verfügte, operativ überfordert und in vielen Dingen auf die Mithilfe Ks als ausgewiesenem Finanzfachmann angewiesen. Darüber hinaus waren die bestehenden Buchhaltungsstrukturen wie auch das Mitarbeiterteam für Aufgaben in der nun anstehenden Größenordnung nicht vorbereitet und bedurften - auch in Ansehung des avisierten Verkaufs des Gesamtunternehmens - einer dringenden Umstrukturierung.

Vor diesem Hintergrund begannen die Verantwortlichen der U I7 AG, der Angeklagte C und vornehmlich K im Aufsichtsrat, ab Juni 2008 eine geeignete Person zur Bekleidung einer Stelle als Finanzvorstand und Chief Financial Officer (CFO) der U-Gruppe zu suchen. K hatte bereits im Jahr 2006 über seinen ehemaligen politischen Weggefährten und Geschäftspartner B3 den Zeugen B kennengelernt und mit diesem ab 2007 im Energiebereich zur Suche von kleineren Investoren zur Einbringung von Fremdkapital für seine T4er Firmen zusammengearbeitet. Da K von Bs Arbeitsweise hierbei beeindruckt gewesen war, trug er B im Herbst 2008 das Amt des Finanzvorstands der U I7 AG an. Zu den Hintergründen der Einstellung führte er gegenüber B - entgegen der tatsächlichen Situation - aus, dass der russische Energieriese H4 als Investor ein starkes Interesse am Kauf der U-Gruppe habe und deshalb ein versierter Kaufmann mit Transaktionserfahrung gesucht werde, der die "Braut" für einen Verkauf entsprechend "aufhübschen" könne. B, dessen berufliche Schwerpunkte seit jeher im Bereich Finanzen, Controlling und Management von Unternehmen allgemein sowie der Unternehmensfinanzierung und im Internationales Finanzmanagement im Besonderen gelegen hatten und der zudem über Erfahrungen sowohl in starken Wachstums- als auch Restrukturierungsphasen bei Unternehmen verfügte, war von diesem Potenzial sofort angetan. Ab Mitte November 2008 trat er so das Amt des Finanzvorstands der U I7 AG faktisch an; seine Bestellung als einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied wurde formal am 22.12.2008 im Handelsregister eingetragen.

4. Die U-Gruppe Ende des Jahres 2008

Bis Ende 2008 war es der U-Gruppe vor diesem Hintergrund gelungen, binnen einen Jahres bei einem Endbestand von über 400.000 versorgten Stromkunden bundesweit über 300.000 versorgte Stromkunden netto hinzuzugewinnen. Daneben befanden sich im neuen Geschäftsfeld Gas bereits über 5.000 Endkunden in der Versorgung. Die U-Gruppe war so - vor allem durch das aggressiv praktizierte Marketing und die erhöhten Vertriebsbemühungen - zum führenden unabhängigen Anbieter von Strom- und Gasdienstleistungen für Haushaltskunden und kleine bis mittlere Unternehmen in Deutschland aufgestiegen.

a) Zusammensetzung der Gruppe

Die U-Gruppe bestand nunmehr im Wesentlichen aus den zwei Hauptgesellschaften, der U I7 AG und der U N8 GmbH, da jedenfalls zum Stichtag 31.12.2008 alle bereits früher vertraglich fixierten Verschmelzungen der U-Gruppenunternehmen nunmehr wirksam abgeschlossen waren:

(1) U I7 AG

Bezüglich der U I7 AG (HRB ... AG T14) waren deren Eigentümer weiterhin jeweils über zumeist im Ausland ansässige Beteiligungsgesellschaften zu 2/3 die Gebrüder T3 und zu 1/3 K. Der Vorstand der Gesellschaft bestand Ende 2008 aus dem Angeklagten C als dessen Vorstandsvorsitzenden und Vorstand für die Bereiche Vertrieb und Marketing sowie dem Zeugen B als Vorstand für die Bereiche Finanzen und Operations. Der Aufsichtsrat bestand aus dem Vorsitzenden S4 T3 sowie den weiteren Mitgliedern Dr. B2 T3 und K, der in Aufsichtsratssitzungen stets Protokoll führte. Da die U-Gruppe maßgeblich durch K gestaltet worden war und deren Entstehung operativ durch ihn lange Zeit selbst in leitender Position begleitet wurde, verfügte K gegenüber den Gebrüdern T3 über ein überlegenes Wissen hinsichtlich der Gruppenstrukturen und persönlichen Kontakten zu den Mitarbeitern. Daneben hatte K zu C ein freundschaftlich geprägtes Vertrauensverhältnis, so dass K durch seine Nähe zum operativen Geschäft und die von C erhaltenen Informationen hierzu eine dominierende, steuernde Rolle im Aufsichtsrat einnahm. Neben C war K im Bereich Sponsoring maßgebliche Ansprechperson für die Hauptgeschäftspartner, hier insbesondere C2 M3, da die Geschäftsbeziehungen aus dessen persönlichen Kontakten herrührten. Trotz seines verbleibenden - teilweise auch operativen - Einflusses auf das Unternehmen war K jedoch aktiv in das operative Geschäft nicht umfassend eingebunden.

Gesellschaftsrechtlich war die U I7 AG als Konzernobergesellschaft der U-Gruppe konzipiert, zu deren Unternehmensgegenstand Verwaltungs-, Vertriebs- und Managementaufgaben für die gesamte Gruppe zählten. Dabei nahm die Gesellschaft mit einer zentralen Buchhaltungs-, Rechts-, Personal- und Controllingabteilung die Funktion der Konzernleitung der U-Gruppe war. Die einzelnen Geschäftsbereiche der Gruppenunternehmen waren dann in unterschiedliche Gesellschaften in der Rechtsform einer GmbH als operative Einheiten ausgegliedert, an denen die U I7 AG jeweils zu 100% beteiligt war. Wesentliche Entscheidungen, die die Ausrichtung der Gesamtgruppe betrafen, wurden allein auf der Ebene der U I7 AG getroffen. Faktisch standen sämtliche Tochtergesellschaften unter einheitlicher Leitung durch die Gesellschaft, teilweise bestanden steuerliche Organschaften mit einzelnen Tochterunternehmen. Die Verwaltung folgte so für die gesamte U-Gruppe zentral am Unternehmenssitz in U4, an dem auch die Firmensitze der wesentlichen operativen Tochterunternehmen U F4 GmbH, U Communications GmbH und U T21 GmbH lagen.

Als Tochtergesellschaften der U I7 AG existierten Ende 2008 mit Wirksamkeit der bereits vertraglich fixierten Verschmelzungen durch deren Eintragung im jeweiligen Handelsregister folgende Unternehmen:

die "neue" U F4 GmbH mit Sitz in U4 (HRB ...# AG T14) als operative Einheit für das Energiegeschäft (Geschäftsführer: C)

die U Communications GmbH mit Sitz in U4 (HRB ... AG T14) als operative Einheit für das Telekommunikationsgeschäft (Geschäftsführer: E3)

die "neue" U T21 GmbH mit Sitz in U4 (HRB ... AG T14) als operative Einheit zur Abwicklung der Kundenbetreuung und der anfallenden Geschäftsprozesse (Geschäftsführer: Dr. L)

die U E12 GmbH mit Sitz in T25 (HRB ...# AG D9) als Einheit zum Betrieb eines Callcenters (Geschäftsführer: O4)

die F6 GmbH mit Sitz in C14 (HRB ...# AG D7) als Einheit zur Abwicklung des Wechselprozesses für Strom und Gas und zur Bilanzkreisverwaltung (Geschäftsführer: T19 K4 / M10)

die U9 GmbH (HRB ... AG T20)/ U9 Verwaltungs GmbH mit Sitz in B9 (HRB ... AG T20) (inaktiv in Abwicklung)

die U Gas GmbH (HRB ...# AG T14) (inaktiv)

(2) U N8 GmbH

Die U N8 GmbH (HRB ... AG T14) war eine von der U I7 AG gesellschaftsrechtlich formal unabhängige Gesellschaft, über die das Marketing, die Sponsoringgeschäfte sowie der Vertrieb der U-Gruppe abgewickelt wurden und deren Geschäftsführerin die gesondert Verfolgte O war. Insbesondere waren so alle Kundengewinnungsbemühungen für Produkte der U-Gruppe insgesamt in dem Unternehmen gebündelt; weder die U I7 AG noch deren Tochtergesellschaften verfügten über nennenswerte eigene, hiervon unabhängige Vertriebsstrukturen. Zur Umsetzung existierten hierfür bis zu 8.000 Dienstleistungsverträge mit unterschiedlichen Vertriebspartnern aus allen Vertriebskanälen, an welche zur Gewinnung von Kunden durch die U N8 GmbH Provisionen ausgekehrt wurden. Die Gesellschaft selbst erzielte ihre Umsatzerlöse aus dem einmaligen Verkauf von akquirierten Belieferungsrechten an produktgebende Unternehmen der U-Gruppe. Technisch gewann die U N8 GmbH als "Vertriebsplattform" hierzu Endkunden im eigenen Namen und schloss mit diesen selbst Belieferungsverträge. Sobald ein Endkunde dann belieferungsfähig war und in die Versorgung aufgenommen werden konnte, veräußerte die U N8 GmbH ihre vertraglichen Rechte aus diesen Belieferungsverträgen gegenüber den Endkunden im Wege der Vertragsübernahme an die jeweils zuständige operative Produktgesellschaft (für Strom und Gas die U F4 GmbH), die dann wiederum den Kunden im Gegenzug mit den entsprechenden Dienstleistungen (hier: die Bereitstellung von Energie) versorgte und über die U T21 GmbH Vorauszahlungen vereinnahmte. Zu diesem Zweck bestand jedenfalls zwischen der U N8 GmbH und der U F4 GmbH bereits ab Anfang 2008 ein Vertrag, nachdem letztere als Kaufpreis für durch Vertragsübernahme übernommene Belieferungsverträge für Energie einen Festpreis von 100 € pro übernommenen Vertrag zu entrichten hatte. Sämtliche Marketing-, Vertriebs- und Sponsoringbemühungen der U N8 GmbH waren auf die U-Gruppe fokussiert, ihr wirtschaftlicher Erfolg damit allein abhängig von dem der Gruppe insgesamt. Darüber hinaus war über das in M12 ansässige Unternehmen U8 Establishment alleiniger Gesellschafter der U N8 GmbH Dr. B2 T3. Insofern war sie vor dem Hintergrund steuerlicher und bilanztechnischer Überlegungen formal als unabhängiges Unternehmen ausgestaltet, faktisch aber Teil der Gesamtstruktur und der Steuerung durch die U I7 AG unterworfen.

Ende 2008 war deren einzige Tochtergesellschaft die U O3 GmbH (HRB ... AG T14), an der die U N8 GmbH 100% der Anteile hielt. Diese schloss bezüglich bestimmter Vertriebswege eigene Vertriebsvereinbarungen mit Vertrieblern und erhielt dafür Provisionszahlungen pro akquirierten Endkunden von 65 €, bei eigenem Provisionsaufwand an die Vertriebspartner von bis zu 50 €. Zudem wurden über die Gesellschaft alle Direktmarketingleistungen der Gruppe abgewickelt.

b) Ertrags- und Liquiditätslage der Gruppe

(1) U F4 GmbH

Ende 2008 konzentrierten sich die Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb innerhalb der Gruppe auf die operativen Einheiten für Strom und Gas (U F4 GmbH) und Telekommunikation (U Communications GmbH). Dabei gingen die hieraus resultierenden Erlöse in Form von Vorauszahlungen bei der U T21 GmbH ein, die die aus den über die U N8 GmbH erworbenen Endkundenverträgen entstehenden Ansprüche hierzu im Wege des Factoring von den operativen Einheiten erwarb und hierzu wiederum einen Kaufpreis (Erlöse abzüglich Factoringgebühr) in regelmäßigen Abschlagszahlungen an die operativen Gesellschaften auskehrte. Insofern kamen neue Einnahmen über die zwischengeschaltete U T21 GmbH innerhalb der Gruppe allein bei der U F4 GmbH und der U Communications GmbH an.

Vor diesem Hintergrund generierte die U F4 GmbH aus Vorauszahlungen der Energiekunden nach eigenen Angaben in 2008 Umsatzerlöse in Höhe von ca. 221,3 Mio. €, in denen ca. 2 Mio. € Umsatz für das Gasgeschäft enthalten waren. Der Anteil der neuen Produktsparte Gas am gesamten Energiegeschäft betrug so nichtmals 1%. Darüber hinausgehende Umsatzerlöse aus anderen Geschäftssparten bei anderen Gruppenunternehmen, insbesondere im Segment Telekommunikation, bewegten sich in einer Größenordnung bis zu 5 Mio. €, so dass die U-Gruppe 2008 insgesamt über 96% ihres Gesamtumsatzes allein im Geschäftsbereich Strom erzielte. Einkunftsseitig stand und fiel der wirtschaftliche Erfolg der Gruppe daher maßgeblich mit dem Erfolg der Stromsparte. Diese Abhängigkeit von der Stromsparte war auch deshalb besonders problematisch, weil im Kundenbestand noch ca. 200.000 nicht kostendeckende Altverträge aus der Boomzeit Anfang 2008 waren (= ca. 50% der versorgten Stromkunden), die festgeschriebene Preisgarantien von bis zu drei Jahren hatten und die bei dem Ende 2008 sprunghaft angestiegenen Stromeinkaufspreis zur Aufzehrung von Liquiditätsreserven geführt hatten. Da der Stromeinkauf weiterhin - wie seit Geschäftsbeginn durch C und K initiiert und aufrechterhalten - konstant ohne Preisabsicherungsinstrumente durchgeführt wurde, war die Gruppe dem Marktrisiko der Strompreisentwicklung voll ausgesetzt.

Den so erzielten Umsatzerlösen im Energiebereich standen für das Geschäftsjahr von der U F4 GmbH erbrachte Aufwendungen für den Energiebezug in Höhe von insgesamt über 240,3 Mio. € gegenüber. Durch die rasant angestiegenen Stromeinkaufspreise in der zweiten Jahreshälfte 2008 waren bereits die reinen Stromeinkaufskosten auf über 110 Mio. € angestiegen. Daneben bedingte die hohe Kundenzahl einen exponentiellen Anstieg bei der zu lieferenden Energiemenge an die Endkunden, die nicht nur eingekauft, sondern für deren Bereitstellung die U F4 GmbH auch Strom- und Gassteuer, Umsatzsteuer, Netznutzungsentgelte sowie EEG- und Bilanzkreisumlagen bereitstellen musste. So hatte die U-Gruppe beispielsweise noch in 2007 lediglich ca. 70.000 MWh Strom bezogen und distribuiert, in 2008 war die Gesamtliefermenge für Strom auf über 1,25 Mio. MWh angewachsen. Insgesamt hatte die U F4 GmbH, der über die zwischengeschaltete U T21 GmbH auch auf Basis des Factoringvertrags die Einnahmen aus dem Energiegeschäft zugeführt wurden, so allein aus diesem Geschäft einen Verlust von ca. 19 Mio. € erwirtschaftet, der sich zuzüglich der sonstigen betrieblichen Ausgaben auf über 46 Mio. € aufsummierte. Insgesamt ergab sich - auf Basis der eigenen Entwürfe der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz für das Geschäftsjahr 2008 und unter Berücksichtigung aller relevanten Posten - ein bilanziell ausgewiesener Jahresfehlbetrag von über 63 Mio. €.

Hierbei war noch nicht berücksichtigt, dass hinsichtlich der zu entrichtenden Stromsteuer Jahresvorauszahlungen auf Basis der Zahlen von 2007 erfolgt waren, die aufgrund des enormen Anstiegs der Kundenzahl in 2008 eine erhebliche Nachzahlung nach sich ziehen mussten. Dabei war C und K bereits Ende 2008 bekannt und bewusst, dass die gezahlten Vorauszahlungen nicht ausreichen würden. Der Angeklagte C, gebilligt durch den ehemaligen Mitangeklagten K, veranlasste hierfür zwar bilanzielle Rückstellungen, faktisch wurden aber Gelder weder vorgehalten, noch im Verlauf des Jahres 2008 Anpassungen der Vorauszahlungen bei dem zuständigen HZA L10 erwirkt. Zudem wurde insbesondere die Verschmelzung der "alten" U F4 GmbH und deren Erlöschen dem HZA L10 nicht angezeigt, obwohl die mittlerweile untergegangene Gesellschaft dort immer noch - wenn auch unter gleicher Firma laufend - als Steuerschuldner der Strom- und Gassteuer geführt wurde. Hintergrund war, dass mit der Meldung der Verschmelzung und des Erlöschens die angefallenen Steuern bis zum Untergang der Gesellschaft seitens der Steuerbehörde sofort fällig gestellt worden wären.

(2) Andere Gruppenunternehmen

Hinsichtlich der weiteren Umsatzerlöse, die bezüglich der Telekommunikationssparte über die U Communications GmbH generiert wurden, standen diesen hierfür erbrachte Aufwendungen von insgesamt über 4,6 Mio. € gegenüber. Insofern ergab sich aus dem Telekommunikationsgeschäft ein Verlust von ca. 470.000 €, der sich zuzüglich weiterer Aufwendungen, Abschreibungen und Personalkosten auf über 5 Mio. € aufsummierte.

Ebenso erzielten - nach eigenen Unternehmensberechnungen - die U T21 GmbH und die U I7 AG, diese ohne etwaige übergeleitete Zahlungsverpflichtungen für die U F4 GmbH, jeweils aus dem Geschäftsbetrieb geringe Verluste von ca. 570.000 € respektive ca. 2,3 Mio. €. Die weiteren operativen Tochtergesellschaften der U I7 AG, die U E12 GmbH sowie die F6 GmbH, waren lediglich Teil der Vertriebsstruktur und generierten als solche keine eigenen nennenswerten Umsätze, sondern erhielten lediglich Bearbeitungsgebühren von den anderen Tochtergesellschaften. Die U9-Gesellschaften befanden sich in Abwicklung, die U Gas GmbH blieb inaktiv.

Die U N8 GmbH erzielte in 2008 Umsatzerlöse durch den Vertrieb in Höhe von ca. 16,5 Mio. € nebst weiteren Erträgen von über 6 Mio. €. Demgegenüber standen u. a. Vertriebsaufwendungen in Höhe von über 9,3 Mio. €, ein Personalaufwand von über 1 Mio. € sowie sonstige Aufwendungen und Zinsen in Höhe von insgesamt über 12 Mio. €. Hieraus resultierte ein Jahresüberschuss nach Steuern von ca. 152.000 €. Deren Tochtergesellschaft, die U O3 GmbH war lediglich Teil der Vertriebsstruktur und generierte keine eigenen nennenswerten Umsätze, sondern speiste ihre Erlöse aus geringen Provisionszahlungen der U N8 GmbH.

c) Ausgangslage der Gruppe für 2009

Mit dem rasanten Kundenwachstum und dem Aufstieg zu Deutschlands führendem unabhängigem Energieanbieter wurde die U-Gruppe in ihrer Außenwirkung wahrgenommen als ein wirtschaftlich extrem erfolgreiches, prosperierendes Start-Up-Unternehmen in der Wachstumsphase, dass den etablierten Energiesektor und dessen statische Strukturen aufzubrechen versuchte. Insbesondere durch das von K initiierte und begleitete Sport-Sponsoring (TV-Werbung "W3", Trikotsponsor Fußball-Bundesligaverein C2 M3, Biathlon "C12" und "S3", usw.) war es der U-Gruppe gelungen, bundesweit einen hohen Bekanntheitsgrad zu erzielen. Dem standen allerdings sehr hohe Sponsoring- und Werbekosten von bis zu 8 Mio. € pro Jahr entgegen, die die angespannte Finanzlage zusätzlich belasteten, aber dennoch dem ursprünglichen Ziel von C und K dienten, möglichst schnell viele Kunden zu gewinnen. Gruppenweit hatte das Wachstum auch dazu geführt, dass nunmehr bis zu 290 Mitarbeiter beschäftigt wurden.

Dagegen gestaltete sich die Liquiditäts- und Ertragslage bereits in 2008 als schwierig, da aus allen Produktsparten aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit insgesamt über 40 Mio. € an Verlusten aufgelaufen waren, die die bestehenden Liquiditätsrerserven aus den üppigen Vorauszahlungen der Boomzeit Anfang 2008 aufgezehrt hatten. Insgesamt gab es Ende 2008 bereits nach unternehmensinternen eigenen Berechnungen erste Liquiditätslücken bei der U F4 GmbH zwischen 15 und 20 Mio. €, denen zukünftig dringend begegnet werden musste. Insbesondere waren aufgrund der klammen finanziellen Lage Strombezugskosten (Netzentgelte, EEG-Kosten, Einkaufskosten sowie Stromsteuervorauszahlungen) vor allem im letzten Quartal 2008 nicht zu den Fälligkeitsterminen gezahlt und die Begleichung der diesbezüglichen Forderungen bis über mehrere Wochen hinausgezögert worden, was K und C auch bekannt war. Aus deren Sicht sollte zur Deckung der Liquiditätslücke zum Einen das Vorauszahlungsvolumen beim Stromeinkauf nachhaltig verringert werden, da bislang durch die U F4 GmbH Vorauszahlungen hierfür in Höhe von jeweils einer vollen Monatslieferung geleistet werden mussten. Zum Anderen sollte die bereits genehmigte Kapitalerhöhung von 1,5 Mio. Aktien zum Nennwert von 5 €, also insgesamt 7,5 Mio. € platziert und der Gegenwert der U-Gruppe als Kapital zugeführt werden. Darüber hinaus setzten C und K darauf, dass durch die Anfang 2009 wieder fällig werdenden Jahresvorauszahlungen der zahlreichen Anfang 2008 akquirierten Stromkunden ohnehin eine Entspannung der angespannten Liquiditätslage eintreten würde.

Trotz dieser kurzfristigen - aus Sicht Cs und Ks zielführenden - Lösungsansätze befand sich die U-Gruppe bereits Ende 2008 in einem Dilemma, dass schwer aufzulösen war. Die Altverträge mit langen Preisgarantien bedurften in Ansehung des zur damaligen Zeit aktuellen Strompreises der Anpassung, was wiederum zu einem Abgang von Kunden durch die Wahrnehmung von Sonderkündigungsrechten sowie einem schlechten Image für zukünftige Kunden führen konnte. Bei abgehenden Kunden würden zudem die einbehaltenen Sonderabschlagszahlungen zur Rückzahlung anstehen, deren vereinnahmtes Gesamtvolumen für alle Kunden der Gruppe bei über 23 Mio. € lag. Mit dem Imageverlust korrespondierte das erhebliche Risiko, dass der für die Gruppe bedeutende Vertriebskanal als regelmäßiger Geldzulieferer beeinträchtigt werden würde. Entsprechend war die U F4 GmbH darauf angewiesen, die nicht kostendeckenden Altverträge langsam und kundenfreundlich anzupassen und sukzessive abzubauen.

In dieser Situation war C und K bekannt und bewusst, dass die U-Gruppe in 2009 erheblicher externer Kapitalzuflüsse von Investoren bedurfte, durch welche bestehende Liquiditätslücken vollständig ausgeglichen werden konnten. Da die bisherigen Verkaufsbemühungen zur Einwerbung von Investoren nicht erfolgreich gewesen waren, arbeitete insbesondere K weiter intensiv an der Suche nach einem Investor. Ein erfolgreicher Verkauf an einen seriösen Investor bedingte aber einen durch einen Abschlussprüfer geprüften Jahresabschluss mit Lagebericht für die beteiligten Gesellschaften. Für die U I7 AG und die U F4 GmbH waren aber erst im Dezember 2008 durch die Kanzlei T12 L2 L3 solche Jahresabschlüsse für 2007 erstellt worden, die aber noch vereinfachten gesetzlichen Erfordernissen unterlagen.

Da das enorme Wachstum die U-Gruppe förmlich "überrollt" hatte, war die für die Erstellung eines Jahresabschlusses mit Lagebericht notwendige Dokumentationslage in wechselndem Umfang zeitweise rückständig gewesen. Neben Rückständen in der Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung gestaltete sich die Bilanzierung für die nunmehr qua Gesetz zu einer "großen Kapitalgesellschaft" aufgestiegenen U F4 GmbH auch deshalb als schwierig, weil für die Gruppengesellschaften bedingt durch die durch K über Jahre begleitete historische Genese der U-Gruppe und dessen überragender Stellung bis Ende 2007 gesellschaftsrechtliche Verträge (Verschmelzungsverträge, etc.), Verträge zu zahlreichen zwischen Gruppenunternehmen und T4er Unternehmen Ks bestehenden Schuldverschreibungen und Verbindlichkeiten allein durch diesen abgewickelt und verwaltet worden waren. Insofern waren alle operativ tätigen Mitarbeiter bis hin zum Vorstand von dem Wissen Ks abhängig und auf dessen dokumentiertes Material angewiesen, was eine testierfähige Aufarbeitung massiv erschwerte. Zudem gab es bis Ende 2008 kein Aktienbuch für die U I7 AG, an der zahlreiche Beteiligungsgesellschaften in wechselnden Anteilsverhältnissen beteiligt gewesen waren. Eine realistische Perspektive für das Aufstellen eines testierfähigen Jahresabschlusses mit Lagebericht war deshalb zunächst nicht in Sicht.

Dennoch planten C und K in Businessplänen für die Zukunft fest mit einem Investment eines Investors in Höhe von bis zu 100 Mio. €, die dann eine Konsolidierung der schwierigen Unternehmenslage ermöglichen sollten. Investoren, die hierzu konkrete Angebote gemacht hatten, existierten indes nicht, was C und K auch wussten. Nichtsdestotrotz führte insbesondere K - getreu seiner bisherigen Taktik - stets H4 als zukünftigen Investor an und befeuerte damit den Durchhaltewillen und die Hoffnung der Mitarbeiter der U-Gruppe. Substanzielle Verhandlungen hatte K mit dem potenziellen Investor nicht geführt. Auch konnten und wollten die Aktionäre, die Gebrüder T3, Investitionen in größerem Umfang in die U-Gruppe nicht durchführen, sondern sich vielmehr von dem bisherigen Investment besser früher als später trennen.

Vor diesem Hintergrund griffen C und K zunächst auf ihre seit Einstieg in den Energieverkauf praktizierte Strategie als Übergangslösung zurück: Sie setzten auf Stärkung des Vertriebs und aggressives Marketing, um damit möglichst viele Neukunden zu akquirieren, mit deren Vorauszahlungen "Liquidität aus der Zukunft" geholt werden konnte, um die aktuelle Liquiditäts- und Ertragslage in der vagen Hoffnung zu verbessern, dass mit später eintretender Konsolidierung und Anpassung der Kundenpreise die U-Gruppe Erträge abwerfen und profitabel sein würde. Dabei hatten beide die langfristige Vision, die Marke "U" als Haushaltsversorger, der dem Verbraucher haushaltsnahe Dienstleistungen bei einer breiten, noch zu erweiternden Produktpalette anbieten sollte, die mittels Cross-Selling auch an Bestandskunden einer anderen Produktsparte weitergegeben werden sollten, zu etablieren. Ziel war es, über 1 Mio. Endkunden in Versorgung zu bringen, wobei 20% dieser Endkunden mindestens zwei Produkte der U-Gruppe beziehen sollten. Daraus resultierend sollten sich dann jährliche Umsatzerlöse von bis zu 1 Mrd. € ergeben.

Dabei war es die Absicht von K und C, durch den stetigen Zuwachs an Kunden und die Steigerung des Umsatzes die wirtschaftliche Bedeutung der U-Gruppe gezielt zu steigern, um diese so einerseits attraktiver für Investoren zu machen, andererseits aber auch durch die Größe gegen mögliche Unternehmenskrisen bis hin zu einer potenziellen Insolvenz dadurch abzusichern, dass die Gruppe irgendwann so groß sein würde, dass sich ein Scheitern des Unternehmens zu stark auf den Markt auswirken würde ("too big to fail"). C wie auch K waren der Auffassung, dass ein zukünftiger Großinvestor - nach seinem Investment - die wachstumsbedingt aufgelaufenen Rückstände würde aufarbeiten können und ggf. bestehenden Kapitalbedarf jedenfalls solange abdecken werde, bis die Ertragszone erreicht sei. Damit einhergehend war die U-Gruppe mit voranschreitender Zeit aber immer abhängiger von einer beständigen Zuführung von Neukunden. Genauso war die volatile Entwicklung des Strompreises für die finanzielle Situation, die maßgeblich durch die Roherträge aus dem Stromsegment determiniert war, wesentlicher bestimmender Faktor.

III. Feststellungen zu Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift)

1. Tatvorgeschichte (Januar bis Mai 2009)

a) Maßnahmen zur Verbesserung der Liquiditätslage

(1) Die Suche nach einem Investor

Zu Beginn des Jahres 2009 lag ein wesentlicher Fokus des Vorstands, hier des Angeklagten C und des neuen Finanzvorstandes B, sowie des Aufsichtsrates K darauf, möglichst schnell die Voraussetzungen für einen Verkauf der Gruppe an einen strategischen Investor zu erfüllen, der dann deren mehrheitliche Anteile übernehmen und Kapital zuführen sollte. Dabei stand man vor der zentralen Aufgabe, dass die dem rasanten Wachstum, das aus externer Investorensicht bei Berücksichtigung der immensen Kundenzahl attraktiv und beeindruckend war, beständig hinterher hinkende innerbetriebliche Organisationsstruktur den steigenden Bedürfnissen angepasst und interne Abläufe professionalisiert werden mussten. Daran anknüpfend benötigte die U-Gruppe zudem dringend einen testierten Jahresabschluss für das Wachstumsjahr 2008, der das wirtschaftliche Leistungspotenzial der Gruppe und der einzelnen Gesellschaften abbilden sollte und nach dem jeder seriöse Investor umgehend fragen würde.

(i) Bestandsaufnahme der bestehenden Finanzbuchhaltung

Vor diesem Hintergrund begann der neue Finanzvorstand B im Rahmen des ihm zugeordneten Kompetenzbereichs, den Status Quo aufzuarbeiten. Dabei stellte sich schnell heraus, dass die bestehenden buchhalterischen Strukturen zur Abbildung der aktuellen Finanzdaten defizitär waren. Insbesondere existierten zu Beginn des Jahres 2009 weder längerfristige Liquiditätsplanungen auf Einzel- und Gruppenebene, die über einen Zeitraum von drei Tagen hinausgingen, noch nachhaltig hinterlegte Wirtschaftspläne, auf deren Basis eine prognostische Planung der weiteren Unternehmensentwicklung möglich gewesen wäre. Daneben befand sich die Finanzbuchhaltung, die für alle Gesellschaften - außer der F6 GmbH in C14 - zentral über die U I7 AG abgewickelt wurde, als Folge des rasanten Kundenwachstums in einem desolaten Zustand:

In den Unternehmen der U-Gruppe verwendete man zu dieser Zeit für die gesamte Finanzbuchhaltung das intern so genannte ACCOM-System, das aus den 90er-Jahren stammte und noch auf Basis des veralteten Betriebssystems MS-DOS operierte. Diese Software war für die nun anfallenden Buchungsmengen mit über 400.000 Kunden nicht ausgelegt. Konsequenz war, dass die bestehenden Systeme häufig abstürzten und es zahlreicher manueller Nachbearbeitungen mit hohem personellem und zeitlichem Aufwand bedurfte. Die zur effektiven Steuerung der Gruppe notwendige und letztlich überlebenswichtige Auswertung des täglichen Geschäfts war kurzfristig in der Regel nicht verfügbar, weil eine solche Auswertung wegen des veralteten Systems Stunden bis teilweise Tage benötigte. Personell verfügte die U I7 AG nur über einen Bilanzbuchhalter, bei einem Team der Finanzbuchhaltung von insgesamt bis zu vier Mitarbeitern, die teilweise nur eingeschränkte Erfahrung bei der Verwaltung komplexer Buchhaltungssysteme mitbrachten. Da eine elektronische Einlesung von Belegen nur unzureichend möglich war, musste die ohnehin personell unterbesetzte Finanzbuchhaltung diese manuell mit erheblichem Zeitaufwand nacherfassen.

Folge hiervon war, dass insbesondere die Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung der U F4 GmbH und U T21 GmbH nicht à jour war und erhebliche Buchungsrückstände im Wochenbereich aufgelaufen waren, die beständig aufgearbeitet werden mussten. Zudem waren innerbetriebliche Geldflüsse zwischen den Gesellschaften teilweise noch nicht verbucht und zu deren Zuordnung fehlte es an Dokumentationen der zwischen den Gesellschaften bestehenden vertraglichen Beziehungen, die wegen der allein durch K aufgebauten Gruppenstruktur zu weiten Teilen im Original nicht in der Rechtsabteilung des Unternehmens vorlagen und über deren Verbleib nur K Auskunft erteilen konnte. Insbesondere Buchungen aus der Zeit vor Vornahme der zahlreichen Verschmelzungen für die verschmolzenen Gesellschaften waren kaum nachvollziehbar, Belege hierzu nur rudimentär oder kaum vorhanden. Insgesamt ließen sich auf dieser Datengrundlage schon die für einen periodischen Abschluss der Konten der Finanzbuchhaltung notwendigen Anfangs- und Endbestände nicht ohne Weiteres ermitteln, weil zahlreiche Konten noch nicht endgültig bereinigt waren. So konnte man in der Finanzbuchhaltung monatliche Abschlüsse der einzelnen Unternehmen bis Mai 2009 gar nicht kurzfristig abbilden. Das durch diesen Zustand notwendige manuelle Nacharbeiten und Überprüfen im laufenden Buchhaltungsbetrieb führte dazu, dass der ohnehin personell unterbesetzten Buchhaltungsabteilung noch weniger Zeit für deren Kernaufgaben im Tagesgeschäft verblieb, so dass beispielsweise Überprüfungen, ob kreditorische Forderungen überhaupt gerechtfertigt waren, gar nicht mehr oder nur erschwert vorgenommen wurden. Hinsichtlich der Debitorenbuchhaltung, die aufgrund der hohen Kundenzahlen eine mit den bestehenden Systemen kaum mehr abwickelbaren Menge an Buchungssätzen zu bewältigen hatte, bestand zudem die weitere Problematik, dass die Kundendaten in bis zu vierzig unterschiedlich aufgegliederten und strukturierten Datenbanken gespeichert waren. Eine Konsolidierung der Forderungen gegenüber einzelnen Kunden war deshalb schwierig, weil die unterschiedlichen Datenformate nicht übergreifend ausgewertet werden konnten, sondern erst mühselig zusammen gefasst werden mussten.

Nachdem der neu hinzugekommene B sich in den ersten Wochen einen Überblick über die Finanzbuchhaltung gemacht hatte, versuchte er, diese aufzuarbeiten. Da aber zahlreiche der aus den Gründerzeiten der U-Gesellschaften herrührenden Altvorgänge (Schuldverschreibungen zwischen unterschiedlichen durch K zugehöriger Unternehmen, gruppeninterne Zahlungsflüsse, u.a.) und damit verbundene Buchungsrückstände und -probleme sich nur unter Rückgriff auf die Kenntnisse Ks überhaupt rekonstruieren ließen, kam es schließlich im Januar 2009 zu einem Gespräch zwischen K und B, als dessen Ergebnis K B seine Unterstützung bei der Aufarbeitung zusicherte. Zudem erörterten B und K, dass im Hinblick auf den anstehenden Verkauf eine Due Diligence-Prüfung für die U-Gruppe notwendig sein würde, die im besten Fall von einem renommierten Wirtschaftsprüfungsunternehmen herrühren sollte. Gemeinsam einigten beide sich dann darauf, dass eine Beauftragung der C3 E13 AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: "C3 AG"), der damaligen Nr. 5 auf diesem Markt, erfolgen sollte.

(ii) Beginn der Zusammenarbeit mit der C3 AG

(a) Beauftragung zu Vendor Due Diligence / Jahresabschlussprüfung

Entsprechend beauftragte B - mit Billigung von C und K - Anfang März die C3 AG, für diese handelnd Dr. H2 und der Zeuge M2, zur Durchführung einer Vendor Due Diligence-Prüfung für den avisierten Verkauf der U-Gruppe, die die wesentlichen finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Risiken der U-Gruppe beschreiben sollte, die im Zusammenhang mit der Aufnahme weiterer Gesellschafter stehen könnten. Gegenstand der Untersuchung sollte die U I7 AG sowie ihre wesentlichen Tochtergesellschaften, hier die U F4 GmbH, die U Communications GmbH, die U T21 GmbH und die U FINANCE GmbH, sowie die U N8 GmbH und deren wesentliche Tochtergesellschaften sein. Der avisierte Abschluss der Prüfungen war zunächst auf Anfang April 2009 festgelegt mit dem Ziel, einen endgültigen Bericht in deutscher und russischer Sprache zum 15.04.2009 vorzulegen.

Parallel dazu hatte K am 10.03.2009 auch telefonisch Kontakt mit der C3 AG aufgenommen, um diese als Vertreter des Aufsichtsrats zur Erstellung der benötigten Jahresabschlüsse und Lageberichte für 2008 zu beauftragen. Im Anschluss daran fand ein Kick-Off-Meeting in U4 statt, bei dem seitens der C3 AG Dr. H2 und M2, für die U-Gruppe jedenfalls K und C sowie der Zeuge B anwesend waren. Hierin trug K, der bedingt durch seine Intelligenz und unternehmerischen Fähigkeiten eine extreme fachliche Kompetenz ausstrahlte, eloquent und überzeugend zu den Hintergründen der Beauftragungen vor und erläuterte, dass testierte Jahresabschlüsse und Lageberichte für die U I7 AG sowie deren wesentliche Tochtergesellschaften benötigt würden. Er führte dabei weiter aus, dass die Gruppe durch den rasanten Kundenanstieg überfordert gewesen und hierdurch - der Unternehmensführung bekannte - Rückstände und Liquiditätslücken entstanden seien. Es sei insofern allen Beteiligten intern klar, dass diese für die Zukunft dringend externe Kapitalmittel in einer Größenordnung von 100 Mio. € benötige, die hälftig durch die Altaktionäre und einen neuen Investor getragen werden sollten. Hierzu bestehe aber, so K, bereits Kontakt zu einem strategischen Investor aus Russland, für den das vorhandene Kundenportfolio wertmäßig interessant sei. Wenn die testierten Jahresabschlüsse vorlägen, dann werde dieser Investor zur Verfügung stehen und die Kapitalmittel fließen. Insofern sei Eile geboten, bis Mai müssten die Arbeiten fertig sein.

Als Ergebnis des Treffens waren die anwesenden Mitarbeiter der C3 AG von der Historie der U-Gruppe und dem Auftreten Ks durchaus beeindruckt. Entsprechend signalisierten sie, an einer Zusammenarbeit interessiert zu sein. Die förmliche Beauftragung durch den Aufsichtsrat der U I7 AG sowie die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften bestätigte die C3 AG jeweils mit Schreiben vom 30.03.2009. Danach war die C3 AG nunmehr für die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts der U T21 GmbH, der U F4 GmbH und der U Communications GmbH sowie Jahres- und Konzernabschlusses der U I7 AG zum 31.12.2008 und des Lage- und Konzernlageberichts für das Jahr 2008 bestellt.

Bei der Geschäftsanbahnung mit der C3 AG griff K wieder auf seine seit 2008 praktizierte Strategie zurück, gezielt unrichtige Informationen zum Stand laufender Verhandlungen mit Investoren zu streuen, um die Gesamtlage der U-Gruppe positiver darzustellen. Zwar war es zutreffend, dass K erste Kontakte zu N18, dem Generaldirektor der russischen H4 Export LLC mit Sitz in Q5, einer Tochtergesellschaft eines der weltweit größten Erdgasförderunternehmen, des Energiekonzerns H4, aufgenommen hatte. Verbindliche Aussagen zu einem Investment lagen dagegen - anders als gegenüber der C3 AG vorgetragen - gerade nicht vor. Vielmehr hatte die H4 Export LLC in einem Schreiben vom 01.04.2009 an den "Aufsichtsratsvorsitzenden der U AG" K lediglich bestätigt, dass das Unternehmen ein Interesse an dem Erwerb eines Mehrheitsaktienpaketes an einer "U AG" habe und insofern Zeit bis zum 24.05.2009 für eine Unternehmensbewertung und eigene Due Diligence-Prüfung benötige. Auch gab es keine konkreten Zusagen anderer russischer Unternehmen. Ebensowenig gab es kurz- bis mittelfristige verbindlich dokumentierte Zusagen der Altaktionäre, hier - K selbst verfügte nicht über die vorgetragenen Summen - der Gebrüder T3, die sich ja bereits ab 2008 als Anteilsinhaber der U-Gruppe zurückziehen und substanzielle Neuinvestitionen gerade nicht mehr erbringen wollten.

(b) Aufnahme der Prüfungstätigkeiten

Ab Mitte März nahm die C3 AG so die mandatsbezogenen Prüftätigkeiten auf. Da weder prüffähige Bilanzen und GuV-Rechnungen für die beauftragten Gesellschaften noch Entwürfe von Lageberichten existierten, begannen die Mitarbeiter der C3 AG, die zur Erstellung der Jahresabschlüsse wie auch des Due Diligence-Berichts notwendige Datengrundlage in U4 vor Ort selbst aufzuarbeiten. Dabei offenbarte sich der - bereits von B in dessen Bestandsaufnahme erkannte und C und K bekannte - defizitäre Zustand der Finanzbuchhaltung, der einen Anfangspunkt im Sinne eines finalen Buchungsstands für den Beginn des Jahres 2008 für die Prüfer in der vorgefundenen Fassung nicht zuließ. Die deswegen erforderliche Aufarbeitung der Datenbasis nahm - anders als bei Mandatsübernahme vorausgesehen - zunächst erhebliche Zeit in Anspruch. Hierzu übersandte die C3 AG ihren Auftraggebern umfängliche Listen, auf denen klärungsbedürftige Posten aufgeführt wurden, deren Aufarbeitung durch die Verantwortlichen der U-Gruppe erfolgen sollte, bevor die angestrebten Prüfungen begonnen oder finalisiert werden konnten. Die zur Aufarbeitung der Listen notwendigen Unterlagen und Informationen befanden sich allerdings nur zum Teil in U4 am Gruppensitz, während andere wesentliche Teile sich allein bei oder durch K in der T4 aufklären lassen konnten, so insbesondere ein Aktienbuch der U I7 AG zu den Anteilsinhabern sowie Vertragswerke zu Schuldverschreibungen, Verschmelzungen usw., deren Bereitstellung durch K nur sukzessive und unvollständig erfolgte und so wiederum neue Fragen der C3 AG aufwarf. Darüber hinaus erschwerte der vorgefundene Zustand der Finanzbuchhaltung die Aufarbeitung der einzelnen Sachverhalte zusätzlich erheblich. Bis Anfang April 2009 arbeiteten die Mitarbeiter der C3 AG, hier federführend die Zeugen M2 und K2, daher - auch vor Ort in U4 - zunächst nur an der Klärung der Dokumentenbasis, um überhaupt die mandatierten Prüftätigkeiten seriös beginnen zu können.

(iii) Stand der Investorensuche

Bis April 2009 gab es - über das unverbindliche Interessenbekundungsschreiben der H4 Export LLC - keine weiteren konkreten Interessenten für ein Investment in die U-Gruppe. Zwar hatte die Gruppe über B wieder Kontakt zu der bereits 2008 kontaktierten M6 AG aufgenommen und mit dieser eine kleinere Transaktion im Frühjahr 2009 zum Verkauf einer Beteiligung an einer Gesellschaft erfolgreich abgewickelt. Hinsichtlich der Investorensuche war die Situation aber immer noch vergleichbar zu der aus 2008, da die für eine erfolgreiche Marktansprache notwendigen Jahresabschlüsse noch nicht vorlagen. Insofern erfolgte zunächst wiederum keine Mandatierung. Stattdessen kam man überein, dass die M6 AG erste Vorbereitungsarbeiten für eine Marktansprache leisten sollte. Das konkrete Beratungsmandat wurde zunächst für Juli 2009 avisiert; bis dahin verblieb die M6 AG in Wartestellung.

Ende Februar 2009 zeichnete die B11 AG mit Sitz in C16 in der T4 - in Ausführung der bereits Ende 2008 genehmigten Erhöhung des Grundkapitals der U I7 AG - 1,5 Mio. Aktien der Gesellschaft zum Ausgabewert von 5 € je Aktie. Entsprechend ging Ende Februar bei der U I7 AG eine Gutschrift von 7,5 Mio. € ein. Die B11 AG handelte dabei nicht auf eigene Rechnung, sondern erwarb und hielt die Aktien treuhänderisch für die K und seiner Ehefrau gehörende N12 Vermögensverwaltungs AG, wozu K das Unternehmen J8 T21 gegen eine Gebühr von 15.000 € beauftragt hatte.

(2) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen

Zwischenzeitlich hatte K, der in der angespannten Unternehmenssituation den Personalbedarf auch auf Vorstandsebene erkannt hatte, Ende Januar 2009 dem Angeklagten Dr. L, der schon über Jahre mehr und mehr in die Gruppenstruktur integriert worden war, aufgrund seines technischen Knowhows den Posten als technischer Vorstand der U I7 AG (Chief Operating Officer - COO) angetragen. Nachdem sich beide kurzfristig über die Vergütung geeinigt hatten, wurde Dr. L durch den Aufsichtsrat mit Wirkung zum 01.02.2009 als weiterer Vorstand bestellt, dessen Aufgabenbereich im EDV-Bereich, hier insbesondere in dessen Professionalisierung sowie bei der Pflege und dem Ausbau des Kundenservice lag. Mit seiner Bestellung zum Vorstand endeten gleichzeitig sämtliche noch existierenden Beratungsmandate der U-Gruppe mit Gesellschaften des Angeklagten Dr. L. Die Bestellung wurde am 30.03.2009 in das Handelsregister eingetragen.

Als Folge der wirtschaftlichen Entwicklung der U9-Gesellschaften beschloss der Vorstand unter dem 26.02.2009 zudem die Liquidation dieser Unternehmensteile. Darüber hinaus entschloss sich der Vorstand weiter, mit den nunmehr durch die neuerliche Aktienausgabe zur Verfügung stehenden Mitteln über den Zukauf weiterer Unternehmen die wachstumsschwache Telekommunikationssparte der Gruppe auszubauen. Entsprechend erwarb die U I7 AG unter dem 27.02.2009 für insgesamt 6 Mio. € sämtliche Anteile der N5 U5 GmbH mit Sitz in C17 (HRB ... AG C17) sowie deren Tochtergesellschaft, N2 AG mit Sitz in T26 / T4, von der B12 AG. Gegenstand des Unternehmens war die Entwicklung und der Vertrieb von technischen Anlagen, insbesondere von Dienstleistungen und Hardware für den Bereich der Telekommunikation sowie der Betrieb von öffentlichen Telefonläden für nationale und internationale Telefon- und Faxdienste und der Betrieb von Netzstrecken. Geschäftsführer war der Zeuge S6. Im Geschäftsjahr 2008 generierte die N5 U5 GmbH mit 19 Mitarbeitern einen Umsatz von 11,2 Mio. € bei einem Gewinn von ca. 200.000 €. Langfristiges Ziel sollte die Verschmelzung mit der U Communications GmbH sein. Unter dem 13.05.2009 wurde die N5 U5 GmbH in U U5 GmbH umfirmiert. Schließlich wurde B im Mai 2009 auch zum weiteren Geschäftsführer der U T21 GmbH bestellt und diese Änderung unter dem 18.05.2009 in das Handelsregister eingetragen.

(3) Intensivierung der Vertriebsbemühungen

Parallel hierzu arbeitete der Vorstand der U I7 AG an der weiteren Umsetzung der von C und K bereits seit Geschäftsbeginn praktizierten Strategie, durch den stetigen Zuwachs an Kunden und die Steigerung des Umsatzes die wirtschaftliche Bedeutung der U-Gruppe gezielt zu steigern und mit Vorauszahlungen die bestehenden Liquiditätsengpässe aufzufangen. Hierzu intensivierte die U-Gruppe die Vertriebsbemühungen zur Akquisition von Kunden:

(i) "Aggressive" Preisgestaltung im Energiebereich

Dabei operierte die Gruppe hinsichtlich der Preisgestaltung weiterhin mit dem bereits gegen Ende 2008 eingeführten Rabattmodell, wonach jedem Kunden auf den Arbeitspreis des regionalen Grundversorgers ein Rabatt zwischen 1 ct/kWh und 4 ct/kWh gewährt wurde und die Rabatthöhe abhängig von dem gewählten Zahlungsrhythmus des Kunden (monatlich, vierteljährlich oder jährlich) und der geleisteten Sonderabschlagszahlung war. Die Unternehmensführung verfolgte so weiterhin eine für die Kunden attraktive, aggressive Tarifpolitik, im Rahmen derer man mit bestenfalls marginal positiven Ertragsmargen auf Basis des jeweils bei Vertragsschluss gültigen Energiebezugspreises kalkulierte. Mittel- bis langfristig trugen auch diese Tarife - insbesondere bei optional verlängerten Preisgarantien für die Kunden - das Risiko, dass diese je nach Entwicklung des volatilen Einkaufspreises für Strom und Gas während der Laufzeit in negative Rohertragsmargen fallen konnten. Dieses Risiko bestand insbesondere auch deshalb, weil die U-Gruppe, gesteuert durch die Vorstandsmitglieder und gebilligt durch K als federführendes Mitglied des Aufsichtsrats, weiterhin an der bisherigen Einkaufspraxis festhielt, die - auch mangels ausreichender Liquidität - langfristige Instrumente der Preissicherung, beispielsweise durch Sicherheitsleistungen und längerfristige Termingeschäfte, bewusst nicht vorsah. Anders als von C und K noch Ende 2008 als Maßnahme zur Verringerung der bestehenden Liquiditätslücke angedacht, war es der Unternehmensführung der U-Gruppe nicht gelungen, die bislang vollzogene Einkaufspraxis für Strom durch Sicherungsinstrumente zu verbessern. Vielmehr bezog die Gruppe über die U F4 GmbH Energie von unabhängigen Energiegroßhändlern, mit denen der Einkaufspreis - vor allem im wesentlichen Stromgeschäft - monatlich bzw. mit jedem angeforderten Fahrplan auf dem dann gültigen Marktpreisniveau neu verhandelt werden musste.

Im Stromsegment war Handelspartner zunächst allein der Stromgroßhändler und -erzeuger C18, im Verlauf des Jahres auch noch andere Großhändler. Dabei orientierte sich der Preis in 2009 an den Börsenpreisen der für die Strompreise maßgeblichen Energiebörse F10 (F10) in M16, wobei die Kalkulation für die U F4 GmbH - mangels Hinterlegung von Terminkontrakten als Sicherheitsleistungen - nicht unter börsenüblichen Bedingungen stattfinden konnte, was zum Einem ein leicht über dem dortigen Spotmarkt liegendes Einkaufspreisniveau nach sich zog. Zum Anderen rechneten die beauftragten Großhändler eigene Aufwandsentschädigungen für die börsliche Abwicklung der Transaktionen ab, die sich ebenfalls in dem jeweils zu zahlenden Einkaufspreis niederschlugen. Im Gassegment hatte die U F4 GmbH mit dem Energiehändler S10 einen Erdgasliefervertrag bei einem fixen Einkaufspreis von 40,45 €/MWh für eine festgelegte Mengenabnahmegarantie mit einer Laufzeit bis Oktober 2009 geschlossen, für dessen Erfüllung die U I7 AG über die Patronatserklärung vertraglich einstehen sollte. Die Mehrmengen aus diesem Belieferungsvertrag wurden - wie im Stromsegment - zu den jeweiligen Spotmarktkonditionen zusätzlich berechnet. Die freilich hier auch bestehenden Preisrisiken waren aber 2009 noch zu vernachlässigen, weil das Gaskundengeschäft erst anlief und nur einen marginalen Anteil an dem Gesamtgeschäft ausmachte.

(ii) Erweiterung Produktportfolios und Cross-Selling

Getreu der durch C und K geprägten langfristigen Vision, die Marke "U" als Haushaltsversorger mit einer breiten Produktpalette zu etablieren, führte die U-Gruppe, gesteuert durch den Vorstand der U I7 AG, die weitere Produktsparte Finanzdienstleistungen ein und intensivierte Cross-Selling-Bemühungen bei Bestandskunden.

(a) U FINANCE GmbH

Strukturell erfolgte der neu eingeführte Vertrieb von Finanzdienstleistungen über die eigens dafür neu aufgestellte U FINANCE GmbH mit Sitz am Gruppensitz (HRB ...# AG T14). Hierzu wurde bereits im Januar 2009 der Sitz der U X10 GmbH von X11 nach U4 verlegt und zugleich B - unter Abberufung des bestehenden Geschäftsführers - als alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Unter dem 18.03.2009 firmierte die U I7, vertreten durch ihren Vorstand, diese Gesellschaft in U FINANCE GmbH um. Die Änderung wurde Anfang Mai 2009 in das Handelsregister eingetragen. Geschäftsgegenstand des neu positionierten Unternehmens war nunmehr die Vermittlung und Verwaltung haushaltsnaher Finanzdienstleistungen, insbesondere im Bereich von Versicherungen, Kreditkarten und sonstiger Finanzprodukte, einschließlich Hilfs- und Nebengeschäfte. Über die U FINANCE GmbH wurde fortan der Vertrieb von Mastercards und Kombinationsversicherungen abgewickelt. Dabei sollte die Gesellschaft für neu akquirierte Kunden beider Produktbereiche eine einmalige Provision erhalten; für Kreditkarten war zusätzlich eine jährliche Folgeprovision vorgesehen, deren Betrag sich nach dem vom vermittelten Kunden generierten Kreditkartenumsatz berechnete. Für Versicherungen bestimmte sich die jährliche Folgeprovision aus einem vertraglich fixierten Provisionssatz. Die U FINANCE GmbH sollte dabei als reiner Vermittler operieren; über eigenes Personal verfügte die Gesellschaft nicht, da der Vertrieb und die zugehörigen Call-Center-Leistungen über die U N8 GmbH erbracht wurden, die akquirierte Kundenbelieferungsrechte für einmalig 40 € pro Kunde an die U FINANCE GmbH veräußerte. Ab April 2009 bot die U-Gruppe so zusammen mit einem Kooperationspartner (B13 Bank) eine eigene Mastercard an. Im Bereich der Versicherungen vertrieb die U FINANCE GmbH Kombinationsversicherungsprodukte (Deutsche Familienversicherung) und trat dabei als reiner Provisionär auf. Für beide Produkte erfolgten umfangreiche Werbemailings an bis zu ca. 270.000 Bestandskunden, aus denen bei den Kreditkarten lediglich Rückmeldung von ca. 1.500 Kunden (= weniger als 0,01%) erfolgte. Bei den angebotenen Versicherungsprodukten waren die Rückmeldungen noch geringerer Größenordnung (bei 170.000 Bestandskunden lediglich 70 hinzu gewonnene Verträge).

(b) Vertriebskanäle und Cross-Selling-Bemühungen

Die Neukundengewinnung erfolgte in der U-Gruppe über unterschiedliche Vertriebskanäle, wobei der Vertrieb über das Internet mit bis zu 50% die tragende Säule darstellte. Neben Angeboten auf eigenen Webseiten der Gruppe gab es im Rahmen des Online-Vertriebs vor allem Bannerwerbungen und Kooperationen mit den führenden Online-Vergleichsportalen (W2, D2, u.a.), mit denen die U-Gruppe teilweise gezielt Vereinbarungen für besonders attraktive Listing-Konditionen getroffen hatte. Aufbauend auf der skizzierten Tarifgestaltung, versuchte die U-Gruppe, getragen durch den Vorstand der U I7 AG, systematisch, in den Vergleichsportalen stets unter den günstigsten Anbietern zu rangieren. Hinsichtlich der verbleibenden Vertriebskanäle der Kundengewinnung teilten sich diese - abgesehen von marginalen anderen Vertriebsmethoden - hälftig in Call-Center-Akquise und den Strukturvertrieb auf. Mit dem Strukturvertrieb wurde schwerpunktmäßig in den neuen Bundesländern operiert. Speziell für den Vertrieb betrieb die U E12 GmbH für die U N8 GmbH ein mehrsprachiges Call-Center (mit ln- und Outbound-Verkehr) mit über 170 Mitarbeitern. Darüber hinaus standen zur Abdeckung von Spitzenbelastungen weitere Call-Center-Kapazitäten durch flexible Vereinbarungen mit externen Anbietern zur Verfügung. Zudem beschloss der Vorstand der U I7 AG im Frühjahr 2009, die Leistung der vertriebsorientierten Call-Center-Kapazitäten im Bereich Cross-Selling und Kundenakquise in den Bereichen Gas, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation ab April zu vierfachen. Hierzu sollte die Anzahl der Call-Center-Agenten von bislang 50 auf 200 erhöht werden. Für die Aufteilung war eine anteilige Kapazität von 23% für die Neuakquise von Gaskunden, 40% für Neuakquise von Telekommunikationskunden und die verbleibenden 37% für Finanzdienstleistungen vorgesehen, was in der Folgezeit auch sukzessive umgesetzt wurde.

(iii) Vermarktung und Sponsoring

Die Unternehmensführung der U-Gruppe hielt weiter an ihrem Schwerpunkt des Sport-Sponsorings zur Steigerung des Bekanntheitsgrads fest und schaltete in großem Umfang und mit großem finanziellem Aufwand gezielte Werbekampagnen. Weiter vereinbarte die U I7 AG, vertreten durch den Vorstand, sowie die U N8 GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin O, mit der C2 M3 Fußball GmbH im April 2009 ein 1. Ergänzungsvereinbarung, die u.a. eine vorzeitige Verlängerung des bestehenden Hauptsponsorvertrages vom 02.08.2007 um drei Jahre bis zum 30.06.2013 vorsah. Der Basisbetrag sollte ausweislich Buchstabe h) dieser Vereinbarung ab der Saison 2009/2010 einen Betrag von 6.296.950 €, zu zahlen in jeweils zwei Raten zum 01.07. und 15.01. des jeweiligen Vertragsjahres, erstmals zum 01.07.2009, betragen. Schließlich gelang es K und C, erste Kontakte zu der E14 GmbH in N13 zu knüpfen, die die Rechteverwalterin der A4-Fernsehsendung "X12...?" war. Zu diesem Zweck luden sie den Bruder des Moderators U12 H16, D10 H16, sowie weitere Mitarbeiter zu einem Fußballspiel von C2 M3 in die B7-Arena in N13 ein, um dort Möglichkeiten eines weiteren Sponsorings zu eruieren. Hieraufhin erläuterte die E14 GmbH C und K unter dem 22.05.2009 bestehende Optionen, wozu in der Folgezeit erste Verhandlungen zwischen den Beteiligten geführt wurden.

(iv) Entwicklung des Kundenbestands

Basierend auf den dargelegten strukturellen Vorgaben gelang es der U-Gruppe in den ersten beiden Quartalen 2009, den Bestand an versorgten Stromkunden auf 433.000, von Gaskunden auf 9.000 bis Ende Juni 2009 zu erhöhen. Dies entsprach einem durchschnittlichen monatlichen Nettozuwachs von versorgten Kunden im Stromsegment von bis zu 5.000, im Gassegment von bis zu 1.000 pro Monat, wobei sich die Anzahl der abgeschlossenen Verträge in dieser Zeit - vorbehaltlich Stornierungen - auf 13.000 Neuverträge pro Monat im Stromsegment und bis zu 1.000 Neuverträge pro Monat im Gassegment belief. Alle Neuverträge beinhalteten bereits eine Preisgarantie für ein Jahr bei gleichzeitiger Mindestlaufzeit von ebenfalls einem Jahr. Von der optionalen Verlängerung der Preisgarantie gegen Entrichtung einer Gebühr von 48 € pro weiteres Jahr auf insgesamt bis zu drei Jahre machten ca. 30% der Kunden Gebrauch. Weiter machten ca. 60% der Kunden von der Möglichkeit Gebrauch, durch einmalige Sonderabschlagszahlungen weitere Rabatte auf die vertraglich garantierten Bezugspreise zu bekommen. Hinsichtlich der Zahlweise wählten die Kunden zu ca. 60% die monatliche Zahlweise und zu je ca. 20% die quartalsweise bzw. jährliche Zahlweise, wobei im Gassegment die jährliche Zahlweise etwas stärker gewichtet war. Im weiterhin defizitären Segment Telekommunikation gelang der U-Gruppe trotz intensivster Cross-Selling-Bemühungen nur ein Zuwachs von ca. 750 versorgten Kunden, wobei die Gesamtkundenzahl aufgrund von Kundenabgängen weiterhin rückläufig blieb. Insgesamt betrug der Kundenbestand ca. 40.000 (zum Vergleich Ende 2007 ca. 47.000 Kunden). In der neuen Sparte Finanzdienstleistungen hatte man bis Mai 2009 lediglich 2.000 Kartenbesitzer als Kunden gewinnen können, von denen lediglich 300 überhaupt genutzt wurden. Bei den Versicherungsprodukten lagen die Kundenzahlen im unteren dreistelligen Bereich. Die beiden neuen Produktsparten waren daher für die Liquiditätssituation der U-Gruppe ohne Bedeutung.

(4) Strukturelle Anpassungen in der Finanzbuchhaltung

Als Folge der durchgeführten Bestandsaufnahme in der bisherigen Finanzbuchhaltung veranlasste B personelle Aufstockungen in diesem Bereich. Entsprechend stellte die Unternehmensführung unter Federführung Bs - bei Entlassung des bisherigen einzigen Bilanzkreisbuchhalters, des Zeugen H8, Ende Mai 2009 - zwei neue, fachlich qualifizierte Bilanzbuchhalter, hier die Zeugen L8 und T8, bei der U I7 AG ein. Gleichsam war man bemüht, weitere Mitarbeiter für die Finanzbuchhaltung einzustellen, um den gestiegenen Anforderungen personell angemessen entgegnen zu können. Da aber einerseits durch die weiter steigende Kundenzahl die Strukturen immer komplexer und überlasteter wurden und andererseits die Aufarbeitung der Defizite aus den Vorjahren erheblichen Zeitaufwand der Mitarbeiter der Finanzbuchhaltung bündelte, gelang eine sinnvolle weitere Aufarbeitung nur teilweise. Letztlich hinkte die personelle Situation beständig dem weiterhin rasanten Wachstum hinterher. Dennoch gelang es vor allem durch die personelle Aufstockung im Vorstand selbst, die bestehenden Strukturen weiter zu professionalisieren. Der Prozess der Aufarbeitung der Defizite in der Finanzbuchhaltung war allerdings erst angelaufen. Vor diesem Hintergrund war es den Mitarbeitern der U-Gruppe nicht möglich, den aktuellen IST-Zustand an Forderungen und Verbindlichkeiten tagesaktuell einzusehen, da die Erstellung und Aufbereitung einer solchen Aufstellung zu einem Stichtag aufgrund der Buchhaltungssysteme einen Zeitraum von bis zu 1 bis 2 Wochen in Anspruch nahm, innerhalb welchem aber weitere Geschäftsvorfälle aufliefen. Insofern konnte der jeweilige IST-Zustand nur mit ergänzenden Ableitungen und Einschätzungen der Mitarbeiter angenähert dargestellt werden. Im Mai 2009 beschloss der Vorstand der U I7 AG zudem, anstatt des bestehenden überlasteten Finanzbuchhaltungssystems ACCOM die Finanzbuchhaltungssoftware T56 der Firma J2 zu implementieren, die strukturell auf die Bewältigung sehr großer Kundenmengen und Buchungssätze im Massenbetrieb in einem heterogenen Umfeld ausgelegt war. Zunächst war die Einführung des neuen Buchhaltungssystems für Anfang November 2009 avisiert. Zur Vorbereitung der hierfür erforderlichen Migration der vorhandenen Daten in ein neues System arbeitete ab Frühjahr 2009 unter dem Arbeitstitel "ATLAS-Projekt" eine Projektgruppe unter Zuhilfenahme externer Berater mit internen Mitarbeitern der Gruppe zusammen. Ein realistischer Zeitplan für die Umstellung existierte zu dieser Zeit nicht.

b) Veränderte interne Entscheidungsstrukturen

Mit Eintritt der neuen Vorstände B und Dr. L in ihre Ämter veränderten sich zudem die Entscheidungsabläufe in der Unternehmensführung der U-Gruppe maßgeblich, da diese zuvor allein durch den Angeklagten C geprägt waren:

(1) Zusammenarbeit des neu aufgestellten Vorstands

Die nunmehr zu koordinierende Zusammenarbeit im Vorstand der U I7 AG gestaltet sich so, dass regelmäßige Vorstandssitzungen nicht stattfanden. Diese wurden nur außerordentlich zu besonderen Ereignissen, so z. B. des Eintritts von Dr. L bzw. in dringenden Unternehmenssituationen abgehalten. Nach dem Eintritt Dr. Ls war die Aufgabenverteilung im Vorstand fachlich so ausgestaltet, dass B das Finanzressort (Chief Financial Officer - CFO), Dr. L die Bereiche EDV-Systeme und Kundenservice (Chief Operating Officer - COO) und C die Ressorts Marketing und Vertrieb übernommen hatte, wobei letzterer zudem als Vorstandsvorsitzender über ressortübergreifende Kompetenzen verfügte und vor allem in strategisch wichtigen Belangen die Richtung vorgab. Innerhalb der jeweiligen Fachgebiete nahmen die einzelnen Vorstandsmitglieder unabhängig ihre Aufgaben wahr. Allerdings gab es einen regen Informationsaustausch zu den einzelnen Aktivitäten innerhalb des Vorstands mit der Konsequenz, dass zu wesentlichen Fragen alle Vorstände den gleichen Wissensstand zu wesentlichen Themenbereichen hatten. Dies betraf insbesondere auch Fragen zu der Finanzsituation der U I7 AG und der U-Gruppe insgesamt. Hinsichtlich der Vertretungsregeln sah die Satzung der U I7 AG vor, dass bei einer Bestellung von mehreren Vorstandsmitgliedern, die Gesellschaft entweder durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten werden sollte. Die Stellung und der Kenntnisstand der einzelnen Vorstandsmitglieder war zudem auch dadurch mitgeprägt, dass alle jeweils Geschäftsführer maßgeblicher Tochtergesellschaften waren, so C Alleingeschäftsführer der U F4 GmbH, Dr. L (Mit-)Geschäftsführer der U T21 GmbH und B (Mit-)Geschäftsführer der U T21 GmbH (ab Mai 2009) und Alleingeschäftsführer der U FINANCE GmbH. Die formalen weiteren Ämter hatten dann auch Rückkopplungen zu der eigentlichen Vorstandsarbeit. So lief beispielsweise der Prozess der Gestaltung der angebotenen Tarife für Kunden so ab, dass die Entscheidung, welche Produkte im Energiebereich wann vertrieben werden sollten, auf Vorschläge der für Vertrieb zuständigen U N8 GmbH durch den Geschäftsführer der U F4 GmbH, den Angeklagten C, getroffen wurde. Da dieser in Personalunion auch sachlich zuständiger Vorstand und Vorstandsvorsitzender der U I7 AG war, wurde dann aber nicht mehr eine formelle Genehmigung durch den Gesamtvorstand eingeholt, sondern lediglich an die anderen Vorstände hierzu verbunden mit der Option, im Bedarfsfall zu intervenieren, berichtet. Zu solchen Interventionen kam es in der Regel nicht.

(2) Ergänzende weitere Gremiensitzungen

Flankiert wurde die Zusammenarbeit im Vorstand zum Einen durch die in unregelmäßigen Abständen alle vier bis acht Wochen an wechselnden Orten (in U4 oder in der T4) stattfindenden Sitzungen des Aufsichtsrats der U I7 AG, an denen neben dessen Mitgliedern regelmäßig ein oder mehrere Vorstände oder andere themenrelevante Personen im Unternehmen anwesend waren. Sofern Protokolle überhaupt gefertigt wurden, stammten diese von K als Protokollführer im Aufsichtsrat. An der aus den bereits dargelegten Gründen vorliegenden, dominierenden und steuernden Rolle Ks innerhalb des Aufsichtsrats änderte sich dort indes nichts. Zum Anderen fanden innerhalb der U-Gruppe unternehmensübergreifend im zweiwöchentlichen Rhythmus Führungskreissitzungen statt, an denen die Geschäftsführer und Vorstände aller Gesellschaften (auch der U N8 GmbH) sowie relevante Bereichs- und Abteilungsleiter teilnahmen. Zu diesen Sitzungen wurden Protokolle geführt, die jedenfalls an die Anwesenden und üblichen weiteren Teilnehmer weitergeleitet wurden. In diesen Sitzungen berichteten alle Anwesenden jeweils über von ihnen betreute Ressorts und deren Entwicklungen. Von Seiten des Vorstands der U I7 AG gab es Rückmeldungen an den Führungskreis nur insoweit, als diese nicht als vertraulich für den Vorstand bestimmt waren. Zudem hatte B im Zuge seiner Professionalisierungsbemühungen regelmäßige Koordinierungstreffen zwischen den maßgeblichen Personen bei der U I7 AG und der F6 GmbH in Bezug auf das Kreditorenmanagement installiert. Insbesondere die Finanzlage der U I7 AG sowie der Gruppe insgesamt blieb dabei dennoch Herrschaftswissen der Vorstandsmitglieder, wobei einzelne hochrangige Mitarbeiter über diese Lage umfassend informiert waren. Zu diesem Kreis gehörten der kaufmännische Leiter, der gesondert Verfolgte N4(-C19) (im Folgenden: "N4"), sowie die Mitarbeiter des sog. Cash Managements, bis Mai 2009 der Zeuge H8, danach die Zeugen L8 und T8, und der Leiter des Controllings und Assistent des Angeklagten C, T6, sowie dessen Mitarbeiter im Controlling, C6.

c) Ertrags- und Liquiditätslage der Gruppe

Unterdessen entwickelte sich die Ertrags- und Liquiditätslage der U-Gruppe bis Ende Mai 2009 wie folgt:

(1) Einnahmenseite

Nach wie vor war zentrale Einnahmequelle der U-Gruppe das Energiekundengeschäft (über 97% des Gesamtumsatzes), mit dessen Entwicklung die wirtschaftliche Prosperität des Gesamtunternehmens stand und fiel.

(i) Struktureller Ablauf des Energiekundengeschäfts

Innerhalb der Gruppe war das Energiekundengeschäft abwicklungstechnisch so strukturiert, dass zunächst die U N8 GmbH die Energielieferverträge mit den von ihr akquirierten Endkunden eigenständig abschloss. Sobald ein Endkunde dann belieferungsfähig war und in die Versorgung aufgenommen werden konnte, übertrug die U N8 GmbH die nunmehr bestehenden vertraglichen Kundenbelieferungsrechte im Wege der Vertragsübernahme gegen ein einmaliges Entgelt von 100 € pro übernommenem Vertrag auf die U F4 GmbH. Diese erwarb so das Recht, den käuflich erworbenen Vertragskunden mit der vereinbarten Leistung (hier: die Bereitstellung von Energie) zu versorgen und diese Leistung auch abzurechnen. Die U F4 GmbH ihrerseits übertrug dann im Anschluss alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen gegen den Endkunden bei Übernahme des Ausfallrisikos an die U T21 GmbH. Hintergrund dieser Transaktion war ein Anfang Januar 2009 geschlossener Factoringvertrag zwischen den beiden Gesellschaften, nach welchem die U T21 GmbH als Gegenleistung 99,2% des jeweiligen Forderungsbetrags an die U F4 GmbH vergüten musste. Nach Vereinnahmung der Kundenzahlungen kehrte die U T21 GmbH entsprechend die vereinbarte Vergütung an die U F4 GmbH aus, wobei diese zuweilen untermonatlich und unregelmäßig in zusammengefassten Abschlagszahlungen flossen. Die angefallenen Kosten für von ihr erbrachte Service-Dienstleistungen (z. B. Bereitstellung der EDV-Umgebung, Buchhaltung, Rechnungslegung, Kundenbetreuung und Energiedatenmanagement) verrechnete die U T21 GmbH dabei gegenüber der U F4 GmbH im Wege von Intercompany-Rechnungen, auf Grundlage derer Abzüge an den Vergütungszahlungen an die U F4 GmbH vorgenommen wurden.

Konsequenz dieser strukturellen Vorgaben, die im Übrigen auch in gleicher Ausprägung für die Sparten Telekommunikation und Finanzdienstleistungen praktiziert wurden, war, dass die wesentlichen Einnahmen der U-Gruppe aus dem Energiegeschäft allein bei der U F4 GmbH im Wege des Ausgleichs der Factoringgebühr aufliefen. Mit Hilfe dieser Einnahmen musste die U F4 GmbH als zentraler Kostenschuldner der Energiebezugskosten die wesentlichen Ausgaben der U-Gruppe bestreiten. Insofern war die U F4 GmbH das "Herzstück" der U-Gruppe, mit deren wirtschaftlicher Entwicklung die Gruppe insgesamt stand und fiel. Dies umso mehr auch deshalb, weil die U I7 AG, die selbst über externe Einnahmezuflüsse nicht verfügte, sondern sich weitestgehend über Intercompany-Zahlungen für erbrachte Dienstleistungen finanzierte, über die 2008 geschlossene Patronatserklärung im Falle nicht ausgeglichener Forderungen gegen die U F4 GmbH für diese finanziell als eigener (Gesamt-)Schuldner einstehen musste.

(ii) Regelmäßige Liquiditätszuflüsse durch Abschlagseinzüge

Auf Grundlage dieser abwicklungstechnischen Vorgaben ergaben sich monatliche Liquiditätszuflüsse aus dem Energiekundengeschäft an die U T21 GmbH, die vornehmlich im Wege des Lastschriftverfahrens auf Basis der mit den jeweiligen Endkunden vereinbarten Konditionen durch Einzüge zwischen dem 1. und 5. eines jeden Monats generiert wurden. Dabei erfolgten die vertraglich vereinbarten Einzüge jeweils in Abhängigkeit von dem gewählten Tarifmodell für die Abschlagszahlungen in den Produktbereichen Strom und Gas:

Monatliche Zahlweise: Einzug erfolgte zwischen dem 1. und 5. Tag eines Monats für den laufenden Monat;

Vierteljährliche Zahlweise: Einzug erfolgte zwischen dem 1. und 5. eines Monats für die kommenden drei Monate.

Jährliche Zahlweise: Einzug erfolgte zwischen dem 1. und 5. eines Monats für das kommende Jahr.

Vorbehaltlich einzelner Kunden, die Zahlungen durch Überweisung zahlten (ca. 3 bis 4 Prozent), und geringer Rücklastschriften im Lastschriftverfahren, konnte die U T21 GmbH so jedenfalls über 90% der gesamten monatlichen Erlöse durch zeitliche Koordinierung und Steuerung der Lastschrifteinzüge selbst verfügen.

Entsprechend gestaltete sich die Liquiditätslage aus Sicht der U-Gruppe insgesamt so, dass jeweils zum Monatsanfang durch die durchgeführten Einzüge massive Geldbeträge der U T21 GmbH zuflossen, von denen dann die monatlich anfallenden Kosten der Gruppe insgesamt im Wesentlichen beglichen werden mussten. Zwar kam es auch regelmäßig zu untermonatlich stattfindenden Einzügen und Geldeingängen, beispielsweise durch Überweisungen von Sonderabschlagszahlungen, Gebühren zur Garantieverlängerung durch Kunden oder spezielle Paketeinzüge. Das Gros der monatlich zur Verfügung stehenden Liquidität (ca. 80 bis 90 Prozent des Gesamtvolumens) ging jedoch zum Monatsanfang ein. Mit Stand Mai 2009 bewegte sich das Eingangsvolumen von Kundengeldern insgesamt bei ca. 30 Mio. € monatlich, wobei die Tendenz durch den Kundenzuwachs leicht ansteigend war.

(2) Ausgabenseite

Neben den üblichen betrieblichen Ausgaben (Personal, Arbeitsmaterial, usw.) waren weiterhin die Aufwendungen für den Energiebezug, die bereits im Jahr 2008 die Gesamteinnahmen aus dem Energiegeschäft weit überstiegen hatten, der wesentliche Kostenfaktor der U-Gruppe: Zu diesen Aufwendungen gehörten zunächst die reinen Kosten des Energieeinkaufs. Hier war - unter Vernachlässigung des aufgrund seines geringen Umfangs nur marginale Kosten erzeugenden Gasgeschäfts - im Stromsegment im Vergleich zum Ende des Jahres 2008 bis Mai 2009 der Einkaufspreis inklusive EEG-Umlage ausgehend von 86,46 €/MWh im Dezember 2008 auf zuletzt 54,93 €/MWh gesunken. Konsequenz war, dass sich so die Kosten des für die U-Gruppe existenziellen Einkaufs von Strom für die U F4 GmbH trotz steigender Anzahl versorgter Kunden von über 12,7 Mio. € pro Monat (Bezugsmenge ca. 147.000 MWh) auf zuletzt 7,1 Mio. € pro Monat (Bezugsmenge ca. 132.000 MWh) reduzierten. Neben dem Sinken des Stromeinkaufspreises profitierte die Gruppe dabei auch davon, dass die saisonal bedingten, weniger energieintensiven, sog. "hellen" Monate begonnen hatten, in denen der Energiebedarf der Vertragskunden und damit auch die Beschaffungskosten naturgemäß erheblich reduziert waren. Entsprechend schaffte diese Marktentwicklung für die U F4 GmbH eine monatliche Entlastung von bis zu 5 Mio. €. Technisch lief der Stromeinkauf dabei dergestalt ab, dass der jeweilige Stromgroßhändler zu Beginn einer Lieferwoche zu vier festgelegten Terminen im Monat die Kosten inklusive angefallener Aufwandsentschädigungen für die börsliche Abwicklung der Transaktionen abrechnete. Der Gaseinkauf wurde von dem Geschäftspartner jeweils 14 Tage vor Beginn des Liefermonats für den Folgemonat fällig gestellt.

Daneben hatte die U F4 GmbH für den Bezug von Strom auf Grundlage des Gesetzes über erneuerbaren Energien (EEG) eine EEG-Umlage in Höhe von 1,3 ct/kWh zu bezahlen, die zusätzlich zum eigentlichen Einkaufspreis für die Einmischung von Strom aus Produktionen, die erneuerbare Energiequellen nutzen, erhoben wurde. Abhängig von der Abnahmemenge wurde diese von den Übertragungsnetzbetreibern in Rechnung und im Liefermonat fällig gestellt. Neben den Einkaufskosten korrespondierten mit der Energiebelieferung anfallende Netznutzungsentgelte für die Nutzung der dafür erforderlichen Strom- und Gastransportnetze innerhalb Deutschlands, die von den jeweils betroffenen Verteilnetzbetreibern (ca. 900 im gesamten Bundesgebiet) auf der Grundlage individueller Vereinbarungen im Rahmen von Abschlagsplänen im auf den Liefermonat folgenden Monat angefordert und fällig gestellt wurden.

Zuletzt hatte die U F4 GmbH als Steuerschuldner gegenüber dem HZA L10 die für den Energiebezug anfallenden Strom- und Gassteuern zu entrichten. Hierzu meldete die U F4 GmbH im Stromsegment jährlich die Stromsteuer nach § 8 Abs. 6 des Stromsteuergesetzes (StromStG) iVm § 6 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) an und leistete hierzu monatlich fällige Vorauszahlungen auf die zu erwartende Steuerschuld für das laufende Jahr. Bis Mai 2009 war eine Meldung der tatsächlichen Jahresbezugsmengen der U F4 GmbH für 2008 bei dem HZA L10 noch nicht erfolgt. Vielmehr hatte die U F4 GmbH lediglich Vorauszahlungen von 12 Mio. € (1 Mio. € pro Monat auf Basis der Zahlen aus 2007) an das HZA L10 geleistet. Die zu erwartende Jahressteuerschuld für 2008 lag aber - bedingt durch das sprunghafte Wachstum in 2008 - bei über 30 Mio. €, was den Angeklagten wie auch B und K im Mai 2009 auch bekannt war. Darüber hinaus hatte C, gebilligt durch K, die Verschmelzung der "alten" U F4 GmbH auf die nunmehrige neue U F4 GmbH und den damit einhergehenden Wechsel des Steuerschuldners nicht angezeigt, da mit der Meldung der Verschmelzung und des Erlöschens die angefallenen Steuern bis zum Untergang der "alten" U F4 GmbH seitens des HZA L10 sofort fällig gestellt worden wären. Insofern war den Angeklagten wie auch B bewusst, dass die anstehende notwendige Anmeldung der Stromsteuer für das Kalenderjahr 2008 zu massiven Nachforderungen im zweistelligen Millionenbereich und zur Anhebung der noch immer auf 1 Mio. € festgesetzten monatlichen Vorauszahlungen auf über 3 Mio. € pro Monat zu rechnen war. Finanzielle Rückstellungen waren hierfür mangels ausreichender Liquidität nicht gebildet worden, was den Angeklagten bekannt und gebilligt war.

Vor diesem Hintergrund drohten mit der nach § 8 Abs. 4 StromStG bis zum 31.05.2009 notwendigen Anmeldung unter Anrechnung der getätigten Vorauszahlungen zum 25.06.2009 fällige Nachforderungen in Millionenhöhe. Obwohl C und K diese Konsequenz bereits seit Ende 2008 und dem Angeklagten Dr. L und B im Verlauf der ersten Monate 2009 bekannt geworden war, hatten diese weder eine Anpassung der monatlichen Vorauszahlungen veranlasst, noch auf eine frühzeitige Korrektur des Steuerschuldners hingewirkt, wobei selbst die monatlichen, niedrigeren Vorauszahlungen vom 1 Mio. €, die jeweils gemäß § 8 Abs. 7 StromStG für den einzelnen Kalendermonat bis zum 25. des folgenden Kalendermonats fällig gestellt wurden, nur mit einem Verzug von einem Monat beglichen wurden.

(3) Bedarfsorientierte Geldverschiebungen innerhalb der Gruppe

Die für die Begleichung von Forderungen gegen Gesellschaften der Gruppe vorhandenen Gelder wurden zentral bei der U I7 AG unter Leitung des gesondert Verfolgten N4 durch das diesem unmittelbar unterstellte, intern so genannte Cash Management verwaltet. Dabei existierten für die jeweiligen Gesellschaften separate Konten, von denen auch jeweils Forderungen der einzelnen Gesellschaften beglichen wurden. Zwar existierte rechtlich kein sog. Cashpool, da es weder eine vertraglich fixierte noch eine faktische Cashpooling-Vereinbarung gab. Allerdings wurden die einzelnen Konten der Gesellschaften eben nicht unabhängig voneinander geführt, sondern vielmehr lag die gesamte Liquiditätsverwaltung der Gruppe insgesamt bei der U I7 AG. Hiervon umfasst waren auch die Konten der U N8 GmbH und deren Tochtergesellschaften, obwohl diese von den Angeklagten formal als von der U I7 AG unabhängige Schwestergesellschaften deklariert wurden. Im Rahmen dieser umfassenden Liquiditätsverwaltung gestaltete sich die Abwicklung dergestalt, dass bei Fehlbeträgen zur Begleichung offener Forderungen einer Gesellschaft Gelder von anderen Gesellschaften zugeleitet wurden, damit ein Ausgleich der ausstehenden Zahlungen erfolgen konnte.

(4) Zuspitzung der Situation

Spätestens ab 2009 gestaltete sich die Liquiditätslage der Gesamtgruppe so, dass über die U T21 GmbH zu Monatsbeginn bis zu 30 Mio. € am Monatsanfang eingingen, die durch die dann monatlich anfallenden Kosten im Verlauf des jeweiligen Monats massiv abschmolzen, so dass zum Ende des Monats bis zu 20 Mio. € zur Begleichung eigentlich fälliger Forderungen fehlten. Die dann wieder anfallenden Einzüge zu Beginn des nächsten Monats generierten dann wieder kurzfristig einen positiven Saldo, so dass die Gruppe die aufgelaufenen, nicht beglichenen und aber bereits fälligen, als bestehend anerkannten Verbindlichkeiten wie eine "Bugwelle" vor sich hertrug. Zum Stand Ende April 2009 ergab sich so auf der Grundlage eigener Berechnungen des intern zuständigen Cash Managements eine Liquiditätslücke der U-Gruppe von über 20 Mio. €. Dabei fußten die internen Berechnungen auf monatlich erstellten und fortgeschriebenen Liquiditätsplänen, die die Einnahmen und Ausgaben der U-Gruppe auf Gruppenbasis kurzfristig beleuchteten. Hiernach bestanden bereits zum Stand Anfang April 2009 rückständige Strombezugskosten gegenüber Netzbetreibern, die bis in das letzte Quartal 2008 reichten und sich bei den Netznutzungsentgelten auf über 10 Mio. €, bei den EEG-Umlagen auf über 5 Mio. € und bei den Stromeinkaufskosten auf über 4,5 Mio. € aufsummierten. Daneben wurde die für März zum 25.03.2009 fällige Stromsteuervorauszahlung noch nicht beglichen.

Insofern hatte die unternehmerische Entwicklung nicht zu einem Abschmelzen der bereits seit Ende 2008 bestehenden, selbst festgestellten Liquiditätslücke geführt, obwohl angeleitet durch den Vorstand der U I7 AG bewusst der Vertrieb massiv gestärkt und hierüber stetig Neukunden in hoher Zahl akquiriert worden waren. Zudem waren der U I7 AG bereits Ende Februar 2009 über die B11 AG 7,5 Mio. € zugeflossen, die in den internen Berechnungen berücksichtigt war. Ebenso war keine Besserung durch die massive Entlastung von bis zu 5 Mio. € pro Monat für den Strombezug aufgrund des sinkenden Strompreises eingetreten. In dieser Unternehmenslage konnten bisweilen auch Kundengelder nicht pünktlich gezahlt werden, wodurch sich die Anzahl der Verbraucherbeschwerden betreffend der U F4 GmbH bei der Bundesnetzagentur signifikant erhöhte. Waren im gesamten 2008 noch insgesamt 309 Beschwerden eingegangen, belief sich die Anzahl im ersten Halbjahr bereits auf über 380. Inhaltlich betrafen diese mehrheitlich Rechnungsangelegenheiten. Die U-Gruppe wies so im Strombereich hierzu das höchste Beschwerdeaufkommen bei der Bundesnetzagentur auf.

(5) Krisenmanagement

Vor dem Hintergrund dieser zugespitzen Lage praktizierten die Angeklagten C und Dr. L und der Zeuge B, gebilligt durch K, weiterhin ihr ab 2008 eingeführtes System, in welchem vermittels auf Gruppenbasis erstellter Liquiditätspläne im Excelformat, die durch die Mitarbeiter des Cash Managements wöchentlichs bzw. nach Bedarf erstellt und fortgeschrieben wurden, die aktuell fälligen Forderungen aufgelistet und hieraus gezielt diejenigen Verbindlichkeiten bedient wurden, die nach Auffassung des Vorstands der U I7 AG und der kaufmännischen Leitung am dringlichsten zu begleichen waren. Dabei orientierte sich die konkrete Auswahl der zu begleichenden Forderungen jeweils nicht nach den Fälligkeitszeitpunkten, sondern allein danach, welche Forderung subjektiv am dringlichsten zu begleichen war. Die Vorschläge für diese Priorisierungen nach dem Kriterium der subjektiven Dringlichkeiten wurden über die Mitarbeiter des Cash Managements und den gesondert Verfolgten N4 an die Vorstandsmitglieder herangetragen, die darauf basierend die Vorschläge in der Regel billigten. Auf Anweisung der kaufmännischen Leitung erfolgten dann planmäßig die vorrangigen Überweisungen der priorisierten Forderungen unter bewusster Zurückstellung anderer (über-)fälliger Forderungen.

Dieses System hatte K bereits in den 90er-Jahren im Rahmen der T11 Finanz-Gruppe "erfolgreich" praktiziert und dort die bestehende Liquiditätslücke über längere Zeit durch sein Krisenmanagement gezielt vor sich hergeschoben. Spätestens ab 2008, als auch innerhalb der U-Gruppe erste Deckungslücken aufkamen, führten K und C diese Form des Krisenmanagements auch hier ein. In der Unternehmenspraxis erfolgten jedenfalls ab Herbst 2008 bewusst Priorisierungen bei Forderungen von Netzbetreibern (Netznutzungsentgelte und EEG-Umlagen). Dabei wurden die Netzbetreiber in drei Kategorien unterteilt: Zu allererst wurden diejenigen Netzbetreiber bedient, bei denen Eskalationen eingetreten waren, dass über einfache Mahnungen hinaus Sperrungsandrohungen und Mitteilung an die Bundesnetzagentur angedroht und/oder bereits veränderte Zahlungsziele besprochen worden waren. Hierbei wurden Verschiebungen von Fälligkeiten nur bis zu sieben Tage oder nach Absprache avisiert. Auf zweiter Stufe standen diejenigen Netzbetreiber, mit denen zwar unmittelbar keine Gespräche mit der U F4 GmbH zu Zahlungszielen geführt worden waren, wohl aber Eskalationen bei einer Schwestergesellschaft eingetreten waren. In diesem Bereich sollten Fälligkeiten bewusst zwischen drei und vier Wochen hinaus geschoben werden. Letzte Kategorie waren dann diejenigen Netzbetreiber, die bei verspäteten Zahlungen lediglich Mahnungen versandten, bei denen Verschiebungen planmäßig auf bis zu sechs Wochen bewusst in Kauf genommen wurden. Für die Netzbetreiber galt dabei insgesamt für die erfolgreiche Beitreibung fälliger Forderungen der Grundsatz: "Wer sich nicht regte, der hatte Pech!".

Das beschriebene Priorisierungssystem war seit Ende 2008 integraler Bestandteil der Geschäftsabwicklung der U-Gruppe im Energiegeschäft. Sinn und Zweck des Fälligkeitsmanagements seitens der Verantwortlichen der U-Gruppe, hier des Vorstands der U I7 AG in Person der Angeklagten C und Dr. L und des Zeugen B, gebilligt durch K, war, die konsistent bestehenden Deckungslücken gezielt zu kaschieren und nur die Gläubiger zu befriedigen, die die U-Gesellschaften am stärksten bedrängten. Bereits ohne die drohenden Steuerverbindlichkeiten operierte die U-Gruppe insgesamt über ihr "Herzstück" U F4 GmbH so stets am Rande des finanziellen Abgrunds, weil eine Eskalation der bewusst nicht beglichenen fälligen Forderungen bis hin zu deren Vollstreckung stets die angespannte Liquiditätslage in eine Krisensituation kippen lassen konnte. Insbesondere bei den Netzbetreibern reagierten die U-Mitarbeiter auf Weisung des Vorstands so, dass bei eintretenden Eskalationen zeitnah Kontakt zu dem jeweiligem Gläubiger aufgenommen wurde, um mit diesem Stundungen und Ratenzahlungen vereinbaren zu können, wobei diese Kontaktaufnahme teilweise auch dazu diente, die Gläubiger in Erwartung anderer Zahlungsziele zunächst wieder so lange als möglich ruhig zu stellen.

d) Stand der Arbeiten der C3 AG / Investorensuche (Ende Mai 2009)

Im Rahmen der Arbeiten zu dem beauftragten Due Diligence-Bericht legten die Mitarbeiter der C3 AG - aufgrund der schwierigen Datenlage anders als ursprünglich vorgesehen - dem Vorstand der U I7 AG eine Entwurfsfassung erst Ende April 2009 vor, in deren Berichtsteil Legal ausgeführt wurde, dass die für eine Prüfung des gesellschafts- und vertragsrechtlichen Status Quo notwendigen Vertragswerke nur teilweise seitens der U-Mitarbeiter weitergereicht wurden, daneben die zur Verfügung gestellten Unterlagen die tatsächliche Lage auch nur teilweise abbildeten. In der Folgezeit einigten sich die C3 AG und der Vorstand der U I7 AG darauf, dass es für eine Fertigstellung des Berichts einer Aufarbeitung der in dem Berichtsteil Legal aufgezeigten Dokumentationsdefizite bedurfte. Darüber hinaus kam der Bericht zu dem Ergebnis, dass die für 2007 erstellten Jahresabschlüsse der Gruppengesellschaften möglicherweise fehlerhaft waren und einer Neuaufstellung bedurften.

Vor diesem Hintergrund unterstützten Mitarbeiter der C3 AG ab Anfang Mai 2009 die Rechtsabteilung der U I7 AG bei der Aufarbeitung des Status Quo. Hierzu stellten die Mitarbeiter der C3 AG To-Do-Listen zusammen, aus denen sich der Handlungsbedarf für die jeweils betroffenen Gesellschaften erkennen ließ. Darauf aufbauend - beratend begleitet durch die C3 AG - erfolgte in der Rechtsabteilung der U I7 AG auf Weisung des Vorstands eine Revision einzelner Vertragswerke sowie die Einleitung konzerninterner Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Defizite. Trotz dieser Bemühungen gelang eine zur Fertigstellung der Legal Due Diligence notwendige Aufarbeitung des Datenmaterials bis Ende Mai 2009 nicht. Ebenso wenig wurden die beauftragten Abschlussarbeiten für die Jahresabschlüsse 2008 und deren Testierung bis Ende Mai 2009 abgeschlossen, weil eine abschließende Klärung der für eine Prüfung notwendigen Dokumentenbasis durch die Mitarbeiter der C3 AG nicht durchgeführt werden konnte. Unter dem 25.05.2009 stellte die C3 AG dem Vorstand der U I7 unter Einbindung Ks letztmalig einen Entwurf eines Vendor Due Diligence-Berichts zu den Bereichen Finanzen und Steuern unter Ausklammerung des Berichtsteils Legal bereit; eine abschließende Berichtsversion konnte durch die C3 AG aufgrund der unvollständigen Dokumentenbasis nicht erstellt werden. Ab Ende Mai 2009 konzentrierte sich die Arbeit der C3 AG daher allein darauf, zunächst die Aufarbeitung der notwendigen Dokumentenbasis für eine daran anknüpfende Testierung eines Jahresabschlusses beratend zu begleiten. Bis zu einer abschließenden Klärung dieser Dokumentenbasis ruhten die Arbeiten an den Jahresabschlüssen wie auch dem Vendor Due Diligence-Bericht.

Zwischenzeitlich hatte sich K nochmals mit dem Generaldirektor der H4 Export LLC N18 persönlich getroffen, da die von diesem noch im April 2009 verlangte Due Diligence-Prüfung der Unternehmen der U-Gruppe vor dem Hintergrund der Entwicklungen der Prüftätigkeit der C3 AG nicht Erfolg versprechend war. In einem nachfolgenden Schreiben zu diesem Treffen teilte K N18 unter dem 20.05.2009 daher - wahrheitswidrig - mit, dass er "nach Rücksprache mit dem Vorstand und dem amtlich zugelassenen Wirtschaftsprüfer [...] mitteilen" könne, dass die U I7 AG der H4 Export LLC "den Due Diligence-Bericht der C3 E13 AG sowie den Jahresabschluss für das Jahr 2008 voraussichtlich gegen Mitte Juli 2009" liefern könne und der H4 Export LLC im Nachgang dazu vier Wochen für eine Due Diligence-Prüfung bereitgestellt werde. Tatsächlich bestand ein konkret hinterlegtes Interesse der H4 Export LLC bis Ende Mai 2009 nicht. Entsprechend teilte K den Vorstandsmitgliedern der U I7 AG Ende Mai 2009 mit, dass die Verhandlungen mit der H4 Export LLC nicht erfolgreich waren und die Arbeiten für mögliche andere Investoren aus dem russischen oder arabischen Raum weitergeführt werden sollten. Konkrete Zusagen oder Interessensbekundungen anderer Investoren lagen zu dieser Zeit ebensowenig vor wie kurz- bis mittelfristige verbindlich dokumentierte Zusagen der Altaktionäre.

e) Ausgangslage der Gruppe Ende Mai 2009

Mit Stand Ende Mai 2009 war die Liquiditätslage der U-Gruppe vor dem Hintergrund der nachgezeichneten Entwicklung trotz verbesserter Rahmenbedingungen angespannt. Auch die von C und K Ende 2008 noch erwarteten starken Liquiditätszuflüsse aus den Anfang 2009 wieder fällig werdenden Jahresvorauszahlungen der zahlreichen Anfang 2008 akquirierten Stromkunden hatten nicht die erwartete Entspannung gebracht. Infolgedessen war die ordnungsgemäße Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs vornehmlich an das planmäßige Verschieben von Fälligkeiten in dem nachgezeichneten Priorisierungssystem und die Ankurbelung der Kundenakquise gekoppelt. Trotz wachsender Kundenzahlen gab es zu dieser Zeit noch immer keine realistische Perspektive für eine Umstellung der existierenden, veralteten Buchhaltung auf ein neues adäquates System, wenngleich hierzu zahlreiche Bemühungen in Gang gesetzt worden waren. Dass bereits bei Auftragsvergabe an die C3 AG durch K angeführte und den beiden Angeklagten bekannte dringende Bedürfnis nach externen Geldmitteln von bis zu 100 Mio. € bestand so zumindest in gleicher Art und Weise fort, ohne dass es gelungen war, tatsächlich konkrete Investoren anzuwerben. Die weitere Investorensuche gestaltete sich auch deshalb weiterhin schwierig, weil die C3 AG, die den für jeden Verkauf an einen seriösen Investor notwendigen, zum 31.03.2009 aufzustellenden Jahresabschluss 2008 für die Gruppe und deren zugehörige Einzelgesellschaften testieren sollte, die Arbeiten hieran wie auch an dem in Auftrag gegebenen Due Diligence-Bericht für potenzielle Käufer eingestellt hatte, weil zunächst die dafür notwendige Klärung der Dokumentenbasis abgeschlossen sein musste. Insofern war nicht nur ein Testat für einen Jahresabschluss, sondern auch ein für einen (Teil-)Verkauf notwendiger Due Diligence-Bericht zunächst in weite Ferne gerückt und eine Wiederaufnahme dieser Arbeiten durch die C3 AG nicht absehbar.

Ohne die dringend benötigten externen Kapitalmittel war eine nachhaltige Verbesserung der Liquiditätslage nicht realisierbar, zumal nunmehr Steuernachzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe drohten. Eine Anmeldung der tatsächlichen Jahresbezugsmengen der U F4 GmbH für 2008 bei dem HZA L10 musste bis zum 31.05.2009 erfolgen, wurde aber seitens des Vorstandes der U I7 AG bis dahin nicht vorgenommen. Bereits ohne die drohenden, zum 25.06.2009 fällig werdenden Steuerverbindlichkeiten operierte die U-Gruppe insgesamt über ihr "Herzstück" U F4 GmbH so stets am Rande des finanziellen Abgrunds, weil jede Eskalation der bewusst nicht beglichenen, fälligen und als bestehend anerkannten Forderungen bis hin zu deren Vollstreckung stets die angespannte Liquiditätslage in eine insolvenzrechtlich relevante Krisensituation kippen lassen konnte. Diese Situation und das zugrunde liegende Priorisierungssystem waren den Angeklagten bekannt und bewusst und als solche selbstverständliche Teile der von ihnen gewollten Geschäftspraxis seit Ende 2008 bzw. hinsichtlich Dr. L seit dessen Amtsantritt.

2. Die abgeurteilte Tat 1 im Einzelnen

a) Eskalation durch Nachzahlungsbescheide des HZA L10 (Juni 2009)

(1) Nachmeldung zur Stromsteuer für das Jahr 2008

Nachdem der gesondert Verfolgte N4 am 02.06.2009 schließlich die tatsächlichen Jahresbezugsmengen für Strom aus 2008 dem HZA L10 verspätet gemeldet hatte, erließ dieses unter dem 04.06.2009 - wie den Angeklagten bekannt und von diesen auch in dieser Größenordnung erwartet - einen Jahresbescheid für die Stromsteuer 2008 für die U F4 GmbH, durch den diese - nach Berücksichtigung 12 Mio. € geleisteter Vorauszahlungen - zur Nachzahlung von 18.823.459,70 € bis zum 25.06.2009 aufgefordert wurde. Mit Bescheid vom gleichen Tag passte das HZA L10 zudem die Höhe der bisherigen monatlichen Vorauszahlungen von 1 Mio. € auf 3.285.432 € an. Beide Bescheide wurden mangels der Einlegung von Rechtsmitteln durch die Steuerschuldnerin bestandskräftig. Mit den darüber hinaus bestehenden, durch das praktizierte Verschiebesystem (über-)fälligen Lieferantenverbindlichkeiten von zu dieser Zeit weit über 20 Mio. € sah sich die U F4 GmbH damit fälligen Forderungen in einer Größenordnung von ca. 40 Mio. € gegenüber, die sie nach gruppeninterner Einschätzung, so auch der Angeklagten, nicht bedienen konnte bzw. können würde.

(2) Reaktionen der C3 AG und der Führungsebene

Da weder die Angeklagten noch B die Mitarbeiter der C3 AG darüber in Kenntnis gesetzt hatten, dass im Juni 2009 fällig werdende Steuerverbindlichkeiten in zweistelliger Millionenhöhe drohten, erfuhren diese hiervon erst am 09.06.2009: Der Zeuge K2, der zusammen mit dem gesondert Verfolgten T6 an der Aufarbeitung der Dokumentenbasis gearbeitet hatte, bekam von diesem die Bescheide des HZA L10 vorgelegt. Entsprechend unterrichtete K2 zunächst seine Vorgesetzten, den Zeugen M2 und Dr. H2, telefonisch, dass ein existenzgefährdendes Liquiditätsproblem im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt geworden sei, durch welches die vorhandenen Mittel nicht zur Begleichung der nunmehr anfallenden Steuerverbindlichkeiten ausreichten. Entsprechend informierte M2 wiederum B als Finanzvorstand über die neue Sachlage. Auf Anraten der C3 AG informierte B seinerseits den Vorstand und Aufsichtsrat der U I7 AG über die neue Situation mit der Maßgabe, dass am nächsten Morgen eine außerordentliche Vorstandssitzung unter Beteiligung der C3 AG stattfinden sollte. Zugleich setzte er für den 11.06.2009 ein Gespräch zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsratsmitglied K zur Besprechung der aktuellen Lage an. Wegen der prekären Situation kündigte die C3 AG durch den Mitarbeiter Dr. G10 im Auftrag des Vorstands der U I7 AG und des Angeklagten C als Geschäftsführer der U F4 GmbH gegenüber dem HZA L10 am 09.06.2009 weiter an, dass die C3 AG für die U F4 GmbH anlässlich der anstehenden Steuernachforderungen einen Stundungsantrag stellen werde, da die Mandantin sich derzeit in einer wirtschaftlichen Situation befände, die die vollständige Zahlung des ausstehenden Betrages zum Fälligkeitstag nicht zulasse. Ohne die Stundung des erhobenen Stromsteuerbetrags sei die Insolvenz des Unternehmens nicht abzuwenden.

(3) Erste Maßnahmen der Führungsebene

(i) Außerordentliche Vorstandssitzung vom 10.06.2009

Schließlich fand am Morgen des 10.06.2009 eine außerordentliche Vorstandssitzung der U I7 AG unter Beteiligung aller Vorstände, des gesondert Verfolgten T6 sowie M2 und K2 von der C3 AG statt, in der die C3 AG als Ergebnis ihrer wirtschaftlichen Aufarbeitung der Liquiditätslage zu dem Ergebnis kam, dass - auch bei einer Stundung der Nachzahlung der Stromsteuer 2008 in Höhe von 18,8 Mio. € - der U-Gruppe für die Verbindlichkeiten der U F4 GmbH bis zum 25.06.2009 Kapitalmittel von 15,5 Mio. € zufließen mussten, um eine Insolvenz abwenden zu können. M2 und K2 teilten weiter mit, dass eine Testierung der Jahresabschlüsse überhaupt erst möglich sein würde, wenn neben einer Stundung entsprechende Kapitalmittel in dieser Höhe geflossen sein sollten. Die anwesenden Vorstandsmitglieder, die Angeklagten sowie B, trafen dazu den Beschluss, dass zum Stand 10.06.2009 "gemäß den Berechnungen" der C3 AG "eine Illiquidität festgestellt" sei und darüber hinaus folgendes:

"Das Rechnungswesen und das Controlling werden angewiesen, die Liquiditätsübersicht zu verifizieren und dem Vorstand einen endgültigen Stand zu melden. Ab diesem Datum besteht eine 3-wöchige Insolvenzantragspflicht für Vorstände und Geschäftsführer."

Im Vorstand kam man weiter überein, dass eine Klärung mit K und dann zeitlich nachfolgend den weiteren Aufsichtsräten erfolgen und weiter die Prüfung möglicher Maßnahmen durch einen auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalt veranlasst werden musste. Im Nachgang stellte die C3 AG auch die Abschluss bezogenen Prüfungstätigkeiten für die U-Gruppe bis auf Weiteres ein und unterstützte diese nur noch im Hinblick auf die mögliche Erwirkung einer Stundung der Forderungen des HZA L10. Direkt im Anschluss an die Vorstandssitzung fand intern eine erweiterte Sitzung statt, an der auf U-Seite zusätzlich noch die gesondert Verfolgten E3 und O als Geschäftsführer der U Communications GmbH bzw. der U N8 GmbH teilnahmen. Letztere beiden wurden durch C über das Ergebnis der vorherigen Vorstandssitzung unterrichtet und darauf hingewiesen, dass nunmehr "jeder Einzelne [...] für sich das Haftungsrisiko klären und Rechtsberatung einholen" müsse.

(ii) Widerruf des bisherigen Erlaubnisscheins als Stromversorger

Unterdessen widerrief das HZA L10 den bisherigen Erlaubnisschein der "alten" U F4 GmbH (HRB ... AG T14) für die Tätigkeit als Stromversorgerin, da diese zum 19.11.2008 aufgrund der vorgenommenen Verschmelzungen erloschen war und forderte den Angeklagten C als Geschäftsführer der neu gegründeten U F4 GmbH (HRB ...# AG T14) nunmehr auf, den erteilten Erlaubnisschein bis 30.06.2009 zurückzureichen und umgehend für die "neue" U F4 GmbH einen solchen zu beantragen. Da letztere bislang ohne erforderlichen Erlaubnisschein am Markt operiert hatte, zog dies nach § 8 Abs. 9 StromStG eine sofortige Fälligkeit bisher tatsächlich entstandener Stromsteuern für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 nach sich. Unter Anrechnung bereits geleisteter Vorauszahlungen von 4 Mio. € ergaben sich hieraus - auf Basis der kurzfristig abgegebenen Steueranmeldung am 18.06.2009 - für die U F4 GmbH eine weitere - von der C3 AG bei ihrer Bewertung noch nicht berücksichtigte und zunächst auch nicht bekannte - Zahlungsverbindlichkeit in Höhe von 16.316.959,60 € bei einer für 2009 zu erwartenden Steuerschuld von über 40 Mio. €. Die Forderung war jedenfalls mit Abgabe der Steueranmeldung am 18.06.2009 von Gesetzes wegen gemäß § 8 Abs. 9 StromStG fällig, ein gesonderter Bescheid hierzu erging nicht. Auch diese Forderung konnte die U F4 GmbH nach gruppeninterner Einschätzung, auch der Angeklagten, nicht bedienen. Auf den zuvor erteilten Hinweis des HZA L10 beantragte C dann am 18.06.2009 bei diesem für die "neue" U F4 GmbH die Erlaubnis zur Leistung von Strom als Stromversorgerin.

(iii) Gespräch zwischen der C3 AG und K vom 11.06.2009

Schließlich fand am 11.06.2009 in der T4 bei K ein weiteres Treffen zwischen diesem und dem Vorstand der U I7 AG statt, in welchem die aktuelle Situation besprochen werden sollte. Via Telefon waren hierzu zeitweise auch die Mitarbeiter der C3 AG, M2 und K2, aus Deutschland zugeschaltet. Hierbei erörterte M2 aus Sicht der C3 AG die Situation der Gruppe so, dass die U F4 GmbH und mit dieser auch die U I7 AG jedenfalls zahlungsunfähig seien, sofern die Steuerverbindlichkeiten gezahlt werden müssten. Insofern seien ohne einen positiven Stundungsbescheid des HZA L10 entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Im Einvernehmen mit den Beteiligten stellte ein Mitarbeiter der C3 AG für die U F4 GmbH noch am gleichen Tag schriftlich - ohne weitere Begründung - einen Antrag auf Stundung hinsichtlich der festgesetzten Nachzahlung der Stromsteuer 2008 sowie deren Aussetzung der Vollziehung.

(iv) Insolvenzrechtliche Beratung für den Vorstand

Wie beabsichtigt ließen sich die Angeklagten und B dann in einer Besprechung am 15.06.2009 jedenfalls unter Anwesenheit von T6 von dem mit B bekannten, damaligen Partner der Rechtsanwaltskanzlei N3, M8 & C4 LLP, dem Zeugen S, zu den rechtlichen Pflichten und Konsequenzen im Hinblick auf die von der C3 AG dargelegte Situation beraten. Insbesondere wies Rechtsanwalt S alle Beteiligten darauf hin, dass ab dem Zeitpunkt des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens eine dreiwöchige Frist ausgelöst würde, nach deren ergebnislosen Ablauf eine Insolvenzantragspflicht der Vorstände bzw. Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft bestehe. Eine unterlassene Antragstellung zu diesem Zeitpunkt sei dann als Insolvenzverschleppung strafbar. Darüber hinaus empfahl S eine insolvenzrechtliche versierte Rechtsanwaltskanzlei zur verbindlichen Klärung der Situation hinzuzuziehen.

(v) Weiterbetreiben des Priorisierungssytems

In dieser Zeit erhielten die Mitglieder des Vorstands wie auch K via E-Mail durch C jeweils aktuelle Liquiditätspläne, anhand derer das bestehende Priorisierungssystem mit deren Einverständnis auch in der vorliegenden Krisensituation weiter betrieben wurde, um die neben den Steuerverbindlichkeiten bestehenden weiteren, (über-)fälligen Netzbetreiberverbindlichkeiten in Höhe von weit über 20 Mio. € überhaupt noch steuern zu können. Allein durch das - die tatsächlichen Fälligkeitszeitpunkte bewusst außer acht lassende - Priorisierungssystem nach den Kriterien des jeweiligen Eskalationsgrades gelang es, trotz bewusster Nichtzahlung bestimmter, fälliger Forderungen existenzbedrohende Eskalationen überhaupt abzuwenden. Immer dann, wenn nämlich der jeweilige Netzbetreiber als Gläubiger solche Maßnahmen am Ende des Mahnprozesses androhte, war es Unternehmensraison der U-Gruppe diese schnellstmöglich priorisiert per Überweisung zu zahlen. Voraussetzung des Systems war, dass Einzugsermächtigungen an Netzbetreiber nur in bereits eskalierten Fällen situativ - z. B. zur Abwendung drohender Sicherheitsleistungen - herausgegeben wurden, da bei einem Einzug zum Fälligkeitszeitpunkt durch die Netzbetreiber eine vollständige Zahlung nicht möglich gewesen wäre mit der Konsequenz eines unmittelbaren Zusammenbruchs des Geschäftsbetriebs. Durch dieses den Angeklagten bekannte und goutierte Verschiebesystem, indem auf deren Anweisungen bzw. mit deren Billigung die Mitarbeiter bewusst den eigentlichen Fälligkeitszeitpunkt der kreditorischen Forderungen nach eigenem Gutdünken soweit als irgend möglich einseitig nach hinten verschoben, verschafften sie sich jeweils einen "Kredit", der es ihnen überhaupt ermöglichte, den Geschäftsbetrieb noch aufrechterhalten zu können.

(vi) Auflegen von Powerpaketen

Zudem entwickelte der für den Vertrieb zuständige Angeklagte C auch die Idee, zur Verbesserung der Liquiditätslage die sog. Powerpakete aufzulegen, die zunächst nur Neukunden die Möglichkeit bieten sollten, zu ihren gewählten Tarifen ein optionales Freivolumen an kWh-Stunden Strom zu kaufen, für dessen Bezug volumenabhängig abgestufte Reduzierungen zu dem Normaltarif (ausgehend von 2 ct / kWh jedes nächstgrößere einen weiteren Cent je kWh) gewährt wurden, die umso höher waren, je mehr Volumen hinzugebucht wurde. Um die Attraktivität der Angebote zu steigern, nahm der Vorstand der U I7 AG gezielt in Kauf, dass die angebotenen Strompreise in Bezug auf die aktuelle Marktlage bestenfalls gerade kostendeckend waren. Der Erwerb eines Powerpakets erforderte von dem Kunden eine im Voraus zu zahlende Einmalzahlung, die sich in der Preisspanne zwischen 85 € (XS-Paket) und 715 € (XL-Paket) bewegte. Ziel der Paketaktion war es aus Sicht der Angeklagten, schnell und umfangreich durch die Vorauszahlungen "Liquidität aus der Zukunft zu holen", um die aktuell schwierige Lage durch diese zusätzlichen Zuflüsse meistern zu können. Der Vertrieb startete - mit Billigung der Angeklagten sowie des Zeugen B - ab 17.06.2009 und war für Neukunden befristet bis zum 31.07.2009.

(vii) Aufsichtsratssitzung vom 19.06.2009

Am 19.06.2009 fand eine Aufsichtsratssitzung der U I7 AG statt, an der neben den Mitgliedern des Aufsichtsrats auch C teilnahm. In der Sitzung berichtete C über die von ihm initiierte neue Produktinitiative der Powerpakete und deren Hintergründe, der seitens des Aufsichtsrats - in Kenntnis der Liquiditätslage und der riskanten Tarifstruktur - einstimmig qua Beschluss zugestimmt wurde. Zur Liquiditätslage gab es folgenden Bericht an den Aufsichtsrat:

"Die bislang zugesagte Finanzierung der Stromsteuernachzahlung über € 18,8 Mio. über Factoring ist nicht zustande gekommen. Die notwendige Zahlung wird sich nicht nur auf die Stromsteuernachzahlung, sondern auch auf die Hinterlegung eines Deposits zur Erlangungen einer Stromlieferungsgenehmigung von zusätzlich ca. 9,0 Mio. belaufen. Damit ist es akut erforderlich, dass innerhalb kürzester Zeit zusätzliche Geldmittel dem Unternehmen zufließen. Die C3 sieht den Geldbedarf bei wenigstens 16 Mio. im Falle einer Stundung der Stromsteuer und in Höhe von 24 Mio. für den Fall, dass eine Stundung abgelehnt wird. Der Vorstand schlägt hierzu eine Kapitalerhöhung und den Verkauf der eigenen Aktien vor."

Hierbei war noch nicht berücksichtigt, dass für 2009 weitere ca. 16,3 Mio. € an fälligen Steuerverbindlichkeiten gegenüber dem HZA L10 bestanden. Zur Beschaffung der seitens des Vorstandes als notwendig erkannten, externen Geldmittel beschloss der Aufsichtsrat einstimmig, dass die Aktionäre (im Wesentlichen repräsentiert durch Gesellschaften Ks oder Dr. B2 T3s) der U I7 AG aufgefordert werden sollten, eine Kapitalerhöhung um 5 Mio. Aktien im Nennwert von 1 € vorzunehmen.

(viii) Banken und Investoren

Nachdem es zu Schwierigkeiten bei den Lastschrifteinzügen mit der bisherigen Bank, der S11bank Q6 (im Folgenden: "S11 Q6") gekommen war und diese Lastschrifteinzüge nicht mehr durchführte, hatte B die E4 Bank AG als Bankinstitut akquirieren können, über die deshalb zu dieser Zeit die Lastschrifteinzüge bei den Kunden zunächst erfolgten. Dieses Engagement bedurfte aber in der Folgezeit einer Vorlage eines testierten Jahresabschlusses für 2008 in Verbindung mit einer positiven Gremienentscheidung seitens des Bankinstituts. Konkrete Angebote von Investoren - wie den Angeklagten bekannt und bewusst - existierten zu dieser Zeit nicht. Zwar wurde, gesteuert durch K, weiterhin H4 als potenzieller Investor gehandelt. Ein solches Engagement bedingte allerdings eines testierten Jahresabschlusses sowie eines Due Diligence-Berichts, deren Fertigstellung in weite Ferne gerückt war, weil die C3 AG sämtliche in diese Richtung zielende Tätigkeiten auf unbestimmte Zeit eingestellt hatte. Ein realistischer Termin hierzu war mit Blick auf die derzeitige Unternehmenssituation nicht absehbar. Daneben hatte die U I7 AG, wiederum durch B, Geschäftsbeziehungen zu der W4 Bank AG aufgenommen, über die im Wege des Factorings kurzfristig ein bestimmtes Kreditvolumen bereitgestellt werden sollte. Auch hier bedurfte es in der Folgezeit einer Vorlage eines testierten Jahresabschlusses für 2008 in Verbindung mit einer positiven Gremienentscheidung seitens des Bankinstituts. Aus den gleichen Gründen konnte ein konkretes Beratungsmandat mit der M6 AG, die bereits Vorbereitungen für eine Marktansprache zur Investorensuche getroffen hatte, nicht abgeschlossen werden.

Im Verlauf des Juni 2009 teilte K den Vorstandsmitgliedern der U I7 AG mit, dass die Verhandlungen mit der H4 Export LLC nicht erfolgreich waren und die Arbeiten für mögliche andere Investoren aus dem russischen oder arabischen Raum weitergeführt werden sollten. In diesem Zusammenhang war es K über seine T4er Firmen und seinen dortigen Vertrauensmann W6 gelungen, in Russland Kontakt zu dem Unternehmen F11 LLC mit Sitz in N19, einem der größten russischen Stromversorger (im Folgenden: "F11"), herzustellen, mit denen man ab Ende Juni 2009 in unverbindliche Sondierungsgespräche eintrat, wobei F11 bereits ab diesen ersten Kontakten signalisierte und zusagte, dass man dort grundsätzlich bereit sei, die U-Gruppe mit ausreichender Liquidität gleich welcher Höhe auszustatten. Zu konkreten Verhandlungen oder Vereinbarungen über die kurzfristige Bereitstellung von Geldmitteln kam es indes in der Folgezeit zunächst bis Ende 2009 nicht, was den Angeklagten auch bekannt und bewusst war. Auch hatte die U I7 AG trotz der Ankündigung F11s keinen direkten uneingeschränkten Zugriff auf die Finanzmittel dieser Gesellschaft und es wurden keine Geldmittel seitens der U-Gruppe abgerufen. Darüber hinaus lagen - wie den Angeklagten bekannt - konkrete Zusagen oder Interessensbekundungen anderer Investoren zu dieser Zeit ebensowenig vor wie kurz- bis mittelfristige verbindlich dokumentierte Zusagen der Altaktionäre. Im Verbund wurde C zudem unter Abberufung aller bisherigen Geschäftsführer als Alleingeschäftsführer und M10 als Prokurist der F6 GmbH bestellt.

(4) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Nach Einleitung des Stundungsverfahrens durch Stundungsantrag vom 11.06.2009, in dem die hierfür beauftragte C3 AG in Abstimmung mit den Angeklagten ausführte, dass sich die steuerpflichtige U F4 GmbH in einer "schwierigen wirtschaftlichen Lage" befände, "in der die sofortige Zahlung des gesamten Steuerschuld eine erhebliche Härte bedeute", unterrichtete der intern hierfür zuständige Mitarbeiter im HZA L10, ZOAR M9 (Fachgebietsleiter der Sachabteilung Rechtsbehelfsverfahren), seine Behördenleitung über den Sachstand. In dem Stundungsantrag, der noch keine hinreichende Begründung enthielt, hatte die C3 AG für die U F4 GmbH ebenso wie bereits am 09.06.2009 einen Besprechungstermin zur weiteren Erläuterung angeregt sowie die Nachreichung von weiteren Antragsergänzungen in einem solchen Termin angekündigt. Aufgrund der hohen Summen rückständiger Steuern informierte der Behördenleiter des HZA L10, L12, den Präsidenten der Bundesfinanzdirektion West (im Folgenden: "BFD West"), I10, über die Sachlage und übersandte noch am 19.06.2009 auf dem Dienstweg eine Anzeige der voraussichtlichen Steuerausfälle in Höhe von insgesamt ca. 35,1 Mio. € mit der Begründung, dass es eher unwahrscheinlich sei, dass dem Stundungsantrag stattgegeben werde könne, da die hohe Wahrscheinlichkeit einer direkten Zahlungsunfähigkeit bestehe.

(i) Interne vorherige Abstimmung der Steuerbehörden

Bereits in dieser Zeit gab es Gespräche zwischen den involvierten Behörden, HZA L10 und BFD West, hinsichtlich des weiteren Vorgehens, abgestimmt mit der obersten Dienstbehörde, dem Bundesministerium der Finanzen, dahingehend, wie mit dem Stundungsbegehren der U F4 GmbH umgegangen werden sollte. Dabei wussten sämtliche Entscheidungsträger dort seit dem 09.06.2009 mit der Ankündigung des Stundungsantrags durch die C3 AG, dass sich die U F4 GmbH anlässlich der anstehenden Steuernachforderungen in einer wirtschaftlichen Situation befand, die die vollständige Zahlung des ausstehenden Betrages zum Fälligkeitstag nicht zuließ und ohne eine Stundung des erhobenen Stromsteuerbetrags eine Insolvenz des Unternehmens wie auch dann der U-Gruppe nicht abzuwenden war. Gleichsam war es Konsens der involvierten Behörden, dass auf Basis des bisherigen Informationsstandes es eher unwahrscheinlich war, dass dem Stundungsantrag stattgeben werden können würde, da gerade eine "hohe Wahrscheinlichkeit der direkten Zahlungsunfähigkeit" bestehe und die gesetzlich geforderten Voraussetzungen einer Stundung nicht vorlagen. In Ansehung ebendieser Situation kamen die involvierten Sachbearbeiter bis zum 23.06.2009 zu dem Ergebnis, dass - solange eine Prüfung noch erfolgte - zunächst von einer Vollstreckung der Stromsteuerforderung ab dem 25.06.2009 abgesehen werden sollte. Im diesem Kontext gingen alle Bearbeiter der betroffenen Steuerbehörden davon aus, dass eine Ablehnung des Stundungsantrags und Beitreibung der Stromsteuernachforderungen durch Vollstreckung in jedem Fall eine Insolvenz der U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG nach sich ziehen würde und die U F4 GmbH und damit auch die U I7 AG ohne die Stundung bereits ab dem 25.06.2009 zahlungsunfähig waren.

(i) Besprechung vom 23.06.2009 (U / HZA L10)

Nach Aufforderung zur Begründung des Stundungsantrags durch das HZA L10 fand schließlich am 23.06.2009 die angeregte Besprechung in den dortigen Räumlichkeiten statt, an der neben dem Leiter des HZA L10 auch die Zeugen ZOAR M9 und ZAR X4 sowie weitere befasste Mitarbeiter des HZA L10 teilnahmen. Daneben waren C, B, N4 und T6 sowie die Mitarbeiter der C3 AG, I11 und L16, anwesend. In der Besprechung sollten die Verantwortlichen der U-Gruppe die Begründung für die beantragte Stundung ausführen. Entsprechend erläuterte B - im Einverständnis und abgestimmt mit den Angeklagten - in der Besprechung folgendes: Die Gruppe sei von rasantem Kundenwachstum überrannt worden und man habe bis März 2009 wegen des hohen Strompreises nicht kostendeckende Tarife gehabt, schreibe aber jetzt seit April 2009 wegen des sinkenden Stromeinkaufspreises erstmals operativ Gewinne. Diese Situation habe zu einer Liquiditätsunterdeckung geführt. Wegen dieser Liquiditätslage könne ein testierter Abschluss nicht erstellt werden, da derzeit eine positive Fortführungsprognose nicht bestehe. Insofern bedürfte es einer Stundung der Forderungen, da ansonsten die Existenz des Unternehmens gefährdet sei. Seit 10.06.2009 laufe die Antragsfrist, insofern brauche man bis spätestens 01.07.2009, dem Ende der Frist, Klarheit über die Fälligkeit. Das Problem sei nämlich nicht die Verbindlichkeit als solche, sondern allein der Zeitpunkt der Fälligkeit, da man für das Finden von Investoren noch zwei bis drei Monate benötige. Man werde das "Beste geben", um sich noch Kapital zu besorgen. Hinsichtlich der weiteren Steuerverbindlichkeit wie auch der notwendigen Anpassung der Vorauszahlungen sei man von dem eigenen Steuerberater falsch beraten worden. Seitens der C3 AG, hier durch den Berater I11, wurde zudem ergänzend vorgetragen, dass bereits jede eingeforderte Sicherheitsleistung ebenfalls Anlass für einen Insolvenzantrag bieten würde. Insofern sei eine Stundung besser für den Fiskus als die Alternative einer Insolvenz. Sollte es kein positives Signal für eine Stundung geben, dürften keine Zahlungen mehr an Gläubiger geleistet werden. Im Übrigen nahmen die C3 AG und die Teilnehmer der U-Gruppe Bezug auf die überreichten schriftlichen Erläuterungen des Angeklagten C vom 23.06.2009 und erweiterten mündlich ihren Stundungsantrag nun auch auf die ausstehenden Stromsteuerzahlungen für das Jahr 2009. Nach Hinweis des HZA L10, dass die ebenso beantragte Aussetzung der Vollziehung eine Anfechtung der Steuerfestsetzung voraussetze, die gerade gegen die auf eigenen Steueranmeldungen beruhenden Bescheide nicht erfolgt war, wurde dieser Antrag nicht weiter verfolgt. In der anlässlich der Besprechung überreichten schriftlichen Erklärung Cs vom 23.06.2009 führte dieser weiter u.a. folgendes aus:

"[...] 4. Liquiditätsstatus der U-Gruppe Im Juni 2009

Bereits Im Geschäftsjahr 2008 war abzusehen, dass eine Steuernachforderung entstehen würde, die im Jahresabschluss 2008 durch eine entsprechende Steuerrückstellung bilanziell erfasst wurde. Der Liquiditätsbedarf wurde für Juli 2009 erwartet. Die Finanzierung der Steuernachforderung war aus damaliger Sicht des Vorstandes folgendermaßen gesichert:

Seit Ende 2008 wird auf Wunsch der Hauptgesellschafter der U-Gruppe der Komplettverkauf der Unternehmung angestrebt. Aufgrund des bereits fortgeschrittenen Alters des Hauptgesellschafters möchte sich dieser desinvestieren.

Zur Umsetzung dieses Anliegens wurde die Investmentbank M6 beauftragt. Als Bedingung für einen Erwerb der U-Gruppe ist in diesem Zusammenhang die Stärkung des Eigenkapitals festgehalten worden. Mit dieser Eigenkapitalstärkung wäre die geplante Steuernachzahlung gedeckt gewesen.

Die im Frühjahr begonnenen Verkaufsverhandlungen mit potentiellen Investoren setzten testierte Jahresabschlüsse voraus. Das exponentiell starke Wachstum und diverse Verschmelzungen zur Verschlankung der Unternehmensstruktur sowie die Tatsache, dass einige Unternehmen der U-Gruppe erstmalig prüfungspfllchtig sind, führten zu einem enormen buchhalterischen Aufwand und damit einhergehenden Verzögerungen in der Erstellung der Jahresabschlüsse 2008. Derzeitig wird mit einem Prüfungsabschluss seitens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C3 voraussichtlich erst Ende Juli 2009 zu rechnen sein.

[...] Aufgrund der konzernintemen Verflechtungen ist die Liquiditätsplanung und -steuerung nur auf Gruppenebene sachgerecht und sinnvoll, deshalb findet der im Folgenden beschriebene Liquiditätsstatus auf Gruppenebene statt.

Die Deckungslücke von kurzfristig verfügbarer Liquidität zu fälligen Verbindlichkeiten beträgt zum 18.06.2009 € 6,7 Mio. Diese Liquiditätslücke wird sich bis Ende Juni - inklusive der Nachzahlung der Stromsteuer 2008 (Bescheid vom 4.6.2009 in Höhe von € 18,8 Mio.) - und einer kalkulierten Sicherheitsleistung von 2 Monatsraten der derzeitigen Vorauszahlungen in Höhe von kumuliert € 6,6 Mio. auf einen Betrag von ca. € 50,7 Mio. erhöhen. Ohne weitere Maßnahmen wäre die U-Gruppe, trotz ansonsten positiven Rentabilitäts- und Liquiditätsprognosen, zahlungsunfähig.

Demnach bedeutet die sofortige Zahlung des gesamten Steuerschuldbetrages in Höhe von € 18.823.459,70 eine erhebliche Härte. Diese Deckungslücke kann von den derzeitigen Gesellschaftern kurzfristig nicht vollständig geschlossen werden.

5. Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Liquiditätssituation:

Aus dem Verkauf von vorhandenen eigenen Aktien sowie einer Rückzahlung eines ausgereichten Darlehens kann ein Betrag von € 10 Mio. innerhalb der nächsten zwei Wochen generiert werden. Darüber hinaus hat der Gesellschafterkreis am 19.6.2009 eine Kapitalerhöhung um nominal € 5 Mio. beschlossen, die kurzfristig platziert werden können. Hier werden bereits Gespräche mit potentiellen Investoren geführt. Diese Platzierung kann erfahrungsgemäß mehrere Wochen bzw. Monate in Anspruch nehmen und daher hier noch nicht berücksichtigt werden.

[...] Für eine Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der U-Gruppe ist eine Stundung des Nachzahlungsbetrages 2008 auf 24 Monate notwendig, unter der Voraussetzung. dass keine Sicherheitsleistungen vom Hauptzollamt erhoben werden. [...]"

Die in den Erläuterungen ausgeführten Berechnungen enthielten noch nicht die ebenfalls fälligen Stromsteuerverbindlichkeiten für das erste Halbjahr 2009 in Höhe von ca. 16,3 Mio. €. In der Besprechung sicherten die Vertreter des HZA L10 der U-Gruppe eine Entscheidung über das weitere Vorgehen bis zum 01.07.2009 zu und teilten diesen die zuvor abgestimmte Entscheidung mit, dass man bis zum Abschluss der Prüfungen betreffend den Stundungsantrag die Stromsteuernachforderungen zunächst nicht vollstrecken werde.

(ii) Zahlungsunfähigkeit bei Fälligkeit der Steuerforderungen

Entsprechend der Ankündigungen gegenüber dem HZA L10 flossen der U T21 GmbH am 23.06.2009 über die Gesellschaft T16 T4er Factoring AG als Kaufpreis für einen Forderungsverkauf im Wege des Factoring 8,2 Mio. € zu. Ebenso beschlossen die Aktionäre der U I7 AG in einer außerordentlichen Hauptversammlung vom 25.06.2009, dass das Grundkapital der Gesellschaft bis 31.12.2011 durch Ausgabe von Inhaberaktien zum Nennwert von 1 € je Aktie auf 20 Mio. € erhöht werden sollte, was nachträglich durch Vorstand und Aufsichtsrat genehmigt wurde. Der Ausgabebetrag der Aktien sollte bei 5,50 € liegen, bei 5 Mio. Aktien also maximal 27,5 Mio. € einbringen. Neben diesen formalen Beschlüssen existierte ein realistischer Zeitplan für erste Zeichnungen solcher Aktien - wie den Angeklagten auch bekannt - indes nicht.

Parallel hierzu teilte der Leiter des HZA L10 am 24.06.2009 der BFD West mit, dass er beabsichtige, den Stundungsantrag der U F4 GmbH abzulehnen, da die Voraussetzungen für eine Stundung nach § 222 Abgabenordnung (AO) nach der schriftlichen Antragsbegründung vom 23.06.2009 und dem ergänzenden mündlichen Vortrag in der Besprechung vom selben Tag nicht vorlägen und die Unternehmensvertreter keinen Zweifel daran gelassen hätten, dass umgehend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt werden müsse, wenn das Hauptzollamt bereits die fälligen Stromsteuerschulden für die Jahresabrechnung 2008 nicht unter Verzicht auf Sicherheitsleistung für die Dauer von 24 Monaten stundete. Hierzu führte das HZA L10 u.a. wie folgt aus:

Die beantragte Stundung sei deshalb abzulehnen, weil die Steuerschuldnerin stundungsunwürdig sei, indem sie offenkundig steuerliche Verpflichtungen unberücksichtigt gelassen und so die schwierige Lage selbst zu vertreten habe. Zum Einen seien keine ernsthaften Vorkehrungen dafür getroffen worden, dass bei Berücksichtigung der geleisteten monatlichen Vorauszahlungen noch fällige Steuern aus Stromlieferungen in 2008 bis zum 25.06.2009 gezahlt werden könnten. Insbesondere seien die - wie nach eigenem Vortrag seit Ende 2008 bekannt - zu niedrigen Vorauszahlungen gerade nicht angepasst worden. Zum Anderen sei die Steuerschuldnerin für ihre risikobehaftete Entscheidung, monatlich neue Preise mit ihren eigenen Stromlieferanten auszuhandeln, sich im Gegensatz dazu gegenüber den Endkunden aber preislich fest zu binden, und die aus diesem bewusst gewählten Geschäftsmodell resultierenden Verluste bei Strompreisschwankungen selbst voll verantwortlich.

Darüber hinaus sei aus Sicht des HZA L10 eine Gefährdung des Steueranspruchs selbst bei einer Stundung gegeben, da sich die Steuerschuldnerin nicht nur vorübergehend in Zahlungsschwierigkeiten befinde, was sich schon aus dem Stundungsbedürfnis über zwei Jahre ergebe.

Der anfängliche Erfolg des Unternehmens beruhte offensichtlich in nicht unerheblichem Maße darauf, dass Stromsteuerbeträge in Millionenhöhe in unzulässiger Weise in das Geschäftsmodell eingeflossen sind und dadurch zu einer Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Firma geführt haben. Die jetzt anstehende Zahlungsverpflichtung hat jedoch die umgekehrte Wirkung und stellt für die Zukunft eine erhebliche Hypothek dar. Insgesamt sind die Risiken erheblich. Derartige Risiken abzudecken, wäre eher eine Aufgabe von Banken. Die Verwaltung sollte derartige Risiken nicht auf sich nehmen.

Eine umfassende Bewertung der wirtschaftlichen Lage ist aus den dargestellten Gründen entbehrlich, da ein anderes Ergebnis als die Ablehnung des Antrages - mit der Folge, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen ist - nicht möglich erscheint."

Zwischenzeitlich hatten die Angeklagten sowie B - um ihren guten Willen gegenüber dem HZA L10 zu dokumentieren - veranlasst, dass eine weitere Vorauszahlung für die Stromsteuer in Höhe von 3.285.432 €, fällig zum 25.06.2009, ausweislich des Änderungsbescheids vom 04.06.2009 als "nachgereichte" Vorauszahlung für den Monat Mai 2009 priorisiert beglichen wurde. Entsprechend erhielt das HZA L10 am 24.06.2009 eine Gutschrift in dieser Höhe. Parallel war - die U F4 GmbH war zugleich auch Gasversorger - die monatliche Gassteuer-Vorauszahlung für Mai 2009, die seit dem 25.05.2009 fällig war, in Höhe von 112.053 € noch nicht gezahlt und diesbezüglich seitens des HZA L10 ein Vollstreckungsverfahren anhängig (Az. RK-...-...-...-...-...).

Mit Stand zum 25.06.2009 war der von der beantragten Stundung betroffene Gesamtbetrag für die Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und 2009 in Höhe von nunmehr noch 31.854.987 € - trotz der Zusage des HZA L10 - fällig und konnte weder von der U F4 GmbH noch von der U I7 AG gezahlt werden. Vor diesem Hintergrund waren die U F4 GmbH und über die Haftungswirkung bzw. den Gesamtschuldbeitritt aus der Patronatserklärung aus August 2008 auch die U I7 AG als Gesamtschuldnerin bzw. Patronin der seitens der U F4 GmbH nicht zu begleichenden Steuerforderungen jedenfalls zum 25.06.2009 ebenso wie in der Folgezeit durchgängig im Tatzeitraum zahlungsunfähig. Die Angeklagten wussten zu dieser Zeit positiv, dass die U-Gruppe insgesamt dann insolvent wäre, sofern die Steuerforderungen nicht seitens des HZA L10 gestundet bzw. nicht ernsthaft eingefordert würden, da kurzfristig Kapitalmittel in der Größenordnung der Steuerforderungen - wie den Angeklagten bekannt - nicht zur Verfügung standen und eine realistische Perspektive, dass diese alsbald binnen absehbarer Zeit verfügbar würden, ebenso nicht ersichtlich war. Die Angeklagten wussten dabei auch, dass hieran anknüpfend eine dreiwöchige Frist zu laufen beginnen würde, nach deren fruchtlosem Ablauf Insolvenzantrag für die U I7 AG zu stellen wäre.

(iii) Interne Besprechung vom 26.06.2009 (HZA / BFD West)

In Reaktion auf den Bericht des HZA L10 fand sodann am 26.06.2009 eine Dienstbesprechung zwischen dem HZA L10 und der BFD West statt, an der neben den beiden Leitungen und Vertretern der betroffenen Sachabteilungen auch ZOAR M9 sowie Vertreter der für die Vollstreckung von Bescheiden zuständigen Vollstreckungsstelle des HZA B8 und der zentralen Facheinheit der Bundesfinanzdirektion Mitte für Grundsatzfragen anwesend waren. Hierin beurteilten sämtliche Vertreter der anwesenden Behörden den Sachverhalt wie das HZA L10. Ergänzend zur bisherigen Begründung wurde weiter ausgeführt, dass eine Stundungsbedürftigkeit schon deshalb nicht gegeben sei, weil hier eine dauerhafte Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldnerin vorliegen dürfte, wofür insbesondere der Umstand spreche, dass das Unternehmen bislang kein Angebot abgegeben habe, die Steuernachzahlungen bereits jetzt in Raten abzutragen. Zusammenfassend kamen die Beteiligten u.a. zu folgendem Ergebnis:

"[...] II. Zusammenfassung der Ergebnisse und zu treffenden Maßnahmen

1. Die Voraussetzungen des § 222 AO liegen nach jetzigem Kenntnisstand nicht vor. Das HZA prüft den Sachverhalt in eigener Zuständigkeit abschließend und fertigt in eigener Zuständigkeit den die Stundung ablehnenden Bescheid.

2. Vollstreckungsmaßnahmen werden vor Ablehnung des Stundungsantrags nicht eingeleitet, da diese der insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre bzw. einer späteren lnsolvenzanfechtung unterliegen würden. Die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens wird von der weiteren Entwicklung abhängig gemacht. Es soll beobachtet werden, ob die Firma nach Ablehnung der Stundung kurzfristig einen Insolvenzantrag stellt. Andernfalls wird zu entscheiden sein, ob die Verwaltung ihrerseits Insolvenzantrag stellt. Eine Verpflichtung der Verwaltung, selbst den Insolvenzantrag gemäß § 14 lnsO zu stellen, besteht zum jetzigen Zeitpunkt nicht. [...]

5. Der Sachverhalt wird strafrechtlich gewürdigt werden müssen. Hierzu wird das HZA L10 die zuständige StraBu des HZA B8 einschalten."

Auch zu diesem Zeitpunkt gingen alle Bearbeiter der betroffenen Steuerbehörden aufgrund der mündlichen und schriftlichen Angaben der Vertreter der U-Gruppe am 23.06.2009 sowie der vorherigen Ausführungen der C3 AG am 09.06.2009 davon aus, dass die Ablehnung des Stundungsantrags und Beitreibung der Stromsteuernachforderungen durch Vollstreckung in jedem Fall eine Insolvenz der U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG nach sich ziehen würde und die U F4 GmbH und damit auch die U I7 AG ohne die Stundung bereits ab dem 25.06.2009 zahlungsunfähig waren.

(iv) Besprechung vom 29.06.2009 (U / HZA L10 / BFD West)

Schließlich kontaktierte der Mitarbeiter der C3 AG I11 das HZA L10 am 29.06.2009, um den Stand des Verfahrens zu erfragen. Diesem wurde seitens des HZA L10 mitgeteilt, dass die Tendenz bestehe, den Stundungsantrag abschlägig zu bescheiden. Hieraufhin fand auf Betreiben der U-Gruppe noch am gleichen Tag kurzfristig eine weitere Besprechung statt, an der neben dem Leiter des HZA L10 wiederum ZOAR M9 und weitere hochrangige Vertretern des HZA L10s, ein Mitarbeiter der BFD West sowie seitens der U-Gruppe B, N4 und T6 sowie I11 von der C3 AG teilnahmen. In der Besprechung wurden unter den Beteiligten die rechtlichen Voraussetzungen für eine Stundung (erhebliche Härte, Stundungswürdigkeit, Gefährdung des Steueranspruchs) erörtert und sowie seitens der U-Gruppe erneut die wirtschaftliche Lage dargestellt. Hierzu verwies B auf die bereits geleistete erhöhte Vorauszahlung hin und bot dem HZA L10 zugleich an, über diese Vorauszahlungen hinaus monatlich bis zu weiteren 1,3 Mio. € zur Tilgung der bestehenden Steuerverbindlichkeiten zu erbringen. Zudem sei man "operativ noch nie so gut wie heute" aufgestellt gewesen und es bestehe weiterhin eine positive Rentabilitäts- und Liquiditätsprognose. Die W4 Bank AG habe die Zahlung von 20 Mio. € zugesagt. Zudem stünde ein Investor in Aussicht, der 30 Mio. € einbringen wolle und eine Absichtserklärung eines russischen Investors existiere. Sofern ein formeller Stundungsbescheid erteilt wäre, würde eine Testierung der Jahresabschlüsse erfolgen, wodurch der U F4 GmbH dann zeitnah liquide Mittel zufließen könnten. Eine weitere Tilgung werde dann möglich sein. Hierfür ergebe sich eine bessere Verhandlungsposition, sofern ein formeller Stundungsbescheid vorliegen würde. Seitens der C3 AG wurde ergänzt, dass die Stundung als Chance begriffen werde solle, da mit einer ansonsten bevorstehenden Insolvenz das gesamte rückständige Geld weg sei.

Zudem rief N4 am 30.06.2009 ZOAR M9 vom HZA L10 an, um erneut den Sachstand zu erfragen. Daraufhin erläuterte dieser nochmalig die Frage der Stundungswürdigkeit, ohne das weitere Vorgehen des HZA L10 an N4 weiterzugeben. N4 teilte ZOAR M9 mit, dass es nunmehr eine Aufsichtsratssitzung zu dem neuen Investor gegeben habe und Gelder vermutlich noch viel schneller gezahlt werden könnten, insofern sei eine Vertagung der Entscheidung über den Stundungsantrag sinnvoll. Anders als gegenüber dem HZA L10 suggeriert und durch B und N4 für den Vorstand und damit auch für die Angeklagten in Abstimmung mit diesen und mit deren Einverständnis vorgetragen, waren Investorenvereinbarungen mit H4 oder F11 gerade nicht absehbar, weil der dafür notwendige testierte Jahresabschluss und der Due Diligence-Bericht nicht vorlagen und die C3 AG zu dieser Zeit ihre diesbezüglichen Tätigkeiten eingestellt hatte. Weiter gab es die vorgetragene Zusicherung der W4 Bank AG - wie den Angeklagten auch bekannt - nicht. Hintergrund hierzu war, dass B und T6 bereits ab Ende April 2009 versucht hatten, durch Verhandlungen mit dieser Bank einen Factoringvertrag zu erwirken, bei dem die Bank monatlich bilanziell erfasste, existente und einredefreie Kundenforderungen von der U T21 GmbH kaufen und dafür Factoringgebühren in Höhe von 0,22% der Bruttorechnungssumme erhalten sollte. Der Factoringrahmen sollte bei 25 Mio. € liegen und jeweils der Gegenwert von 85% der eingekauften Forderungen des Folgemonats der U-Gruppe kurzfristig im laufenden Monat gutgeschrieben werden. Die restlichen 15% der Bruttorechnungssummen sollten stets als Sicherheitseinbehalt für die Bank zurückgehalten werden. Zwar gab es Verhandlungen in diesem Sinne, jedoch lag zu dieser Zeit weder eine Zustimmung der Gremien der Bank noch eine konkretes Angebot vor.

Ebenso stand ein seriöser Investor nicht wie angekündigt zur Verfügung, was den Angeklagten bekannt war. Mit russischen Investoren waren nämlich konkrete Vereinbarungen gerade nicht in Sichtweite. Zu einem ägyptischen Investor, ein Geschäftsmann aus L17 namens T27, hatte C am 23.06.2009 Kontakt aufgenommen und war in der Folgezeit zusammen mit Dr. L am 25. / 26.06.2009 zu einem Treffen mit diesem in L17 nach Ägypten gereist. Konkrete Vereinbarungen ergaben sich hieraus - wie den Angeklagten bekannt - auf Grundlage der folgenden Geschehensabläufe nicht: Bereits bei dem ersten Gespräch wurde die Gründung einer Tochtergesellschaft der U F4 GmbH in Ägypten, eine Gesellschaft ägyptischen Rechts (LLS), mit dem Arbeitstitel "U F12 LLS" vereinbart. Diese Gesellschaft sollte von T27 nach dessen Angaben persönlich ein Darlehen zur Entwicklung des internationalen Geschäfts der U I7 AG in Höhe von 35 Mio. € - ohne vorherige Vorlage eines Due Diligence-Berichts oder testierter Bilanzen - erhalten. T27 übermittelte als Kapitalnachweis in der Folgezeit allein eine Faxkopie einer auf 16.06.2009 datierten und ins Deutsche übersetzten Auskunft eines "Generaldirektors der Filiale der National Bank of B14", wonach ein Kunde T27 auf einem angegebenen Konto der Bank über ein Guthaben von 1 Mrd. € verfügen sollte. Zur Besprechung weiterer Einzelheiten wurde dann ein neuer Gesprächstermin vereinbart. Ein realistischer Zeitplan für ein Investment - unabhängig von der Frage der Seriosität des Investors - existierte indes nicht. Nichtsdestotrotz fand hierzu am 30.06.2009 eine Aufsichtsratssitzung der U I7 AG statt, in der C ausdrücklich ermächtigt wurde, die U F12 LLS mit Sitz in L zu gründen.

Darüber hinaus fuhr die U-Gruppe aus ihrem Gesamtkundenportfolio - wie den Angeklagten bekannt - monatliche Verluste ein, die sich zwar bisweilen in der Größenordnung verringerten, aber weiterhin bestanden. Perspektivisch war diese Sachlage insofern auch deshalb zunächst nicht beherrschbar, weil ab Juni 2009 die reinen Strombezugskosten für die U F4 GmbH ausgehend von 54,93 €/MWh im Mai und 58,93 €/MWh im Juni 2009 im Verlauf des Jahres bis Ende 2009 sukzessive auf zuletzt 67,36 €/MWh mit der Konsequenz anstiegen, dass sich die Kosten des Einkaufs von Strom inklusive der EEG-Umlage für die U F4 GmbH mit steigender Anzahl versorgter Kunden von zuletzt 7,1 Mio. € pro Monat auf zuletzt über 11,7 Mio. € pro Monat erhöhten. Trotz Verbesserungen im Kundenportfolio und damit gestiegenem Einkaufs-Breakeven von nach eigenen Angaben 57,1 €/MWh im Juni 2009 befand sich der Gesamtkundenbestand so weiterhin in der Verlustzone.

(v) Schreiben des HZA L10 vom 01.07.2009

Die weiter vorgetragen Angaben boten nunmehr aus Sicht des HZA L10 und der BFD West getragen von der Motivation, die U-Gruppe als zu dieser Zeit größtem unabhängigen Energieanbieter weiter am Markt zu halten, Anlass, deren Hintergründe zu prüfen und die eigentlich vorgesehene Ablehnung des Stundungsantrags nochmalig bis zum Abschluss einer solchen Prüfung zurückzustellen. Insbesondere war aus deren Sicht die erstmals signalisierte Bereitschaft, bereits jetzt Tilgungsraten auf die offenen Steuernachzahlungen zu leisten, positiv, da hierdurch die bestehenden Steuerforderungen verkürzt werden konnten, ohne einen - in Ansehung der durch die U-Gruppe vorgetragenen Insolvenzlage bei Nichterteilung eines formellen Stundungsbescheids - Totalverlust der Forderungen zu erleiden. Entsprechend forderte der Leiter des HZA L10 die U F4 GmbH mit Schreiben vom 01.07.2009 auf, für die einer Entscheidung über die beantragte Stundung vorausgehende Prüfung der wirtschaftlichen Lage bis zum 22.07.2009 eine schlüssige Darstellung der aktuellen Unternehmenssituation nebst weiteren Unterlagen vorzulegen. Bis zu einer Entscheidung über den Stundungsantrag sei die Vollstreckungsstelle angewiesen, keine Maßnahmen zu ergreifen.

Die Mitarbeiter des HZA L10 gingen hierbei - wie bereits ab dem 09.06.2009 - davon aus, dass eine Vollstreckung ohnehin aussichtlos sein würde, weil die U F4 GmbH und damit auch die U I7 AG dann insolvent sein würden und ein formeller Ablehnungsbescheid, dessen Voraussetzungen ohnehin nicht vorlagen, so den Zusammenbruch der U-Gruppe verschuldet hätte. Ein solcher hätte für das HZA L10 und die BFD West - neben dem wirtschaftlichen Verlust - auch eine politische Dimension gehabt, weil er die angestrebte Liberalisierung des Strommarktes durch seine Signalwirkung negativ dadurch beeinflusst hätte, dass der zu dieser Zeit größte unabhängige Stromanbieter wegen einer Insolvenz - zumindest vordergründig veranlasst durch die Steuerbehörden - vom Markt verschwunden wäre. Zu dieser Zeit war die aktuelle Anbieterstruktur der Stromanbieter nämlich so ausgestaltet, dass nur ca. 2 Mio. Stromkunden (= ca. 5% des Gesamtmarktes) von von etablierten Anbietern unabhängigen Anbietern versorgt wurden. Insofern beurteilten die sachlich befassten Mitarbeiter bei dem HZA L10 die Situation durchweg so, dass die Voraussetzungen einer Stundung eigentlich nicht vorlagen, sie aber durch die Situation gedrängt waren, von einer Vollstreckung abzusehen. Sie sahen so keinen anderen Ausweg, als zunächst stillzuhalten, um sich aus ihrer Sicht wenigstens die Chance auf die Begleichung der hohen Nachzahlungsforderungen an die U F4 GmbH wahren zu können. Aus den gleichen Erwägungen sah das HZA L10 hinsichtlich der Erlaubniserteilung für die jetzt noch existierende U F4 GmbH von der zuvor angekündigten und üblicherweise eingeforderten Sicherheitsleistung von 6,8 Mio. € ab. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen indes nicht vor, was den Angeklagten auch bekannt war. Darüber hinausgehend leitete das HZA L10 den Sachverhalt an das HZA E6 als Prüfungsdienst und das HZA B8 als Vollstreckungsstelle mit der Ankündigung weiter, dass nach Eingang des nachgebesserten Antrags eine Außenprüfung der wirtschaftlichen Lage angeordnet werden sollte. Weiter wurde seitens des HZA L10 die Strafsachenstelle des HZA B8 gebeten, den Verfahrenssachverhalt in strafrechtlicher Hinsicht zu würdigen.

Die Angeklagten hatten - wie beabsichtigt - durch die geschönte Darstellung der Unternehmenslage aus ihrer Sicht Zeit gewonnen, um wieder mit Hilfe des praktizierten Priorisierungssytems eine als möglich erkannte Insolvenzantragsstellung vielleicht noch vermeiden zu können. Nach Kenntnisnahme des Schreibens vom 01.07.2009 zog sich die C3 AG auch aus der Beratung zu dem Stundungsverfahren zurück, da diese zunächst eine rechtsverbindliche Klärung der Krisensituation einforderten. Obwohl die Angeklagten hinsichtlich der Beurteilung, ob die Einbeziehung der Stromsteuerforderungen zur Bewertung der Insolvenzreife der U F4 GmbH bzw. der U I7 AG auf Grundlage des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 notwendig war, auf die Unterstützung von insolvenzrechtlich versierten Rechtsberatern bzw. Wirtschaftsprüfern angewiesen waren, beauftragten sie solche Berater zunächst gerade nicht. Vielmehr ließen sie, obwohl sie - wie ihnen bekannt - eine eigene Bewertung auf Grundlage ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hierzu nicht sinnvoll vornehmen konnten, die Steuerforderungen in der Folgezeit in internen Auswertungen, Plänen und Übersichten zu ihren Gunsten pauschal unberücksichtigt und betrachteten diese für sich als "quasigestundet", obwohl sie wussten, dass ihre eigene Einschätzung so das ihnen bekannte Risiko einer Fehleinschätzung in sich trug. Ob die von ihnen als möglich erkannte Insolvenzreife der U I7 AG und der U F4 GmbH tatsächlich vorlag und ein Zuwarten zu einer Insolvenzverschleppung führen würde, war den Angeklagten letztlich gleichgültig, weil sie ihre eigenen exponierten Stellungen in der deutschen Wirtschaftslandschaft und ihre monetären Vorteile erhalten und durch das Gewinnen von Zeit vielleicht doch noch irgendwie den Verkauf an einen strategischen Investor realisierten wollten.

b) Fortbestehen der Krisensituation (Juli 2009)

(1) Stand der Verbindlichkeiten

Ende Juni 2009 sah sich die U F4 GmbH - neben den Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen internen Berechnungen der U I7 AG - auch weiterhin mit (über-)fälligen Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von über 20 Mio. € konfrontiert. So belief sich zum 03.07.2009 der Stand nicht bezahlter, fälliger und als bestehend anerkannter Netzbetreiberforderungen auf über 24 Mio. € ohne EEG-Umlagen und aktuelle Zahlungsübergaben, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits weite Teile der am Monatsbeginn eingehenden Kundeneinzüge gutgeschrieben worden waren. Das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten der U-Gruppe wurde wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Hierzu wurden nunmehr zweimal wöchentlich Liquiditätspläne erstellt, um aus diesen Priorisierungslisten zu erstellen. Darüber hinaus fand eine tägliche Abstimmung der Angeklagten wie auch Bs mit dem Zeugen L8 und N4 statt. Der Ablauf des Priorisierungssytems verdeutlichte sich u. a. an folgenden exemplarisch aufgezählten Geschäftsvorfällen:

(i) T17 Netz GmbH

Mit Schreiben vom 01.07.2009 mahnte die T17 Netz GmbH gegenüber der U F4 GmbH die Zahlung von bereits fälligen, noch nicht beglichenen Netznutzungsentgelten in Höhe von 2.986.327,58 € bis zum 07.07.2009 an. Eine vollständige Begleichung der offenen Zahlungen erfolgte indes nicht. Vielmehr kontaktierte der zuständige Kundenbetreuer der T17 Netz GmbH am 23.07.2009 die F6 GmbH per E-Mail, ersuchte nach einem Gespräch mit deren Vorgesetzten und führte u. a. aus:

"Seit einigen Monaten pendeln die überfälligen Forderungen aus unseren Netznutzungsrechnungen zwischen 1 Mio. € und 2 Mio. €. Zurzeit bewegen sie sich bei 1,4 Mio. €. Ich möchte mit Ihnen über die Gründe und Möglichkeiten sprechen, wie wir das Thema zeitnah lösen und U ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann.

Unter anderem geht es uns um folgende Sachverhalte: Wir erhalten von Ihnen fristgemäß Zahlungsbestätigungen per REMADV über die von uns gestellten Netznutzungsrechnungen. Gemäß GPKE muss zeitgleich zu der Erstellung der REMADV eine Überweisung des bestätigten Geldbetrages erfolgen. Von U in der Sparte Strom können wir zu den von Ihnen angekündigten Zahlungen jedoch keinen Eingang des Geldes verzeichnen. Auch die von uns gestellten Mahnungen blieben reaktionslos."

Nachdem B Ende Juli 2009 ein Gespräch mit dem Kundenbetreuer geführt hatte, erfolgte eine Zahlung der als bestehend anerkannten, überfälligen Verbindlichkeiten nicht, vielmehr waren diese jedenfalls bis Mitte August 2009 noch nicht gezahlt.

(ii) S2 Transportnetz Strom GmbH

Da die U-Gruppe zahlreiche Kunden im Netz des Übertragungsnetzbetreibers S2 Transportnetz Strom GmbH (im Folgenden: "S2 Transportnetz", heute: B15 GmbH) zu versorgen hatte, stand die U F4 GmbH jedenfalls seit 2008 in Geschäftsbeziehungen zu der Gesellschaft. Da deren Regelzone als größter Übertragungsnetzbetreiber auch den Firmensitz der U-Gruppe umfasste, bedingte die daraus resultierende hohe Endkundenzahl aus der "Heimregelzone" hohe EEG-Abrechnungen, die sich bereits Ende 2008 auf über 1,6 Mio. € pro Monat beliefen. Bereits ab Januar 2009 beglich die U F4 GmbH diese EEG-Abrechnungen regelmäßig erst nach Erhalt der 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte. Aus diesem Grunde wies die S2 Transportnetz die U F4 GmbH unter dem 28.04.2009 - zum wiederholten Male - auf das schleppende Zahlungsverhalten hin und führte darin u. a. wie folgt aus:

"Bei der Überprüfung Ihres Zahlungsverhaltens mussten wir zu unserem Bedauern feststellen, dass Ihre monatlichen Abrechnungen nach wie vor erst nach Ablauf des Zahlungszieles beglichen werden. Da dies aus unserer Sicht nicht mehr haltbar ist, möchten wir Sie hiermit dazu auffordern, Ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zusätzlich bitten wir Sie, Ihre internen Abläufe und Prozesse zur fristgerechten Einhaltung der Zahlungsziele unserer Rechnungen hin zu überarbeiten. Anderenfalls behalten wir uns vor, bei Zahlungsverzügen Ihrerseits von unserem Recht zur Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens Gebrauch zu machen."

Da sich auch hierauf das Zahlungsverhalten der U F4 GmbH nicht änderte, erhielt diese unter dem 29.06.2009 ein weiteres Schreiben des Übertragungsnetzbetreibers zu dem Betreff "Fortdauernder Zahlungsverzug der U F4 GmbH". Hierin hieß es u.a.:

"Seit längerer Zeit beobachten wir deutliche Verzögerungen bei der Regulierung an Sie gestellter Abrechnungen. Während sich der Zahlungsverzug bei den EEG- und Bilanzkreisabrechnungen im ersten Halbjahr 2008 um zwei Wochen bewegte, verzeichnen wir bei den Abrechnungen aus 2009 Verzüge von über 40 Tagen. [...] Aktuell haben wir offene Forderungen Ihnen gegenüber in Höhe von 3.840.580,47 € sowie offene Verzugszinsrechnungen in Höhe von 17.173,18 €.

Wir hatten Sie in der Vergangenheit bereits mündlich angesprochen und um beschleunigte Abwicklung in Ihrem Hause gebeten. Danach sind zwar einzelne Rechnungen gezahlt worden, Ihre Regulierungspraxis hat sich jedoch weiterhin verschlechtert. Ebenfalls sind wir schriftlich auf Sie zugegangen, haben jedoch auf unsere Schreiben vom 25.02. und 28.04.2009 keine Reaktion erhalten.

Auch wenn Sie sich eines Dienstleisters in Ihren Abrechnungsprozessen bedienen, sind die Verzüge dadurch weder zu erklären, noch zu rechtfertigen. Beispielsweise erhalten Sie die unterjährigen EEG-Monatsrechnungen in der Regel sechs Wochen vor Fälligkeit. Da die Lieferungen vorher mit Ihnen abgestimmt wurden, beschränkt sich die Rechnungsprüfung hierbei auf die simple Multiplikation der Liefermenge mit dem jeweiligen EEG-Preis. [...]

Sollten Sie unsere offenen Forderungen in Höhe von insgesamt 3.857.753,65 € nicht spätestens mit Wertstellung zum 15.07.2009 begleichen und zudem weiterhin Zahlungsverzüge auftreten, werden wir eine Vorauszahlung für die Forderungen aus diesem Vertrag unverzüglich anfordern. Darüber hinaus behalten wir uns vor, unsere Ansprüche ohne weitere Ankündigung gerichtlich durchzusetzen. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten wären von Ihnen zu tragen.

Lediglich vorsorglich weisen wir darauf hin, dass der Bilanzkreisvertrag nach Punkt 7.3 Abs. 1 des Grundvertragmoduls gekündigt werden kann, "wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der S2 U14 Strom, auch unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange des BKV, dessen Fortsetzung unzumutbar werden lässt." Im Hinblick auf die nach unserer Wahrnehmung planmäßige Überschreitung von Zahlungszielen in erheblichem Umfang dürfte eine solche Unzumutbarkeit gegeben sein.

Derzeit beabsichtigen wir noch nicht, dieses Kündigungsrecht auszuüben. Sofern unsere offenen Forderungen nicht fristgerecht beglichen und die Regulierung unserer Rechnungen auch weiterhin schleppend verlaufen sollte, behalten wir uns vor, auch von dieser Option nach vorheriger Ankündigung Gebrauch zu machen. Eine Kopie dieses Schreibens werden wir der Bundesnetzagentur zur Information zukommen lassen."

Über diesen Sachverhalt setzte B die Angeklagten via E-Mail in Kenntnis mit der Nachricht, dass "die Einschläge näher kommen" würden. Bis zum 07.07.2009 gingen bei der S2 Transportnetz Zahlungen in Höhe von über 1,93 Mio. € ein. Das den Mahnvorgang betreffend E-Mail-Konvolut leitete C zwischenzeitlich am 09.07.2009 an K weiter. Gleichsam sandte die S2 Transportnetz am gleichen Tag ein Schreiben an die Bundesnetzagentur zum Thema "Zahlungsverzögerungen der U F4 GmbH" mit folgendem Inhalt:

"[...] Seit längerer Zeit beobachten wir in der Geschäftsbeziehung zunehmende Zahlungsverzögerungen bei der Begleichung unserer Bilanzkreis- und EEG-Abrechnungen. Aktuell verzeichnen wir offene Forderungen iHv 2.103.477,24 € gegenüber dem Unternehmen.

Wir haben bereits mehrmals mündlich und schriftlich um eine fristgerechte Regulierung unserer Forderungen gebeten. Es hat sich jedoch keine Verbesserung ergeben, sondern im Gegenteil erhöhte sich der Zahlungsverzug weiter auf bis zu 53 Tage. Weitere Einzelheiten können Sie dem beigefügten Schriftverkehr entnehmen. Wir möchten Sie mit diesem Schreiben über die aus unserer Sicht unzureichende Regulierungspraxis der U F4 informieren und um Ihre Einschätzung und Hinweise zum weiteren Vorgehen bitten."

Die Androhung der Kündigung des Bilanzkreisvertrags durch einen Übertragungsnetzbetreiber, noch dazu desjenigen der "Heimregelzone" am Gruppensitz, war für die U-Gruppe von existenzieller Tragweite, weil die Belieferung von Endkunden in dem Netz der S2 Transportnetz für die Gruppe unersetzbar war und eine begründete Netzzugangsverweigerung das Ende für die Tätigkeit als Stromversorger bedeutet hätte. Diese Tragweite war den Angeklagten bekannt und bewusst. Entsprechend veranlassten sie und B die kurzfristige Begleichung der Forderungen, wodurch die Gläubigerin am 13.07.2009 eine weitere Gutschrift in Höhe von 1,91 Mio. € erhielt. Am 15.07.2009 trat dann aber die Fälligkeit der EEG-Abrechnung aus Juni 2009 ein, die wiederum fällige, als bestehend anerkannte Forderungen in Höhe von über 1,9 Mio. € auswies. Erst, nachdem die S2 Transportnetz die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, erfolgte im Nachgang eine Begleichung der EEG-Abrechnung aus Juni 2009 zum 04.08.2009.

(iii) F Bayern AG

Weiter erhielt die U F4 GmbH am 23.07.2009 ein Schreiben der F Bayern AG. Hierin mahnte diese die Abschlagszahlung fälliger Netznutzungsabrechnungen zum 30.06.2009 in Höhe von 354.420 € an. Zugleich forderte die F Bayern AG nunmehr die Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 680.000 € bis 07.08.2009 an und führte u.a. folgendes aus:

"Falls wir bis 30.07.2009 den Zahlungseingang der 372.028,04 € nicht feststellen und bis 07.08.2009 keine Barsicherheit in der o.g. Höhe erhalten, werden wir die Netzdienstleistungen gegenüber Ihren Kunden einstellen und Ihren Kunden mitteilen, dass sie in die Ersatzbelieferung fallen.

Rechtsgrundlage für unsere Forderung ist Ziffer 14 des mit Ihrem Haus abgeschlossenen Lieferanten-Rahmenvertrags, in Ihrem Auftrag von der Firma F6 GmbH unterzeichnet am 10.07.2007 und von uns gegengezeichnet am 24.08.2007. Da Sie in den letzten Monaten wiederholt weit nach den angegebenen Fälligkeitsterminen bezahlt haben, ist eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse bei Ihnen eingetreten, die uns zur Einstellung der Netznutzung bzw. zur Anforderung der Sicherheit berechtigt. Eine telefonische Vorankündigung haben wir am 21. und 22.07.2609 versucht. Leider konnten wir keinen Ansprechpartner aus Ihrer Buchhaltung erreichen."

Das zugehörige E-Mail-Konvolut leitete C unter dem 24.07.2009 an K weiter.

(iv) F7 Verteilnetz GmbH

Ebenfalls unter dem 23.07.2009 erhielt die U F4 GmbH eine weitere Mahnung des Netzbetreibers F7 Verteilnetz GmbH, in der diese eine zum 13.07.2009 fällig gewordene Forderung von 455.625,98 € und eine zum 20.07.2009 fällig gewordene Forderung von 542.454,05 € anmahnte und dazu ausführte:

"Die U F4 GmbH versorgt einer Vielzahl von Kunden im Netzgebiet der F7 NETZ per Netznutzung. Dabei ist uns seit einiger Zeit folgendes aufgefallen: Die von uns erstellten Netznutzungsabrechnungen im INVOIC-Format, von denen Sie wöchentlich eine Datei erhalten, werden von Ihrem Dienstleister, der F6 GmbH, zeitnah bearbeitet. Gemäß den Prozessen der GPKE erhalten wir von der F6 GmbH die entsprechenden Zahlungsavise (REMADV). Nach unserem Verständnis über die Prozesse der GPKE stünde nun einer Begleichung unserer Forderungen durch Sie nichts mehr im Wege. Aber genau an dieser Stelle bricht der Prozess in Ihrem Hause ab. Die Bezahlung unserer Forderungen erfolgt erst nach mehrmaligen Nachfragen bei Ihrer Kreditorenbuchhaltung (Herrn T28) und weit nach Überschreiten der Fälligkeit.

Die von uns gelegten Rechnungen in Höhe von 455.625,98 € (fällig geworden am 13.07.2009) und 542.454,05 € (fällig geworden am 20.07.2009) sind von Ihnen bisher nicht bezahlt worden, obwohl uns die dazugehörigen REMADV schon seit 03.07.2009 bzw. 16.07.2009 vorliegen. Die von Ihnen verursachte Verzögerung des Prozesses können wir nicht nachvollziehen. Wir fordern Sie deshalb auf, zukünftig die Fälligkeiten einzuhalten. Vorsorglich möchten wir Sie darauf hinweisen, dass am 27.07.2009 eine Forderung in Höhe von 458.073,45 € und am 03.08.2009 eine Forderung in Höhe von 461.16,96 € fällig werden.

Anderenfalls behalten wir uns weiterführende Schritte aus dem Händlerrahmenvertrag vor. Wir weisen darauf hin, dass wir zur Forderung nach einer Sicherheit im Sinne der Ziffern 11.1 und 11.3 des Händlerrahmenvertrages berechtigt sind. Diese Sicherheit hat eine voraussichtliche Höhe von ca. 3 Mio. €. Letztlich sind wir auch, gemäß Ziffer 9.4 des Händlerrahmenvertrages, zur Einstellung der Netznutzung der betroffenen Kunden berechtigt."

Die Begleichung der angemahnten Beträge erfolgte jedenfalls bis Ende Juli 2009 nicht.

(v) U13 GmbH

Die U F4 GmbH hatte auch Geschäftsbeziehungen zu dem Übertragungsnetzbetreiber U13 GmbH (im Folgenden: "U13" - heute: U14 GmbH). Bereits seit 2008 hatte die U F4 GmbH deren Bilanzkreis- und EEG-Abrechnungen erst nach mehrfacher Mahnung gezahlt. Unter dem 13.05.2009 mahnte U13 letztmalig die Zahlung rückständiger, als bestehend anerkannter, fälliger Forderungen aus April 2009 in Höhe von über 1 Mio. € an und drohte bei Nichtbegleichung die Beitreibung notfalls auf gerichtlichem Wege an.

Am 29.05.2009 mahnte U13 letztmalig die Zahlung rückständiger, als bestehend anerkannter, fälliger Forderungen aus April und Mai 2009 in Höhe von über 1,9 Mio. € an und führte hierzu aus:

"Wie Sie unserer Aufstellung entnehmen können, wurden bereits mehrere Posten mehrfach angemahnt, allerdings haben wir von Ihnen bis jetzt bedauerlicherweise noch keine Rückmeldung bzw. Zahlung erhalten. Vor diesem Hintergrund sehen wir uns leider erneut gezwungen, Sie letztmalig aufzufordern, unverzüglich die von uns genannten Posten mit Ihren Buchungen abzugleichen und zur Zahlung anzuweisen. Wir haben uns für Ihren Zahlungseingang eine Frist bis zum 19.06.2009 notiert. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein Zahlungseingang zu verzeichnen sein, werden wir gerichtliche Schritte einleiten müssen. Zudem weisen wir Sie darauf hin, dass wir aufgrund Ihrer- wiederholt erfolgenden - Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung zur fristlosen Kündigung des Bilanzkreisvertrags berechtigt sind. Bitte betrachten Sie unser Schreiben auch als Abmahnung diesbezüglich."

Nachdem zum 04.06.2009 eine Abschlagszahlung ca. 917.000 € durch die U F4 GmbH beglichen und die EEG-Abschlagsrechnung für Mai 2009 zum 19.06.2009 und 16.07.2009 für Juni 2009 fällig geworden waren, erhöhte sich der offene Forderungsbestand trotz eines weiteren Zahlungseingangs von ca. 815.000 € zum 06.07. / 07.07.2009 weiter. Dieser belief sich zum Stand 23.07.2009 auf über 2 Mio. €.

Unter dem 28.07.2009 erreichte die U I7 AG wiederum eine "letztmalige Zahlungsaufforderung" der U13, mit der diese u.a. EEG-Abschlagsrechnungen aus Mai 2009, fällig seit 19.06.2009 in Höhe von 819.041,67 € und aus Juni 2009, fällig seit 16.07.2009 in Höhe von 824.053,53 €, sowie zahlreiche weitere Bilanzkreisabrechnungen aus dem 1. Halbjahr 2009, fällig jedenfalls seit 01.07.2009 in Höhe von über 300.000 €, anmahnte und hierzu u.a. ausführte:

"Wie von Herrn L8 bestätigt, erwarten wir in der 32. Kalenderwoche die Zahlung des gesamten Betrags. Da uns die Zahlung nunmehr von Herrn L8 angekündigt wurde, werden wir bis zum Ende der 32. Kalenderwoche ausnahmsweise nichts unternehmen. Falls jedoch die gesamte Summe bis allerspätestens zum 07.08.2009 nicht auf unserem Konto gutgeschrieben sein sollte, sehen wir uns leider aufgrund Ihres Zahlungsverhaltens im letzten halben Jahr gezwungen, entsprechende rechtliche Konsequenzen zu ziehen, die bis zur Kündigung der Geschäftsbeziehungen reichen können."

Da seitens der U-Gruppe eine Begleichung der als zutreffend erkannten, überfälligen Forderungen der U13 bis 07.08.2009 - in Kenntnis der Stellung der U13 als Übertragungsnetzbetreiber und der resultierenden Gefahr des Verlustes des Netzzugangs zu einer Regelzone - durch die Angeklagten sowie B nur abschlagsweise in Höhe von ca. 892.000 € veranlasst wurde, richtete diese noch am gleichen Tag ein Beschwerdeschreiben an die Bundesnetzagentur und informierte diese über den Sachverhalt. Gleichsam teilte sie am 11.08.2009 der Bundesnetzagentur mit, dass die U F4 GmbH die offenen Forderungen nur teilweise beglichen habe und noch immer 1.156.107,22 € ausstünden. Sie führte hierzu u.a. aus:

"Seit April 2009 haben wir wiederholt offene Forderungen gegenüber der U F4 GmbH basierend auf Bilanzkreis- sowie EEG-Abrechnungen in Millionenhöhe. Die Forderungen mussten mehrfach - zuletzt mit Frist zum 07.08.2009 - unter Androhung gerichtlicher Schritte und Kündigung des Bilanzkreisvertrages angemahnt werden. Leider ist der fällige Betrag nur zu einem Teil beglichen worden. Es stehen derzeit noch 1.156.107,22 € aus. Die Begründetheit dieser Forderung wurde von U F4 GmbH nie bestritten,

Wir möchten Sie mit diesem Schreiben in Kenntnis setzen, dass wir nunmehr als Folge dieser wiederholten unbegründeten Zahlungsverweigerung einen Mahnbescheid über den ausstehenden Betrag beantragt und die U F4 GmbH zugleich letztmalig zur Zahlung aufgefordert haben, da wir uns ansonsten - auch aufgrund der Gleichbehandlung aller Bilanzkreisverantwortlichen - zur Kündigung des Bilanzkreisvertrags gezwungen sehen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie in dieser Angelegenheit kurzfristig eine Vermittlerrolle übernehmen könnten, da eine Vertragskündigung ebenfalls nicht in unserem primären Interesse liegt."

Nach der Kontaktaufnahme der Bundesnetzagentur mit der U F4 GmbH in dieser Sache und unter dem Druck des nunmehr durch U13 beantragten Mahnbescheids, verbunden mit der erkannten Gefahr, Kunden einer geschäftswichtigen Regelzone eines Übertragungsnetzbetreibers nicht mehr versorgen zu können, veranlassten die Angeklagten sowie B, getreu ihrem praktizierten und gebilligten Priorisierungssystem, kurzfristig die bevorzugte Zahlung der Verbindlichkeiten zum 13.08.2009. Die zusätzlich eingeforderten Sicherheitsleistungen beglich die U F4 GmbH indes nicht. Die zwischenzeitlich zum 19.08.2009 fällig gewordenen EEG-Abschläge für Juli 2009 in Höhe von ca. 900.000 € sowie weitere laufende Bilanzkreisabrechnungen aus Vormonaten standen dann aber als weitere Verbindlichkeiten gegenüber U13 umgehend wieder offen und wurden bei Fälligkeit nicht bedient.

(vi) Priorisierungssystem im Hinblick auf Netzbetreiber u.a.

Grundlage des Priorisierungssystem mit Blick auf die Netzbetreiberverbindlichkeiten war, dass die U-Gruppe, auf Weisung der Führungsebene, im kaufmännischen Bereich diese Forderungen zunächst nicht mit dem tatsächlichen Fälligkeitsdatum, sondern einer bewusst einkalkulierten Verzögerung zur Begleichung eintrugen. Die Dauer des Hinausschiebens der Fälligkeit bestimmte sich danach, dass die Netzbetreiber dahingehend kategorisiert wurden, welche Maßnahmen sie bei Nichtzahlung ihrer Forderungen möglicherweise ergreifen würden. So wurden Netzbetreiber, die schnell mit harten Gegenmaßnahmen wie Sicherheitsleistungen, Androhung von Netzzugangssperren, Kündigungen, etc. drohten, grundsätzlich schneller bedient als solche, bei denen auch langfristige Verzögerungen nur einen weitgehend konsequenzlosen langen Mahnprozess nach sich zogen. Diese Vorgehensweise führte beispielsweise dazu, dass die Mitarbeiter des Controllings und des Cash Managements auf Weisung des Vorstands gerade bei letzteren Forderungen in aktuelle Plänen per se einseitig den Fälligkeitszeitpunkt um bis zu sechs Wochen erweiterten. Insofern galt der Grundsatz: "Wer am lautesten schrie, wurde bevorzugt behandelt!".

Immer dann, wenn akute Forderungen von Netzbetreibern derart eskalierten, dass die angedrohten Gegenmaßnahmen für die Gruppe existenzielle Auswirkungen hatten, setzten die mit der Aufbereitung der Forderungen befassten Mitarbeiter der F6 GmbH, hier u.a. deren Justitiar, der Zeuge U6, die kaufmännische Leitung und das Cash Management, hier N4, L8 und T8, hierüber in Kenntnis. Da weder bei der U F4 GmbH direkt, noch über die U I7 AG und die anderen Gesellschaften stets alle Lieferantenverbindlichkeiten zum Fälligkeitszeitpunkt bedient werden konnten, verblieb nach Weiterleitung an den Vorstand der U I7 AG, die Entscheidung, welche Forderung wann zu begleichen war, bei den Vorstandsmitgliedern, zu dieser Zeit den Angeklagten sowie B, die ihrerseits die Anweisung der Zahlung freigaben. In der Zwischenzeit war es den Angeklagten bekannte und von diesen gebilligte Praxis des Unternehmens, die Netzbetreiber vermittels Anrufen oder mit E-Mails mit Zahlungsversprechen gezielt hinzuhalten, um die jeweils anstehenden Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs soweit als irgend möglich hinaus zu zögern. Dafür wurden beständig neue Zahlungsziele mit diesen vereinbart, die aber - wie von Anfang an von den Angeklagten gewollt - regelmäßig nicht eingehalten wurden, wenn nicht erhebliche Konsequenzen für eine Nichtzahlung durch die Netzbetreiber angedroht wurden. Darüber hinaus umfasste das Priorisierungssystem auch andere Segmente der fälligen Verbindlichkeiten, was den Angeklagten bekannt und bewusst und von diesen auch gewollt war. So wurden auf Weisung der Vorstandsmitglieder auch Kundengelder, Vertriebsprovisionen und Sponsoringgelder bei Bedarf gezielt in der Fälligkeit einseitig bis zur Eskalation - in gleicher Verfahrensweise wie bei den Netzbetreibern - verschoben.

(vii) Erstmalige Eskalationen zur Bundesnetzagentur

Im Verlauf des Jahres 2009 war die U-Gruppe mit der Bundesnetzagentur wiederholt in Berührung gekommen, weil sich die Zahl der Verbraucherbeschwerden von Endkunden beständig erhöhte, so dass allein im Monat Juli 2009 insgesamt zuletzt über 300 Beschwerden eingelegt wurden (was dem Gesamtaufkommen im gesamten Jahr 2008 entsprach). Insgesamt belief sich die Zahl der Verbraucherbeschwerden im Stromsegment zum Stand 31.07.2009 auf 700, was einem Anteil von 16,5% der Gesamtbeschwerden gegen alle Stromanbieter bei der Bundesnetzagentur ausmachte. Inhaltlich betrafen die Beschwerden vor allem die Themenbereiche allgemeine Vertragsangelegenheiten, Lieferantenwechsel, Rechnungsangelegenheiten sowie Preise, Tarife und Netznutzungsentgelte. Aufgrund des sprunghaften Anstiegs an Verbraucherbeschwerden hatte die Bundesnetzagentur in den letzten Monaten das Unternehmen in zahlreichen Fällen direkt angeschrieben und in über 200 Schreiben zur detaillierten Stellungnahmen aufgefordert. Trotz der umfangreichen Korrespondenz blieb das Beschwerdeaufkommen sehr hoch, so dass Anfang Juli 2009 mit der Führungsebene der U-Gruppe ein Besprechungstermin für den 06.08.2009 avisiert wurde. Mit der Kontaktaufnahme zur Bundesnetzagentur durch die S2 Transportnetz und später auch U13 ließen die Angeklagten nunmehr erstmals die Eskalationsleiter bis hin zur Bundesnetzagentur gelangen. Die beiden Beschwerden von Übertragungsnetzbetreibern mit massiven offen stehenden Forderungen waren bei der Bundesnetzagentur die einzigen ihrer Art im Stromsegment. Als Folge stieß die Bundesnetzagentur nur deshalb kein formelles Verfahren nach § 5 EnWG im Hinblick auf eine mögliche mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der U F4 GmbH an, weil diese jeweils quasi auf erstes Anfordern die entsprechenden Verbindlichkeiten umgehend - aufgrund der Eskalationsstufe besonders priorisiert - beglich.

(viii) C2 M3 GmbH

Weiter erhielt die U N8 GmbH unter dem 03.07.2009 eine Rechnung der C2 M3 Fußball GmbH, nach der zum 10.07.2009 die erste Rate aus den Sponsoringverträgen mit C2 M3 in Höhe von 3.785.360,25 € fällig wurde, für die die U I7 AG gesamtschuldnerisch in der Haftung stand, die beide Gesellschaften - nach eigener Einschätzung - wie den Angeklagten bekannt nicht bedienen konnten. In der Folgezeit beglich weder die U N8 GmbH noch die U I7 AG die Rate; vielmehr wurde deren Zahlung - im Zuge des bestehenden Priorisierungssytems - zunächst unter Billigung der Angeklagten einseitig auf August verschoben. Entsprechend erinnerte die C2 M3 Fußball GmbH unter dem 07.08.2009 nochmalig an die Begleichung der Forderung, ehe die Gläubigerin im September 2009 erstmals an die U-Gruppe herantreten sollte. Bis Ende August erfolgten Zahlungen auf die fällige und als bestehend anerkannte Verbindlichkeit nicht.

(2) Investorensuche

(i) Der ägyptische Investor T27

Die Führungsmannschaft der U-Gruppe war in dieser Krisensituation ab Juli 2009 verstärkt bemüht, Investoren für die Zuführung externer Kapitalmittel zu gewinnen. Da andere Investoren zu dieser Zeit mit der Aussicht auf konkrete Vereinbarungen - wie den Angeklagten bekannt - nicht erkennbar waren, begaben sich diese vom 01.07. bis 03.07.2009 erneut zu Verhandlungen nach L17. Im Rahmen der dortigen Verhandlungen unterzeichnete T27 eine pauschale Verpflichtungserklärung, nach der er einer U F12 LLS bis zum 31.07.2009 ein Darlehen in Höhe von 35 Mio. € zur Verfügung stellen werde. Zugleich legte T27 ein Referenzschreiben vom 01.07.2009, verfasst von einem RA Prof. Dr. I12 aus C20, gerichtet an den Angeklagten C, vor. Darin wurde folgendes ausgeführt:

"Sehr geehrter Herr C,

Herr T27 hat mich beauftragt, Sie über seine mir bekannten umfänglichen Kontakte in den arabischen Raum zu informieren. Neben langjährigen geschäftlichen Beziehungen zu Prinz B16 bestanden enge geschäftliche Kontakte zu Prince B17. Hier wurde zuletzt am 21.07.08 ein Vertrag über € 100 Mio. abgeschlossen. Weitere Verträge zum Immobilienerwerb in Deutschland, insbesondere in N13 und G7, waren in Vorbereitung. Herr T27 hat darüber hinaus eine Investorengruppe aus den Emiraten bei der Vermittlung des Knowhows des Deutschen Herzzentrums unterstützt. Unabhängig von dem Vorgenannten haben die B18 Bank of F12, Hauptfiliale L17 und die National Bank of B14 schriftliche Erklärungen über das bei Ihnen geführte Guthaben von mehr als € 100 Mio. abgegeben."

Weiteres Ergebnis der Verhandlungen war ein als Entwurf gekennzeichnetes Termsheet, in dem nunmehr ein weiteres Darlehen in Höhe von 20,8 Mio. € einer H17 LLC mit Sitz in B14, vertreten durch T27, mit einer Laufzeit von fünf Jahren zur Finanzierung eines Management Buy-Outs ausgeführt war, das die ersten zwei Jahre zinslos sein, danach mit 4,5% verzinst werden sollte. Die Tilgung sollte durch Übertragung von 50% der Aktien und Anteile erfolgen. Für die weiteren 50% sollte die Möglichkeit für die Darlehensnehmerin bestehen, die Tilgung durch die Übertragung von Aktien und Anteilen zu führen. Daneben sollte auch das kurzfristige Darlehen in Höhe von 35 Mio. € sowie optional auch noch weitere 15 Mio. € bereitgestellt werden. Die entsprechenden beiden Darlehensverträge sollten sieben Tage nach Unterzeichnung des Termsheets - ohne Einholung eines Due Diligence-Berichts oder Vorlage von Jahresabschlüssen - abgeschlossen werden. Seitens T27 wurde für die beabsichtigte Gründung der U F12 LLC eine als Sicherheitsleistung zu deklarierende Zahlung von 50.000 € auf ein Konto eines - den Angeklagten unbekannten - T29, einem angeblichen Mitarbeiter der ägyptischen Handelskammer, bei einer ägyptischen Bank verlangt. T29 sollte von L17 aus alle Formalitäten im Zusammenhang mit der Gesellschaftgründung regeln. Hierzu wurde noch vor Ort eine schriftliche Vereinbarung zwischen T27 und der U F4 GmbH, vertreten durch C, geschlossen, aus der sich die geforderte Zahlungsverpflichtung sowie die Verbürgung von T27 für die ordnungsgemäße Weiterleitung an die ägyptische Handelskammer ergab. Die Zahlung erfolgte am 02.07.2009. In der Folgezeit kam es noch zu weiteren drei Reisen der Angeklagten nach Ägypten, bei denen stets neue Geschäftsideen seitens T27 präsentiert, aber keine konkreten Vereinbarungen zur Umsetzung der angekündigten Investmentangebote getroffen wurden. Konkrete Verhandlungsergebnisse konnten so nicht erzielt werden und standen auch nicht in Aussicht, was den Angeklagten auch bekannt war. Vielmehr zerlief sich der Kontakt zusehends. Anfang August 2009 verhandelten die Beteiligten nunmehr noch über ein verbleibendes Darlehen in Höhe von 20 Mio. € bis zum 10.08.2009 bei jährlichen Zinsen von 25%, wozu die Angeklagten in Ägypten eine entsprechende Vereinbarung mit T27 unterzeichneten, der über detaillierte Unternehmensunterlagen nicht verfügte. Anfang August 2009 endeten die Kontakte zu dem vermeintlichen Investor.

(ii) Interessenbekundung der G6 AG

Zwischenzeitlich hatte die U-Gruppe über die M6 AG ein Schreiben der C21 Bank AG erhalten, die durch die G6 AG mandatiert worden war, eine nicht bindende, bis zum 30.07.2009 befristete Interessenbekundung für den Erwerb von mindestens 25,1% der Anteile an der U-Gruppe für bis zu 15 Mio. € abzugeben. Voraussetzung für die Aufnahme konkreter Verhandlungen sollte aber die umgehende Durchführung einer Due Diligence-Prüfung sowie die Vorlage testierter Jahresabschlüsse für die Jahre 2007 und 2008 sein, die im Rahmen der Angebotsfrist nicht zur Verfügung standen. Im Zuge dessen kam es am 21.07.2009 zu einem Treffen zwischen der Führungsebene der G6 AG und Dr. T3 sowie dem Zeugen Dr. E der M6 AG, das jedoch keine weitergehenden Ergebnisse brachte.

(iii) Factoringvertrag W4 Bank AG

Unter dem 09.07.2009 unterbreitete die W4 Bank AG der U I7 AG ein Angebot für ein Forderungsfactoring der U T21 GmbH zu bereits seit Ende April 2009 verhandelten Konditionen. Danach sollte die Bank monatlich bilanziell erfasste, existente und einredefreie Kundenforderungen von der U T21 GmbH kaufen und dafür Factoringgebühren in Höhe von 0,22% der Bruttorechnungssumme erhalten. Der Factoringrahmen sollte bei max. 25 Mio. € liegen und jeweils der Gegenwert von 85% der eingekauften Forderungen des Folgemonats der U-Gruppe kurzfristig im laufenden Monat gutgeschrieben werden. Die restlichen 15% der Bruttorechnungssummen sollten stets als Sicherheitseinbehalt für die Bank zurückgehalten werden. Der erstmalige Einkauf von Forderungen war für September 2009 vorgegeben. Das Angebot bedurfte noch der Zustimmung der Gremien der Bank sowie der Vorlage testierter Jahresabschlüsse, was den Angeklagten auch bekannt und bewusst war. Das Angebot wurde seitens Bs, der den Kontakt akquiriert und sich selbst eine Abschlussprovision zukommen lassen wollte, unter dem 14.07.2009 - entgegen der satzungsmäßigen Vorgaben und damit unwirksam - allein unterzeichnet. In der Folgezeit kam es zunächst zu keinen weiteren Verhandlungen mehr, ein wirksamer Vertrag wurde nicht geschlossen.

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Schließlich erteilte das HZA L10 der "neuen" U F4 GmbH unter dem 03.07.2009 die Erlaubnis als Stromversoger und setzte die weiteren Vorauszahlungen auf die Stromsteuer für das Veranlagungsjahr 2009 im Zeitraum ab Erteilung der Erlaubnis bei einer seitens der U-Gruppe am 18.06.2009 selbst erwarteten voraussichtlichen Jahressteuerschuld von ca. 40,6 Mio. € auf ein Zwölftel dieses Betrags, nämlich 3.386.160 € fest, die weiterhin jeweils zum 25. eines Monats fällig wurden. Unter dem 07.07.2009 teilte die U I7 AG, vertreten durch B, dem Leiter des HZA L10 mit, dass sie bis zum 22.07.2009 die angeforderten Informationen bereitstellen wolle. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen weiterhin nicht vor.

(4) Weitere Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Erweiterung der Powerpaket-Aktion

Aufgrund der existenziell bedrohlichen Lage der Gruppe erweiterten die Angeklagten die bereits angestoßene Powerpaketaktion ab dem 29.06.2009, befristet bis zum 10.07.2009, auf ihre Bestandskunden, indem sie ausgewählten Bestandskunden über eine Mailingaktion ebenfalls optionale Volumenpakete anbot. Bis 29.06.2009 hatten die Paketaktionen zusätzlich 1 Mio. €, mit Stand 07.07.2009 insgesamt 2,5 Mio. € an zusätzlicher Liquidität erwirtschaftet. Insgesamt hatte die U T21 GmbH im Juni 2009 Kundengelder in Höhe von ca. 32,7 Mio. € vereinnahmt. Die Neukundenakquise führte ab Juli 2009 zu einem durchschnittlichen monatlichen Nettozuwachs von versorgten Kunden im Stromsegment von über 11.000 Stromkunden, im Gassegment von bis zu 2.000 Gaskunden pro Monat, wobei sich die Anzahl der abgeschlossenen Verträge in dieser Zeit - vorbehaltlich Stornierungen - auf über 14.500 Neuverträge pro Monat im Stromsegment und bis zu 2.000 Neuverträge pro Monat im Gassegment belief. Mit Auslaufen der ersten Powerpaket-Aktion zum 10.07.2009 beschlossen die Angeklagten eine Erweiterung der Paketaktionen für Bestandskunden beginnend vom 13.07.2009 bis 30.09.2009 mit der Maßgabe, dass es optionale Volumenpakete zwischen 75 € (Aktion XS) und 825 € (XL) gab, bei denen der Strombezugspreis konstant bei 15 Cent/KWh lag.

(ii) Mandat mit N & C4 LLP

Nach Erhalt des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 setzte B den zuvor bereits kontaktierten Zeugen S am 02.07.2009 über den Inhalt dieses Schreibens in Kenntnis, woraufhin unter dem 03.07.2009 nunmehr auch formal ein Mandatsverhältnis der U I7 AG zur Kanzlei N & C4 LLP (im Folgenden: "N") mit Bezug auf die Beratung im Zusammenhang mit der Suche nach neuen Investoren begründet wurde. Der Mandatsvertrag wurde seitens der U I7 AG von B und Dr. L gegengezeichnet. In der Folgezeit war die Kanzlei allerdings Anfang Juli zunächst nur sporadisch aktiv, jedenfalls ab Mitte Juli 2009 gab es keine Anfragen mehr an die Kanzlei und das Mandat ruhte in Ansehung des Verfahrensstands in dem Stundungsverfahren einvernehmlich, was den Angeklagten bekannt war. Die Aktivitäten sollten sich erst wieder ab September 2009 intensivieren.

(iii) Erhöhung der Vorstandsbezüge und Prämienregelung

Mit Wirkung zum 01.07.2009 wurden die Bezüge der Vorstandsmitglieder der U I7 AG, genehmigt durch den Aufsichtsrat, erhöht. Dabei erhielt der Angeklagte C anstelle von 240.000 € nunmehr 360.000 €, der Angeklagte Dr. L und der Zeuge B anstelle 204.000 € nunmehr 330.000 € Bruttojahresgehalt nebst variabler Vergütung in Höhe von 20% dieser Summen. Zudem erhielten die neuen Dienstverträge in § 9 Abs. 2 folgende neu aufgenommene Regelung:

"Ferner wird die Gesellschaft den Vorstand im Falle einer strafrechtlichen oder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Inanspruchnahme aus oder im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführung für die Gesellschaft und/oder der mit ihr iSd § 15 AktG verbundenen Gesellschaften auf erstes Anfordern von sämtlichen Rechtsverteidigungskosten freistellen. Entsprechendes gilt für Ordnungsmittel aus der Vollstreckung zivilrechtlicher Titel; in diesem Falle wird die Gesellschaft auch die verhängten Ordnungsmittel übernehmen."

Im Zuge dieser Erhöhungen hatten sich die Angeklagten sowie B von der Rechtsanwaltskanzlei I13 bereits seit Anfang Juni 2009 zu Überarbeitung der alten Vorstandsdienstverträge beraten lassen. Nach den krisenhaften Entwicklungen in der Folgezeit ließen sie gemeinsam einen "Nachtrag zum Vorstandsdienstvertrag" entwerfen, der unter dem 26.06.2009 unter den Beteiligten abgestimmt wurde. Danach sollte jedes Vorstandsmitglied eine Prämie von 500.000 € für die im ersten Halbjahr 2009 umgesetzte erfolgreiche Unternehmensentwicklung sowie weiteren 500.000 €, sofern durch geeignete Restrukturierungsmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Finanzierung durch Fremdkapital, Factoring, Kundenvorauszahlungsmodelle, Stundungsvereinbarung mit Lieferanten und Behörden und/oder ähnliche Maßnahmen) der Gruppe zusätzlich mindestens 30 Mio. € bis zum 31.08.2009 zufließen würden, erhalten. Beide Ansprüche sollten erst dann entstehen und fällig werden, wenn der "Fortbestand der U-Gruppe bis zum 31.08.2009 durch die oben genannte Kapitalzufuhr gesichert" sei. Unter dem 07.07.2009 leitete der Zeuge B per E-Mail die mittlerweile neu gefassten Nachträge zu der avisierten Prämienregelung an den Aufsichtsrat zur Prüfung und Gegenzeichnung weiter. Der neugefasste Entwurf lautete jeweils wie folgt:

"Im Nachtrag und in Ergänzung zum Vorstandsdienstvertrag vom 30.06.2009 vereinbaren die Parteien folgende Prämienregelung: Der Vorstand erhält zusätzlich zu den im § 3 vereinbarten Vergütungsbestandteilen eine Einmal-Prämie von brutto € 1.000.000,00. Die Prämie wird fällig und ist zahlbar mit dem laufenden Gehalt des Vorstandes, wenn der Fortbestand der U-Gruppe bis zum 31.08.2009 durch geeignete Restrukturierungsmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Finanzierung durch Fremdkapital, Factoring, Kundenvorauszahlungsmodelle, Stundungsvereinbarung mit Lieferanten und Behörden und/oder ähnliche Maßnahmen) gesichert ist."

Direkte Rückmeldungen des Aufsichtsrats zu den angetragenen Prämienregelungen gab es zunächst nicht.

(iv) Vertragsverhandlungen mit E14 GmbH

Ungeachtet der bestehenden Krisensituation verhandelte C mit der E14 GmbH, zu der er und K bereits Ende Mai 2009 erste Kontakte geknüpft hatten, im Hinblick auf ein weitergehendes Sponsoringengagement betreffend die A4-Fernsehsendung "X12...?". Hierzu hatte man sich auf einen Lizenzvertrag geeinigt, der bei einer Laufzeit für ein Jahr ab 01.07.2009 Sponsoringzahlungen der U-Gruppe in Höhe von insgesamt 1.490.000 €, wobei 140.000 € zzgl. MwSt. bei Abschluss des Vertrags und jeweils 225.000 € zzgl. MwSt. 14 Tage vor der jeweiligen auszustrahlenden Sendung fällig werden sollten. Der Vertrag wurde zwar am 10.07.2009 durch O für die U N8 GmbH und C für die U I7 AG gegengezeichnet, die U N8 GmbH trat zum 27.07.2009 zunächst vom Vertrag zurück, weil deren Alleingesellschafterin, die U8 Establishment, den vorgesehenen Vereinbarungen zunächst nicht zustimmte.

(v) Operative Maßnahmen

Spätestens ab Juli 2009 arbeitete bei der U-Gruppe eine Projektgruppe mit der Bezeichnung "ATLAS" an der Umstellung der bestehenden Buchhaltungssysteme hin zu der Buchhaltungssoftware T56 der Firma J2. Konkrete Ergebnisse lagen aber noch nicht vor; die Umstellung war nunmehr avisiert für 01.01.2010. Daneben hatten sich die Vorstandsmitglieder bemüht, in den Bereichen Controlling, Buchhaltung und EDV neue Mitarbeiter zu akquirieren, worauf insbesondere im Bereich der Buchhaltung (Bilanz, Debitoren, Kreditoren) einzelne Mitarbeiter neu eingestellt worden waren. Eine umfassende Neustrukturierung der Buchhaltung war aber weder erfolgt noch absehbar. Zudem gab es zwar vereinzelte Versuche, hinsichtlich des Stromeinkaufs ein Portfolio für einen Zeitraum von drei Monaten aufzubauen. Deren Umsetzung scheiterte jedoch stets an den dafür zu stellenden Sicherheiten, die die finanzielle Lage der Gruppe und der U F4 GmbH weiter belastet und deren Liquidität überfordert hätten. Parallel hierzu wurden sukzessive die mit Preisgarantien versehenen Altverträge im Strombereich trotz bestehender Garantien angepasst, wodurch zahlreiche Kunden verloren gingen (Kündigungsquote ca. 14%), sich aber andererseits die Ertragslage besserte, da sich die Anzahl originär defizitärer Verträge sukzessive verringerte. Der übergreifende Rohertrag im Stromsegment (Verhältnis Kosten des Einkaufs zu Erlösen des Verkaufs ohne Berücksichtigung weiter anfallender Aufwendungen) kippte im Verlauf des Jahres 2009 so erstmals in den positiven Bereich.

(5) Ablauf der Insolvenzantragsfrist zum 16.07.2009

(i) Brief des Vorstands an den Aufsichtsrat vom 09.07.2009

Da weiterhin ein Investor, mit dem eine konkrete Verhandlungsbasis erreicht worden wäre, nicht - wie von den Angeklagten sowie B noch Ende Juni 2009 erhofft und den Angeklagten nunmehr bekannt - zur Verfügung stand, sahen sich sie sich der Situation gegenüber, dass die bisherige Krisensituation fortbestand, eine absehbare Verbesserung der Liquiditätslage aber gerade nicht in "Sichtweite" war. Entsprechend entschlossen sich die drei Vorstandsmitglieder, diese für sie als prekär erkannte Situation zusammenzufassen und die aktuelle Unternehmenslage dem Aufsichtsrat mitzuteilen. In einem Schreiben vom 09.07.2009 an diesen führten sie hierzu u.a. aus:

"Im Nachgang zu den Aufsichtsratssitzungen vom 19.06.2009 und 30.06.2009 fassen wir die aktuelle Finanz- und Liquiditätssituation der U-Gruppe nochmals wie folgt zusammen:

1) Bilanzielle Überschuldung einzelner Gesellschaften:

Nach den vorläufigen Abschlussdaten zum 31.12.2008 weisen die folgenden Gesellschaften entweder ein negatives Eigenkapital auf oder haben mehr als die Hälfte ihres Stammkapitals zum Bilanzstichtag verloren:

U I7 AGU F4 GmbHU Communications GmbHU FINANCE GmbHU T21 GmbH

Durch Verluste aus Abschreibungen und Abwertungen sowie operative Verluste des laufenden Geschäftsjahres ist bei den o.g. Gesellschaften die Überschuldung eingetreten. Im Laufe der Abschlussprüfung durch den Wirtschaftsprüfer können sich evtl. noch weitere Abschreibungs- und Verlustszenarien ereignen, die derzeit noch nicht berücksichtigt sind.[...]

2) Liquiditätssituation der U-Gruppe:

Laut der Liquiditätsplanung der U Gruppe gibt es per Ende KW 27 [= bis 05.07.2009] eine Deckungslücke von 54.438 T€, die sich wie folgt zusammensetzt:

- Stromsteuer 2008: 18.824 T€

- Stromsteuer erste Jahreshälfte 2009: 9.746 T€

- (Über-)fällige Lieferantenverbindlichkeiten: 25.868 T€

Die Fälligkeit der Verbindlichkeiten aus der Stromsteuer hat das Hauptzollamt L10 (HZA) mit Schreiben vom 01.07.2009 auf den 22.07.2009 aufgeschoben. Mit gleichem Schreiben fordert das HZA die U F4 GmbH auf Unterlagen einzureichen, die nachweisen, dass die Steuerschulden nicht gefährdet sind. Davon hängt auch der Erteilung der vorgeschriebenen Erlaubnis zur Lieferung von Strom und Gas [ab]. Die Lieferantenverbindlichkeiten werden zunehmend existenzbedrohlicher, da das schlechte Zahlungsverhalten der U die meisten und vor allem größten Lieferanten im Bereich der EEG und Netznutzung zu einem sehr stringenten Mahnverfahren veranlasst hat. Die Gefahr der Kündigung von Verträgen durch solche Lieferanten mit der Konsequenz der Abschaltung ganzer Netzgebiete ist akuter denn je.

3) Konsequenzen:

Ab Datum der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit besteht für den Vorstand und die Geschäftsführung laut der Insolvenzordnung eine 3-wöchige Frist zur Umsetzung von Maßnahmen zur Behebung der Zahlungsunfähigkeit. Beim Scheitern dieser Maßnahmen besteht die Pflicht einen Insolvenzantrag zu stellen.

In der KW 25 [= bis 21.06.2009] wurde der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nach gründlicher Überprüfung und Verifizierung von offenen Verbindlichkeiten, Forderungen und sonstigen kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenständen festgestellt. Um die Illiquidität der U-Gruppe zu beheben, wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen. Der Aufsichtsrat und Vorstand haben bis zum heutigen Tage an der Gewinnung von potentiellen Investoren gearbeitet, um die Kapitalerhöhung erfolgreich zu platzieren. Leider konnte bis heute noch kein erfolgreicher Abschluss getätigt werden.

Für den Fall, dass bis zur geplanten Aufsichtsratssitzung am Freitag, 17.07.2009 kein belegbarer Kapitalzufluss stattgefunden hat, bleiben dem Vorstand und der Geschäftsführung folgende Optionen übrig:

a) Antrag auf Insolvenz

b) Niederlegung des Mandats als Vorstand und Niederlegung des Amts als Geschäftsführer

Bitte beachten Sie, dass die Gesellschaften mit einer evtl. Niederlegung des Amtes des Vorstandes bzw. Geschäftsführer nicht führungslos bleiben darf und unmittelbar eine Person das Amt übernehmen muss. Wir bitten Sie, die Aktionäre der U I7 AG über die aktuelle Entwicklung der Gesellschaften und der daraus resultierenden Konsequenzen unverzüglich zu informieren."

Eine direkte Reaktion des Aufsichtsrats auf die beschriebene, tatsächlich bestehende Krisensituation der U-Gruppe und damit zuvorderst der U I7 AG, die für die Verbindlichkeiten der U F4 GmbH über die bestehende Patronatserklärung gesamtschuldnerisch haftete, erfolgte indes nicht.

(ii) Kündigung der E4 Bank AG

Unterdessen ergaben sich im Tagesgeschäft weitere Problemfelder: Unter dem 15.07.2009 teilte die E4 Bank AG, über die das Gros der Lastschrifteinzüge der U T21 GmbH abgewickelt wurde, der Geschäftsführung der U T21 GmbH nach einem persönlichen Gespräch schriftlich mit, dass aufgrund der bestehenden Krisensituation ab sofort keine Lastschrifteinzüge mehr vorgenommen werden konnten. Zur Begründung führte sie u.a. folgendes aus:

"Wir nehmen Bezug auf das heute mit Ihnen geführte Gespräch, in dem Sie uns mitteilten, dass in Ihrem Unternehmen eine Liquiditätslücke von etwa € 40 Mio. aufgetreten sei, über deren Deckung keine konkreten Angaben gemacht werden konnten, so dass auch die Deckung des künftigen Liquiditätsbedarfs nicht gesichert ist. Diese Situation, die für unser Haus vor dem Hintergrund noch fehlenden aktuellen Einblicks in die finanziellen Verhältnisse Ihres Unternehmens sowie der Gruppe anhand WP-testierter Geschäftsziffern 2008 eine gravierende Verschlechterung der bisher unterstellten wirtschaftlichen Entwicklung bedeutet, gibt uns Veranlassung, ab sofort (zumindest bis zur Klärung der Situation) keine Lastschrifteinzüge mehr vorzunehmen."

Hintergrund dieser Maßnahme war, dass die auf den Konten der E4 Bank AG geführten Guthaben weit überwiegend aus Lastschrifteinzügen herrührten, die unter der aufschiebenden Bedingung standen, dass die zahlungpflichtigen Kunden deren Einzug nicht binnen sechs Wochen widersprachen. In diesem Fall wäre die Bank gegenüber der Bank des U-Kunden zur Rückerstattung des nicht autorisierten Einzugsbetrags verpflichtet gewesen, belastet mit dem Risiko, dass die Gelder seitens der U T21 GmbH nicht mehr zur Verfügung gestanden oder zurückerstattete Forderungen nur noch im Rahmen einer Quote im Falle einer Insolvenzsituation gegenüber der U-Gruppe hätten geltend gemacht werden können.

(iii) Wechsel zur Q AG

Da die U-Gruppe in der Krisensituation massiv von der Steuerbarkeit und damit der zeitlich kalkulierbaren Verfügbarkeit ihr zustehender finanzieller Mittel von Endkunden angewiesen war, drohte nunmehr das Einbrechen der Einnahmenseite. In diese Situation hatte B bereits zuvor Verhandlungen mit dem Firmenkundensegment der Q AG über den ihm bekannten dortigen Vorstand Q7 geführt, die dann unter dem 17.07.2009 dazu führten, dass die U T21 GmbH ab dem 31.07.2009 als Neukunde dort - unter erschwerten Bedingungen - zum Lastschrifteinzugsverfahren zugelassen wurde. Das Lastschrifteinreichervolumen lag bei bis zu 40 Mio. €, wobei eine der angegebenen Rücklastschriftquote entsprechende Teilbesicherung auf einem gesperrten Cashkonto von 3 Mio. € zugunsten der ausführenden Bank vorhanden war. Die Kontoführung erfolgte auf rein kreditorischer Basis bei Ausschluss selbst nur valutarischer Inanspruchnahmen, da aus Sicht der Q AG die bereitgestellten Unterlagen - testierte aktuelle Bilanzen oder validierte BWAs waren ja gerade nicht vorhanden und entsprechend nicht vorgelegt - die Kriterien für eine Kreditvergabe nicht erfüllten. Da die Angeklagten wie auch B keine andere Möglichkeit für einen neuen Lastschriftpartner in Ansehung der derzeitigen Unternehmenssituation erreichbar hatten, akzeptierten sie die Auflagen der Q AG ohne weitere Nachfrage uneingeschränkt.

(iv) Gemeinsame Sitzung Vorstand / Aufsichtsrat vom 17.07.2009

Schließlich fand am 17.07.2009 - dem letzten Tag der in dem Schreiben des Vorstands vom 09.07.2009 von diesem "nach gründlicher Überprüfung und Verifizierung von offenen Verbindlichkeiten, Forderungen und sonstigen kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenständen" selbst gesetzten Insolvenzantragsfrist für die U I7 AG - eine gemeinsame Sitzung des Vorstands und des Aufsichtsrats der U I7 AG statt, auf der ausweislich der Tagesordnung vordringlich die Themenpunkte "Diskussion über den Stand der Kapitalerhöhungsmaßnahmen und der Liquiditätslage" und "Nachtrag zu den Vorstandsverträgen" erörtert werden sollten, statt. Feststellungen zu dem tatsächlichen Sitzungsverlaufs konnte die Kammer indes mangels Vorliegens eines -zu den Sitzungen üblicherweise gefertigten - schriftlichen Protokolls nicht feststellen.

(v) Status Quo zum 17.07.2009

Die tatsächliche Liquiditätssituation blieb weiterhin so, wie in dem Schreiben des Vorstands vom 09.07.2009 beschrieben und den Angeklagten umfänglich bekannt:

(a) Investoren und avisierte Kapitalerhöhung

Bis einschließlich 17.07.2009 war der dort durch die Vorstandsmitglieder referenzierte, vom Aufsichtsrat geforderte belegbare Kapitalzufluss gerade nicht erfolgt. Hinsichtlich der Investorensuche lagen zwar Interessenbekundungen vereinzelter möglicher externer Investoren im geschilderten Umfang vor. Unabhängig von den tatsächlichen Umsetzungschancen der jeweils vorgeschlagenen Investmentstrategien und der dafür notwendigen Bonität der Interessenten war es ohnehin stets Voraussetzung für mögliche seriöse Geschäftspartner, dass eine Due Diligence-Prüfung durchgeführt und aktuelle testierte Jahresabschlüsse der tragenden Gruppengesellschaften vorgelegt wurden. Letztere konnten die Angeklagten gerade nicht bereitstellen, weil die dafür beauftragte C3 AG aufgrund der Krisensituation ihre diesbezügliche Tätigkeit auf unbestimmte Zeit ruhen ließ. Die Wiederaufnahme deren Tätigkeit war wiederum gekoppelt an die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durch Kapitalzuflüsse. Daneben war die durch die Beschlüsse der außerordentlichen Hauptversammlung und des Aufsichtsrats der U I7 AG vom 30.06.2009 avisierte Kapitalerhöhung des Grundkapitals um 5 Mio. € zwar formal angekündigt und in Vorbereitung, eine realistische Perspektive der Umsetzung bestand indes im Sommer 2009 gerade nicht. Die tatsächliche Umsetzung der Kapitalerhöhung erfolgte dann auch nur teilweise erst Ende Dezember 2009, wobei diese im Wege eines sog. Debt-Equity-Swaps - geplant und koordiniert durch K - dergestalt durchgeführt wurde, dass durch die U I7 AG gegenüber teilweise K zuzuordnenden T4er Firmen über Factoringverträge bestehende Rückforderungen zu langfristigen Schuldverschreibungen beglichen wurden und die T4er Firmen der U I7 AG die erhaltenen Gelder im Wege eines Darlehens wiederum umgehend zur Verfügung stellten. Eine Verbesserung der Liquiditätssituation der U I7 AG ging damit - wie den Angeklagten bekannt und bewusst - nicht einher, da die U I7 AG nach der durchgeführten Kapitalerhöhung wieder über die gleichen liquiden Mittel wie zuvor verfügte. Weitere konkrete Interessenten für einen Erwerb von Aktienpaketen gab es zu dieser Zeit nicht.

(b) Lieferantenverbindlichkeiten

Zum Stichtag 16.07.2009, dem letzten Tag der regulären, gesetzlichen Antragsfrist, bestanden - trotz Eingängen zum Monatsanfang durch Lastschrifteinzüge bei Endkunden über die U T21 GmbH von ca. 31,7 Mio. € und Sondereinzügen aus den Powerpaketen von weiteren ca. 7,8 Mio. € im Verlauf des Monats Juli 2009 - weiterhin fällige, abgerechnete und als bestehend anerkannte Forderungen, die die U F4 GmbH und mit ihr die U I7 AG im Rahmen der laufenden, selbst gesetzten Antragsfrist nicht begleichen konnten. Im Einzelnen: Insgesamt hatte sich der Bestand rückständiger Lieferantenverbindlichkeiten von über 20 Mio. € seit dem 25.06.2009 nicht reduziert, sondern im Verlauf des Monats Juli 2009 unter von den Angeklagten plangemäß angestoßenem Praktizierens des Priorisierungssytems lediglich teilweise in seinem Bestand verändert. Die U F4 GmbH sah sich so zum 17.07.2009 immer noch fälligen, abgerechneten und als bestehend anerkannten Forderungen von Netzbetreibern gegenüber, die seitens der jeweiligen Gläubiger beständig schriftlich und telefonisch eingefordert wurden. U.a. konnte die U F4 GmbH zum 16.07.2009 folgende, oben dargelegte Verbindlichkeiten in diesem Sinne nicht begleichen, die sich allein auf über 7,5 Mio. € bezifferten und allesamt erst in der Folgezeit nach Ausübung weiteren Drucks durch die jeweiligen Gläubiger - dann priorisiert - bezahlt wurden:

T17 Netz GmbH - über 2,9 Mio. €

S2 Transportnetz - über 1,9 Mio. €

F Bayern AG - über 350.000 €

F7 Verteilnetz GmbH - über 450.000 €

U13 - über 1,9 Mio. €

Betreffend dieser Verbindlichkeiten lagen für die Gläubiger verbindliche Stundungsvereinbarungen nicht vor, vielmehr verfolgten die Angeklagten, gebilligt durch K, dem die aktuelle Liquiditätssituation der Unternehmensgruppe ebenfalls bekannt war, die Strategie, mit Hilfe des Priorisierungssytems die Gläubiger so lange als irgend möglich hinzuhalten, um die eigentlich zur Begleichung der fälligen Forderungen notwendigen Mittel in der so gewonnenen Zeit für andere anstehende, dringlichere fällige Verbindlichkeiten zu verwenden. Im Rahmen der Hinhaltetaktik wurden gegenüber herantretenden Gläubigern unverbindliche Zahlungszusagen für bestimmte Zahlungsziele gegeben, die dann wiederum bewusst nicht eingehalten wurden, wodurch die Gläubiger zuwarteten. Erst wenn existenziell bedrohliche Handlungen angedroht wurden, erreichten die Lieferantenverbindlichkeiten einen Priorisierungsstatus, aufgrund dessen teilweise oder vollständige Zahlungen seitens der U-Gruppe bewirkt wurden. Zu dieser Zeit sah sich die U F4 GmbH nach eigenen unternehmensinternen Berechnungen - exklusive der Stromsteuernachforderungen - mit durchschnittlichen monatlichen laufenden Verbindlichkeiten in Höhe von weit über 30 Mio. € konfrontiert, deren monatliche Höhe mit steigender Kundenzahl in Richtung Ende des Jahres anstieg.

(c) C2 M3 Fußball GmbH

Neben den zum 16.07.2009 offenen fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Netzbetreibern, die die U F4 GmbH im Rahmen der Antragsfrist nicht zahlen und für die die U I7 AG über die bestehende Patronatserklärung aus 2008 gesamtschuldnerisch bzw. als Patronin in Anspruch genommen werden konnte, sah sich die U I7 AG gesamtschuldnerisch mit der U N8 GmbH auch der fälligen, abgerechneten und als bestehend anerkannten Forderung der C2 M3 Fußball GmbH der ersten Rate aus den Sponsoringverträgen zu C2 M3 in Höhe von 3.785.360,25 € gegenüber, die weder die U I7 AG noch die U N8 GmbH - nach eigener Einschätzung - bedienen konnten. Auch hierfür lagen verbindliche Stundungsvereinbarungen mit der Gläubigerin nicht vor, vielmehr wurde deren Zahlung - im Zuge des bestehenden Priorisierungssytems - zunächst einseitig - auf Weisung der Angeklagten sowie Bs - auf August, später dann auf September verschoben. Zu dieser Zeit sah sich die U I7 AG nach eigenen Berechnungen mit durchschnittlichen, ohne Überleitung von Forderungen der U F4 GmbH, monatlichen laufenden Verbindlichkeiten von bis zu 500.000 € konfrontiert, denen durchschnittliche monatlichen Umsatzerlöse in Höhe von 625.000 € gegenüberstanden.

(d) Stromsteuernachforderung

Weiterhin bestand die - trotz des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 - weiterhin fällige, seitens der U-Gruppe als bestehend anerkannte Forderung des HZA L10 aus Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und 2009 in Höhe von insgesamt 31.854.987 €, die jedenfalls seit dem 25.06.2009 fällig war und - wie den Angeklagten bekannt - weder von der U F4 GmbH, noch von der U I7 AG oder deren Tochtergesellschaften gezahlt werden konnte und deren derzeitiger Fälligkeitsstatus - wie den Angeklagten bekannt und von diesen bewusst und gewollt in Kauf genommen - auch in Ansehung des Verfahrensgangs bei dem HZA L10 für die Angeklagten nicht verbindlich dahingehend geklärt war, ob die Forderungen gestundet waren oder nicht.

(vi) Keine Antragstellung durch die Angeklagten

Mit Ablauf der gesetzlichen Frist zum 16.07.2009 wie auch spätestens der irrtümlicherweise selbst gesetzten Frist bis zum 17.07.2009 erfolgte vor diesem Hintergrund eine Insolvenzantragsstellung für die U I7 - getragen von einem gemeinschaftlichen Willen - durch die Angeklagten sowie B - wie auch in der Folgezeit im Tatzeitraum - nicht. Dabei war den Angeklagten jeweils bekannt und bewusst, dass bei der U F4 GmbH und über die den Angeklagten bekannte und in der Unternehmenspraxis gelebte Patronatserklärung aus 2008 auch bei der U I7 AG jedenfalls zum 25.06.2009 die konkrete Situation eingetreten war, dass für diese Gesellschaft jedenfalls bei fortbestehender Fälligkeit der Stromsteuerforderungen der Zustand der Zahlungsunfähigkeit - nach eigener unternehmensinterner Prüfung - erreicht war. Ebenso war den Angeklagten bewusst, dass an diese konkrete Situation die Pflicht anknüpfte, nach fruchtlosem Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Wochen für die U I7 AG Insolvenzantrag zu stellen. Weiter kannten die Angeklagten die Liquiditätssituation, wie sie sich am 16.07.2009 und am Folgetag für die U-Gruppe im Allgemeinen und die U I7 AG und die U F4 GmbH im Besonderen darstellte. Auch wussten die Angeklagten, dass das HZA L10 bei seinem Handeln immer davon ausging, dass, wenn eine Stundung der Stromsteuernachforderungen nicht erfolgen würde, die U F4 GmbH und über diese auch die U I7 AG insolvent gewesen wären. Die Angeklagten hatten zu dieser Zeit auch Kenntnis darüber, dass zu dieser Zeit Investorenangebote, die einen Konkretisierungsgrad erreicht hätten, der die verlässliche Prognose eines Abschlusses von verbindlichen Vereinbarungen und daran anknüpfender Bereitstellung von Kapitalmitteln in absehbarer Zeit zugelassen hätte, nicht vorlagen und die benötigten Mittel auch nicht durch die bisherigen Aktionäre bereitgestellt werden konnten.

In Kenntnis all dieser Umstände beauftragten die Angeklagten plangemäß eine auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei zu diesem Zeitpunkt gerade nicht, obwohl ihnen durch die Berater der C3 AG und den Zeugen S die Notwendigkeit einer solchen Beauftragung für eine verbindliche Einschätzung der Liquiditätssituation der U F4 GmbH wie auch der U I7 AG bekannt war und die bereits involvierten Berater von der C3 AG und N ihre Tätigkeiten im Nachgang zu dem Schreiben vom 01.07.2009 ruhend gestellt hatten. Vielmehr entschieden die Angeklagten nach gemeinsamer gremieninterner Beratung gemeinschaftlich, den Geschäftsbetrieb einfach weiter fortzuführen und die Stromsteuerforderungen einfach aus eigener, wie bekannt nicht maßgeblicher Bewertung als nicht fällig zu erachten. Trotz dieser für sie günstigen Eigeneinschätzung bestand bei den Angeklagten durchweg eine extreme Unsicherheit dahingehend, ob die Forderung nun als fällig zu bewerten war oder nicht, weil sie ja wussten, dass eine Stundung noch nicht vorlag und eine Fälligkeit eine Insolvenzanmeldepflicht der U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG nach sich gezogen hätte.

Im Bewusstsein und in Kenntnis einer so durchweg möglichen Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG führten die Angeklagten auch zum Ablauf der selbst gesetzten Insolvenzantragsfrist keine verbindliche Klärung, ob eine Antragspflicht bestand oder nicht, herbei und stellten auch keinen Insolvenzantrag für die Gesellschaft, obwohl sich die Situation im Hinblick auf das Schreiben vom 09.07.2009 - wie ihnen bekannt - gerade nicht zum Positiven verändert hatte. Ob sie für die U I7 AG bereits antragspflichtig waren, waren ihnen vor allem deshalb völlig gleichgültig, weil sie die Folgen eines dann anstehenden Insolvenzverfahrens vermeiden und sich dadurch gezielt ihre persönlichen Privilegien aus einer im Wirtschaftsraum Deutschland bedeutenden Managerposition bei hohen Gehaltsbezügen und der Aussicht auf die ausgelobte Sonderprämie sichern wollten. Zudem wollten die Angeklagten - getreu nach dem Prinzip "Hoffnung" - bei dieser nicht rechtfertigender Sachlage mithilfe der Aufrechterhaltung des seit jeher gelebten und praktizierten Priorisierungssytems und durch strategisches Hinhalten des HZA L10 letztlich gezielt Zeit gewinnen, in der sie die dadurch "frei" werdenden liquiden Mittel anderweitig verwenden konnten, um letztlich die Unternehmenssituation durch Erwirken eines formellen Stundungsbescheids und/oder das Finden eines Kapitalmittel bereitstellenden strategischen Investors doch noch zum Guten wenden zu können. Das Handeln der Angeklagten war vor diesem Hintergrund getragen von der Absicht, eine Insolvenz - bei Vorliegen einer erkannten möglichen Insolvenzreife jedenfalls der U F4 GmbH und der U I7 AG und der dann resultierenden Konsequenzen - um jeden Preis, also auch unter Missachtung der gesetzlichen Antragsfrist, zur Sicherung eigener Vorteile zu vermeiden. Überdies erfolgte eine fristgemäße Antragstellung auch nicht durch den Zeugen B.

(6) Reaktionen aus dem Aufsichtsrat

Hintergrund des Unterlassens der zeitgerechten Stellung eines Insolvenzantrags waren u.a. auch zwei durch den ehemaligen Mitangeklagten K als "Bevollmächtigter der Aktionäre der U I7 AG" gezielt angestoßene Geschehensabläufe, die in den Angeklagten und B - wie von K, dem die Krisensituation der U I7 AG und die daran anknüpfende Antragfrist bis 16.07.2009 / 17.07.2009 bekannt war, beabsichtigt und gewollt die erkennbar unberechtigte Erwartung entstehen ließen, dass in absehbarer Zeit möglicherweise ein seriöser Investor gefunden werden und sich das risikobehaftete Warten für die Beteiligten in monetärer Hinsicht lohnen könnte. K wollte dadurch verhindern, dass über das Vermögen der U I7 AG und daran anschließend auch der U F4 GmbH und anderer Gesellschaften ein Insolvenzverfahren eröffnet würde, wenn die Angeklagten sowie B doch noch Insolvenzantrag stellen würden. So kam es zu folgenden durch K maßgeblich initiierten Geschehensabläufen:

(i) F13 Ltd. als neuer Investor

Kurz nach Ablauf der Insolvenzantragsfrist hatte K am 18.07.2009 an die britische Geschäftsbank mit Sitz in M17, die F13 Ltd. (im Folgenden: "F13"), die sich auf Tansaktionen in den Bereichen Energie, Erdöl und Gas spezialisiert hatte, über W6 herangetragen, dass die Aktionäre der U I7 AG bereit seien, 100% ihrer Anteile an der Gesellschaft kurzfristig zu veräußern. Nachdem W6 der neuen Interessentin Kurzinformationen zur Gruppe hatte zukommen lassen, erhielt K am 20.07.2009 ein Interessenbekundungsschreiben der Geschäftsbank, unterzeichnet durch Dr. T30, in dem u.a. folgendes mitgeteilt wurde:

"Aufgrund der Kürze der Zeit, die uns bisher zur Verfügung stand, konnten wir noch keine gründliche Überprüfung der U7 vornehmen, dennoch können wir bereits jetzt sagen, dass die Möglichkeit für uns definitiv von großem Interesse ist. [...] Uns ist außerdem die technische und wirtschaftliche Bewertungsstudie bekannt, die von C3 Germany über das Unternehmen angefertigt wurde und die sehr nützlich sein könnte, um die Transaktion zu beschleunigen. Wir sind bereit, so bald wie möglich eine Vertraulichkeitserklärung zu unterzeichnen, um Zugang zu den gesamten Auskünften über U7 und ihren Räumlichkeiten zu erhalten. Nach energischer Überprüfung der Informationen und Telefongesprächen mit H. W6 gehen wir davon aus, dass wir Ihnen, vorbehaltlich technischer, wirtschaftlicher und Due Diligence Überprüfungen, folgendes Angebot unterbreiten können:

1) Erwerb von 100 % der Anteile an U7 und U N8 AG (U7M) sowie der Rechte für sämtliche Darlehen und entsprechende Ansprüche der Aktionäre an U7 und U7M für eine Gesamtsumme von € 150.000.000,00 (Einhundertfünfzig Millionen);

2) Zusätzliche Investition von € 50.000.000,00 (Fünfzig Millionen) in U7 zur Bereitstellung von Entwicklungskapital

Wir haben bereits unseren Rechtsberater, D11, über die beabsichtigte Transaktion benachrichtigt und ihn gebeten, unverzüglich mit der rechtlichen Due Diligence-Prüfung zu beginnen. Vorausgesetzt die Due Diligence-Prüfung, die von C3 Germany durchgeführt wurde, ist von annehmbarer Qualität für unseren lnvestitionsausschuss, werden wir die Transaktion bereits in Kürze abschließen können. Dennoch möchten wir Sie davon in Kenntnis setzen, dass wir eine gewisse Zeit benötigen werden, um die rechtlichen und technischen Due Diligence-Prüfungen in einem Rahmen durchführen zu können, die dem Ausmaß und der Größe der geplanten Transaktion entsprechen. Daher bekräftigen wir unser großes Interesse und unseren Willen, diese Transaktion abzuschließen und bitten Sie darum, uns die dafür nötige Zeit einzuräumen, damit wir die Akquisition angemessen vorbereiten und durchführen können."

Voraussetzung des dort angetragenen Investments war so wiederum die Durchführung einer umfassenden eigenen Due Diligence-Prüfung durch eine renommierte Anwaltssozietät. Ein realistischer Zeitplan für ein Investment bestand indes nicht; vielmehr prüfte F13 in der Folgezeit bis Anfang September 2009 Unterlagen, um verbindliche Zusagen überhaupt treffen zu können. Ziel der Bemühungen Ks um den Kontakt zu der Geschäftsbank war es, zum Einen durch einen Kapitalzufluss die bestehende Krisensituation möglicherweise zu bewältigen bzw. zu verbessern und gleichsam durch das neue Interessenbekundungsschreiben neues Material zu haben, das in den an das HZA L10 zu richtenden weiteren Erläuterungen zu dem laufenden Stundungsverfahren Verwendung finden konnte, um dadurch die existenzbedrohlichen Forderungen des HZA L10 einer Stundung zuzuführen. Zudem wollte er durch das Aufkommen eines neuen möglichen Investors die schwindende Hoffnung der Angeklagten sowie Bs befeuern, dass die bestehende Krisensituation durch externe Kapitalmittel gelöst werden könnte, was diese u.a. auch hinsichtlich einer Antragstellung zögern ließ.

(ii) Nachträge zu Vorstandsdienstverträgen

Nachdem die Angeklagten gemeinsam mit B zu den von ihnen abgestimmten Nachträgen zu den Vorstandsdienstverträgen nach der Weiterleitung zunächst nichts gehört hatten, waren diese in und im Nachgang zu der gemeinsamen Sitzung vom 17.07.2009 Gegenstand konkreter Verhandlungen zwischen den Angeklagten sowie B einerseits und K andererseits. Jedenfalls ab 28.07.2009 erarbeitete K auf der Grundlage der übersandten Entwürfe die avisierten Prämienregelungen und übersandte wiederum seine überarbeitete Fassung am 31.07.2009 an die Vorstandsmitglieder. Diese entsprach der ursprünglichen Vorfassung vom 26.06.2009, wonach jedes Vorstandsmitglied der U I7 AG eine Prämie von 500.000 € für die im ersten Halbjahr 2009 umgesetzte erfolgreiche Unternehmensentwicklung sowie weiteren 500.000 €, sofern durch geeignete Restrukturierungsmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Finanzierung durch Fremdkapital, Factoring, Kundenvorauszahlungsmodelle, Stundungsvereinbarung mit Lieferanten und Behörden und/oder ähnliche Maßnahmen) der Gruppe zusätzlich mindestens 30 Mio. € bis zum 31.08.2009 zufließen würden, erhalten sollte. Beide Ansprüche sollten erst dann entstehen und fällig werden, wenn der "Fortbestand der U-Gruppe bis zum 31.08.2009 durch die oben genannte Kapitalzufuhr gesichert" sei. In der Folgezeit stimmten die Beteiligten den Inhalt weiter ab. So war unter anderem aus Sicht Dr. Ls die Fälligkeit der Prämienzahlungen zu konkretisieren, woraufhin K erläuterte, dass die Anspruchsentstehung angepasst und so eine Auszahlung erst zum 15.09.2009 mit dem Septembergehalt erfolgen solle, um nicht "unnötig in Terminnot zu kommen". Die durch K geänderte Fassung, den Angeklagten sowie B am 13.08.2009 übersandt, enthielt nunmehr hierzu neben dem neuen Fristende zum 15.09.2009 im Übrigen folgenden Textbaustein:

"Beide Ansprüche auf die Prämie entstehen erst und werden nur dann fällig, wenn der Fortbestand der U-Gruppe bis zum 15.09.2009 durch die oben genannte Kapitalzufuhr gesichert ist. Beide Prämien sind bei Fälligkeit zahlbar mit dem laufenden Gehalt des Vorstandes für denjenigen Monat, der dem Monat der Entstehung des Anspruchs folgt."

Trotz dieser konkreten Verhandlungen kam es jedenfalls zu einem schriftlichen Abschluss der Prämienregelung aus nicht festgestellten Gründen in der Folgezeit nicht. Durch die seit Juli 2009 andauernden Verhandlungen wollte K - in Kenntnis der Krisensituation und einer daran anknüpfenden möglichen Antragsfrist für die Vorstandsmitglieder - aber für die Angeklagten sowie B einen finanziellen Anreiz dahingehend setzen, einerseits weitere Zeit ohne Stellung eines Insolvenzantrags verstreichen zu lassen und andererseits initiativ verstärkte Sanierungsbemühungen zu unternehmen, die die der Bewältigung der Krisensituation dienten.

(iii) Interessenlage des ehemaligen Mitangeklagten K

Die Handlungen Ks beruhten vor allem darauf, dass diesem durch das Schreiben vom 09.07.2009 und seine fortlaufende Einbindung in wesentliche Entwicklungen durch C die Krisensituation der U-Gruppe insgesamt bekannt und bewusst war und er den von ihm gegründeten und fortentwickelten Unternehmensverbund um jeden Preis nicht in die Insolvenz fallen lassen wollte, da er sich weiterhin die - wenngleich einer konkreten Grundlage entbehrende - Hoffnung machte, durch einen Gesamtverkauf der Gruppe an einen strategischen Investor zeitnah erheblichen finanziellen Profit machen zu können. Da sich die Unternehmenslage bis zum 17.07.2009 - wie K bekannt - nicht verbessert hatte und konkrete Investoren nicht vorhanden waren, unternahm K vor diesem Hintergrund gezielt eigene Maßnahmen, um einerseits für das Unternehmen und sich selbst weitere Zeit für das Finden eines strategischen Investors zu gewinnen und andererseits die Vorstandsmitglieder davon zu überzeugen, dass eine Insolvenzantragsstellung durch diese deshalb unterbleiben sollte. Durch das gezielte Anreizsetzen mit dem Unterton "Ein neuer Investor wird gefunden!" und dem gleichzeitigen monetären Anreiz, trotz evtl. bestehender Insolvenzantragspflicht mit der Stellung eines solchen bis zum Abschluss einer Kapitalzufuhr zuzuwarten, wollte K die Angeklagten wie auch B darin bekräftigen, trotz von diesen selbst erkannter möglicher bestehender Antragspflicht bei ihnen bekannter unsicherer Rechtslage einfach zuzuwarten. K wusste hierzu, dass insbesondere C und Dr. L in Fragen der Führung von Gesellschaften in der Vergangenheit in der Regel auf das Fachwissen Ks und seine Einschätzung vertraut hatten, weil er in der Vergangenheit in zahlreichen Situationen der U-Gruppe in schwierigen Zeiten Gelder bereitgestellt hatte.

(7) Weiterer Verfahrensgang bei dem HZA L10

Wie in dem Schreiben vom 01.07.2009 durch das HZA L10 in dem laufenden Stundungsverfahren angefordert, ergänzte die U F4 GmbH durch N4 und T6, die auf Weisung der Angeklagten sowie Bs handelten, unter dem 22.07.2009 mit Ablauf der gewährten Frist die bisherigen Erläuterungen zu dem Stundungsantrag bei dem HZA L10 vom 23.06.2009. Unter Bezugnahme auf diese Ausführungen wurde so zur Darstellung der wirtschaftlichen Lage der U F4 GmbH u.a. folgendes mitgeteilt:

"[...] 4. Liquiditätsstatus der U-Gruppe im Juni 2009

Wir gehen aktuell von folgender Situation im Bezug auf die Höhe des zu erwartenden Stundungsbetrages und der maximal möglichen Tilgung aus:

IST Vorauszahlungsbetrag 3.386.160 Mio. € monatlich:

Dieser Betrag ist im Liquiditätsplan bis Jan 2010 berücksichtigt, danach wird der Abschlag leicht erhöht aufgrund des geplanten Wachstums.

Nachzahlung 2008 in Höhe von 18.823.459,70 €

Der Betrag wird auf 24 Monate gestundet und in gleichen Teilen in Höhe von 784.310,82 €o ab August 2009 getilgt.

Nachzahlung erstes Halbjahr 2009 in Höhe von 20.316.959,60 € ./. Zahlungen Jan bis Jun 09 in Höhe von 10.671.592 Mio. € = 9.645.367,60 Mio. €.

Der Betrag wird auf 24 Monate gestundet und in gleichen Teilen in Höhe von 401.890,32 €o ab August 2009 getilgt.

Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise

Da die Gespräche mit den potentiellen Investoren bereits sehr weit fortgeschritten sind, geht das Management der U Gruppe davon aus, dass der Prozess der Eigenkapitalzuführung bis zum 30.09.2009 abgeschlossen sein wird. Mit einem erfolgreichen Prozess könnte die Begleichung der Stromsteuerschuld erfolgen. Da zum heutigen Zeitpunkt noch keine vertraglichen Grundlagen geschaffen werden konnten, müsste die Entscheidung zur Stundung bis zum 30.09.2009 aufgeschoben werden. Alternativ können wir aktuell nur auf Basis der bereits beantragten Stundung auf 24 Monate die Zahlungsfähigkeit der U Gruppe gewährleisten. Sollten Mittelzuflüsse in Form von Eigenkapital oder Fremdmitteln innerhalb dieser 24 Monate der Unternehmensgruppe U zur Verfügung stehen, könnte auch eine vorzeitige Tilgung stattfinden. [...]

5. Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Liquiditätssituation:

Status Investorensuche:

• F13 - LOI über 100% der Anteile zu einer möglichen Kaufsumme von €o 150 Mio. und zusätzlicher Kapitalerhöhung um € 50 Mio. (s. Anlage 1)

• H4 - LOI wie bereits eingereicht (s. Anlage 2).

• G6 - Angebot über den Kauf von 25% der Anteile für 15 Mio. € (s. Anlage 3).

• Arabischer Finanzinvestor - Verhandlungen über den Kauf von 100% der Anteile der U Gruppe werden geführt - Verpflichtungserklärung über ein Darlehen von 35 Mio. € (s. Anlage 4).

Fremdmittel:

• W4 Bank - Das Angebot der W4-Bank über eine Finanzierung von bis zu 25 Mio. € wurde am 14.7.2009 angenommen, die Umsetzung ist ab September geplant. [...] (s. Anlage 5)."

In den Erläuterungen zu dem Stundungsantrag war wahrheitswidrig vorgetragen, dass die "Gespräche mit den potentiellen Investoren bereits sehr weit fortgeschritten" seien und man davon ausgehe, dass der "Prozess der Eigenkapitalzuführung bis zum 30.09.2009" abgeschlossen sein werde. Tatsächlich war eine solche zeitliche Perspektive gerade nicht absehbar, da insbesondere der Geschäftskontakt zu F13 überhaupt erst am 18.07.2009 angebahnt worden war und das Vorprüfungsstadium noch nicht verlassen hatte. Die beigelegten Erklärungen zu H4 und G6 als Interessenten waren lediglich Interessenbekundungen, die nach anfänglichen Gesprächen gar nicht mehr weiter verfolgt worden waren. Ebenso gestalteten sich die Verhandlungen mit der ägyptischen Investor T27 so, dass eine seriöse Perspektive zu einem Investment aktuell nicht bestand. Schließlich war das Angebot der W4 Bank AG noch nicht durch die Führungsgremien der Bank bestätigt.

Ziel der Angeklagten war es, entsprechend ihrem Plan, eine Insolvenz um jeden Preis zur Verwirklichung der eigenen Absichten zu verhindern, durch diese "geschönte" - wahrheitswidrige - Darstellung der Unternehmenssituation zu erreichen, dass das HZA L10 - in Verkennung der tatsächlichen Unternehmenslage entweder weiter zuwartete oder direkt einer Stundung aller bestehenden Nachforderungen jeweils über 24 Monate zustimmte. Zur Untermauerung der vermeintlich verbesserten Unternehmenssituation hatten die Angeklagten sowie B veranlasst, dass die laufenden Vorauszahlungen für die Stromsteuer, 3.386.160 € (rückwirkend für Juni 2009), fällig zum 25.07.2009, für die U F4 GmbH priorisiert beglichen wurden. Entsprechend erhielt das HZA L10 am 27.07.2009 eine Gutschrift in dieser Höhe. Die weiterhin - trotz des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 - fällige, seitens der Gruppe als bestehend anerkannte Forderung des HZA L10 aus Stromsteuernachzahlungen belief sich seit dem 27.07.2009 auf insgesamt 28.468.827 €, die jedenfalls seit dem 25.06.2009 fällig waren und - wie den Angeklagten bekannt - weder von der U F4 GmbH, noch von der U I7 AG oder deren Tochtergesellschaften gezahlt werden konnte und deren derzeitiger Fälligkeitsstatus - wie den Angeklagten bekannt und von diesen bewusst und gewollt in Kauf genommen - auch in Ansehung des Verfahrensgangs bei dem HZA L10 für die Angeklagten nicht verbindlich dahingehend geklärt war, ob die Forderungen gestundet waren oder nicht. Wie bereits Ende Juni 2009 vorgesehen, erging sodann unter dem 29.07.2009 eine Prüfungsanordnung des HZA L10, durch welche die Prüfung der wirtschaftlichen Lage der U F4 GmbH, wie in den Erläuterungen vom 23.06.2009 und 22.07.2009 durch das Unternehmen dargestellt, durch das HZA E6 angeordnet wurde.

(8) Maßnahmen der Führungsebene

Da sich die Liquiditätssituation zum Ende des Monats weiter unverändert zeigte und die U-Gesellschaften zur Aufrechterhaltung des Priorisierungssytems darauf angewiesen waren, taggenau über liquide Mittel zu verfügen, die regelmäßig zu Anfang des neuen Monats eingingen, sahen sich die Angeklagten zum 31.07.2009 der liquiditätsbezogen prekären Situation gegenüber, dass die Einzüge qua Lastschrift erst bei Fälligkeit der Kundenforderungen am ersten Bankarbeitstag im Monat ausgeführt werden durften, der aufgrund eines Wochenendes auf den 03.08.2009 fiel. Um den daraus resultierenden, um einen Tag verspäteten Eingang der dringend benötigten Einzüge zu verhindern, schlug N4 dem Vorstand der U I7 AG vor, unter Inkaufnahme eines höheren Risikos für Rücklastschriften einen Teil der Einzüge zum Monatsanfang bereits vor Fälligkeit, also am 31.07.2009, in Auftrag zu geben, um über die liquiden Mittel "so schnell wie möglich" verfügen zu können. C stimmte dem - unter Billigung durch Dr. L und B - mit der Begründung, dass "ja leider keine wirklichen Alternativen" zur Verfügung stünden, zu. Insgesamt beliefen sich die Einzüge für Strom- und Gaskunden für Juli 2009 nebst Sondereinzügen auf ca. 42,8 Mio. €, für August 2009 standen inklusive Einzügen für Powerpakete in Höhe von über 2 Mio. € Einzüge für Strom- und Gaskunden in Höhe von insgesamt ca. 37,8 Mio. € zur Verfügung. Ab Anfang August 2009 wickelte die U T21 GmbH den Großteil der Einzüge erstmals über das neu akquirierte Engagement bei der Q AG gegen Sicherheitshinterlegung in Höhe der Rücklastschriftquote von jeweils 8% ab. Neben den weiter bestehenden zum Lastschriftverfahren zugelassenen Konten bei der Privatbank Bankhaus M18, über die ein Lastschrifteinreichervolumen von bis zu 5 Mio. € abgewickelt werden konnten, liefen die verbleibenden Kundeneinzüge nunmehr über die Q AG.

c) Keine Kapitalzufuhr bis 15.09.2009 (bis 15.09.2009)

Nach dem 17.07.2009 blieb die Liquiditätssituation der U F4 GmbH sowie der U I7 AG zunächst bis 15.09.2009 unverändert. Insbesondere kam es weder zu einem Zufluss von Kapitalmitteln, noch ergaben sich konkrete Zusagen möglicher Investoren. Konsequenz war, dass zwar teilweise auszugleichende Forderungen von Gläubigern bedient wurden, die Zahlungen aber insgesamt nicht wieder aufgenommen wurden, da als Folge des Priorisierungssytems beständig mangels liquider Mittel die Bezahlung fälliger, als bestehend anerkannter Gläubigerforderungen über Zeiträume von über einem Monat und mehr zurückgestellt wurden.

(1) Stand der Verbindlichkeiten

So sah sich die U F4 GmbH - neben den weiterhin ausstehenden Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen Berechnungen der U I7 AG - Anfang August auch weiterhin mit (über-)fälligen, als bestehend anerkannten Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von weit über 20 Mio. € konfrontiert, deren Höhe sich zwar durch die Kundeneinzüge zum Monatsanfang verringert hatte, im weiteren Verlauf aber durch die anstehenden Zahlungen auf sämtliche, auch unverschiebbare Verbindlichkeiten wieder anstieg. Insofern änderte sich bis 15.09.2009 - wie bisher - unter von den Angeklagten plangemäß angestoßener Anwendung des praktizierten Priorisierungssytems lediglich teilweise die Zusammensetzung des aufgelaufenen Forderungsbestands. Das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten der U-Gruppe wurde wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Der Ablauf des Priorisierungssytems in der Zeit bis 15.09.2009 zeichnete sich u. a. an folgenden exemplarisch aufgezählten Geschäftsvorfällen nach:

(i) W9 GmbH

Als Energieversorgungsunternehmen versorgte die U F4 GmbH jedenfalls seit April 2009 zahlreiche Endkunden in der Regelzone (primär Ostdeutschland) des Übertragungsnetzbetreibers W9 GmbH (im Folgenden: "W9", heute: I14 GmbH) mit Strom. Hieraus folgend bestand gegenüber W9 eine Pflicht zur Abnahme von EEG-Strom (und damit Zahlung der EEG-Umlagen) sowie des Ausgleichs des Bilanzkreises. Da zwischen dem 07.07.2009 und 01.09.2009 Zahlungseingänge bei W9 für für die Versorgung der Endkunden anfallende, fällige und als bestehend anerkannte EEG- und Bilanzkreisabrechnungen nicht erfolgten, waren bis zum 31.08.2009 insgesamt offene Forderungen von W9 gegenüber der U F4 GmbH in Höhe von 3.273.004,58 € aufgelaufen, die aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen zurückreichend bis jedenfalls Juni 2009 resultierten und die beständig seitens W9 - vergeblich - eingefordert und mehrfach angemahnt worden waren. So hatte W9 jedenfalls ab 15.04.2009 beständig die Zahlungsmoral der U F4 GmbH in Schreiben an diese angemahnt und hierzu beispielsweise am 15.04.2009 ausgeführt:

"Leider mussten wir feststellen, dass Ihr Unternehmen der Verpflichtung zu einem fristgerechten Forderungsausgleich in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen ist. Bereits mehrfach angemahnte Rechnungen wurden erst nach weiterer telefonischer Anfrage bei Ihrem Abrechnungsdienstleister, der F6 GmbH ausgeglichen. Eine Analyse der EEG- und Bilanzkreisrechnungen für U der letzten 6 Monate hat ergeben, dass mehr als 40 Verzugstage bis zum Forderungsausgleich keine Seltenheit, sondern eher die Regel darstellen."

Die dort beschriebene Vorgehensweise der U F4 GmbH war Folge des praktizierten Priorisierungssytems und änderte sich in der Folgezeit nicht. Nachdem die U F4 GmbH zum 03.09.2009 einen Betrag von 1.416.576,74 € der rückständigen Forderungen beglichen hatte, waren im Nachgang hierzu durch EEG- und Bilanzkreisabrechnungen weitere fällige und bestehende Forderungen in einer Gesamtsumme von 1.467.848,33 € fällig geworden, die ebenfalls zunächst nicht beglichen wurden. Als Folge der schleppenden Zahlungen seitens der U F4 GmbH wandten sich die Verantwortlichen von W9 nunmehr unter dem 08.09.2009 an die Bundesnetzagentur und führten u.a. folgendes aus:

"Gemäß § 5 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist die Regulierungsbehörde (BNetzA) berechtigt, die Ausübung der Tätigkeit eines Energieversorgungsunternehmens (EVU) ganz oder teilweise zu untersagen, wenn die personelle, technische oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gewährleistet ist. Für uns bestehen Anhaltspunkte, welche Belegen, dass die U F4 GmbH (U) aufgrund mangelnder wirtschaftlicher bzw. personeller Zuverlässigkeit ihren gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Energiewirtschaftsgesetz und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht nachkommt und ihr daher die Ausübung der Tätigkeit der EVU zu untersagen ist. Im Rahmen des EEG-Wälzungsprozesses ist U als Elektrizitätsunternehmen, welches Letztverbraucher mit Strom beliefert, verpflichtet, EEG-Strom in entsprechendem Umfang abzunehmen und hierfür eine Ausgleichszahlung an den regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber (W9) zu leisten (§ 37 Abs. 1 EEG). W9 ist seinen gesetzlichen Verpflichtungen zur EEG-Lieferung nachgekommen. U hingegen kommt seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder in nicht ausreichendem Umfang nach. Da sich die offenen Forderungen von W9-, die mehrfach angemahnt wurden, mittlerweile auf über 3 Mio. € belaufen, sieht W9 die wirtschaftliche Zuverlässigkeit von U als nicht gegeben an.

Vorsorglich möchten wir darauf hinweisen, dass U bis Dato keine Rechnungen von W9 beanstandet hat oder andere Gründe mitgeteilt hat, weshalb die Forderungen von W9 nicht ausgeglichen werden. Als Anlage übersenden wir Ihnen zur Kenntnis drei Schreiben, die W9 an die Geschäftsführung von U (Herrn C) gesandt hat und in denen W9 die unstetige bzw. ausbleibende Zahlungsweise bemängelt hat. Eine Antwort auf diese Schreiben hat W9 bis heute nicht erhalten. Auch die Bemühungen durch W9, eine telefonische Klärung herbeizuführen, scheiterten, da die entsprechenden Ansprechpartner bei U nicht erreichbar waren bzw. der Bitte um Rückruf nicht folgten. Neben der mangelnden wirtschaftlichen Zuverlässigkeit scheint also auch die personelle Leitungsfähigkeit von U starken Einschränkungen zu unterliegen."

Unter dem 14.09.2009 wandte sich die Bundesnetzagentur dann an die U F4 GmbH und forderte diese zu einer Stellungnahme bis zum 24.09.2009 zu dem Sachverhalt auf.

(ii) U13 GmbH

Nachdem die U13 - wie dargelegt bis Mitte August - mittels Mitteilung an die Bundesnetzagentur und Beantragung eines Mahnbescheids die U F4 GmbH zu Begleichung rückständiger Zahlungen bewegt hatte, veränderte sich das Zahlungsverhalten der U F4 GmbH unter Anwendung des bekannten Priorisierungssytems weiterhin nicht. So wurden die zum 19.08.2009 fällig gewordenen EEG-Abschlagszahlungen von ca. 900.000 €, die seitens der U F4 GmbH als bestehend anerkannt wurden, wiederum erst nach neuerlicher Mahnung vom 25.08.2009 und 08.09.2009 zum 08.09.2009 beglichen. In ihrer Mahnung vom 08.09.2009 führte U13 u.a. aus:

"Wir hatten gehofft, dass sich die Zahlungsmoral der U nach unserer Beantragung des Mahnbescheids und der Einschaltung der BNetzA geändert hat. Dies scheint jedoch wider Erwarten nicht der Fall zu sein. Wir fordern Sie nunmehr auf, umgehend die ausstehenden Beträge anzuweisen und auch in Zukunft fällige Forderungen unverzüglich zu begleichen. Zudem halten wir unsere - bislang von Ihnen unbeantwortete - Forderung der Erbringung einer Sicherheitsleistung aufrecht. Anderenfalls sehen wir uns gezwungen, rechtliche Schritte einzuleiten. Wir weisen Sie darauf hin, dass wir die BNetzA über den wiederholten Zahlungsverzug informieren."

(iii) S2 Transportnetz Strom GmbH (B15 GmbH)

Auch ab Juli 2009 hatte sich das bisherige Zahlungsverhalten der U F4 GmbH gegenüber ihrem wichtigsten Übertragungsnetzbetreiber, der S2 Transportnetz, nicht geändert. Vielmehr war nunmehr unter dem 17.08.2009 die EEG-Abrechnung für Juli 2009 von über 1,9 Mio. € fällig geworden, die wiederum seitens der U F4 GmbH zunächst nicht beglichen wurde, da eine zeitgerechte Zahlung - unter Anwendung des Priorisierungssytems - nicht möglich war. Entsprechend hatten die Angeklagten sowie B eine Zahlung nicht veranlasst. Erst, nachdem die nunmehr unter dem Namen B15 GmbH firmierende Gläubigerin am 01.09.2009 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte angemahnt hatte, erfolgte im Nachgang eine Begleichung der EEG-Abrechnung aus Juli 2009 zum 02.09.2009.

(iv) C2 M3

Die seit Anfang Juli 2009 fällige erste Rate aus den Sponsoringverträgen mit C2 M3 in Höhe von 3.785.360,25 € konnte weiterhin nicht bedient werden und wurde so nach Anweisung durch die Angeklagten sowie B unter Anwendung des Priorisierungssytems nach Mahnung der Gläubigerin vom 07.08.2009, die aus Sicht des Vorstands zunächst bei Nichtzahlung keine weiteren unmittelbaren Konsequenzen nach sich gezogen hätte, weiter in den September verschoben. Schließlich kam es Anfang September, vor dem 09.09.2009, zu einem Telefonat zwischen dem damaligen Geschäftsführer der C2 M3 Fußball GmbH, dem Zeugen I5, und K, dessen Inhalt I5 in einem Schreiben vom 09.09.2009 wie folgt zusammenfasste:

"Wir nehmen Bezug auf das zwischen Herrn I5 und Herrn K geführte Telefonat über die ausgebliebene 1. Rate in Höhe von 3.180.9:75 €o zzgl. MwSt. gemäß Rechnung vom 03.07.2009. Gemäß Hauptsponsorenvertrag zwischen C2 M3 und U N8 GmbH, datiert vom 02.08.2007, einschließlich aller nachfolgenden Änderungen sowie der Zusatzvereinbarung vom 16.08.2008, nunmehr ersetzt durch die Kooperationsvereinbarung vom 12. / 14.08.2009, stehen C2 M3 3.180.975,00 €o für Werbemaßnahmen in der Saison 2009/2010 im Zeitraum vom 01.07.2009 bis 31.12.2009 zu.

Die Parteien haben sich in dem o. g. Telefonat darauf verständigt, dass U 50% der o. g. 1. Rate, d.h. 1.590.487,50 €o zzgl. MwSt., d.h. einen Gesamtbetrag iHv. 1.892.680,10 €o sofort an C2 M3 zahlt und die verbleibenden 50% in 3 gleichen Raten, d.h. 530.152,50 €o zzgl. MwSt., d.h. einen Gesamtbetrag iHv. 630.893,37 €o jeweils zum 15.10., 15.11. und 15.12. an C2 M3 zahlt. Sollte U mit der Zahlung einer Rate in Verzug kommen, ist U verpflichtet, ab dem jeweiligen der vorgenannten Fälligkeitszeitpunkten Verzugszinsen iHv. 6% zu zahlen. Wir möchten die in dem Telefonat getroffene mündliche Vereinbarung hiermit schriftlich bestätigen. Alle übrigen Regelungen der o.g. Verträge bleiben durch diese Vereinbarung unberührt."

In der Folgezeit erfolgte die avisierte sofortige Zahlung der 1,8 Mio. € aus dieser Vereinbarung indes nicht, wodurch die Angeklagten zunächst plangemäß wieder Zeit gewannen, in der sie mit den ersparten Aufwendungen andere fällige Verbindlichkeiten tilgen konnten.

(iv) Sonstiges

Ab Mitte August führte die bestehende Liquiditätssituation dazu, dass nunmehr ausstehende Vertriebsprovisionen für Vertriebspartner nicht mehr bei Fälligkeit gezahlt werden konnten und diese - wiederum unter Anwendung des bekannten Priorisierungssytems - einseitig zugunsten der U N8 GmbH "geschoben" wurden. Grundlage dieser Entscheidung war die dazu erfolgte Anweisung der Angeklagten und Bs, bis auf Weiteres keine Vertriebsprovisionen mehr auszuzahlen. In Ausführung dieser Anweisung wurden die fälligen, als bestehend anerkannten Rechnungen zahlreicher Vertriebspartner einseitig auf September verschoben. Die nachgezeichnete Entwicklung des Standes der Verbindlichkeiten bis Anfang September 2009 erfolgte trotz des Zuflusses außerplanmäßiger Geldeingänge in Höhe von über 7,6 Mio. €. Hintergrund dieser Zahlung war die Kündigung der Geschäftsverbindung zur E4 Bank AG, aufgrund derer die Bank Geldmittel der U-Gruppe als Sicherheit bis zur endgültigen Abwicklung der Lastschrifteinzüge in Höhe von über 9 Mio. € einbehalten hatte. Nachdem seitens der U-Gruppe hierzu eine Rechtsstreit vor dem Landgericht Bonn geführt wurde, erging dort eine Entscheidung des Landgerichts Bonn, wonach die Auszahlung von über 7,6 Mio. € der Geldmittel zu bewirken war. In Ausführung dessen erfolgte zum 07.08.2009 auf die Konten der U T21 GmbH eine entsprechende Gutschrift.

(2) Aktivitäten der Bundesnetzagentur

Anlässlich der sehr stark angestiegenen Anzahl von Verbraucherbeschwerden wegen des Geschäftsgebarens der U-Gruppe bis Juli 2009 war das zuständige Referat der Bundesnetzagentur in den letzten Monaten dazu übergegangen, das jeweils beschwerte Unternehmen der U-Gruppe direkt anzuschreiben und zur detaillierten Stellungnahme aufzufordern. Da das Beschwerdeaufkommen im Strombereich trotz dieser umfangreichen Korrespondenz sehr hoch geblieben war, fand auf Betreiben der Bundesnetzagentur unter dem 06.08.2009 ein Gespräch in deren Räumlichkeiten statt, an dem neben zahlreichen Mitarbeitern der Bundesnetzagentur, so auch dem Zeugen C22, seitens der U-Gruppe die Angeklagten sowie die gesondert Verfolgte O und der Zeuge C7 teilnahmen. In dem Gespräch wurden seitens der U-Vertreter deren Gründe für die in den Beschwerden vorgetragenen Sachverhalte näher erläutert. Hierzu führte C aus, dass die Beschwerden in Relation zu der in letzter Zeit stark erhöhten Kundenzahl von 600.000 Kunden gesehen werden müssten. Dadurch seien einige Software-Systeme an der Grenze der Belastbarkeit erweitert und geändert worden. Im Übrigen seien Altfälle, bei denen keine belastbaren Abrechnungsdaten vorgelegen hätten, abgearbeitet worden, was den Kundenärger ausgelöst haben könnte. Beschwerden über verspätet zurückgezahlte Guthaben seien Einzelfälle. Insgesamt könne man die Beschwerden zukünftig abstellen. Hierzu wiesen die Vertreter der Bundesnetzagentur mehrfach daraufhin, dass gerade Beschwerden über verspätete Rückzahlungen von Kundenguthaben aus Verbraucherschutzsicht in Zukunft für die Bundesnetzagentur im Fokus ständen und hier ein Anstieg eine mögliche Überprüfung der Zuverlässigkeit zur Folge haben könne. Im Hinblick auf die Beschwerde durch die S2 Transportnetz aus Juli 2009, deren Rückstände zum 06.08.2009 bereits verspätet beglichen worden waren, führte C als Grund - wahrheitswidrig - aus, dass ein systemseitiges Problem (zwischen U4 und C14) vorgelegen habe und nun eine neue Buchhaltungssoftware eingeführt worden sei.

Im Nachgang zu diesem Gespräch hatte die Bundesnetzagentur erstmals informell - aus nicht bekannter Quelle - erfahren, dass bei dem HZA L10 bezüglich der U-Gruppe Probleme mit der Begleichung der Energiesteuer aufgetreten, die aber durch den Einstieg eines neuen Geldgebers gelöst seien. Weitere Erkenntnisse zu dem steuerlichen Verfahren vor dem HZA L10 hatte die Bundesnetzagentur nicht, insofern beruhten deren Informationen zur wirtschaftlichen Lage der Gruppe nahezu vollständig auf Auskünften der U-Verantwortlichen sowie den Erkenntnissen aus den Beschwerdeverfahren. In Ansehung des informellen Hinweises sah sich die Bundesnetzagentur allein veranlasst, eine Creditreformauskunft einzelner U-Gesellschaften einzuholen, die jedoch keine Auffälligkeiten erkennen ließen. Vor diesem Hintergrund kam die Regulierungsbehörde zum Stand 31.08.2009 zu folgendem Ergebnis:

"Der Bundesnetzagentur sind aktuell keine Zahlungsausstände bekannt. Die Kundenbeschwerden sind in Relation zu der absoluten Kundenzahl gering, wenn auch absolut gesehen die höchsten aller Wettbewerber. Angesichts der Tatsache, dass sich neben fehlenden weitergehenden Kenntnissen der BNetzA aktuell auch in der CREDITREFORM-Datenbank keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten finden, erscheint eine Sonderprüfung gegenwärtig nicht angebracht. Ein Bekanntwerden wäre überdies für das Unternehmen möglicherweise verhängnisvoll. Die Gesamtschau verschiedener Indikatoren zeigt, dass U [Anm.: "die U-Gruppe"] wohl aufgrund des Wachstums - trotz seines Vorkassemodells - kurzfristig Liquiditätsprobleme gehabt haben muss, die aber aktuell gelöst scheinen. Eine weiterhin kritische Beobachtung erscheint angebracht."

Die U F4 GmbH war in 2009 der einzige Stromversorger, gegen den sich Beschwerden von Übertragungsnetzbetreibern (S2 Transportnetz, U13 und W9) mit Androhungen von Netzzugangsverweigerungen richteten.

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Nachdem das HZA L10 von der Anfang Juli beauftragten Strafsachenstelle des HZA B8 die Mitteilung erhalten hatte, dass nach dortiger Einschätzung keine Bedenken gegen den Beginn der Prüfung bestünden, da strafrechtlich verfolgbare Handlungen derzeit nicht ersichtlich seien, begann das HZA E6 ab 13.08.2009 mit der avisierten Prüfung der U F4 GmbH vor Ort in U4. Ziel der Prüfung war es zu ermitteln, ob die Einziehung der ausstehenden Stromsteuerbeträge für die U F4 GmbH als deren Schuldnerin eine erhebliche Härte im Sinne des § 222 AO darstellte und ob der Steueranspruch durch die Gewährung einer Stundung gefährdet wäre. Im Rahmen der Prüfung erstellten die Prüfer eigene Berechnungen an, die - neben bereitgestellter Unterlagen - auf Auskünften der "in Personalunion für die U-Gruppe" insgesamt tätigen Mitarbeiter der U I7 AG, hier u.a. auch der die Angeklagten, beruhten. Die Prüfungstätigkeiten vor Ort dauerten bis Anfang September an. Die Vorlage eines Abschlussberichts war für Ende September / Anfang Oktober 2009 vorgesehen.

Zwischenzeitlich hatten die Angeklagten sowie B - um ihren guten Willen gegenüber dem HZA L10 zu dokumentieren - veranlasst, dass eine Zahlung auf die Nachzahlungsforderungen in Höhe von 149.924 € für die U F4 GmbH (zzgl. zuvor bereits im Juli 2009 geleisteter, marginaler Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.329,50 €) priorisiert beglichen wurde. Entsprechend erhielt das HZA L10 unter dem 06.08.2009 eine Gutschrift in dieser Höhe. Die weiterhin - trotz des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 - fällige, seitens der U-Gruppe als bestehend anerkannte Forderung des HZA L10 aus Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und 2009 belief sich so seit dem 06.08.2009 auf insgesamt 28.317.574 €, die jedenfalls seit dem 25.06.2009 fällig waren und - wie den Angeklagten bekannt - weder von der U F4 GmbH, noch von der U I7 AG oder deren Tochtergesellschaften gezahlt werden konnte und deren derzeitiger Fälligkeitsstatus - wie den Angeklagten bekannt und von diesen bewusst und gewollt in Kauf genommen - auch in Ansehung des Verfahrensgangs bei dem HZA L10 für die Angeklagten nicht verbindlich dahingehend geklärt war, ob die Forderungen gestundet waren oder nicht. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen weiterhin nicht vor.

(4) Maßnahmen der Führungsebene

(i) Investorensuche

Die Führungsmannschaft der U-Gruppe versuchte vergeblich weiter, Investoren für die Zuführung externer Kapitalmittel zu gewinnen, doch konkrete Zusagen mit realistischem Zeitplan oder Zuflüsse von weiteren Kapitalmitteln erfolgten nicht.

(a) Bisherige Interessenten

Die noch im Juli 2009 geführten Verhandlungen mit den Interessenten G6 AG, dem ägyptischen "Investor" T27 und der Factoring-Bank W4 Bank AG hatten allesamt nicht in diesem Sinne zu konkreten Abschlüssen geführt: So waren die Verhandlungen mit T27 spätestens Anfang August 2009 gescheitert mit der Konsequenz, dass C schließlich unter dem 28.08.2009 für die U F4 GmbH Strafanzeige wegen Betrugs zu deren Nachteil gegen T27 und andere stellte, da die im Verlaufe des Akquisitionsprozesses bereitgestellten 50.000 € seitens T27 trotz gescheiterter Verhandlungen nicht erstattet worden waren. Eine Rückzahlung erfolgte trotzdem nicht. Die vormalige bloße Interessenbekundung der G6 AG hatte zu keinen weiteren konkreten Verhandlungen geführt. Das Engagement mit der W4 Bank AG war weiterhin angedacht, konnte aber auch im September 2009 nicht umgesetzt werden, weil ein wirksamer Vertragsschluss zum avisierten Beginn nicht vorhanden war und auch in der Folgezeit nicht mehr zustande kommen sollte. Der Stand der Gespräche mit F11 blieb unverändert.

(b) F13 Ltd.

Außer dem neu aufgetauchten Interessenten F13 lagen Interessenbekundungen anderer Interessenten, die ein über allgemeine Bekundungen führendes weiter gehendes Verhandlungsinteresse erkennen ließen, nicht vor. Die Gespräche mit F13 gestalteten sich aber - anders als erhofft - insgesamt als schwierig. Zwar hatte K - zusammen mit dem Zeugen C6 als Controller - seit Mitte Juli 2009 an Präsentationen für potenzielle Investoren gearbeitet und hierüber dem Verhandlungsführer auf Seiten von F13, Dr. T30, Informationen bereitgestellt. Konkrete Arbeitsergebnisse im Sinne der Durchführung einer Due Diligence-Prüfung gab es aber noch immer nicht. Vielmehr veranlasste der Anfang September bestehende Verhandlungsstand K dazu, am 03.09.2009 schriftlich gegenüber Dr. T30 mitzuteilen, dass "Verhandlungen mit den übrigen Interessenten verstärkt fortgeführt und kurzfristig zum Abschluss gebracht" würden. Der dort verhandelte Stand stelle sich wie folgt dar:

"Kaufpreis Aktien U I7 AG - € 68,2 Mio.

Kaufpreis U N8 GmbH - € 2,8 Mio.

Darlehen an die U I7 AG - € 69,0 Mio.

(Ablösung Alt-Verbindlichkeiten

€ 26,0 Mio. - Schuldverschreibungen

€ 26,5 Mio. - Stromsteuer

€ 17,0 Mio. - Lieferanten)

Investition - € 140,0 Mio.

Darlehen für Deposit Future-Kontrakte - € 60,0 Mio.

[...] Auf dieser Basis steht es Ihnen frei, noch bis morgen 14:00 Uhr T4er Zeit ein Angebot abzugeben. Wie Sie wissen, ist mit dem Verkauf der U Gruppe ansonsten die Firma M6 International beauftragt, auf die ich Sie dann ab morgen Nachmittag verweisen müsste, wenn Sie an dem Bieterverfahren dann teilnehmen wollen."

Tatsächlich existierten zu dieser Zeit gerade keine weiteren Interessenten, zudem lag eine formelle Beauftragung der M6 AG ebenfalls noch nicht vor und erst recht war kein Bieterverfahren in Aussicht. Hintergrund der zögerlichen Haltung von F13 war vielmehr, dass diese die Liquiditätssituation der U I7 AG und der Gruppe insgesamt als kritisch ansahen und vor einem Herantreten an Investoren als Käufer zunächst die Ausarbeitung eines Betriebs- und Finanzplans als Bedingung vorsah, um durch Einführung von Risikomanagement- und Finanzkontrollmechanismen die finanzielle Lage der Gruppe auf sicherer Basis bewerten zu können.

(ii) Wiedereinbindung der C3 AG

Im Zuge der anstehenden Prüfarbeiten des HZA E6 sowie der laufenden dringlichen Investorensuche, im Rahmen derer gegenüber F13 bereits auf die sich lediglich im Entwurfsstadium befindlichen Vorarbeiten der C3 AG zu einer Due Diligence-Prüfung Bezug genommen worden war, entschlossen sich die Angeklagten die C3 AG nunmehr - da man auch intern an der Aufarbeitung der von der C3 AG aufgestellten Beanstandungen gearbeitet hatte - wieder einbinden zu wollen. Entsprechend trat für den Vorstand B mit dieser in Kontakt und fragte zunächst eine Aktualisierung der Legal Vendor Due Diligence-Prüfung vom 09.04.2009 an, wozu im Nachgang mit der C3 AG eine neuerliche Mandatsvereinbarung geschlossen wurde, die u. a. folgende Hinweise der C3 AG enthielt:

"Wir weisen darauf hin, dass der Umfang unserer Untersuchungen und Arbeiten die Abschlüsse der Einzel- und Konzernabschlüsse der U-Gruppe betreffend keine Prüfung entsprechend den Grundsätzen ordnungsgemäßer Durchführung von Abschlussprüfungen darstellt und wir daher keinen Bestätigungsvermerk in Bezug auf die in unserer Präsentation dargestellten Finanz- und anderen Daten erteilen können und werden. Unsere Feststellungen werden sich ausschließlich auf die tatsächlich durchgeführten Untersuchungshandlungen und die dabei einbezogenen Geschäftsvorfälle oder -beziehungen erstrecken. Somit sind unsere Ergebnisse weder als Pauschalurteil in Form eines Bestätigungsvermerkes zu werten noch sind hieraus Schlussfolgerungen über den Einzelfall hinaus auf die Gesamtheit aller Geschäftsvorfälle zulässig. Wir gehen davon aus, dass Sie den oben dargestellten Umfang unserer Untersuchungen als Vendor Due Diligence für ausreichend halten. Zu beurteilen, inwieweit dies als Entscheidungsgrundlage für mögliche Gesellschafter ausreichend ist, ist nicht Gegenstand unseres Auftrages."

Neben diesen neuerlichen Tätigkeiten erhielt die C3 AG Ende Augst 2009 die Mitteilung seitens der Verantwortlichen der U-Gruppe, dass es hinsichtlich des Verfahrens vor dem HZA L10 positive Entwicklungen gegeben habe, die zu einer günstigeren Beurteilung der Zahlungsfähigkeit geführt haben sollten. Auch war dem damaligen Prüfer, dem Zeugen M2, mitgeteilt worden, dass sich F13 und G6 engagieren wollten und insoweit ernsthafte Investorengespräche geführt würden. Vor diesem Hintergrund nahm die C3 AG zunächst ab Anfang September 2009 die Arbeiten an der Abschlussprüfung wie in der ersten Jahreshälfte 2009 wieder auf. Ein Zwischenbericht hierzu war ebenfalls für Ende September 2009 vorgesehen.

(iii) Vertragsverhandlungen mit E14 GmbH

Nachdem ein Vertragsabschluss mit der E14 GmbH im Juli 2009 noch abgelehnt worden war, wurden intern in der Gruppe Gespräche und Verhandlungen mit dem Ergebnis geführt, dass die U8 Establishment als alleinige Eigentümerin der U N8 GmbH unter dem 14.08.2009 nunmehr den Abschluss eines Lizenz- und Kooperationsvertrags mit der E14 GmbH über Werberechte in einem Gesamtvolumen von 1,49 Mio. € zzgl. Umsatzsteuer genehmigte. Entsprechend kam es in der Folgezeit zum Abschluss dieser Verträge durch die U N8 GmbH. Da aufgrund der bestehenden Krisensituation Dr. L und B der Auffassung waren, dass weitere Sponsoringverpflichtungen zunächst zurückgestellt werden sollten, auf der anderen Seite aber C, unterstützt durch K, in dem Werbeeffekt der prominenten Sendung "X12...?" eine Möglichkeit sah, getreu der seit jeher bestehenden Unternehmensstrategie, das Wachstum durch ein Ankurbeln des Vertriebs zu beschleunigen und so Liquidität zu generieren, kam es zu vorstandsinternen Spannungen. Ergebnis war dann, dass C - in Kenntnis der bestehenden Zeichnungsvorgaben, nach denen zwei Vorstände gegenzeichnen mussten und vor allem auch der wirtschaftlichen Lage der U I7 AG und der U-Gruppe insgesamt - die vorgesehene Haftungserklärung der U I7 für das Sponsoringengagement allein und damit rechtlich nicht bindend unterzeichnete.

K und C erhofften sich durch die neue Sponsoringmaßnahme verstärkte Kundeneinnahmen, mittels derer man die akute Liquiditätssituation in den Griff bekommen wollte. In Umsetzung dieser Strategie strebten sie den Abschluss und die Umsetzung des neuen Sponsorings gegen jeden Widerstand an. Die finanziellen Verpflichtungen aus dem neuen Sponsoring beliefen sich insgesamt bis Juni 2010 auf 1.773.100 €, die in unterschiedlichen Raten zu zahlen waren, deren Fälligkeit sich wie folgt gestaltete:

"€ 166.600 - bei Abschluss des Lizenzvertrages,

€ 267.750 - 14 Tage vor der Sendung am 03.10.2009 aus G11

€ 267.750 - 14 Tage vor der Sendung am 08.11.2009 aus C23

€ 267.750 - 14 Tage vor der Sendung am 05.12.2009 aus C24

€ 267.750 - 14 Tage vor der Sendung am 23.01.2010 aus G12

€ 267.750 - 14 Tage vor der Sendung am 27.02.2010 aus F14

€ 267.750 - 14 Tage vor der Sendung am 27.03.2010 aus T31"

Entsprechend erhielt die U N8 GmbH am 11.09.2009 eine Rechnung der E14 GmbH in Höhe von 166.600 €, die zunächst nicht beglichen wurde.

(vi) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen

Hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Struktur des Firmenverbunds gab es in dieser Zeit folgende Veränderungen: Durch Verschmelzungsvertrag vom 27.08.2009 wurde die bisherige F6 GmbH auf die bisherige Tochtergesellschaft P GmbH mit Wirkung zum 08.09.2009 verschmolzen. Die neu gefasste P GmbH wurde sodann in F6 GmbH (HRB ...# AG D7) umfirmiert. Die neue Gesellschaft übernahm wie bisher die Geschäfte der verschmolzenen F6 GmbH. Geschäftsführer der neuen F6 GmbH blieb weiterhin der Angeklagte C. Zudem wurde dies bisherige U Communications GmbH am 04.09.2009 in U15 Communications GmbH umfirmiert und der Unternehmenssitz nach B9 verlegt (HRB ... AG T20). Geschäftsführer blieb weiterhin der gesondert Verfolgte E3, der unter dem 09.09.2009 - unter jeweiliger Abberufung Dr. Ls, auch jeweils zum Geschäftsführer der U9 Verwaltungs GmbH und U9 GmbH bestellt wurde.

(v) Weitere Maßnahmen

Neben den verstärkten Sponsoringbemühungen hatten die Angeklagten wie auch B in Ergänzung der bereits laufenden Powerpaket-Aktion bis 30.09.2009 zu optionalen Volumenpaketen zwischen 75 € (Aktion XS) und 825 € (XL), bei denen der Strombezugspreis konstant bei 15 Cent/KWh lag, beschlossen, dass diese Aktion ab dem 01.09.2009 auf den gesamten Kundenbestand erweitert und auch Neukunden angeboten werden sollte. Hintergrund der Maßnahmen war die Absicht der Vorstandsmitglieder, durch gezieltes Ankurbeln des Vertriebs schnellstmöglich weitere Liquidität in das Unternehmen zu holen, um weiter Zeit zu gewinnen. Zur Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten im Lastschrifteinzugsverfahren und auf der Suche nach besseren Konditionen als derjenigen mit der Q hatten die Angeklagten wie auch B sich bemüht, weitere Kreditinstitute zu akquirieren. Im Zuge dessen bestanden auch Kontakte zu der W10-Bank S12, die der U I7 AG jedoch am 10.09.2009 mitteilte, dass sie kein Volumen für Lastschrifteinzüge bereitstellen werde, da ihr "das Risiko bei einer solchen Unterkapitalisierung zu groß" sei. Hierüber setzte C K via E-Mail wie folgt in Kenntnis:

"Leider hat uns auch diese Bank, obwohl sie über Empfehlung ins Rennen ging, aufgrund unserer Situation die Zusammenarbeit abgelehnt. Somit sind wir immer noch in der Situation, nicht alle Einzüge realisieren zu können."

Ebenso scheiterten diesbezügliche Verhandlungen mit der T32 L10C11, die eine Zusammenarbeit mangels Vorliegens eines Testats für die Jahresabschlüsse der tragenden Gruppengesellschaften ablehnte.

(5) Ablauf der Abwartefrist zum 15.09.2009

Im Zuge dieser Entwicklungen lief weiterhin die intern von den Angeklagten und B akzeptierte Zuwartefrist bis zum 15.09.2009, innerhalb derer eine eigentlich längst notwendige, unternehmensintern von den Angeklagten selbst als möglich erkannte Insolvenzantragsstellung für die U I7 AG bzw. Prüfung der Liquiditätssituation "zurückgestellt" worden war. Die Angeklagten wie auch B hatten diese Frist deshalb intern akzeptiert, weil sie abwarten wollten, ob sich die von K, der in der Vergangenheit in Krisensituationen wiederholt notwendige Kapitalmittel bereit gestellt hatte, in Aussicht gestellten Brückenfinanzierung mit F13 realisieren und/oder die Verhandlungen mit dem HZA L10 erfolgreich verlaufen würden. Obwohl für beides konkrete Anhaltspunkte nicht vorlagen und die Angeklagten wie auch B weiterhin wussten, dass sich die Situation im September 2009 zu der zum Stand 17.07.2009 nicht verbessert hatte und die erkannte Gefahr einer Insolvenzreife der U I7 AG und der U F4 GmbH so weiterhin bestand und einer rechtlichen Klärung nicht zugeführt worden war, hatten sie weiterhin eine von ihnen als möglich erkannte abgelaufene Antragsfrist für sich in Kauf genommen und die Geschäfte ohne Stellung eines Insolvenzantrags durchgängig fortgeführt. Gegen Ende der Zuwartefrist fand dann eine erste Vorbesprechung für das weitere Vorgehen nach deren Ablauf im Rahmen einer außerordentlichen Vorstandssitzung der U I7 AG statt, deren genauer Verlauf seitens der Kammer nicht mehr rekonstruiert werden konnte. In der bestehenden Krisensituation, die - wie beschrieben - unter den Vorstandsmitgliedern zu erheblichen persönlichen Spannungen führte, hatte sich Dr. L über eine in anderer Sache beauftragte Privatdetektei, die I16 KG, das Aktenzeichen zu der Vorverurteilung Ks bei dem Landgericht N15 besorgt. Auch hatte sich die Situation in der erweiterten Führungsmannschaft dadurch verschärft, dass O unter dem Druck der gegenüber der U N8 GmbH ausstehenden Zahlungen gegenüber der C2 M3 Fußball GmbH und nunmehr auch der E14 GmbH am 11.09.2009 ihr Amt als Geschäftsführerin zum 31.10.2009 niederlegte, hinsichtlich der Niederlegung aber bei dem Vorstand der U I7 AG sowie den Gesellschaftern um Geheimhaltung bat. Entsprechend führte sie ihre Amtsgeschäfte zunächst weiter, ohne dass außerhalb des Vorstands oder Aufsichtsrats der U I7 AG und deren Rechtsabteilung andere Mitarbeiter davon Kenntnis erlangten.

In Ansehung der zum 17.07.2009 vergleichbaren Liquiditätslage fand schließlich am 15.09.2009 - dem Ende der Zuwartefrist - eine erweiterte Vorstandssitzung statt, an der neben den Angeklagten, B, C7 und H7 sowie E3, N4, O und T6 teilnahmen. In dem Treffen fassten die Teilnehmer die Lage der U-Gruppe zu diesem Zeitpunkt unter der Überschrift "Aktuelle Situationsbeschreibung und Maßnahmen" wie folgt zusammen:

(1) In den vergangenen Wochen wurden verschiedene Gespräche mit potentiellen Investoren geführt. Bisher gibt es keine konkrete Zusage. Seitens des Hauptzollamts gibt es noch keine Entscheidung, ob einer Stundung unserer Stromsteuerschuld (insgesamt ca. 29 Mio. €) zugestimmt werden kann, oder nicht. Seitens C3 ist eine Testierung nach wie vor zurückgestellt. Die somit weiterhin fehlenden liquiden Mittel zwingen uns, einen Sanierungsplan aufzustellen. (Die haftenden Personen müssen belegen, dass geeignete Maßnahmen zur Behebung der Liquiditätsengpässe ergriffen werden.) Hierzu werden Teams gebildet, die kurzfristig geeignete Maßnahmen skizzieren werden. Unter anderen werden Sponsoringverträge (G13?, C2, X12...?) vorzeitig aufgelöst oder hieraus resultierende Zahlungsziele verhandelt (Vorstand und GF O), es wird eine Trennung vom TK-Bereich angestrebt (E3 und Vorstand), die Gewinn- und Verlust-Situation wird durch Preiserhöhungsmaßnahmen optimiert (T6 und Vorstand), offene Forderungen gegenüber Gesellschaftern werden mit Nachdruck eingeholt (N4 und Vorstand), seitens der U T21 wird S13 als Dienstleister gekündigt (L/ B), seitens der Juristen werden Haftungsrisiken begrenzt (C7/ B/ggf. unter Zuhilfenahme ext. Juristen).

T6 stellt den aktuellen Liquiditätsplan, Stand 14.09.09, mit einem Liquiditätsbedarf von 53.453 Mio. € vor. Dieser Liquiditätsbedarf wird im LP auf die künftigen Monate verteilt dargestellt. Hierbei gehen wir davon aus, dass eine Stundung der Steuerschuld auf vier Jahre mit 566 Tsd. mtl. (keine Zinsen im LP enthalten) gewährt wurde. Mit Hilfe dieses LP werden verschiedene Szenarien und Pläne, unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Maßnahmen, berechnet: Höhe der Preiserhöhungen? Gas-Preissenkung möglich? Churn verändern? Ziel ist, durch Rentabilitätssteigerung Verbindlichkeiten abzubauen.

(2) Am kommenden Freitag, 18.09.09, findet ein Termin in der T4 statt, an dem alle Vorstände sowie K teilnehmen werden. Bis dahin sollen entsprechende Maßnahmen getroffen und Pläne gerechnet worden sein. In diesem Termin werden u.a. Szenarien wie Management Buy Out oder Insolvenzbeantragung zur Problemlösung besprochen."

d) Erste Hinzuziehung insolvenzrechtlicher Berater (bis 08.10.2009)

In dieser Situation beschlossen die Angeklagten, bei den die Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Einstufung der Stromsteuerforderungen wie bisher fortbestand, sowie B nunmehr doch, die Unternehmenssituation durch insolvenzrechtlich versierte Berater verlässlich aufbereiten zu lassen, da konkrete Investoren noch immer nicht ersichtlich waren, die avisierte Prämienregelung zu ihren Gunsten nicht schriftlich finalisiert worden war und sie sich durch Zeitablauf ohnehin faktisch erledigt hatte. Da den Angeklagten wie auch B bekannt war, dass bei tatsächlichem Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit nach Ablauf der Ameldefrist Insolvenzantrag zu stellen gewesen wäre, wollten sie nun erstmals zur Klärung der bis hierhin hingenommenen, aber ihnen bekannten Rechtslage bezüglich der Fälligkeit der Stromsteuernachforderungen gezielt eine Expertenmeinung einholen, um einerseits wiederum Zeit zu gewinnen und andererseits eine verbindliche, rechtlich geprüfte Aussage zur Liquiditätssituation der U-Gruppe, hier insbesondere der U I7 AG und der U F4 GmbH, zu erhalten. Zeitgleich sollte durch die Wiederaufnahme des Kontaktes zu der Beratungsgesellschaft M6 AG mit Unterstützung und Aktivierung der bereits mandatierten Kanzlei N, die seit Juli 2009 nur sporadische Vorbereitungsarbeiten für eine Investorenansprache durchgeführt hatte, ein Investor für eine kurzfristige Liquiditätszufuhr gefunden werden. Im Einzelnen:

(1) Erste Maßnahmen der Führungsebene

(i) Mandatsverhältnis mit der Rechtsanwaltskanzlei H, G7

Direkt im Anschluss an das Treffen vom 15.09.2009 kontaktierte B noch am selben Abend erneut den Zeugen S, und ersuchte diesen um eine Empfehlung für eine renommierte, insolvenzrechtlich spezialisierte Kanzlei, die die U I7 AG in der bestehenden Krisensituation beauftragen könnte. Entsprechend stellte Rechtsanwalt S für B einen Kontakt zu dem Partner der Rechtsanwaltskanzlei H in G7, dem Zeugen X7 M, her. In dem ersten Gespräch schilderte B M den Anlass seiner Kontaktaufnahme und teilte diesem mit, dass sich der Übertragungsnetzbetreiber W9 mit Schreiben vom 08.09.2009 an die Bundesnetzagentur wegen rückständiger Zahlungen - wie bereits oben dargelegt - gewandt hatte. Im Anschluss teilte M unter dem 16.09.2009 mit, dass die Kanzlei H das angetragene Mandat übernehmen werde und neben ihm selbst für den Bereich Gesellschaftsrecht und Restrukturierung der Zeuge Rechtsanwalt Dr. X für den Bereich Restrukturierung und Insolvenzrecht sowie der Steuerberater T zur Aufbereitung des Zahlenmaterials tätig werden sollten. Zugleich wurde ein Termin für ein Kick-Off-Meeting in U4 für den 22.09.2009 verabredet und seitens H zahlreiche Unterlagen angefordert. Im Nachgang hierzu übersandte M am 17.09.2009 die schriftliche Bestätigung des Mandatsverhältnisses mit der U I7 AG, in der dessen Inhalt so beschrieben war, dass H "die Beratung im Zusammenhang mit einem Unternehmensstatus unter insolvenzrechtlichen Aspekten" übernehme.

Noch am selben Tag übersandte der gesondert verfolgte T6 an M die angeforderten Unterlagen und führte dazu wie folgt aus:

"Im Anhang finden Sie die angeforderten Unterlagen, soweit vorhanden, wie mit Herrn B besprochen: [Anmerkung: Antworten unterstrichen]

- Organigramm des Konzerns -> s. anbei

- konsolidierten Jahresabschluss per 31. Dezember 2008 -> existiert derzeit noch nicht, C3 prüft

- konsolidierten Zwischenabschluss per 31. Juli 2009 -> anbei vorläufige GuV der U7 Gruppe IST 2009, Plan 2010 (d.h. U7 I7 konsolidiert+ U7 N8 summiert)

- Einzelabschlüsse der Konzerngesellschaften per 31. Dezember 2008 -> existiert derzeit noch nicht, C3 prüft, vorläufige Zahlen der U7 F4 (95% des Außenumsatzes) anbei

- Zwischenabschlüsse der einzelnen Konzerngesellschaften per 31. Juli 2009 -> vorläufige Zahlen der U7 F4 (95% des Außenumsatzes) anbei

- Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge - soweit einschlägig -> es existiert nur eine Patronatserklärung der I7 zur Kostenübernahme bei der U7 F4, s. anbei

- Cash-Pool-Verträge, soweit einschlägig -> existieren nicht"

Dieser E-Mail als Anlage beigefügt war - neben den anderen erwähnten Unterlagen - die Vereinbarung über die Übernahme eines Patronats zwischen der U F4 GmbH und der U I7 AG vom 27.08.2008. Mit einer weiteren E-Mail übersandte B selbst das Schreiben der Bundesnetzagentur an W9 vom 08.09.2009 an M, auf welches er im Erstgespräch bereits Bezug genommen hatte. Gleichsam bat B um eine Handlungsempfehlung hierzu noch vor dem Kick-Off-Meeting am 22.09.2009. Im Zuge dessen übersandte M seinerseits intern an den Insolvenzrechtler im Team, den Zeugen Dr. X, - dieser war im Zuge der Befassung mit einem anderen Mandat nur eingeschränkt erreichbar - die ihm bereitgestellten Unterlagen und erläuterte hierzu folgendes:

"Anbei die (spärlichen) Unterlagen des Unternehmens, die schon den Schluss zulassen, dass hier nicht professionell gearbeitet wurde. Der CFO teilte mit, sein Vorgänger habe es versäumt, überhaupt ein Finanz- und Rechnungswesen aufzubauen. C3 sei seit Anfang des Jahres damit beauftragt, die Zahlen für die Vergangenheit aufzubereiten. Wie man sieht, gibt es im September 2009 noch nicht mal einen konsolidierten Jahresabschluss von 2008. Das Unternehmen hat sich angabegemäß nur um den Vertrieb (Gewinnung neuer Stromkunden) gekümmert und die interne Organisation völlig vernachlässigt. Ich werde daher vorschlagen, dass auch der maßgebliche Bearbeiter von C3 an dem Gespräch teilnimmt, da er vermutlich einen detaillierten Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens geben kann.

Im Vorfeld hatte der CFO einige Fragen gestern an mich gerichtet, die ich nicht alle beantworten kann, so dass ich Ihnen dankbar wäre, wenn Sie mir die Antworten zuleiten könnten, damit ich ihm dann alle Fragen in einer Mail beantworten kann. Im Einzelnen geht es um Folgendes:

a) Ob eine Interessenkonflikt für uns bestehe, da es aus seiner Sicht "seine" Haftungsfragen von der Haftung des Restvorstandes zu trennen gilt;

b) Ob es uns als Sozietät erlaubt sei, das Management jetzt hinsichtlich der Frage einer möglichen Insolvenzreife zu beraten und im (wahrscheinlichen) Falle der Insolvenz das Management dem Insolvenzgericht einen unserer Insolvenz-Verwalter zur Bestellung vorschlagen kann."

Weiter trug er das Ansinnen Bs an Dr. X via E-Mail heran, der auf die Frage von M, ob er B empfehlen solle, im Moment gar keine Zahlungen mehr vor dem Meeting zu leisten, wie folgt ausführte:

"Selbstmord könnte eine Lösung sein... Aber im Ernst: Die Lage scheint dramatisch zu sein, auch in strafrechtlicher Hinsicht. Ich sitze gerade in F15 fest, weil ich die Gläubigerausschuss-Sitzung protokolliere. Ich würde Sie gerne in ca. einer Stunde anrufen. Wenn Sie unbedingt vorher schon mit dem CFO sprechen möchten, sollten Sie ihm sagen, dass er alle Zahlungen stoppen soll, es sei denn, die Nichtzahlung würde zum sofortigen Zusammenbruch des Geschäftsbetriebes führen."

Hierauf verfasste M eine Antwort an B, die er Dr. X zur Kenntnis brachte:

"Ich kann die Liquiditätslage des Unternehmens noch nicht beurteilen, unterstelle aber, dass das Unternehmen nicht in der Lage ist, die von der Bundesnetzagentur angesprochenen Verbindlichkeiten von über € 3 Mio. zu begleichen. Sollte meine Vermutung falsch sein, bitte ich um Nachricht. Ich muss Ihnen empfehlen, im Moment - da die Insolvenzreife des Konzerns - mit hoher Wahrscheinlichkeit (ggf. schon länger) gegeben ist, alle Zahlungen zu stoppen, es sein denn, die Nichtzahlung würde zu einem sofortigen Zusammenbruch des Geschäftsbetriebes führen. Leisten Sie dennoch Zahlungen an einzelne Gläubiger in Kenntnis der Insolvenzreife, machen sich als Vorstand/Geschäftsführer schadensersatzpflichtig.

Der Bundesnetzagentur würde ich im Moment nicht antworten, sondern erst nach unserem Meeting. Das Risiko, dass Sicherheitsleistungen eingefordert werden und / oder der Bilanzkreisvertrag gekündigt wird, muss man wohl für die wenigen Tage eingehen, zumal man es vermutlich mangels Zahlungsfähigkeit ohnehin nicht abwenden kann. Damit Sie und Ihre Kollegen sich generell ein Bild über die Haftung von Vorständen und Geschäftsführern machen können, übermittle ich anbei eine Power-Point-Präsentation, die ich anlässlich eines Mandanten-Seminars im vergangenen Dezember für meinen Vortrag zu diesem Thema verwendet habe. Wie Sie darauf entnehmen können, ist der Pflichtenkreis recht umfangreich und die Sanktionen werden immer schärfer. Da bei einer möglichen Insolvenzverschleppung auch strafrechtliche Tatbestände verwirklicht sein können, ist - sofern es nicht ohnehin zu spät ist - auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften unbedingt zu achten, um eine (weitere) Haftung möglichst zu vermeiden."

Der E-Mail war - wie angekündigt - eine Powerpoint-Präsentation vom 12.12.2008 von Rechtsanwalt M zum Pflichtenkreis des Geschäftsführers einer GmbH bzw. Vorstandes einer Aktiengesellschaft gegenüber Gesellschaft und gegenüber Dritten beigefügt. Hierin war unter der Rubrik "Besonderheiten der Haftung des Vorstands der AG" u.a. folgendes ausgeführt:

"[...]4. § 15a Abs.1 lnsO, Insolvenzantragspflicht

Bei Eintritt der Insolvenzreife hat Vorstand ohne schuldhaftes Zögern Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Vorstand haftet für entstandenen Schaden. Strafrechtliche Sanktion bei Verletzung dieser Pflicht."

B leitete die E-Mail nebst Anlage im Nachgang an die Angeklagten sowie N4 und T6 weiter und ordnete umgehend den ihm empfohlenen Zahlungsstopp an. Anschließend teilte M B mit, dass es seitens H als sinnvoll erscheine, die seit Monaten mit der Aufbereitung von Zahlen befassten Mitarbeiter der C3 AG an dem Kick-Off-Meeting teilnehmen zu lassen. Zudem erbat er in Anbetracht "der wirtschaftlichen Verfassung des Unternehmens" einen Vorschuss gemäß der beigefügten Kostennote in Höhe von 23.800 €. In der Folgezeit kam es dann zu einem Telefonat zwischen M und B, in dem B M von dem angeordneten Zahlungsstopp unterrichtete. Weiter führte er aus, dass er versucht habe, alles aufzubauen und dafür die vorhandenen Mittel habe ausschöpfen müssen. Bei dem HZA L10 stehe ein Stundungsantrag zur Entscheidung, hier sei eine Stundung für 48 bis 60 Monate in Aussicht gestellt worden. Hinsichtlich der Sponsoringforderungen von C2 in Höhe von 7,5 Mio. €, sei diese zu Zugeständnissen bereit. Er führte weiter aus, dass die Gesellschaft nunmehr profitabel sei und die C3 an dem Kick-Off-Meeting teilnehme. Die Zahlung des Vorschusses in der genannten Höhe veranlasste B am 21.09.2009, der Eingang erfolgte am 30.09.2009.

Im Verlauf des 17.09.2009 erhielt M über T6 zwei Lieferantenrahmenverträge mit Netzbetreibern sowie einem aktuellen Liquiditätsstatus nach Fälligkeit übersandt, wozu T6 M u.a. erläuterte:

"Die fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Netzbetreibern belaufen sich aktuell auf 16,42 Mio. € (verteilt auf ca. 800 Netzgesellschaften). Die fälligen EEG-Rechnungen belaufen sich auf rund 5 Mio. € (W9 und S2)."

Zum Stand 14.09.2009 wiesen die übersandten "aktuellen" Unterlagen einen Liquiditätsstand von ca. 11,7 Mio. € für die Gruppe insgesamt aus, bei fälligen Verbindlichkeiten von ca. 46,5 Mio. €, in denen die noch ausstehenden Steuernachforderungen enthalten waren. Diese Unterlagen leitete M an Dr. X weiter und führte dazu aus:

"FYI; das wars ja dann wohl. 21 Mio. Verbindlichkeiten, die fällig sind und nicht bedient werden können, oder wie sehen Sie das?"

In dem anschließenden Telefonat zwischen Dr. X und M kamen diese zu dem Ergebnis, dass die U I7 AG als Mandantin im Moment (Stand 14.09.2009) in der Antragspflicht sei, nach deren Angaben aber zum 28.09.2009 eine Ende der Unterdeckung in Sicht sei, entsprechend seien weit mehr als 10% der Verbindlichkeiten nicht bedienbar. Hierzu müsse die C3 AG für die Liquiditätsplanung "gerade stehen". Schließlich leitete C am Abend des 17.09.2009 den durch B angeordneten Zahlungsstopp sowie die vorausgegangene Empfehlung von Rechtsanwalt M nebst dessen mitübersandter Präsentation als Anlage an K weiter.

(ii) Vorbereitungen des Vorstands zur Krisensitzung am 18.09.2009

Parallel zur Mandatierung von H suchten die Angeklagten sowie B nach Lösungen, die sie K und den T3-Brüdern am 18.09.2009 in der T4 zur Sanierung der Gruppe präsentieren konnten. Im Zuge dessen ließen die Vorstandsmitglieder - auf Initiative von B - durch die bereits zuvor eingebundene M6 AG kurzfristig einen "Vorschlag für eine Rekapitalisierung der U I7 AG" entwerfen, der wesentliche Eckpunkte einer Transaktionsstruktur mit einem Finanzinvestor ausführte und seitens der Zeugen Dr. E (Vorstand) und X2 (Managing Director) bearbeitet wurde. Die Klärung der rechtlichen Fragestellung in diesem Zusammenhang sollte durch N erfolgen, hier die Rechtsanwälte S (Partner) und Dr. M5 M4 (Associate). Dabei war allen beteiligten Bearbeitern bekannt, dass die U I7 AG zeitgleich auch die Rechtsanwälte H zu Klärung der Situation in insolvenzrechtlicher Hinsicht mandatiert hatte. Entsprechend sah die finale Version der Präsentation unter "Disclaimer" u.a. folgendes vor:

"Diese Präsentation beruht auf Unterlagen und Informationen, die M6 International AG ("M6 International") und N3, M8 & C4 LLP ("N") von dem Vorstand der U I7 AG ("U") zugänglich gemacht wurden und deren Richtigkeit und Vollständigkeit von M6 International und N nicht überprüft werden konnte. [...] M6 International und N verfügen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über weiterführende Informationen zur bilanziellen und Liquiditätssituation der U und ihrer verbundenen Unternehmen. Nach dem Verständnis von M6 International und N hat die U insolvenzrechtliche Berater mit der Prüfung etwaiger insolvenzrechtlicher Fragestellungen beauftragt. Diese Fragestellungen werden von dieser Präsentation und dem Aufgabenbereich von M6 International und N in Zusammenhang mit diesem Projekt nicht umfasst."

In dem Vorschlag wurde die aktuelle Situation der U I7 AG - allein auf Basis der durch diese selbst bereitgestellten Unterlagen und Auskünfte Bs - so beschrieben, dass sich die Gesellschaft in einer "Ergebnis- und Liquiditätskrise" befinde, "die nur durch eine kurzfristige Zuführung von Eigenkapital und nachrangigem Fremdkapital in Höhe von mindestens 7,5 Mio. € gelöst werden" könne. Zudem sei "aufgrund der aktuellen Situation der U I7 AG (Jahresfehlbeträge, Liquiditätsbedarf, fehlende testierte Konzernabschlüsse) ein kurzfristiger Verkauf der Aktien an einen strategischen Investor (insbesondere Energiekonzerne) sehr unwahrscheinlich". Bei einer "anhaltenden Status-Quo-Situation auf Aktionärsebene" sei "die Zukunft der Gesellschaft stark gefährdet". Die so beschriebene Situation sollte durch "eine kurzfristige Einwerbung eines Finanzinvestors auf dem Wege eines strukturierten Prozesses unter Einbindung von externen Beratern aus Sicht des Vorstands zu einer positiven Fortführungsprognose führen".

Die vorgeschlagene Transaktionsstruktur sah für einen Investor den Erwerb einer qualifizierten Mehrheit von 75% plus eine Aktie an der U I7 AG vor, die zu dieser Zeit 15 Mio. Aktien ausgegeben hatte. Dafür sollte in einem ersten Schritt gegen eine Barkapitalerhöhung in Höhe von 7,5 Mio. € an den neuen Investor 7,5 Mio. Aktien zu je 1 € ausgegeben werden, wodurch dieser einen Anteil in Höhe von 33,34% der Aktien der U I7 AG erwerben würde (7,5 Mio. von dann 22,5 Mio. Aktien insgesamt). Zur Erreichung der Zielstruktur bedurfte es aber, da eine Kapitalerhöhung aktienrechtlich nicht unter dem Nennwert von 1 € erfolgen durfte, einer weiteren Transaktion durch direkten Verkauf oder einer einseitigen Kaufoption von 9,6 Mio. Aktien der Altaktionäre zu einem Preis von 0,10 ct je Aktie an den neuen Investor, der dann auf diesem Wege die weiteren Anteile in Höhe von 42,66% erwerben konnte. Voraussetzung für eine solches Restrukturierungsinvestment war aus Sicht der Berater im Hinblick auf die Transaktionssicherheit, dass sämtliche Altaktionäre den Beschluss zu einer Barkapitalerhöhung unter Ausschluss der eigenen Bezugsrechte fassten und dem avisierten quotalen Verkauf ihrer Aktien zustimmten. Zudem sollten die Vorstandsmitglieder begrenzte Aktienanteile (bis zu 10% der 75% des neuen Investors) erwerben, um für einen potenziellen Investor ein eigenes Restrukturierungsinteresse auch der Führungsebene zu dokumentieren. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sah der Vorschlag eine realistische Chance, einen Restrukturierungsinvestor zu finden, durch den - trotz der Komplexität des Sachverhalts und der engen Zeitschiene - binnen ca. acht Wochen die avisierte Liquidität bereitgestellt werden könnte.

Nachdem die finale Version der Präsentation zwischen B, Dr. E, X2, Dr. M4 und S in diesem Sinne abgestimmt worden war, übersandte S den Entwurf am Nachmittag des 17.09.2009 an Rechtsanwalt M verbunden mit der Bitte, diesen aus seiner Sicht zu bewerten. Die anderen Beteiligten erhielten diese Anfrage zur Kenntnis. S hatte hierzu bereits zweimal mit M telefoniert und diesem über eine mögliche "Geldspritze" von Gesellschaftern und die anstehende Krisensitzung am 18.09.2009 informiert. Zu der Anfrage antwortete Rechtsanwalt M S sowie in Kenntnis X2, Dr. E, Dr. M4, Dr. X und B wie folgt:

"Die Power-Point-Präsentation sieht in dem illustrativen Zeitplan eine Dauer von ca. 8 Wochen für das Projekt vor. Dies ist sicherlich ein realistischer Zeitraum, wenngleich er vor dem Hintergrund ehrgeizig ist, dass die Unterlagen für eine betriebswirtschaftliche- sowie für eine Tax DD wohl nur unzureichend vorliegen. Herr B wird sicher übersehen können, welche fälligen und nicht beglichenen Verbindlichkeiten es per heute schon gibt und welche in den nächsten 8 Wochen hinzukommen. Allein die Verbindlichkeiten, auf die die Bundesnetzagentur hinwies, sind nicht unerheblich, jedoch vermute ich, dass in naher Zukunft weitere Gläubiger hinzukommen und massiv werden. Dies kann zu außerordentlichen Kündigungen wesentlicher Verträge führen, die eine Fortführung des Unternehmens vereiteln können. (z. 8. Kündigung des Bilanzkreisvertrages bzw. Forderung nach einer Sicherheitsleistung). Da die Einschätzung von M6 vorsichtig optimistisch ist, einen Investor zu finden, sollten die jetzigen Aktionäre ggf. zu einer Überbrückungs-Finanzierung für die nächsten 8 Wochen bereit sein, damit nicht trotz aller vielversprechenden Gespräche mit potentiellen Investoren von Gläubigerseite ggf. ein Insolvenzantrag alles zunichte macht."

Zu der vorgeschlagenen Brückenfinanzierung antwortete Dr. X M:

"Ihr Einwand ist vor dem Hintergrund der mit Sicherheit laufenden, wenn nicht schon längst verstrichenen Insolvenzantragsfrist umso richtiger. Ich schaue mir jetzt, nachdem die Sitzung endlich beendet ist, die Präsentation an und rufe Sie dann an."

Darüber hinaus teilte Dr. X zu den an M gerichteten Fragen Bs diesem mit, dass eine isolierte Beratung Bs bei Mandatierung der U I7 AG nicht mehr möglich sei und die vorinstanzliche Beratung eine spätere Bestellung der Rechtsanwälte H als Insolvenzverwalter ausschließe, was M wiederum in der Folgezeit an B weitergab. Nachdem am Abend des 17.09.2009 eine finale Abstimmung zwischen B und den Beratern stattgefunden hatte, übersandte B diese den Angeklagten als Vorbereitung zu dem am nächsten Tag in A3 in der T4 stattfindenden Krisentreffen mit der Maßgabe, die Inhalte gemeinsam auf der Fahrt nach A3 zu besprechen.

(iii) Krisensitzung vom 18.09.2009 in A3, T4

Schließlich fand am 18.09.2009 in A3 in der T4 das Treffen zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der U I7 AG statt, in dem - wie am 15.09.2009 in der erweiterten Vorstandssitzung von den Angeklagten sowie B berichtet - die Situation der U-Gruppe mit den Gesellschaftern, K und den Gebrüdern T3, erörtert wurde. Zusammenfassend gab B den Beratern X2, Dr. E, Dr. M4, S und M am Abend des 18.09.2009 eine Rückmeldung, dass es wohl nicht zu einem "quizalen Verkauf" kommen, sondern es einen Verkauf des T3-Pakets mit ca. 10 Mio. Aktien sowie evtl. eine Brückenfinanzierung von ca. 10 Mio. € der Altaktionäre geben solle.

(2) Kick-Off-Meeting mit H vom 22.09.2009

Am 22.09.2009 fand schließlich das avisierte Kick-Off-Meeting mit den Beratern von H statt, an dem C, E3, N4, O und T6, die Zeugen B, H6, H7 und C7 sowie die Berater M und Dr. X (beide H) und M2 und I2 (beide C3 AG) teilnahmen. Dr. L nahm an dem Treffen nicht teil, erhielt aber das nachträglich gefertigte Protokoll zugesandt. In dem Treffen erläuterten zunächst C und B die Organisationsstruktur und Finanzsituation des Unternehmens. Durch T6 wurde dann ein aktueller Liquiditätsplan der gesamten Gruppe (einschließlich der U N8 GmbH) zum Stand 14.09.2009 vorgestellt, nach dem der Liquiditätsbedarf auf weiterhin über 53 Mio. € beziffert wurde, wobei die weitere Entwicklung dieses Bedarfs unter der Prämisse nachgezeichnet wurde, dass die bestehenden Steuerschulden ohne Säumniszuschläge - anders als in dem Stundungsantrag bei dem HZA L10 beantragt - nunmehr auf vier Jahre zu einer monatlichen Rate von 566.000 € gestundet würden. Weiter war in dem durch den Vorstand freigegebenen Protokoll ausgeführt:

"2. Liquiditätsplan (LP)

[...] Der positive Cash Flow seit April 2009 hat die ausstehenden Verbindlichkeiten von 25 Mio. € seit Jahresbeginn auf heute nur noch ca. 20 Mio. € reduziert. Hauptverbindlichkeiten und Gläubiger sind EEG, ca. 900 x Netzbetreiber sowie die Stromsteuer. Unter anderem ist W9 als ein Gläubiger bereits an die Bundesnetzagentur herangetreten. Die Stromsteuerschuld kann ggf. mit Stundung über variable Raten und mit entsprechenden Zinsen abgetragen werden.

[...] wenn mehr als 10 % aller Verbindlichkeiten länger als 3 Wochen durchgehend ungedeckt sind, und sich dies über einen längeren Zeitraum häufig wiederholt, so ist der Tatbestand der Illiquidität erfüllt. Das bedeutet: mindestens 90 % aller Verbindlichkeiten müssen gezahlt werden können, nicht sein. Der Insolvenzantragsbedarf muss für jede einzelne Gesellschaft einzeln beantwortet werden. Der LP ist insofern auf die einzelnen Gesellschaften zu ändern, der Cash-Bedarf jeder Gesellschaft ist darzustellen.

[...] Heute: 20 Mio. € sind Stand heute fällig, während weniger als 10 % auf dem Konto zur Verfügung stehen. Am 1. Oktober werden 33 Mio. € Einzüge fällig.

3. Erste Einschätzung RAe H

Der ersten Einschätzung von Dr. X zufolge, hat derzeit noch keine Insolvenzverschleppung stattgefunden. Sollte dies der Fall sein, muss RAe H die Beratung einstellen, da sie sich andernfalls der Beihilfe schuldig machen, sofern die Vorstände keinen Insolvenzantrag stellen. Wichtig ist, festzustellen, ob das Hauptzollamt (HZA) die Stromsteuer momentan ernsthaft einfordert, da wir ansonsten schon länger in der Insolvenzverschleppung wären. Dies geht aus einem Schreiben des HZA hervor, welches im Nachgang zu dieser Sitzung den Rechtsanwälten H in Kopie ausgehändigt wird. Die Empfehlungen und Signale des HZA sind dokumentiert C3 teilt die Auffassung der RAe H, wobei eine abschließende Prüfung aussteht. Fresh Money ist als einzige Lösung gangbar.

4. Maßnahmen:

Durch Preiserhöhungen bei unserer Bestandskunden rentablere Tarife schaffen

Restriktionen und Kostensenkung bei derzeitig beauftragten externen Dienstleistern durchführen

Sponsoringmaßnahmen reduzieren und bestehende Maßnahmen aussetzen

Zahlungsziele bei Stromeinkäufen in die Zukunft legen statt Vorauszahlungen.

Konsolidierung auf Gesellschaftsebene (ohne U Communications GmbH)

Sponsoring mit C2 M3: 3.7 Mio. € fällig, Forderung wird bis zum 01.12.09 ausgesetzt. Die 2. Rate wird ebenfalls auf eine Ratenzahlung von vier Monaten gestreckt. Der Vertrag kann nur mit einer Abstandszahlung aufgelöst werden.

Fresh Money: M6 Sanierungsfonds.F14 (F14), Brückenfinanzierung durch Aktionäre, Darlehen

Ziel im LP: 18 Monate durchfinanzieren (auf Basis belastbarer Zahlen), dann besteht keine Insolvenzantragspflicht trotz bilanzieller Überschuldung"

C und B gaben gegenüber H zudem an, dass die Stromsteuernachforderungen zwar fällig seien, aber noch keine Entscheidung über die Stundung vorläge. Die 20 Mio. € fälligen Verbindlichkeiten seien geschobene Verbindlichkeiten gegenüber Netzbetreibern. Zudem gebe es innerhalb des Aufsichtsrats unterschiedliche Auffassungen zu einer möglichen Brückenfinanzierung und Investments: Dr. T3 als Mehrheitsaktionär sei an einer Rückführung seiner Anteile interessiert und beabsichtige insofern nicht, der U I7 AG Liquidität zuzuführen. K, der die U-Gruppe mit aufgebaut hatte, sei zumindest bereit Kapital einzuschießen, wolle dafür aber Anteile an der Gesellschaft von Dr. T3 erhalten, was dieser aber nicht befürworte. Zudem sollte bis Ende der nächsten Woche seitens des Minderheitsgesellschafters K 10 Mio. € mit Rangrücktritt fließen, wobei der Vorstand es für ganz überwiegend wahrscheinlich halte, dass diese Brückenfinanzierung komme. Für den weiteren Verlauf wandte sich M am 23.09.2009 an B und teilte diesem - neben der Anforderungen zahlreicher Unterlagen - u.a. folgendes mit:

"Wir werden Sie nach dem kommenden Gespräch nächste Woche mit einer Einschätzung über die insolvenzrechtliche Situation bei den einzelnen Gesellschaften der Gruppe versehen können und Ihnen dann - sofern erforderlich - die entsprechenden Handlungsempfehlungen geben können. Sofern die Gesamtbeurteilung keine insolvenzrechtlichen Maßnahmen erforderlich erscheinen lässt, erarbeiten wir gerne mit Ihnen einen Sanierungsplan für die Gruppe. Vor dem Hintergrund, dass unter den Gesellschaftern offensichtlich Differenzen bestehen, beurteilen wir die Chancen, dass bis Ende nächster Woche eine Brückenfinanzierung durch die bisherigen Gesellschafter stattgefunden hat, eher zurückhaltend. Wir empfehlen in jedem Fall, mit dem englischen W11-Fonds F13 parallel zu verhandeln, damit keine Zeit verloren geht."

Nach weiteren Prüfungen sollte am 01.10.2009 ein weiteres Gespräch unter anderem mit dem Zeugen K2 von der C3 AG stattfinden.

(3) Investorensuche

(i) Investorenansprache durch M6 AG

Dem Ergebnis der Krisensitzung vom 18.09.2009 folgend entschlossen sich die Vorstandsmitglieder der U I7 AG nun, mithilfe der M6 AG und N die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen hierfür vorbereiten zu lassen. Zu diesem Zweck begannen die bereits mandatierten Rechtsanwälte von N, hier federführend die Zeugen S und Dr. M4, ab dem 23.09.2009 mit der Erarbeitung des Vetragswerks für eine Kapitalerhöhung unter Beteiligung eines neuen Investors sowie die teilweise oder vollständige Veräußerung der ca. 10 Mio. Aktien von Dr. T3 zur Auffüllung der für die Investorenseite erforderlichen Aktienmehrheit von 75% plus eine Aktie. Darüber hinaus sollten noch Unterlagen zu der angekündigten Brückenfinanzierung durch die Altaktionäre erstellt werden. Parallel hierzu schloss die U I7 AG, vertreten durch Dr. L und B, mit der M6 AG zum 28.09.2009 einen Mandatsvertrag für die Beratung zu dem Vorhaben, im Rahmen einer Rekapitalisierung externe Finanzmittel im Wege einer Zufuhr von Eigenkapital und/oder Fremdkapital, mit dem Ziel zu beschaffen, die Kapitalausstattung der U-Gruppe zu verbessern. Zur Umsetzung der geplanten Rekapitalisierung sollte ein Investor oder eine Investorengruppe gefunden werden, welcher bzw. welche der U-Gruppe Finanzmittel in Höhe von ca. 20 Mio. €, aufgeteilt in Eigen- und Fremdkapital, nachhaltig zur Verfügung stellte. Präferiert war eine - als Ergebnis des Treffens vom 18.09.2009 avisierte - Barkapitalerhöhung, eventuell in Verbindung mit einem Gesellschafterdarlehen.

Auftragsgemäß begannen die Berater der M6 AG ab dem 25.09.2009 auf Basis der ihnen seitens der U-Gruppe bereitgestellten Unterlagen und Auskünfte mit der Erstellung einer vertraulichen Investorenpräsentation für eine Investorenansprache. Noch am gleichen Tag erhielten S und X2, veranlasst durch B, Unterlagen zu bisherigen Kapitalerhöhungen übersandt, denen auch das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 19.06.2009 beigefügt war, in dem - wie bereits dargelegt - von einer Liquiditätslücke bei der U-Gruppe jenseits der Stromsteuernachforderungen berichtet wurde, die den Beratern der M6 AG und N bislang nicht bekannt gewesen war. In der Folgezeit arbeiteten N und die M6 AG in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Gruppe gemäß ihrem jeweiligen Auftrag. Ein Termin für eine konkrete Investorenansprache war zu dieser Zeit nicht ersichtlich.

(ii) F13

In dieser Zeit schloss Dr. T30 für F13 die laufenden Prüfungen, die allein auf internen Informationen der U-Gruppe basierten, zu einem möglichen Engagement als Investmentbank ab und teilte K das Ergebnis u.a. wie folgt mit:

"Bei unserer Abschlussprüfung haben wir klar herausgestellt, was möglich und realistisch ist.

1. Das Unternehmen ist momentan technisch insolvent. Daher hat C3 Bedenken hinsichtlich der Fortführungsfähigkeit der Gesellschaft. Unser Vorschlag wäre die Ausarbeitung eines Betriebs- und Finanzplans mit dem Ziel, das Unternehmen aus der Gefahrenzone zu holen. Ein solcher Plan sollte die Einführung eines Risikomanagement- und Finanzkontrollmechanismus beinhalten, um sicherzustellen, dass U7 die Zielvorgaben erfüllt und über den Richtwerten liegt.

Bis vor kurzem befand sich die U7 in einem unkontrollierten Kaufrausch und das Unternehmen war in hohem Maße dem Markt ausgesetzt. Unter diesen Umständen wäre es für uns höchst unverantwortlich:

a) Zwischenfinanzierer einzuladen, Geld in die U7 zu stecken;

b) Investoren zu empfehlen, Geld in die U7 Anleihenplatzierung zu investieren;

c) sich blind zu verpflichten, Anleihen mit vordefinierten Bedingungen zu zeichnen.

Wir werden eine Investition in Anleihen nur unter der Bedingung empfehlen können, dass Risikomanagement- und Finanzkontrollmechanismen sowie ein Betriebsbudget vorliegen. [...] Es besteht nicht die geringste Möglichkeit, jedwede Form von Finanzinstrumenten ohne das Vorhandensein eines klaren Risikomanagement- und Finanzkontrollsystems zu platzieren. [...] Demnach lautet unsere Empfehlung, keine zusätzlichen Gelder in die Gesellschaft zu investieren, solange die neuen Finanzmanagement-Mechanismen noch nicht eingeführt wurden und wir nicht in der Lage sind, eine Anleihenplatzierung zu zeichnen. Daher muss dringend mit der Arbeit an einem Geschäftsmodell, Betriebsbudget, sowie Risikomanagement- und Finanzkontrollmechanismen begonnen werden.

2. Sie wissen, dass die Wirtschaftsprüfer keine Stellungnahme abgeben dürfen, wenn sie für ihre Arbeit nicht bezahlt wurden oder die realistische Annahme besteht, dass sie für ihre Arbeit nicht bezahlt werden. Diese Regel existiert um sicherzustellen, dass die Prüfer ihre Einschätzung nicht kompromittieren, um Auftraggebern zu helfen, ihre finanziellen Schwierigkeiten zu lösen und anschließend die Honorare der Wirtschaftsprüfer bezahlen zu können. Unter diesen Umständen können wir nicht allein auf Grundlage eines Erfolgshonorars arbeiten, da uns dies darin beeinträchtigen könnte, eine unbefangene Investitionsempfehlung an potentielle Investoren abzugeben. [...]

3. Es obliegt der freien Wahl der U7, uns als ihre Investment Banker zu beauftragen oder nicht. Von unserer Seite aus sind unsere Bedingungen nicht verhandelbar, da sie auf Grundlage umfassender Vorbereitungsarbeit und interner Gespräche aufgestellt wurden und eine realistische Möglichkeit darstellen, das Unternehmen wieder auf Entwicklungs- und Wachstumskurs zu bringen.

Wir sind davon überzeugt, dass eine unveränderte Fortführung des Betriebs, also in gleicher Weise wie in den vergangenen zwei Jahren, nicht zum Vorteil des Unternehmens wäre. Daher müssen wir zunächst sicherstellen, dass sich die Gesellschaft verändert hat, bevor wir:

a) jegliche Form von Investitionsempfehlung aussprechen können;

b) jegliche Form von Zeichnungsverpflichtung eingehen.

Der beigefügte Vereinbarungsentwurf würde bedeuten, dass wir die technische Insolvenz der Gesellschaft verschleiern, indem wir uns zur Zeichnung der Anleihenausgabe verpflichten, anstatt die Situation durch einen Wandel der Arbeitsweisen der Gesellschaft zu beheben. Dies ist für uns inakzeptabel. Derzeit sind vollkommene Transparenz und finanzielle Disziplin nötig, um die U7 angemessen zu finanzieren."

Im Ergebnis kam vor diesem Hintergrund eine konkrete Vereinbarung mit F13 nicht zustande. Nachdem B hierüber noch am selben Tag in Kenntnis gesetzt worden war, leitete dieser die Informationen umgehend via E-Mail an C und Dr. L weiter.

(iii) Brückenfinanzierung durch Gesellschafter

In der Folgezeit kam es bis Ende September nicht zu der angekündigten kurzfristigen Einbringung von 10 Mio. € als Brückenfinanzierung durch K oder andere Gesellschafter. Entsprechende Geldzahlungen erfolgten auch im Nachgang hierzu jedenfalls bis Ende November 2009 nicht. Ein abweichender konkreter Zeitplan, bis zu dem eine Brückenfinanzierung realisiert werden könnte, lag den Angeklagten wie auch B genausowenig vor wie ein realistischer Zeitplan für die avisierte Investorenansprache. Stattdessen ging am 01.10.2009 auf dem Konto der U N8 GmbH eine Zahlung in Höhe von 1.125.000 € von der T16 T4er Factoring AG mit der Beschreibung "aus Forderungskaufvertrag" ein. Zu weiteren Geldzuflüssen kam es zunächst nicht. Die vollmundigen Ankündigungen Ks zu Brückenfinanzierungen trugen wiederum die Angeklagten sowie B an die prüfenden Rechtsanwälte H heran, um die Unternehmenssituation in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Nach dem Abspringen von F13 existierte - wie bereits dargelegt und den Angeklagten bekannt - allein noch F11 als Interessent außerhalb des Gesellschafterkreises, der aber mangels konkreter Verhandlungen und Vereinbarungen eine Hoffnung kurzfristiger Kapitalzufuhr zur Verbesserung der Liquiditätssituation der U I7 AG und der U F4 GmbH sowie der Gruppe insgesamt nicht zu begründen vermochte.

(4) Stand der Verbindlichkeiten

Ende September 2009 sah sich die U F4 GmbH - neben den Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen Berechnungen der U I7 AG - auch weiterhin mit (über-)fälligen Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von über 20 Mio. € konfrontiert. So belief sich zum 17.09.2009 der Stand nicht bezahlter fälliger und als bestehend anerkannter Netzbetreiberforderungen nach eigenen unternehmensinternen Berechnungen auf über 21 Mio. €. Der den Rechtsanwälten H bereitgestellte eigene Liquiditätsstatus zum 28.09.2009 wies eine Deckungslücke fälliger und als bestehend anerkannter Verbindlichkeiten der U-Gruppe - neben den Stromsteuernachzahlungen - von insgesamt über 30 Mio. € bei verbleibenden liquiden Mitteln auf allen Konten in Höhe von 858.000 € aus. Prognostisch wiesen die Pläne - nach bereits erfolgtem, vorherigem einseitigem Verschieben der Fälligkeitszeitpunkte im Rahmen des praktizierten Priorisierungssytems - nach Eingang von Einzügen in Höhe von über 36 Mio. € Anfang Oktober 2009 jedenfalls zum 09.10.2009 eine - danach sukzessive ansteigende - gruppenweite Unterdeckung auf, die bis 01.11.2009 auf über 31 Mio. € fälliger und als bestehend anerkannter Verbindlichkeiten anwuchs, ehe am 02.11.2009 wieder Einzüge in Höhe von ca. 31,9 Mio. € die Unterdeckung auflösen sollten. In diesem Kontext wurde das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Der Ablauf des Systems verdeutlichte sich u. a. an folgenden exemplarisch aufgezählten Geschäftsvorfällen:

(i) W9 GmbH

Im Nachgang zu den bisherigen Bemühungen hatte W9 ein Mahnverfahren vor dem Amtsgericht C25 gegen die U F4 GmbH angestoßen, welches am 15.09.2009 an das Landgericht C11 unter Az. # O ...#/... zur Durchführung des streitigen Verfahrens abgegeben worden war, um diese zur Zahlung zu veranlassen. Am gleichen Tag veranlassten die Angeklagten sowie B für die U F4 GmbH eine weitere Zahlung an W9 in Höhe von 1.533.209,34 €. Unter dem durch die geschaffene Situation erzeugten Druck veranlassten die Angeklagten sowie B am 21.09.2009 eine Eilüberweisung in Höhe von 1.595.517,88 €, die W9 am 22.09.2009 gutgeschrieben wurde. Zeitgleich hatte sich W9 mit Schreiben vom 22.09.2009 neuerlich an die U F4 gewandt und eine Kopie hiervon an die Bundesnetzagentur übersandt. Hierin wurde u.a. ausgeführt:

"Die Höhe der offenen Forderungen aus EEG-Stromlieferungen zu Gunsten von W9 beläuft sich mit Saldo zum heutigen Tage auf: 1.785.550,61 €. Durch Ihre mangelnde Zahlungsmoral und Ihre Weigerung mit uns in Kontakt zu treten, haben Sie das Vertrauen, das wir in Sie als Geschäftspartner gesetzt haben, nachhaltig und über Gebühr belastet. Zur Minimierung unseres eigenen wirtschaftlichen Risikos werden wir die unterjährigen EEG-Abrechnungen mit der U F4 GmbH auf Vorauszahlung umstellen.

Basierend auf den bisherigen monatlichen Abschlagsrechnungsbeträgen ergibt sich ein durchschnittlicher Abschlagsbetrag von ca. 1,6 Mio. €. Beginnend mit dem Monat Oktober werden wir Ihnen zum Monatsanfang eine Rechnung über 1,5 Mio. € legen, die als Vorauszahlung für den darauffolgenden Liefermonat bestimmt ist. Erbringt Ihr Unternehmen die Zahlung, wird diese mit der Abschlagsrechnung, die regulär im Folgemonat des Liefermonats gelegt wird, verrechnet. Zahlungsziel der Vorauszahlungsrechnung sind 14 Kalendertage ab Rechnungslegung. Sollte der Zahlungseingang über die Vorauszahlung nicht fristgerecht erfolgen, werden wir die EEG-Stromlieferung für den jeweiligen Liefermonat aussetzen."

Mit Schreiben vom 24.09.2009 teilte die U F4 GmbH der Bundesnetzagentur durch den Angeklagten C ihre Sicht der Causa W9 wie folgt mit:

"Die U F4 GmbH hat der W9 GmbH auf Basis des § 37 Abs. 1 EEG bzw. des § 14 Abs. 3 EEG (2004) im laufenden Kalenderjahr Strom aus erneuerbaren Energien sowie Ausgleichsenergie aus Bilanzkreisabrechnungen mit insgesamt 16.108.416,08 € vergütet. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen übersteigt es nach unserer Auffassung das Maß an sachlich gerechtfertigter Kritik, wenn die W9 GmbH unter Verweis auf einzelne Zahlungsverzögerungen und den Bericht in einer Fernsehsendung meint, der U F4 GmbH müsse durch die Bundesnetzagentur die Ausübung der Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen untersagt werden."

Mit Stand zum 25.09.2009 sah sich die U F4 GmbH unter Anrechnung nicht ausgezahlter Gutschriften aus der Bilanzkreisabrechnung in Höhe von 615.230,12 € immer noch einer verbleibenden Restschuld bei W9 in Höhe von 195.548,95 € gegenüber. In dieser Höhe betrieb W9 das gerichtliche Verfahren vor dem Landgericht Bonn, das sich zunächst noch auf in den Monaten Mai und Juni 2009 fällig gewordenen EEG-Rechnungen in Höhe von 548.793,81 € bezogen hatte, weiter. Am 29.09.2009 kommentierte der Zeuge U6, der Justitiar der F6 GmbH, die Ankündigung W9 zu Lieferungen nach Vorauszahlungen wie folgt:

"Es gibt schlechte Neuigkeiten von W9. So einfach, wie sich die W9 die einseitige Änderung von Zahlungsmodalitäten vorstellt, geht es natürlich nicht. Letztendlich spielt es allerdings keine Rolle, ob uns der Todesstoß über eine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlungen versetzt wird."

(ii) U13 GmbH

Im Anschluss an das bisherige Geschehen liefen für den Monat August gegenüber U13 EEG-Abschlagszahlungen in Höhe von 893.372,15 € auf, die zum 22.09.2009 fällig gestellt wurden. Die Forderung wurde - neben noch ausstehender Beträge von Bilanzkreisabrechnungen, insgesamt über 1 Mio. € - seitens U13 in der Folgezeit zweimal, zum 30.09.2009 und 26.10.2009, angemahnt, wobei unter dem 05.10.2009 eine Abschlagszahlung in Höhe von 891.128,63 € seitens der U F4 GmbH geleistet und zwischenzeitlich zum 19.10.2009 nunmehr EEG-Abschlagszahlungen in Höhe von 970.237,06 € fällig geworden waren, so dass zum Stand 26.10.2009 fällige, als bestehend anerkannte, offene Forderungen der U13 gegenüber der U F4 GmbH in Höhe von insgesamt 1.259.123,12 € bestanden, die nicht bedient werden konnten.

(iii) B15 GmbH (vormals S2 Transportnetz Strom GmbH)

Unter dem 15.09.2009 trat die Fälligkeit der EEG-Abschlagsrechnung gegenüber der B15 GmbH aus August 2009 ein, die wiederum fällige, als bestehend anerkannte Forderungen in Höhe von über 1,9 Mio. € auswies. Erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 30.09.2009 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, erfolgte im Nachgang eine Begleichung der EEG-Abrechnung aus August 2009 zum 02.10.2009.

(iv) C2 M3

Da die U I7 AG und die U N8 GmbH ihrer Verpflichtung aus der zum 09.09.2009 vereinbarten teilweisen Stundung nicht nachkommen konnten, suchten die U-Verantwortlichen über O erneut das Gespräch mit den Verantwortlichen der C2 M3 Fußball GmbH, um bei diesen in Ansehung der Krisensituation eine weitere Stundung der bereits gestundeten 1. Rate sowie zusätzlich eine Stundung der 2. Rate, die im Januar 2010 fällig werden sollte, zu erbeten. Entsprechend fand am 17.09.2009 ein Gespräch zwischen den Parteien statt, an dem jedenfalls B, O und C7 von Seiten der U-Gruppe sowie der Zeuge I5 und C10 auf Seiten der C2 M3 Fußball GmbH teilnahmen. Neben dem Stundungsersuchen, das durch B - intern abgestimmt - mit anstehenden Verkaufsprozessen begründet wurde, gab B weiter an, dass eine bisher vertraglich nicht vorgesehene, vorzeitige Ausstiegsmöglichkeit zum Ende der Saison 2009/2010 für erforderlich gehalten werde, um den Verkaufsprozess der U-Gruppe nicht zu beeinträchtigen und potenziellen Interessenten die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung der Sponsorenaktivität zu geben. Nachdem sich die C2 M3 Fußball GmbH mit diesen Grundbedingungen grundsätzlich einverstanden erklärt hatte, unterbreitete diese - in Abänderung der bisherigen Vereinbarung - ein Angebot, nach dem die Fälligkeit der 1. Rate zum 01.12.2009 festgelegt wurde und die 2. Rate in vier gleichen Teilraten jeweils zum 15. eines Monats ab Januar 2010 erfolgen sollte. Weiter sollte beiden Vertragsparteien ein Kündigungsrecht zum 30.06.2010 bei einer Frist von zwei Monaten eingeräumt werden, bei dessen Ausübung eine Abstandssumme respektive Vertragsstrafe in Höhe von jeweils 6,4 Mio. € zum 30.04.2010 gezahlt werden sollte. Die in diesem Sinne vorbereitete 2. Ergänzungsvereinbarung zu dem bisherigen Hauptsponsorenvertrag übersandte die C2 M3 Fußball GmbH gegengezeichnet an die U N8 GmbH mit der Maßgabe, dass das Angebot bis zum 02.10.2009 befristet war.

Nachdem bis zum 01.10.2009 eine Rückmeldung der U-Gruppe nicht erfolgt war, rief die C10 B zur Erfragung des Sachstands an. Dieser teilte - wahrheitswidrig - mit, dass man noch in Verhandlungen intern wie auch mit der Investorenbank sei und noch 10 Tage benötige, um einen belastbaren Vorschlag zu machen, um wiederum Zeit zu gewinnen. Mit Schreiben vom 08.10.2009 teilte O der Gegenseite mit, dass man zwar die angetragene Stundungs- und Ratenzahlung gerne annehmen wolle, da diese Stundung eine erhebliche Entlastung in der derzeit angespannten Situation bedeutete. Zu der - zuvor selbst seitens der U-Gruppe eingeforderten - Kündigungsoption führte O folgendes aus:

"Soweit in Ziffer 2 der Ergänzungsvereinbarung die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit des verlängerten Hauptsponsorenvertrags zum 30.06.2010 vorgesehen ist, so begrüßen wir grundsätzlich auch diese Regelung. Allerdings sehen wir uns nach entsprechender juristischer Beratung sowie aufgrund der Ihnen bekannten problematischen Finanzsituation der U N8 GmbH zurzeit gehindert, die in der Ergänzungsvereinbarung für den Fall einer diesseitigen Kündigung vorgesehene Verpflichtung zur Zahlung einer Abstandssumme in Höhe von 6,4 Millionen € einzugehen. Gleiches gilt für die in Ziffer 3 der Ergänzungsvereinbarung geregelte Vertragsstrafe."

Vor diesem Hintergrund präferiere die U N8 GmbH nunmehr eine "kleine" Lösung, die sich nur auf die Stundung beziehe. Mit Schreiben vom 14.10.2009 führte die C2 M3 Fußball GmbH hierzu als Antwort u.a. folgendes aus:

"Wir sind erstaunt, dass nunmehr die gewünschte Ausstiegsmöglichkeit 2010 für den Verkaufsprozess nicht mehr von Interesse ist, obwohl der Verkaufsprozess anfänglich Anlass für eine weitere Modifizierung des Hauptsponsorenvertrags und des Kooperationsvertrags überhaupt war. Mit Wegfall dieses Änderungsgrundes sehen wir keine Veranlassung für eine weitere Modifizierung der Leistungsverpflichtungen von U und möchten an den bestehenden wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen festhalten. Da die erste Stundungsvereinbarung aus September 2009 von U nicht eingehalten wurde, sehen wir keine Veranlassung eine weitere Stundung zu gewähren.

Die rechtliche Situation stellt sich wie folgt dar: Aufgrund des bestehenden Hauptsponsorenvertrages in Verbindung mit dem Kooperationsvertrag sowie der Stundungsvereinbarung aus September 2009 wurde die Fälligkeit der ersten Rate für die Saison 2009/2010 von Juli 2009 auf 50% zzgl. MwSt., d. h. ein Betrag in Höhe von € 1.892.680,10 auf Anfang September verschoben, die zweite Teilrate in Höhe von € 630.893,37 auf den 15.10.2010 [2009] verschoben und die beiden weiteren Teilraten in gleicher Höhe auf den 15.11. und 15.12. verschoben. Das nach unserem Gespräch vom 17.09.2009 von uns erarbeitete Angebot vom 22.09.2009 wurde nicht innerhalb der Frist bis zum 02.10.2009 von U angenommen. Ihr neues Angebot vom 08.10.2009, das nur eine Stundung der Fälligkeiten vorsieht, möchten wir nicht annehmen.

Wir haben Sie daher aufzufordern, den Betrag der ersten beiden Raten umgehend zu überweisen und die beiden Teilraten entsprechend der Fälligkeiten zum 15.11. und 15.12. Die zweite Rate für die Saison 2009/2010 wird fristgemäß im Januar 2010 fällig. Wir möchten der Vollständigkeit wegen darauf hinweisen, dass die U I7 AG als Gesamtschuldnerin für die offenen Forderungen einzustehen hat."

Insgesamt waren daher jedenfalls seit 03.10.2009 1.892.680,10 € sowie zum 15.10.2009 weitere 630.893,37 € als Teilzahlung fällig, die beide plangemäß im bestehenden Priorisierungssystem nicht fristgemäß bedient wurden.

(5) Weiterer Verfahrensgang bei dem HZA L10

Wie geplant legten die Prüfer des HZA E6 am 25.09.2009 den Entwurf eines Abschlussberichts vor, der in einer Besprechung am 28.09.2009, an der von Seiten der U-Gruppe die Angeklagten, B und C7 sowie N4 und T6 teilnahmen, gegenüber den U-Verantwortlichen bekannt gegeben wurde. Nach eingehender Erörterung des dort niedergelegten Sachverhalts hatten C und B die Prüfungsfeststellungen ohne Beanstandung anerkannt. Entsprechend erhielt das Auftrag gebende HZA L10 im Nachgang die finale Fassung des "Berichts über die Prüfung der wirtschaftlichen Lage bei der U F4 GmbH" vom 01.10.2009, die unter Ziff. 5 folgende Ergebnisse festhielten:

"5.1 Eigenkapitalsituation / Liquiditätssituation

Angesichts der untersuchten Liquiditätssituation der C26 [der U F4 GmbH] erscheinen die Strom- und Erdgassteuer nach Prüferauffassung gefährdet. Dies gilt nicht nur für die ausstehende Stromsteuer für das Jahr 2008 und für das erste Halbjahr 2009 in Höhe von insgesamt rd. 28,3 Mio. €. Die C26 ist derzeit bilanziell überschuldet. Durch die sofortige Einforderung dieser Steuerschuld von rd. 28,3 Mio. € in voller Höhe würde die C26 illiquide und müsste nach Prüferansicht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen (siehe Ziffern 3.3.2 und 3.7.5). Es liegt somit ggf. eine erhebliche Härte im Sinne des § 222 AO vor.

5.2 Vorschläge

Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Stundung nach § 222 AO war nicht Gegenstand dieser Prüfung. Der vorgenannte Steueranspruch erscheint nach Prüferauffassung auch nach einer möglicherweise gewährten Stundung gefährdet. Aufgrund der aktuellen Liquiditätssituation, die gekennzeichnet ist durch die pünktliche Zahlung der aktuell festgesetzten Stromsteuervorauszahlungen und dem bestehenden Liquiditätsspielraum innerhalb der U-Gruppe, insbesondere unter Einbeziehung der U7-S [der U T21 GmbH], erscheinen Ratenzahlungen für die noch offene Stromsteuerschuld aus 2008 und dem ersten Halbjahr 2009 dennoch möglich (Hinweis auf die Ausführungen in Ziffer 3.7.3). Insofern wird auf den von der C26 vorgelegten Ratenzahlungsplan über 48 Monate (Anlage 11) verwiesen.

Durch die Gewährung einer Stundung würde der Steuergläubiger im Ergebnis nicht schlechter gestellt, als wenn die C26 bei sofortiger Realisierung des Steueranspruches Insolvenz anmelden müsste. Eine Sicherheitsleistung für Strom-/Erdgassteuer erscheint aufgrund der wirtschaftlichen Situation der C26 nicht möglich. Ebenso wird angesichts der liquiditätsentziehenden Wirkung eine Vorverlegung der Fälligkeit nicht empfohlen. Auf die Anforderung von Stundungszinsen sollte im Rahmen eines Ratenzahlungsplans nicht verzichtet werden, da die C26 nach Prüferauffassung die ausstehende Stromsteuer zur Finanzierung ihres laufenden Geschäftsbetriebes genutzt hat."

Im Nachgang hierzu positionierte sich das HZA L10 - nach Prüfung durch den Sachgebietsleiter und ständigen Vertreter der Leitung - Dr. G14 so, dass aus deren Sicht als Ergebnis einer internen Besprechung vom 02.10.2009 eine Stundung nicht gewährt werden konnte. Zur Begründung wurde hierzu in einem Ergebnisvermerk durch Dr. G14 u.a. festgehalten:

"Zwar werden die zuletzt festgesetzten monatlichen Vorauszahlungsbeträge in Höhe von 3.386.160,00 € seit Juli 2009 pünktlich bezahlt (s. Tz. 2.1). Anders als von der C26 gegenüber dem HZA L10 in der gemeinsamen Besprechung der Angelegenheit dargestellt, ist sie derzeit aber nicht in der Lage, die aufgelaufene Steuerschuld in Höhe von 28.318.903,70 € in einem Zeitraum von 2 Jahren in monatlichen Raten zu tilgen, vielmehr erscheint jetzt allenfalls ein über 4 Jahre laufendes Stundungsmodell realistisch (s. Tz. 3.7.4, Tz. 5.2). Das sind aber weitere Hinweise auf eine Gefahrdung des Steueranspruchs. Die C26 ist derzeit nicht in der Lage, eine Preisabsicherung für künftige Stromeinkaufspreise zu betreiben, da sie die dafür erforderlichen Sicherheiten nicht aufzubringen in der Lage ist ( s. Tz. 3.2.2). Daraus ergibt sich das dem Geschäftsmodell der C26 immanente Risiko: Steigende, jedoch nicht gesicherte Einkaufspreise führen bei Festpreisgarantien gegenüber Endverbrauchern, aber auch bei Rückzahlungsverpflichtungen von Sonderabschlagszahlungen an Kunden ohne Festpreisgarantie, die zu einem anderen Anbieter wechseln, zu einem Liquiditätsentzug. So ist auch im laufenden Geschäftsjahr mit einem Verlust in Millionenhöhe zu rechnen (s. Tz. 3.2.4).

[...] Konkrete, durch Unterlagen belegte Vorbereitungen des Verkaufs der U-Gruppe - wie sie von der C26 in der Besprechung mit dem HZA L10 noch vorgebracht worden waren - konnten durch die Prüfung nicht belegt werden (s. Tz. 3.3.2). Damit ist die C26 von der in der Besprechung mit dem HZA L10 aufgestellten Behauptung, nur der fehlende Jahresabschluss 2008 hindere den Verkauf des Unternehmens, weit entfernt. [...] Grundvermögen oder sonstige Aktiva, die als Sicherheit für den Steueranspruch in Höhe von 28.318.903,70 € per 30. Juni 2009 dienen könnten, existieren nicht (s. Tz. 3.4). Die mit dem Stundungsantrag vom 11. Juni 2009 von der C26 in Aussicht gestellten Maßnahmen zur Liquiditätsverbesserung sind im Wesentlichen nicht realisiert (s. Tz. 3.5). Daher kann seitens des HZA L10 kein Vertrauen in das Geschäftsverhalten der C26 gesetzt werden - nicht nur in das vergangene Verhalten nicht, sondern auch nicht in das aktuelle.

Bei monatlicher Betrachtung der Liquiditätsreserve der C26 ergibt sich ein auf 2.100.000,00 € abschmelzender Betrag, bei Verpflichtungen zur Rückzahlung von Sonderabschlagszahlungen an abwandernde Kunden sogar weniger (s. Tz. 3.7.2). Anders formuliert: Die C26 ist überlebensnotwendig darauf angewiesen, ihren Kundenstamm mindestens beizubehalten, um ihre Liquiditätsreserve, die u.a. über die Vorauszahlungen und Sonderabschlagszahlungen von den Kunden vorfinanziert ist, nicht zu schmälern. Die Verbindlichkeiten der C26 aus den Sonderabschlagszahlungen betragen demgegenüber zum 14. September 2009 nach eigenen Angaben 44.000.000,00 € (s. Tz. 3.7.2). Auch dies stellt schon eine Gefährdung des Steueranspruchs dar. Des Weiteren wäre die Liquiditätsreserve bereits bei 4 Monatszahlungen à 566.000 € auf die Steuerschuld in Höhe von 28.318.903,70 € per 30. Juni 2009 - wie von der C26 jetzt vorgeschlagen (s. Tz. 3.7.4) - bei fehlendem anderweitigen Zuwachs überzogen. Zum Dritten würde eine nennenswerte Kundenbewegung hin zur Konkurrenz der C26 nicht nur zur Schmälerung einer - ohnehin nicht vorhandenen - Gewinnsituation, sondern zur Verminderung ihrer Liquidität führen, was auf dem im Moment heiß umkämpften Strommarkt nicht als fern liegend zu bezeichnen ist.

Demgegenüber beruht die Liquiditätsvorschau der C26, die im Rahmen einer Prognose über ihre Rückzahlungsmöglichkeiten durchaus beachtlich sein kann, auf einem wachsenden Kundenstamm von 100.000 Neuzugängen. Nach Prüferauffassung können dabei indes bereits kleinste Negativabweichungen zwischen Plan- und Istwerten zur Zahlungsunfähigkeit führen (s. Tz. 3.7.4). Auch dies gefährdet nunmehr klar den Steueranspruch. Die C26 wäre - wie sich jetzt durch die Prüfung zeigt - bei fiktiver monatlicher Abrechnung auch in der Vergangenheit nicht in der Lage gewesen, die Stromsteuer zutreffend abzuführen (s. Tz. 3.7.6). Dies kann nur als eklatante Misswirtschaft zu Lasten des Steuerzahlers gewertet werden. Eine Änderung in positiver Hinsicht lässt der Prüfungsbericht demgegenüber nicht erkennen.

Vielmehr ist auch nach Auffassung der Prüfer der Strom- und Erdgassteueranspruch gefährdet (s. Tz. 3.7.6, Tz. 5.1, Tz. 5.2). Damit ist aber die Frage, ob ggf. eine erhebliche Härte im Sinne des § 222 AO vorliegt (s. Tz. 5.1), nicht mehr entscheidungsrelevant, zumal auch erhebliche Zweifel hieran bestehen (s.o.). Dass monatliche Ratenzahlungen über 4 Jahre auf die Steuerschuld in Höhe von 28.318.903,70 € per 30. Juni 2009 möglich erscheinen (s. Tz. 5.2), ändert an der Gefährdung des Steueranspruchs bei Gewährung einer Stundung - nunmehr nicht über 2 Jahre wie ursprünglich von der C26 begehrt, sondern über 4 Jahre, das ist der doppelte(!) Zeitraum - nichts. Auch erscheint eine Sicherheitsleistung (der gesetzliche Regelfall bei der Stundung) für die Strom- und Erdgassteuer nicht möglich (s. Tz. 5.2), was ebenfalls eine Gefährdung des Steueranspruchs impliziert.

Dass sich der Staat als Steuergläubiger wirtschaftlich bei Gewährung einer Stundung nicht schlechter stellt als bei ihrer Versagung (s. Tz. 5.2), mag zutreffen, würde aber bei Gewährung einer Stundung hier dazu führen, dass ein Unternehmen am Markt bleibt, das seine Liquidität auf Kosten seiner Kunden und - vor allen Dingen - auf Kosten des Steuerzahlers vorfinanziert. Dies führt zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber Konkurrenten, die die Steuer zutreffend abführen."

Nachdem sich das HZA L10 intern auf die Ablehnung des Stundungsantrags positioniert hatte, versuchte dessen Leitung mit der BFD West einen Termin für eine gemeinsame Besprechung abzustimmen, was zunächst nicht gelang. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen weiterhin nicht vor. Ratenzahlungen gemäß dem neuerlichen Vorschlag der U-Gruppe einer Stundung über 48 Monate wurden seitens der U F4 GmbH in der Folgezeit zunächst auch nicht veranlasst.

(6) Weitere Maßnahmen der Führungsebene

(i) Vertragsverhandlungen mit E14 GmbH

Ab Mitte September 2009 kam es zu weiteren Verhandlungen mit der E14 GmbH mit dem Ziel, die U I7 AG aus einer etwaig bestehenden Haftung für das Sponsoring zu entlassen. Da die U N8 GmbH die Forderungen aus eigenen Mitteln nicht begleichen konnte, verweigerte O am 22.09.2009 als Geschäftsführerin die notwendige Unterschrift unter eine entsprechende Vereinbarung, sofern ihr nicht ein von der Bank bestätigter Überweisungsbeleg über 995.000 € auf ein Konto der U N8 GmbH als Sicherheit vorgelegt würde. Vertragsgemäß erhielt die U N8 GmbH am 11.09.2009 eine Rechnung der E14 GmbH in Höhe von weiteren 267.500 €, die ebenfalls nicht beglichen werden konnte. Zur Sicherung des Sponsoringengagements entschloss sich K in dieser Situation, da die U N8 GmbH über entsprechende Finanzmittel nicht verfügte, die fälligen und als bestehend anerkannten Forderungen der E14 GmbH in Höhe von 434.500 € direkt an die E14 GmbH zu überweisen und die restlichen Sponsoringmittel der U N8 GmbH auf einem Sicherheitenkonto bereitzustellen, für das die führende S11 Q6 eine selbstschuldnerische Bürgschaft zugunsten der E14 GmbH abgeben würde. In Ausführung hierzu wies K den Geschäftsführer der T16 T4er Factoring AG an, an die E14 GmbH 434.500 € "aus Forderungskaufvertrag" per sofort zu überweisen, was dieser im Wege der Sofortüberweisung am 30.09.2009 veranlasste. Zudem überwies F3 im Auftrag von K der U N8 GmbH zu dem Engagement zum 01.10.2009 weitere 690.500 €, zum 19.10.2009 weitere 180.000 € und zum 26.10.2009 weitere 600.000 €, ohne dass die Zahlungen eine schriftlich fixierte Vertragsgrundlage aufwiesen, sie aber in der Folgezeit nachträglich als Darlehen deklariert werden sollten.

(ii) Sonstige Maßnahmen

Ab Mitte September verhandelten die Vertreter der U-Gruppe mit weiteren Banken über die mögliche Durchführung eines Lastschrifteinzugsverfahrens zugunsten der U T21 GmbH. Beispielsweise wurden Gespräche mit der C14er Bank AG wie auch der W12bank L18 geführt, die aber beide erfolglos blieben. Ab Ende September 2009 hatte Dr. L über den mit ihm befreundeten Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Dr. X13 Erkundigungen zu einer möglichen Directorsand-Officers-Versicherung (im Folgenden: "D&O-Versicherung") eingeholt, über die die Vorstände der U I7 AG zu dieser Zeit nicht verfügten. Dr. X13 hatte Dr. L unter dem 25.09.2009 den Abschluss einer solchen Versicherung nahe gebracht und hierzu diesem per E-Mail folgendes mitgeteilt:

"Ist mir gerade eingefallen: Am Montagvormittag treffe ich mich mit einem Industrieversicherungsmakler. Vielleicht sollten wir über den einfädeln, dass ihr noch Versicherungsschutz (insbesondere D&O) kurzfristig einkauft. Jedenfalls ist das besser als kein Schutz, zumindest was Verteidigungskosten angeht, denke ich, dass ein Schutz noch möglich ist."

Entsprechend beauftragte Dr. L Dr. X13 zu einer diesbezüglichen informellen Anfrage und setzte hierüber C und B m 28.09.2009 mit dem Hinweis in Kenntnis, dass eine solche Versicherung "neben dem Insolvenzfall insbesondere auch für den Fall eines Eigentümerwechsels" sinnvoll sei.

(iii) Entwicklung des Kundenbestands

Mit Ablauf des 30.09.2009 liefen die befristeten Powerpaket-Aktionen aus, die insgesamt - nach Berücksichtigung nachträglicher Kundenbewegungen - ca. 9,5 Mio. € an zusätzlicher Liquidität generiert hatten. Insgesamt zog die U T21 GmbH so im September 2009 ca. 37,5 Mio. € an Kundengeldern von Strom- und Gaskunden ein, wobei immer noch 96% dieser Umsatzerlöse auf den Strombereich entfielen. Trotz der weiter laufenden sukzessiven Anpassung mit Preisgarantien versehener Altverträge im Strombereich an die aktuelle Marktsituation hatte sich der Kundenbestand im Stromsegment zum 30.09.2009 auf nunmehr ca. 469.000 versorgte Endkunden gesteigert. Ebenso war die Zahl der in Versorgung befindlichen Gaskunden auf ca. 15.000 Endkunden angewachsen. Gegliedert nach der Zahlungsweise hatten im Bestand ca. 62% der belieferten Stromkunden die monatliche, 20% die vierteljährliche und 18% die jährliche Vorauszahlung gewählt. Entsprechend - als Folge des Auslaufens der Powerpakete wie auch der Preisanpassungen - verringerte sich aber der Nettozuwachs an versorgten Kunden im Strombereich auf durchschnittlich bis zu 5.000 pro Monat, wohingegen der monatliche durchschnittliche Nettozuwachs von versorgten Gaskunden auf bis zu 5.500 pro Monat anstieg. Zudem war der reine Strombezugspreis auf 63,53 €/MWh angestiegen mit der Folge, dass sich die Kosten des Einkaufs von Strom inklusive der EEG-Umlage für die U F4 GmbH mit steigender Anzahl versorgter Kunden auf über 8,5 Mio. € pro Monat erhöht hatten, sich diese in der Folgezeit bis Dezember aber noch bei einem dann aktuellem Strompreis von 67,36 €/MWh - auch jahreszeitbedingt - auf insgesamt 11,7 Mio. € erhöhen sollten. Ab Oktober 2009 und mit Beginn der kühleren Jahreszeiten hatten für die U-Gruppe als Energieversorger die sog. "dunklen" Monate, die jahreszeitbedingt den Energiebedarf der unter Vertrag stehenden Endkunden massiv erhöhten, begonnen. Hieraus resultierten höhere Energieeinkaufs- und -folgekosten für die U F4 GmbH, die die bestehende Liquiditätslage zusätzlich verschärften.

(7) Beendigung des Mandats von H

Nachdem die Rechtsanwälte M und Dr. X die bereits bereitgestellten Unterlagen gesichtet hatten, fand am 01.10.2009 eine weitere Besprechung statt, bei der neben den beiden Sachbearbeitern noch Steuerberater T von H sowie B, E3, N4 und T6 sowie der Zeuge C7 von Seiten der U-Gruppe sowie die Zeugen K2 und I2, beide C3 AG, teilnahmen. In diesem Treffen wurde H von den Teilnehmern der U-Gruppe mitgeteilt, dass die Verhandlungen mit F13 gescheitert seien und mit der W4 Bank AG ein Factoring in der Größenordnung 10 Mio. € frühestens zum 01.11.2009, wahrscheinlich erst zum 01.12.2009 stattfinden könne. Zudem seien Bankfinanzierungen bisher gescheitert. Weiter wiesen die U-Verantwortlichen auf die Ergebnisse der Prüfung des HZA L10 hin, wonach aus ihrer Sicht möglicherweise wieder ein ernsthaftes Einfordern der Stromsteuernachforderungen drohe. Ergebnis der Gesprächsrunde war, dass die Mitarbeiter von H einmütig ein "schlechtes Gefühl" bezüglich der zu prüfenden Insolvenzsituation hatten und deshalb weitere Unterlagen und Belege notwendig sein würden.

Nachdem M einen weiteren Liquiditätsplan im Excel-Format erhalten hatte, forderte dieser am Freitag, den 02.10.2009 Kontenbelege zu den Bankkonten der U F4 GmbH an, die deren aktuellen Liquiditätsstand dokumentieren sollten. Nach Erhalt dieser Belege wies Dr. X B, T6 und N4 darauf hin, dass die Guthaben aus Kundeneinzügen aus den übersandten Kontenspiegeln, die die Liquiditätsreserven der U-Gruppe dokumentieren sollten, nicht auf den Konten der U F4 GmbH verbucht waren, sondern bei der U T21 GmbH verblieben seien. Zu Erstellung einer stichtagsbezogenen Gegenüberstellung verfügbarer Liquidität mit fälligen Verbindlichkeiten sei aber eine Auswertung je Gesellschaft notwendig, Zahlungsansprüche gegen andere Gesellschaften seien nicht ohne Weiteres liquiditätsgleich. Insofern erfragte Dr. X den Zeitpunkt des Transfers der Gelder auf die Konten der U F4 GmbH sowie das übliche Procedere der Intercompany-Überweisungen in diesem Bereich. Da eine Antwort der U-Gruppe auf die dringliche Anfrage von Dr. X bis zum 05.10.2009 nicht erfolgt war, gab dieser intern gegenüber M und T via E-Mail folgende Einschätzung ab:

"U hat auf meine Mail von Freitag, betreffend die Liquiditätslage der U F4, noch nicht reagiert. Nach Sachlage Freitag ist die F4 massiv illiquide, auch wenn wir die 28 M€ Stromsteuer als quasigestundet / nicht ernsthaft eingefordert ansehen. Die Gesellschaft hatte am Freitag nur 0,6 M€ Cash auf ihrem Konto, und die Forderung gegen die U T21, auf deren Konto die Gelder aus den Kundeneinzügen liegen, werde ich bei der F4 nicht als liquiditätsgleichwertig in die Planung einstellen, solange ich die Lage der U T21 und die bisher geübte Praxis der Intercompany-Zahlungen nicht kenne.

Wir, d.h. Herr T, Sie und ich, waren am Donnerstag nach dem Termin bei U so auseinandergegangen, dass wir übereinstimmend ein ganz schlechtes Gefühl hatten, was die Lage der Unternehmensgruppe und die Seriosität der ganzen Konstruktion anbelangt. Dies angesichts nicht nur der Liquidität, sondern auch der miserablen Bilanzlage der F4 mit einem negativen EK von mehr als 100 M€, den nach Ihrer Einschätzung nicht praktikablen Verschmelzungsplänen per 31.12.2009 und den in der Vergangenheit durchgeführten gesellschaftsrechtlichen und bilanziellen Maßnahmen, die uns insgesamt äußerst windig erschienen.

Vor diesem Hintergrund tendierten Sie am Freitag dazu, das Mandat niederzulegen. Auch nach mehrfachem "drüber Schlafen" meine ich, dass das die richtige Entscheidung wäre. Das Risiko, dass wir als beratende Sozietät hier in eine Schmuddelei größeren Ausmaßes hineingezogen werden, dürfte erheblich sein. Wenn wir das Mandat niederlegen, sollten wir das allerdings schnell tun und nicht noch länger zuwarten. Auch über die Art und Weise, wie wir es gegebenenfalls tun, sollten wir uns abstimmen. Ich hielte es für geboten, unsere Entscheidung Herrn B in einem Telefonat, vielleicht besser noch in einem persönlichen Gespräch mitzuteilen und zu begründen. Schriftlich sollten wir uns auf die bloße Niederlegungserklärung beschränken und keine Gründe nennen."

Weiter waren die Rechtsanwälte M und Dr. X der Auffassung, dass die für eine seriöse insolvenzrechtliche Bewertung der U F4 GmbH erforderlichen Unterlagen nur schleppend, gar nicht oder nur in Teilen bereitgestellt worden waren, die notwendigen Liquiditätspläne auf einzelgesellschaftlicher Basis nicht vorlagen und sich die Bilanzlage als schwierig erwies. Auf Basis dieser Gesamtgemengelage entschlossen sich M und Dr. X am 06.10.2009, das Mandat mit der U I7 AG unverzüglich niederzulegen, weil ihnen so keine befriedigenden Unterlagen vorlagen - so deren Einschätzung zur damaligen Zeit -, die den bestehenden Verdacht der Insolvenzverschleppung nachträglich hätten entkräften können. Entsprechend unterrichtete M zunächst vorab Rechtsanwalt S, der H das Mandat angetragen hatte, über die anstehende Niederlegung des Mandats und teilte diesem mit, dass aus deren Sicht nichts anderes für die Mandantin übrig bliebe, als Insolvenzantrag zu stellen und H allenfalls bei der Stellung eines solchen Antrags behilflich sein könne. Hierüber setzte M sodann auch Dr. X im Nachgang mit dem Hinweis in Kenntnis, dass N volles Verständnis zeige und sich selbst auch aus dem Mandat zurückziehen werde. Zudem erbat er von Dr. X eine Auskunft:

"Herr B wird möglicherweise die Frage an uns richten, ob wir wenigstens die Insolvenzanträge vorbereiten würden, wenn die Organe sich gegen den zu erwartenden Widerstand der Shareholder zu diesem Schritt entscheiden sollten."

Nach dem Dr. X als Antwort hierauf seine Bereitschaft dazu erklärt hatte, bei einer möglichen Insolvenzantragsstellung, B bei der Formulierung zu unterstützen, teilte M Dr. X wiederum folgendes mit:

"Danke, das genügt als Antwort soweit. Ich werde jetzt mit Herrn B sprechen und - falls er danach fragt - die Hilfestellung bei der Stellung des Insolvenzantrages in Aussicht stellen. Ich vermute allerdings, dass die Shareholder die Vorstandsmitglieder / Geschäftsführer, die verkünden, Insolvenzantrag stellen zu wollen, sofort abberufen werden."

Hierauf gab Dr. X gegenüber M folgende Einschätzung ab, die im Nachgang via E-Mail von M bestätigt wurde:

"Das wäre für Herrn B - von dem ich einen durchaus guten Eindruck habe - auch das Beste, was ihm passieren kann. Wobei er damit noch lange nicht aus dem Schneider wäre."

Im Anschluss informierte M - wie angekündigt - B zunächst umfänglich telefonisch über die Niederlegung des Mandats und die dargelegten Gründe hierfür und teilte Dr. X im Nachgang mit, dass B "durchaus Verständnis für unsere Entscheidung" gezeigt habe. Wie geplant übersandte M im Anschluss - unter Bezugnahme auf die "telefonisch geschilderten Gründe" und ohne weitere schriftliche Begründung per E-Mail - am 06.10.2009 um 18:40 Uhr an B die formale Niederlegung des Mandats, die H mit Schriftsatz vom 12.10.2009 nochmals auf dem Postweg wie folgt bestätigte:

"Ich möchte nochmals zum Ausdruck bringen, dass wir es sehr bedauern, aus den Ihnen dargelegten Gründen das Mandat niederzulegen zu müssen und danken Ihnen nochmals für das entgegengebrachte Vertrauen. In Anlage darf ich Ihnen die Kostennote für die bei Dr. X, Herrn T und mir entstandenen Beratungsleistungen überreichen. Sie hatten freundlicherweise eine Vorschussrechnung über 20.000 € zzgl. Mehrwertsteuer bezahlt. Über das verbleibende Guthaben übermittle ich Ihnen in Anlage eine Gutschrift und einen Verrechnungsscheck. Sofern Sie noch bei einer eventuellen Antragsstellung gegenüber dem Insolvenzgericht Hilfestellung benötigen, stehen wir hierfür gern zur Verfügung. Für die angenehme Zusammenarbeit mit Ihnen persönlich, dürfen wir uns an dieser Stelle auch nochmals bedanken."

Das Beratungsmandat der Rechtsanwälte H war damit für die U I7 AG mit Wirkung zum 06.10.2009 beendet. Jedenfalls spätestens ab dem 06.10.2009, dem Tag der Niederlegung des Mandats durch die insolvenzberatende Rechtsanwaltskanzlei H aus den darlegten Gründen - war die U F4 GmbH und über die Patronatserklärung aus August 2008 auch die U I7 AG als Gesamtschuldnerin bzw. Patronin der seitens der U F4 GmbH nicht zu begleichenden fälligen und als bestehend anerkannten Stromsteuernachforderungen zahlungsunfähig, weil weder die U F4 GmbH noch die U I7 AG die weiterhin fälligen Verbindlichkeiten des HZA L10 begleichen konnten.

(8) Beendigung des Mandats mit N

Nachdem B noch am selben Abend die am 06.10.2009 erhaltene, das Mandat mit H beendende E-Mail an Rechtsanwalt S von N weitergeleitet hatte, führte S im Anschluss am 07.10.2009 ein Telefongespräch mit Rechtsanwalt Dr. X von H, der diesem nochmals die Gründe der Mandatsniederlegung mitteilte. In dieser Zeit kam es dann auch zu einem Telefongespräch zwischen B und S, in dem S - unter Bezugnahme auf die Informationen aus den vorherigen Telefonaten mit Rechtsanwalt M und Dr. X - B nochmals darauf hinwies, dass es mit dem Unternehmen so nicht weitergehen könne und der Vorstand der U I7 AG nunmehr Insolvenzantrag stellen müsse. Zudem teilte er mit, dass auch N das Mandat mit der U I7 AG niederlege und in dieser Situation nicht weiterarbeiten könne. Auf Nachfrage von B erörterte S weiter, dass das Unternehmen selbstverständlich eine zweite Meinung zu der Insolvenzsituation einholen könne, dies aber nicht vor dem Verstreichen der bereits laufenden Antragsfrist retten würde. Nach einer kurzen Bedenkzeit teilte B Rechtsanwalt S, mit dem er bekannt und befreundet war, mit, dass er nunmehr für die U I7 AG Insolvenzantrag stellen wolle.

B, dem die finanzielle Situation der Gruppe als Finanzvorstand der U I7 AG ohnehin umfassend bekannt war, hatte seinerseits N bereits Ende September 2009 für den Vorstand insgesamt gebeten, die Rechtslage für den Fall zu prüfen, dass der Aufsichtsrat die Zustimmung zu den avisierten Restrukturierungsmaßnahmen - wie am 18.09.2009 besprochen - weiterhin versagen sollte und ob sich daraus ein wichtiger Kündigungsgrund für die Vorstandsmitglieder ergeben könnte. Im Zuge dessen hatten die Bearbeiter von N bereits einen Entwurf einer bei Niederlegung notwendigen Aufhebungsvereinbarung sowie einer zugehörigen Niederlegungserklärung für ein Vorstandsmitglied gefertigt. Ziel der Prüfung war festzustellen, ob dem Vorstand gegebenenfalls als Option der Durchsetzung von benötigten Kapitalzuflüssen die Ankündigung einer Niederlegung ihrer Tätigkeit als Druckmittel gegenüber dem Aufsichtsrat zur Verfügung stand. Da diese Option - in Anbetracht der nun eingetretenen Situation - ohnehin bedeutungslos geworden war, nutzte B, der befürchtete, dass er mit der firmeninternen Bekanntgabe seines Willens, für die U I7 AG Insolvenzantrag stellen zu wollen, umgehend von dem Aufsichtsrat der Gesellschaft abberufen werden würde, die bestehenden persönlichen Kontakte zu S und ließ sich den Entwurf einer Aufhebungsvereinbarung für die Beendigung seiner Vorstandstätigkeit für diesen Fall übersenden. S hatte über seine Kanzleimitarbeiter bis zum 08.10.2009 einen entsprechenden Entwurf fertigen lassen, der B unter dem 12.10.2009 final übersandt wurde.

Nach dem 09.10.2009 erfolgten seitens N keine Beratungsleistungen mehr für die U I7 AG. Schließlich übermittelte S B via E-Mail vom 12.10.2009 ein formales Beendigungsschreibens des Mandats von N mit der U I7 AG, das wie folgt lautete:

"Ich beziehe mich auf unsere Telefonate aus der letzten Woche bzgl. einer weiteren rechtlichen Begleitung der U durch N bei der Suche nach neuen Investoren. Du hattest uns berichtet, dass die U der finanziellen Restrukturierung bedarf. Wir empfehlen nachdrücklich, die kurzfristige Beiziehung eines lnsolvenzberaters, der überprüft, inwieweit für die U -Gruppe bzw. einzelne Unternehmen der U-Gruppe Insolvenztatbestände gegeben sind. Unser Beratungsmandat umfasst selbst nicht die Prüfung etwaiger lnsolvenztatbestände, noch sind wir mit den finanziellen Gegebenheiten der U Gruppe vertraut.

N wird die U bei der Suche nach neuen Investoren gerne rechtlich begleiten, soweit ein Insolvenzberater der U bestätigt, dass keine Insolvenztatbestände gegeben sind. Sollte die insolvenzrechtliche Prüfung ergeben, dass ein Insolvenztatbestand gegeben ist, empfehlen wir, unverzüglich einen entsprechenden Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht einzureichen."

(9) Kenntnisnahme durch die Angeklagten

Nach der Mandatsniederlegung von H und N teilte B schließlich den weiteren Vorstandsmitgliedern C und Dr. L sowie jedenfalls K den neuen Sachstand und seine darauf beruhende Absicht mit, nunmehr für die U I7 AG Insolvenzantrag zu stellen. Hierbei übermittelte B am 08.10.2009 die E-Mail von Rechtsanwalt M vom 06.10.2009 betreffend die formale Mandatsniederlegung auch an C, Dr. L sowie O, E3 und T6 und den Pressesprecher N4 mit dem Hinweis weiter, dass nunmehr kurzfristig mit der Rechtsanwaltskanzlei I aus C11 ein Rechtsgutachten zum Thema Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung angepeilt werde. Trotz der Niederlegung des Mandats durch H und der nunmehr noch gesteigert unsicherer gewordenen Rechtslage hinsichtlich des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG und der Bewertung der Fälligkeit der Stromsteuer, hielten die Angeklagten weiterhin, unter Ausblendung des erkannten Risikos einer Insolvenzreife der U I7 AG und der daran gekoppelten Antragsfrist die Geschäfte einfach weiter laufen zu lassen, an ihrem bestehenden Tatplan fest, gleichgültig, ob sie damit eine für möglich erkannte Antragspflicht betreffend die U I7 AG und die U F4 GmbH missachteten. Dabei wussten C und Dr. L weiterhin das kurzfristig Kapitalmittel in nennenswerter Größenordnung nicht zur Verfügung standen und eine realistische Perspektive, dass diese alsbald binnen absehbarer Zeit verfügbar würden, nicht ersichtlich waren.

e) Fortbestehen der Krisensituation (bis 31.10.2009)

Vor diesem Hintergrund entwickelten sich die U-Gruppe im Allgemeinen und die U I7 AG und die U F4 GmbH im Besonderen ab Anfang Oktober 2009 wie folgt:

(1) Stand der Verbindlichkeiten

Auch ab Anfang Oktober 2009 - trotz Eingangs der Kundeneinzüge für Oktober zum Monatsanfang - sah sich die U F4 GmbH - neben den Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen Berechnungen der U I7 AG - mit (über-) fälligen Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von über 25 Mio. € konfrontiert. So taxierte K im Rahmen der durch ihn praktizierten Investorensuche in ersten Anbahnungsgesprächen in E-Mails den Stand nicht bezahlter fälliger und als bestehend anerkannter kurzfristiger Verbindlichkeiten der U I7 AG - nach eigenen unternehmensinternen Berechnungen - zum 07.10.2009 auf ca. 25 Mio. €. In einer kurzfristigen Liquiditätsberechnung vom 15.10.2009, die N4 intern an die Angeklagten sowie B versandte, ergab sich bei einem gruppenweiten Liquiditätsbestand von ca. 6,36 Mio. € (davon U I7 AG 243.783,13 € und U F4 GmbH 2.172.258,16 € auf deren Konten) und untermonatlich zu erwartender Einzüge in Höhe von ca. 1,2 Mio. € bei notwendigen Ausgaben von Kosten für Strom- und Gaseinkauf, Vorauszahlung auf die Strom- und Gassteuer sowie die Sozialversicherung und Löhne der Mitarbeiter in Höhe von insgesamt ca. 7,97 Mio. € bereits eine Unterdeckung in Höhe von 442.100 €, wobei hierin die gesamten Netzbetreiberverbindlichkeiten und andere anstehende Zahlungen nicht berücksichtigt waren. N4 führte in seiner E-Mail folgendes aus:

"Aus der anhängenden Datei wird der derzeitige Stand der Liquidität bis zum Ende des Monats erkennbar. Erst am Montag kann ich genauere Informationen liefern, wie viel Geld wir nächste Woche noch einziehen können? Ich gehe davon aus, dass wir genug Einzüge aus den Power Paketen, den Neukunden und aus JVAs generieren können, aber die Gewissheit haben wir erst nach dem Wochenende. Ich bitte dies bei allen Zahlungswünschen zu berücksichtigen. Tut mir leid, dass ich keine schöneren Nachrichten habe."

In diesem Kontext wurde das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten der U-Gruppe wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Der Ablauf des Priorisierungssytems verdeutlichte sich u. a. an folgenden exemplarisch aufgezählten Geschäftsvorfällen:

(i) W9 GmbH

Mit Stand 09.10.2009 übersandte W9 der U F4 GmbH eine "Übersicht der offenen Forderungen der W9 GmbH gegenüber der U F4 GmbH mit heutigem Stand", aus der sich ergab, dass insgesamt überfällige Forderungen in Höhe von 810.779,07 € (anteilig aus EEG-Abschlag 04/2009 allein 780.733,85 €) bestanden, die sich allerdings zum 16.10.2009 mit Fälligkeit der Bilanzkreisabrechnung aus 07/2009, die ein Guthaben zugunsten der U F4 GmbH auswies, auf 575.892,52 € reduzierten. Am 13.10.2009 beglich die U F4 GmbH diese rückständigen Forderungen, die Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Landgericht C11 waren. In der Folgezeit verhandelten beide Seiten über die Übernahme der entstandenen Verfahrenskosten. Am 01.10.2009 stellte W9 die EEG-Abschlagsrechnung September 2009 in Rechnung, aus der sich ein Rechnungsbetrag von 1.697.585,21 €, fällig zum 15.10.2009, ergab. Ebenso am 01.10.2009 stellte W9 die EEG-Abschlagsrechnung November 2009 als Vorauszahlung in Höhe von 1.785.000 €, fällig zum 15.10.2009, in Rechnung. Mit Schreiben vom 22.10.2009 mahnte W9 die Zahlung dieser Beträge wie folgt an:

"Leider habe ich Sie telefonisch nicht erreichen können. Wie bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt, ist der EEG-Abschlag für den Monat September in Höhe von 1.697.585,21 € nach wie vor überfällig. Wir bitten Sie, diesen Betrag zeitnah auszugleichen. Weiterhin ist noch keine Einigung darüber erzielt worden, ob die durch das Mahnverfahren verursachten Kosten durch U übernommen werden. ln diesem Zusammenhang weisen wir Sie daraufhin, dass wir bis zur Klärung der beiden genannten Punkte (insbesondere mit Blick auf den offenen EEG-Abschlag für September) auch an unserer Anzahlungsrechnung für den November in Höhe von 1,785 Mio. € festhalten."

Entsprechend standen bis zum 30.10.2009 gegenüber W9 EEG-Abschlagszahlungen in Höhe von weit über 3 Mio. € offen, die nicht beglichen wurden. Nachdem es am 30.10.2009 zu einem Telefongespräch zwischen einem Vertreter von W9 und N4 gekommen war, sollten sämtliche überfälligen Forderungen aus EEG-Abschlägen bis 02.11.2009 beglichen werden.

(ii) U13 GmbH

Wie dargelegt, waren zum Stand 26.10.2009, fällige, als bestehend anerkannte Forderungen der U13 gegenüber der U F4 GmbH in Höhe von insgesamt 1.259.123,12 € offen, die nicht bedient werden konnten. Am 29.10.2009 erfolgte hierauf - in Reaktion auf die Mahnung vom 26.10.2009 eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 970.237,06 € sowie am 03.11.2009 in Höhe von 288.886.07 €.

(iii) B15 GmbH (vormals S2 Transportnetz Strom GmbH)

Unter dem 15.10.2009 trat die Fälligkeit der EEG-Abrechnung aus September 2009 ein, die wiederum fällige, als bestehend anerkannte Forderungen in Höhe von über 2 Mio. € auswies. Erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 30.10.2009 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, erfolgte im Nachgang eine Begleichung der EEG-Abrechnung aus September 2009 zum 03.11.2009.

(iv) F AG

Ab dem 15.10.2009 sah sich die U F4 GmbH zudem fälligen, als bestehend anerkannten Verbindlichkeiten aus Netznutzungsentgelten zugunsten der F AG gegenüber, die jedenfalls bis 10.11.2009 nicht beglichen wurden. Hierzu mahnte die F AG die U F4 GmbH am 10.11.2009 wie folgt an:

"Trotz mehrfacher Mahnung konnten wir bisher keinen Zahlungsausgleich Ihrer bereits seit dem 01.10.2009 bzw. 15.10.2009 fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 1.137.980,15 € verzeichnen. Bereits in der Vergangenheit sind Sie Ihren Zahlungsverpflichtungen nicht immer nachgekommen. Ist es Ihrem Unternehmen nicht dauerhaft möglich, ein regelmäßiges Zahlungsverhalten innerhalb der jeweils angegebenen Zahlungsziele zu gewährleisten, sehen wir uns gezwungen, die weitere Netznutzung entsprechend der Vereinbarungen aus dem zwischen Ihrem Unternehmen und uns bestehenden Lieferantenrahmenvertrag vom 17.04.2007 nur unter der Maßgabe der Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 2.275.960,30 € aufrecht zu erhalten. Die Höhe der Sicherheitsleistung ergibt sich aus dem zweifachen voraussichtlichen Monatsentgelt entsprechend dem Lieferantenrahmenvertrag.

Aufgrund des Vorgenannten bitten wir Sie, die Ihnen gegenüber geltend gemachten Rechnungsbeträge unverzüglich zum angegebenen Zahlungsziel fristgemäß auszugleichen, um weitere Überschreitungen der Zahlungsfristen zu vermeiden. Sollten wir wider Erwarten bis zum 30.11.2009 keinen vollständigen Zahlungseingang verzeichnen können, werden wir von unserem vertraglichen Recht auf Geltendmachung einer Sicherheitsleistung Gebrauch machen. Wir erwarten in diesem Falle die Sicherheitsleistung in o. a. Höhe bis zum 3. Dezember 2009 hier eingehend."

Die Mahnung leitete L4 unter dem 12.11.2009 an K, zur Kenntnis der Angeklagten zur "management attention", weiter.

(v) F Bayern AG

Weiter erhielt die U F4 GmbH unter dem 09.10.2009 ein Schreiben der F Bayern AG, in der diese die bereits im ihrem Schreiben vom 23.07.2009 bis zum 07.08.2009 angeforderte Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 680.000 € nochmalig anmahnte und hierin u.a. ausführte:

"Wir mussten nun erneut feststellen, dass Sie Ihren Zahlungsverpflichtungen wieder nicht fristgerecht nachgekommen sind. Erst am 13.08.2009 erhielten wir einen Zahlungseingang von 373.167,01 € für Netznutzungsrechnungen fällig bis 31.07.2009 und am 05.10.2009 einen Zahlungseingang über 365.450,38 € für Netznutzungsrechnungen fällig bis 31.08.2009. Die REMADV für die zuletzt genannte Zahlung lag uns bereits am 14.08.2009 vor. Falls wir bis 30.10.2009 keinen Zahlungseingang [der Sicherheitsleistung in Höhe von 680.000 €] bzw. Nachweis über die Zahlung der Sicherheitsleistung vorliegen haben, behalten wir uns weitere Schritte vor."

Nach interner Prüfung wandte sich dann der Prokurist der F6 GmbH, der gesondert Verfolgte M10, per E-Mail vom 16.10.2009 an N4 und B, wobei der Inhalt auch den Angeklagten zur Kenntnis gegeben wurde, und führte hierzu aus:

"Hier steht die Anmahnung der Sicherheitsleistung in Höhe von 680.000.- € mit Fristsetzung bis 30.10.2009 im Raum. U6 ist noch bis 20.10. im Urlaub, wir werden versuchen, ihn zu kontaktieren. Allerdings sehe ich hier nach Rücksprache mit unseren anderen Juristen wenig (eigentlich keine) Chancen auf offiziellem Weg die Forderung der Sicherheitsleistung abzuwenden. Eine rechtliche Handhabe haben wir da nicht, die Forderung ist gemäß LRV unter Berücksichtigung unserer Zahlungsmoral gerechtfertigt. Vielleicht könnte es helfen, wenn ihr mit F Bayern mal telefoniert? Was ihr denen sagen sollt, weiß ich allerdings auch nicht. Vielleicht einen Bankeinzug anbieten? In jedem Fall müssen wir uns verständigen, was wir hier machen. Wenn wir nix tun, befürchte ich die fristlose Kündigung des Lieferantenrahmenvertrages. Da stehen aktuell 12.279 Abnahmestellen hinter."

Das zugehörige E-Mail-Konvolut leitete C unter dem 16.10.2009 an K weiter.

(vi) C2 M3 Fußball GmbH

Im Rahmen der nachgezeichneten Verhandlungen waren nach zweimaliger, selbst durch die U-Verantwortlichen erbetener Stundung, deren Bedingungen jeweils ganz oder teilweise nicht eingehalten worden, zum Stand 15.10.2009 fällige Forderungen aus der 1. Rate des Hauptsponsorenvertrags mit der C2 M3 Fußball GmbH in Höhe von über 2,5 Mio. € offen, die nicht bedient werden konnten. Vor diesem Hintergrund kam es am 19.10.2009 zu einem Telefonat zwischen K und I5, dem damaligen Sprecher der Geschäftsführung, der nun nochmals - zum dritten Mal - eine Veränderung der bisherigen Stundungsvereinbarung erbat, woraufhin I5 erneut die Zahlungsfrist auf bis zum 31.10.2009 verlängerte, nachdem K die Zahlung des ausstehenden Betrags, der sich aus zwei Teilraten zusammensetzte, bis zu diesem Zeitpunkt zugesichert hatte. Entgegen der getroffenen Vereinbarung beglich die U N8 GmbH in der Folgezeit nur einen Teilbetrag von 600.000 € zum 26.10.2009.

(2) Investorensuche & Kapitalzuflüsse

Im Oktober 2009 liefen die bisherigen Verhandlungen mit der W4 Bank AG - konkrete Vereinbarungen lagen weiterhin nicht vor - wie den Angeklagten bekannt nur noch vordergründig weiter, ehe diese in der Folgezeit endgültig scheiterten. Andere mögliche neue Investoren standen nicht zur Verfügung, obwohl K bemüht war, über seine Kontakte Investoren für die U-Gruppe zu finden. Der Stand der Interessentengespräche mit F11 blieb weiterhin unverändert. Durch die Beendigung des Mandates von N gestaltete sich auch die Zusammenarbeit mit der M6 AG als schwierig. Diese bereiteten zwar intern Unterlagen für eine Investorenpräsentation vor, seitens der Angeklagten wurde aber eine offizielle Marktansprache nicht in Auftrag gegeben, auch um mögliche Verkaufsgespräche mit F11 nicht von Vornherein zu gefährden. Weiter gingen am 19.10.2009 und am 16.10.2009 auf dem Konto der U N8 GmbH Zahlung in Höhe von 180.000 € respektive 600.000 € von der T16 T4er Factoring AG mit der Beschreibung "Auszahlung Kaufpreis Darlehen Ford. I" bzw. "Kaufpreis Forderung gemäß Forderungskaufvertrag" ein. Zu weiteren Geldzuflüssen kam es nicht.

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Bereits ab dem 05.10.2009, nachdem die Sache aus Sicht des HZA L10 entscheidungsreif war, hatte der zuständige Bearbeiter im HZA L10, der Zeuge M9, versucht, weisungsgemäß mit der übergeordneten Behörde BFD West einen Termin für eine gemeinsame Besprechung abzustimmen, in dem insbesondere die zeitliche Abstimmung hinsichtlich der erwarteten Folgen der Entscheidung erörtert werde sollte. Entsprechend teilte die BFD West unter dem 12.10.2009 mit, dass nunmehr allen Beteiligten der Prüfbericht übermittelt und im Anschluss die Entscheidung in einer gemeinsamen Besprechung getroffen werden sollte. Unter dem 20.10.2009 übergab der Leiter des HZA L10 L12 dem zuständigen Bearbeiter in der BFD West persönlich eine Ausfertigung des Berichts vom 01.10.2009, woraufhin zunächst ein Besprechungstermin nicht stattfand. Schließlich übersandte das HZA L10 mit Schreiben vom 03.11.2009 einen Entwurf eines Ablehnungsbescheids an die BFD West, in dem u.a. folgendes ausgeführt wurde:

"Mit Bericht vom 24. Juni 2009 hatte ich meine Absicht mitgeteilt, den Stundungsantrag ohne vorhergehende Prüfung der wirtschaftlichen Lage abzulehnen, weil die rechtlichen Grundvoraussetzungen nach § 222 AO (erhebliche Härte bei Einziehung, keine Gefährdung des Steueranspruchs) hierfür nicht vorlagen. Dies sollte nach der einvernehmlichen Besprechung am 26. Juni 2009 auch so umgesetzt werden. Die Unternehmensvertreter sind danach noch einmal an mich heran getreten und haben in einer weiteren Besprechung eindringlich dargelegt, dass das Unternehmen nach der positiven Entwicklung in diesem Jahr aktuell und künftig in der Lage sei, sämtliche im operativen Geschäft anfallenden Steuern (insbesondere erhöhte monatliche Vorauszahlungen) sowie auch, in einem Zeitraum von längstens 24 Monaten, sämtliche rückständigen Steuern zu zahlen.

Die Entscheidung über den Antrag habe ich daraufhin zurück gestellt und von dem Unternehmen eine von mir angeforderte nachgebesserte Antragsbegründung erhalten, die gemäß meiner Prüfungsanordnung vom 29. Juli 2009 durch den Prüfungsdienst des HZA E6 geprüft wurde. Der Bericht vom 1. Oktober 2009 über die wirtschaftliche Lage wurde mir am 2. Oktober 2009 übergeben. Die Prüfer hatten am 28. September 2009 eine abschließende Besprechung mit den Firmenvertretern durchgeführt. Eine Ausfertigung des Berichtes habe ich ZOAR E15 am 20. Oktober 2009 persönlich ausgehändigt und liegt Ihnen vor. Die Prüfung hat die positive Darstellung des Unternehmens nicht bestätigt. Ich beabsichtige daher, den Antrag nunmehr - wie ursprünglich vorgesehen - abzulehnen und lege dazu als Anlage einen Bescheidentwurf mit der Bitte um Zustimmung vor."

Der angehängte Entwurf eines ablehnenden Stundungsbescheids kam in den Entscheidungsgründen nach Maßgabe des § 222 AO zu dem Ergebnis, dass zum Einen durch eine Stundung der Anspruch gefährdet wäre und eine Sicherheitsleistung nicht geleistet werden könne und zum Anderen auch keine erhebliche Härte vorliegen würde, sofern die ausstehende Steuer bei Fälligkeit zu zahlen wäre. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen weiterhin nicht vor. Ratenzahlungen gemäß dem neuerlichen Vorschlag der U-Gruppe einer Stundung über 48 Monate wurden seitens der U F4 GmbH in der Folgezeit nicht veranlasst.

(4) Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen

Unter dem 07.10.2009 schlossen die U N8 GmbH, vertreten durch O, und die U F4 GmbH, vertreten durch C - unter Ersetzung des bisherigen Lizenzvertrags aus 2007 - einen Vertag über den Verkauf und die Übertragung von Belieferungsverträgen, durch den die U N8 GmbH für die Vertragsdauer sämtliche bestehenden und zukünftigen Kundenverträge für Strom und Gas einschließlich aller Rechte und Pflichten an die U F4 GmbH als Käuferin verkaufte und abtrat und diese die Belieferungsverträge gegen einen pauschalen Kaufpreis von nunmehr 150 € anstelle vorher 100 €, jeweils zzgl. Umsatzsteuer, übernahm. Der Vertrag trat rückwirkend zum 01.01.2009 in Kraft. Am 20.10.2009 beschlossen die Aktionäre der U I7 AG einstimmig eine Neufassung der Aufgabenbereiche und Vergütungen für die einzelnen Aufsichtsräte. Danach sollte der Aufsichtsratsvorsitzende, S4 T3, die Aufgabenbereiche Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorständen, Einberufung und Vorsitz bei Aufsichtsratssitzungen sowie die Repräsentation des Aufsichtsrats zur Vergütung von 1.000 € monatlich wahrnehmen, Dr. T3 sollte die Aufgabenbereiche Organisation der laufenden Überwachung der Tätigkeit des Vorstands, Vorprüfung der laufenden Berichterstattung des Vorstandes, Vorbereitung von zu beschließenden Unternehmensstrategien zusammen mit dem Vorstand sowie die Vertretung des Vorsitzenden zur Vergütung von 7.000 € monatlich wahrnehmen. K betreute die Aufgabenbereiche Klärung von Fragen des Reporting des Vorstandes an den Aufsichtsrat, Vorbereitung von Bilanzierungsstrategien mit dem Vorstand und Beratern, von Berichten und Beschlussfassungen des Aufsichtsrats sowie von Hauptversammlungen sowie die Protokollführungen zur Vergütung von 5.000 € monatlich.

(ii) Zahlungsschwierigkeiten der U N8 GmbH

Zudem hatte K - im Nachgang zu Os Niederlegung der Amtsgeschäfte als Geschäftsführerin zum 31.10.2009 - dieser finanzielle Unterstützung für die U N8 GmbH durch Zufluss von Liquidität aus der U-Gruppe innerhalb der nächsten zwei Wochen zugesichert, die bislang für andere laufende Zahlungen im laufenden Priorisierungssystem zurückgestellt worden waren, damit die Gesellschaft überhaupt die anstehenden Sponsorenforderungen gegenüber der C2 M3 Fußball GmbH sowie ausstehende Provisionszahlungen verspätet begleichen konnte. Entsprechend kamen bis zum 19.10.2009 Zahlungen in Höhe von 180.000 € für ausstehende Provisionen sowie danach die Teilraten für die C2 M3 Fußball GmbH in Höhe von ca. 2,5 Mio. € aus Mitteln der U T21 GmbH an die U N8 GmbH. Unter dem 28.10.2009 mahnte W2 als größter Vertriebspartner und Kundenlieferant der U N8 GmbH Provisionsabrechnungen in Höhe von 362.081,30 €, fällig zum 01.10.2009, und 357.160,65 €, fällig zum 17.10.2009, an, die noch nicht beglichen waren und drohte an, dass diese umgehend bezahlt werden müssten, widrigenfalls ein Zahlungsausfall zu melden sein würde. Hierüber unterrichtete O den Angeklagten C sowie K und erbat von diesen die Bereitstellung der Mittel für die Zahlungen. Hintergrund des Engagements von K war, dass er verhindern wollte, dass eine Person aus der Führungsmannschaft der U-Gruppe das Unternehmen verlassen würde. Zu dieser Zeit verfügte K über einen VPN-Zugang zu den U-Servern in U4, mithilfe dessen er sich aus der T4 Zugang zu Firmenunterlagen in U4 verschaffen konnte.

(iii) Sonstiges

Noch während seiner Amtszeit hatte B am 15.10.2009 von der Q8 GmbH ein Angebot für eine D&O-Versicherung eingeholt, für das ein Fragebogen ausgefüllt werden musste. Diesen hatte B zunächst nur an Dr. L weitergeleitet. Dr. L übersandte sodann am 19.10.2009 der Q8 GmbH einen ausgefüllten Fragebogen, bei dem er unter Ziff. 9.2 zu der Frage "Sind Anzeichen dafür vorhanden, dass dienstvertragliche Auseinandersetzungen bzw. Auseinandersetzungen wegen Vermögensschaden oder Straftaten in Kürze zu erwarten sind?" das Kästchen "Nein" ankreuzte, mit der Bitte um Übersendung eines Angebots. Nach Beantragung einer Vermögensschaden- und Spezial-Strafrechtsschutz-Versicherung unter dem 30.10.2009 teilte der eigentliche Partner der Q8 GmbH, die S14 Rechtsschutz-Versicherungs AG betreffend des Antrags mit, dass sie den Schutz aus risikotechnischen Erwägungen nicht übernehmen könne. Hierüber wurde Dr. L unter dem 02.11.2009 in Kenntnis gesetzt. Schließlich vermittelte die Q8 GmbH Dr. L ein Angebot der P6 Rechtsschutz-Versicherungs AG für einen entsprechenden Schutz, das dieser unter dem 03.11.2009 annahm.

(5) Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei I

Nachdem sich der Vorstand am 08.10.2009 auf die Einholung einer zweiten Meinung zur Frage einer möglichen Insolvenzreife des U I7 AG durch die Rechtsanwaltskanzlei I verständigt hatte, setzte sich B telefonisch mit der Kanzlei in Verbindung. In einem Gespräch mit Rechtsanwältin U2 aus dem Büro C11, die seit 2001 im Insolvenzbereich tätig und seit 2005 auch selbst regelmäßig als Insolvenzverwalterin bestellt worden war, schilderte er dieser, dass die U I7 AG und ihre Tochtergesellschaften einer insolvenzrechtlichen Beratung bedürften. Vor diesem Hintergrund schloss zunächst die U I7 AG, vertreten durch B und Dr. L, unter dem 13.10.2009 eine Mandatsvereinbarung mit der Kanzlei I, wobei Gegenstand des Mandates die insolvenzrechtliche Beratung der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften im Zusammenhang mit der Prüfung eventueller insolvenzrechtlicher Tatbestände (§§ 17, 19 InsO) sein sollte.

Noch am 13.10.2009 fand in U4 eine erste Besprechung unter Beteiligung von Rechtsanwalt I6 der Kanzlei I in G7, der seit 2003 im Insolvenzrecht tätig war, sowie den Zeugen B, C7, N4, T6 und E5 von Seiten der U I7 AG statt. In der Besprechung stellten die Vertreter der U-Gruppe die Situation der U I7 AG so dar, dass sich die Gruppe insgesamt in einer Liquiditätskrise befinde. Dazu wurden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Hintergründe der aktuellen Liquiditätskrise erörtert und verschiedene Konzernbeziehungen und -verflechtungen dargelegt. In diesem Zusammenhang wurde auch ausgeführt, dass offene Netzbetreiberverbindlichkeiten bestünden, die nur ca. einen Monat verzögert gezahlt werden könnten. Des Weiteren gebe es eine Problematik Stromsteuer und ausstehende Zahlungen an einen Fußballverein. Neues Kapital könne über einen Zuschuss der Gesellschafter erfolgen. Unter dem 16.10.2009 bestätigte die Rechtsanwalt I6 nochmals die Mandatsübernahme und erörterte zu dem Gegenstand der Beauftragung folgendes:

"Ferner möchte ich festhalten, dass unsere Beratung sich ausschließlich auf die Belange der U I7 AG und ihre Tochtergesellschaften beschränkt. Dies umfasst insbesondere Fragestellungen im Hinblick auf eventuell bestehende Insolvenzantragsgründe und Fragestellungen im Hinblick, ob und zu welchem Zeitpunkt die Geschäftsführer noch Zahlungen ausführen dürfen. Eine darüber hinausgehende Beratung der Geschäftsführer der U I7 AG und ihrer Gruppengesellschaften im Hinblick auf persönliche Belange, ob eventuell eine persönliche Haftung oder strafrechtliche Tatbestände erfüllt sein könnten, ist von unserer Beauftragung nicht umfasst, Sie haben mir gegenüber bestätigt, dass die Geschäftsführer hinsichtlich ihrer persönlichen Verantwortung bereits eine juristische Beratung haben."

Zudem wies I6 darauf hin, dass eine sachgerechte Beratung im Hinblick auf bestehende Insolvenzantragsgründe sich immer nur auf einzelne Gesellschaften beziehen könne und es daher zwingend geboten sei, eine Unternehmensplanung auf Einzelgesellschafterebene zu erstellen. Zudem sei die Aufarbeitung des Sachverhaltes zu der rückständigen Stromsteuer geboten, da bei nicht vorliegender Stundung eine Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten sein könnte. In der Folgezeit fand unter dem 21.10.2009 ein weiteres Treffen statt, an dem neben I6 auch Rechtsanwältin U2 teilnahm. Wer seitens der U-Gruppe an diesem Treffen teilnahm, konnte die Kammer nicht feststellen. In dem Treffen wurde der zugrunde liegende Sachverhalt weiter erörtert. Schließlich kam es am 22.10.2009 zu einer Mandatierung auch durch die U N8 GmbH, vertreten durch O, mit dem gleichen Prüfungsumfang. In der Folgezeit prüften die Rechtsanwälte von I auftragsgemäß die wirtschaftliche Lage der Einzelgesellschaften der U-Gruppe. Dabei legten die Angeklagten gegenüber den prüfenden Rechtsanwälten nicht offen, dass H bei gleichem Prüfungsumfang das Mandat zum 06.10.2009 niedergelegt hatte.

(6) Unterbrechung der Prüfungstätigkeit durch die C3 AG

Nachdem Mitarbeiter der C3 AG an dem Treffen vom 01.10.2009 mit den Rechtsanwälten von H teilgenommen und im Nachgang dazu von der Niederlegung des Mandats zum 06.10.2009 erfahren hatten, stellten deren Prüfer die erst im August 2009 überhaupt wieder aufgenommene Tätigkeit im Hinblick auf die Prüfung des Jahresabschlusses der U I7 AG für 2008 am 16.10.2009 wieder ein. In einem Schreiben vom 28.10.2009 an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats S4 T3 sowie den Vorstand der U I7 AG führte die C3 AG hierzu folgendes aus:

"Mit diesem Schreiben teilen wir Ihnen mit, dass wir am 16. Oktober 2009 unsere Prüfungstätigkeit erneut unterbrochen haben, und zwar aus den folgenden Gründen:

1. Die uns vorgelegten Unterlagen legen den Schluss nahe, dass die Gesellschaft zum 31. Dezember 2008 bilanziell überschuldet war und vermutlich auch aktuell weiterhin ist. Dies liegt Insbesondere daran, dass die Werthaltigkeit des Beteiligungsportfolios weitgehend fraglich ist. Dies wiederum hat seinen Grund vor allem in der wirtschaftlichen Lage der unmittelbaren Tochtergesellschaften U F4 GmbH, U T21 GmbH und U Communications GmbH. Das Vorhandensein eventueller stiller Reserven konnte uns bislang nicht dargestellt werden. Im Falle einer solchen bilanziellen Überschuldung hängt nach gegenwärtigem deutschen Insolvenzrecht die Verpflichtung der Gesellschaftsorgane zur Stellung eines Insolvenzantrages davon ab, ob eine positive Fortführungsprognose der Gesellschaft begründet werden kann. Der Vorstand der Gesellschaft hat uns daher zu Beginn unserer Prüfungstätigkeit Unternehmensplanungen unter Einschluss der vorgenannten Tochtergesellschaften vorgelegt, die die geforderte positive Fortführungsprognose begründen sollten. Diese Planungen wurden in der Folge mehrfach aktualisiert.

Anfang Juni dieses Jahres zeigte sich, dass auf der Basis der Betrachtung der sogenannten U-Gruppe, definiert als der Kreis der vorgenannten Tochtergesellschaften, der U I7 AG und der U N8 GmbH, ein gravierendes aktuelles Liquiditätsproblem entstanden war. Der Vorstand legte uns eine Liquiditätsplanungsrechnung vor, die eine sehr enge Liquiditätslage dieser Gruppe zeigte. Diese wurde im Juni 2009 entscheidend durch die drohende Fälligkeit einer Stromsteuerzahlung für 2008 von nahezu 20 Mio. € zuzüglich Erhöhung der Vorauszahlungen des laufenden Jahres verschärft. Spätestens seit diesem Zeitpunkt befanden sich die U-Gruppe und damit auch die ihr zugehörigen einzelnen Gesellschaften im Zustand drohender Zahlungsunfähigkeit. Spätestens im Juni 2009 stellte sich weitergehend die Frage, ob nicht bereits Zahlungsunfähigkeit der einzelnen Gesellschaften eingetreten war mit der Folge der Insolvenzantragspflicht. Die Beantwortung dieser Frage ist aus unserer Sicht offen.

Der Bestand der U I7 AG stellte sich somit als hochgradig gefährdet dar. Wir haben diese Situation am 11. Juni 2009 in einem ausführlichen Telefonat mit Herrn K als Vertreter des Aufsichtsrates sowie aller Vorstände der U I7 AG dargelegt und erörtert, insbesondere auch im Hinblick auf die Konsequenzen. Mit dem Vorstand hatten wir zuvor mehrere derartige Gespräche. Wir haben unsere Prüfungstätigkeit sodann im Juni 2009 unterbrochen, um dem Vorstand Gelegenheit zu geben, Maßnahmen zur Sicherstellung der Liquidität zu ergreifen. Da uns Ende August 2009 mitgeteilt wurde, dass es hinsichtlich der Stromsteuer positive Entwicklungen gegeben habe, die zu einer günstigeren Beurteilung der Zahlungsfähigkeit führen sollten, haben wir in Absprache mit dem Vorstand unsere Prüfungstätigkeit wieder aufgenommen, um nicht unnötig Zeit zur Klärung zahlreicher anderer Fragen verstreichen zu lassen.

Nach den uns vorliegenden Informationen hat sich bis zum heutigen Tag an der Liquiditätsenge in der U-Gruppe und damit auch der U I7 AG nichts geändert. Die Beantwortung der Frage, ob nicht bereits längst die Illiquidität eingetreten ist, ist weiterhin offen. Die hochgradige Bestandsgefährdung dauert an. Die Unternehmensfortführung hängt somit von der Durchführung umfassender und geeigneter Sanierungsmaßnahmen bei allen Gesellschaften der U-Gruppe ab. Dies erfordert die Erarbeitung (und wohl auch gesonderte Prüfung) sowie Dokumentation eines umfassenden und qualifizierten Sanierungskonzeptes, das den Anforderungen des IDW ES 6 (Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten) des Berufsstandes der deutschen Wirtschaftsprüfer genügt. Dieses müsste unter anderen auch eine auf die einzelnen Gesellschaften herunter gebrochene Liquiditätsplanung beinhalten. Ein solches Sanierungskonzept ist notwendige Grundlage für den Nachweis der positiven Fortführungsprognose, der uns bislang nicht erbracht wurde. Solange uns der Nachweis der positiven Fortführungsprognose auf der Basis eines Sanierungskonzeptes, das den vorgenannten Anforderungen genügt, nicht erbracht worden ist, kann ein Jahresabschluss der U I7 AG unter Zugrundelegung der sogenannten Going Concern Prämisse, also der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit, nicht aufgestellt bzw. von uns nicht mit einem uneingeschränkten oder eingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen werden. Einem solchen Abschluss müsste ein sogenannter Versagungsvermerk erteilt werden.

2. Im Rahmen unserer Prüfung sind uns eine Reihe von Sachverhalten im Zusammenhang mit nahestehenden Personen und Gesellschaften aufgefallen, deren Klärung bislang nicht herbeigeführt werden konnte. Eine Aufstellung dieser Geschäftsvorfälle ist als Anlage 1 diesem Schreiben beigefügt. Im Hinblick auf diese Geschäfte bedarf es nach unserer Einschätzung auch einer Klärung, ob und inwieweit diese in Zusammenhang mit Unrichtigkeiten oder Gesetzesverstößen mit oder ohne Einfluss auf die Rechnungslegung stehen. Wir sind verpflichtet darauf hinzuweisen, dass es auch Aufgabe des Aufsichtsrates ist, dem nachzugehen und den Abschlussprüfer über das Ergebnis seiner Untersuchung zu Informieren.

3. Ferner haben wir festgestellt, dass eine Vielzahl von Buchungen ohne weitere Dokumentation durchgeführt wurden.

4. Zu Beginn der Prüfung wurde von uns eine Aufstellung über benötigte Dokumente zur Durchführung der Jahresabschlussprüfung erstellt und kommuniziert. Im Verlauf der Prüfung wurde diese Aufstellung mehrmals aktualisiert bzw. um neue Sachverhalte ergänzt. Wesentliche angeforderte Dokumente, Nachweise und Erklärungen zu einzelnen Sachverhalten sind trotz des erweiterten Prüfungszeitraums weiterhin noch ausstehend bzw. ungeklärt. Eine aktuelle Aufstellung der benötigten von uns angeforderten und bis heute nicht gelieferten Unterlagen haben wir in Anlage 2 beigefügt.

5. In Abhängigkeit einer möglichen Klärung der vorgenannten Punkte 2, 3 und 4 bzw. des Gewichtes der verbleibenden ungeklärten Punkte könnten sich daraus sogenannte Prüfungshemmnisse ergeben, die auch ohne die unter Punkt 1 dargestellten Aspekte zu einer Versagung des Bestätigungsvermerks führen.

6. Wir weisen darauf hin, dass uns ein formal aufgestellter und von den Vorständen unterschriebener Jahresabschluss zum 31. Dezember 2008 der U I7 AG bis heute nicht vorgelegt wurde. Die Prüfung erfolgte bisher auf der Basis von Entwürfen, die während der Prüfung wiederholt geändert wurden. Ein Entwurf des Lageberichts ist uns bisher überhaupt nicht vorgelegt worden.

Eine Fortführung unserer Prüfungstätigkeit hätte zur Voraussetzung, dass die vorgenannten Punkte einer befriedigenden Lösung zugeführt werden. Ohne diese kommt die Erteilung eines Bestätigungsvermerks nicht in Betracht. Für Rückfragen stehen Ihnen die Unterzeichner selbstverständlich gerne zur Verfügung. Eine Kopie dieses Schreibens haben wir an die beiden anderen Aufsichtsräte sowie den Vorstand der Gesellschaft versandt."

Die Prüftätigkeiten für die Jahresabschlüsse der U I7 AG für 2008 und 2009 nahmen die Prüfer der C3 AG erst im Juli 2010 eingeschränkt wieder auf.

(7) Beendigung des Mandats mit der Kanzlei I

Schließlich kam es am 27.10.2009 zu einer Abschlussbesprechung, in der die Rechtsanwälte I6 und U2 die Ergebnisse ihrer Prüfungen in U4 am Firmensitz präsentierten. Auf Seiten der U-Gruppe nahmen Dr. L, L4, N4, T6 und E3 sowie die Zeugen C7 und E5 teil. Zudem war K der Besprechung telefonisch zugeschaltet. In der Besprechung legten die Rechtsanwälte dar, dass sie aufgrund der aus ihrer Sicht bestehenden aktuellen Situation die Mandate mit der U N8 GmbH wie auch der U I7 AG niederlegen mussten und bis zu einer Veränderung der Sachlage ggf. noch bei einer Sanierung oder bei einer notwendigen Insolvenzantragsstellung behilflich sei könnten. Die referierten Ergebnisse der Prüfungen fassten die Rechtsanwälte in zwei Schreiben, gerichtet an die U N8 GmbH und die U I7 AG, zusammen. Unter dem 27.10.2009 teilte die Kanzlei I der Geschäftsführerin O der U N8 GmbH so zunächst u. a. folgendes mit:

"Obwohl uns im Einzelnen keine detaillierte Liquiditätsplanung für die U N8 GmbH vorgelegt werden konnte, ist bei der Beurteilung der Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung insbesondere auf folgende Punkte einzugehen. Die U N8 GmbH ist ein Unternehmen, das für die U F4 GmbH Strom- und Gaskunden anwirbt. Die U N8 GmbH überträgt die Belieferungsrechte auf die U F4 GmbH und erhielt bisher pro übertragenen Kunden eine Gebühr von € 100,00. Mit Vereinbarung vom 09.10.2009 wurde die Vergütung rückwirkend zum 01.01.2009 auf € 150,00 angehoben. Man geht davon aus, dass es zu einer Nachbelastung in der Größenordnung von € 6,0 Mio. kommt. Auf der Grundlage des bestehenden Sponsorenvertrages mit der C2 M3 ist am 01.12.2009 ein Betrag von € 3.180.975,00 fällig. Nach den uns vorliegenden Summen- und Saldenliste zum 31.08.2009 sowie den uns gegebenen Erklärungen kann die U N8 GmbH dieser Zahlungsverpflichtung nur nachkommen, wenn entweder aus der U-Gruppe Zahlungen geleistete werden können oder über den Gesellschafter oder Dritte (z.B. Banken) weitere Finanzierungszusagen gewährt werden. Nachdem wir nunmehr die finanziellen Verhältnisse der U F4 GmbH im Einzelnen analysieren konnten, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass diese aufgrund ihrer eigenen Zahlungsunfähigkeit keine Zahlungen mehr an die U N8 GmbH ausführen darf. Finanzierungszusagen durch Banken sind uns nicht bekannt. Ob und in welchem Umfang die Gesellschafter der U N8 GmbH bereit sind, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, muss im Einzelnen noch geprüft werden.

Da die U F4 GmbH der einzige relevante Geschäftspartner und Ertragsquelle für die U N8 GmbH ist, kann diese ohne die U F4 GmbH nicht fortbestehen, es sei denn, die Gesellschafter stellen sicher, dass alle Verbindlichkeiten der U N8 GmbH erfüllt werden können. Nach den uns gegebenen Erklärungen liegen im Vermögen der U N8 GmbH keine stillen Reserven. Das zum 31.12.2008 bestehende negative Eigenkapital beträgt € 5.452.885,10, das sich zum 31.08.2008 über den weiteren Fehlbetrag von € 3.791.428,25 erhöht. Selbst wenn eine Erhöhung der Ankaufpreise pro Stromkunde von € 100,00 auf € 150,00 rückwirkend zum 01.01.2009 gewährt wird und dies im Ergebnis rund € 6,0 Mio. an zusätzlichem Ertrag bringt, führt dies aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH nicht zu einer Verbesserung der Lage. Mit der Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH ist eine entsprechende Forderung gegen die U F4 GmbH entsprechend wertlos, d. h. es käme allenfalls noch eine Verrechnung mit Verbindlichkeiten gegenüber U F4 GmbH in Betracht. Es ist jedoch ausgeschlossen, bei dieser Ausgangslage noch mit einem Zahlungsfluss der U F4 GmbH rechnen zu können. Die Rettung der U N8 GmbH setzt daher zunächst eine Sanierung der U F4 GmbH voraus oder einen entsprechenden Beitrag der Gesellschafter. Eine positive Fortführungsprognose setzt also zumindest voraus, dass die genannten Sanierungsmaßnahmen erfüllt werden. Die Sanierungsmaßnahmen sind dann in einer für die U N8 GmbH geeigneten Unternehmensplanung und Liquiditätsplanung einzubeziehen. Erst wenn auf dieser Grundlage eine aussagefähige Unternehmensplanung und Liquiditätsplanung vorliegt, kann eine abschließende Beurteilung getroffen werden, ob diese Sanierungsmaßnahmen ausreichen, um Insolvenzantragsgründe zu vermeiden.

Ohne die genannten Sanierungsmaßnahmen kann nach unserer Auffassung jedoch nicht von einer positiven Fortführungsprognose ausgegangen werden. Es ist daher zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung auszugehen. Dies führt zu einer Insolvenzantragspflicht nach § 19 iVm. § 15 a InsO. Ob darüber hinaus bereits jetzt schon eine Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vorliegt, konnten wir, aufgrund der nichtaussagefähigen Liquiditätsplanung, nicht abschließend beurteilen."

Das Schreiben übersandte O am 28.10.2009 per E-Mail an C und K. An diesem Tag teilte die Kanzlei I auch dem Vorstand der U I7 AG, C - auch als Geschäftsführer der U F4 GmbH - sowie Dr. L, u.a. folgendes mit:

"1. Zu U F4 GmbH [...]

1.2. Zur Fälligkeit der Stromsteuer

Nach unserer Rechtsauffassung liegt in dem Verhalten des Hauptzollamtes kein ausdrückliches oder konkludentes Stunden der Stromsteuerverbindlichkeiten. [...] In der Erklärung des Hauptzollamtes im Schreiben vom 01.07.2009, dass die Vollstreckungsstelle angewiesen ist, bis zu einer Entscheidung über die Stundung keine Maßnahmen zu ergreifen sind, kann unseres Erachtens allenfalls ein Stillhalten gesehen werden. Eine Forderung ist dann im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille vom Schuldner, Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Dies ist hier durch den Erlass der Stromsteuerbescheide gegeben. [...]

Das Hauptzollamt prüft derzeit, ob eine Stundung gewährt werden kann. An dem ernsthaften Einfordern der Steuerverbindlichkeiten kann daher kein Zweifel bestehen. Lediglich der Hinweis, keine Vollstreckungsmaßnahmen unmittelbar einzuleiten, kann daher nur als "Stillhalten" interpretiert werden, das die Fälligkeit der Verbindlichkeiten nicht aufhebt. Ein tatsächliches oder konkludentes Handeln kann im Allgemeinen nur dann zu der Annahme einer Rechtshandlung führen, wenn einer solchen Auslegung nicht anderweitige Willensäußerungen des Handelnden bzw. Erklärenden entgegenstehen. Bedenkt man, dass das Hauptzollamt in seinem Schreiben vom 01.07.2009 eindeutig formuliert und zu erkennen gab, dass die Voraussetzung für eine Stundung gemäß § 222 AO (jedenfalls noch) nicht vorliegen, spricht nach unserer Auffassung mehr dafür, dass unter dieser Voraussetzung kein Raum für die Annahme einer konkludenten oder tatsächlichen Stundung vorhanden ist. Nach unserer Ansicht ist festzuhalten, dass die Stromsteuer für 2009 in Höhe von € 18.823.459,70 am 25.06.2009 fällig war. Ergänzend sind für das erste Halbjahr 2009 gemäß Vorauszahlungsbescheid vom 03.07.2009 noch Stromsteuervorauszahlungen in Höhe von € 9.645.368,00 zu zahlen und fällig.

1.3 Zur Zahlungsunfähigkeit

Die Stromsteuerverbindlichkeiten über insgesamt € 28.318.903,70 sind in dem Liquiditätsstatus der U F4 GmbH als fällige Verbindlichkeiten einzubeziehen. Nach übereinstimmender Aussage des Vorstandes der U I7 AG und der Geschäftsführung der U F4 GmbH verfügte die U F4 GmbH weder im Zeitpunkt der Fälligkeit der Stromsteuerverbindlichkeiten noch zu einem späteren Zeitpunkt (bis heute) über die Finanzmittel, die fälligen Stromsteuerverbindlichkeiten über insgesamt € 28.318.903,70 zu bezahlen. Wir kommen somit zu dem Zwischenergebnis, dass die U F4 GmbH im Sinne des § 17 InsO zahlungsunfähig ist. Die Zahlungsunfähigkeit, bedingt durch die Stromsteuerverbindlichkeiten, könnte nur durch eine Stundung oder Erlass der Stromsteuerverbindlichkeiten durch das Hauptzollamt L10 behoben werden. Ob darüber hinaus auch aus anderen Gründen eine Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH bestehen könnte, konnten wir aufgrund der fehlenden Liquiditätsplanung auf Einzelgesellschaftsebene nicht abschließend beurteilen. Gemäß Ihren Anweisungen haben wir von einer weiteren Prüfung und Analyse dieser Fragestellung abgesehen. [...]

1.5 Zur Insolvenzantragspflicht

Nach unserer Ansicht besteht seit geraumer Zeit eine Insolvenzantragspflicht für die U F4 GmbH aufgrund der fälligen Stromsteuerverbindlichkeiten von € 28.318.903,70 nach § 17 iVm. § 15 a InsO. Ebenfalls dürfte nach den bisherigen Erkenntnissen auch unter der Prämisse der Stundung der Stromsteuerverbindlichkeiten mangels positiver Fortführungsprognose eine Insolvenzantragpflicht wegen Überschuldung gegeben sein. [...]

2. Zu U I7 AG [...]

2.1 Ausgangslage

Die Prüfung der Insolvenzantragsgründe für die U I7 AG steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Auswirkungen und Verflechtungen mit ihren Beteiligungsunternehmen sowie der U N8 GmbH. Hier ist insbesondere auf folgende Sachverhalte einzugehen: Die U I7 AG haftet aufgrund der am 27.08.2008 unterzeichneten Patronatserklärung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH. Es handelt sich hierbei um eine so genannte harte Patronatserklärung, da die U I7 AG sich uneingeschränkt und unwiderruflich dazu verpflichtet, die U F4 GmbH finanziell so auszustatten, dass diese stets in der Lage ist, ihren gegenwärtigen und künftigen Verpflichtungen aus einer Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen umfassend nachzukommen. Ferner übernahm die U I7 AG eine gesamtschuldnerische Verpflichtung gegenüber den Vertragspartnern der U F4 GmbH, falls diese ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen sollte. Gemäß dem Hauptsponsorenvertrag mit der C2 M3 Fußball GmbH vom 02.08.2007 ist zum 01.12.2009 ein Betrag in Höhe von € 3.180.975,00 zuzüglich Umsatzsteuer fällig. Der Hauptsponsorenvertrag sieht eine gesamtschuldnerische Haftung der U I7 AG für die Erfüllung des Sponsorenvertrages durch die U N8 GmbH vor. Eine weitere gesamtschuldnerische Haftung wurde zumindest durch den Vorstand, Herrn C, im Zusammenhang mit den Verträgen der U N8 GmbH mit E14 GmbH vom 10.07.2009, Werbevertrag mit der T33 GmbH & Co. KG vom 29.11.2008 und der Verlängerung des Sponsorenvertrages gemäß 1. Ergänzungsvereinbarung vom 09.04.2009 mit C2 M3 bis zum 01.07.2013 getroffen. Die genannten Verträge wurden zu einem Zeitpunkt von Herrn Vorstand C unterschrieben, als dieser nicht mehr alleine zeichnungsberechtigt war, sondern nur zusammen mit einem weiteren Vorstandskollegen, Herrn Dr. L oder Herrn B, die Verträge hätte unterzeichnen können.

2.2 Zur Zahlungsunfähigkeit

Wir bereits unter Abschnitt 1 erläutert wurde, ist die Zahlungsunfähigkeit auf der Basis eines Liquiditätsstatus und einer Liquiditätsplanung für jede einzelne Gesellschaft zu prüfen. Eine solche konnte uns für die U I7 AG noch nicht vorgelegt werden. Hilfsweise weisen wir jedoch an dieser Stelle darauf hin, dass in einer solchen Planung zu berücksichtigen ist, in welchem Umfang einzelne Gruppengesellschaften noch Zahlungen an die U I7 AG leisten dürfen. Sollte wie z.B. im Falle der U F4 GmbH bereits ein Insolvenzantragsgrund vorliegen, dürfte diese keine Zahlungen mehr an die U I7 AG ausführen. Ferner ist in dieser Planung ein Mittelabfluss aus dem Haftungsrisiko für Verbindlichkeiten der U N8 GmbH sowie der U F4 GmbH einzubeziehen. Erst ein auf dieser Grundlage erstellter Liquiditätsstatus lässt eine abschließende Beurteilung der Sachlage zu. [...]

2.4 Zur Insolvenzantragspflicht

Nach unserer Ansicht sprechen erhebliche Umstände dafür, dass für die U I7 AG keine positive Fortführungsprognose gegeben ist. Dies führt beim Ansatz von Liquidationswerten zu einer Überschuldung der U I7 AG und der Insolvenzantragspflicht nach § 19 iVm. § 15 a InsO. Ob daneben ein Insolvenzantragsgrund wegen Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vorliegt, konnten wir anhand der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend beurteilen. [...]

4. Weitere Hinweise

Wir sind darüber informiert worden, dass die Vorstände und Geschäftsführer der U I7-Gruppe jeweils für sich über ihre Geschäftsführerpflichten beraten werden. Gleichwohl sehen wir es als unsere Aufgabe an, an dieser Stelle nochmals zusammengefasst auf die Geschäftsführerpflichten kurz hinzuweisen: [...]

- Insolvenzantragspflicht nach § 15 a InsO,

- Straftatbestände der Insolvenzverschleppung, § 15 a Abs. 3 InsO

- Straftatbestände nach § 283 StGB (Bankrottdelikte),

- Verbot der Gläubigerbegünstigung, § 283 c StGB,

- Untreue, § 266 StGB,

- Betrug, § 263 StGB,

- Kreditbetrug, § 265 b StGB.

Ob und in welchem Umfang eventuell Straftatbestände oder Schadensersatzpflichten der Geschäftsführer erfüllt bzw. bestehen könnten, war nicht Gegenstand unserer Beauftragung.

5. Abschließende Anmerkung

Die U F4 GmbH ist aufgrund der im Raum stehenden Stromsteuerverbindlichkeiten zahlungsunfähig. Die Insolvenzantragspflicht für die U F4 GmbH ist gegeben. Die Insolvenzantragspflicht könnte lediglich dadurch behoben werden, dass die Fälligkeit der Stromsteuerverbindlichkeiten durch Stundung oder Erlass hinausgeschoben wird. Entsprechendes würde gelten, wenn entsprechende liquide Mittel zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten durch Gesellschafter oder Dritte zur Verfügung gesteift würden. Ferner sind die operativen Verpflichtungen für die Stromhandelsaktivitäten im 4. Quartal 2009 und im ersten Halbjahr 2010 ausreichend zu finanzieren. Der genaue Umfang der erforderlichen Finanzmittel ist noch aufzuarbeiten.

Ferner bedarf es erheblicher Finanzmittel, die im Einzelnen ebenfalls noch genau zu ermitteln sind, für die U N8 GmbH, damit diese ihre Verbindlichkeiten aus den Marketingverträgen erfüllen kann. Ohne die erforderlichen Finanzmittel oder entsprechende vertragliche Vereinbarungen ist auch die U N8 GmbH von der Insolvenz bedroht. Wir werden hierauf noch in einem gesonderten Schreiben gegenüber der Geschäftsführung der U N8 GmbH eingehen. Soweit diese drei Themenkomplexe nicht zufrieden stellend gelöst sind, muss von der Überschuldung der U I7 AG ausgegangen werden. Abschließend bitten wir nochmals um Verständnis, dass wir angesichts des Prüfungsergebnisses unsere Beratungstätigkeit zunächst nicht weiter fortsetzen können."

Obwohl die Kanzleien H und I gerade deshalb auch durch die Angeklagten in das Unternehmen geholt worden waren, um die Zahlungsfähigkeit der U I7 AG wie auch U F4 GmbH aus insolvenzrechtlicher Sicht zu überprüfen, hatten die Angeklagten im Verlauf der Mandatierung der Kanzlei I - nach dem Ausscheiden Bs zum 26.10.2009 - vorgegeben, dass eine Prüfung einer möglichen Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH aus anderen Gesichtspunkten als der Stromsteuer unterbleiben sollte. Darüber hinaus legten die Angeklagten, trotz mehrfachen Hinweises und Anforderung durch die Berater von H und I, durchgängig allen beauftragten Beratern Liquiditätsübersichten auf Einzelgesellschaftebene für die U-Gesellschaften nicht vor, die aber zu einer verlässlichen Beurteilung notwendig gewesen wären.

(8) Ablauf der Insolvenzantragsfrist zum 27.10.2009

(i) Die Abberufung Bs als Finanzvorstand

Spätestens mit der Niederlegung des Mandats durch H am 06.10.2009, die die Gründe hierfür B gegenüber telefonisch mitgeteilt hatten, und nach Rücksprache Bs hierzu mit dem mit ihm befreundeten Rechtsanwalt S bei der Kanzlei N, der ebenfalls in der Folgezeit das Mandat niederlegte, hatte B die Absicht, als Vorstandsmitglied der U I7 AG für diese Insolvenzantrag zu stellen. Dabei ging B davon aus, dass er bei Bekanntwerden seiner Absicht umgehend noch innerhalb der bereits laufenden Insolvenzantragsfrist als Vorstand durch den Aufsichtsrat abberufen würde. Entsprechend hatte er sich bereits über S einen finalen Entwurf für eine Aufhebungsvereinbarung seines Dienstverhältnisses zukommen lassen, der ihm am 12.10.2009 übermittelt worden war. Zwischenzeitlich hatte er sich als Geschäftsführer der U T21 GmbH drei DVDs mit einer Gesamtdatenmenge von 23 GB gepackt brennen lassen, die ihm am 09.10.2009 ausgereicht wurden. In der Folgezeit beauftragte er - vor diesem Hintergrund -Rechtsanwältin T34 der Sozietät M19 Rechtsanwaltsgesellschaft im Hinblick auf die aus seiner Sicht drohende Abberufung damit, für ihn auf Basis des von N überlassenen Entwurfs eine Aufhebungsvereinbarung eine einvernehmliche Aufhebung seines Dienstverhältnisses als Vorstand zu konzipieren. Entsprechend erhielt B am 21.10.2009 eine finale Fassung einer Aufhebungsvereinbarung, die in der Folgezeit auch Verwendung finden sollte.

(a) Treffen zwischen B und K in der T4 (22.10.2009)

Zwischenzeitlich hatte B, der die Angeklagten über seine Absicht der Insolvenzantragstellung in Kenntnis gesetzt hatte, durch K mitgeteilt bekommen, dass er zu einem Termin am 22.10.2009 in A3 in der T4 kommen solle, da man im Aufsichtsrat und bei den Gesellschaftern den Eindruck habe, dass er, B, gegen die Interessen des Unternehmens arbeite. An dem vereinbarten Termin kam es dann auch zu einem Gespräch über die bestehende Situation zwischen B und K, der telefonisch in Kontakt zu den T3-Brüdern stand und als alleinbevollmächtigter Vertreter des Gesamtaufsichtsrats auftrat. Ergebnis der Besprechung war, dass B mit Wirkung zum 26.10.2009 durch den Aufsichtsrat als Vorstand abberufen und das Anstellungsverhältnis einvernehmlich mit Ablauf des 31.12.2009 beendet werden sollte, wobei B ab dem 27.10.2009 unter Fortzahlung seiner Vergütung von allen Tätigkeiten freigestellt werden sollte. Außerdem sollte an B - insolvenzfest - eine Abfindung in Höhe von 350.000 €, fällig ab 01.01.2010, gezahlt werden.

(b) Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen

In Umsetzung der verhandelten Ergebnisse übergab B am 23.10.2009 in U4 sein Ressort an den bereits dort anwesenden designierten Nachfolger, den gesondert Verfolgten L4, und nahm zudem auch seine Abberufung als Geschäftsführer der U T21 GmbH wie auch der U FINANCE GmbH, bei der gleichzeitig L4 als neuer Geschäftsführer berufen wurde, entgegen. L4 sollte auf Vorschlag von K die Amtsgeschäfte Bs mit sofortiger Wirkung übernehmen. Gleichsam nahm B umfangreiches Datenmaterial, so auch die für ihn erstellten Datenträger, und Kopien seiner E-Mail-Accounts aus dem Unternehmen mit. Dazu hatte K die durch B mit Unterstützung von Rechtsanwältin T34 noch am Abend des 22.10.2009 ergänzte Fassung der Aufhebungsvereinbarung bearbeitet und einen schriftlichen Aufsichtsratsbeschluss zur bereits vereinbarten Abberufung Bs entworfen. Nachdem K die Unterschriften hierzu von den T3s, die aufgrund des zu ihren Lasten bestehenden Informationsgefälles auf die Einschätzung Ks vertrauten, eingeholt hatte, erging am 26.10.2009 der schriftliche Beschluss des Aufsichtsrats der U I7 AG, nach dem B mit sofortiger Wirkung als Vorstand abberufen und dem Abschluss der verhandelten Aufhebungsvereinbarung zugestimmt wurde. K war danach im Außenverhältnis bevollmächtigt, die entsprechende Vereinbarung verbindlich abzuschließen. Die von B erst am 09.11.2009 gegengezeichnete Aufhebungsvereinbarung sah - neben den gefundenen Verhandlungsergebnissen - vor, dass gesellschaftsintern wie nach außen ausschließlich die gemeinsame Erklärung abgegeben werden sollte, dass B als Mitglied des Vorstands der U I7 AG ausgeschieden und dies in gegenseitigem Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat aus privaten Gründen erfolgt sei, was in der Folgezeit auch von den Beteiligten umgesetzt wurde. In Ergänzung der Abfindungsvereinbarung und in Umsetzung des Ergebnisses des Gesprächs vom 22.10.2009 schloss B - auf Veranlassung Ks - unter dem 04.11.2009 mit der T16 T4er Factoring AG, vertreten durch deren Verwaltungsrat F3, eine Vereinbarung, durch welche die T16 T4er Factoring AG die Pflicht der U I7 AG zur Zahlung der Abfindung in Höhe von 350.000 € (brutto) gegenüber B schuldbefreiend übernahm. Entsprechend zahlte die T16 T4er Factoring AG im Januar 2010 einen Auszahlungsbetrag (abzgl. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) in Höhe von 223.482,29 € an B.

(c) Einstellung des gesondert Verfolgten L4

Am 26.10.2009 übersandte K an Dr. L den Lebenslauf L4s sowie einen Entwurf eines Anstellungsvertrags. Dieser sah vor, dass L4 zwar als Leiter der Finanzabteilung bei monatlichen Bezügen von 15.000 € im Wesentlichen das Vorstandsressort Finanzen übernehmen sollte. Allerdings sollte die Einstellung nicht als Finanzvorstand, sondern - auf Vorschlag Ks - auf Grundlage der von ihm gegenüber Dr. L so bezeichneten "Prokura-Lösung" dergestalt erfolgen, dass L4 eine Gesamtprokura zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied oder einem weiteren Prokuristen erteilt werden sollte. Nach Ablauf einer Probezeit von sechs Monaten sollten - ausweislich des Vertragswerks - Gespräche aufgenommen werden mit dem Ziel, die Tätigkeit L4s in eine Stellung als Mitglied des Vorstands zu überführen. Nach Umsetzung dieser Vorgaben nahm L4 ab November 2009 die ihm übertragenen Tätigkeiten auf. Unter dem 13.11.2009 wurde die ihm erteilte Gesamtprokura im Handelsregister der U I7 AG eingetragen. Hintergrund der "Prokura-Lösung" war, dass L4 so nicht der nur für einen Finanzvorstand geltenden Antragspflicht bei Insolvenzreife der U I7 AG ausgesetzt war. Infolgedessen wurde L4 weder innerhalb der Probezeit noch zu einem späteren Zeitpunkt zum Finanzvorstand berufen, obwohl er inhaltlich faktisch dieses Vorstandsressort bekleidete und nach außen in dieser Funktion wahrgenommen wurde.

(d) Interessenlage Ks

Mit der von ihm begleiteten, maßgeblich gesteuerten und initiierten Abberufung und der damit einhergehenden Umsetzungsmaßnahmen verfolgte K das Ziel zu verhindern, dass B bis zum Ablauf der Insolvenzantragsfrist zum 27.10.2009 - wie angekündigt - in seiner Funktion als Vorstand der U I7 AG Insolvenzantrag für die Gesellschaft stellte. Dabei war K, der seit Juli 2009 über wesentliche unternehmerische Entwicklungen der U-Gruppe im Bilde war und durch das Schreiben vom 09.07.2009 und seine fortlaufende Einbindung durch C die Krisensituation der U-Gruppe insgesamt kannte, über B bekannt, dass dieser nunmehr Insolvenzantrag stellen wollte. Daneben hatten auch seine gezielten Unterstützungshandlungen für die U N8 GmbH und die neuen Verhandlungen mit O dazu geführt, dass der verbleibende Führungszirkel der U-Gruppe "auf Kurs" blieb und das Geschäft unter Anwendung des Priorisierungssytems weiterlaufen ließ, obwohl jedenfalls die U I7 AG wie auch die U F4 GmbH eigentlich insolvenzreif waren. K nutzte das ihm als Firmengründer und kompetenten Ansprechpartner für die U-Gruppe bisher zugekommene Vertrauen der Führungsmannschaft in seine Fähigkeiten für seine Zwecke und beförderte so durch monetäre Anreize gezielt und beständig - mit Erfolg - die Methode des "Weiter so!", unabhängig von der bestehenden Liquiditätslage.

(ii) Status Quo zum 27.10.2009

Die tatsächliche Liquiditätssituation blieb weiterhin unverändert:

(a) Investoren und avisierte Kapitalerhöhung

Bis einschließlich 27.10.2009 war ein belegbarer Kapitalzufluss weder von Seiten der Gesellschafter noch von Investoren erfolgt. Hinsichtlich der Investorensuche gab es zwar zahlreiche Anbahnungsgespräche, die aber nichtmals zu evaluierbaren Interessenbekundungen führten. Weiterhin blieb für die Investorensuche das nahezu unüberwindbare Problem, dass Voraussetzung für mögliche seriöse Geschäftspartner stets war, dass eine Due Diligence-Prüfung durchgeführt und aktuelle testierte Jahresabschlüsse der tragenden Gruppengesellschaften vorgelegt wurden. Letztere konnten die Angeklagten nunmehr auf absehbare Zeit nicht bereitstellen, weil die dafür beauftragte C3 AG aufgrund der bestehenden Krisensituation ihre diesbezügliche Tätigkeit auf unbestimmte Zeit erneut ruhen lassen hatte. Die Wiederaufnahme deren Tätigkeit war wiederum gekoppelt an die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durch Kapitalzuflüsse und umfangreiche weitere Bedingungen, deren Erfüllung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen würde. Die avisierte Kapitalerhöhung, deren Umsetzung ohnehin erst für Dezember 2009 anstand, konnte - wie bereits dargelegt - eine Verbesserung der Liquiditätslage nicht erbringen. Darüber hinaus kam es auch nicht zu Einschüssen einzelner Gesellschafter in nennenswertem Umfang, die die bestehende Liquiditätsproblematik hätten entschärfen können.

(b) Lieferantenverbindlichkeiten

Zum Stichtag 27.10.2009 bestanden - trotz Eingängen zum Monatsanfang durch Lastschrifteinzüge bei Endkunden über die U T21 GmbH in Höhe von über 30 Mio. € im Verlauf des Monats Oktober 2009 - weiterhin fällige, abgerechnete und als bestehend anerkannte Forderungen, die die U F4 GmbH und die U I7 AG im Rahmen der laufenden Antragsfrist nicht begleichen konnten. Insgesamt hatte sich der Bestand rückständiger Lieferantenverbindlichkeiten von über 20 Mio. € seit dem 06.10.2009 nicht reduziert, sondern im Verlauf des Monats Oktober 2009 unter von den Angeklagten plangemäß angestoßener Anwendung des praktizierten Priorisierungssytems lediglich teilweise in seinem Bestand verändert. Die U F4 GmbH sah sich so zum 27.10.2009 immer noch fälligen, abgerechneten und als bestehend anerkannten Forderungen von Netzbetreibern gegenüber, die seitens der jeweiligen Gläubiger beständig schriftlich und telefonisch unter Androhung von Zwangsmaßnahmen eingefordert wurden. U.a. konnte die U F4 GmbH zum 27.10.2009 folgende, oben dargelegte Lieferantenverbindlichkeiten in diesem Sinne nicht begleichen, die sich allein bereits auf ca. 8 Mio. € bezifferten und allesamt erst in der Folgezeit nach Ausübung weiteren Drucks durch die jeweiligen Gläubiger - dann priorisiert - bezahlt wurden:

W9l - über 3 Mio. €

U13 - über 1,2 Mio. €

B15 GmbH - über 2 Mio. €

F AG - über 1,1 Mio. €

F Bayern AG - 680.000 €

Zu diesen Verbindlichkeiten lagen verbindliche Stundungsvereinbarungen nicht vor, vielmehr hielten die Angeklagten, mit Unterstützung von K, plangemäß an dem Betreiben des Priorisierungssytems diesbezüglich fest. Zu dieser Zeit sah sich die U F4 GmbH nach eigenen unternehmensinternen Berechnungen - exklusive der Stromsteuernachforderungen - mit durchschnittlichen monatlichen laufenden Verbindlichkeiten in Höhe von weit über 30 Mio. € konfrontiert, deren monatliche Höhe mit steigender Kundenzahl und jahreszeitbedingten Effekte (energieintensive "dunkle" Monate) in Richtung Ende des Jahres anstieg. Die U I7 AG sah sich nach eigenen unternehmensinternen Berechnungen mit durchschnittlichen monatlichen laufenden Verbindlichkeiten in Höhe von bis zu 500.000 € konfrontiert, bei durchschnittlichen monatlichen Umsatzerlösen in Höhe von 625.000 €.

(c) Stromsteuernachforderung

Die weiterhin - trotz des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 - fällige, als bestehend anerkannte Forderung des HZA L10 aus Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und 2009 belief sich zu dieser Zeit noch auf insgesamt 28.317.574 €, die jedenfalls seit dem 25.06.2009 fällig waren und weiterhin weder von der U F4 GmbH noch von der U I7 AG gezahlt werden konnten.

(iii) Keine Antragstellung durch die Angeklagten

Trotz des Ablaufs der jedenfalls spätestens durch die Mandatsniederlegung der Rechtsanwälte H in Gang gesetzten Insolvenzanmeldefrist zum 27.10.2009 erfolgte vor diesem Hintergrund weiterhin eine Insolvenzantragsstellung für die U I7 AG durch die Angeklagten - wie bereits seit Juli 2009 - in der Folgezeit nicht. Dabei war den Angeklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt positiv bekannt und bewusst, dass bei der U F4 GmbH und über die ihnen bekannte und in der Unternehmenspraxis gelebte Patronatserklärung aus 2008 auch bei der U I7 AG die konkrete Situation eingetreten war, dass die Gesellschaften als Folge der fälligen Stromsteuernachzahlungen zahlungsunfähig waren. Ebenso war den Angeklagten bewusst, dass an diese konkrete Situation die Pflicht anknüpfte, nach fruchtlosem Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Wochen für die U I7 AG Insolvenzantrag zu stellen. Weiter kannten sie die finanzielle Situation, wie sie sich am 27.10.2009 für die U-Gruppe im Allgemeinen und die U I7 AG und die U F4 GmbH im Besonderen darstellte, und wussten, dass das HZA L10 bei seinem Handeln immer - zutreffend - davon ausging, dass, wenn eine Stundung der Stromsteuernachforderungen nicht erfolgen würde, die U F4 GmbH und über diese auch die U I7 AG insolvent gewesen wären. Auch war den Angeklagten bekannt, dass zu dieser Zeit Investorenangebote, die einen Konkretisierungsgrad erreicht hätten, der die verlässliche Prognose eines Abschlusses von verbindlichen Vereinbarungen und daran anknüpfender Bereitstellung von Kapitalmitteln in absehbarer Zeit zugelassen hätte, nicht vorlagen und die benötigten Mittel auch nicht durch die bisherigen Aktionäre bereitgestellt wurden bzw. werden sollten. In Kenntnis all dieser Umstände stellten C und Dr. L deshalb weiterhin keinen Insolvenzantrag, weil sie die Folgen eines dann anstehenden Insolvenzverfahrens vermeiden und sich dadurch gezielt ihre persönlichen Privilegien einer im Wirtschaftsraum Deutschland bedeutenden Managerposition bei hohen Gehaltsbezügen sichern wollten. Vielmehr wollten sie - getreu nach dem Prinzip "Hoffnung" - mithilfe der Aufrechterhaltung des seit jeher gelebten und praktizierten Priorisierungssytems und durch strategisches Hinhalten des HZA L10 letztlich gezielt Zeit gewinnen, in der sie die dadurch "frei" werdenden liquiden Mittel anderweitig verwenden konnten, um letztlich die Unternehmenssituation durch Erwirken eines formellen Stundungsbescheids und/oder das Finden eines Kapitalmittel bereitstellenden Investors doch noch zum Guten wenden zu können. Das Handeln der Angeklagten war dabei vor diesem Hintergrund getragen von der Absicht, eine Insolvenz - bei Vorliegen der Voraussetzungen der Insolvenzreife - um jeden Preis, also auch unter Missachtung der gesetzlichen Antragsfrist, zu vermeiden. Entsprechend verabsäumten es die Angeklagten in der Folgezeit in Kenntnis der bestehenden Insolvenzreife der U I7 AG und der sich hieraus für sie als Vorstände bzw. Geschäftsführer ergebenden Pflichten plangemäß, auf einer sicheren Datengrundlage durch insolvenzrechtlich versierte Experten eine abschließende gutachterliche Stellungnahme zur Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG einzuholen. Vielmehr setzten sie sich weiterhin plangemäß zur Erreichung ihrer Ziele über die bisherigen (Teil-)Ergebnisse der eingeschalteten Experten, die alle - C3 AG, H, N und I - nach kurzer Prüfzeit ihr Mandat niedergelegt bzw. ruhen lassen hatten, unter Ausblendung deren Empfehlungen und trotz bekannter fehlender eigener Kompetenz zur Bewertung der Situation - einseitig zu ihren Gunsten hinweg, indem sie weder eine angeratene abschließende Klärung des Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit für sich herbeiführten, noch die Stromsteuernachzahlung intern - wie von den Rechtsanwälten I in ihrem Gutachten ausgeführt - als fällig bewerteten.

(9) Weitere Maßnahmen der Führungsebene

(i) Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit O

Um zu verhindern, dass O zum 31.10.2009 - wie in ihrer vorherigen Niederlegungserklärung beabsichtigt - ihren Posten bei der U N8 GmbH aufgeben würde, bemühte sich K auch weiterhin unter Anwendung seiner bisherigen Strategie, durch die Bereitstellung gruppeninterner liquider Mittel in geringem Umfang und die Verhandlungen mit der C2 M3 Fußball GmbH und E14 GmbH die finanzielle Lage der U N8 GmbH zu verbessern, um etwaige Bedenken Os zu zerstreuen. Daneben erarbeitete er Ende Oktober 2009 eine "Vereinbarung über die Fortsetzung eines Dienstverhältnisses" zwischen der U N8 GmbH und O, nach der das bisherige Dienstverhältnis, das O zum 31.10.2009 gekündigt hatte, befristet bis zum 30.11.2009 zu den bisherigen Konditionen fortgesetzt werden sollte. Gleichzeitig war darin avisiert, dass bis zum 25.11.2009 weitere Verhandlungen zur Verlängerung des Dienstverhältnisses aufgenommen werden sollten. Den entsprechenden Entwurf leitete K C zur Kenntnis mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu und sagte diesem bei Einverständnis zu, dass er, K, für die Unterzeichnung durch die U8 Establishment als alleinger Gesellschafterin der U N8 GmbH, Sorge tragen werde.

Zwischenzeitlich war es ebenfalls Ende Oktober 2009 zu Unstimmigkeiten zwischen O und Dr. L als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der U N8 GmbH, der U O3 GmbH gekommen. Dr. L, der das Amt des Geschäftsführers der U O3 GmbH formal bekleidete, in das Tagesgeschäft aber nicht umfassend eingebunden war, wollte mangels zureichender Informationen zu den im Tagesgeschäft zu unterzeichnenden Entscheidungen das Amt zukünftig nicht mehr wahrnehmen und teilte dieses Anliegen C und O unter dem 28.10.2009 mit. Der Angeklagte C unterrichtete umgehend K darüber, dass nun auch Dr. L "nicht mehr richtig mitmache". In der Folgezeit wurde die von K entworfene ursprüngliche Fassung der "Vereinbarung über die Fortsetzung eines Dienstverhältnisses" wie folgt ergänzt:

"Frau O erhält ab dem 01.11.2009 ein fixes monatliches Bruttogehalt in Höhe von 13.500,00 € (in Worten: dreizehntausendfünfhundert €). Die Vereinbarung wird unter der aufschiebenden Bedingung getroffen, dass Frau O ab dem genannten Zeitpunkt auch die Geschäftsführung der U O3 GmbH mit Sitz in U4 übernimmt. Die Parteien sind sich darüber einig, dass durch das vorgenannte Gehalt neben einer Tätigkeit von Frau O als Geschäftsführer der Gesellschaft auch eine Tätigkeit als Geschäftsführer der U O3 GmbH vergütet wird. Bestehende Vereinbarungen über variable oder sonstige Vergütungsbestandteile aus dem Dienstvertrag vom 04.06.2008 und dem Nachtrag zum Dienstvertrag vorn 10.06.2009 bleiben von dieser Regelung unberührt."

Die geänderte Fassung wurde zum 13.11.2009 durch einen Vertreter der U8 Establishment gegengezeichnet und galt fortan bis zum 30.11.2009. Die befristete Verlängerung wurde Anfang Dezember 2009 nochmals bis 31.12.2009 zu gleichen Konditionen verlängert. O erhielt durch den angetragenen weiteren Geschäftsführerposten nunmehr erheblich erhöhte Bezüge ab 01.11.2009. Ab 01.01.2010 erfolgte die Tätigkeit Os auf Basis eines neu geschlossenen Vertragswerks, nach welchem O ein jährliches Grundgehalt von 120.000 € (brutto) sowie eine variable Erfolgsvergütung in Höhe von 60.000 € (brutto) zustehen sollte, wobei sie auf die Erfolgsvergütung einen monatlichen Vorschuss in Höhe von 4.000 € (brutto) erhielt. Gleichsam wurde unter dem 14.01.2010 unter Abberufung Dr. Ls O als Geschäftsführerin der U O3 GmbH bestellt.

(ii) Stand der Verbindlichkeiten Ende Oktober 2009

Unter dem 30.10.2009 kommunizierte der kaufmännische Leiter N4 an K den bis dahin aufgelaufenen Stand noch nicht beglichener, fälliger und als bestehend anerkannter Forderungen - exklusive der Stromsteuernachforderungen des HZA L10 - für die einzelnen U-Gesellschaften in einer "Aufstellung der fälligen Verbindlichkeiten" wie folgt:

K übersandte am 02.11.2009 eine geänderte Fassung der Übersicht an C6, die - unter Berücksichtigung weiterer Zahlungseingänge - wie folgt lautete:

Nach Bearbeitung durch K sah die Aufstellung zum Stand 02.11.2009 jedenfalls fällige - also vor Eingang der laufenden Kosten im Monat November 2009 -, als bestehend anerkannte Forderungen gegenüber der U F4 GmbH in Höhe von über 26 Mio. € sowie der U I7 AG in Höhe von über 80.000 € vor, die noch nicht beglichen waren.

f) Weiteres Geschehen bis November 2009 (bis 30.11.2009)

In der Folgezeit entwickelten sich die U-Gruppe im Allgemeinen und die U I7 AG und die U F4 GmbH im Besonderen ab Anfang November 2009 wie folgt:

(1) Stand der Verbindlichkeiten

Die U F4 GmbH sah sich - neben den weiterhin ausstehenden Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen Berechnungen der U I7 AG Anfang November nunmehr u. a. durch jahreszeitbedingt steigende Kosten mit (über-)fälligen, als bestehend anerkannten Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von weit über 35 Mio. € konfrontiert, deren Höhe sich zwar durch die Kundeneinzüge zum Monatsanfang verringert hatte, im weiteren Verlauf aber durch die anstehenden Zahlungen auf sämtliche, auch unverschiebbare Verbindlichkeiten wieder erheblich anstieg. Insofern änderte sich - wie bisher - unter von den Angeklagten plangemäß angestoßener Anwendung des praktizierten Priorisierungssytems lediglich teilweise die Zusammensetzung des aufgelaufenen Forderungsbestands. Das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten der U-Gruppe wurde wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Der Ablauf des Priorisierungssytems in der Zeit bis 30.11.2009 zeichnete sich u.a. an folgenden exemplarisch aufgezählten Geschäftsvorfällen nach:

(i) U13 GmbH

Aufgrund des bisherigen Zahlungsverlaufs mit der U F4 GmbH forderte U13 nunmehr, sollten die nächsten Abschlagszahlungen nicht fristgerecht gezahlt werden, eine Bankbürgschaft in Höhe von 1,9 Mio. € zu ihren Gunsten an. Durch diesen existenziell bedrohlichen Druck - es drohte der Verlust zahlreicher Kunden - sahen sich die Angeklagten veranlasst, die bestehenden und zukünftigen Forderungen der U13 prioritär zu behandeln und diese möglichst fristgerecht zu begleichen, um die Anforderung der Bürgschaft als Sicherheitsleistung noch abzuwenden. Intern hatte N4 an seine Cash-Manager L8 und T8 am 05.11.2009 weitergegeben, dass man "diesen Monat unbedingt dafür sorgen müsse, dass W9 und U13 zur Fälligkeit bezahlt werden" und er wisse, dass dann andere schreien würden, aber es helfe nichts. Nachdem diese wiederum N4 am 06.11.2009 in Kenntnis gesetzt hatten, dass er "aufgrund der Vielzahl von Anrufen und Androhungen von Netzbetreibern das Liquiditätsproblem beim Vorstand" eskalieren sollte, da zur Zeit für den Zeitraum von 06.11.2009 bis 30.11.2009 nur noch 1 Mio. € für fällige Netzbetreiber bereitstünden und Zahlungen aus der T4 nicht eingetroffen seien, schrieb N4 am 06.11.2009 an L4 eine weitere E-Mail:

"Aus der beiliegenden Tabelle wird ersichtlich, wie eingeschränkt unsere Restliquidität für den Monat November ist. Insbesondere die Netzbetreiber und EEG-Lieferanten W9 und U13 sollten wir diesen Monat unbedingt zum Fälligkeitszeitpunkt begleichen. Ansonsten werden alle Versuche die Bankbürgschaft für U13 (1,9 MIO €) und die Vorauskasse Dezember für W9 (rd. 1,8 MIO €) zu vermeiden wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Gibt es schon konkrete Informationen, welche Mittel aus der T4 zur Verfügung gestellt werden können? Ich möchte noch ergänzen, dass in der Übersicht nur die wichtigsten Fälle aufgenommen wurden. Wie viele Netzbetreiber in den restlichen Tagen des Monats noch Druck machen werden, ist nicht vorhersehbar, stellt aber ein großes Planungsrisiko dar."

In Reaktion auf diese Eskalationsmitteilung teilte L4 wiederum K mit, dass die Gruppe insgesamt zum 06.11.2009 über einen Bankbestand von 15 Mio. € verfüge, zu dem noch voraussichtlich geplante Einzüge in Höhe von 3,3 Mio. € hinzukämen, die sich aber nach Abzug unverzichtbarer Ausgaben bis zum 30.11.2009 (Stromeinkauf, Energiesteuerabschläge, Gehälter usw.) auf nur noch ca. 1 Mio. € reduzierten. Dem verbleibenden Restmitteln stünden aber fällige, als bestehend anerkannte Forderungen von Netzbetreibern in erheblichem Umfang gegenüber, die sich insgesamt auf ca. 19,9 Mio. € beliefen. Davon beträfen über 8,38 Mio. € fällige Netzbetreiberforderungen, die bereits angemahnt oder bei denen mit der Bundesnetzagentur gedroht worden war. Die E-Mail erhielten die Angeklagten zur Kenntnis. Entsprechend beglich die U F4 GmbH die erst Mitte November fällig werdende EEG-Abschlagsrechnung für Oktober 2009 in Höhe von 1.069.019,02 € zum 19.11.2009. In der Folgezeit trug U13 auf Nachfrage der U F4 GmbH den Vorschlag vor, die jeweiligen EEG-Abschlagszahlungen ab Dezember 2009 mittels Ratenplänen in drei Raten, fällig zu unterschiedlichen Zeitpunkten, zu begleichen. Sofern diese verteilten Beträge fristgerecht gezahlt würden, sollte seitens U13 auf die avisierte Bürgschaftsanforderung verzichtet werden.

(ii) W9 GmbH

Nachdem die U F4 GmbH die Umstellung der Zahlungsweise auf Vorauszahlungen nicht akzeptieren und eine entsprechend angeforderte Zahlung nicht leisten wollte, stellte W9 vorübergehend die Lieferung von Energie an die U F4 GmbH ein, woraufhin schließlich unter dem 02.11.2009 insgesamt 3.482.585,21 € beglichen wurden. In der Folgezeit stellte W9 die EEG-Abschlagsrechnung Oktober 2009 in Rechnung, aus der sich ein Rechnungsbetrag von 1.840.000 €, fällig zum 15.11.2009, ergab, sowie die EEG-Abschlagsrechnung Dezember 2009 als Vorauszahlung in Rechnung, aus der sich ein Rechnungsbetrag von 1.785.000 €, fällig zum 20.11.2009, ergab. Mit E-Mail vom 10.11.2009 wandte sich W9 erneut an die U F4 GmbH hinsichtlich der zugesagten Übernahme der Prozesskosten zu dem Verfahren vor dem Landgericht C11:

"Am 30. Oktober wurde zwischen Ihrem Herrn N4 und mir der vollständige Ausgleich unserer überfälligen Forderungen aus der EEG-Abwicklung für den 2. November vereinbart. Entgegen der Absprache verlief dieser Ausgleich bei weitem nicht so reibungslos wie im Vorfeld zugesichert. Der überfällige EEG-Abschlag für September wurde erst nach erneuter telefonischer Aufforderung ausgeglichen. Die ebenfalls überfällige Vorauszahlung für den Monat November erfolgte sogar erst, nachdem wir vorübergehend unsere Lieferung ausgesetzt hatten. Ebenfalls wird uns nun schon seit mehreren Wochen aus Ihrem Haus zugesagt, dass man sich mit uns über eine Vereinbarung zur Prozesskostenübernahme abstimmen würde. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung ist zwingende Voraussetzung dafür, dass W9 die gegen U eingereichte Klage zurückzieht. Ein Fortschritt ist jedoch auch in dieser Angelegenheit nicht zu erkennen.

Aufgrund der genannten Fakten sehen wir uns dazu gezwungen, auch für den Monat Dezember eine Vorauszahlung zu verlangen. Eine entsprechende Rechnung mit Fälligkeit zum 20.11.2009 ist bereits an Sie versandt worden. in diesem Zusammenhang möchten wir Sie daran erinnern, dass der EEG-Abschlag für den Monat Oktober am 15.11.2009 fällig wird und fristgerecht auszugleichen ist. Über eine zeitnahe Abstimmung zur Prozesskostenübernahme würden wir uns sehr freuen. Ihrer Rückmeldung zu dieser Frage sehen wir bis zum 18.11.2009 entgegen.

Diese E-Mail leitete N4 intern mit folgendem Zusatz an L4 weiter:

"Zur Ergänzung: W9 hat uns schon bei der Bundesnetzagentur angeprangert! Hier steht eine Überprüfung ähnlich dem Hauptzollamt im Raum - also ganz übel. Vielleicht verstärkt diese Info die Dringlichkeit?"

Da die zur Verfügung stehende Liquidität innerhalb der Gruppe zur Begleichung von Forderungen der Netzbetreiber sich insgesamt auf nur noch ca. 1,5 Mio. € ohne Berücksichtigung der zum 20.11.2009 fälligen Vorauszahlung belief, unterrichtete L4 K wie folgt:

"Nur zur Kenntnisnahme. Wir sind einigem Druck ausgesetzt, doch sollten wir das Thema W9:

1.840 W9 10/2009 fällig 15.11.09

1.785 W9 12/2009 Vorauszahlung fällig 20.11.09

am Freitagmittag geklärt haben. Unglücklicherweise fällt das Fälligkeitsdatum für die Forderung von W9 auf den Sonntag (15.11.09), daher müssten wir eine Blitzüberweisung nach Rücksprache mit Ihnen am Freitag absetzen.

Ferner ist die nächste Rate C2 M3 fällig:

631 C2 M3 (Abschlag 1.2009)

Dagegen steht unsere zur Verfügung stehende Liquidität für Netzbetreiber: 1.541 - laut Liquiditätsplan = 930 "Unterdeckung" ohne die zum 20.11.09 fällig gestellte Vorauszahlung."

Vorschlagsgemäß erfolgte eine Überweisung der EEG-Abschlagsrechnung aus Oktober 2009 in Höhe von 1.840.983,13 € zum 13.11.2009. Das noch anhängige Verfahren vor dem Landgericht C11 wurde - nach Einigung über die Verfahrenskosten und Begleichung der Gerichtskosten durch die U F4 GmbH am 01.12.2009 - in der Folgezeit zurückgenommen und zum 22.12.2009 als erledigt ausgetragen.

(iii) B15 GmbH

Unter dem 15.11.2009 trat die Fälligkeit der EEG-Abrechnung aus Oktober 2009 betreffend die B15 GmbH ein, die wiederum fällige, als bestehend anerkannte Forderungen in Höhe von über 2,2 Mio. € auswies. Erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 01.12.2009 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, erfolgte im Nachgang eine Begleichung der EEG-Abrechnung aus Oktober 2009 zum 02.12.2009.

(iv) F9 Transportnetze AG

Unter dem 24.11.2009 mahnte die F9 Transportnetze AG gegenüber der U F4 GmbH fällige, als bestehend anerkannte, noch offene Forderungen in Höhe von insgesamt 2.118.685,06 € an, die bis zu Verbrauchszeiträumen aus August 2009 zurückreichten und bereits in weiten Teilen zuvor angemahnt worden waren. Hierzu führte F9 Transportnetze AG u.a. aus:

"Einer weiteren Zahlungsverzögerung bis 02.12.09 können wir in Anbetracht dieser Zahlungsrückstände sowie der Tatsache, dass bereits die für KW 45 [= Anfang November 2009] erfolgte Zahlungszusage nicht eingehalten wurde, nicht zustimmen. Wir müssen Sie bitten, die offenen Beträge unverzüglich zu überweisen (Datum Zahlungseingang bei F9- spätestens 27.11.09). Sollten Ihnen der Zahllauf nicht möglich sein - erwarten wir zum genannten Termin 27.11.09 den Eingang einer Abschlagszahlung in Höhe von mind. 2 Mio. €."

(v) U15 GmbH

Unter dem 11.11.2009 mahnte die U15 GmbH gegenüber der U F4 GmbH seit 10.11.2009 fällige, als bestehend anerkannte, noch offene Forderungen für Netznutzungsentgelte in Höhe von insgesamt 709.633,97 € bis zum 18.11.2009 an. Hierzu führte die U15 GmbH u.a. aus:

"Für den Fall, dass die vorgenannten Außenstände auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht vollständig beglichen sind, behalten wir uns die unverzügliche fristlose Kündigung des Lieferantenrahmenvertrages und damit die Verweigerung der weiteren Netznutzung bzw. die Forderung entsprechender Sicherheitsleistungen gegen Sie als Voraussetzung für die weitere Netznutzung vor. Für den Fall, dass wir dann von unserem hiermit angedrohten Kündigungsrecht Gebrauch machen müssen, hätten wir Ihre Kunden unverzüglich darüber ins Bild zu setzen, dass sie bis auf Weiteres wieder der Ersatzversorgung durch den örtlichen Grundversorger unterliegen."

Nachdem L4 von diesem Vorgang als Folge der Eskalation Kenntnis erlangt hatte, leitete er die Mahnung unter dem 12.11.2009 an K und die Angeklagten weiter und führte hierzu folgendes aus:

"Ohne mit dieser Email-Weiterleitung "die Pferde scheu" machen zu wollen, soll diese doch die Dringlichkeit unserer "Situation Netzbetreiber/Kreditoren" unterstreichen, insbesondere im Hinblick auf die kurzfristige Liquiditätsplanung unseres Hauses. Ich habe mir erlaubt, mit den unmittelbar beteiligten Mitarbeitern, wie Herrn N4, Herrn L8, Herrn U6, ggf. mehr, für heute eine kleine Telko einzuberufen, um ein einheitliches Compliance-Management für die Netzbetreiber aufsetzen zu lassen. - Sorry für diese Art von Morgengrüßen an alle"

(vi) S2 S15 Verteilnetz GmbH

Unter dem 06.11.2009 mahnte die S2 S15 Verteilnetz GmbH gegenüber der U F4 GmbH telefonisch fällige, als bestehend anerkannte, noch offene Forderungen für Netznutzungsentgelte in Höhe von insgesamt ca. 1,075 Mio. € an. Da sich die U F4 GmbH hierzu in Verzug befand, drohte die S2 S15 Verteilnetz GmbH nunmehr mit der Verweigerung des Netzzugangs, über die U F4 GmbH über 50.000 Entnahmestellen von Stromkunden belieferte. Nachdem C hiervon unterrichtet worden war, leitete er die diesbezügliche E-Mail an K mit dem Textzusatz "FYI... Es wird immer brisanter!!!" weiter.

(vii) F7 Verteilnetz GmbH

Nachdem die F7 Verteilnetz GmbH unter dem 18.11.2009 fällige, als bestehend anerkannte Forderungen bei der U F4 GmbH angemahnt hatte, erhielt die U F4 GmbH am 24.11.2009 eine neuerliche Mahnung mit der Aufforderung fällige, als bestehend anerkannte Forderungen in Höhe von 861.218,76 € bis zum 27.11.2009 zu zahlen. In dem Schreiben führte die F7 Verteilnetz GmbH u.a. aus:

Die Forderungen, mit denen sich die U F4 GmbH derzeit im Verzug befindet, betragen nunmehr 861.218,76 € (Stand: 24.11.2009). Dies ist für uns ein unakzeptabler Zustand und mit dem bestehenden Händlerrahmenvertrag unvereinbar. Durch Ihr Verhalten entsteht der F7 NETZ ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, was insbesondere dadurch verstärkt wird, dass Ihren Zahlungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit bereits ein Leistungszeitraum der F7 NETZ von ca. 50 Tagen vorangeht. Eine gegebenenfalls nicht zur Fälligkeit geleistete Zahlung verlängert diesen Leistungszeitraum bis zur möglichen Durchführung von restriktiveren Maßnahmen entsprechend. Wir sind als Netzbetreiber nicht bereit, ein solches Risiko durch die Erbringung der Netznutzung als Vorleistung zu tragen.

Wegen Ihres Zahlungsverhaltens, insbesondere In den letzten Wochen, gilt es zu befürchten, dass hierbei eine kurzfristige Verbesserung nicht erreicht werden kann und damit für F7 NETZ permanent mit offenen Forderungen gegenüber der U GmbH zu rechnen ist. Es scheint daher unumgänglich zu sein, von unseren Rechten aus unserem Händlerrahmenvertrag Gebrauch zu machen, insbesondere von den Ziffern 11.1 bis 11.3. Sollten wir bis zum 27.11.2009 keinen Zahlungseingang der überfälligen Forderungen auf unserem Konto verzeichnen können, sehen wir uns gezwungen unverzüglich eine Sicherheitsleistung mit einer voraussichtliche Höhe von 3,2 Mio. € zu fordern."

(viii) C2 M3 Fußball GmbH

Nachdem nach zweimaliger, selbst durch die U-Verantwortlichen erbetener Stundung, deren Bedingungen jeweils ganz oder teilweise nicht eingehalten worden waren, verblieben auf Basis der geltenden Vereinbarungen zum 01.11.2009 nach einer Teilzahlung im Oktober 2009 in Höhe von 600.000 € noch fällige, als bestehend anerkannte Forderungen zugunsten der C2 M3 Fußball GmbH in Höhe 1.923.573,11 €, deren Begleichung O unter dem 04.11.2009 unter Bezugnahme auf Zusagen gegenüber I5 in einer E-Mail an N4, die C und K zur Kenntnis gegeben wurde, intern anmahnte, da weder die U I7 AG noch die U N8 GmbH den Restbetrag aus eigenen Mitteln begleichen konnte. In Reaktion hierauf erfolgte noch am gleichen Tag - wiederum verspätet - eine Blitzüberweisung in dieser Höhe von den Konten der U T21 GmbH an die C2 M3 Fußball GmbH. Zum 15.11.2009 wurde dann eine weitere Teilrate in Höhe von 630.893,37 € fällig, die wiederum weder die U I7 AG noch die U N8 GmbH aus eigenen Mitteln begleichen konnte. Entsprechend ließen die Angeklagten die Zahlung der Teilrate zum Fälligkeitszeitpunkt zunächst auf unbestimmte Zeit zurückstellen. In der Folgezeit kam es wiederum zu einem Gespräch zwischen K und I5, als dessen Ergebnis vereinbart wurde, dass die ausstehende Teilrate zuzüglich der erst zum 15.12.2009 fällig werdenden weiteren Teilrate in ungefähr gleicher Höhe, insgesamt 1.261.787,14 € bis 03.12.2009 gezahlt werden sollte. Dieses Verhandlungsergebnis bestätigte I5 in einem Schreiben an die U I7 AG schriftlich. Entsprechend beglich L8 den ausstehenden Betrag für die U I7 AG weisungsgemäß bis zum 03.12.2009.

(2) Investorensuche & Kapitalzuflüsse

Auch im November 2009 gab es keine hinreichend konkreten Verhandlungen mit Interessenten für ein Investment in die U-Gruppe. Auch die bisherigen Verhandlungen mit der W4 Bank AG, bei der der Kontakt über B eingespielt worden war, waren nun mit dessen Ausscheiden endgültig gescheitert. Zwischenzeitlich hatte K - seinem Motiv folgend, aus dem Verkauf des Unternehmens möglichst schnell Profit machen zu können - weiter verstärkte Anstrengungen unternommen, über seine Kontakte Investoren für die U-Gruppe zu finden. So hatte er über W6 den bestehenden Kontakt zu F11 intensiviert, woraufhin es Mitte Dezember 2009 zu weiteren Anbahnungsgesprächen gekommen war. Ab diesem Zeitpunkt konkretisierten sich die bisherigen Gespräche in der Folgezeit dahingehend, dass F11 nunmehr an einer Übernahme von 75% plus eine Aktie der U I7 AG und 100% der Gesellschaftsanteile der U N8 GmbH interessiert war. Zu dieser Zeit existierten weder konkrete Vereinbarungen zu möglichen Konditionen hierzu, noch eine realistische Aussicht auf den Zufluss von Kapitalmitteln durch F11. Einen direkten Zugriff auf Geldmittel der F11 hatte die U I7 AG weiterhin nicht. Vor dem Hintergrund dieser Möglichkeit beschlossen die Angeklagten das Mandat mit der M6 AG nicht fortzuführen, um nicht durch eine allgemeine Marktansprache ein mögliches Interesse der russischen Seite zu verringern. Entsprechend endete die Zusammenarbeit mit der M6 AG. Andere mögliche Investoren standen nicht zur Verfügung. In der Zeit vom 10.11.2009 bis zum 30.11.2009 erhielt die U F4 GmbH Geldzuflüsse von T4er Gesellschaften in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. €, die zur Begleichung offener Verbindlichkeiten verwandt wurden, so am 25.11.2009 in Höhe von 700.000 € als "Rückzahlung Schuldverschreibung von der U7 Technology AG".

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Nachdem das HZA L10 der BFD West am 03.11.2009 den Entwurf eines ablehnenden Stundungsbescheids mit der Bitte um Zustimmung übersandt hatte, da die Sache aus Sicht des HZA L10 nunmehr entscheidungsreif sei, und diesen um die Möglichkeit einer Sicherheitsleistung zum 20.11.2009 ergänzt hatte, teilte der Mitarbeiter der BFD West, ZOAR E15, den Beteiligten intern am 17.11.2009 folgendes mit:

"Die Zentrale Facheinheit bei der Bundesfinanzdirektion Mitte hat den Entwurf geprüft und bittet um Nachbesserung aufgrund der Tragweite einer eventuellen Ablehnung. Vor einer Entscheidung über den Stundungsantrag soll das Angebot der Firma U GmbH über die Vorlage einer Verpflichtungserklärung der Firmen U I7 und U T21 GmbH näher geprüft werden. Dazu bitte ich der Firma detailliert mitzuteilen, in welcher Form eine verwertbare Sicherheit geleistet werden kann und ihr eine kurze angemessene für die Leistung derselben zu setzen.

Anschließend ist der Entwurf der Ablehnung des Stundungsantrags unter Berücksichtigung des Ergebnisses dieses Schreibens neu zu fassen. Der Bescheid soll in sehr sachlicher Form die Voraussetzungen für eine Stundung abhandeln, um möglichst Angriffspunkte auszuschließen. Anschließend wird die Bundesfinanzdirektion Mitte unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Bundesfinanzdirektion Südwest den Entwurf erneut prüfen."

Zu dieser Zeit war den Mitarbeitern des HZA L10 wie auch der BFD West bekannt und bewusst, dass die U-Gruppe, vertreten durch die U I7 AG aus deren eigener Sicht - so deren Vortrag bereits ab Juni 2009 gegenüber den Behörden - bei Fälligkeit der Stromsteuernachzahlungen zahlungsunfähig gewesen wäre, die U I7 AG eigene Einnahmen nicht generierte und die U T21 GmbH lediglich die Einnahmenseite zu der Ausgabenseite der U F4 GmbH über den Factoringvertrag abwickelte und diese zu 99,2% an die U F4 GmbH abführen musste. Hintergrund der zögerlichen Haltung der BFD West war vielmehr, dass die Causa "U" aus deren Sicht "politische Dimension" aufwies und das Bundesministerium der Finanzen (im Folgenden: " BMF") ständig informiert und beteiligt werden musste. Da die U-Gruppe zu dieser Zeit der größte unabhängige Energieanbieter im Stromsegment und insofern eines der Aushängeschilder für den politischen Nachweis einer erfolgreichen Liberalisierung des Strommarktes in Deutschland sein sollte, scheuten die Entscheidungsträger - trotz der schon länger bestehenden Entscheidungsreife - die beantragte Stundung abzulehnen, da sie davon ausgingen, dass die U-Gruppe ansonsten in die Insolvenz gehen müsste. Insofern versuchten sie, durch gezielte Nachfragen an bloße Behauptungen der Antragstellerin sowie Anforderung von Nachbesserungen bei dem HZA L10 Zeit zu gewinnen und weiterhin von der Vollstreckung abzusehen in der Hoffnung, dass sich die Lage der U-Gruppe wieder stabilisieren würde.

Die weiterhin - trotz der Zusagen des HZA L10 - fällige, als bestehend anerkannte Forderung des HZA L10 aus Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und 2009 belief sich zu dieser Zeit auf insgesamt 28.317.574 €, die jedenfalls seit dem 25.06.2009 fällig waren und - wie den Angeklagten bekannt - weder von der U F4 GmbH, noch von der U I7 AG oder deren Tochtergesellschaften gezahlt werden konnte. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen weiterhin nicht vor. Ratenzahlungen gemäß dem neuerlichen Vorschlag der U-Gruppe einer Stundung über 48 Monate wurden seitens der U F4 GmbH in der Folgezeit nicht veranlasst. Hierzu berichtete der für das Finanzressort zuständige L4 in seinem Bericht im Führungskreismeeting vom 10.11.2009, an die Teilnehmer, u.a. die Angeklagten, dass es vom HZA L10 derzeit noch keine Rückmeldung gebe, man in den kommenden Tagen hierzu eine Entscheidung erwarte. Weiter berichtete L4 in dem Führungskreismeeting vom 28.11.2009 in Anwesenheit der Angeklagten folgendes:

"Obwohl wir bisher keine konkrete Antwort vom Hauptzollamt vorliegen haben, ist die Kommunikation mit Herrn M9 vom Hauptzollamt sehr positiv und es herrscht Optimismus hinsichtlich der ausstehenden Entscheidung von der Bundesfinanzdirektion Mitte. Um die positive Richtung zu verstärken, werden wir die Prozesse weiter optimieren. Die Liquiditätsplanung ist auf 48 Monate darzustellen."

(4) Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Sitzung des Aufsichtsrats vom 02.11.2009

Nach dem Eintritt des neuen Finanzchefs L4 kam es am 02.11.2009 zu einer Aufsichtsratssitzung der U I7 AG, an der neben K und C, die Gebrüder T3 sowie L4, N4, T6 und O teilnahmen. Zu dem TOP Sanierungsplan hielt K als Protokollführer in dem zugehörigen Protokoll folgendes fest:

"Es wurde besprochen, dass die gesamte Unternehmensgruppe eines Sanierungsplans bedarf, der ebenfalls von den Jahresabschlussprüfern des Jahresabschlusses 2008 verlangt wird. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Sanierung sind:

1. Stundung der Stromsteuernachzahlung 2008 u. 2009 durch das Hauptzollamt

2. zusätzliche Liquiditätszufuhr

3. Finanzierungszusage für 2010

4. Schaffung von Eigenkapital durch Umschuldung Schuldverschreibungen

5. Bewertung des Kundenstamms 2009 durch externen WP

6. Straffung der Unternehmensstruktur

Alle diese Maßnahmen sind in einen schriftlichen Sanierungsplan zu fassen. Zu den einzelnen Maßnahmen werden durch den Aufsichtsrat folgende Vorschläge der Geschäftsleitung genehmigt:

1. Stundungen durch das Hauptzollamt

Es wird keinerlei zeitlicher Druck auf das Hauptzollamt ausgeübt. Auch auf politischen Druck wird noch verzichtet. Allerdings wird sich nach dem Stand des Verfahren erkundigt.

2. Zusätzliche Liquiditätszufuhr

Es werden für 2010 weitere Preiserhöhungen vorgenommen. Dies ist auch aufgrund der steigenden Abgabe für Erneuerbare Energien-(EEG-Abgaben) notwendig. Die neuen Margen und der zusätzliche Aufwand für EEG-Abgaben Sind in eine neue Liquiditätsplanung bis Ende 2010 einzustellen. Der sich daraus ergebende Liquiditätsbedarf (für 2008 ca. 6,0 Mio.) wird durch die Ausgabe weiterer Schuldverschreibungen realisiert.

3. Finanzierungszusage 2010

Der zusätzliche Liquiditätsbedarf für 2010 (ca. 10,0 Mio.), insbesondere wegen anderer Zahlungsweisen der EEG-Abgaben, wird ebenfalls durch Ausgabe neuer Schuldverschreibungen gedeckt. Hierfür wird heute schon eine Zusage von Zeichnern eingeholt. [...]"

(ii) Verdeckte Einbindung der C3 AG

Ab Ende Oktober 2009 verfolgten die Angeklagten, denen die dramatische Situation der U-Gruppe bekannt war, nach dem Ausscheiden Bs die Strategie der Konzentration auf die Erstellung eines Sanierungsgutachtens im Hinblick auf eine mögliche Überschuldung der Einzelunternehmen, um mit dessen Hilfe letztlich noch das aus ihrer Sicht überlebenswichtige Testat der C3 AG erlangen zu können. Von der Stellung eines Insolvenzantrags für die U I7 AG oder die U F4 GmbH im Hinblick auf eine bestehende Zahlungsunfähigkeit sahen sie indes weiterhin bewusst ab. Sie stellten auch weder Bemühungen dahingehend an, die von den Rechtsanwälten H und I für eine abschließende Bewertung eingeforderte Planung auf Einzelunternehmensbasis zu erstellen, noch die Prüfung der Liquiditätslage unter Zurückstellung der Stromsteuernachforderungen ggf. unter Hinzuziehung weiterer Fachberater aufzuarbeiten, obwohl sie über die Notwendigkeit auch im Hinblick auf das Erstellen eines Sanierungskonzepts informiert waren. Aufgrund der zugespitzten Liquiditätssituation war K über C und L4 nunmehr wieder verstärkt in operative Belange betreffend die Liquiditätssituation involviert, indem er von diesen wichtige E-Mails zur Information zugeleitet bekam, um über den aktuellen Stand informiert zu sein. Im weiteren Verlauf der Geschehnisse war das Handeln der Angeklagten - unter Aufrechterhaltung des praktizierten Priorisierungssytems und unter Ausblendung der bestehenden Liquiditätsproblematik - so allein davon getragen, die von der C3 AG angeführten Voraussetzungen für ein Testat mithilfe eines Sanierungsgutachtens zu erfüllen. Infolgedessen bemühte sich der Führungskreis der Gruppe die Zusammenarbeit mit der C3 AG wieder zu reaktivieren, indem man diese für die Erstellung eines Sanierungskonzepts beauftragen wollte. Aufgrund der der C3 AG bekannten Liquiditätslage war diese zu einer öffentlichen Weiterführung der Prüfungstätigkeiten aber - wie in dem Schreiben vom 28.10.2009 dargelegt - nicht bereit. Allerdings ordnete die C3 AG den Zeugen I2 bis Ende Januar 2010 ab, damit dieser ab 27.11.2009 zusammen mit T6 im Rahmen eines "versteckten" Mandats, isoliert in einem gesonderten Büro, an dem Sanierungskonzept für die U I7 AG und die Gruppe insgesamt arbeiten sollte.

(iii) Compliance-Management für Netzbetreiber

Da sich ab Anfang November 2009 aufgrund einer Vielzahl von Anrufen und Androhungen von Netzzugangsverweigerungen die Aufrechterhaltung des seit 2008 praktizierten Priorisierungssytems mangels ausreichender Liquidität als schwierig erwies, gab es auf Veranlassung L4s interne Abstimmung zwischen den mit den Netzbetreibern in Kontakt stehenden Mitarbeitern, hier L4 selbst, sowie N4, L8 und U6, dahingehend, wie auf Anfragen von Netzbetreibern einheitlich reagiert werden sollte (sog. "einheitliches Compliance-Management"). Hintergrund hierzu war, dass aufgrund der betrieblichen Struktur der Gruppe die Netzbetreiber zum Einen bei der F6 GmbH (hier: deren Justitiar U6), zum Anderen bei der übergeordneten U I7 AG direkt (hier: L4, N4 sowie dessen Cash-Manager L8 und T8) anfragten, wodurch die akute Gefahr von Widersprüchen in Bezug auf die vorgeblichen Verzögerungsgründe der Bezahlung bestand. Hierzu wurde intern am 10.11.2009 durch den Pressesprecher N4 ein einheitliches Wording entwickelt, das den Angeklagten bekannt war und von diesen gebilligt wurde. In dessen E-Mail an L4, zur Kenntnis den Angeklagten, vom 12.11.2009 führte dieser hierzu u.a. folgendes aus:

"Die Anrufe der Netzbetreiber-Mitarbeiter bei unserer Buchhaltung, mit dem Ziel, eine schnellstmögliche Zahlung zu erwirken, lassen sich in drei Forderungen bzw. Eskalationsschritte gliedern:

1. Anrufer will konkreten Zahlungszeitpunkt genannt haben.

2. Anrufer will Zahlungsnachweis/Zahlungsbestätigung erhalten.

3. Anrufer will Vorgesetzten sprechen.

Sollte an diesen Stellen auch ein Wording vorzugeben sein, wie die Mitarbeiter reagieren sollen, bitte ich Sie um ein kurzes Gespräch. In einer etwas allgemeiner gehaltenen Aussage gegenüber den Netzbetreibern könnten wir in etwa so argumentieren, wie bereits gegenüber den Medien ("Technische Probleme" o.ä. sollten nicht genannt werden, da nicht glaubwürdig). Klar ist: Im Idealfall gewinnen wir mit folgenden Aussagen Zeit, mehr aber auch nicht.

Für U

Anrufer fragt nach dem Grund der Verspätung

"Durch das enorme Wachstum, was wir erlebt haben und immer noch erleben, sind unsere personellen und technischen Kapazitäten sehr knapp. Wir wissen, dass wir mit unserer Zahlung bei Ihnen im Rückstand sind. Das ist uns zwar sehr unangenehmen. Wir sind uns aber sicher, dass in den kommenden Monaten Unregelmäßigkeiten beim Zahlungsverkehr zur Ausnahme werden - und schlussendlich nicht mehr vorkommen."

Anrufer will wissen, was konkret unternommen wird

"Zwei Beispiele: Der extreme Anstieg der Mitarbeiterzahl. Beim Start ins Stromgeschäft gab es etwa 80 U-Mitarbeiter, heute sind es über 430 und es kommen immer mehr hinzu - selbstverständlich auch in der Buchhaltung. Zum anderen sind wir dabei, ein Qualitätsmanagement zu entwickeln, um uns nach ISO 9001 zertifizieren zu lassen und dann gibt es erhebliche Investitionen in unsere EDV. Sie sehen, wir schauen den wachstumsbedingten Problemen nicht tatenlos zu!"

Anrufer will wissen, ob U Zahlungsschwierigkeiten hat

"Die Schwierigkeiten liegen in den eben dargestellten Problemen begründet. Sie haben, wenn auch verspätet, die Zahlungen ja immer erhalten. Das wird auch zukünftig so sein."

Für F6

Anrufer fragt nach dem Grund der Verspätung

"Zwar gehört die F6 GmbH zur U-Gruppe, wir sind, wenn auch ein interner, letztendlich aber nur ein Dienstleister. Wir wissen aber, dass U ein enormes Wachstum erlebt hat und immer noch erlebt. Dadurch sind die personellen und technischen Kapazitäten bei U sehr knapp. Rückständige Zahlungen sind auch uns sehr unangenehmen. Wir sind uns aber sicher, dass in den kommenden Monaten Unregelmäßigkeiten beim Zahlungsverkehr zur Ausnahme werden - und schlussendlich nicht mehr vorkommen."

Anrufer will wissen, was konkret unternommen wird

"Zwei Beispiele: Der extreme Anstieg der Mitarbeiterzahl. Beim Start ins Strom geschäft gab es etwa 80 U-Mitarbeiter, heute sind es über 430 und es kommen immer mehr hinzu - selbstverständlich auch in der Buchhaltung. Zum anderen ist U dabei ein Qualitätsmanagement zu entwickeln, um sich nach ISO 9001 zertifizieren zu lassen und dann gibt es erhebliche Investitionen in die EDV. Sie sehen, U schaut den wachstumsbedingten Problemen nicht tatenlos zu!"

Anrufer will wissen, ob U Zahlungsschwierigkeiten hat

"Die Schwierigkeiten liegen in den eben dargestellten Problemen begründet."

Von einer längeren (allgemeinen) Erklärung für die verspäteten Zahlungen würde ich absehen, da sonst die Gefahr, sich in Widersprüchen zu verwickeln, recht hoch sein dürfte. Fraglich ist nur noch, wie es weitergeht, wenn der Anrufer hartnäckig bleibt und mindestens eine der oben genannten Forderungen stellt. [...]"

Hierzu antwortete C an den Verteilerkreis der Ursprungsmail, dass dann, wenn der Anrufer hartnäckig bleibe, was heute schon an der Tagesordnung sei, entsprechend eskaliert werden müsse. Darüber führte er u. a. aus:

"Für mich stellt sich die Frage, ob wir die allgemeine Äußerung zu Investitionen in die EDV nicht ausführlicher darstellen sollten? Für den Jahreswechsel ist die Umstellung auf eine neue FiBu geplant, die bereits seit Mitte des Sommers durch T-T15, J2 und Q9 als Program Planning GmbH begleitet wird. Ich glaube, jeder der schon einmal einen Softwarewechsel im Livebetrieb miterlebt hat, wird Verständnis für Schwierigkeiten haben."

Daran anschließend implementierte L4 mit Billigung der Angeklagten das einheitliche Wording mit dem Ziel, die bestehenden Zahlungsschwierigkeiten zu kaschieren und die an die Gruppe herantretenden Gläubiger gezielt hinzuhalten, um Zeit zu gewinnen und die Zahl der Eskalationsfälle, also derjenigen Anrufer von Netzbetreibern, die hartnäckig blieben, zu verringern.

(iv) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen

Vorstand und Aufsichtsrat der U I7 AG trieben Anfang November 2009 gemeinsam die Abwicklung der beiden U9-Gesellschaften voran, die sich weitestgehend kostenneutral gestaltete. Entsprechend beschloss die Gesellschafterversammlung der U9 GmbH zum 04.11.2009 die Auflösung der Gesellschaft, mit der gleichzeitig der bisherige Geschäftsführer E3 zum Liquidator bestellt wurde. Zudem beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat die Einstellung und den Verkauf des insgesamt defizitären Telekommunikationsbereiches, da aus deren Sicht eine Finanzierung des Erwerbs von Neukunden unter Erbringung eigener Telekommunikationsdienstleistungen nicht möglich erschien. Alternativ sollten nur noch fremde Telekommunikationsdienstleistungen im Rahmen des Cross-Sellings mit anderen Produkten vertrieben werden. Weiter sollte das Cross-Selling im Hinblick auf Finanzprodukte verstärkt werden. Dabei war geplant, über die U FINANCE GmbH und den Strukturvertrieb der U O3 GmbH Fondanteile des Fondsanbieters E7 zu vertreiben, dessen Vertriebsgesellschaft durch den mit K befreundeten, gesondert Verfolgten H9 geleitet wurde und in deren Vertriebsstruktur auch Unternehmen waren, die von K gesteuert wurden. Am 12.11.2009 wurde der Wechsel von C zu T6 als Alleingeschäftsführer der U Gas GmbH im Handelsregister eingetragen. Im Zuge des Ausscheidens Bs wurde am 12.11.2009 der Geschäftsführerwechsel von B zu L4 bei der U FINANCE GmbH sowie am 17.11.2009 bei der U T21 GmbH im Handelsregister eingetragen. Gleichsam erfolgte zum 13.11.2009 die Eintragung der Gesamtprokura für L4 betreffend die U I7 AG in das Handelsregister. Darüber hinaus verfolgten die Angeklagten, unterstützt durch K, das Ziel, die bestehende U F4 GmbH mit der noch inaktiven U Gas GmbH als aufnehmende Gesellschaft zum 30.12.2009 unter Aktivierung des Wertes des angewachsenen Kundenportfolios zu verschmelzen. Im Zuge der Vorbereitungen hierzu fiel aber auf, dass eine solche Verschmelzung zum Jahresende eine testierte Schlussbilanz der untergehenden Gesellschaft für 2009 bedingte, die auf absehbare Zeit ebenfalls nicht vorgelegen hätte. Im Zuge dessen verliefen sich die Bemühungen der Verschmelzung zunächst in der Hoffnung, diese nach Erhalt eines Testats erneut aktivieren zu können. Eigentlich sollte die beabsichtigte Transaktion nunmehr zum Stichtag 31.12.2010 durchgeführt werden. Schlussendlich wurden diese Pläne jedoch niemals umgesetzt.

(v) Sonstiges

(a) Inanspruchnahme von Versicherungsschutz

Nachdem Dr. L bemerkt hatte, dass C von seinen Bemühungen für eine Vermögensschadens- und Spezial-Strafrechtsschutz-Versicherung für Manager nicht in Kenntnis war, leitete er am 03.11.2009 das Angebot auch an diesen weiter, nachdem er zwischenzeitlich mit K über den Abschluss einer solchen Versicherung gesprochen hatte. Zu Erläuterung führte Dr. L aus:

"Mir ist gestern bei der Ablage aufgefallen, dass du hier gar nicht drauf bist. Ich hatte letzte Woche mit N20 kurz dazu gesprochen, er befürwortet den Abschluss. Unsere Arbeitsverträge sagen ja auch, dass eine D&O geschlossen wurde/wird. Diese Versicherung hier funktioniert auch ohne Bilanzen... Einen Versuch ist's aus meiner Sicht sicher wert. [...] Sicher ggfs. auch für D12 und R. E3 ... Was meinst Du?"

Im Anschluss hieran schloss auch C einen entsprechenden Versicherungsschutz ab. Schließlich informierte Dr. L über die Vorstandsassistentin H7 am 12.11.2009 auch T6, O, E3 und L4 über diese persönliche Versicherung verbunden mit dem Hinweis, dass deren Anstellungsverträge um eine Kostenübernahme für den straf- und zivilrechtlichen Bereich ergänzt würden. Ob entsprechende Abschlüsse der gesondert Verfolgten erfolgten, konnte die Kammer nicht feststellen. Jedenfalls wurde im Nachgang hierzu in der Aufsichtsratssitzung vom 28.01.2010 rückwirkend eine Kostenerstattung für die den Vorstandsmitgliedern für eine solche persönlich abzuschließende Rechtsschutzversicherung entstandenen Kosten aus den Mitteln der U I7 AG zugebilligt.

(b) Geschäftsbeziehung mit der Q AG

Wie bei Eingehung des neuen Vertragsverhältnisses wegen der Unternehmenssituation und der aus Sicht der Q AG bestehenden Notwendigkeit von Sicherheiten beabsichtigt, fand am 29.10.2009 ein Gespräch zwischen dem Zeugen F16 sowie Dr. L, N4, T6 und L4 statt, in dem das Volumen der über die Q AG seitens der U T21 GmbH eingezogenen Kundengelder berichtet wurde. Dabei führte F16 aus, dass in den letzten vier Monaten über Konten der Q AG ein durchschnittliches Einzugsvolumen von Lastschriften unterhalb von 30 Mio. € realisiert worden sei. Grundlage der referenzierten Geschäftsbeziehung war, dass die Kontoführung auf rein kreditorischer Basis bei Ausschluss selbst nur valutarischer Inanspruchnahmen erfolgte und auch weiterhin erfolgen sollte. Für die Risiken aus dem Lastschrifteinzugsverfahren verlangte die Q AG eine 10%-ige Sicherheitsleistung in Form eines Bardepots. Entsprechend dem Einzugsvolumen waren auf einem gesperrten Cashkonto zugunsten der Q AG 3 Mio. € hinterlegt. Vor diesem Hintergrund kontaktierte F16 mit Ablauf des Monats November unter dem 01.12.2009 umgehend N4 und T6 und teilte diesen mit, dass das Lastschriftvolumen für November 2009 auf über 50,5 Mio. € angestiegen war, was einem durchschnittlichen monatlichen Einzugsvolumen von ca. 39,5 Mio. € in den letzten drei Monaten entspreche. Aufgrund dieser Entwicklung forderte F16 via E-Mail zugleich die Erhöhung der bestehenden Sicherheit um weitere 950.000 €, die in der Folgezeit von der U-Gruppe beglichen wurden. Weiter führte er u.a. folgendes aus:

"Sollten die Einreichungsvolumina weiter steigen, bitten wir wie besprochen um eine laufende Anpassung des Guthabens, so dass jeweils 10% des Monatsvolumens liquide unterlegt sind. Wir möchten nochmals darauf hinweisen, dass wir gerne eine Kreditvormerkung für Sie prüfen, um ggf. ganz oder teilweise auf die Sicherheitshinterlegung verzichten zu können. Voraussetzung ist jedoch eine aktuelle Bonitätsprüfung und entsprechende Kreditentscheidung in unserem Haus. Hierfür fehlen uns bislang die erforderlichen Unterlagen."

Im Nachgang erhöhte die Q AG ab dem 07.12.2009 das zugelassene Lastschriftlimit für die U T21 GmbH von 30 Mio. € auf nunmehr 55 Mio. €, wobei hierbei je nach Entwicklung der Einzugsvolumina eine sukzessive Erhöhung der Sicherheit notwendig werden sollte. Die Konten der U-Gruppe standen dort aber weiterhin unter "besonderer Beobachtung". Zudem behielt sich die Q AG ausdrücklich eine Bonitätsprüfung oder die Kündigung bei negativen Entwicklungen vor. Ursächlich für das im November 2009 massiv angestiegene Einzugsvolumens von ca. 30 Mio. € im Oktober auf nunmehr über 50 Mio. € war, dass im November 2009 bereits Forderungen aus Dezember 2009 vor deren eigentlichem Fälligkeitszeitpunkt eingezogen worden waren.

(5) Entwicklung des Kundenbestands

Im November 2009 erweiterte die U-Gruppe ihren Versorgungsbereich im Gassegment: Bis zum 31.12.2009 konnte die U F4 GmbH allein die sog. H-Gas-Gebiete beliefern, die ca. 70% des deutschen Gasmarktes abdecken. Ab 01.01.2010 konnte die U F4 GmbH nunmehr auch die verbleibenden L-Gas-Gebiete (30% des Gasmarktes) mit Gas beliefern, womit eine Belieferung von Endkunden in ganz Deutschland möglich wurde. Entsprechend begann die U-Gruppe unter Ausweitung ihres Vertriebsnetzes ab 01.11.2009 mit dem Vertrieb von Gastarifen in den neuen Versorgungsgebieten, die - unter Anwendung der bisherigen Preisgestaltungsprinzipien - einen erhöhten Rabatt auf den Grundversorgerpreis enthielten, um die Attraktivität der Angebote zum Einstieg für die Endkunden zu erhöhen. Entsprechend kam es zu einer Vielzahl von Vertragsabschlüssen, die die Zahl der versorgten Gaskunden in 2010 erheblich ansteigen lassen sollte. Vor diesem Hintergrund gelang es der Gruppe im Gassegment hinsichtlich der Anzahl an Neuverträgen in den Monaten November und Dezember 2009 einen Nettozuwachs von durchschnittlich bis zu 7.000 pro Monat zu erzielen, was einem Anstieg von über 250% zu den Monaten bis Oktober 2009 bedeutete. Da die eigentliche Versorgung dieser Neukunden und korrespondierende Belieferungskosten für die U F4 GmbH frühestens ab Januar 2010 verwirklicht werden konnte (der durchschnittliche Zeitraum zwischen Auftragseingang und Versorgungsbeginn im Gasbereich betrug zu dieser Zeit 2,8 Monate), gleichzeitig aber die angebotenen Tarifmodelle Vorauskasseleistungen der Neukunden bedingten, die kurzfristig zu begleichen waren, generierte die U-Gruppe - analog des Einstiegs in das Stromgeschäft Ende 2007 - erhebliche neue Liquidität die sukzessive über die U T21 GmbH zur Verfügung stehen sollte.

Parallel hierzu passten die Verantwortlichen der U-Gruppe weiter sukzessive Altverträge im Strombereich durch Preiserhöhungen bei über 46.000 Endkunden an, wodurch zahlreiche Kunden verloren gingen, sich aber andererseits die Ertragslage besserte, der sich die Anzahl originär defizitärer Verträge sukzessive verringerte. Zudem war der reine Strombezugspreis auf 68,72 €/MWh angestiegen, mit der Folge dass sich die Kosten des Einkaufs von Strom inklusive der EEG-Umlage für die U F4 GmbH mit steigender Anzahl versorgter Kunden auf über 10,9 Mio. € pro Monat (Bezugsmenge ca. 159.000 MWh) erhöht hatten, sich diese im Dezember aber noch bei einem dann aktuellem Strompreis von 67,36 €/MWh auf insgesamt 11,7 Mio. € (Bezugsmenge ca. 173.000 MWh) erhöhen sollten. Mit Oktober 2009 und dem Beginn der kühleren Jahreszeiten hatten für die U-Gruppe als Energieversorger die sog. "dunklen" Monate, die jahreszeitbedingt den Energiebedarf der unter Vertrag stehenden Endkunden massiv erhöhten, begonnen. Hieraus resultierten höhere Energieeinkaufs- und -folgekosten für die U F4 GmbH.

g) Weiteres Geschehen bis Dezember 2009 (bis 31.12.2009)

In der Folgezeit entwickelten sich die U-Gruppe im Allgemeinen und die U I7 AG und die U F4 GmbH im Besonderen ab Anfang Dezember 2009 wie folgt:

(1) Stand der Verbindlichkeiten

Die U F4 GmbH sah sich - neben den weiterhin ausstehenden Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen Berechnungen der U I7 AG Anfang Dezember auch weiterhin mit (über-)fälligen, als bestehend anerkannten Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von weit über 35 Mio. € konfrontiert, deren Höhe sich zwar durch die Kundeneinzüge zum Monatsanfang verringert hatte, im weiteren Verlauf aber durch die anstehenden Zahlungen auf sämtliche, auch unverschiebbare Verbindlichkeiten wieder anstieg. Insofern änderte sich - wie bisher - unter von den Angeklagten plangemäß angestoßener Anwendung des praktizierten Priorisierungssytems lediglich teilweise die Zusammensetzung des aufgelaufenen Forderungsbestands. So meldete der Zeuge L8 am 11.12.2009 an N4 - unter Übersendung einer Auflistung der aktuellen Kontostände und der Zahlungsströme für Dezember -, dass sich aktuell zum Monatsende eine Unterdeckung ergebe und in den Listen ggf. verschiebbare Auszahlungen rot markiert seien. Daraufhin berichtete N4 an L4 wie folgt:

"Anbei finden Sie den aktualisierten "kurzfristigen" Liqui-Status für Dezember 2009. Hierbei wird schnell ersichtlich, dass wir einige an sich gesetzte Zahlungen (U13, Provisionen, Quits u.a.) in Frage stellen müssen, sofern keine zusätzlichen Mittel aus der T4 eintreffen. Am Ende des Monats (vor der letzten BKW Rate) kann man ggf. noch einmal mit Frau M20 darüber verhandeln, einmalig von der Vereinbarung ab zu weichen und das Geld vorher zu transferieren?"

L4 wiederum wandte sich unter dem 13.12.2009 per E-Mail an K sowie in Kopie an Dr. L und C mit dem Hinweis, dass man weiteres Kapital benötige. Das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten der U-Gruppe wurde so wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Der Ablauf des Priorisierungssytems in der Zeit bis 31.12.2009 zeichnete sich u. a. an folgenden exemplarisch aufgezählten Geschäftsvorfällen nach:

(i) U13 GmbH

Wie angekündigt, forderte U13 die U F4 GmbH mit Schreiben vom 01.12.2009 nunmehr dazu auf, - wie von dieser gewünscht - hinsichtlich der Abschlagsrechnungen von der bisherigen Zahlungsweise, in der monatliche Berechnungen erfolgt waren, auf Ratenzahlung in drei monatlichen Teilbeträgen umzustellen. Gleichsam übersandte U13 der U F4 GmbH jeweils unter dem 03.12.2009 EEG-Abschlagsrechnungen für November 2009 in Höhe von 1.098.482,03 € und Dezember 2009 in Höhe von 1.484.925,35 €, jeweils fällig zum 17.12.2009, wobei für die Dezember-Abrechnung in Anwendung der - in Ansehung der bisherigen Bezahlpraxis - neu vereinbarten Zahlweise drei Teilraten á 494.975,12 €, fällig zum 09.12.2009, 16.12.2009 und 23.12.2009, avisiert waren. Alle diese angeforderten Zahlungen beglich die U F4 GmbH im Monat Dezember 2009 - unter dem Druck der drohenden Sicherheitsleistung - zum Fälligkeitszeitpunkt. Die Zahlungen auf die Bilanzkreisabrechnungen liefen weiterhin nach dem bisherigen Muster.

(ii) B15 GmbH

Unter dem 15.12.2009 trat die Fälligkeit der EEG-Abrechnung für November 2009 ein, die wiederum fällige, als bestehend anerkannte Forderungen von über 2,25 Mio. € auswies. Erst, nachdem die B15 GmbH am 04.01.2010 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, erfolgte im Nachgang eine Begleichung der Rückstände zum 05.01.2010.

(iii) F-Gesellschaften

Unter dem 10.12.2009 mahnten drei Tochtergesellschaften des Energieversorgers F weitere fällige, als bestehend anerkannte Forderungen zum wiederholten Male bei der U F4 GmbH jeweils bis zum 23.12.2009 zur Zahlung an:

F Westfalen-Weser AG in Höhe von über 2,3 Mio. €,

F B19 AG in Höhe von über 1,5 Mio. €,

F I17 AG in Höhe von über 343.000 €.

Da sämtliche dieser offenen Forderungen trotz vorheriger weiterer Mahnung mit Nachfristsetzung nicht erfolgt waren, stellten die jeweiligen Gläubigerinnen, sofern ein Ausgleich zur Frist nicht erfolgen sollte, zum 11.01.2010 die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder die Abgabe an ein Inkassobüro in Aussicht. Am 14.12.2009 trat der für die F-Gesellschaften zuständige Mitarbeiter T35 mit L4 in Kontakt, um nochmalig auf eine Zahlung hinzuwirken. Im Nachgang hierzu meldete T35 an N4 und L4 zurück, dass eine Zahlung auch bis zum 14.12.2009 nicht erfolgt sei und aufgrund der hohen Außenstände eine Sicherheitsleistung in Höhe von mindestens 90% der ausstehenden Gesamtsumme verlangt werde. Nachdem L4 die unverzügliche Bearbeitung des Vorgangs zugesagt hatte, meldete dieser den Vorgang an K sowie zur Kenntnis an C, Dr. L und N4 und führte darin u.a. aus:

"Kurzfristige Taktik, wir verschieben das Zahlungsziel in den Januar. Hier müssen wir dann genau wissen, wann wir die ca. 5 Mio. € zahlen können?! Ferner erlaube ich mir zu wünschen, dass Sie die avisierten 2 Mio. € transferieren."

In der Folgezeit kam es am 16.12.2009 in S16 zu einem Gespräch zwischen Vertretern beider Seiten, in dem die U-Vertreter dem Vorschlag L4s folgend eine Begleichung für den 05.01.2010, nach Eingang der Kundengelder zum Monatsanfang, in Aussicht stellten. Der begehrten Stundung wollten die F-Gesellschaften aber nur dann nachkommen, wenn seitens der Gruppe eine schriftliche Zusicherung gegeben werde, dass für diese ein Insolvenzgrund nicht vorliege. Entsprechend unterzeichneten die Angeklagten - in Kenntnis der fortbestehenden Krisensituation der U F4 GmbH und der U I7 AG und des Umstands, dass für beide eine abschließende Prüfung des Vorliegens von Insolvenzgründen durch Fachberater auch nicht durchgeführt worden war - am 17.12.2009 eine schriftliche Erklärung allein für die U I7 AG, die wie folgt lautete:

"Wir bestätigen Ihnen hiermit ausdrücklich, dass wir trotz der derzeitigen offenen Forderungen nicht zahlungsunfähig sind. Gleichzeitig bestätigen wir auch, dass wir derzeit nicht von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 18 InsO betroffen sind bzw. uns auch keine Überschuldung i. S. d. § 19 InsO droht. Wie am 16.12.09 mit Ihnen und Ihren Kollegen in S16 besprochen, erwarten wir nunmehr die Zusendung über eine Vereinbarung der Stundung, der Zinsberechnung und des Vorgehens bezüglich der Negativ-REMADV. Wie vereinbart, werden die in diesem Zusammenhang ausstehenden Forderungen zum 05.01.2010 unsererseits beglichen."

Nachdem L4 die Übersendung des Schreibens an die F-Gesellschaften noch am gleichen Tag veranlasst hatte, meldete er im Nachgang K folgendes zurück:

"Beigefügtem Schreiben können Sie entnehmen, dass wir von der Stundung unserer Verbindlichkeiten F bis zum 5.1.2010 ausgehen können, weil L19 und H18 die oben bezeichnete Versicherung gegenüber den F-Gesellschaften unter Inkaufnahme eines möglicherweise hohen persönlichen Risikos unterzeichnet haben. Das ist beiden aus meiner Sicht sehr hoch anzurechnen! Um die beiden Herren ggf. juristisch aus der "Schusslinie" zu nehmen, habe ich die Zusicherung aus Sicht I7 (nicht F4) vornehmen lassen."

In der Folgezeit wurden die Gläubigerforderungen jeweils bis 05.01.2010 gestundet.

(2) Investorensuche & Kapitalzuflüsse

Im Dezember 2009 kam es dann zu weiteren Gesprächen mit dem potenziellen Interessenten F11 aus Russland, ohne dass sich aus diesen eine konkrete, über den bereits geschilderten Verhandlungsstand hinausgehende, realistische Aussicht auf eine Kapitalzufuhr in absehbarer Zeit ergeben hätte. Andere mögliche Investoren standen weiterhin nicht zur Verfügung. Unter dem 21.12.2009 erhielt die U F4 GmbH einen Geldzufluss von einer T4er Gesellschaft in Höhe von 800.000 €, die zur Begleichung offener Verbindlichkeiten verwandt wurden.

(3) Kapitalerhöhungen bei der U I7 AG

Im Dezember 2009 bereitete K die zum 25.06.2009 durch die außerordentliche Hauptversammlung der U I7 AG beschlossene Kapitalerhöhung, die durch den Aufsichtsrat und den Vorstand zum 08.12.2009 genehmigt wurde, vor. Hierzu sollten 5 Mio. Aktien zum Nennwert von je 1 €, insgesamt 5 Mio. € ausgegeben werden, so dass sich das Grundkapital insgesamt auf 20 Mio. € erhöhen sollte. Zusätzlich sollte eine weitere Kapitalerhöhung in Höhe von 5 Mio. € erfolgen, die aber erst nach Abschluss der ersten Kapitalerhöhung umgesetzt werden konnte. Nachdem die erste Kapitalerhöhung um 5 Mio. € am 28.12.2009 im Handelsregister eingetragen war, beschloss die Hauptversammlung vom 29.12.2009 die weitere Kapitalerhöhung auf ein Grundkapital von nunmehr 25 Mio. € zum 29.12.2009, die durch den Aufsichtsrat und den Vorstand zum 29.12.2009 genehmigt wurde. Wiederum sollten 5 Mio. Aktien zum Nennwert von je 1 €, insgesamt 5 Mio. € ausgegeben werden. Im Zuge dieses Kapitalerhöhungsszenarios war geplant, dass durch die Kapitalerhöhung bestehende Verbindlichkeiten der U I7 AG getilgt werden sollten, so dass sich die bilanzielle Lage der Gesellschaft durch die Zuführung weiteren Eigenkapitals verbesserte. Die Aktien wurden von der B11 AG gezeichnet, die nicht auf eigene Rechnung handelte, sondern die Aktien gemäß eines Treuhandvertrags vom 11.12.2009 für die K und seiner Ehefrau gehörende N12 Vermögensverwaltungs AG mit Sitz in der T4 erwarb und treuhänderisch für diese hielt. Da der U I7 AG über die T16 T4er Factoring AG ab 2008 Gelder bereitgestellt worden waren, die allesamt als Schuldverschreibungen oder Darlehen zugunsten der T16 T4er Factoring AG verbucht worden waren, hielt die Gesellschaft gegenüber der U I7 AG mit Stand 02.12.2009 nicht fällige Rückzahlungsansprüche in Höhe von über 15 Mio. €, die in Höhe der avisierten Kapitalerhöhung in Höhe von 10 Mio. € nunmehr gegenüber der U I7 AG fällig gestellt und die verbleibenden Rückzahlungsansprüche bis zum 31.12.2011 prolongiert wurden. Gleichsam verpflichtete sich die T16 T4er Factoring AG in der hierzu geschlossenen Umschuldungsvereinbarung vom 02.12.2009 / 07.12.2009 die vereinnahmten 10 Mio. € der B11 AG zu dem Zweck bereitzustellen, die für die Kapitalerhöhung der U I7 AG ausgegebenen Aktien zu zeichnen. Für die U I7 AG unterzeichneten die Angeklagten die zugehörige Vereinbarung, für die T16 T4er Factoring AG der Vertrauensmann Ks, F3, sowie für die B11 AG der Domizilbeauftragte.

Der gesamte Ablauf der Kapitalerhöhungen wurde gesteuert durch K, der auf die Geschicke der T16 T4er Factoring AG faktisch über F3 sowie diejenigen der B11 AG über die ihm und seiner Ehefrau gehörende N12 Vermögensverwaltungs AG und deren Domizilgeber Einfluss nahm. Zudem hatte K unter dem 09.12.2009 eine aktuelle Liquiditätsplanung für die Gruppe erhalten, auf deren Basis er taggenau einen Ablaufplan für die technische Abwicklung der Kapitalerhöhungen erarbeitet hatte, die er am selben Tag C, sowie zur Kenntnis Dr. L, L4 und N4, zur Ausführung übersandte. Aus diesem Plan ergab sich, dass die jeweiligen Einzeltranchen zunächst von der U I7 AG als Rückzahlung an die T16 T4er Factoring AG flossen, die wiederum die Gelder vereinbarungsgemäß der B11 AG bereitstellte, die dann das Geld zurück an das Kapitalerhöhungskonto der U I7 AG buchte. Sodann sollte umgehend die zugehörige Bankbescheinigung dem Handelsregister zur Eintragung übersandt werden und sofort das Geld zurück auf das ursprüngliche Geschäftskonto der U I7 AG fließen, um dieser die durch die Rückzahlung abgezogene Liquidität schnellstmöglich wieder bereitzustellen. Im Ergebnis waren so zwar Verbindlichkeiten der U I7 AG gegenüber der T16 T4er Factoring AG getilgt, für die bestehende Liquiditätssituation der U-Gruppe waren die Kapitalerhöhungen jedoch - wie seit Juni 2009 den Angeklagten bekannt - wirkungsneutral, im Gegenteil verkomplizierten sie für die das Priorisierungssystem ausführenden Mitarbeiter das Verschieben von Forderungen noch zusätzlich, weil jeweils für ein paar Tage die jeweiligen angewiesenen Tranchenbeträge fehlten. Vor diesem Hintergrund war die erste beschlossene Kapitalerhöhung zum 28.12.2009 abgeschlossen, die zweite Mitte Januar 2010. Die im Nachgang zum 09.12.2009 veranlassten Zahlungsströme führten dazu, dass hinsichtlich der ersten Kapitalerhöhung die ersten 2,5 Mio. € jedenfalls zum 17.12.2009 zur Verfügung standen; die zweite Rate wurde am 28.12.2009 zurückgebucht. Hinsichtlich der zweiten Kapitalerhöhung trafen 1,25 Mio. € bereits zum 28.12.2009, die weiteren 3,75 Mio. € flossen bis Mitte 2010 wieder zurück. Die bestehende Liquiditätssituation änderte sich aufgrund dieser Transaktionen nicht.

(4) Verfahrensgang bei dem HZA L10

In Ausführung der internen Anweisungen der höherrangigen Dienstbehörde, der BFD West, hatte sich zwischenzeitlich das HZA L10 mit Schreiben vom 08.12.2009 erneut an die U F4 GmbH, hier L4 und N4, gewandt. Dem Schreiben war die - der U-Führungsebene aus dem Abschlussgespräch und der Entwurfsfassung inhaltlich im Wesentlichen bekannte - finale Version des Prüfberichts vom 01.10.2009 beigefügt. In dem Schreiben führte der Zeuge M9 u.a. folgendes aus:

Das HZA L10 sehe - unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Prüfer - den Steueranspruch weiterhin als gefährdet an, etwas anderes könne aber dann gelten, wenn eine Sicherheitsleistung bereitgestellt werden könnte. Hinsichtlich der vorgelegten Patronatserklärung der U I7 AG für die U F4 GmbH vom 15.12.2006 - die U-Verantwortlichen hatten die aktuell geltende Patronatserklärung aus 2008 für die U F4 GmbH nicht vorgelegt - bestünden als Folge des Erlöschens der ursprünglichen U F4 GmbH aufgrund Verschmelzung Bedenken bezüglich deren Gültigkeit. Die weiter angebotene Verpflichtungserklärung der U T21 GmbH bzw. der U I7 AG liege dagegen ohnehin nur im Entwurfsstadium vor. Sollte eine solche Erklärung existieren, müsse diese vorgelegt und nachgewiesen werden, dass die U T21 GmbH bzw. die U I7 AG über ein der Höhe der Steuerschulden angemessenes Vermögen besitzen, und ferner, dass sie dieses Vermögen vorbehaltlos auch zur Tilgung der Steuerschulden einsetzen könnten. Insofern werde um Stellungnahme hierzu sowie zum Stand der bis Prüfungsende in Aussicht gestellten Maßnahmen und angedeuteter aktueller Restrukturierungsmaßnahmen bis zum 22.12.2009 gebeten.

Mit Ablauf der gesetzten Frist übersandte C für die U F4 GmbH am 22.12.2009 ein Schreiben an das HZA L10, in dem er u.a. wie folgt ausführte:

"[...] An der Tatsache, dass die Einziehung der fälligen Stromsteuer eine erhebliche Härte für die Antragstellerin im Sinne des § 222 AO bedeuten würde, besteht offensichtlich kein Zweifel, so dass diese zwingende Voraussetzung für eine Stundung vorliegt. Sie betrachten allerdings den Anspruch im Falle einer Stundung als gefährdet, da eine ausreichende Sicherheit nicht geleistet werden könne.

Soweit Zweifel an der Gültigkeit der vorhandenen Patronatserklärung der U I7 AG bestehen, können diese selbstverständlich durch die Abgabe einer neuen Patronatserklärung zugunsten der U F4 GmbH ausgeräumt werden. Wir haben dies bereits ausdrücklich angeboten und erneuern unser Angebot gerne. Ähnliches gilt für eine Einbeziehung der U T21 GmbH in die Sicherheitsleistung. Nach wie vor stellen wir die Liquiditätsspielräume innerhalb der Gruppe zur Verfügung. Die von Ihnen angesprochene nicht unterzeichnete Verpflichtungserklärung ist lediglich ein Entwurf unsererseits, der von den Prüfern des Hauptzollamts E6 angeregt worden ist, um die Liquidität der U T21 GmbH in die Gefährdungsbetrachtung einbeziehen zu können. Es sollte daher kein Hindernis sein, wenn die vorliegende Verpflichtungserklärung in der Ihnen bekannten Fassung nicht zur Sicherung des Steueranspruchs dienen könnte.

Die zu leistende Sicherheit kann den Erfordernissen der AO angepasst und selbstverständlich als Schuldversprechen oder als Bürgschaft in diesem Sinne ausgestaltet werden. Ebenso kann die abzugebende Erklärung einen rechtswirksamen Verzicht auf die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB enthalten. Gerne nehmen wir an dieser Stelle die Gelegenheit wahr, Ihnen den Fortschritt unserer Restrukturierungsmaßnahmen zu schildern. Wir nehmen Bezug auf den Entwurf des Prüfungsberichts, dort unter Ziffer 3.5.

I. Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität

1. Am 19. Juni 2009 ist - wie Ihnen bereits bekannt - von den Gesellschaftern der U I7 AG eine Kapitalerhöhung um nominal 5 Millionen €o beschlossen worden. Auf dieses genehmigte Kapital sind inzwischen Aktien ausgegeben und gezeichnet worden. Der eingeforderte Betrag in Höhe von 50 % des Nominalwerts, also 2,5 Millionen €o, ist bereits auf dem Konto der U I7 AG eingegangen. Als Nachweis verweisen wir auf die Bankbescheinigung der S11bank Q6. Die Durchführung der Kapitalerhöhung wird noch dieses Jahr zum Handelsregister angemeldet. Der ausstehende Restbetrag in gleicher Höhe wird uns in Kürze zugehen. Insgesamt erhält die U I7 AG aus dieser Maßnahme 5 Millionen €o, von denen ihr bereits 2,5 Millionen €o zugeflossen sind.

2. Als zusätzliche Maßnahme ist für die 53. Kalenderwoche dieses Jahres eine weitere Kapitalerhöhung um nominal 5 Millionen €o geplant, die anschließend unmittelbar durchgeführt werden wird. Der eingeforderte Betrag wird 25 % des Nominalwertes der neuen Aktien, also 1,25 Millionen €o betragen. Der Eingang des Geldes ist für dieses Jahr vorgesehen, da die Durchführung dieser Kapitalerhöhung noch im laufenden Monat zum Handelsregister angemeldet werden wird. Die entsprechenden Notartermine sind bereits vereinbart. Auch aus dieser Maßnahme werden der U I7 AG noch dieses Jahr 1,25 Millionen €o zufließen. Weitere 3,75 Millionen €o werden im kommenden Jahr 2010 folgen.

3. Die Rückzahlungen aus Schuldverschreibungen zugunsten der U F4 GmbH haben bereits zu den folgenden Zahlungseingängen auf dem Konto der U F4 GmbH geführt:

04.05.2009 2 Millionen €

10.11.2009 800.000,00 €

25.11.2009 700.000,00 €

30.11.2009 300.000,00 €

21.12.2009 800.000,00 €

Gesamt bisher 4,6 Millionen €

Die Rückzahlungen aus Schuldverschreibungen haben in diesem Jahr bereits zu Geldeingängen in Höhe von insgesamt 4,6 Millionen €o geführt. Die Gesellschafter stärken nunmehr die Kapitalrücklage der U I7 AG, indem sie zusätzlich auf Forderungen in Höhe von insgesamt 10.000.000 € verzichten. Insofern hat sich die Eigenkapitalsituation unserer Firmengruppe nachhaltig verbessert.

II. Operative Maßnahmen

1. Wie bereits angezeigt, haben wir zur Verbesserung der operativen Lage in weitere Mitarbeiter investiert: [...] Bislang wurde in 62 neue Mitarbeiter investiert; weitere elf Positionen in unterschiedlichen Bereichen sind aktuell vakant.

2. Das Projekt "Atlas" befindet sich bereits in der Testphase. Die neue Finanzbuchhaltung (T56 von J2) wird so schnell wie möglich eingeführt. Der Termin ist auf den 1. Februar 2010 festgelegt.

3. Unter den gegebenen Umständen ist die Absicherung des Einkaufsportfolios durch Lieferantenrahmenverträge so weit wie möglich fortgeschritten. Wir haben mit mehreren Partnern verhandelt und Rahmenverträge geschlossen. Die Realisierung der Verträge und Umsetzung der Einkaufsplanung setzt jedoch mehr Spielraum und damit die Stundung der Stromsteuer voraus.

Falls Interesse besteht, dass wir unsere Restrukturierungsmaßnahmen in einem persönlichen Gespräch näher ausführen, stehen wir Ihnen dafür jederzeit zur Verfügung. Abschließend möchten wir auf die Einschätzung der Prüfer kurz eingehen: Den Ausführungen im Entwurf des Prüfungsberichts entsprechend, dort Ziffer 5.2, sind uns Ratenzahlungen für die offene Stromsteuerschuld möglich. Wir sind mehr als zuversichtlich, die Raten sowohl kurz-, als auch mittel- und langfristig leisten zu können. Desweiteren sind wir für andere Modelle selbstverständlich offen, die eine Gefährdung des offenen Steueranspruchs anderweitig minimieren oder ausschließen könnten, etwa durch einen (teilweisen) Erlass der Steuerschulden."

Bei Verfassen dieses Schreibens war dem Angeklagten die Krisensituation der U-Gruppe insgesamt bekannt, insbesondere auch, dass die U F4 GmbH deshalb in den Zustand der Zahlungsunfähigkeit gekommen war, weil die Gesamteinnahmen der Gruppe aus Kundengeldern, die bei der U T21 GmbH eingingen und über den Factoringvertrag der U F4 GmbH zuflossen, nicht zur Begleichung sämtlicher fälliger Forderungen ausreichten. Zudem wusste C, dass weder die U T21 GmbH noch die U I7 AG über nennenswertes Vermögen, das als Sicherheit hätte dienen können, verfügte. Ebenso war dem Angeklagten bekannt, dass die avisierten Kapitalerhöhungen nur bilanzielle Effekte haben sollten und die konkret verfügbare Liquidität des Unternehmens nicht positiv beeinflussten. Wie von den Angeklagten C und Dr. L, der das Vorgehen Cs billigte, beabsichtigt und gewollt, gelang es plangemäß durch diese "geschönten" Angaben und Angebote von tatsächlich nicht werthaltigen Sicherheiten wiederum, vor Erlass eines endgültigen Bescheids Zeit zu gewinnen, wobei den Angeklagten hierbei die Unentschlossenheit der Zollbehörden in Ansehung der von diesen gesehenen "politischen Dimension" zugutekam.

Die weiterhin - trotz des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 - fällige, seitens der U-Gruppe als bestehend anerkannte Forderung des HZA L10 aus Stromsteuernachzahlungen für das Jahr 2008 und 2009 belief sich zu dieser Zeit immer noch auf insgesamt 28.317.574 €, die jedenfalls seit dem 25.06.2009 fällig waren und - wie den Angeklagten bekannt - weder von der U F4 GmbH, noch von der U I7 AG oder deren Tochtergesellschaften gezahlt werden konnte. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen weiterhin nicht vor. Ratenzahlungen gemäß dem neuerlichen Vorschlag der U-Gruppe einer Stundung über 48 Monate wurden seitens der U F4 GmbH in der Folgezeit nicht veranlasst.

(5) Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Sitzung des Aufsichtsrats vom 08.12.2009

Weiter fand am 08.12.2009 eine Aufsichtsratssitzung der U I7 AG statt, an der neben den Angeklagten, K, die Gebrüder T3 sowie L4 teilnahmen. In dem von K gefertigten Protokoll war dazu u.a. folgendes ausgeführt:

"TOP 5: Besprechung Sanierungsplan

Das folgende 5-Punkte-Programm ist im Rahmen eines Sanierungsplans, der vom Vorstand noch schriftlich auszuarbeiten ist, umzusetzen bzw. zu erreichen:

Notwendiger direkter Liquiditätszufluss € 3.000.000

Finanzierungszusage für 03-05/2010 € 10.000.000

Bewertung Kunden bzw. Unternehmen durch externen Wirtschaftsprüfer

Kapitalerhöhungsmaßnahmen (siehe TOP 6)

Stundung der Stromsteuer-Nachzahlung

Die Ausarbeitung des schriftlichen Sanierungsplans wird durch eine Anwaltskanzlei begleitet. Die Federführung liegt bei Herrn L4.

TOP 6: Kapitalerhöhung

Die Ausnutzung des genehmigten Kapitals durch Ausgabe von 5.000.000 Stück Aktien im Nennwert von € 1,-- unter Übernahme Aktien durch die B11 AG zu einem Ausgabepreis von € 1,00 wird vom Aufsichtsrat genehmigt. Ebenso nimmt der Aufsichtsrat zustimmend zur Kenntnis, dass die Hauptversammlung eine weitere Kapitalerhöhung von 5.000.000 Stück Aktien im Nennwert von € 1,-- unter Übernahme Aktien durch die B11 AG zu einem Ausgabepreis von € 1,00 vornehmen will. Damit beträgt das Grundkapital € 25.000.000. Ebenso genehmigt der Aufsichtsrat die Maßnahme, dass B11 AG eine Einzahlung in die Kapitalrücklage der Gesellschaft in Höhe von € 10.000.000 geleistet hat, womit die gesamte Stärkung des Eigenkapitals € 20.000.000 beträgt (€ 2,00 je Aktie).

TOP 7: Sonstiges

Der Aufsichtsrat stimmt der vom Vorstand geplanten Verschmelzung der U F4 GmbH mit der U Gas GmbH zum 30.12.2010 zu. Die U Gas GmbH wird anschließen wieder in U F4 umbenannt. Der Aufsichtsrat nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die U Finance GmbH das Fonds Produkt "E7" in den Vertriebs aufnimmt. [...]"

(ii) Beauftragung der H10 Partners Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Im Zuge der von den Angeklagten für den 30.12.2009 avisierten, aber letztlich nicht umsetzbaren Verschmelzung der U F4 GmbH auf die inaktive U Gas GmbH beauftragten die Angeklagten ab dem 10.12.2009 die H10 Partners Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Sitz in N13 (Im Folgenden: "H10 Partners") mit der Erstellung eines Bewertungsgutachtens für den Geschäftsbetrieb der U F4 GmbH zum 30.12.2009. Mit den zugehörigen Aufgaben betraut waren die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater T36 und T9. Entsprechend nahmen die Gutachter der H10 Partners ab Mitte Dezember 2009 ihre Tätigkeit auf.

(iii) Beauftragung der Rechtsanwälte G H3 T2

In Ausführung des Plans der Angeklagten, nunmehr für die U-Gruppe ein Sanierungsgutachten als Voraussetzung einer Testierung der Jahresabschlüsse zu erstellen, für den ab Ende November 2009 inoffiziell eine Unterstützung durch die C3 AG erfolgte, beauftragten Dr. L und L4 unter dem 15.12.2009 die Rechtsanwaltssozietät G H3 T2 aus C11 (im Folgenden: "G2") für die Beratung der U I7 AG "im Zusammenhang mit der rechtlichen und wirtschaftsprüferischen Begleitung der Erstellung eines Sanierungsgutachtens". Mit der Bearbeitung des Mandates von Seiten G2 waren der Rechtsanwalt und Steuerberater Prof. Dr. T7 sowie der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. L7 befasst. In der Folgezeit begann ab März 2010 insbesondere der Zeuge Dr. L7 mit der Aufarbeitung des Zahlenwerkes, ohne dass zunächst konkrete Prüfergebnisse vorgelegt wurden. Ab Ende des ersten Quartals 2010 begleiteten die Berater der Kanzlei G2 die U I7 AG dann zunächst vornehmlich bei deren Bemühen um eine Stundung der noch immer ausstehenden Stromsteuernachzahlungen der U F4 GmbH.

h) Die U-Gruppe Ende des Jahres 2009

Bis zum Ende des Geschäftsjahres 2009 war es der U-Gruppe vor diesem Hintergrund gelungen, binnen einen Jahres bei einem Endbestand von über 492.000 versorgten Stromkunden bundesweit über 92.000 versorgte Stromkunden netto hinzuzugewinnen. Daneben befanden sich im neuen Geschäftsfeld Gas bereits ca. 32.000 Endkunden in der Versorgung, was einem Nettojahreszugewinn von über 25.000 versorgten Endkunden entsprach. Die Gruppe hatte so - vor allem durch das aggressiv praktizierte Marketing und die erhöhten Vertriebsbemühungen - vordergründig auf dem Markt ihre Position als führender unabhängiger Anbieter von Energie- und Gasdienstleistungen für Haushaltskunden und kleine bis mittlere Unternehmen in Deutschland verfestigt. Die Gruppe beschäftigte mittlerweile insgesamt ca. 470 Mitarbeiter.

(1) Zusammensetzung der Gruppe

Zum Ende des Jahres 2009 bestand die U-Gruppe weiterhin aus den zwei formal unabhängigen Hauptgesellschaften, der U I7 AG und der U N8 GmbH: Bezüglich der U I7 AG waren deren Eigentümer weiterhin jeweils über zumeist im Ausland ansässige Beteiligungsgesellschaften zu ca. 2/3 die Gebrüder T3 und zu ca. 1/3 K, wobei sich die Anteilsverhältnisse als Folge der Kapitalerhöhungsmaßnahmen geringfügig in Richtung Ks verschoben hatten. Der Vorstand der Gesellschaft bestand Ende 2009 nach dem Hinzutreten Dr. Ls und dem späteren Ausscheiden Bs nunmehr aus dem Angeklagten C als dessen Vorstandsvorsitzenden und Vorstand für die Bereiche Vertrieb, Marketing und Finanzen sowie Dr. L für die Bereiche EDV-Systeme und Kundenservice (Operations). Da C über fundierte, umfassende Kenntnisse und Berufserfahrungen im Bereich Finanzen bei Kapitalgesellschaften nicht verfügte, wurden dessen Aufgabe faktisch durch den Prokuristen L4, der B ersetzen sollte, übernommen, wobei die Letztentscheidungskompetenz und die Leitung des Finanzressorts auf Vorstandsebene bei C lag. Die Besetzung des Aufsichtsrates und dessen Arbeitsweise unter Berücksichtigung des - bereits dargelegten - überlegenen Wissens Ks blieben unverändert.

In Ausübung der bereits dargelegten Funktion der U I7 AG als Konzernobergesellschaft der U-Gruppe und der durch diese für die Gruppe vorgenommenen Tätigkeiten waren Ende 2009 folgende Tochterunternehmen Teil der Gruppe:

die U F4 GmbH (U4 - HRB ...# AG T14) als operative Einheit für das Energiegeschäft (Geschäftsführer: C)

die I15 Communications GmbH (frühere: U Communications GmbH) (B9 - HRB ... AG T20) als operative Einheit für das rückläufige Telekommunikationsgeschäft (Geschäftsführer: E3)

die U FINANCE GmbH (U4 - HRB ...# AG T14) als operative Einheit für das Geschäft mit Finanzprodukten (Geschäftsführer: L4)

die U T21 GmbH (U4 - HRB ... AG T14) als operative Einheit zur Abwicklung der Kundenbetreuung und der anfallenden Geschäftsprozesse (Geschäftsführer: Dr. L und L4)

die U DIALOG GmbH (T25 - HRB ...# AG D9) als Einheit zum Betrieb eines Callcenters (Geschäftsführer: O4)

die "neue" F6 GmbH (C14 - HRB ...# B AG D7) als Einheit zur Abwicklung des Wechselprozesses für Strom und Gas und zur Bilanzkreisverwaltung (Geschäftsführer: C - Prokura: M10)

die zugekaufte U U5 GmbH (frühere: N5 U5 GmbH) (C17 - HRB ... AG C17) als operative Einheit für Nischenangebote im Telekommunikationsbereich (Geschäftsführer: S6)

die U9 GmbH (HRB ... AG T20)/ U9 Verwaltungs GmbH mit Sitz in B9 (HRB ... AG T20) (inaktiv in Abwicklung)

die U Gas GmbH (HRB ...# AG T14) (inaktiv)

Weiterhin Bestand hatte auch die U N8 GmbH (U4 - HRB ... AG T14) als gesellschaftsrechtlich formal unabhängige Gesellschaft, die aber faktisch Bestandteil der Gesamtstruktur der U-Gruppe war. Deren alleiniger Gesellschafter war über das in M12 ansässige Unternehmen U8 Establishment Dr. B2 T3, Alleingeschäftsführerin O. Zudem existierte mit der U O3 GmbH (U4 - HRB ... AG T14) eine Tochtergesellschaft, deren Geschäftsführerin nunmehr ebenfalls O war.

(2) Ertrags- und Liquiditätslage der Gruppe

(i) U F4 GmbH

Ende 2009 rührten die Einnahmen der Gruppe aus dem laufenden Geschäftsbetrieb aus den operativen Einheiten für Strom und Gas (U F4 GmbH), Telekommunikation (I15 Communications GmbH und U U5 GmbH) und Finanzprodukte (U FINANCE GmbH) her. Dabei gingen die hieraus resultierenden Erlöse in Form von Vorauszahlungen sämtlich auf den Konten der U T21 GmbH ein, die die aus den Endkundenverträgen über die U N8 GmbH erworbenen Ansprüche hierzu im Wege des Factoring von den operativen Einheiten erwarb und hierzu wiederum einen Kaufpreis (Erlöse abzüglich Factoringgebühr) in regelmäßigen Abschlagszahlungen an die operativen Gesellschaften auskehrte. Insofern kamen neue Einnahmen allein über die zwischengeschaltete U T21 GmbH innerhalb der Gruppe bei der U F4 GmbH, der I15 Communications GmbH und der U FINANCE GmbH an. Vor diesem Hintergrund generierte die U F4 GmbH aus Vorauszahlungen der Energiekunden nach eigenen Berechnungen Jahresumsatzerlöse in Höhe von ca. 353,5 Mio. €, in denen ca. 15,6 Mio. € Umsatz für das Gasgeschäft enthalten waren. Der Anteil der Produktsparte Gas am gesamten Energiegeschäft hatte sich so signifikant von ca. 1% in 2008 auf ca. 4,5% in 2009 erhöht. Daneben erzielte die Gruppe nach deren eigenen Berechnungen Umsatzerlöse durch andere Gruppenunternehmen wie folgt:

I15 Communications GmbH - ca. 2,8 Mio. €

U U5 GmbH - ca. 3,5 Mio. €

U FINANCE GmbH - ca. 2.000 €

Bei insgesamt weiteren Umsätzen in Höhe von ca. 6,3 Mio. € erzielte die U-Gruppe 2009 insgesamt so ca. 94% ihres Gesamtumsatzes an Produkterlösen allein im Geschäftsbereich Strom. Einkunftsseitig stand und fiel der wirtschaftliche Erfolg der Gruppe daher auch weiterhin - trotz des boomenden Gasgeschäfts - maßgeblich mit dem Erfolg der Stromsparte. Die bestehende Abhängigkeit war zwar durch das aufstrebende Gasgeschäft marginal verbessert worden; ein fundamentaler Wandel konnte indes nicht erzielt werden. Der U-Gruppe war es durch sukzessive Preisanpassungen bei Endkunden, durch welche pro Jahr Kundenabwanderungen in der Größenordnung von bis zu 14% der betroffenen Endkunden einhergingen, gelungen, die Rohertragsmarge im Strombereich stetig zu verbessern. Dabei profitierte die Gruppe davon, dass die aus 2007/2008 eingebrachten Preisbindungen aus kritischen Altverträgen sukzessive bis 2011 ausliefen. Den erzielten Umsatzerlösen im Energiebereich standen für das Geschäftsjahr von der U F4 GmbH - nach eigenen Berechnungen der U-Gruppe - erbrachte Aufwendungen allein für Energiebezug und Vertrieb in Höhe von insgesamt über 342,8 Mio. € gegenüber. Der U F4 GmbH war es - auch aufgrund des konstanten Strompreises in 2009 auf niedrigerem Niveau - gelungen, im Kerngeschäft Roherträge zu erzielen, denen dann aber allein weitere betriebliche Aufwendungen (Kostenumlagen an die U I7 AG und die U T21 GmbH für deren Personalgestellung, Factoringkosten für die U T21 GmbH sowie sonstige betriebliche Aufwendungen, usw.) von über 21 Mio. € gegenüber standen. Insgesamt ergab sich - auf Basis der eigenen Entwürfe der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz für das Geschäftsjahr 2009 und unter Berücksichtigung aller relevanten Posten - ein bilanziell ausgewiesener Jahresfehlbetrag von über 22 Mio. €.

(ii) U I7 AG

Die U I7 AG generierte aus den internen Umlagen für die Personalgestellung, die Erbringung von Dienstleistungen, etc. nach eigenen Berechnungen in 2009 Umsatzerlöse von ca. 7 Mio. € zuzüglich sonstiger betrieblicher Erträge in der Größenordnung von ca. 614.000 €. Diesen Einnahmen standen für das Geschäftsjahr - nach eigenen gruppeninternen Berechnungen - erbrachte Aufwendungen für Löhne und Gehälter, Sozialabgaben, Beratungskosten, sonstige betriebliche Aufwendungen, usw. von über 5,8 Mio. € gegenüber, woraus sich operativ bilanziell ein positiver Saldo von ca. 1,8 Mio. € ergab, wobei hierbei Aufwendungen für ausstehenden Verbindlichkeiten der U F4 GmbH (Stromsteuer, Netzbetreiber, etc.) bzw. der U N8 GmbH (C2 M3) nicht berücksichtigt waren.

(iii) Andere Gruppenunternehmen

Hinsichtlich der weiteren Umsatzerlöse, die bezüglich der Telekommunikationssparte über die U Communications GmbH generiert wurden, standen diesen hierfür erbrachte Aufwendungen (Material, Löhne und Gehälter, EDV-Kosten, sonstige Aufwendungen und Umlagen an die U I7 AG und die U T21 GmbH) von insgesamt über 4,7 Mio. € gegenüber. Insofern ergab sich aus dem Telekommunikationsgeschäft jedenfalls ein operativer Verlust von zumindest 1,75 Mio. €. Für das Jahr 2009 ergab sich nach Abzug aller Aufwendungen bei der U U5 GmbH ein geringfügiger operativer Gewinn von ca. 84.000 €. Die U FINANCE GmbH erwirtschaftete für das Jahr 2009 einen geringen operativen Verlust in Höhe ca. 26.000 €. Weiter erzielte - ebenfalls nach eigenen Unternehmensberechnungen - die U T21 GmbH aus dem Geschäftsbetrieb für 2009 ein operativen Gewinn von ca. 2 Mio. €. Die weiteren Tochtergesellschaften der U I7 AG, die U DIALOG GmbH sowie die F6 GmbH, waren lediglich Teil der Vertriebsstruktur und generierten als solche keine eigenen nennenswerten Umsätze, sondern erhielten lediglich Bearbeitungsgebühren von den anderen Tochtergesellschaften. Die U9-Gesellschaften befanden sich in Abwicklung, die U Gas GmbH blieb inaktiv. Die U N8 GmbH erzielte in 2009 Umsatzerlöse durch den Vertrieb nebst weiteren betrieblichen Erträgen in Höhe von ca. 28,2 Mio. €. Demgegenüber standen Aufwendungen in Höhe von insgesamt ca. 26 Mio. €. Hieraus resultierte - unter Berücksichtigung von Rückstellungen und Abschreibungen - ein selbst errechneter, nicht testierter Jahresüberschuss von ca. 2,6 Mio. €. Deren Tochtergesellschaft, die U O3 GmbH war lediglich Teil der Vertriebsstruktur und generierte keine eigenen nennenswerten Umsätze, sondern speiste ihre Erlöse aus geringen Provisionszahlungen der U N8 GmbH.

IV. Geschehnisse bis März 2011

Bis Ende 2009 hatten die Angeklagten - ihrem gemeinsamen Tatplan folgend - einen Insolvenzantrag für die U I7 AG und andere Gruppengesellschaften nicht gestellt. Ob und ggf. bis wann die für diesen Zeitraum festgestellte Insolvenzreife und Antragspflicht der U F4 GmbH bzw. die U I7 AG ab Januar 2010 bis zur Stellung des Insolvenzantrags im Juni 2011 weiterhin fortbestand, konnte Kammer nicht positiv feststellen. Ausgehend von der festgestellten Krisensituation in 2009 entwickelten sich die Geschicke der U-Gruppe ab Januar 2010 vor diesem Hintergrund wie folgt:

1. Geschehnisse von Januar bis September 2010

a) Verbesserung der Liquiditätslage (bis 30.04.2010)

Die bestehende existenziell bedrohliche Liquiditätssituation der U-Gruppe wurde zunächst in den ersten Monaten des Jahres 2010 durch zahlreiche Faktoren erheblich positiv beeinflusst. Die Strombezugskosten stiegen zwar im Januar 2010 - bedingt durch den Effekt der "dunklen" Monate" - bei einem reinen Strombezugspreis von 68,30 €/MWh auf über 15,6 Mio. € (Bezugsmenge ca. 229.000 MWh), fielen dann aber bis Ende März 2010 auf 13,4 Mio. € (Bezugsmenge ca. 209.000 MWh), weil der Bezugspreis auf nunmehr 64,39 €/MWh gefallen war. In den Übergangsmonaten zu den "hellen" Monaten April und Mai, bei denen sich die Bezugsmenge und damit die Beschaffungskosten jahreszeitbedingt ohnehin erheblich zu reduzieren begann, sank der Strombezugspreis auf 60,63 €/MWh respektive 63,45 €/MWh, wodurch die Strombezugskosten insgesamt auf zuletzt ca. 11,3 Mio. € fielen. Hierdurch eröffneten sich den Angeklagten und den Verantwortlichen der U-Gruppe im Rahmen des weiterhin wie bisher praktizierten Priorisierungssytems neue Spielräume, um unliebsame Gläubiger vorrangig zu bedienen und damit bereits eskalierte Vorgänge zu erledigen. In der Folgezeit stieg dann der Strombezugspreis bis September 2010 wieder auf zuletzt 73,34 €/MWh an, was aber wegen der reduzierten Bezugsmenge in den "hellen" Monaten die tatsächlichen monatlichen Strombezugskosten trotz erheblicher Kundenzugewinne nichtsdestotrotz zwischen ca. 11 und 12 Mio. € konstant blieben ließ.

Daneben hatte die im November 2009 angestoßene Ausweitung des Vertriebsnetzes für Gas Anfang 2010 verstärkt positive Effekte auf die aktuelle Liquiditätslage, weil die eingeworbenen Gaskunden erst im Verlauf der ersten Monate 2010 in die Versorgung gingen und deren Vorauskasseleistungen - gerade im Gassegment gab es eine hohe Anzahl von Jahreszahlern - zu dieser Zeit der U T21 GmbH gehäuft zukamen. Da der Gaspreis zwar von Januar bis September 2010 von durchschnittlich 16,47 €/MWh auf dann 20,88 €/MWh anstieg, sich die Bezugsmenge aufgrund der jahreszeitbedingten Effekte aber von ca. 177.000 MWh bis hin zu 112.000 MWh entwickelte, wobei diese während der Sommermonate im fünfstelligen Bereich lag, fielen auch die Gasbezugskosten von ca. 2,9 Mio. € auf 2,3 Mio. € pro Monat (in den Sommermonaten sogar ca. 1 bis 1,2 Mio. € pro Monat) trotz steigender Anzahl versorgter Kunden. Durch den Erstvertrieb in den ab November 2009 neu versorgten Gasgebieten trugen die dadurch bedingten hohen Neukundenzugänge so zu erheblichen Liquiditätseingängen aus Vorauskasseleistungen bei, denen wiederum aber zunächst geringe Einkaufskosten gegenüberstanden. Den so ohne externe Kapitalzuflüsse entstehenden Liquiditätsspielraum ließen die Angeklagten unter Billigung des wie bisher weiter praktizierten Priorisierungssytems dazu nutzen, unliebsame, überfällige Verbindlichkeiten gezielt vorrangig zu bedienen, um drohenden Vollstreckungsmaßnahmen oder Kündigungen bzw. Netzzugangsverweigerungen von Netzbetreibern zu entgehen.

(1) Stand der Netzbetreiberverbindlichkeiten

Die U F4 GmbH sah sich - neben den weiterhin ausstehenden Stromsteuernachzahlungen - nach eigenen Berechnungen der U I7 AG Anfang Januar 2010 u.a. bedingt durch die steigende Kostenlast in den "dunklen" Monaten mit (über-)fälligen, als bestehend anerkannten Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von nunmehr weit über 40 Mio. € konfrontiert, deren Höhe sich zwar durch die Kundeneinzüge zum Monatsanfang verringert hatte, im weiteren Verlauf aber durch die anstehenden Zahlungen auf sämtliche, auch unverschiebbare Verbindlichkeiten wieder anstieg. Insofern änderte sich - wie bisher - unter von den Angeklagten plangemäß angestoßener Anwendung des praktizierten Priorisierungssytems lediglich teilweise die Zusammensetzung des aufgelaufenen Forderungsbestands. Das überlebensnotwendige Priorisierungssystem fälliger Verbindlichkeiten der U-Gruppe wurde wie bisher - wie den Angeklagten bekannt und von diesen im Bewusstsein der krisenhaften Situation praktiziert - durchgeführt. Unter Nutzung der neuen finanziellen Spielräume schafften es die U-Gruppe unter Führung der Angeklagten bei der U F4 GmbH, ab April bis Ende Mai 2010 die jeweils zum Ende des Monats nicht bedienbare fällige und als bestehend anerkannte Lieferantenverbindlichkeiten für Strom und Gas sukzessive auf zuletzt wieder ca. 26 Mio. € zu senken. Insbesondere gelang es, vermittels des Priorisierungssytems gerade die existenziell bedrohlichen rückständigen Verbindlichkeiten bei wichtigen Geschäftspartnern wie den Übertragungsnetzbetreibern oder großen Netzbetreibern auszugleichen bzw. diese mit leichten Verzögerungen nach Fälligkeitseintritt zu bedienen. Insgesamt war der Fortbestand der Gruppe nichtsdestotrotz weiterhin uneingeschränkt davon abhängig, dass das bisher praktizierte Priorisierungssystem konsequent aufrechterhalten wurde. Der Ablauf der Reduzierung kritischer Rückstände soll exemplarisch an folgenden Geschäftsvorfällen aufgezeigt werden:

(i) U13 GmbH

Nachdem einvernehmlicher Umstellung der bisherigen Zahlweise von EEG-Abschlagsrechnungen auf drei monatliche Teilbeträge nahm die U F4 GmbH regelmäßig Teilzahlungen gegenüber U13 vor, wobei diese Zahlungen nicht zu dem jeweiligen Fälligkeitstermin, sondern trotz Umstellung der Fälligkeit mit leichten Verzögerungen gezahlt wurden. So beglich die U F4 GmbH im Januar fällige, als bestehend anerkannte Forderungen von ca. 1 Mio. €, erst auf weitere Anforderung der U13 zum 05.02.2010. Dagegen wurden die Verpflichtungen aus den Abrechnungen der Bilanzkreise gegenüber U13, die summenmäßig im unteren sechsstelligen Bereich lagen, weiterhin nach dem bisherigen Muster erst unter Androhung von Maßnahmen geleistet.

(ii) S2-Verteilnetzbetreiber

Beispielsweise waren bis Mitte März 2010 bei unterschiedlichen Verteilnetzbetreibern des Konzerns S2 insgesamt seit spätestens 15.03.2010 fällige, als bestehend anerkannte Verbindlichkeiten in Höhe von über 8,5 Mio. € aufgelaufen, die die U F4 GmbH nicht begleichen konnte. Entsprechend forderte ein Mitarbeiter der konzernintern zentral beauftragten S2 Kundenservice GmbH unter dem 18.03.2010 letztmalig zur Zahlung des ausstehenden Betrags bis zum 25.03.2010 bzw. zur Abgabe eines Regulierungsvorschlags auf. Nachdem die U F4 GmbH die Rückstände nicht beglich, stiegen diese gegenüber den Verteilnetzbetreibern der S2 mit Stand 08.04.2010 auf seit spätestens 05.04.2010 fällige, als bestehend anerkannte Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 10,9 Mio. € weiter an. Entsprechend forderte die S2 Kundenservice GmbH die U F4 GmbH zur Zahlung der Rückstände bis zum 15.04.2010 auf. Aufgrund der Höhe der Forderungen "eskalierte" U6 am 08.04.2010 den Fall bei N4 und L4. Hierin führte er u. a. folgendes aus:

"S2 Rhein-Ruhr Verteilnetz GmbH und S2 Westfalen-Weser-Ems Verteilnetz GmbH haben in der Vergangenheit nicht eine einzige Mahnung verschickt, trotz wiederkehrenden Zahlungsverzugs keine Sicherheitsleistungen angefordert oder die außerordentliche Kündigung des Lieferantenrahmenvertrags angedroht. Auch im aktuellen Fall ist man - gerade vor dem Hintergrund der hohen Außenstände- sehr zurückhaltend. Um es ganz deutlich zu formulieren: In Anbetracht der Sachlage könnte uns die S2 den Todesstoß versetzen, wenn sie denn wollte (z.B. durch Information an die Bundesnetzagentur oder durch Netzzugangsverweigerung wegen Unzumutbarkeit der weiteren Gewährung des Netzzugangs). Die U F4 GmbH beliefert derzeit über 80.000 Entnahmestellen über die Verteilnetze der S2 Rhein-Ruhr Verteilnetz GmbH und S2 Westfalen-Weser-Ems Verteilnetz GmbH mit elektrischer Energie. Hinzu kommen über 53.000 Entnahmestellen im Netzgebiet der F7 Verteilnetz GmbH, bei der es sich um eine Tochtergesellschaft der S2 handelt. Des Weiteren ist die S2 AG Eigentümerin der B15 GmbH, die eines der vier deutschen Übertragungsnetze betreibt. Auch gegenüber der B15 GmbH geraten wir regelmäßig mit dem Ausgleich von EEG-Zahlungen in Verzug. Trotz allem ist man ausweislich der E-Mail von Herrn X14 vom heutigen Tag (im Anhang dieser E-Mail) bei der S2 noch immer gesprächsbereit. Ich empfehle dringend, unverzüglich auf die S2 zuzugehen, um eine Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarung zu erzielen."

N4 leitete die E-Mail alsdann an die Angeklagten sowie K zur Kenntnis. In der Folgezeit gelang es unter Führung der Angeklagten mit der S2 Service GmbH eine einvernehmliche Regelung für eine Stundungs- und Ratenzahlung zu treffen, auf deren Grundlage die U F4 GmbH kurzfristig hohe Teilzahlungen leistete, so dass sich die Rückstände bei den Verteilnetzbetreibern erheblich reduzierten und diese Bedrohung für den Fortbestand der U-Gruppe damit zunächst gebannt war.

(iii) B15 GmbH

Auch bezüglich dem Übertragungsnetzbetreiber B15 GmbH veränderte sich die Zahlpraxis der U F4 GmbH: Die am 15.01.2010 fällige, als bestehend anerkannte EEG-Abrechnung aus Dezember 2009 über ca. 3 Mio. €, wurde erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 01.02.2010 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, zum 02.02.2010 beglichen. Die am 15.02.2010 fällige, als bestehend anerkannte EEG-Abrechnung aus Januar 2010 über ca. 3 Mio. € wurde wiederum erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 02.03.2010 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, beglichen. Schließlich trat unter dem 15.03.2010 die Fälligkeit der EEG-Abrechnung aus Februar 2010 ein, die als bestehend anerkannte Forderungen von über 1,66 Mio. € auswies. Erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 30.03.2010 die Zahlung mit 2. Mahnung und darin enthaltener Androhung gerichtlicher Schritte erneut angemahnt hatte, erfolgte eine Zahlung der U F4 GmbH zum 07.04.2010. Ebenso wurde die am 15.04.2010 fällige, als bestehend anerkannte EEG-Abrechnung aus März 2010 über ca. 1,7 Mio. €, erst, nachdem die B15 GmbH unter dem 22.04.2010 die Zahlung angemahnt hatte, zum 29.04.2010 beglichen. In der Folgezeit beglich die U F4 GmbH die EEG-Abrechnungen von April bis September 2010, die jeweils zum 15. des Folgemonats fällig wurden, jedoch "nur noch" leicht verspätet, aber ohne dass eine Mahnung erfolgte. Fällige, als bestehend anerkannte Bilanzkreisabrechnungen, die regelmäßig kleinere Rechnungsbeträge auswiesen, wurden in 2010 stets erst nach Mahnungen beglichen.

(iv) I15 GmbH (vormals W9)

Der Übertragungsnetzbetreiber W9 GmbH, mit dem die U F4 GmbH in Geschäftsbeziehungen stand, firmierte ab Februar 2010 nunmehr unter I15 GmbH (im Folgenden: "I15"). Auch bezüglich I15 veränderte sich die Zahlpraxis der U F4 GmbH: Nachdem im Januar 2010 keine Mahnungen erfolgten - aufgrund vorheriger Eskalationen zahlte die U F4 GmbH Forderungen der Gläubigerin mit erhöhter Priorität -, mahnte I15 am 19.02.2010 die fällige, als bestehend anerkannte EEG-Abrechnung aus Januar 2010 in Höhe von 1.521.047,46 € unter Androhung der Einschaltung der Bundesnetzagentur an, woraufhin die Zahlung seitens der U F4 GmbH erfolgte. Auch in der Folgezeit mahnte I15 ausstehende EEG-Abrechnungen bereits kurz nach Fälligkeit mit dieser Vorgehensweise an. Entsprechend kam es zunächst bis November 2010 zu keinen besonderen, darüber hinaus gehenden Auffälligkeiten mehr.

(2) Stundungsbemühungen bei weiteren Gläubigern

(i) C2 M3 Fußball GmbH

Gemäß den getroffenen Vereinbarungen aus den Sponsoringverträgen erhielt die U N8 GmbH am 06.01.2010 eine Rechnung der C2 M3 Fußball GmbH für die 2. Rate der Werbemaßnahmen für die Saison 2009/2010 in Höhe von 3.785.360,25 €, die zum 18.01.2010 gezahlt werden sollte und für die die U I7 AG weiterhin gesamtschuldnerisch in der Haftung stand. Nachdem K wiederum mit I5 telefoniert hatte, einigten sich beide Parteien erneut auf eine Zahlung in sechs Teilraten in Höhe von jeweils 630.893,37 €, fällig zum 15. eines jeden Monats, beginnend mit dem 15.01.2010. Die ab der 2. Rate rückständigen Forderungen sollten mit 6% verzinst werden und insgesamt in Höhe von 47.317 € zusammen mit der letzten Rate gezahlt werden. In der Folgezeit wurden diese Raten mit leichten Verzögerungen bedient.

(ii) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Seit Ende 2009 beglich die U F4 GmbH die laufenden Vorauszahlungen für den aktuellen Strombezug ohne maßgebliche Verzögerungen. Auch die durch das HZA L10 mit Bescheid vom 19.01.2010 erhöhten Vorauszahlungsverpflichtungen von nunmehr ca. 4,4 Mio. € bediente die U F4 GmbH regelmäßig. Anlässlich des Schreibens der U F4 GmbH vom 22.12.2009, in dem C - wahrheitswidrig - dargelegt hatte, dass aus Kapitalerhöhungen und Geldzuflüssen zusätzliche Liquidität zur Verfügung stehe, fand am 26.01.2010 bei der BFD West eine Dienstbesprechung mit dem HZA L10 und E6 statt, in der die neue Sachlage erörtert wurde. Ergebnis der Besprechung war, dass die U F4 GmbH - aus den vorgetragenen neuen Geldmitteln - gemäß dem von ihr vorgeschlagenen Ratenplan aus dem Prüfbericht einmalig insgesamt 2,5 Mio. € zahlen sollte, wodurch nachträglich Ratenzahlungen für die Monate November bis Januar beglichen sein sollten. Weiter war beabsichtigt, dass die U F4 GmbH ab März 2010 Ratenzahlungen gemäß dem von ihr vorgeschlagenen Ratenplan vornehmen sollte. Eine Zusage für eine Stundung seitens des HZA L10 bzw. ein formeller Stundungsbescheid lagen jedoch weiterhin nicht vor. Auch waren Ratenzahlungen gemäß dem neuerlichen Vorschlag der U-Gruppe einer Stundung über 48 Monate seitens der U F4 GmbH bis Januar 2010 nicht veranlasst worden. Schließlich leistete die U F4 GmbH, veranlasst durch die Angeklagten, am 05.02.2010 unaufgefordert gemäß ihrem Ratenzahlungsplan 1,132 Mio. € (2x 566.000 €) auf die rückständigen Stromsteuernachforderungen aus 2008. Sodann wandte sich das HZA L10 unter dem 17.02.2010 an die U F4 GmbH und führte u.a. folgendes aus:

"Soweit sich aus Ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2009 ergibt, dass sich die Liquidität und Eigenkapitalsituation allein Ihres Unternehmens - im Übrigen aber auch der gesamten U-Gruppe - nach der Prüfung der wirtschaftlichen Lage etwa allein durch Zahlungseingänge bei Ihnen aus der Rückzahlung aus Schuldverschreibungen um mindestens 2,6 Millionen €o verbessert hat, muss dies andererseits bei der Beurteilung des gegenwärtigen Bedürfnisses für eine Stundung berücksichtigt werden. Vom Steuerschuldner muss erwartet werden, dass er alle Anstrengungen unternimmt, um die Steuerschulden zu tilgen, also insbesondere auch zusätzlich erhaltene finanzielle Mittel bevorzugt und soweit zumutbar zur Tilgung der Steuerschulden verwendet. Entsprechend Ihrer Antragsbegründung muss aufgrund der konzerninternen Verflechtungen auch immer das Vermögen und die Liquidität der gesamten Unternehmensgruppe betrachtet werden.

Bisher - Eingang am 5. Februar 2010 - wurden Rückzahlungen in Höhe von 2 x 566.000 €o, mithin 1.132.000 €o geleistet. Auch ohne die in Ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2009 aufgezeigten Liquiditätszuflüsse hätten seit November 2009 zumindest monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 566.000 €o möglich sein müssen (siehe Tz. 3.7.4 in Verbindung mit Anlage 11 des Ihnen übersandten Prüfungsberichtes). Die zusätzlichen liquiden Mittel hätten weitere Zahlungen ermöglichen müssen. Angesichts der von Ihnen dargestellten Sachlage - zusätzliche Liquiditätszuflüsse - dürften Sie jedenfalls ohne weiteres in der Lage sein, Ihre Steuerschulden umgehend um - mindestens - den Betrag von weiteren 1.132.000 €o zu tilgen. Ich erwarte deshalb eine entsprechende Zahlung innerhalb der nächsten Woche und fortlaufende weitergehende Zahlungen auf die Steuerrückstände, und zwar mindestens entsprechend Anlage 11 zum Prüfungsbericht. [...]

Ich werde keinesfalls hinnehmen, dass Ihnen liquide Mittel zufließen, die Sie ohne überzeugende Erklärung nicht unverzüglich zur Begleichung der rückständigen Steuern verwenden. Nur vorsorglich weise ich noch einmal darauf hin, dass die von mir veranlasste Prüfung der wirtschaftlichen Lage auch Teil der umfassenden Antragsprüfung ist und nicht so verstanden werden kann, dass ich die rechtlichen Voraussetzungen für eine Stundung im Übrigen als gegeben ansehe. Zur umfassenden Prüfung eines Stundungsantrages gehört auch die Prüfung, in wieweit tatsächlich ein Stundungsbedürfnis besteht."

Gleichsam erging am 17.02.2010 ein Bescheid, durch den die laufenden Vorauszahlungsverpflichtungen der U F4 GmbH nochmals auf nunmehr ca. 4,69 Mio. € ab 25.02.2010 erhöht wurden. In der Folgezeit veranlassten die Angeklagten zunächst eine Zahlung von weiteren 1,132 Mio. € an das HZA L10 und bedienten monatlich die vorgeschlagenen Ratenbeträge und erhöhten Vorauszahlungen ab März 2010 zunächst fristgemäß. Zwar erging kein Stundungsbescheid des HZA L10, da dieses die Voraussetzungen einer Stundung im Sinne der gesetzlichen Vorgaben als nicht vorliegend betrachtete und den Stundungsantrag eigentlich als ablehnungswürdig einstufte, jedoch lag so ab Februar 2010 faktisch - entgegen der gesetzlichen Vorgaben - in dem Anfordern der Ratenzahlungen am 17.02.2010 und dem daran anknüpfenden korrespondierenden Verhalten der U F4 GmbH eine - contra legem erfolgte - "Quasi-Stundung" der noch ausstehenden Steuerverbindlichkeiten verbunden mit der Einwilligung in die Begleichung durch Ratenzahlungen vor.

Letztlich war dieses erzielte Ergebnis auch seit Mitte 2009 das plangemäße Ziel der Angeklagten, nämlich durch das Hinhalten ihres für das Bestehen existenziell bedrohlichen Gläubigers in Kenntnis der eigentlich vorliegenden Insolvenzreife der U F4 GmbH und der U I7 AG und unter gezielter Missachtung der für diese bestehenden gesetzlichen Antragsfrist Zeit zu gewinnen, in der diffusen Hoffnung, durch veränderte Umstände die Forderung doch noch stunden oder bedienen zu können. Anfang 2010 hatten es die Angeklagten so zumindest faktisch geschafft, die Steuernachforderungen in geordnete kontrollierbare Bahnen zu lenken, was allerdings maßgeblich dem zögerlichen und widersprüchlichen Verhalten der Steuerbehörden zuzuschreiben und damit nicht vorhersehbaren glücklichen Umständen geschuldet war. Die Angeklagten hatten die frühere Insolvenzverschleppung für die Gesellschaften plangemäß gerade zu einem solchen Zweck mit der Vorstellung in Kauf genommen, dass sich die strafbewehrte Krisensituation durch die spätere Entwicklung selbst "heilen" oder die fehlenden Mittel irgendwann durch einen neuen Investor als sinnbildlichem "weißen Ritter" im Nachgang bereitgestellt würden. Für diese diffusen Hoffnungen hatten sich die Angeklagten im Bewusstsein und in Kenntnis der für möglich gehaltenen Antragspflicht ab Juli 2009 - wie dargelegt - beharrlich hinweggesetzt, um so ihre im Wirtschaftsleben privilegierte Vorstandspositionen und damit verbundene Einkünfte für sich zu sichern.

Problematisch für die Angeklagten war in Ansehung ihrer wirtschaftlichen Lage vor diesem Hintergrund jedoch, dass eine rechtsverbindliche eindeutige Zusage des HZA L10 zu einer Stundung - üblicherweise handeln Behörde durch Verwaltungsakte in Bescheidform - noch immer nicht vorlag, mit Hilfe derer sie Rechtssicherheit erlangen und gegenüber ihren Beratern und Prüfern die Stundung hätten dokumentieren können. In Ansehung dessen entschlossen sich die Angeklagten zusammen mit K, über dessen Kontakte politischen Druck auf die Entscheider bei den Steuerbehörden aufzubauen. Zu diesem Zweck verfasste K unter dem 02.03.2010 einen "U Reminder Stundung Stromsteuer", den er mit den Angeklagten abstimmte und der u.a. folgende Angaben enthielt:

"Heute ist U rentabel, hat aber immer noch die inzwischen auch durch Steuerbescheide festgesetzte Stromsteuerverbindlichkeit zu erfüllen, was nicht nur zu einer angespannten Liquiditätslage führt, sondern unabhängig von der eingetretenen Rentabilität, bei sofortiger Zahlungsfälligkeit zu einer Insolvenzantragspflicht führt. U hat beim Hauptzollamt (HZA) L10 am 11.06.2009, vertreten durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C3, Antrag auf Stundung der Steuer nach § 222 AO mit einem Zahlungsplan über 48 Monate gestellt (Bundesfinanzdirektion West und BMF sind wohl indirekt eingeschaltet). Persönliche Härte (Stundungsgrund) für U liegt auch nach Auffassung des HZA vor. Das HZA hat dann aber über mehrere Monate den Sachverhalt geprüft. Das Ergebnis ist in einem Prüfungsbericht der Bundesfinanzdirektion enthalten, in dem Prüfer die Stundung empfehlen. Auf diesen Bericht hin, der vom 13.08.2009 stammt, hat das HZA bis heute keinen förmlichen Stundungsbescheid erlassen, sondern lediglich in einem neuerlichen Schreiben vom 17.02.2010 zur Zahlung entsprechend dem Zahlungsplan laut Prüfungsbericht aufgefordert. Die Zahlungen entsprechend dem Zahlungsplan wurden inzwischen aufgenommen, so dass bereits 4 Raten = € 2.000.000,- bezahlt sind. Das reicht aber zur Vermeidung eines Insolvenzantrags nicht, da es nach wie vor am förmlichen Stundungsbescheid mangelt.

Für 2008 liegt noch kein testierter Jahresabschluss der U F4 vor, weil die Jahresabschlussprüfer das Testat nur erteilen, wenn HZA die Steuernachforderung nicht sofort fällig stellt, sondern entsprechend dem Stundungsplan laut Prüfungsbericht auch in einem förmlichen Bescheid stundet. Grund: ansonsten keine positive Fortführungsprognose. Sollte dem Stundungsantrag nicht stattgegeben werden, müsste U F4 (und wegen Haftungszusagen dann auch die ganze Gruppe) aufgrund eines fehlenden Stundungsbescheids Insolvenzantrag stellen. Dann würde nicht nur die Steuerforderung ausfallen, sondern auch 480 in der Hauptsache mit Jungen Leuten besetzte Arbeitsplätze zunichte gemacht. Eine sehr zeitnahe positive Entscheidung über den Stundungsantrag ist für die U-Gruppe und ihre Mitarbeiter daher existenziell!"

Dieser Reminder wurde auf Veranlassung der Angeklagten und Ks am 05.03.2010 zunächst dem Parlamentarischen Staatssekretär im BMF L20 sowie dem finanzpolitischen Sprecher der D6-Bundestagsfraktion und Mitglied des Bundestages E16 zugesandt. In Reaktion hierauf verfasste das HZA L10 am 08.03.2010 einen Sachstandsbericht für die BFD West, in dem u.a. festgehalten wurde:

"Die Voraussetzungen für eine Stundung liegen nach gegenwärtigem Stand nicht vor. Es liegt keine erhebliche Härte im Sinne von § 227 Abgabenordnung vor und nach dem Ergebnis einer bei dem Unternehmen durchgeführten Prüfung der wirtschaftlichen Lage erscheint der Steueranspruch bei Stundung gefährdet. [...] Der Antrag ist nach derzeitigem Sachstand abzulehnen."

Darauf basierend teilte der Präsident der BFD West der BFD Mitte mit Übersendung des Sachstandsberichts folgendes mit:

"Die Bearbeitung des Stundungsantrags ist wegen des drohenden Abgabenausfalls in großer Höhe und der im Raume stehenden Insolvenz des gut bekannten Unternehmens (Die AStin ist bekannt als Sponsor in der Fußball-Bundesliga und im öffentlichrechtlichen Fernsehen.) von Anfang an intensiv seitens der Bundesfinanzdirektionen West (RF}, Mitte (ZF) und Südwest (ZF) begleitet worden. Das Bundesministerium der Finanzen ist fortlaufend durch die zentrale Facheinheit der Bundesfinanzdirektion Mitte informiert worden.

Der Antrag auf Stundung ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nach wie vor abzulehnen. Eine erhebliche Härte im Sinne von § 222 Abgabenordnung liegt nicht vor. Darauf ist die AStin kürzlich mit Schreiben vom 17. Februar 2010 des Hauptzollamtes L10 hingewiesen worden. Die AStin hat kein tragfähiges Geschäftskonzept Sie kauft Strom nur kurzfristig ein, bindet sich aber preislich langfristig bei dessen Verkauf. Die den Kunden in Rechnung gestellte Stromsteuer wird zu Werbezwecken zur Gewinnung von Neukunden eingesetzt. Diese halten die AStin durch Vorauszahlungen liquide (Schneeballsystem). Die AStin baut somit im Gegensatz zu ihrer Konkurrenz auf fallende Strompreise und geht damit ein hohes Risiko ein. Das Geschäftsergebnis des Jahres 2009 war deshalb negativ.

Die AStin ist somit nicht unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Auch hatte die Wirtschafts- und Finanzkrise keinen negativen Einfluss auf den Erfolg der AStin. Der Bericht über die Prüfung der wirtschaftlichen Lage vom 01. Oktober 2009 (!} hat ergeben, dass sogar die Zahlung der regelmäßig anfallenden Steuern durch das Geschäftsmodell gefährdet ist. Dass der Stundungsantrag der AStin bisher nicht beschieden bzw. abgelehnt worden ist, liegt auch im Interesse der AStin. Es wurden hinsichtlich des vorliegenden Stundungsantrags alle bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Fortführung des Unternehmens bei gleichzeitiger Erfüllung der steuerlichen Pflichten zu ermöglichen. Die AStin sollte die mit dem Schreiben des Hauptzollamtes L10 vom 17. Februar 2010 gebotene (letzte) Gelegenheit nutzen, um die Tragfähigkeit des hoffentlich zwischenzeitlich veränderten Geschäftsmodells nachzuweisen."

Eine Reaktion des BMF erfolgte nicht. Ebenso erging weder ein förmlicher Stundungsbescheid, noch wurde die Vollstreckung der Verbindlichkeiten angewiesen. Nachdem das HZA L10 unter dem 30.03.2010 in Reaktion der eigentlich für Ende 2009 geplanten, aber noch nicht durchgeführten Verschmelzung der U F4 GmbH von dieser die Zahlung einer Sicherheit in Höhe von 7,9 Mio. € verlangte, zogen die Angeklagten Ende März 2010 die Berater der bereits beauftragten Kanzlei G2 zur Unterstützung heran, die fortan das Stundungsverfahren begleiteten. Schließlich versuchte der Angeklagte C erfolglos, - den Kontakt hatte K vermittelt - mit E16 telefonisch einen persönlichen Gesprächstermin im BMF zu vereinbaren. In Folge dieser Ereignisse kam es auf Betreiben des BMF am 13.04.2010 zu einer Besprechung zwischen Vertretern des HZA L10 (u.a. der Zeuge M9), der BFDs West (u.a. der Zeuge C5) und Mitte sowie des BMF. Hierin wurde durch das BMF mitgeteilt, dass der "U soweit möglich geholfen werden" soll. Weiter wies der Präsident der BFD West darauf hin, dass "auf der Grundlage der derzeitigen Datenlage die Entscheidung ´Ablehnung des Stundungsantrags´ lauten würde" und deutlich eine Gefahr einer Insolvenz bestehe. Auf dessen Nachfrage, ob jetzt über die Stundung zu entscheiden sei oder zugewartet werden solle, teilten die Vertreter des BMF mit, dass derzeit noch nicht entschieden, sondern vielmehr zumindest bis zu dem avisierten Gesprächstermin am 28.04.2010 zugewartet werden solle.

Schließlich kam es am 28.04.2010 zu einer Besprechung, an der Vertreter des HZA L10 (u.a. der Zeuge M9), der BFDs West (u.a. der Zeuge C5) und Mitte sowie des HZA L10 teilnahmen. Für die U-Gruppe nahmen C, L4, N4 und T6, der Zeuge C6 sowie Prof. T7 und Dr. L7 von G2 teil. Letztere teilten hierin mit, dass die bei einer neuerlichen Verschmelzung anfallende Sicherheit in Höhe von 7,9 Mio. € nicht geleistet werden könne, das Unternehmen aber nach derzeitiger Bewertung in der Lage sei, die vorgeschlagenen Raten termingerecht zu zahlen. Zudem sei das Sanierungsgutachten in ein bis zwei Wochen fertiggestellt. Ergebnis der Besprechung war dann, dass seitens der Steuerbehörden darauf hingewiesen wurde, dass durch die geduldete Säumnis stetig Zuschläge anfielen, eine Stundung nur unter Sicherheitsleistung in Betracht komme und ein Sanierungsgutachten in kurzer Zeit vorgelegt werden müsse. Ein solches wurde indes in der Folgezeit nicht vorgelegt. Intern vermerkten die Vertreter der Steuerbehörden in einer Nachbesprechung, dass die Entscheidung für eine Stundung nur mit einer Sicherheitsleistung möglich sei und wenn überhaupt, im politischen Raum erfolgen könne. Es bestehe das Risiko, dass im Falle einer Insolvenz alle Zahlungen seit Fertigstellung des Berichts über die Prüfung der wirtschaftlichen Lage, ggf. seit Stellung des Antrags auf Stundung durch den Insolvenzverwalter zurückgefordert würden. In der Folgezeit sahen die Steuerbehörden bei von Gesetzes wegen nicht vorgesehener, faktischer Stundung verbunden mit Ratenzahlung weiterhin von einer Bescheidung des Stundungsantrags ab.

(3) Investorensuche & Kapitalzuflüsse

Die Angeklagten waren mit Unterstützung Ks auch weiterhin bemüht, einen Investor zu finden, der die gesamte U-Gruppe übernehmen sollte. In den Verhandlungen mit F11 hatte diese im Januar 2010 erstmals schriftlich ein Übernahmeangebot unterbreitet, über das in der Folgezeit weiter verhandelt wurde. So besuchte am 10.04.2010 eine Delegation von F11 ein Fußballspiel von C2 M3 gegen den C27 N13, um sich dabei vor Ort über die U-Gruppe zu informieren. Im Anschluss kam es in der Zeit vom 11.04.2010 bis 12.04.2010 in A5 zu einem Treffen mit Vertretern von F11. Teilnehmer waren u.a. neben W6 und C, dessen Generaldirektor A6 sowie der russische Milliardär und Anteilsinhaber T37. Hierbei wurden unter den Beteiligten Gespräche über einen Verkauf der Gruppe geführt, die zu späterer Zeit - den Zeitpunkt konnte die Kammer nicht genau feststellen - letztlich zu einem Vertragsabschluss führen sollten. Ziel der Angeklagten war es zunächst, von dem potenziellen Investor eine kurzfristige Zahlung von 5 Mio. € für eine Kaufoption bis Juni 2010 zu erhalten und dem Investor dann eine Möglichkeit einer Due Diligence-Prüfung im Unternehmen einzuräumen.

Parallel zu diesen Verhandlungen waren die Angeklagten weiterhin über K bemüht, der U-Gruppe zusätzlich kurzfristig Liquidität zuzuführen. So meldete der Leiter der Controlling-Abteilung C6 am 08.03.2010 an L4, dass ein kurzfristiger Liquiditätsbedarf für März und April 2010 in Höhe von 5 bis 10 Mio. € bestehe, der durch eine einmalige Zahlung von 10 Mio. € bewältigt werden könne. Hierüber informierte L4 noch am selben Tag K, zur Kenntnis der Angeklagten sowie C6 und N4, dass man den bestehenden Liquiditätsplänen entnehmen könne, dass die U F4 GmbH "neben der bilanziellen Überschuldung zur Zeit auch hinsichtlich ihrer Liquidität nicht mehr im `Stockungsszenario´ für die Monate März und April" sei und trug K an, ein für Ende 2010 gedachtes Gesellschafterdarlehen von 12 Mio. € vorzuziehen. Nachdem hierauf zunächst keine Reaktion erfolgte, meldete C6 am 25.03.2010 erneut für April und Mai 2010 einen kurzfristigen Liquiditätsbedarf von 10 Mio. € bei den Angeklagten und L4 an, woraufhin L4 wiederum am selben Tag K, zur Kenntnis der Angeklagten sowie C6 und N4, mitteilte:

"Gewiss können wir Überlegungen zu Ausweichszenarien anstellen, auch hinsichtlich einer ggf. existierenden Insolvenzantragspflicht (vgl. IDW PS 800, Beurteilung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen, Pkt. 2 Grundlagen zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit, Pkt. 2.1.Zahlungsunfähigkeit/Zahlungsstockung, Absatz 2 und 3). Doch gebe ich zu bedenken, dass nur einer unserer Großkreditoren umzufallen´ braucht und das unten bezeichnete (Ersatz-)Szenario ist hinfällig. Ferner sei dahingestellt, ob wir in Kürze einen Erfolg in Höhe von 40-45% der ausgewiesenen Forderungen (ca. 20 Mio. €) per Inkasso ausweisen werden können.

Daher scheint es im Sinne des Unternehmens ratsam, die in den Businessplan eingeplanten 10 Mio. € bzw. belastbare Zahlungszusagen möglichst zeitnah einzuholen."

Da hierauf wiederum seitens des Aufsichtsrats keine Reaktion erfolgte, meldete nunmehr L4 am 27.04.2010 an K, zur Kenntnis der Angeklagten, folgendes:

"Insbesondere nach der einvernehmlichen Regelung mit S2, erlaube ich mir an dieser Stelle noch einmal eindringlich darauf hinzuweisen, dass unser finanzieller Spielraum mittlerweile auch durch weitere Vereinbarungen mit unseren Dienstleistern (NNE) stark eingegrenzt ist. Wir benötigen baldigst die identifizierten 10 Mio. zur Deckung unserer Verbindlichkeiten und Beruhigung unserer Prüfer."

Schließlich meldete K - dieser befand sich zu dieser Zeit in Auslieferungsarrest in der T4 wegen der noch ausstehenden Strafvollstreckung seiner Haftstrafe - unter dem 28.04.2010 zurück, dass ja in der Vergangenheit bereits 3 Mio. € in die U I7 AG, 2,3 Mio. € in die U N8 GmbH und weitere 2,6 Mio. aus Rückzahlungen aus Schuldverschreibungen zurückgeflossen seien. Darüber hinaus kündigte er an, dass bei Vorliegen eines Stundungsbescheids Dr. T3 3 Mio. € zahlen werde und 2 Mio. € im Dezember fließen sollten. Zudem sollten im Mai und Juni 2010 kurzfristig jeweils 2 Mio. € durch die B11 AG gezahlt werden. Hierzu vermeldete L4 an die Angeklagten am 29.04.2010, dass man angesichts der offenen Posten von zur Zeit 29 Mio. € jedes Kapital benötige. Zu den angekündigten Zahlungseingängen für Mai und Juni 2010 kam es indes nicht.

(4) Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Operative Maßnahmen und Umstrukturierungen

Angesichts der zunächst ab Januar 2010 noch fortbestehenden Krisensituation veranlassten die Angeklagten im Januar und Februar 2010 jeweils verfrühte Einzüge von dann noch nicht fälligen Kundenforderungen, um hierdurch zum Monatsbeginn benötigte Liquidität vorzuziehen und dadurch das Priorisierungssystem am Laufen halten zu können. So genehmigten die Angeklagten beispielsweise unter dem 28.01.2010 in Anbetracht gegenüber wichtigen Netzbetreibern gemachter Zahlungszusagen für den 02.02.2010 und dafür nicht vorhandener Restliquidität die Durchführung von Einzügen nicht fälliger Kundenforderungen in Höhe von 6 Mio. € bereits zum 29.01.2010. Zudem stellten die Angeklagten jedenfalls im Februar 2010 bewusst die Auszahlung an sich fälliger Provisionen für Mitarbeiter der U N8 GmbH mangels vorhandener Liquidität zurück.

(ii) Partielle Einführung des neuen Buchhaltungssystems

Anfang 2010 waren die Vorbereitungsarbeiten für die Umstellung der Buchhaltungssysteme von dem veralteten Finanzbuchhaltungssystems ACCOM auf das neu einzurichtende T56-System der Firma J2 in der Projektgruppe "ATLAS" abgeschlossen. Entsprechend wurde zunächst bei der U I7 AG sowie bei den Tochterunternehmen U DIALOG GmbH und U FINANCE GmbH ab 01.02.2010 die Buchhaltungssoftware umgestellt und in den Folgemonaten die Migration abgeschlossen. Bei den anderen Gruppengesellschaften, so auch der zentralen U T21 GmbH und U F4 GmbH, blieb es - auch in Ansehung des immensen Anfalls von Geschäftsvorfällen mit voranschreitendem Wachstum - zunächst bei der Verwendung der bestehenden Software. Weiter wurden zur Verarbeitung und Einbuchung der zahlreichen Geschäftsvorfälle beständig neue Mitarbeiter eingestellt bzw. alte Mitarbeiter abgestellt, um die Schwächen des alten Buchhaltungssystems durch manuelle Arbeitskraft aufzufangen. Vor diesem Hintergrund war es den Mitarbeitern der U-Gruppe nicht tagesaktuell möglich, den aktuellen IST-Zustand an Forderungen und Verbindlichkeiten unmittelbar einzusehen, da die Erstellung und Aufbereitung einer solchen Aufstellung aufgrund der Buchhaltungssysteme einen Zeitraum von 1 bis 2 Wochen in Anspruch nahm, innerhalb welchem aber wiederum weitere Geschäftsvorfälle aufliefen. Insofern konnte der jeweilige IST-Zustand nur mit ergänzenden Ableitungen und Einschätzungen der Mitarbeiter angenähert dargestellt werden. Durch die Buchhaltung in nunmehr zwei Buchhaltungssystemen war es jedenfalls ab April 2010 technisch zudem nicht mehr möglich, durch die Software maschinell monatliche Abschlüsse für die Gesellschaften zu generieren, die deshalb in der Folgezeit auch nicht erstellt wurden. Die laufende Geschäftsentwicklungsplanung basierte daher auf manuell erstellten und fortentwickelten Prognosen und Schätzungen.

(iii) Bewertungsgutachten der H10 Partners vom 12.04.2010

Das im Dezember 2009 bei der H10 Partners beauftragte Bewertungsgutachtens für den Geschäftsbetrieb der U F4 GmbH wurde am 12.04.2010 fertiggestellt. Die gutachterliche Bewertung sollte aus Sicht der Angeklagten als Ausgangsbasis zur steuer- und handelsbilanziellen Aufdeckung von stillen Reserven im Rahmen der noch abzuschließenden Verschmelzung auf die U Gas GmbH dienen. Nach Angaben der Gutachter war Gegenstand der Bewertung allein der Geschäftsbetrieb der U F4 GmbH, bestehend aus den operativen Bereichen Strom- und Gasversorgung und nicht die Gesellschaft als solche oder die Anteile daran. Bei der Auftragsdurchführung standen den Gutachtern neben den Abschlussentwürfen für 2008 und dem Entwurf eines Sanierungskonzepts vor allem auf unternehmensinterne Einschätzungen beruhende Planzahlen zur voraussichtlichen Geschäftsentwicklung zur Verfügung, ergänzt durch Erklärungen der Angeklagten und des Aufsichtsrats hierzu. Die Bewertungsgrundlage wurde seitens der Prüfer nur kursorisch auf Plausibilität geprüft, ansonsten einfach ungeprüft übernommen. Unter Anwendung vorgegebener Bemessungsverfahren kamen die Gutachter der H10 Partners - bei prognostizierter Geschäftsentwicklung und Fortführung des Geschäftsbetriebs - so zu einem objektivierten Wert für den "Geschäftsbereich "Strom- und Gasversorgung" der U F4 GmbH zwischen 170 Mio. € und 200 Mio. €. Außerhalb des Gutachtens führte der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater T9 von H10 Partners gegenüber L4 und C6, den Angeklagten und K am 15.03.2010 zur Kenntnis gebracht, hierzu aus, dass eine Bewertung der GmbH oder deren Anteile zu einem Unternehmenswert von 0 € kommen würde, weil die handelsrechtlichen Verlustvorträge der U F4 GmbH für die Jahre 2008 und 2009 wie eine Ausschüttungssperre wirkten. Eine Weitergabe des Bewertungsgutachtens an Dritte ohne Genehmigung der H10 Partners zu anderen Zwecken als der Information im Zusammenhang mit der Aufdeckung stiller Reserven war nicht vorgesehen.

b) Produktoffensive durch Sommerpakete (bis 30.09.2010)

(1) Investorensuche & Kapitalzuflüsse

In der Zwischenzeit war es spätestens Anfang Juni 2010 zu einer Einigung in den Verkaufsverhandlungen der Angeklagten und des Aufsichtsrats mit den Vertretern der F11 gekommen: Da das russische Unternehmen nicht unmittelbar als Käufer in Erscheinung treten wollte, sollte die anstehende Transaktion durch eine Drittgesellschaft abgewickelt werden. Zu diesem Zweck stellte K die ihm als wirtschaftlich Berechtigter zuzuordnende D8 Beteiligungsgesellschaft AG mit Sitz in Q10, T4 (im Folgenden: "D8 AG") zur Verfügung, deren Handlungsbevollmächtigter der gesondert Verfolgte T4er Rechtsanwalt L5 war. Vor diesem Hintergrund kamen die Parteien schließlich spätestens am 02.06.2010 überein, dass die F11 sämtliche Aktien der U I7 AG außer der gesellschaftseigenen Anteile erwerben sollte, sofern (1) testierte Abschlüsse der Gruppengesellschaften für die Jahre 2008 und 2009 vorgelegt, (2) die ausstehende Stromsteuerschuld entweder per Bescheid gestundet oder getilgt und (3) die Durchführung einer Due Diligence-Prüfung positiv verlaufen würde. Im Falle eines erfolgreichen Vollzugs einer Kaufvereinbarung beabsichtigte die F11, der U I7 AG ein Darlehen in Höhe von 25 Mio. € zuzuführen.

In Ausführung dieses Grundverständnisses schlossen sämtliche K und den T3-Brüdern zuzuordnende Anteilsinhabergesellschaften der U I7 AG, jeweils vertreten durch Dr. B2 T3, als Verkäuferin und die D8 AG, vertreten durch Rechtsanwalt L5, als Käuferin am 09.06.2010 einen Aktienkaufvertrag über insgesamt 23.904.600 Aktien der U I7 AG, die ca. 95,6% deren Grundkapitals betrugen. Die weiteren 1.095.400 Aktien des Grundkapitals sollten im Eigentum der U I7 AG verbleiben. Insgesamt war ein Kaufpreis von ca. 71,7 Mio. € zu entrichten, auf den 25 Arbeitstage nach Vertragsschluss eine erste Anzahlung von 3 Mio. € sowie nach Verstreichen des der Käuferin gewährten uneingeschränkten Rücktrittsrechts ohne Rechts- und Entschädigungsfolgen zum 15.11.2010 eine weitere Anzahlung von 6 Mio. € zu zahlen waren. Der verbleibende Rest von ca. 62,7 Mio. € sollte zum Zeitpunkt des Vollzugs zum 30.12.2010 fällig werden, wobei als Voraussetzung hierfür u.a. zwingend die Vorlage eines testierten, konsolidierten Jahresabschlusses der U I7 AG sowie der U N8 GmbH vereinbart war. Nach Vertragsschluss sollte die Käuferin zudem bis spätestens zum 30.10.2010 eine Due Diligence-Prüfung betreffend aller Gruppengesellschaften und der U N8 GmbH durchführen. Der Vertrag sah weiter vor, dass exklusiver Ansprechpartner der Verkäuferin auf Käuferseite allein K sein sollte.

Im Anschluss genehmigte der Generaldirektor der F11 unter dem 16.06.2010 vor dem Notar H12 in L10 gegenüber Rechtsanwalt L5 als Vertreter der D8 AG die Vertragsübernahme deren Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag vom 09.06.2010. Erstmals bestand für die U-Gruppe so eine realistische Perspektive für den vollständigen Verkauf der Gruppe an einen Investor, für deren erfolgreichen Vollzug die Verantwortlichen der U I7 AG aber testierte Jahresabschlüsse für die Gruppengesellschaften und die Gruppe insgesamt vorlegen mussten. Die Due-Diligence-Prüfung wurde durch die russischen Investoren ab Mitte Juli 2010 durchgeführt. Zu diesem Zweck beauftragte die W13 S.A., eine der Käuferin zuzuordnende Offshore-Gesellschaft, am 02.08.2010 die Kanzlei Q11 T38 L21 aus L10 (im Folgenden: "Q12") zur Überprüfung der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden wirtschaftlichen Kennzahlen, die in der Folgezeit mit Unterbrechungen von August bis Oktober 2010 in den Räumen der U I7 AG durchgeführt und mit schriftlicher Berichterstattung vom 15.10.2010 beendet wurde.

(2) Auflegen defizitärer Treue- und Sommerpakete

Trotz des gut laufenden Gasgeschäfts war die Anzahl der neu hinzugewonnen Verträge im Stromsegment im Verlauf des Jahres 2010 kontinuierlich gesunken, weshalb die Angeklagten, hier vornehmlich der hierfür ressortbedingt zuständige Angeklagte C, bereits seit April 2010 nach Ideen und Möglichkeiten suchten, über den Vertrieb die Anzahl der Vertragseingänge wieder zu steigern. Hierdurch wurden über die U N8 GmbH auf Veranlassung Cs zunächst neue Tarifmodelle kreiert und im Vertriebsmodell höhere Anreize für die Vertriebspartner für Vertragsabschlüsse geboten. Trotz der Bemühungen blieb die Entwicklung im für die Gruppe elementaren Strombereich bis Ende Juni 2010 rückläufig, zumal nunmehr die Sommermonate begonnen hatten, innerhalb derer Vertragsabschlüsse jahreszeitbedingt generell geringer ausfielen. Darüber hinaus begann ab Juni 2010 der Strombezugspreis bis September 2010 wieder auf zuletzt 73,34 €/MWh massiv anzusteigen. Da die U-Gruppe - der Stromeinkauf erfolgte noch immer ohne Sicherungsinstrumente - aufgrund der zahlreichen Vorkassetarife hierdurch gezwungen war, bei den Endkunden zeitnah Preisanpassungen nach oben vorzunehmen, erhöhte sich zudem noch die Gefahr für dadurch bedingte Kündigungen, die die bestehende Tendenz der Stromkundenentwicklung verstärkten. Vor diesem Hintergrund hatte sich die Zahl der versorgten Endkunden bis Ende Juni 2010 im Vergleich zum Stand Ende 2009 nur um ca. 4.400 Endkunden erhöht. Weite Teile des Kundenportfolios befanden sich zudem im defizitären Bereich.

In dieser Lage entschlossen sich die Angeklagten - auch in Ansehung des Vertragsabschlusses mit F11 - die bestehende Liquiditätskrise dadurch zu entschärfen und zu überbrücken, dass durch den massiven Verkauf von Pakettarifen für Bestands- und Neukunden mit jährlichen Vorauszahlungen kurzfristig Liquidität "aus der Zukunft" geholt werden sollte. Unter Federführung Cs sollten so an die Bestandskunden sog. Treuepakete und an die Neukunden sog. Sommerpakete verkauft werden, deren Tarifstruktur so ausgestaltet war, dass die Endkunden zwischen unterschiedlichen Stromvolumentarifen wählen konnten, wobei sich der Umfang der einzelnen Paketgrößen durch die Menge der im Festpreis enthaltenen, im Voraus zu bezahlenden Kilowattstunden (kWh) unterschied. Insgesamt waren die Paketangebote wie folgt aufgebaut:

Paket

Volumen in kWh

Für Bestandskunden

Für Nekunden

1.000

150 €

160 €

2.500

375 €

400 €

4.000

600 €

640 €

XL

5.500

825 €

880 €

Die Stromvolumenpakete konnten nur zu einem bereits bestehenden Grundtarifangebot hinzugebucht werden. Der Preis für ein Stromvolumenpaket wurde sofort nach RechnungssteIlung fällig und per Lastschriftverfahren in einem Betrag abgebucht. Die Rabattierung durch den neuen Tarif bezog sich damit rein auf den Arbeitspreis. Das Stromvolumenpaket wurde nach Feststellung des tatsächlichen Verbrauchs in der Jahresrechnung (Verbrauchsrechnung) von dem dort ausgewiesenen Verbrauch abgezogen. Ein eventueller Mehrverbrauch wurde auf Basis des vom Kunden gewählten Stromgrundtarifs abgerechnet. Die Laufzeit je Paket betrug stets zwölf Monate. Um die Attraktivität auf dem Strommarkt für die Endkunden zu erhöhen, waren die neuen Paketmodelle insgesamt von Beginn an so kalkuliert, dass sie nicht kostendeckend waren (für Bestandskunden ein Festpreis von 15 ct/kWh, für Neukunden 16 ct/kWh).

Die U-Gruppe bot - unter Genehmigung und bewusster Inkaufnahme von damit verbundenen Verlusten durch die Angeklagten - für Bestandskunden die Treuepakete im Zeitraum von 15.07.2010 bis 22.08.2010, für Neukunden die Sommerpakete im Zeitraum von 15.07.2010 bis Ende 2010 an. Zur Ankurbelung des Vertriebs wurden die neuen Paketmodelle in einer groß angelegten Medienkampagne beworben, deren Gesamtkosten sich allein auf ca. 2,5 Mio. € aufsummierten. Nach Beendigung der Vertriebsaktion an Bestandskunden zum 22.08.2010 hatte die U F4 GmbH unter Berücksichtigung von Stornierungen allein hieraus über 76.000 Pakete verkauft, die kurzfristige Einnahmen von über 34 Mio. € generierten. Daneben war es bis Ende September 2010 gelungen, weit über 20.000 Pakete an Neukunden zu verkaufen, aus denen sich nochmals über 12 Mio. € an Einnahmen ergaben. Insgesamt hatte die U F4 GmbH durch die Paketverkäufe Stand Ende August 2010 ca. 46 Mio. € an kurzfristigen Einnahmen geschaffen, die nun zur Verbesserung der Liquiditätssituation verwandt werden sollten. Allerdings waren mit den neuen Tarifen auch erhebliche unternehmerische Risiken verbunden, da durch die eingegangenen Bindungen Preisanpassungen binnen 12 Monaten nicht möglich waren und Steigerungen des Strombezugspreises - wie sie ja ab Juni 2010 auch tatsächlich stattfanden - sich unmittelbar negativ auf die ohnehin bewusst kalkulierte negative Marge auswirkten.

(3) Stundungsbemühungen bei weiteren Gläubigern

(i) C2 M3 Fußball GmbH

Die für das erste Halbjahr 2010 ausstehende 2. Sponsoringrate für die Saison 2009/ 2010 aus dem Hauptsponsorenvertrag mit der C2 M3 Fußball GmbH wurde über die U N8 GmbH - abweichend von den ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen und als Folge der eingeforderten Stundung mit Ratenzahlungsvereinbarung aus Januar 2010 - ratierlich gezahlt und die Rate vollständig beglichen. Da nunmehr vertragsgemäß zum 15.07.2010 die 1. Sponsoringrate der Saison 2010/2011 in Höhe von € 3.859.085,81 fällig wurde, sahen sich die gesamtschuldnerisch hierfür haftenden U N8 GmbH und U I7 AG neuerlich vor der Situation, dass sie den Betrag nicht bei Fälligkeit begleichen konnten. Unter Führung der Angeklagten gelang es aber erneut, eine Stundung zu erwirken. Entsprechend wurde zwischen der U N8 GmbH, vertreten durch O, und der C2 M3 Fußball GmbH ein "Side Letter" zum Hauptsponsorenvertrag vom 02.08.2007 vereinbart, wonach die Fälligkeit des Basisbetrages für die anstehende Saison abweichend geregelt wurde. Der insgesamt zu entrichtende Betrag in Höhe von 6.485.858,50 € sollte nun in monatlichen Raten in Höhe von 540.488,20 €, beginnend zum 01.07.2010, beglichen werden. Gemäß diesem Ratenzahlungsplan bediente die U-Gruppe über die U N8 GmbH in der Folgezeit zunächst die Raten ohne nennenswerte Verzögerungen.

(ii) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Nachdem bis Ende Juni 2010 noch immer kein formeller Stundungsbescheid ergangen war, kam es am 02.07.2010 auf Veranlassung der U-Gruppe zu einer erneuten Besprechung mit dem HZA L10, an der C, T6 und L4 teilnahmen. Hierin teilten diese dem HZA L10 mit, dass nunmehr durch Kaufvertrag vom 16.06.2010 ein russischer Investor die Gruppe gekauft habe, wobei bis 15.08.2010 noch ein Ausstieg erfolgen könne und testierte Jahresabschlüsse vorgelegt werden müssten. Den Kaufvertrag legten die U-Vertreter indes zunächst nicht vor, reichten diesen aber in der Folgezeit in anonymisierter Fassung nach. Daneben wurde dem HZA L10 mitgeteilt, dass ein Sanierungsgutachten noch nicht vorliege, aber auch nicht mehr prioritär verfolgt werde. Auch legten die Vertreter der Gruppe dem HZA L10 das Bewertungsgutachten der H10 Partners vom 12.04.2010 - ohne deren Genehmigung - vor. Weiter stellten sie in Aussicht, dass bei Bewilligung einer Stundung dann kurzfristig durch die Verkaufserlöse die noch ausstehenden Verbindlichkeiten beglichen werden könnten. Nach interner Abstimmung bis hin zu BFD West und Mitte teilte das HZA L10 mit Schreiben vom 02.08.2010, gerichtet an die U F4 GmbH, mit, dass ein positiver Bescheid ohne Vorlage eines Sanierungsgutachtens, das durch den Verkauf ja nicht ohne Weiteres obsolet sei, nicht erfolgen könne. Insofern forderte das HZA L10 bis zum 16.08.2010 zur Unterbreitung von Vorschlägen auf, wie in Ansehung der anstehenden Verkaufstransaktion die bereits angeforderte Sicherheitsleistung geleistet werden könne.

Nach dem dargelegten erfolgreichen Abschluss der Treuepaket-Aktion, aus der allein über 34 Mio. € an Geldzuflüssen generiert worden waren, meldete sich der Angeklagte C unter dem 23.08.2010 telefonisch bei dem Zeugen M9 vom HZA L10 und wies darauf hin, dass die U F4 GmbH seit November 2009 entsprechende Raten leiste und in Kürze auch eine Sanierungsgutachten der Kanzlei G2 vorgelegt werden könne. Darüber hinaus bot er an, sofern für die nach der geplanten Verschmelzung neu zu erteilende Erlaubnis auf die geforderte Sicherheitsleistung für zwei Monate (ca. 7 Mio. €) seitens des HZA L10 verzichtet werden könne, die noch rückständigen Stromsteuern kurzfristig vollständig auszugleichen. Nachdem man sich hierüber unter dem 26.08.2010 verständigt hatte, überwies die U F4 GmbH auf Veranlassung Cs am 01.09.2010 € 12.928.854 und am 03.09.2010 weitere 12.398.973,25 € an das HZA L10. Da das HZA L10 der Steuerschuldnerin die angefallenen Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 4.797.946,50 € hälftig erlassen hatte, waren damit sämtliche rückständigen Verbindlichkeiten aus den Stromsteuernachzahlungen für die Jahre 2008 und 2009 beglichen. Der Stundungsantrag hatte sich damit mit Erlöschen der Steuerforderungen erledigt.

(4) Beratungsmandat mit der Kanzlei G2

Die Mitarbeiter der Kanzlei G2 hatten ab März 2010 begonnen, dass ihnen zur Verfügung gestellte Datenmaterial für die Erstellung eines Sanierungsgutachtens aufzuarbeiten, wiesen dann aber Anfang Mai 2010 die Angeklagten darauf hin, dass das bislang vorliegende Datenmaterial nicht ausreichend sei. In der Folgezeit ließen die Angeklagten den Mitarbeitern der Kanzlei G2 unter Federführung Dr. L7s weitere Informationen zukommen. So teilte C6 am 20.05.2010 dem Mitarbeitern von G2 folgendes mit:

"3. Netzbetreiber Ausnutzen von Fälligkeitsverschiebungen

Die Fälligkeit der Zahlungen blieben unangetastet, bis auf folgende Ausnahme: Ein Prozentsatz von ca. 93% der Netzbetreiberzahlungen wurde in der Fälligkeit um 8 Tage verschoben. Dazu haben wir den Anteil der Zahlungen an Netzbetreiber ermittelt, der im Wege eines automatischen Zahlungsavis (RemAdv) bezahlt wird. [...] Diese Zahlungsbestätigung haben wir bisher überpünktlich innerhalb von 2 Tagen gegeben und damit unmittelbar die Beträge Fällig gestellt. Wir können einen Fälligkeitsspielraum von weiteren 8 Tagen ausnutzen, indem wir die Bestätigung entsprechend später senden.

4. Planung des Zahlungstermins

Für die Frage der tatsächlichen Zahlung unter der Nebenbedingung eines positiven Kontostandes haben wir die Netzbetreiber zusätzlich in 3 Kategorien unterteilt. Die Unterteilung erfolgte dabei prozentual anhand der Vertragszahlen, die wir bei dem jeweiligen NB in Versorgung haben. [...]

Kategorie 1: Für diejenigen Netzbetreiber, bei denen Eskalationen eingetreten sind oder bei denen wir eine Vereinbarung getroffen haben, können wir maximal um 7 Tage verzögern und auch nur nach individueller Absprache. Wir haben dazu anhand einer Eskalationsliste alle 850 Netzbetreiber durchgearbeitet.

Kategorie 2: Hierunter fallen diejenigen NB, mit denen wir nicht unmittelbar eine Vereinbarung getroffen haben, aber mit einer Schwestergesellschaft. Hier wollen wir innerhalb von 30 Tagen zahlen. Eingestellt sind i.d.R. 21 Tage.

Kategorie 3: Hier erhalten wir auch nach zweimonatiger Verspätung keine Probleme, daher haben wir die Zahlung um 42 Tage verschoben.

ln dieser Form verfahren wir jetzt seit 2008 und bauen dabei langsam die Verbindlichkeiten ab."

Nachdem die bei G2 mit der Sache befassten Berater Prof. Dr. T7 und Dr. L7 am 04.06.2010 nochmals aktuelle IST-Zahlen der U-Gruppe angefordert hatten, die deren Verantwortliche aufgrund der bestehenden Problembereiche in den Buchhaltungssystemen nicht tagesaktuell, sondern erst mit einer Verzögerung von 2-3 Wochen liefern konnten, teilte G2 den Angeklagten mit Schreiben vom 10.06.2010 u.a. folgendes - mit der Bitte um Weiterleitung an den Aufsichtsrat - mit:

"Wir konnten deshalb lediglich auf Grundlage der uns vorliegenden "älteren" Liquiditätszahlen aus Ihrem Haus die Frage der Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH i.S. von § 17 InsO mittels konsolidierter Zahlen der U I7 AG — die nach Aussage von Herrn C6 ein annäherndes Bild der Situation auf Ebene der U F4 GmbH wiederspiegeln — prüfen (für die U I7 AG lagen uns noch keine aussagefähigen Unterlagen vor) und die sich hieraus ergebenden Ergebnisse festhalten. [...] Aber selbst wenn man ihrem Ansatz folgen wollte, ist aufgrund der uns derzeit vorliegenden Zahlen festzustellen, dass die 10-Tage-Regel bereits im Mai durch die U F4 GmbH nicht mehr eingehalten werden konnte. Nach den uns aktuell vorliegenden Angaben zu den fälligen Verbindlichkeiten (Stand: 1. Mai 2010) beträgt die Liquiditätslücke der U F4 GmbH im Mai auf Grundlage eines Finanzplans an mehr als 20 Tagen mehr als 20 % [...].

Auf Grundlage der vorn BGH geforderten — und daher von uns grds. als Methode präferierten — Liquiditätsbilanz (Stichtag 1. Mai 2010) die einen Zeitraum von 21 Tagen umfasst, beträgt die Deckungslücke 32 %; stellt man diese am 20. Mai 2010 auf, besteht keine Deckungslücke, jedoch tritt eine solche an Folgestichtagen regelmäßig wieder auf. Betrachtet man aufgrund des üblichen Geschäftszyklus (1. Monat) im Rahmen einer Liquiditätsbilanz immer diesen Zeitraum beginnend jeweils ab dem 1. eines Monats, kommt man für die Monate Mai bis August 2010 zu erheblichen Liquiditätslücken (18 — 42 %). Angesichts des Umfangs der festgestellten Liquiditätslücken und -schwankungen im Rahmen der Liquiditätsbilanz und der Tatsache, dass der BGH sich bislang nicht dazu geäußert hat, ob auch die Aufstellung eines Finanzplans zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit zulässig ist, kann u.E. nicht ausgeschlossen werden, dass die Vermutung des 3. Leitsatzes der BGH Entscheidung eingreift, wonach die U F4 GmbH zahlungsunfähig wäre.

Nach der oben zitierten Entscheidung des BGH wäre dann für den Ausschluss der Zahlungsunfähigkeit erforderlich, dass ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist. Nach IDW PS 800 Tz. 26 aber auch der herrschenden Meinung im Schrifttum, u.a. dem seinerzeitigen Vorsitzenden des Insolvenzrechtssenats des BGH G5, wird maximal ein Zeitraum von 3 bis 6 Monaten zugestanden ("demnächst"), in welchem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Liquiditätslücke geschlossen werden muss. [...]. Auch muss ersichtlich sein, dass die Liquiditätslücke tendenziell ganz aber jedenfalls bis auf geringe Beträge geschlossen wird. Ein dauerhaftes Vor-Sich-Herschieben von Verbindlichkeiten i.S. einer "Bugwelle" ist u.E. nicht vertretbar. Dieser Ansatz führte i. E. zu einer Verschleierung der wahren wirtschaftlichen Situation des Schuldners mit der Folge, dass der Schuldner — im Einzelfall erhebliche — Liquiditätslücken sanktionslos vor sich herschieben könnte. Sie haben uns in einer Email vom 21. Mai 2010 mitgeteilt, dass nach derzeitigem Finanzplan die Liquiditätslücke nicht bis Ende des Jahres 2010 geschlossen werden kann, sondern dies erst Mitte bzw. Ende des Jahres 2011 erfolgen wird.

Um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, muss u.E. deshalb zwingend eine Brückenfinanzierung vorgesehen werden (z.B. in Form eines Gesellschafterdarlehens oder einen Bankfinanzierung gesichert durch eine Bürgschaft der Gesellschafter), um die bestehenden Unterdeckungen im Laufe des jeweiligen Monats abzudecken. Nach den derzeitigen uns vorliegenden Zahlen würde eine solche Finanzierung — ohne das weitere Sanierungsmaßnahmen umgesetzt würden — in der "Spitze" etwa € 34 Mio. ausmachen, sich aber bis zum 30. September 2010 auf einen Betrag von ca. € 9-10 Mio. reduzieren. Wir dürfen Sie weiter daran erinnern, dass wir auf Ihre Bitte hin gegenüber dem Hauptzollamt die 24. Kalenderwoche als Termin für die Abgabe eines ersten Entwurfs des Sanierungskonzepts angekündigt haben. Dieser Termin ist mit der von Ihnen angekündigten Bereitstellung des Zahlenmaterials in 2-3 Wochen nicht haltbar."

In der Folgezeit leitete L4 das Schreiben der Kanzlei G2 an die Mitglieder des Aufsichtsrats mit folgenden Erläuterungen weiter:

"[...] G2 geht davon aus, dass die U F4 GmbH zahlungsunfähig wäre, was mit einer Brückenfinanzierung vermieden werden könnte. Eine solche Finanzierung würde `in der "Spitze" etwa € 34 Mio. ausmachen, sich aber bis zum 30. September 2010 auf einen Betrag von ca. € 9-10 Mio. reduzieren.´ Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Wirtschaftsprüfer C3 noch für das Prüfungsjahr 2009 durch den Aufsichtsrat beauftragt werden muss. Ferner erlauben wir uns das Schreiben des durch den Aufsichtsrat beauftragten Wirtschaftsprüfer C3 vom 28. Oktober 2009 anzuhängen, in dem zur Bedingung gemacht wird, das wir ein Sanierungsgutachten nach IDW Standard ES 6 (Feststellung `Going Concern´ bzw. Positive Fortführungsprognose) erstellen müssen."

Im Anschluss kam es am 21.06.2010 auf Betreiben Dr. T3s zu einem Treffen zwischen diesem, den Mitarbeitern von G2, Prof. Dr. T7 und Dr. L7, den Mitarbeitern der C3, Dr. H2 und M2, sowie L4. Darin legten die Mitarbeiter von G2 dar, dass auf Grundlage des vorliegenden Datenmaterials insolvenzrechtlich zwar keine Überschuldung, wohl aber eine Liquiditätslücke zum 30.09.2010 in Höhe von ca. 6,3 Mio. € bzw. zum 31.12.2010 in Höhe von ca. 15,15 Mio. € vorliege, die ohne weitere Finanzierungsmaßnahmen in angemessener Zeit nicht bzw. nicht vollständig geschlossen werden könne. Hieraufhin sicherte Dr. T3 zu, dass er schnellstmöglich versuchen werde, von den Altgesellschaftern eine entsprechende Finanzierungszusage zu erhalten. Durch das Schreiben vom 10.06.2010 wie auch in dem Gespräch vom 21.06.2010 hatten Prof. Dr. T7 und Dr. L7 die Angeklagten darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung einer Liquiditätslücke bestehe, die einer sofortigen Schließung bedurfte, widrigenfalls Insolvenzantrag zu stellen sei. Die Empfehlung von G2 ging dahin, eine werthaltige Brückenfinanzierung durch die Gesellschafter von mindestens 15 Mio. € zu leisten.

Tatsächlich erfolgte die von der Kanzlei G2 als notwendig erachtete Brückenfinanzierung von 15 Mio. € nicht, da sich keiner der Altgesellschafter zu einer Brückenfinanzierung bereit erklärte. Zwar hatte Dr. T3 erwogen, bei einer Laufzeit von 2 Jahren der U-Gruppe ein Darlehen in Höhe von 15 Mio. € zu gewähren. Da ihm der mögliche Zinssatz von 10% p.a. nicht ausreichend war, fragte er telefonisch am 24.06.2010 bei L4 an, ob auch ein höherer Zinssatz möglich sei. Hieraufhin meldete L4 nach Abstimmung mit den Angeklagten zurück, dass man 20% dann verkraften könne, wenn das Kapital sofort komme und Zinszahlungen/Tilgungen frühestens ab August 2011 geleistet werden könnten. In Anbetracht dieser Voraussetzungen kam es aber nicht zu einer Darlehensgewährung. In der Folgezeit stagnierte die Arbeit an dem Sanierungsgutachten, da die Bearbeiter der G2 auf die Brückenfinanzierung warteten.

Nachdem sich zwischenzeitlich durch den Abschluss des Kaufvertrags aus Juni 2010 und die Vertriebsoffensive für Treue- und Sommerpakete die Unternehmenssituation massiv veränderte hatte, banden die Angeklagten die Kanzlei G2 unter Darstellung der neuen Sachlage wieder ein, um doch noch ein Sanierungsgutachten erhalten zu können. So teilten sie Ende August 2010 mit, dass sich durch das Auflegen - der nicht mit der Kanzlei besprochenen - Pakettarife die Liquiditätssituation vorläufig entspannt habe. Hierzu teilten die Berater von G2 am 07.09.2010 mit, dass sie noch immer zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgingen, weil künftige Liquiditätslücken wieder entstehen und diese nicht durch eigenen Ertrag geschlossen werden könnten. Zudem wiesen sie darauf hin, dass insbesondere angesichts der schwer planbaren Einkaufskonditionen im Energiemarkt ein erneutes Auflegen von Sonderpaketen zur Abwendung einer Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichend sei, sondern vielmehr als strafrechtlich relevantes Schneeballsystem, d.h. als Betrug zu qualifizieren sein könnte. Im Nachgang zu diesem Treffen gab es dann einen regen Austausch zwischen den Verantwortlichen der U-Gruppe sowie den involvierten Beratern von G2, der C3 AG und H10 Partners, wobei aber bis Mitte Oktober plausibilisierte Planungen nicht erarbeitet werden konnten. Eine Bewertung der Liquiditätssituation konnte so nicht seriös durchgeführt werden, weil nicht alle relevanten Sachverhalte im vorgelegten Businessplan abgebildet wurden und weiterhin Unstimmigkeiten zwischen den IST-Zahlen und den PLAN-Zahlen bestanden. Insofern stagnierten die Arbeiten an dem Sanierungsgutachten; eine Fertigstellung desselben war nicht absehbar.

(5) Weitere Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Operative Maßnahmen und Umstrukturierungen

(a) Erhöhung der Vorstandsbezüge und Prämienregelung

Ab September 2010 verhandelten die Angeklagten in Ansehung der anstehenden Verlängerung der Vorstandsbestellung für weitere fünf Jahre bis zum 31.12.2015 mit dem Aufsichtsrat über die Erhöhung ihrer Bezüge zum 01.01.2011. Hierzu trugen sie dem Aufsichtsrat an, dass der Vorstand ein jährliches Bruttogehalt in Höhe von 500.000 €, das sich je Kalenderjahr um weitere 10% erhöhen sollte, beziehen sollte. Daneben war ein variabler Vergütungsanteil vorgesehen, der insbesondere eine Honorierung für hohe Kundenakquisitionszahlen regelte. In der Folgezeit kam der Aufsichtsrat diesen Vorschlägen nicht nach, da in Ansehung des möglichen Vollzugs des Kaufvertrags des neuen Investors aus Juni 2010 die Entscheidung hierzu zurückgestellt wurde. Im Nachgang zu den bereits im Sommer 2009 verhandelten Nachträgen zu den Vorstandsdienstverträgen einigten sich der Aufsichtsrat und die Angeklagten darauf, einen solchen Nachtrag als Ergänzung zu den bestehenden Vorstandsdienstverträgen zugunsten der Angeklagten abzuschließen, der wie folgt ausgestaltet war:

"Die Vorstände waren in den Jahren 2009 und 2010 insbesondere mit der Rettung der sanierungspflichtigen Gesellschaft betraut. Ihre Aufgabe war und ist, die Gesellschaft zu entschulden, operativ handlungsfähig und zukunftssicher zu machen. Für die Erfüllung dieser Aufgaben erhält der Vorstand Einmalgratifikationen, die für die Jahre 2009 und 2010 wie folgt geregelt sind.

1. Der Vorstand erhält zusätzlich zu den in § 3 vereinbarten Vergütungsbestandteilen eine Einmalgratifikation in Höhe von brutto € 250.000,00 als Honorierung für die bis heute erfolgreich umgesetzte Unternehmensentwicklung.

2. Der Vorstand erhält zusätzlich zu den in § 3 vereinbarten Vergütungsbestandteilen eine weitere Einmalgratifikation in Höhe von brutto BUR 500.000,00 als Honorierung für den Fall, dass die durchgeführten Restrukturierungsmaßnahmen zur Testierung der Jahresabschlüsse für die Jahre 2008 und 2009 durch den Wirtschaftsprüfer führen und diese Jahresabschlüsse testiert vorliegen. Das Vorliegen der testierten Jahresabschlüsse für die Jahre 2008 und 2009 beweist, dass die durchgeführten Restrukturierungsmaßnahmen zu Gunsten der U-Gruppe erfolgreich waren.

Der Anspruch gemäß Nummer 1 ist sofort fällig, der Anspruch gemäß Nummer 2 ist bei Vorliegen der testierten Jahresabschlüsse 2008 und 2009 sofort fällig."

Ob die vereinbarten Prämienzahlungen im Anschluss hieran tatsächlich ausbezahlt wurden, konnte die Kammer nicht feststellen.

(b) Rückzug Ks aus dem Aufsichtsrat

Nachdem K sich schließlich nach Ausschöpfung des Rechtswegs gegen seine Auslieferung nach Deutschland den T4er Behörden am 15.04.2010 freiwillig gestellt hatte, musste er nach Übergabe an die deutschen Behörden am 30.07.2010 in der JVA C28 die Vollstreckung der 2007 ausgeurteilten Freiheitsstrafe antreten. In der Folgezeit verbüßte K seine Haftstrafe zunächst im offenen Vollzug. Hierzu hatte er sich im Juli 2010 über seine Verbindungen zu H9 eine Anstellung bei dessen Unternehmen P7 GmbH & Co. KG in X15 verschafft. Vor dem Hintergrund dieser Geschehnisse hatte K zum 14.06.2010 mit sofortiger Wirkung sein Amt als Aufsichtsratsmitglied der U I7 AG aus "gesundheitlichen Gründen" niedergelegt. Entsprechend wurde zum 02.07.2010 auf Betreiben Ks dessen Vertrauter W6 als neuer Aufsichtsrat bestellt, der in die Situation eingeweiht war und zunächst über handschriftlich verfasste Briefe Ks, die ihm über dessen Ehefrau aus der Haft zukamen, Anweisungen Ks zu der U-Gruppe und den T4er Unternehmen ausführte. Über die tatsächlichen Gründe seines Ausscheidens waren nur enge Vertraute Ks informiert, so auch die Angeklagten und W6. Gegenüber den Mitarbeitern der U-Gruppe wurde seitens der Angeklagten nur mitgeteilt, dass K aus gesundheitlichen Gründen habe ausscheiden müssen. Da sich die Angeklagten über ihre eigene Rechtsberater einen Volltext des Urteil des Landgerichts N15 vom 16.03.2007 beschafft hatten, wiesen diese ihre Mitarbeiter aber an, K als reinem Vertreter der Gesellschafter ohne Funktion nur noch nach Freigabe durch die Führungsebene interne Informationen zukommen zu lassen. Entsprechend war der bis dato bestehende FTP-Zugang zu den Servern der U-Gruppe für K gelöscht worden. In Ansehung der Notwendigkeit der Testierung der Abschlüsse und der Fertigstellung des Sanierungsgutachtens erhielt K, gebilligt durch den Vorstand, dann aber im September 2010 wieder restriktiv Lesezugang zu vereinzelten Dokumenten eingeräumt.

(c) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen

Im Mai 2010 veranlassten die Angeklagten über die U N8 GmbH die Gründung der U T39 GmbH mit Sitz in G15/T40 (HRB ...# AG G7 (P8)) als deren Tochtergesellschaft. Geschäftsführer der Gesellschaft war der gesondert Verfolgte O4. Gegenstand des Unternehmens war der Vertrieb von Energie- und anderen haushaltsnahen Dienstleistungen durch Telemarketing. Mit dem Unternehmen sollte der Vertrieb durch die Einrichtung eines neuen Servicecenters für Neukunden ausgebaut werden. Mit Wirkung zum 02.06.2010 übernahm der gesondert Verfolgte M10 von C die Geschäftsführung der F6 GmbH. Nachdem zwischenzeitlich O als Geschäftsführerin der U O3 GmbH zum 20.04.2010 durch F2 abgelöst worden war, wurde - nach dessen Bestellung zum Mitgeschäftsführer der U N8 GmbH - der gesondert Verfolgte L9 im November 2010 für F2 auch zum Geschäftsführer der U O3 GmbH bestellt.

(ii) Erweiterung der Volumenpakete auf Gaskunden

Die Liquiditätssituation der U-Gruppe blieb bis Ende September 2010 kritisch. Hierzu fasste C in einer E-Mail gerichtet an K und W6, zur Kenntnis dem Angeklagten Dr. L sowie L4, N4 und T6 sowie den Zeugen H6 und C6, den Status Quo zu dieser Zeit wie folgt zusammen:

"Ich befürchte darüber hinaus, dass unsere Zahlen nicht die derzeitig wirklich vorliegende Unternehmenssituation widerspiegeln. Aktuell weisen wir anhand unserer kurzfristigen Liquidität einen Kontostand zum Ende des Monats iHv. ca. 5 Mio. € aus. Hierbei ist allerdings nicht wirklich transparent, ob alle Pakete bereits verarbeitet wurden. Demgegenüber stehen sicherlich ebenfalls nicht tagesaktuell verarbeitete Rechnungen gegenüber Lieferanten. Zuletzt wurden hierzu 32 Mio. € fällige Verbindlichkeiten kommuniziert. Wenn ich nun noch per 10%-Regel großzügig 7 Mio. € abziehe, besteht trotzdem aktuell eine Liquiditätslücke von rund 20 Mio. €. Die gefährdet aus meiner Sicht auch immer noch das Sanierungsgutachten. Denn Hr. C6 hat im aktuell verteilten Businessplan nicht wirklich harte Ist-Zahlen als Ausgangspunkt definiert. Darüber hinaus sind hier sehr sportliche Akquisitionszahlen für die Monate September bis Dezember 2101 enthalten. Diese Vertriebszahlen führen, falls wir sie nicht erreichen, wieder zur erheblichen Diskussionen mit unseren Prüfern. Ab Januar 2011 unterstellt der derzeitige Businessplan, dass sich die Zahlungsziele in Rahmen der Energiebeschaffung, wie marktüblich, auf den Folgemonat verschieben. Mit den nun erwarteten Abschlüssen für 2008 und 2009 wird sich dieser positive Effekt sicherlich nicht vollumfänglich erreichen lassen.

Langes Schreiben kurzer Sinn, wir planen und bereiten eine Treueaktion für unsere Gasbestandskunden vor, um die aktuelle Liquiditätslage zusätzlich zu entlasten."

Entsprechend führten die Angeklagten in der Folgezeit - analog den Treue- und Sommerpaketen - neue Pakettarife für Bestands- und Neukunden im Gassegment ein.

(iii) Weitere Einführung des neuen Buchhaltungssystems

Schließlich erfolgte zum 01.08.2010 der Echtzeitbetrieb der neuen Buchhaltungssysteme bei der U T21 GmbH, die aufgrund der Verwaltung der Kundenbeziehungen die meisten Geschäftsvorfälle zu bewältigen hatte. Entsprechend kam es aufgrund der Migration im laufenden Geschäftsbetrieb zu erheblichen Schwierigkeiten in dem neuen Buchhaltungssystem, wodurch zur Verarbeitung und Einbuchung von fehlerhaft oder nicht eingebuchten Geschäftsvorfällen manuelle Nachbesserungen notwendig wurden, deren Aufarbeitung sich im Echtzeitbetrieb als schwierig erwies. Die Situation wurde von dem Leiter der Controlling-Abteilung C6 in einer E-Mail vom 28.10.2010 so beschrieben, dass Abweichungen von Planzahlen zu den IST-Zahlen nur schwer ermittelbar seien, da man bei der U T21 GmbH "aufgrund der T56-Umstellung seit Wochen nahezu blind bei den Debitoren" sei. Bei den anderen Gruppengesellschaften, so auch der U F4 GmbH, blieb es - auch in Ansehung des immensen Anfalls von Geschäftsvorfällen mit voranschreitendem Wachstum - bei der Verwendung der bestehenden Software. Eine Umstellung der Buchhaltungssoftware in diesen Unternehmen erfolgte bis zuletzt nicht. Vor diesem Hintergrund war es den Mitarbeitern der Gruppe weiterhin - nunmehr zusätzlich erschwert durch das konzerninterne Operieren mit zwei unterschiedlichen Buchhaltungssystemen - nicht tagesaktuell möglich, den aktuellen IST-Zustand an Forderungen und Verbindlichkeiten einzusehen, da die Erstellung und Aufbereitung einer solchen Aufstellung aufgrund der Buchhaltungssysteme einen Zeitraum von 1 bis 2 Wochen in Anspruch nahm, innerhalb welchem weitere Geschäftsvorfälle aufliefen. Insofern konnte der jeweilige IST-Zustand nur mit ergänzenden Ableitungen und Einschätzungen der Mitarbeiter angenähert dargestellt werden. Weiterhin blieb es technisch nicht möglich, durch die Software maschinell monatliche Abschlüsse für die Gesellschaften zu generieren.

(iv) Wertgutachten der H10 Partners vom 31.08.2010

Ergänzend zu dem bisherigen Bewertungsgutachten beauftragte der Angeklagte C die H10 Partners im August 2010, den Wert des Geschäftsbetriebs der U F4 GmbH nochmalig zum 31.08.2010 zu bestimmen. Hintergrund der eingeforderten Ergänzung war, dass in Ansehung der neu aufgelegten Pakettarife ab Juli 2010 veränderte Rahmenbedingungen für die Unternehmensplanungen eingetreten waren und insofern ein veränderter Unternehmenswert unter Berücksichtigung der neuen Tarifmodelle erfolgen sollte. Die Ergänzung zu dem ursprünglichen Bewertungsgutachten wurde am 27.08.2010 fertiggestellt. Darin wurde vollumfänglich Bezug auf dessen Ausführungen und Rahmenbedingungen genommen. Unter Anwendung vorgegebener Bemessungsverfahren kamen die Gutachter- bei prognostizierter Geschäftsentwicklung und Fortführung des Geschäftsbetriebs und Berücksichtigung der Auswirkungen der neuen Pakettarife - nunmehr zu einem reduzierten objektivierten Wert für den Geschäftsbereich "Strom- und Gasversorgung" der U F4 GmbH zwischen 155 Mio. € und 194 Mio. €. Eine Bewertung der GmbH oder deren Geschäftsanteile wurde auch hier - wie im ursprünglichen Gutachten - nicht vorgenommen, die Weitergabe des Gutachtens an Dritte ohne Genehmigung der H10 Partners blieb untersagt. In der Folgezeit arbeiteten die Berater von H10 Partners im Einvernehmen mit der C3 AG und der Kanzlei G2 an der Erstellung des Sanierungsgutachtens bzw. der entsprechenden Anpassung des Bewertungsgutachtens, ehe die H10 Partners ab Ende September 2010 keine weiteren Beratungsleistungen für die Gruppe mehr erbrachte.

(v) Kurzfristige Wiedereinbindung der C3 AG

Da die Arbeiten an den Prüfarbeiten für die Jahresabschlüsse aus 2008 seit Oktober 2009 ruhten, weil Bedingung für eine Wiederaufnahme u.a. die Vorlage eines Sanierungsgutachtens war, versuchte der Aufsichtsrat Dr. T3 Mitte Mai 2010, nachdem er sich durch die Angeklagten ein Bild von der Unternehmenslage hatte kommunizieren lassen, Kontakt mit den Prüfern der C3 AG aufzunehmen, um mit diesen die Möglichkeit eines eingeschränkten Testats zu erörtern. Die hierzu durchgeführte Besprechung am 12.05.2010 kam zu dem Ergebnis, dass die C3 sich bereit erklärte, vorbehaltlich der sonstigen Prüfungsergebnisse ein eingeschränktes Testat für die Gruppenbilanz 2008 betreffend die Stromsteuernachforderungen zu erteilen, wenn das angeforderte Sanierungsgutachten erstellt sei. Da die Angeklagten dringend ein Testat für die Jahresabschlüsse 2008 benötigten, versuchte L4 auf Anweisung der Angeklagten nochmals die Prüfer der C3 AG zur Wiederaufnahme der Prüfungen zu veranlassen. Da deren Prüfer M2 und Dr. H2 an der Besprechung mit G2 vom 21.06.2010 teilgenommen hatten, war diesen aber die aktuelle Situation der Gruppe bekannt. Entsprechend führte M2 unter dem 07.07.2010 nochmalig aus, dass für eine Prüfung, die der Erteilung eines Testats von Gesetzes wegen vorauszugehen habe, die Vorlage eines Sanierungsgutachtens, das den Anforderungen des IDW Standard 6 entspricht und eine positive Fortführungsprognose bestätigt, unverzichtbar sei. Prüftätigkeiten führten die C3 AG vor diesem Hintergrund nicht aus.

Erst ab September 2010 waren die Prüfer der C3 AG dann wieder stärker eingebunden, da mit der Begleichung der Stromsteuernachzahlungen eine veränderte Sachlage vorlag. Da es der U-Gruppe aber nicht gelang, die von der C3 AG angemerkten vielfältigen unklaren Sachverhalte und Fragestellungen zu deren Zufriedenheit zu beantworten, kamen die Prüfungshandlungen weiterhin nicht voran. Insbesondere lagen der C3 AG zu den Jahresabschlüssen 2009 keinerlei Unterlagen und Abschlüsse vor, die überhaupt die Aufnahme einer Prüftätigkeit erlauben würden, zum Anderen lagen aus Sicht der Prüfer belastbare Unterlagen und Pläne für 2008 nicht vor. Entsprechend gab es einen realistischen Zeitpunkt für den Erhalt eines Bestätigungsvermerks nicht, da zunächst das Sanierungsgutachten, das die Fortführbarkeit des Unternehmens bestätigte, hätte vorgelegt werden müssen. Schließlich stellten die Prüfer im Oktober 2010 jedwede prüfungsbezogenen Tätigkeiten vollständig ein. Dies hatte für den avisierten Verkauf der U-Gruppe an F11 maßgebliche Implikationen, da gegenüber der Käuferin für einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion testierte Jahresabschlüsse vorgelegt werden sollten.

2. Geschehnisse bis März 2011

a) Eskalation durch Presseberichterstattung (Oktober 2010)

(1) Der Zeuge B

Nach seinem unvermittelten Ausscheiden Ende Oktober 2009 musste sich B beruflich neu aufstellen. Er ging zunächst wieder seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des ihm gehörenden Beratungsunternehmens T41 GmbH mit Sitz in O6 nach, das aber selbst über keinen Firmenräumlichkeiten verfügte, sondern de facto von B von seiner Wohnadresse aus verwaltet wurde. Aufgrund der belastenden Umstände seines Ausscheidens - der Kontakt zu den Angeklagten und dem Aufsichtsrat der U I7 AG war abrupt abgebrochen - war die Loyalität zu seinem alten Arbeitgeber, hier insbesondere gegenüber K, trotz bestehender Geheimhaltungsverpflichtungen in der Folgezeit erheblich gemindert.

(i) F17 GmbH

Da B über umfangreiches Knowhow in der Energiebranche verfügte und zudem aus dem Unternehmen umfangreiches Datenmaterial mitgenommen hatte, unternahm er vor diesem Hintergrund bereits ab November 2009 Bemühungen, ein eigenes, neues Energieunternehmen für den Vertrieb von Strom und Gas zu gründen. Über den ihm gut bekannten Zeugen H5, einem von vier Anteilsinhabern der auf Vertrieb spezialisierten Firma T42 GmbH in Q2 und ehemaligen Vertriebsleiter der U-Gruppe, hatte B Kontakt zu dem Investor und Geschäftsführer der Q13 GmbH in C14, G14, aufgebaut, der selbst - zusammen mit H5 - an dem Aufbau einer überregionalen Vermarktungsplattform für Energieverträge im Bereich Strom und Gas interessiert war und für den Netzbereich C14 bereits erarbeitete Konzepte vorliegen hatte, die er B auch Anfang Dezember 2009 zur Verfügung stellte. Dabei war zwischen den Beteiligten auch Thema, ob man für den Aufbau des Vertriebs auch auf die Kundendaten aus dem Kundenstamm der U-Gruppe zugreifen könnte, ohne dass hierzu konkreten Vorgehensweisen erörtert wurden.

Mit den ihm überlassenen Konzepten nahm B Anfang Dezember Kontakt zu den Stadtwerken F18 auf und stellte der dortigen Vertriebsleitern, der Zeugin T6, die Geschäftsidee vor. Die Stadtwerke F18 sollten für ein neuzugründendes Kooperationsunternehmen die Produktbeschaffung übernehmen. Die Kundenakquise im Vertrieb sollte die neue Gesellschaft selbst durchführen, wobei Anteilsinhaber zu noch auszuhandelnden Anteilen B, Q14 und die T42 GmbH sein sollten. Nach kursorischer Prüfung der Eckdaten zeigten die Stadtwerke F18 zunächst grundsätzliches Interesse an der vorgeschlagenen Kooperation. Im Rahmen der dann fortschreitenden Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit brachten die Stadtwerke F18 für die technische Abwicklung des Endkundenmanagements die dem C29-Konzern zugehörige B20 T15 Technologies GmbH (im Folgenden: "B20 GmbH") in H19 als möglichen Geschäftspartner ein, die fortan in die weiteren Gespräche eingebunden war und im Februar 2010 erste Preisvorschläge unterbreitete. B selbst nutzte weiter seine Kontakte zu dem Vorstand der Q Firmenkunden AG, S17, der im März 2010 auf Nachfrage auch ein grundsätzliches Interesse an einer Finanzierung des Projekts signalisierte.

Nachdem in der Folgezeit die Zusammenarbeit mit Q14 und H5 scheiterte, da man keine Einigung über die Anteilsverhältnisse der neuen Gesellschaft erzielen konnte, versuchte B allein mit seinen Kooperationspartnern Stadtwerke F18 und der B20 GmbH unter dem Arbeitstitel "F17 GmbH" analog dem Modell des B21, seine Idee einer Vertriebsplattform zu verwirklichen. Bei der weiteren von der B20 GmbH eingebundenen C29-Tochter C30 GmbH war u.a. auch der mit B bekannte ehemalige Leiter des Forderungsmanagements der U T21 GmbH, der Zeuge C9, für die Betreuung des Projektes zuständig. In diesem Rahmen fand am 05.08.2010 ein gemeinsamer Workshop in H19 unter Beteiligung der Zeuginnen T6 und Q15 der Stadtwerke F18, B sowie Mitarbeitern der B20 GmbH und der C30 GmbH, so auch des Zeugen C9, statt, in dem die inhaltliche Ausgestaltung des "F17" ausgearbeitet und ein Vertriebsstart für März 2011 avisiert wurde. Auf Basis der Ergebnisse des Workshops legte die B20 GmbH ihren Geschäftspartnern unter dem 10.09.2010 ein erstmals verbindliches konkretes Angebot in Form eines Leistungsscheins vor. Da die darin ausgewiesenen Kosten nach Prüfung für eine Umsetzung zu hoch waren, nahm B in der Folgezeit von seinen Plänen der Gründung eines neuen Unternehmens Abstand, zu konkreten Vertragsvereinbarungen kam es entsprechend nicht. In der Folgezeit konzentrierte sich B zunächst wieder auf seine Beratertätigkeit.

(ii) Zusammenarbeit mit N21

Bereits im Sommer 2010 hatte N21, seinerseits ehemaliger Kriminaloberrat und geschäftsführender Gesellschafter der Firma L22 GmbH (im Folgenden: "L22"), telefonisch Kontakt zu dem ihm aus vorherigen geschäftlichen Beziehungen bekannten Zeugen B aufgenommen. L22 war eine renommierte Sicherheitsfirma für Sicherheitsberatung und investigative Ermittlungen in Wirtschaftssachverhalten, die zu dieser Zeit für die Medien "T18 TV" und "I18" Recherchen zu den Hintergründen der U-Gruppe und den geschäftlichen Aktivitäten Ks im Besonderen durchführten. N21 teilte B in dem Gespräch mit, dass er in Verbindung zu Beamten der Zollfahndung stehe, die in Sachen "U" Ermittlungen aufgenommen hätten und die an weiteren Informationen interessiert seien. Über seine weitere Betätigung als "Journalist" unterrichtete er B indes nicht. Da B seinen ehemaligen Vorstandskollegen und K gegenüber für sich noch eine Rechnung offen hatte, übergab er N21 zur Unterstützung der von diesem referenzierten Ermittlungen gegen U-Verantwortliche zahlreiche vorhandene interne Firmenunterlagen aus seiner Amtszeit als Vorstand der U I7 AG in Papierform, wie auch in elektronischer Form.

In der Folgezeit kam es auf Veranlassung N21 im Juli 2010 - B wusste hiervon nichts - zu einem Treffen zwischen N21 sowie zwei Mitarbeitern des Zollkriminalamts L10, den Zeugen Dr. L11 und C13, in G7, bei dem N21 diesen aus seinen eigenen "Ermittlungen" stammende Unterlagen mit dem Hinweis übergab, dass sich hieraus Anhaltspunkte für eine Hinterziehung von Energiesteuern in Millionenhöhe ergeben würden. Zur Herkunft der Unterlagen teilte N21 den Mitarbeitern des Zollkriminalamts zudem mit, dass er diese Unterlagen aus unterschiedlichen Quellen bezogen habe, so u.a. auch von dem ehemaligen Finanzvorstand B. Zudem führte er aus, dass er die zugrunde liegenden Recherchen im Auftrag von "T18 TV" und "I18" durchgeführt habe. Die vorgelegten Unterlagen im Umfang von fünf Leitzordnern betrafen zwar schwerpunktmäßig Sachverhalte betreffend die U-Gruppe in 2009, enthielten aber auch zahlreiche Informationen zu Sachverhalten aus 2010, aus dem persönlichen Arbeitsumfeld des ehemaligen Mitangeklagten K in der T4 sowie zu dem geplanten Verkauf der Gruppe an F11, alles Datenmaterial, das nicht aus der vormaligen Tätigkeit Bs herrühren konnte.

Nachdem die Mitarbeiter des Zollkriminalamts die Unterlagen geprüft und auf Nachfrage bei dem HZA L10 festgestellt hatten, dass im September 2010 kurzfristig die rückständige Steuerschuld getilgt worden war, leiteten sie - K war zu dieser Zeit in C28 im offenen Vollzug in Haft - den Vorgang zuständigkeitshalber an das Zollfahndungsamt T43 zum Dienstsitz L32 zur weiteren Prüfung weiter. Nachdem die dortigen Mitarbeiter durch N21 am 18.10.2010 darüber in Kenntnis gesetzt worden waren, dass am 20.10.2010 im I18 ein umfangreicher Artikel über die U I7 AG und K veröffentlicht werden sollte, übergaben diese den Vorgang unmittelbar an die Staatsanwaltschaft N15 zur Vorprüfung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Straftaten außerhalb des Steuerstrafrechts ab.

Zwischenzeitlich hatte N21 im Hintergrund weiter seine eigenen "Ermittlungen" vorangetrieben. So hatte N21 im September 2009 die C2 M3 Fußball GmbH kontaktiert und über die ihm vorliegenden Erkenntnisse aus den Unterlagen informiert. Mit Schreiben vom 23.09.2010 an L22 hatte die C2 M3 Fußball GmbH über einen Rechtsanwalt eine Kenntnis der Zahlungsschwierigkeiten dementieren lassen und um Übersendung der von N21 referenzierten Zusammenstellung gebeten. Weiter hatte ein Mitarbeiter N21 Kontakt zu dem Generaldirektor von F11 aufgenommen und diesem mit Schreiben vom 01.10.2010 die Kenntnis der anstehenden Übernahme dargelegt und zur Senkung des Kaufpreises durch Aufklärung über entsprechende Risiken in Bezug auf die wirtschaftliche Situation der U-Gruppe die Dienste der L22 gegen Entgelt angeboten. Zu solchen Gesprächen kam es in der Folgezeit jedoch nicht.

(2) Beginn der umfassenden Presseberichterstattung

Ebenfalls am 18.10.2010 übermittelten der stellvertretende Chefredakteur der "G16", S8, und die Redakteure der Zeitung "I18", T19 J3 und G8, dem Pressesprecher der U I7 AG jeweils einen Fragenkatalog, in denen sich Fragen zu internen Geschehnissen der U-Gruppe aus den Jahren 2009 und 2010 fanden. Für die Beantwortung der Fragen setzten die Journalisten eine Frist bis zum 19.10.2010. Im Nachgang hierzu kam es am 19.10.2010 in den Räumlichkeiten des "I18" zu einem Treffen zwischen dessen Redakteuren und dem Angeklagten Dr. L und L4, in dem diese Fragen der Redakteure beantworteten. Ab dem 19.10.2010 startete dann die angekündigte Berichterstattung des "I18" zur wirtschaftlichen Lage der U-Gruppe, die dann ab dem 20.10.2010 zu einer massiven überregionalen Berichterstattung in unterschiedlichsten Print- und Onlinemedien (so u.a. die G7er B22, die T44 sowie die G17) führte:

Artikel "U schrammt an der Pleite entlang" (19.10.2010): In dessen Einleitung wurde u.a. mitgeteilt, dass U in ernsten finanziellen Schwierigkeiten stecke, seit über einem Jahr an der Grenze zur Zahlungsunfähigkeit operiere und Schuld an dieser Misere ein Geschäftsmodell sei, das wie ein Schneeballsystem funktioniere.

Artikel "C2-Sponsor U überschuldet" (20.10.2010): Hierin wurde u.a. berichtet, dass das Unternehmen in ernsten finanziellen Schwierigkeiten stecke und sich der ehemalige Vorstand und spätere Aufsichtsrat K wegen früherer Delikte seit Juni 2010 in Haft befinde. Der Energieanbieter könne seine Zahlungsfähigkeit nur durch Vorauskasse seiner Kunden aufrecht erhalten. Neu eingehende Gelder würden zum "Stopfen alter Löcher" gebraucht. Der Artikel enthielt zudem eine umfangreiche Dokumentation der Unternehmensentwicklung ab Mitte 2009.

Artikel "U-Vorstand sucht den Ausstieg" (21.10.2010): Hierin wurde u.a. berichtet, dass U sich derzeit in Verkaufsverhandlungen mit F11 befinde und die Gruppe noch immer nicht über testierte Jahresabschlüsse für 2008 und 2009 verfüge.

Die Angeklagten reagierten hierauf mit einer Pressemitteilung vom 20.10.2010, in der u.a. lanciert wurde, dass es sich um eine gesteuerte Kampagne handele, die die fortgeschrittenen Verhandlungen mit einem internationalen strategischen Investor torpedieren solle. Das zum Teil falsche und missverständliche Material bringe ein Unternehmen auf einem exzellenten Weg in Misskredit. Insofern habe man sich entschlossen, Strafanzeige zu stellen. Darüber hinaus sei das Geschäftsmodell seriös, solide und tragfähig. Entsprechend dieser Ankündigung ließen die Angeklagten für die U I7 AG und deren Tochtergesellschaften mit Schreiben vom 21.10.2010, Strafanzeige und Strafantrag wegen des Verdachts des Geheimnisverrats gemäß § 17 UWG über ihre Rechtsvertreter bei der Staatsanwaltschaft C11 gegen Unbekannt stellen, indem die Verwendung von firmeninternen Unterlagen durch die Redakteure nachgezeichnet und N21 mit dem Verweis auf einen "Insider beim U4er Billigstromanbieter U" aus einem Artikel im I18 vom 21.10.2010 ("Der Spezialist für schwierige Ermittlungen") zitiert wurde. Als Folge dieser Strafanzeige wurde seitens der Staatsanwaltschaft C11 umgehend ein Ermittlungsverfahren gegen B wegen Geheimnisverrats eingeleitet (Az. ...# Js ...#/...).

Im Zuge der beginnenden Presseberichterstattung kamen die Redakteure des "I18" nunmehr auch auf B zu und baten diesen um ein Interview in Sachen "U". Mit Blick auf die Reaktion der U-Verantwortlichen und des dadurch gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens ging B ebenfalls in die Offensive und fungierte in der Folgezeit gegenüber dem "I18" wie auch anderen Online- und Printmedien als Informationsgeber für die Presse. So erschienen bereits Auszüge aus einem ersten Interview mit dem "I18" in einem Artikel vom 22.10.2010 ("Ein Unternehmen dementiert sich"). Bis zum 23.10.2010 veröffentlichten die Angeklagten, hier insbesondere der Angeklagte C, zahlreiche Pressemitteilungen, in denen die in den Presseartikeln vorgetragenen Fakten im Wesentlichen dementiert und die Berichterstattung als Kampagne bezeichnet wurde, durch welche letztlich die Liberalisierung des Energiemarktes gefährdet werde. In der Folgezeit kam es zu weiteren, inhaltlich sogar weitergehenden Veröffentlichungen im "I18" (so u.a. 26.10.2010: "U nimmt weiter hohe Verluste in Kauf", 27.10.2010: "Stromanbieter U vor Verkauf an Investor", 02.11.2010: "Fonds-Anleger geraten in die U-Affäre", 04.11.2010: "Millionen-Geldspritze für U"). Schließlich veröffentlichte T45 am 28.10.2010 eine Mitteilung "U unter Druck", durch die die Verbraucher über die erfolgte Berichterstattung informiert und mögliche Folgen für sie bei einer Insolvenz von "U", verbunden mit der Warnung, keine Vorkassetarife abzuschließen und Hinweisen auf einen möglichen Anbieterwechsel, dargestellt wurden.

Unter dem 04.11.2010, beantragt am 03.11.2010, erwirkte die U F4 GmbH vor dem Landgericht L10 gegen die I18 GmbH zunächst eine einstweilige Unterlassungsverfügung betreffend die Artikel vom 19.10.2010 und 20.10.2010 und der Äußerung, "die U F4 GmbH betreibe ein Geschäftsmodell, das wie ein Schneeballsystem funktioniere" (Az. ... O ...#/...), die aber nach Widerspruch hiergegen durch die I18 GmbH in der Hauptsache vor dem Landgericht L10 durch Urteil vom 26.01.2011 aufgehoben und der dahingehende Antrag der U F4 GmbH zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Landgericht L10 u.a. aus, dass es sich bei den angegriffenen Äußerungen im Gesamtkontext um eine Meinungsäußerung handele, die auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruhe. Hierzu hieß es in dem Urteil u.a.:

"Die wirtschaftlichen Eckdaten der Verfügungsklägerin, auf die sich der streitgegenständliche Artikel bezieht, sind zum Zeitpunkt der Berichterstattung im Wesentlichen richtig. Wie sich aus dem von der Verfügungsbeklagten zitierten Gutachtenentwurf des Hauptzollamtes L10 aus dem Jahr 2009 und dem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H10 vom 31.08.2010 ergibt, befand sich die Verfügungsklägerin bereits in einer länger andauernden Liquiditätskrise, bei der die Fortsetzung der zukünftigen wirtschaftlichen Tätigkeit aus Sicht der Gutachter vom Zuwachs neuer vorauszahlender Kunden abhing. Die Existenz und der Inhalt der Gutachten sind zwischen den Parteien unstreitig. Hinreichend Anhaltspunkte für ein Beweisverwertungsverbot lägen im Übrigen nicht vor."

(3) Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Nachdem die StA N15 die ihr durch das Zollfahndungsamt in L23 überlassenen Unterlagen geprüft hatte, übernahm sie zum 25.10.2010 unter Az. ...# Js ...#/... das Verfahren als Überprüfungsverfahren. Im Rahmen der Auswertung des Datenbestands erhielten die Ermittlungsbehörden Erkenntnisse darüber, dass ein Teil der vorgelegten Informationen von B herrührte, ein anderer Teil aus dem persönlichen Umfeld des ehemaligen Mitangeklagten K, hier dessen Sekretärin B3, stammen sollte. Als Ergebnis der Vorprüfung wurde das Verfahren der Staatsanwaltschaft C11 zur Übernahme Ende Oktober 2010 vorgelegt.

Anlässlich der Presseberichterstattung und der dort erhobenen Vorwürfe gegen die Verantwortlichen der U-Gruppe hatte die Staatsanwaltschaft C11 unter Az. ...# AR ...#/... ein Überprüfungsverfahren der Vorgänge und unter dem 29.10.2010 darauf basierend gegen C ein Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung hinsichtlich der U F4 GmbH unter Az. ...# Js ...#/... eingeleitet. Nach Eingang des Überprüfungsverfahrens der StA N15 hatte die Staatsanwaltschaft C11 zudem bereits dieses Verfahren als Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten, K sowie W6 wegen der Tatvorwürfe der Insolvenzverschleppung bei der U I7 AG und der U F4 GmbH, des Betruges zum Nachteil der Kunden der U F4 GmbH sowie des versuchten Betrugs zum Nachteil der russischen Investoren zu Az. ...# Js ...#/... mit Verfügung vom 10.11.2010 übernommen. Mit der Übernahme wurden die Tatvorwürfe des versuchten Betrugs zum Nachteil der russischen Investoren mangels hinreichenden Tatverdachts umgehend eingestellt, so dass sich das verbleibende Verfahren allein gegen die damaligen Beschuldigten Dr. L, C und K richtete. Zudem hatten sich bereits unter dem 26.10.2010 der Verteidiger Cs, Prof. H13, unter dem 12.11.2010 der ehemalige Verteidiger Ks, T5, und unter dem 03.11.2010 der Verteidiger Dr. Ls, S9 für die jeweiligen Betroffenen bestellt. Beide Verfahren wurden am 22.11.2010 unter dem führenden Az. ...# Js ...#/... verbunden.

Hinsichtlich der verbleibenden Verdachtsmomente gegen K und den gesondert Verfolgten H9 für eine Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue wegen Factoringzahlungen an U-Unternehmen aus den H9 zuzuordnenden E7 lehnte die Staatsanwaltschaft C11 mangels Zuständigkeit eine Übernahme ab. Im weiteren Verlauf wurde dieses Verfahren schließlich durch die Staatsanwaltschaft M13 gegen H9, K u.a. unter dem Az. ...# Js ...#/... geführt; die Ermittlungen sind bis zum heutigen Tage nicht abgeschlossen. Folge der Ermittlungen in C11 und M13 war, dass K wieder in den geschlossenen Vollzug zurückverlegt wurde, ehe es ihm gelang, im März 2011 seine Verlegung in die JVA X16 zu erreichen, in der er die Haftstrafe fortan als Freigänger verbüßte. Unter dem 31.08.2011 wurde K unter Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung aus der Haft entlassen. Mit Beschluss vom 21.07.2014 erließ das Landgericht X16 die verbleibende Rest-Freiheitsstrafe.

In der Folgezeit befasste sich die Staatsanwaltschaft C11 unter Auswertung vorhandener, beigezogener sowie durch die Verteidigung Cs nachgereichter Unterlagen betreffend Unternehmensbeschlüsse bzw. den Stand der Verhandlungen mit dem russischen Investor mit der Prüfung der im Raum stehenden Tatvorwürfe und begleitete mit diesem Fokus die weitere Entwicklung der U-Gruppe. Darüber hinaus setzte die Staatsanwaltschaft C11 Ende November 2010 den Zeugenbeistand Bs, Dr. H20 aus X11, in Kenntnis, dass B in absehbarer Zeit zu einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung als Zeuge geladen werde, und ersuchte über diesen B, noch vorhandene Unterlagen aus seiner Tätigkeit bei der U-Gruppe zur Vermeidung etwaiger strafprozessualer Maßnahmen zeitnah an die Staatsanwaltschaft C11 zu übersenden. Dr. H20 war B von N21, für dessen Unternehmen L22 er in der Abteilung Recht & Compliance als Rechtsanwalt und Berater für forensische Gutachten tätig war, empfohlen worden. In der Folgezeit übermittelte Dr. H20 für B, so Anfang Dezember 2010, zahlreiche weitere Unterlagen betreffend das Ermittlungsverfahren. Schließlich beabsichtigten die Ermittlungsbehörden unter dem 25.11.2010, in dem gegen B anhängigen Verfahren wegen Geheimnisverrats zu Az. ...# Js ...#/... einen Durchsuchungsbeschluss gegen das Unternehmen L22 zu vollstrecken, sahen aber vor Ort hiervon ab, da der dort angetroffene Herr N21 auf Nachfrage sofort mitteilte, in Sachen "U" ausschließlich als Journalist tätig gewesen zu sein und sich insofern auf das ihm als Pressevertreter zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufe. In der Folgezeit kam es beständig zu weiteren Veröffentlichungen im "I18" (19.11.2010: "Strafanzeige gegen den U-Chef'; 30.11.2010: "Staatsanwaltschaft ermittelt gegen U-Management'; 11.01.2011: "Stromkonzerne drohen U mit Abschaltung"; 09.02.2011: "Netzagentur knöpft sich U vor"; 12.02.2011 : "Stromanbieter U verliert 3000 Kunden"; 23.02.2011: "U entgeht nur knapp der Abschaltung"; 02.03.2011: "Alarm bei U"; 10.03.2011: "Gläubiger setzen U-Vorstände ab") und anderen Online- und Printmedien.

b) Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit (bis 31.03.2011)

Die Auswirkungen der - zu weiten Teilen im Wesentlichen zutreffenden - Presseberichterstattung waren für die U-Gruppe in der ohnehin bestehenden liquiditätskritischen Situation verheerend und strahlten in der Folgezeit in unterschiedliche Bereiche der Geschäftsbeziehungen aus. Ab Mitte Oktober 2010 verschlechterte sich die Liquiditätssituation der U-Gruppe insgesamt dramatisch und wurde zunehmend existenzbedrohlicher. Insofern befanden sich die Angeklagten in der für sie schwierigen Situation, dass einerseits seit Mitte 2009 mit der Begleichung der Steuernachforderungen aus 2008 und 2009 im September 2010 und der realistische Perspektive eines Verkaufs unter Zufluss erheblicher liquider Mittel ein Szenario bestand, welches die U-Gruppe bis Ende 2010 erstmalig in die Lage versetzen konnte, sämtliche (über-) fälligen rollierenden Altverbindlichkeiten auszugleichen. Andererseits belastete nunmehr die massive Presseberichterstattung die Verwirklichung der erhofften Geschäftsentwicklung unter Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, die sich bis März 2011 wie folgt entwickelte:

(1) Reaktionen der kontoführenden Banken

Die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der U-Gruppe war zwingend gekoppelt an die Durchführung des seit 2008 praktizierten, von den Angeklagten gebilligten Priorisierungssytems, dessen Funktionsfähigkeit entscheidend von der Möglichkeit abhing, Einzüge von Kundengeldern taggenau der Höhe nach zu steuern, um durch die gesteuerten Geldeingänge anstehende priorisierte, unternehmenskritische Zahlungen fälliger Gläubigerforderungen überhaupt vornehmen zu können. Insofern war die U-Gruppe in ihren Bankverbindungen notwendig davon abhängig, von der Durchführung des Lastschriftverfahrens gegenüber Endkunden Gebrauch machen zu können. Angestoßen durch die Presseberichterstattung veränderten sich die bestehenden Bankbeziehungen massiv. Zu dieser Zeit nahm die U T21 GmbH ihre monatlichen Einzüge von Endkundenforderungen zu weiten Teilen - wie seit Sommer 2009 durchgängig - über Konten der Q AG sowie zu einem geringen Teil über die Bankhaus M18 KG vor. Das Einzugsvolumen der Q AG betrug bis zu 55 Mio. € pro Monat und war im August 2010 anlässlich der Paketaktionen kurzfristig auf über 70 Mio. € angestiegen. Als Folge der Presseberichterstattung gab es bis Ende Oktober 2010 einen erheblichen Anstieg der Lastschriftretouren. Vor diesem Hintergrund entwickelten sich die Geschäftsbeziehungen zu den beiden Hausbanken wie folgt:

(i) Bankhaus M18 KG

Die Bankhaus M18 KG kündigte gegenüber der U T21 GmbH sowie aller anderen Tochtergesellschaften unter dem 20.10.2010 fristlos alle mit diesen bestehenden Lastschriftvereinbarungen und forderte sofort eine Sicherheit für das erhebliche Rückgaberisiko bisher eingereichter Lastschriften. Zudem pfändete die Bankhaus M18 KG das auf den Konten noch bestehende Guthaben von ca. 4,7 Mio. € und ließ Dispositionen hierüber seitens der Mitarbeiter der U-Gruppe bis zu einer einvernehmlichen Einigung nicht zu. Zur Begründung war in dem Schreiben ausgeführt, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gruppe wesentlich verschlechtert hätten und ein durch die aktuelle Presseberichterstattung drohender Reputationsschaden vermieden werden solle.

(ii) Q AG

Ebenfalls unter dem 20.10.2010 wurden bei der Q AG bestehende Lastschriftbuchungen jeglicher Art betreffend der ohnehin bereits nur auf Guthabenbasis geführten Geschäftskonten zunächst bis auf Weiteres gesperrt. Nach Gesprächen zwischen den Beteiligten wurde vereinbart, dass bis zum Einzug der Kundenabschläge für November 2010 über die bestehende Liquidität nur verfügt werden durfte, sofern diese unternehmenskritische Zahlungen beträfen. Die Q AG nahm zwar die Lastschrifteinzüge für Anfang November 2010 noch vor, schrieb diese allerdings erst 30 Tage nach Einreichung zugunsten der U T21 GmbH gut. Für den Folgemonat Dezember 2010 kam es zwischen der Q AG, hier u.a. dem Zeugen F16, den Angeklagten und weiteren kaufmännischen Mitarbeitern der U I7 AG sowie Prof. T7 und Dr. L7 von G2 zu Gesprächen, als deren Ergebnis die Fortführung des Lastschrifteinzugverfahrens unter dem 30.11.2010 nochmalig angeboten wurde, sofern folgende Bedingungen im Dezember erfüllt werden können:

"1. G2 erstellt einen Liquiditätsstatus. Die Ergebnisse werden uns kurzfristig, spätestens jedoch bis zum 3. Dezember 2010 zur Verfügung gestellt und weisen eine positive Tendenz aus.

2. Eine aus unserer Sicht gesicherte Gesamtfinanzierung vorausgesetzt, sind wir bereit, bis zu € 35 Mio. Lastschriften zur Gutschrift e.V. aufzunehmen. Zur Absicherung des erhöhten Lastschriftrisikos erhalten wir eine weitere Sicherheitsleistung von € 5 Mio. Wir halten damit insgesamt € 10 Mio. Sicherheitsleistung.

3. Neben dem Liquiditätsstatus erstellt G2 eine positive Fortführungsprognose. Wir erwarten die Vorlage bis spätestens Ende Dezember 2010.

4. Ein weiteres Kreditinstitut stellt eine Linie zur Lastschrifteinreichung zur Verfügung, die das Delta zwischen dem von uns zur Verfügung gestellten Rahmen und dem erforderlichen Gesamtrahmen abdeckt. Die Bestimmung sollte auf der Basis einer durch G2 verprobten Planung erfolgen. Die Planung sollte zumindest den Zeitraum bis zur Vorlage des Sanierungsgutachtens abdecken. Hier hatten Sie uns mehrfach bestätigt, dass der X17 Bankverein sich mündlich und schriftlich bereit erklärt hat, ein Lastschriftvolumen von mtl. mindestens 20 Mio. € abzudecken.

5. Lastschrifteinreichungen haben wir mit einer Valuta Einreichungstag zzgl. 30 Tage gutgeschrieben.

Teilen Sie uns bitte sehr kurzfristig mit, zu welcher Einschätzung G2 bezüglich der wirtschaftlichen Situation, insbesondere der Liquiditätssituation Ihres Unternehmens gekommen ist und welche Handlungserfordernisse sich daraus ableiten. Des Weiteren wollen Sie uns bitte über das Ergebnis aus dem Gespräch mit Ihrem Gesellschafter schriftlich informieren.

Bis dahin werden wir über Ihr Konto zunächst keine Zahlungsverkehrsaufträge mehr ausführen und behalten uns weitere Schritte ausdrücklich vor."

Da die U-Gruppe die Bedingungen der Q AG nicht erfüllen konnte, konnte die U T21 GmbH ab Dezember 2010 keine Lastschrifteinzüge mehr über Konten der Q AG vornehmen. Das Bankhaus teilte dann unter dem 03.01.2011 - nach vorheriger Rücksprache mit G2 - mit, dass eine Rückführung der zu dieser Zeit bestehenden eingefrorenen Gelder in Höhe von 8,451 Mio. € nur sukzessive bis 15.02.2011 zur Besicherung noch bestehender Risiken aus Rücklastschriften erfolgen könne. Danach werde ein Restbetrag von ca. 1,5 Mio. € bis zum 31.12.2011 als Sicherheit einbehalten. Unter Beibehaltung der ausschließlich kreditorischen Kontenführung betrachte man die Lastschriftinkassovereinbarung hiermit als erledigt.

(2) Reaktionen der Kunden

Das Unternehmen war damit ab November 2010 nicht mehr in der Lage, die monatlich fälligen Abschlagszahlungen ihrer Neu- und Bestandskunden selbst einzuziehen, sondern musste hierzu auf regulären Überweisungsverkehr umstellen. Allen Kunden wurde in der Folge schriftlich die Beendigung des Lastschriftverfahrens angeboten bzw. angezeigt. Der Schritt wurde damit erklärt, dass die U T21 GmbH "in den vergangenen Monaten kontinuierlich damit befasst" war die "Prozesse effizienter zu gestalten". Darüber hinaus mussten sukzessive alle Bestandskunden, deren Einzüge nicht ausgeführt worden waren, nachträglich zur Überweisung der Abschläge aufgefordert werden. Parallel versuchte man, Kunden mit Jahreszahlertarifen (ca. 23% des Gesamtkundenbestands) zur Umstellung auf monatliche Zahlung zu veranlassen. Die Resonanz der Kunden war so, dass diese zwar Verständnis für die Umstellung aufbrachten, sich aber auch zahlreiche Kunden (ca. 30%) nicht mit der angetragenen Umstellung einverstanden erklärten. Letzteres war insofern problematisch, als dass die U-Gruppe von Gesetzes wegen zur Bereitstellung der Zahlungsmodalität "Lastschrifteinzug" verpflichtet war mit der Konsequenz, dass bei einer endgültigen Weigerung zur Umstellung eine Kündigung des Kunden erfolgen musste. Zur Beschleunigung und Begleitung des Umstellungsprozesses wurden kurzfristig 40 Mitarbeiter im Callcenter der U T39 GmbH auf die Begleitung dieser Prozesse umgestellt.

Durch die Umstellung des Lastschriftverfahrens auf Überweisung war für die Verantwortlichen der U-Gruppe der Zeitpunkt der Liquiditätszufuhr durch die Kunden nicht mehr steuer- und kontrollierbar, da der Zahlungseingang nunmehr von der Zahlungsmoral des jeweiligen Kunden abhängig war, die zudem durch die begleitende Presseberichterstattung massiv negativ beeinflusst war. Unabhängig davon, stellte sich für die Angeklagten damit verbunden die Problematik, dass die bestehenden Buchhaltungssysteme, die sich hinsichtlich der betroffenen U T21 GmbH in einem Umbruchprozess zur Software T56 befanden und auf Überweisungsgeschäft nicht ausgelegt waren, nunmehr zusätzlich belastet wurden, da eine automatische Zuordnung eingehender Überweisungen zu eingebuchten Forderungen, wenn überhaupt, nur eingeschränkt möglich war. Daraus entstand die Notwendigkeit umfangreicher manueller Buchungen (Zuordnung der Bankbuchungen zu einzelnen Kundenbelegen), zu deren Abwicklung das Team der Debitorenbuchhaltung von acht auf sechzig Mitarbeiter erweitert werden musste. Folge der neuen Situation war, dass aufgrund des wegen der hohen Endkundenzahl korrespondierenden hohen Buchungsvolumens im laufenden Geschäft ab November 2010 zunehmend Buchungsrückstände in der Debitorenbuchhaltung aufliefen, die einen Zeitraum von zunächst bis zu vier Wochen umfassten. Die Angeklagten versuchten in der Folgezeit, diese Entwicklungen durch verstärkten Personaleinsatz zu beherrschen und Rückstände aufzuarbeiten.

Als Folge des Umstellungsprozesses zahlten vor dem Hintergrund der aktuellen Presseberichte zudem immer weniger Kunden "freiwillig" eigentlich fällige Abschlagszahlungen, da ihnen durch die Umstellung die im Lastschriftverfahren bestehende Möglichkeit des Widerrufs durchgeführter Lastschriften nicht mehr zur Verfügung stand. Da das Forderungsmanagement aber für die Beitreibung in dem nun anfallenden Volumen personell nicht aufgestellt war, liefen immer mehr fällige Forderungen gegen Kunden auf, deren Liquidität der Gruppe nicht zur Verfügung stand. So wurden für November 2010 75%, für Dezember 50% sowie für Januar 2011 nur noch 30% der fälligen Forderungen seitens der Kunden per Überweisung bezahlt. Das Volumen offener Kundenforderungen zugunsten der U T21 GmbH stieg so bis in zweistellige Millionenhöhen an. Zum Stand Ende Februar 2011 bestanden so fällige, offene Forderungen gegenüber Endkunden in Höhe von über 80 Mio. €, die aufgrund der überlasteten Buchhaltungssysteme im Debitorenbereich und einem nur bedingt funktionierenden Inkassosystem nicht effizient beigetrieben werden konnten. Umgekehrt standen hierdurch auch fällige, als bestehend anerkannte Verbindlichkeiten gegenüber Endkunden für Schluss- und Jahresabrechnungen in Höhe von über 27 Mio. € aus, die die U-Gruppe nicht beglich.

Neben der begleitenden Presseberichterstattung, die bereits Ende Oktober 2010 zu Hinweisen der T45 und anderer Portale geführt hatte, führten die Umstellungsmaßnahmen auf die kundenunfreundlichere Zahlart der Überweisung dazu, dass das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen zunehmend erodierte. Neben Schwierigkeiten bei der Zahlungsmoral wirkte sich die bestehende Situation auch auf die Akquisitionszahlen von Neukunden negativ aus. Darüber hinaus musste die Gruppe verstärkt personelle Ressourcen im Bereich der Kundenbetreuung einsetzen, da sich ab Dezember jeweils bis zu 50% der Bestandskunden wegen Nachfragen bei den eingerichteten Hotlines meldeten.

(3) Reaktionen der Netzbetreiber und Energielieferanten

In der Folgezeit verschärften die bis zu dieser Zeit bei rückständigen Entgeltforderungen eher nachsichtigen Netzbetreiber und Energielieferanten ihren Umgang mit säumigen Forderungen gegenüber der U F4 GmbH. Bis Ende 2010 mahnte das Gros der ca. 900 Netzbetreiber, mit denen Geschäftsbeziehungen bestanden, und die Energielieferanten säumige, eigentlich fällige Forderungen an. Dabei wurden vielfach Sicherheitsleistungen für zukünftige Lieferungen bzw. die Umstellung der Zahlungsweise auf Vorauskasse eingefordert mit der Konsequenz, dass sich die Liquiditätslage der U-Gruppe weiter verschlechterte. Insgesamt waren bereits bis Ende 2010 über 9 Mio. € für Sicherheitsleistungen an Netzbetreiber abgeführt worden. Darüber hinaus drohten insbesondere die großen Netzbetreiber mit Kündigung der Lieferantenrahmenverträgen, was zu erheblichen Kundenverlusten führen konnte. Zum Stand Ende Februar 2011 waren über 7,1 Mio. € in Sicherheitszahlungen gegenüber Netzbetreibern und Energielieferanten gebunden. Des Weiteren musste die U F4 GmbH für Energiebeschaffung und -belieferung an Netzbetreiber und Lieferanten Vorauskasseleistungen in Höhe von über 25 Mio. € erbringen. Während sich Ende Oktober 2010 der Stand rückständiger, bereits fälliger und als bestehend anerkannter Netzbetreiberforderungen zulasten der U F4 GmbH auf über 27 Mio. € aufsummiert hatte, stieg dieser Bestand in der Folgezeit weiter an. So war dieser Bestand mit Stand 06.01.2011 - also nach Eingang der Einzahlungen zu Beginn des Monats - immer noch bei über 27 Mio. €. Entsprechend standen gegen Ende des Monats offene Verbindlichkeiten aus bereits fälligen und als bestehend anerkannten Netzbetreiberforderungen in Höhe von 34 Mio. € aus. Das veränderte Verhalten der Netzbetreiber als Gläubiger soll exemplarisch folgenden Geschäftsentwicklungen mit systemrelevanten Übertragungsnetzbetreibern dokumentiert werden:

(i) U14 GmbH (vormals U13)

Die bisherige U13 GmbH, mit der die U F4 GmbH in Geschäftsbeziehungen stand, firmierte ab Oktober 2010 nunmehr unter U14 GmbH (im Folgenden: "U14"). Unter dem 22.10.2010 forderte U14 nach Überprüfung der sich aus dem Bilanzkreisvertrag ergebenden Kreditrisiken wegen der aktuellen Presselage von der U F4 GmbH eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1,4 Mio. € bis 12.11.2010 ein, widrigenfalls eine Kündigung des Bilanzkreisvertrags erfolgen sollte. Die Verantwortlichen der U F4 GmbH beanstandeten mit Schreiben vom 12.11.2010 die angeforderte Sicherheitsleistung und lehnten eine Zahlung ab. Zwischenzeitlich waren jedenfalls seit 29.10.2010 fällige, als bestehend anerkannte Forderungen der U14 aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen in Höhe von über 626.000 € aufgelaufen, deren Begleichung U14 unter dem 09.11.2010 bis zum 19.11.2010 anmahnte, die in der Folgezeit zum 15.11.2010 beglichen wurden. Unter dem 09.12.2010 mahnte U14 zum zweiten Mal die Zahlung von nunmehr jedenfalls seit 26.11.2010 fälligen, als bestehend anerkannten Forderungen aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen in Höhe von über 700.000 € bis zum 19.12.2010 an. Eine Zahlung erfolgte zunächst nicht. Infolgedessen setzte U14 unter dem 15.12.2010 die Bundesnetzagentur wie folgt hierüber in Kenntnis:

"ln den letzten Wochen haben wir wiederholt offene Forderungen gegenüber U F4 GmbH basierend auf Bilanzkreis- sowie EEG-Abrechnungen in Höhe von bis zu 1 Mio. €o. Die Forderungen wurden mehrfach erfolglos angemahnt - auch unter Androhung gerichtlicher Schritte - aktuelle Frist zur Zahlung ist der 19.12.2010. Zum Stichtag 14.12.2010 belaufen sich die Außenstände auf 1.060.363,30 €. Sollten wir bis zu dieser Frist keinen Zahlungseingang von der U F4 GmbH vermerken, sehen wir uns gezwungen, einen Mahnbescheid über den ausstehenden Betrag zu beantragen sowie ggf. weitere Schritte einzuleiten."

Da weiterhin keine Zahlungen erfolgten und sich der Bestand an rückständigen fälligen Forderungen kontinuierlich erhöhte, beantragte U14 unter dem 11.01.2011 gegen die U F4 GmbH einen Mahnbescheid für fällige Forderungen in Höhe von nunmehr 1.583.158,43 €. Zahlungen erfolgten weiterhin nicht.

Am 20.01.2011 mahnte U14 erneut letztmalig nunmehr fällige, als bestehend anerkannte Forderungen aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen von über 3,4 Mio. € bis zum 31.01.2011 an und drohte die fristlose Kündigung des bestehenden Bilanzkreisvertrags bei weiterer Nichtzahlung an. Ebenso setzte U14 die Bundesnetzagentur über die aktuelle Sachlage in Kenntnis. Am 28.01.2011 hatte L4 Kontakt zu U14 aufgenommen und diesen eine Zahlung in zwei Tranchen zu je 1,7 Mio. € am 02.02. und 09.02.2011 angeboten. U14 nahm diesen Vorschlag mit dem Hinweis an, dass eine verspätete Zahlung umgehend die Kündigung des Bilanzkreisvertrags nach sich ziehen würde. Die U F4 GmbH beglich die Zahlungen vorschlagsgemäß. Bereits am 23.02.2011 mahnte U14 erneut letztmalig nunmehr fällige, als bestehend anerkannte Forderungen aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen von über 2,07 Mio. € bis zum 04.03.2011 an und drohte die fristlose Kündigung des bestehenden Bilanzkreisvertrags bei weiterer Nichtzahlung an. Hierzu teilte U14 L4 u.a. folgendes mit:

"Des Weiteren sind leider schon wieder offene Posten in Höhe von 2,07 Mio. € aufgelaufen. Weitere 0,59 Mio. € werden übermorgen fällig, so dass wir die sofortige Begleichung von 2,66 Mio. € erwarten. [...] Wir bitten um Verständnis, dass die kontinuierliche Verspätung von Zahlungen in nicht unerheblicher Größenordnung für uns nicht weiter hinnehmbar ist. Neben diesem Schreiben werden Sie daher in den kommenden Tagen eine letztmalige Aufforderung zur Stellung einer Sicherheitsleistung erhalten."

Wiederum setzte U14 die Bundesnetzagentur am 03.03.2011 über die aktuelle Sachlage in Kenntnis. Hieraufhin leistete die U F4 GmbH eine Abschlagszahlung von 1,5 Mio. €. Bereits am 04.03.2011 mahnte U14 erneut nunmehr fällige, als bestehend anerkannte Forderungen aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen von über 1,1 Mio. € bis zum 11.03.2011 an und drohte die fristlose Kündigung des bestehenden Bilanzkreisvertrags bei weiterer Nichtzahlung an. Zahlungen erfolgten nicht. Vielmehr teilte die Zeugin H6 U14 am 11.03.2011 mit, dass die ausstehenden Zahlungen wiederum nur in Raten beglichen werden könnten. Da mit weiterem Zeitablauf weitere Forderungen der U14 fällig geworden waren, meldete sich diese am Montag, den 14.03.2011 via E-Mail bei der Leiterin der Rechtsabteilung H6 wie folgt:

"In der Tat hatte ich am Freitag mehrfach versucht Sie oder H. L4 zu erreichen, aber da war ich leider nicht erfolgreich gewesen. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich überhaupt nicht zufrieden bin, wenn Sie sich immer am letzten Tag des Auslaufens einer Frist bei mir melden und dann um Ratenzahlung bitten. Ich hoffe Ihnen ist bewusst, dass Sie mit uns einen systemrelevanten Partner haben. Ich bitte dringend, um Änderung Ihrer Herangehensweise.

Auf Grund der tiefgreifenden Veränderungen in Ihrem Hause sind wir letztmalig bereit, eine Ratenzahlung zu akzeptieren. Ich gehe dabei davon aus, dass die erste Rate wie unten angeboten, bereits auf dem Weg auf unser Konto ist. Folgende Bedingungen knüpfen wir jedoch an dieses Entgegenkommen:

-Bis Ende dieser Woche sind 1 Mio. € auf unserem Konto, bis Mittwoch kommender Woche die gesamten bis dahin fälligen 2,6 Mio. €. Zudem hat die am 25.3. fällige Zahlung in Höhe von 0,63 Mio. € pünktlich zu erfolgen!

- Parallel dazu erklären Sie sich schriftlich bereit, uns bis Ende März eine Vorauszahlung in Höhe von 2,5 Mio. € {durchschnittlicher Monatsumsatz) zu zahlen.

- Weiterhin erklären Sie schriftlich, dass ab sofort alle weiteren Zahlungen pünktlich erfolgen.

- Die o.g. drei Punkte fassen Sie in einem Schreiben zusammen, welches ihr neuer Vorstandsvorsitzender unterzeichnet. Eingang dieses Schreibens per Fax und/oder Scan per Mail bis Mittwoch ebendieser Woche.

Ich hoffe, Ihnen hiermit nochmals eine Brücke gebaut zu haben und erwarte Ihre kurzfristige Vorabbestätigung per E-Mail."

Trotz der prekären Situation erfolgten die Zahlungen nicht wie vereinbart, vielmehr liefen bis zum 21.03.2011 weitere fällige, als bestehend anerkannte Forderungen auf, die sich auf über 3,2 Mio. € aufsummierten. Die Summe mahnte U14 in der bisher praktizierten Weise durch Schreiben an den Zeugen Dr. I3 persönlich vom 21.03.2011 erneut an. Unter dem 25.03.2011 vereinbarte die U F4 GmbH mit U14 einen neuerlichen Zahlungsplan, nach dem bis zum 05.04.2011 in vier Raten alle Zahlungen erfolgen sollten. Doch bereits am 30.03.2011 teile I3 der U14 mit, dass die für den 29.03.2011 vorgesehene Teilzahlung in Höhe von 1 Mio. € auf den 07.04.2011 verschoben werden müsse. Schließlich gelang es der U F4 GmbH bis zum 08.04.2011 Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 4,7 Mio. € zu leisten, wodurch sich die Situation kurzzeitig entspannte.

(ii) B15 GmbH

Nachdem die U F4 GmbH nunmehr erneut mit der EEG-Umlage für Oktober 2010 in Höhe von 1.624.161,22 €, die zum 15.11.2010 fällig geworden war, in Verzug geraten war, mahnte die B15 GmbH am 22.11.2010 diese zur Zahlung an. Zwischenzeitlich hatte die B15 GmbH eine Creditreformauskunft anlässlich der Presseberichterstattung eingeholt, über die mitgeteilt wurde, dass dort eine aktuelle Bewertung nicht vorliege und der bestehende Bonitätsindex ausgesetzt worden sei. Entsprechend forderte die B15 GmbH am 19.11.2010 die U F4 GmbH auf, bis 06.12.2010 aktuelle Bonitätsauskünfte anderer anerkannter Auskunfteien sowie Geschäftsberichte der letzten beiden Geschäftsjahre vorzulegen. Anderenfalls sollte die U F4 GmbH eine Sicherheitsleistung von 817.000 € aufbringen. Das Schreiben übermittelte die B15 GmbH am 22.11.2010 auch der Bundesnetzagentur. Erst danach erfolgte eine Zahlung der Forderung. Eine Sicherheitsleistung wurde indes nicht erbracht.

Neben rückständiger fälliger Bilanzkreisabrechnungen in Höhe von ca. 45.000 € kam die U F4 GmbH nunmehr mit der EEG-Umlage für November 2010 in Höhe von 1.705.776,67 €, die zum 15.12.2010 fällig geworden war, in Verzug, woraufhin die B15 GmbH am 22.12.2010 die Zahlung des Betrags sowie der Sicherheitsleistung anmahnte, erneut die Zahlung der Sicherheitsleistung einforderte und eine letzte Frist bis spätestens 07.01.2011 zur Erbringung der Sicherheit und zur Zahlung der offenen Verbindlichkeiten setzte. Darüber hinaus drohte sie an, den Bilanzkreisvertrag zu kündigen. Auch dieses Schreiben übermittelte die B15 GmbH am 27.12.2010 der Bundesnetzagentur. Trotzdessen erfolgte eine Zahlung der Forderung zunächst nicht. Nachdem die B15 GmbH unter dem 31.12.2010 die U F4 GmbH nochmals zur Zahlung angemahnt hatte, meldete der Justiziar der F6 GmbH U6, den Angeklagten sowie L4 und N4 am 07.01.2011 nochmalig den Sachstand bezüglich der B15 GmbH, regte die Begleichung aller offenen, fälligen Forderungen per Blitzüberweisung an und teilte weiter u.a. mit:

"Wie Sie wissen, hätte eine Kündigung des Bilanzkreisvertrages zur Folge, dass wir alle Stromkunden verlieren, deren Entnahmestellen der Regelzone der B15 GmbH zugehören. Vor diesem Hintergrund bitte ich dringend um Freigabe der Zahlung. Die I14 GmbH, ebenfalls V, ist laut Herrn L8 bereits in dieser Woche befriedigt worden. Hierzu liegt uns allerdings noch kein Ausgabeprotokoll vor.

Randnotiz: Die B15 GmbH ist meines Wissens noch Tochtergesellschaft der S2. Es dürfte dort also bekannt sein, dass wir bei der S2 Rhein-Ruhr Verteilnetz GmbH und der S2 Westfalen-Weser-Ems Verteilnetz GmbH 11,8 Mio. €o Verbindlichkeiten haben. Die BNetzA ist auch bereits von der B15 GmbH über die Zahlungsrückstände informiert worden. Insgesamt. eine äußerst gefährliche Gemengelage."

Entsprechend gaben die Angeklagten die Zahlung der EEG-Umlage aus November 2010 und der Bilanzkreisabrechnungen aus diesem Monat frei, die am 10.01.2011 der B15 GmbH gutgeschrieben wurden. Im Nachgang meldete H6 an die Angeklagten am 10.01.2011 wie folgt:

"Nach Rücksprache mit L8 steht unser heutiger Kontostand aktuell nach den Zahlungen an B15 (rd. 1,7 Mio.), F19 (rd. 2,55 Mio.), F6 (rd. 275 T€) bei ca. 1 Millionen €. Nach reiflicher Überlegung und unter dem Eindruck der Abschaltung unserer Kunden I Entnahmestellen in Q16 bitten wir darum, dass die bereits freigegebene Umsatzsteuernachzahlung Marketing aufgeschoben, die Million stattdessen maßgeblich für dringende und "kleine" Netzbetreiberfälle verwendet werden darf. Hinsichtlich der Umsatzsteuernachzahlung ist die Lage nach Rücksprache mit N4 wie folgt: Die Daten sind heute übermittelt worden, so dass wir jetzt innerhalb von 10 Tagen zahlen müssen. Die Netzbetreiber-Front wird gerade im Bereich der kleinen Beträge zunehmend unübersichtlich. Die aktuelle Abschaltung Q16 ist sehr prekär; man zeigt sich trotz hundertprozentigen Konzessionen unsererseits ziemlich störrisch. Es geht um ca. 2.000,00 €."

Hinsichtlich der B15 GmbH waren zu dieser Zeit noch als bestehend anerkannte Bilanzkreisabrechnungen aus 2010 in Höhe von über 87.000 € seit 04.01.2011 fällig, die trotz mehrfacher Mahnungen zunächst nicht beglichen wurden. Neben den rückständigen fälligen Bilanzkreisabrechnungen kam die U F4 GmbH mit der EEG-Umlage für Dezember 2010 in Höhe von 1.915.556,62 €, die zum 17.01.2011 fällig geworden war, in Verzug, woraufhin die B15 GmbH am 24.01.2011 die Zahlung des Betrags anmahnte. Nachdem die Begleichung der als bestehend anerkannten Forderung weiterhin nicht erfolgte, mahnte die B15 GmbH am 01.02.2011 erneut die Begleichung der Forderung bei der U F4 GmbH unter Androhung der Einleitung eines Mahnverfahrens bis zum 08.02.2011 an. Nachdem Zahlungen weiterhin nicht erfolgten und zum 15.02.2011 nunmehr auch die fällige, als bestehend anerkannte EEG-Umlage aus Januar 2011 sowie eine weitere Bilanzkreisabrechnung im Gesamtvolumen von über 3,5 Mio. € angemahnt werden mussten, forderte die B15 GmbH erneut, die noch immer nicht gezahlte Sicherheitsleistung in Höhe von 817.000 € bis zum 28.02.2011 an und drohte bei Nichteinhaltung dieser Frist mit der Kündigung des Bilanzkreisvertrags ohne vorherige Ankündigung. In dieser Situation meldete U6 am 23.02.2011 an die Angeklagten sowie N4 und L4 folgendes:

"Aktuell ist der Netzzugang in über 200 Netzen gefährdet (ohne die zahlreichen Neufälle, die wir noch nicht sichten konnten). Der Betrag, der nötig wäre, um alle bis heute erfassten Eskalationställe durch Ausgleich der offenen fälligen Forderungen zu lösen, beläuft sich auf etwa 18 Mio. €. Die B15 sollte noch diese Woche befriedigt werden. Bei der B15 handelt es sich um einen Übertragungsnetzbetreiber. Reißt denen der Geduldsfaden, ist Schluss."

Schließlich gelang es den Angeklagten bei einem Stand offener, fälliger Verbindlichkeiten von ca. 4,4 Mio. € zum 28.02.2011 mit der B15 GmbH eine Teilzahlungsvereinbarung zu schließen, nach der zum 02.03. und 03.03.2011 jeweils 1,5 Mio. € und am 04.03.2011 nochmals 1,4 Mio. € gezahlt werden sollten. Nach Zahlung der ersten beiden Raten kam die U F4 GmbH jedoch wiederum mit der dritten Rate von 1,4 Mio. € in Verzug und erbat unter dem 11.03.2011 eine erneutes Aufsplitten der Rate in drei Teilzahlungen ab dem 12.03.2011. Nachdem die B15 GmbH diesem Vorgehen zugestimmt hatte, gingen Zahlungen jedoch zunächst wiederum nicht ein. Gleichzeitig trug die B15 GmbH der U F4 GmbH die Umstellung der Zahlungsweise der EEG-Abrechnung von monatlich auf wöchentlich an.

Da mittlerweile auch die EEG-Umlage für Februar 2011 zum 15.03.2011 sowie weitere Bilanzkreisabrechnungen fällig geworden waren, waren zum Stand 23.03.2011 wiederum jedenfalls seit 15.03.2011 fällige, als bestehend anerkannte Forderungen der B15 GmbH gegenüber der U F4 GmbH in Höhe von ca. 4,5 Mio. € offen, die die U F4 GmbH wiederum nicht begleichen konnte. Entsprechend erfragte der nunmehrige neue Vorstandsvorsitzende der U I7 AG, der Zeuge Dr. I3, am 23.03.2011 bei der B15 GmbH die Möglichkeit einer ratierlichen wöchentlichen Zahlung bis Mitte April 2011 an, da kurzfristige eingehende Geldeinschüsse der neuen Investoren anstünden. Da die Zahlungen nicht wie angekündigt erfolgten forderte die B15 GmbH mit Schreiben vom 07.04.2011 - letztmalig zur Vermeidung einer außerordentlichen Kündigung des Bilanzkreisvertrags - neben der noch offen 817.000 € weitere 3,1 Mio. € als Sicherheitsleistung bis zum 21.04.2011 ein. Auch dieses Schreiben übermittelte die B15 GmbH der Bundesnetzagentur. Am 08.04.2011 leistete die U F4 GmbH eine Teilzahlung in Höhe von 1,6 Mio. € auf fällige Forderungen.

(iii) I14 GmbH (vormals W9)

Nachdem am 15.11.2010 die EEG-Abrechnung der I14 für Oktober 2010 fällig geworden war, beglich die U F4 GmbH die Forderung zunächst nicht. Entsprechend mahnte I14 am 22.11.2010 die Zahlung der hierzu ausstehenden ca. 1,29 Mio. € bis zum 02.12.2010 an. Erst danach erfolgte eine Zahlung der Forderung. Nachdem am 15.12.2010 die EEG-Abrechnung für November 2010 fällig geworden war, beglich die U F4 GmbH die Forderung ebenfalls nicht. Entsprechend mahnte I14 am 21.12.2010 die Zahlung der hierzu ausstehenden ca. 1,395 Mio. € bis zum 03.01.2011 an. Daraufhin erfolgte die Zahlung zum 04.01.2011. Nachdem am 15.12.2010 die EEG-Abrechnung der I14 für Dezember 2010 fällig geworden war, beglich die U F4 GmbH die Forderung wiederum nicht. Entsprechend mahnte I14 am 24.01.2011 die Zahlung der hierzu ausstehenden ca. 1,566 Mio. € bis zum 03.02.2011 an. Aufgrund des aus Sicht der I14 "unsteten Zahlungsverhaltens der U F4 GmbH" sah sich diese am 28.01.2011 veranlasst, die Bedingungen der Geschäftsverbindung zu verändern. Dabei teilte sie der U F4 GmbH mit, das fällige Forderungen aus EEG- und Bilanzkreisabrechnungen von insgesamt über 1,9 Mio. € in Teilraten bis 14.02.2011 gezahlt werden sollten. Gleichsam sollten laufende EEG-Abrechnungen nunmehr wöchentlich im Voraus gezahlt werden. Bei Nichteinhalten der Vorgaben drohte I14 mit der Kündigung des bestehenden Bilanzkreisvertrags. Hieraufhin erfolgte eine Zahlung der U F4 GmbH am 02.02.2011 in dieser Höhe. Unter dem 09.02.2011 setzte I14 die Bundesnetzagentur hierüber u.a. wie folgt in Kenntnis:

"Obwohl sich das Zahlungsverhalten der U zwischenzeitlich spürbar verbessert hatte, geben uns die Pressemeldungen der jüngeren Vergangenheit und eine damit erneut einhergehende Verschlechterung des Zahlungsverhaltens einen grundsätzlichen Anlass zur Sorge. Wir möchten Sie daher darüber informieren, dass wir aktuell darum bemüht sind, in allen geschäftlichen Bereichen mit U auf ein Vorauszahlungsmodell umzustellen, welches uns vor möglichen Zahlungsausfällen bewahren soll. Insbesondere bei der hoch volatilen Bilanzkreisabrechnung und der zeitlichen Verzögerung von 42 Werktagen bis hin zur ersten Abrechnung, sind wir um eine Sicherung bemüht. Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wir bei groben Zahlungsverstößen als Ultima Ratio auch die Kündigung des Biianzkreisvertrages ernsthaft in Erwägung ziehen werden."

Kurz bevor am 15.02.2011 die EEG-Abrechnung für Januar 2011 in Höhe von über 2,7 Mio. € fällig wurde, kam es zu Gesprächen zwischen I14 und der U F4 GmbH, die die Forderung nicht zum Fälligkeitstermin begleichen konnte. Daraufhin erfolgte eine Abschlagszahlung von 1 Mio. € zum 15.02.2011. Hinsichtlich der weiter ausstehenden fälligen und als bestehend anerkannten Forderungen in Höhe von 1,7 Mio. € wandte sich I14 am 17.02.2011 an die U F4 GmbH und mahnte den Betrag letztmalig unter Androhung der Kündigung des Bilanzkreisvertrags bei weiterem Zahlungsverzug an. Hierin führte I15 weiter u.a. aus:

"Bisher haben wir die Entwicklung in Ihrem Haus mit viel Geduld begleitet. Unser Wohlwollen beruhte letztlich auf einem gewissen Vertrauen, das Sie mit einem persönlichen Gespräch im Dezember 2009 geschaffen hatten sowie der Ehrlichkeit, die Sie in der Folge uns gegenüber an den Tag gelegt hatten und letztlich auch der Einhaltung von Zahlungsfristen. Aufgrund der jüngsten Ereignisse hat dieses Vertrauen einen erheblichen Schaden erlitten:

Obwohl Sie erheblich in Verzug geraten sind und wir in persönlichen Gesprächen versuchten für beide Seiten eine schnelle und faire Lösung zu finden wurden zwei Überweisungen nur als normale Überweisungen getätigt. Dies passiert nicht einfach so.

Des Weiteren ist die unmissverständliche Fälligkeit der EEG-Umlage für Januar (bis zum 15. Februar in 3 Teilzahlungen) von Ihnen offensichtlich ganz bewusst verdreht worden (ab dem 15. Februar) und passt in keiner Weise zu unseren telefonischen Anstrengungen, von ihnen einen verbindlichen Zahlungstermin zu erhalten.

Unser Wunsch nach einer Sicherheitsleistung und der wöchentlichen Vorauszahlung der EEG-Umlage ist seit ca. 3 Wochen unbeantwortet.

Zahlungstermine bleiben unbestätigt und werden nicht eingehalten.

Für ein Unternehmen wie U, dessen weitere Existenz im Moment maßgeblich vom guten Willen seiner Gläubiger abhängt, sind derartige Handlungsweisen beim besten Willen nicht nachzuvollziehen. Wir fordern Sie daher auf, unverzüglich die noch offene EEG-Umlage und die zu heute fällige Bilanzkreisabrechnung per telegrafischer Anweisung noch heute zu begleichen. Andernfalls werden wir kurzfristig noch am heutigen Tage beiliegendes Schreiben an die Bundesnetzagentur versenden. Da unsere Forderungen bisher offensichtlich aufgrund eines "Liquiditätsengpasses" nicht beglichen worden sind, erwarten wir zudem eine Einschätzung aus Ihrem Haus, ab wann U beabsichtigt, wieder geregelt seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Wir sind in keiner Weise bereit, weiterhin einen derartigen Aufwand zu betreiben, um unsere Forderungen geltend zu machen. Sollten Sie weiterhin die Fälligkeitstermine überschreiten und uns nicht kurzfristig ein verbindliches Konzept für die Zukunft aufzeigen, werden wir weitere Maßnahmen bis hin zur Kündigung des Bilanzkreisvertrages ergreifen."

Die Zahlung des ausstehenden Betrags erfolgte sodann in zwei Teilzahlungen bis zum 01.03.2011. Am 24.02.2011 forderte I14 dann von der U F4 GmbH eine Sicherheitsleistung von 500.000 € bis zum 18.03.2011. Am 14.03.2011 setzte I14 zudem den neuen Vorstandsvorsitzenden Dr. I3 hierüber in Kenntnis. Schließlich leistete die U F4 GmbH die eingeforderte Sicherheitsleistung zum 25.03.2011. Nachdem am 15.03.2011 die EEG-Abrechnung der I14 für Februar 2011 fällig geworden war, beglich die U F4 GmbH die Forderung wiederum nicht. Infolgedessen beantragte I14 am 05.04.2011 gegen die U F4 GmbH einen Mahnbescheid in Höhe von 2,459 Mio. €, der am 06.04.2011 durch das Amtsgericht C25 erlassen wurde, woraufhin am 15.04.2011 eine Abschlagszahlung in Höhe von 2,647 Mio. € durch die U F4 GmbH geleistet wurde.

(4) Reaktionen der involvierten Behörden

(i) HZA L10

Im Anschluss an die Presseberichterstattung meldete sich N4 am 29.10.2010 bei dem HZA L10 und teilte diesem mit, dass aus Sicht der Q AG die zum 25.10.2010 fälligen monatlichen Strom- und Gassteuerabschläge nicht als unternehmenskritische Zahlungen eingestuft würden und die U F4 GmbH somit erst ab 04.11.2010 wieder über entsprechende Zahlungsmittel verfügen könne. Entsprechend erfolgte eine Zahlung der als bestehend anerkannten Abschlagszahlungen erst verspätet zum 11.11.2010. Zum 25.11.2010 wurden dann die Stromsteuervorauszahlung in Höhe von 3,826 Mio. € und die Gassteuervorauszahlung in Höhe von über 916.000 € fällig, die die U F4 GmbH zunächst nicht beglich. Die ausstehenden Beträge mahnte das HZA L10 am 06.12.2010 unter Berechnung von Versäumniszuschlägen zur Zahlung binnen einer Woche an. Unter dem 07.12.2010 teilte das HZA L10 dann mit, dass es in Ansehung der neueren Entwicklungen in der Geschäftsbeziehung eine Gefährdung der Stromsteuer sehe, aufgrund derer sie beabsichtige, eine Sicherheit in Höhe von zwei monatlichen Abschlagszahlungen festzusetzen. Eine Stellungnahme der U F4 GmbH sollte bis spätestens 05.01.2011 erfolgen. In der Folgezeit kündigte das HZA L10 unter dem 21.12.2010 hinsichtlich dieser Forderungen aus November 2010 die Vollstreckung an. Zudem wurden um 25.12.2010 die weiteren Vorauszahlungen für Strom- und Gas fällig. Anfang Januar 2010 beglich die U F4 GmbH die rückständigen Abschlagszahlungen sowie die Säumniszuschläge für November 2010 vollständig.

Unter dem 05.01.2011 übersandte der Angeklagte C an das HZA L10 ein Schreiben, in dem er - wahrheitswidrig - mitteilte, dass das in Aussicht gestellte Sanierungsgutachten nur deshalb nicht vorliege, weil die "negative Publizität seit Mitte Oktober 2010" eine Validierung der bestehenden Zahlenwerke erfordere. Zudem führte C weiter aus, dass durch die neuen Aktionäre aus Russland bereits 44 Mio. € der U-Gruppe als Darlehen bereitgestellt worden und die Verspätungen Folge der Umstellung der Zahlungsweise auf Überweisung seien. Zum 25.01.2011 wurden dann die Stromsteuervorauszahlung in Höhe von 3,826 Mio. € und die Gassteuervorauszahlung in Höhe von über 916.000 € fällig, die die U F4 GmbH in der Folgezeit wiederum nicht beglich. Unter dem 08.02.2011 - die ausstehenden Abschlagszahlungen waren noch immer nicht bezahlt - wandte sich das HZA L10 erneut an die U F4 GmbH und führte in seinem Schreiben u.a. aus:

"Hinsichtlich der Festpreistarife gegenüber den Kunden besteht das Risiko, dass steigende, nicht gesicherte Einkaufspreise für Strom zu einem Liquiditätsentzug führen, der in der Laufzeit der Stromlieferverträge nicht über Tarifanpassungen abgefangen werden kann. Dies hat bei Ihrem Unternehmen bereits in der Vergangenheit dazu geführt, dass aufgrund steigender Einkaufspreise für Strom viele dieser Kundenverträge. zu negativen Deckungsbeträgen geführt haben. Das Risiko eines Liquiditätsentzugs besteht weiterhin auch bei den Verträgen ohne Festpreisgarantie, da Preisanpassungen am Markt nicht beliebig durchsetzbar sind, ohne Kunden zu verlieren."

Es haben sich aus den mir vorliegenden Stellungnahmen und Unterlagen keine Erkenntnisse ergeben, dass durch die laufende Geschäftstätigkeit die Zahlungen der anfallenden Stromsteuer dauerhaft auch bei sich verschlechternden Marktverhältnissen — ohne Ausfallrisiko aus der laufenden Geschäftstätigkeit rechtzeitig gedeckt werden können."

Da das HZA L10 im Anschluss an sein Schreiben vom 07.12.2010 weiterhin "Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer" sah, verlangte es nunmehr von der U F4 GmbH eine Sicherheit für die Erlaubnis zur Leistung von Strom als Versorger in Höhe von 8,25 Mio. € gemäß § 4 Abs. 3 StromStG, zahlbar bis zum 10.03.2011. Mit Schreiben vom 14.02.2011 setzte es zudem mit gleicher Begründung auch für die anfallende Gassteuer eine von der U F4 GmbH zu leistende Sicherheit in Höhe von 3,55 Mio. € gemäß § 38 Abs. 6 EnergieStG fest, zahlbar bis zum 15.03.2011. Beide Sicherheitsleistungen konnten durch die Schuldnerin nicht bezahlt werden. Zum 25.02.2011 wurden dann die Stromsteuervorauszahlung in Höhe von nunmehr 5,068 Mio. € und die Gassteuervorauszahlung in Höhe von nunmehr über 1,776 Mio. € fällig, die die U F4 GmbH in der Folgezeit wiederum nicht beglich. Zum Stand 01.03.2011 waren neben diesen beiden Forderungen auch noch die Stromsteuervorauszahlung aus Januar 2011 - diejenige für Gas war mittlerweile beglichen -, insgesamt über 10,6 Mio. € offen. Unter dem 08.03.2011 legte die U F4 GmbH Einspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 08.02.2011 ein und beantragte dessen Vollziehung auszusetzen. Am selben Tag mahnte das HZA L10 die Begleichung der offenen Steuerverbindlichkeiten unter Erhebung von Säumniszuschlägen an.

Schließlich kam es am 09.03.2011 auf Bitten L4s zu einem Gespräch zwischen der U-Gruppe, hier u.a. Dr. I3 und dem Aktionärsvertreter H9, und dem HZA L10, indem Dr. I3 mitteilte, dass die U F4 GmbH die derzeit offenen Steuerverbindlichkeiten sowie die angeforderten Sicherheitsleistungen nicht erbringen könne, weil hierfür die notwendige Liquidität fehle. Eine Begleichung der offenen Forderungen könne nur in kleinen Beträgen erfolgen. Weiter verwies Dr. I3 darauf hin, dass er als Sanierer gehalten sei, dass in den nächsten drei Wochen entweder "frisches" Geld fließe oder zumindest ein unterschriebener Vertrag vorliegen müsse. Aktuell versuche man, kurzfristig Investorengelder einzubringen. Entsprechend teilte das HZA L10 mit, dass bei Nichtzahlung der Sicherheit sofort der Widerruf der Erlaubnis zum Vertrieb von Strom und Gas erfolge, die interne Abstimmung vor Absendung des Widerrufs aber Zeit benötige.

Am 10.03.2011 kündigte das HZA L10 betreffend der noch offenen Stromsteuervorauszahlung aus Januar 2011 die Vollstreckung an. Am 11.03.2011 legte die U F4 GmbH Einspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 14.02.2011 ein und beantragte dessen Vollziehung auszusetzen. Am 23.03.2011 kündigte das HZA L10 betreffend der noch offenen Strom- und Gassteuervorauszahlungen aus Februar 2011 ebenfalls die Vollstreckung an. Zum 25.03.2011 wurden dann die Stromsteuervorauszahlung in Höhe von nunmehr 4,488 Mio. € und die Gassteuervorauszahlung in Höhe von nunmehr über 1,776 Mio. € fällig, die die U F4 GmbH in der Folgezeit wiederum nicht beglich.

Ab 11.03.2011 hatte die U F4 GmbH tägliche Abschläge in Höhe von 100.000 €, die sich bis zum 28.03.2011 auf 900.000 € aufsummierte, an das HZA L10 geleistet. Zudem erfolgte am 25.03.2011 eine einmalige Zahlung von 3 Mio. €. Am 28.03. / 29.03.2011 lehnte das HZA L10 die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung betreffend der Festsetzungsbescheid für die Sicherheitsleistungen für Strom und Gas aus Februar ab. Gleichsam stellte Dr. I3 dem HZA L10 in Aussicht, dass bis zum 31.03.2011 weitere 7,1 Mio. € gezahlt und verbleibende Restforderungen bis zum 07.04.2011 erfüllt werden sollten. In der Folgezeit gelang es der U F4 GmbH bis zum 11.04.2011 die ausstehenden Verbindlichkeiten für Abschlagszahlungen auszugleichen. Die eingeforderten Sicherheitsleistungen Höhe von über 11 Mio. € konnte sie indes nicht erbringen; zudem waren in der Folgezeit täglich 100.000 € an Abschlagszahlungen zu leisten.

(ii) Bundesnetzagentur

Am 08.02.2011 leitete die Bundesnetzagentur gegen die U F4 GmbH ein Verfahren zur Untersagung der Energiebelieferung gemäß § 5 S. 4 EnWG wegen des Verdachts der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein (Az.: BK#-...-...#). Zur Begründung hieß es hierzu u.a. wie folgt:

"Die derzeitige Situation lässt vermuten, dass die nach § 5 EnWG geforderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit Ihres Unternehmens nicht gewährleistet ist. So war es Ihnen bisher nicht möglich, die testierten Jahresabschlüsse für 2008 und 2009 beizubringen. Eine Zusage der Vorlage haben wir Ihrerseits bereits im Juli 2010 erhalten.

Durch die von Ihnen vorgelegte Stellungnahme zur Liquiditätssituation ist zwar keine genaue Beurteilung Ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit möglich, jedoch tragen Sie darin, selbst vor, dass zum Stichtag 06.01.2011 eine Liquiditätslücke von ca. 2,8 Mio. €o besteht. Darüber hinaus können Sie das den fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 27,8 Mio. €o gegenüber stehende Kontenguthaben von ca. 25 Mio. €o nicht belegen. Ein weiteres Indiz einer mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind die fortwährend eingehenden Beschwerden von Netzbetreibern über offene Forderungen bei den Netznutzungsentgelten, Bilanzkreis- sowie den EEG-Abschlagsrechnungen."

Die U F4 GmbH sollte bis zum 09.03.2011 hierzu eine Stellungnahme abgeben und weitere Unterlagen, so z. B. testierte Jahresabschlüsse für 2008 und 2009 sowie eine Liquiditätsbilanz, nachreichen, die in der Frist nicht nachgereicht wurden. Eine abschließende Entscheidung der Bundesnetzagentur in dieser Sache erging nicht.

(5) Prüftätigkeiten der Kanzlei G2 (bis 31.01.2011)

Die weiterhin für die Erstellung des Sanierungsgutachtens beauftragte Kanzlei G2 wandte sich in Reaktion auf die Presseberichterstattung mit Schreiben vom 20.10.2010 an die Angeklagten und führte darin u.a. folgendes aus:

"[...] Hintergrund dieser Arbeiten ist, dass wir Sie mit Schreiben vom 10. Juni 2010 und in dem Termin mit Herrn Dr. T3 am 21. Juni 2010 bei uns im Hause informiert haben, das nach unserer Einschätzung eine Liquiditätslücke vorhanden ist, die einer sofortigen Schließung bedarf, widrigenfalls Insolvenzantrag zu stellen ist. Unsere Empfehlung ging insbesondere dahin, eine werthaltige Brückenfinanzierung durch die Gesellschafter von mindestens € 15 Mio. zu erlangen. Sie haben uns dann Ende August 2010 mitgeteilt, dass durch das Auflegen der - mit uns nicht besprochenen - sog. "Sonderpakete" die Liquiditätssituation sich vorläufig entspannt hat. Wir haben dann mit Ihnen vertieft, welche Auswirkungen diese "Sonderpakete" auf die künftige Ertragslage (Stichwort Drohverlustrückstellungen und Sinken der Marge) haben und wie sich dies auf die Liquiditätssituation insbesondere in 2011 auswirken wird. Wir haben Sie dann insbesondere in unserem Termin am 7. September 2010 bei Ihnen im Hause darauf hingewiesen, dass wir zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgehen, weil künftige Liquiditätslücken wieder entstehen können und wenn diese nicht durch eigenen Ertrag aus dem Geschäftsmodell geschlossen werden können. Insbesondere angesichts der für diesen Zeitraum schwer planbaren Einkaufskonditionen im Energiemarkt besprachen wir auch, dass das erneute Auflegen von "Saisonpaketen" zur Abwendung einer Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichend sei, sondern vielmehr als strafrechtlich relevantes Schneeballsystem, d.h. als Betrug zu qualifizieren sein könnte. Im Nachgang zu diesem Treffen hat es einen regen Austausch zwischen Ihnen, uns und den involvierten Berater gegeben, wobei aber bis zum heutigen Tag keine plausibilisierten Planungen erarbeitet werden konnten. Aktuell liegen Ihnen Fragen zur Plausibilisierung vor.

Mit Verwunderung haben wir die Presseberichte des heutigen Tages zur Kenntnis genommen, insbesondere weil dort von einer E-Mail von Ihnen, sehr geehrter Herr C, an Herrn K berichtet wird, wonach eine aktuelle Liquiditätslücke iHv. € 20 Mio. besteht und nicht erst eine zukünftig auftretende Liquiditätslücke. Sollten die bisher zugrunde gelegten Annahmen, insbesondere zur Liquiditätslage nicht zutreffend sein, dürfen wir Sie auf unsere Ausführungen im Schreiben vom 10. Juni 2010 und unsere ausführlichen Diskussionen zur Frage der Insolvenzantragspflicht sowie die vorherigen Ausführungen im Rahmen des Treffens des Arbeitskreises Sanierungskonzept zum Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 17 InsO verweisen. Besteht eine Liquiditätslücke von aktuell € 20 Mio. müsste, um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, umgehend eine Brückenfinanzierung (z.B. in Form eines Gesellschafterdarlehens oder einer Bankfinanzierung) beschafft werden. Angesichts dessen, dass uns nicht bekannt ist, seit wann diese Liquiditätslücke iHv. € 20 Mio. vorliegt, ist für uns nicht erkennbar bis zu welchem Zeitpunkt eine solche Finanzierung vorliegen müsste, um Haftungstatbeständen für die Aufsichts- und Geschäftsleitungssorgane der U I7 AG und der U F4 GmbH zu vermeiden. Wir raten daher dringend dazu, kurzfristig entsprechende Prüfungshandlungen vorzunehmen bzw. zu intensivieren. Hierfür stehen wir zur Verfügung."

In Reaktion auf dieses Schreiben teilten die Angeklagten den Beratern von G2 unter dem 28.10.2010 mit, dass aus ihrer Sicht zu dieser Zeit eine Liquiditätslücke von mindestens 10 Mio. € bestehe und übermittelten G2 aktualisierte Liquiditätspläne mit Erläuterungen. Nach Prüfung kamen Prof. Dr. T7 und Dr. L7 mit Schreiben vom 29.10.2010, gerichtet an die Angeklagten, zu folgender Einschätzung:

"Diese Unterlagen sind für uns bisher nicht geeignet, feststellen zu können, ob eine Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit besteht. Allerdings ergeben sich massive Hinweise darauf, dass eine Insolvenzantragspflicht besteht. Dies insbesondere aus vier Gründen:

• Der Liquiditätsplan ist von Ihnen überschrieben mit "Liquiditätsplan nach Verschiebungen von Zahlungen". In einen Liquiditätsplan im Sinne der InsO sind die Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich zum Fälligkeitszeitpunkt einzustellen, in der Praxis sind sogenannte Schiebepläne nicht geeignet, eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, sie verschleiern vielmehr den insolvenzrechtlichen Tatbestand.

• Die in dem Liquiditätsplan ausgewiesenen Verbindlichkeiten stimmen teilweise nicht mit den Zahlen überein, die uns aus dem Businessplan bisher bekannt sind. Es stellt sich deshalb bei etlichen Positionen die Frage, wie hoch die bestehenden Verpflichtungen jeweils tatsächlich sind.

• In der E-Mail aus Ihrem Hause vom 28.10.2010, 03h30 wird darauf hingewiesen, dass Sie "auf Grund der T56-Umstellung in der T21 seit Wochen nahezu blind bei den Debitoren" sind. Allein diese Aussage führt bei uns zu massiven Zweifeln, ob die uns vorgelegten Zahlen tatsächlich zutreffend sind.

• Aus dem Gespräch mit der Q heute Morgen bei uns im Hause haben wir erfahren, dass die Q wohl 11 Mio. € "eingefroren" hat und im Übrigen für Sie keine Einzüge mehr ausführt. Das drängt den Verdacht auf, dass Sie wegen Einstellung der Zahlungen bereits insolvenzantragspflichtig sind.

Da uns die vorstehend genannten Zahlen erst seit dem gestrigen Tage bekannt sind, können wir auch keine Aussage darüber treffen, ob eine Insolvenzantragspflicht nicht schon seit längerer Zeit besteht. Vor dem Hintergrund der vorstehend beschriebenen Umstände drängt sich uns dieser Verdacht allerdings auf. Wir müssen Ihnen deshalb mitteilen, dass wir uns deshalb nicht in der Lage sehen, die Arbeiten an dem Sanierungsgutachten vorbehaltlos fortzusetzen.

Wenn überhaupt können wir zunächst daran arbeiten, einen belastbaren Liquiditätsstatus Sinne der InsO zu erstellen und damit die Frage zu klären, ob und ggf. seit wann Insolvenzantragspflicht besteht. Erst wenn diese Frage geklärt ist, kann darüber entschieden werden, in welchen Schritten weiter an dem Sanierungsgutachten gearbeitet wird oder auch andere Beratungsleistungen für den U-Konzern zu erbringen. Wir würden uns allerdings vorbehalten, auch die Arbeiten an einem Liquiditätsstatus im Sinne der InsO jederzeit einzustellen, insbesondere wenn wir feststellen, dass man sich bereits im Bereich der Insolvenzverschleppung befindet oder aber dass uns vorzulegende Daten- und Zahlenmaterial nicht transparent ist. Unter Bezugnahme auf unser Schreiben vom 10.06.2010 und dem Schreiben vom 20.10.2010 bitten wir Sie, auch den Aufsichtsrat über dieses Schreiben in Kenntnis zu setzen."

Ab Anfang November 2010 waren die Berater der Kanzlei G2 - von den Angeklagten über die U I7 AG beauftragt - dann ankündigungsgemäß damit befasst, für die U-Gruppe einen belastbaren Liquiditätsstatus für den Zeitraum zu erstellen. Das Ergebnis ihrer Prüfungen teilten die Berater Prof. Dr. T7 und Dr. L7 mit Schreiben vom 29.11.2010, gerichtet an die Angeklagten, u.a. wie folgt mit:

"[...] Auf Grundlage der uns vorliegenden Liquiditätsaufstellungen bzw. -planungen Oktober/November /Dezember 2010 - unterlegt durch Ist-Zahlen bis einschließlich zum 26. November 2010 — sowie auch der Planungen für das Jahr 2011, ist nach unserer Auffassung in den betrachteten Gesellschaften der U-Gruppe keine ausreichende Liquidität vorhanden; wie bereits letzte Woche bei Ihnen im Hause besprochen, sind wir deshalb der Auffassung, dass eine Insolvenzantragspflicht besteht, wenn keine externen Liquiditätszuflüsse vorhanden sind. Diese Annahme stützt sich auf folgende Erkenntnisse:

• Nach dem uns vorliegenden Zahlenmaterial lag für den Monat Oktober 2010 bis zum 9. November 2010 — bis auf einzelne Tage — eine durchgängige Liquiditätsunterdeckung vor. Tatsächlich konnte diese Lücke nicht aus operativen Ergebnissen, sondern nur durch das nicht geplante, kurzfristig aufgenommene Investorendarlehen vorübergehend geschlossen werden. Auf dieser Basis waren die Gesellschaften Anfang Oktober 2010 zahlungsunfähig und damit insolvenzantragspflichtig i.S.v. § 15a InsO.

• Seit dem 18. November 2010 liegt - nach Ihrer eigenen Erhebung - erneut eine Liquiditätsunterdeckung von rd. € 6,8 Mio. vor. Hierbei bestehen rechtliche Differenzen bzgl. der Berücksichtigung weiterer kreditorischer Debitoren, welche aus der Überzahlung von Abschlägen seitens der Kunden resultieren. Bei Berücksichtigung weiterer kreditorischer Debitoren vergrößert sich die Liquiditätslücke noch. Mögliche Forderungsüberhänge stehen diesem Risiko zwar entgegen, können aber das gesamte Risiko nicht kompensieren.

• Die Liquiditätslücke vom 18. November 2010 wird nach der eigenen Planung der U bis zum 30. November 2010 trotz geplanter Zahlungseingänge am 29. November 2010 / 30. November 2010 iHv. insgesamt rd. € 20,8 Mio. nicht geschlossen. Am 30. November 2010 besteht nach der Planung eine Liquiditätslücke von € 6,0 Mio. Die in der Planung von U angenommenen Zahlungseingänge iHv € 20,8 Mio. begegnen nach jetzigem Stand erheblichen Bedenken. In der Summe plant U für den Monat November 2010 Zahlungseingänge iHv. rd. € 66 Mio. Eine hierzu bereits angeforderte und von Ihnen als existent umschriebene Abweichungsanalyse hinsichtlich der Plan-Zahlungseingänge und der Ist-Zahlungseingänge liegt uns bislang noch immer nicht vor.

• Trotz Berücksichtigung der weiter geplanten Zahlungseingänge im Monat Dezember 2010 iHv. € 82 Mio. käme es zum Ende Dezember 2010 bereits wieder zu einer zwischenzeitlichen erheblichen Liquiditätslücke iHv. rd. € 15 Mio. welche auch zum Ende des Monats nicht wieder vollständig geschlossen wird.

• Bei Annahme einer Abweichung von der Planung der Zahlungseingänge iHv. nur 10% tritt bereits zum 22. Dezember 2010 eine erhebliche Liquiditätslücke (rd. € 6,7 Mio.) auf, welche im weiteren Verlauf bis auf rd. € 24 Mio. anwächst und sich zum Ende des Monats Dezember 2010 auf rd. € 12 Mio. beläuft.

Im Hinblick auf die massive Liquiditätsunterdeckung im Oktober 2010, die dreiwöchige Liquiditätsunterdeckung im November 2010 sowie die erwartete, erneute Liquiditätslücke Ende Dezember 2010 setzte die Abwendung der Insolvenzantragspflicht u.E. voraus, dass die zukünftigen Liquiditätslücken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachhaltig geschlossen werden können. Gegen diese Annahme sprechen u.E. aber folgende Umstände:

• Erhebliche Soll-Ist-Abweichungen bei der Liquiditätsbetrachtung und daher erhebliche Unsicherheiten bezüglich der Planungsgenauigkeit;

• die eigene Planung geht auch für 2011 von regelmäßigen Unterdeckungen aus;

• bislang unberücksichtigte Drohverlustrückstellungen aus den Paketgeschäften.

Wir gehen daher davon aus, dass zum jetzigen Zeitpunkt Insolvenzantragspflichten für die einzelnen Gesellschaften der U-Gruppe bestehen. Im Detail ist hier noch jede Gesellschaft einzeln zu prüfen. Zur Abwendung der Antragspflicht kommt u.E. nur eine kurzfristige unmittelbare Finanzierung in Betracht, welche die Unterdeckung auch in der Spitze abdeckt. Auf Basis Ihrer Planung ergibt sich damit ein Finanzierungsbedarf von € 15 Mio., bei Annahme eines Sicherheitsabschlages von 10% auf die geplanten Zahlungseingänge erhöht sich dieser Betrag auf rund € 24 Mio.

Schließlich quantifizierten die Berater von G2 den bis Ende 2010 notwendigen Kapitalbedarf der U-Gruppe in einem weiteren Schreiben vom 02.12.2010 auf 60 Mio. € und führten dazu u.a. aus:

[...] Die derzeitige Liquiditätsplanung weist im Dezember 2010 bei 100%-Realisierung der geplanten Zahlungen eine maximale Unterdeckung in Höhe von rd. € 15 Mio. aus. Auf Grundlage dieser Planung ist nach unserer Ansicht in den betrachteten Gesellschaften der U-Gruppe keine ausreichende Liquidität vorhanden, sodass wir der Auffassung sind, dass eine Insolvenzantragspflicht besteht, wenn keine externen Liquiditätszuflüsse vorhanden sind. Auf diesen Sachverhalt sowie etwaige Konsequenzen haben wir Sie zuletzt in unserem Schreiben vom 29. November 2010 hingewiesen. Auf Basis der oben genannten Informationen sind Liquiditätszuflüsse in folgender Höhe notwendig:

1. Maximale Unterdeckung aus dem Monat Dezember 2010 aus dem operativen Geschäft in Höhe von rd. € 15 Mio.

2. Finanzierung von Forderungen infolge nicht eingehender Zahlungen

Im Rahmen des Punktes 2.) ist zwischen solchen Zahlungseingängen zu unterscheiden, die im Rahmen des Lastschriftverfahrens und solchen, die im Wege von Kundenüberweisungen realisiert werden.

[...] Insgesamt sind im Monat Dezember inkl. ausstehender Zahlungen vom 29. und 30. November 2010 rd. € 50 Mio. im Wege des Lastschriftverfahrens und rd. € 50 Mio. im Rahmen von Kundenüberweisungen zu realisieren. Die Gesamtsumme der geplanten Zahlungen bis zum 31. Dezember 2010 beläuft sich damit auf rd. € 100 Mio. Eine vollständige Realisation der geplanten Zahlungseingänge in Höhe von rd. € 100 Mio. ist in Anbetracht der Tatsache, dass restriktive Banklinien für das Lastschriftverfahren existieren, sowie dem Umstand, dass nicht mit einem 100%-igen Eingang der geplanten Überweisungen gerechnet werden kann, unrealistisch. Eine Quote für den Eingang der geplanten Überweisungen zu schätzen, gestaltet sich allerdings schwierig, da in jüngster Zeit starke Bemühungen durch die U-Gruppe unternommen wurden, Lastschrifteinzahler auf Überweiser umzustellen, sodass keine relevanten Erfahrungswerte der Vergangenheit vorliegen. Eine uns von Ihnen vorliegende ungeprüfte interne Auswertung über die Plan-Ist-Abweichungen von Zahlungseingängen durch Überweiser vom 19. bis zum 30. November 2011 ergibt eine Quote von rd. 33%. Allerdings kann auch diese Quote aufgrund der o.g. Umstellungsbemühungen und des kurzen Betrachtungszeitraums keine hinreichende Sicherheit über die zukünftige Quote schaffen.

Unterstellt man [...] einen Zahlungseingang durch Überweiser mit einer Quote von 0%, 33% bzw. 50%, so ergibt sich folgender kurzfristiger Liquiditätsbedarf um die Deckungslücke des Monats Dezember 2010 zu beseitigen.

• Quote Überweiser 0%: rd. € 69 Mio.

• Quote Überweiser 33%: rd. € 52 Mio.

• Quote Überweiser 50%: rd. € 44 Mio.

Der kurzfristige Liquiditätsbedarf bestimmt sich damit in Abhängigkeit des Zahlungsverhaltens der Überweiser und der eingeräumten Einzugslinien der Banken, die eine Schätzung bzw. Bewilligung der Banken bedingt. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu weiteren Liquiditätsabflüssen kommen kann. Hier ist insbesondere an veränderte Lieferkonditionen der Netzbetreiber zu denken (z.B. Vorauskasse, Sicherheiten) sowie kreditorische Debitoren.

Daher erscheint uns ein Betrag von € 52 Mio. zuzüglich Risikopuffer für die oben genannten noch nicht quantifizierten Risiken notwendig. Daraus ergibt sich vereinfacht ein Betrag € 60 Mio. Hinsichtlich der Art und des Zeitpunktes der Liquiditätszuführung sind wir der Auffassung, dass diese in Anbetracht der insolvenzrechtlich relevanten Situation der U-Gruppe (Vgl. unser Schreiben vom 29. November 2010) sofort in Form einer direkten Kapitalzuführung zur Verfügung stehen muss, um Berücksichtigung in der Liquiditätsplanung zu finden."

In der Folgezeit ließen die Berater von G2 auf der Grundlage der dargelegten Ergebnisse sämtliche Arbeiten für die U-Gruppe ruhen. Nachdem die Angeklagten Anfang Januar 2011 G2 beauftragt hatten, den zur kurzfristigen Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit notwendigen Liquiditätsbedarf durch Zuführung ausreichend liquider Mittel durch den zukünftigen Gesellschafter der U-Gruppe zu ermitteln, teilten Prof. Dr. T7 und Dr. L7 mit Schreiben vom 14.01.2011 an die Angeklagten als Ergebnis einen weiteren Liquiditätsbedarf von mindestens 63 Mio. € mit, da die zwischenzeitlich Ende Dezember 2010 zugeflossenen weiteren 14 Mio. € nicht zu einer Aufhebung der bestehenden Zahlungsunfähigkeit hätten.

Am 17.01.2011 kam es dann zu einem Treffen zwischen den Angeklagten, dem Aufsichtsrat W6, einem Vertreter des vermeintlich neuen Eigentümers, dem späteren Aufsichtsrat Prof. Dr. T46, sowie den Rechtsanwälten von G2, in dem letztere nochmals alle Teilnehmer auf die aus ihrer Sicht bestehende Insolvenzantragspflicht nach § 17 InsO für die U-Gesellschaften hinwiesen. In diesem Treffen bekundete Prof. T46, dass der neue Investor weitere liquide Mittel zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit sowie zur Sanierung der Unternehmensgruppe zur Verfügung stellen werde, ohne jedoch hierzu konkrete Maßnahmen und Zeitpunkte zu benennen. Im Nachgang teilten Prof. Dr. T7 und Dr. L7 den Angeklagten mit Schreiben vom 21.01.2011 mit, dass sie sich "bis zur Aufhebung der bestehenden Zahlungsunfähigkeit durch Zuführung weiterer liquider Mittel vor dem aktuellen Hintergrund nicht in der Lage sähen, weitere Arbeiten durchzuführen". In der Folgezeit erbrachte G2 keine weiteren Leistungen für die U-Gruppe; das ursprünglich avisierte Sanierungsgutachten wurde nie fertiggestellt.

(6) Maßnahmen der U-Führungsebene

(i) Kapitalzuschüsse durch russische Investoren (bis 31.12.2010)

Aufgrund der infolge der Presseberichterstattung verschärften Liquiditätslage der U-Gruppe ließen die Angeklagten über den neuen Aufsichtsrat W6 die Vertreter von F11 kontaktieren, die auch in Ansehung der Unternehmenslage signalisierten, an dem bereits vertraglich festgehaltenen Kauf der U-Gruppe festzuhalten und dem Unternehmen kurzfristig Darlehen in Höhe von 30 Mio. € zur Bewältigung der Krisensituation zukommen zu lassen. Der Vollzug des Kaufvertrags aus Juni 2010 sollte nunmehr bis zum 31.03.2011 erfolgen. Entsprechend schlossen die D8 AG als Vertreterin der Käuferin, vertreten durch Rechtsanwalt L5, und die U I7 AG, vertreten durch die Angeklagten, unter dem 02.11.2010 einen Darlehensvertrag, nach dem der U I7 AG 30 Mio. € bis zum 31.12.2012 als Darlehen ausgereicht werden sollten. Der Darlehensbetrag sollte längstenfalls bis zum 31.03.2011 mit 12,75% p.a. verzinst werden. Gleichsam fiel eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 170.000 € an. In dem Vertrag hielten die Parteien u.a. fest:

"Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation des Darlehensnehmers hat der Darlehensnehmer einen kurzfristigen Betriebsmittelbedarf, um eine mögliche drohende Insolvenz abzuwenden."

Entsprechend gingen am 03.11.2010 4 Mio. € und am 09.11.2010 die restlichen 25,83 Mio. € auf einem Konto der U I7 AG bei der S11 Q6 ein. Vorgabe der Investoren und der Angeklagten war, die Gelder prioritär zur Begleichung von rückständigen Forderungen der Netzbetreiber zu verwenden, um deren Sicherheitsleistungen abzuwenden und nicht weitere Liquidität zu verlieren. Trotz der massiven Liquiditätsspritze und der Vorgaben blieb der Bestand fälliger, als bestehend anerkannter Netzbetreiberverbindlichkeiten konstant. Gegen Ende November 2010 hatten diese offenen Posten mit ca. 27 Mio. € den gleichen Stand wie Ende Oktober 2010 erreicht.

Nach einer weitergehenden Verschlechterung der Liquiditätssituation übersandten die Angeklagten an den Aufsichtsrat sowie den Vertreter des ehemaligen Mitangeklagten K, M21 am 26.12.2010 eine E-Mail, indem sie mitteilten, dass - "sollte der U I7 AG bis Ende 2010 (in den nächsten Tagen!) kein weiteres Kapital in ausreichendem Umfang verfügbar werden", der Vorstand innerhalb weniger Tage Überlegungszeit das Unternehmen schließen bzw. Insolvenzantrag stellen müsse. Hierzu führten die Angeklagten u.a. weiter aus:

"Gegenwärtig sind Verbindlichkeiten in Höhe von ca. € 30 Mio. in der kommenden Woche (KW 52) auszugleichen. Dabei handelt es sich um Forderungen des Hauptzollamtes in Höhe von ca. € 10 Mio., um Forderungen von Netzbetreibern in Höhe von ca. € 10 Mio. und um Forderungen von Strom- und Gaslieferanten in Höhe von ca. € 10 Mio. Das Hauptzollamt übersandte bereits eine Vollstreckungsandrohung. Weitere € 13 Mio. stehen als kurzfristige Verbindlichkeiten zur Zahlung aus. Der Ausgleich der Verbindlichkeiten von € 13 Mio. hat in den kommenden beiden Wochen zu erfolgen.

Die U ist in der Lage ca. € 10 Mio. innerhalb der kommenden Woche aus eigener Kraft aufzubringen. Die weiteren Liquiditätsmittel müssen dem Unternehmen zugeführt werden, um das operative Geschäft sicherzustellen. Wir bitten höflich, uns über den Verhandlungsstand tagesaktuell informiert zu halten, um Entscheidungen in unserem Verantwortungsbereich auf Basis vollständiger Informationen treffen zu können. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir auch bei laufenden Verkaufsverhandlungen unseren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen werden, um persönliche Sanktionen zu vermeiden."

Noch am selben Abend leitete der Aufsichtsrat W6 den "Hilferuf" an die neuen Investoren und deren deutschen Vertreter, Prof. T46, zur weiteren Veranlassung wieter. Daran anknüpfend entschloss sich der russische Investor Ende Dezember 2010, in Ansehung der alarmierenden Krisensituation kurzfristig weitere Geldmittel in Höhe von 14 Mio. € als Darlehen an die U I7 AG auszureichen. Entsprechend schlossen die D8 AG, vertreten durch Rechtsanwalt L5, und die U I7 AG, vertreten durch die Angeklagten, unter dem 27.12.2010 einen Darlehensvertrag, nach dem der U I7 AG zunächst 4 Mio. € bis zum 15.06.2011 als Darlehen ausgereicht werden sollten. Der Darlehensbetrag sollte mit 2% p.a. verzinst werden. Gleichsam fiel eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 120.000 € an. Dann schloss eine der F11 zuzuordnende offene Aktiengesellschaft russischen Rechts, die U16 mit Sitz in U17, Russland, vertreten durch deren stellvertretenden Generaldirektor, und die U I7 AG, vertreten durch die Angeklagten, unter dem 29.12.2010 einen Darlehensvertrag, nach dem der U I7 AG weitere 10,3 Mio. € bis zum 30.06.2011 als Darlehen ausgereicht werden sollten. Der Darlehensbetrag sollte mit 13,5% p.a. verzinst werden. In beiden Darlehensverträgen hielten die Parteien u.a. jeweils fest:

"Aufgrund der derzeitigen Situation innerhalb und außerhalb des Darlehensnehmers hat dieser einen kurzfristigen Betriebsmittelbedarf, um eine mögliche drohende Insolvenz abzuwenden."

Entsprechend gingen am 28.12.2010 3,88 Mio. € und am 30.12.2010 weitere 10,3 Mio. € auf einem Konto der U I7 AG bei der S11 Q6 ein. Trotz der weiteren massiven Liquiditätsspritze verbesserte sich die Liquiditätssituation der U-Gruppe nicht nachhaltig. Im Gegenteil liefen - wie dargestellt - ab Dezember 2010 verstärkt immer mehr fällige Forderungen gegen Netzbetreiber und das HZA L10 auf, die im Rahmen der Anwendung des Priorisierungssytems, soweit noch möglich, erst mit erheblicher Verspätung nach mehrmaliger Aufforderung und Androhung existenzieller Konsequenzen beglichen werden konnten.

(ii) Anfrage bei der Kanzlei Q12 (bis 31.12.2010)

Nachdem die Kanzlei G2 unter dem 02.12.2010 eine Stellungnahme hinsichtlich des kurzfristig notwendigen Liquiditätsbedarfs der U-Gruppe abgegeben hatte, in der G2 hinsichtlich der monatlich nunmehr im Wege der Überweisung zu erwartenden Geldeingänge mit einem Eingang von 33% des ursprünglichen Lastschriftvolumens ausgegangen war, kontaktierten die Angeklagten die ihnen aus dem Verkaufsprozess und über persönliche Kontakte des gesondert Verfolgten N4 bekannte Kanzlei Q12 und erbat bei dieser eine Überprüfung dieser Annahmen auf deren Plausibilität. Hierzu teilten deren Miarbeiter mit Schreiben vom 03.12.2010 mit, dass es sich Ansehung der im Zeitraum 11.11.2010 bis 30.11.2010 realisierten Quote von 49% trotz des kurzen Beobachtungszeitraums um eine äußerst konservative Annahme handele. Bei Zugrundlegung der Quote von 49% solle sich ein kurzfristiger Liquiditätsbedarf in Höhe von ca. 45 Mio. € ergeben. Allerdings seien in der derzeitigen Situation aufgrund der nur noch restriktiv bestehenden Lastschriftlinien die Liquiditätsprobleme der U-Gruppe kaum abschließend zu bewerten. Im Nachgang hierzu erbaten die Angeklagten weiter eine eigene Einschätzung der Liquiditätssituation der U-Gruppe durch die Bearbeiter der Kanzlei Q12, woraufhin am 07.12.2010 die Bearbeiter der Q12 - nachdem ihnen die hierfür verwendeten Kennzahlen durch Mitarbeiter der U I7 AG bereitgestellt worden waren - schriftlich u.a. folgendes mitteilten:

"Wie bereits bekannt, und von Herrn Dr. Q18 in seinem Memorandum vom 03.12.2010 dargestellt, sind aktuell in einer Höhe von € 23 Mio. liquide Mittel als Sicherheit und Vorauszahlungen der U-Gruppe gebunden. [...] Des Weiteren ist nach einer aktuellen Bestätigung Insbesondere der Q diese nach wie vor nicht bereit, fällige Lastschrifteinzüge vorzunehmen und sie ist ebenfalls aktuell nicht bereit, die gegebenen Sicherheiten in Höhe von € 10 Mio. freizugeben. Absprachegemäß hat Herr N4 als kaufmännischer Leiter der U I7 AG basierend auf ungeprüften Zahlen des Rechnungswesens die fälligen Verbindlichkeiten für die 49. und 50. KW aufgestellt. Die Verbindlichkeiten gliedern sich demnach wie folgt:

Man kann nicht davon ausgehen, dass es sich bei der Nichtbedienung der sofort fälligen und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten nur um eine Zahlungsstockung handelt. Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 24.05.2005 (Az. IX ZR 123/04) die Zahlungsstockung von der Zahlungsunfähigkeit deutlich abgegrenzt. Zahlungsstockung liegt danach vor, wenn über einen Zeitraum von 3 Wochen nicht mehr als 10% der fälligen Verbindlichkeiten nicht beglichen werden können. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die Deckungslücke 10% oder mehr beträgt. In diesem Fall muss der Geschäftsführer der Gesellschaft, falls er die Auffassung vertritt, es sei dennoch weiterhin von einer Zahlungsfähigkeit auszugehen, entsprechende Indizien hierfür vortragen und beweisen. Dazu ist in der Regel die Benennung konkreter Umstände erforderlich, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass die Liquiditätslücke zwar nicht innerhalb von 2-3 Wochen, jedoch aber immerhin in überschaubarer Zeit beseitigt werden kann.

Insofern die Zahlen korrekt ermittelt worden sind, und nur davon können wir ausgehen, ist es dringend notwendig, in entsprechender Höhe kurzfristig freie Liquidität in die U Gruppe zu führen, um den oben dargestellten Liquiditätsengpass vorfinanzieren zu können. Wir raten dringend dazu, mit den Investoren aus Russland eine entsprechende Vereinbarung zu treffen, sodass die aktuelle Liquiditätsunterdeckung beseitigt wird und somit eine Insolvenzantragspflicht nicht mehr besteht."

Die Zusammenarbeit mit der Kanzlei Q12 endete im Dezember 2010.

(iii) Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen

Unter dem 16.02.2011 erfolgte die Umstrukturierung der bis dahin weiterhin inaktiven U Gas GmbH: Zum Einen wurde das Unternehmen in U T47 GmbH umfirmiert, zum Anderen neben dem bisherigen Geschäftsführer T6 der gesondert Verfolgte E3 als weiterer Geschäftsführer bestellt. Gegenstand des Unternehmens war fortan die Tätigkeit als Messstellenbetreiber und Messdienstleister, insbesondere in den Bereichen T47 Metering und T47 Home, sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Hilfs- und Nebengeschäfte und Mehrwertdienste. Die Änderungen wurden zum 19.04.2011 im Handelsregister eingetragen. Nennenswerte Umsätze generierte das neu ausgerichtete Unternehmen in der Folgezeit nicht. Bei der U N8 GmbH schied O als Geschäftsführerin mit Wirkung zum 22.03.2011 aus, alleiniger Geschäftsführer war ab diesem Zeitpunkt der gesondert Verfolgte L9. Darüber hinaus erhielt ab diesem Zeitpunkt der gesondert Verfolgte X7 Einzelprokura für die Gesellschaft. Zudem hatten die Angeklagten in Ansehung der Presseberichterstattung unter dem 03.11.2010 die vollständige Löschung aller Accounts und Zugänge Ks zu den Servern der U-Gruppe angeordnet, die von der IT-Abteilung auch umgehend ausgeführt wurde.

c) Umstrukturierung durch neue Investoren (März 2011)

Als Folge des Vollzugs des Kaufvertrags aus Juni 2010 veränderten sich die Anteilsverhältnisse an der für die Gruppe zentralen U I7 AG ab März 2011 wie folgt: Ab 08.03.2011 waren Inhaber der 23.904.600 im Streubesitz befindlichen stimmberechtigten Aktien der Gesellschaft (neben 1.095.400 nicht stimmberechtigten eigenen Anteilen) zu 51% die I19 AG mit Sitz in I20, T4, deren Vertreter der mit K befreundete H9 war, sowie zu 49% die U18 Ltd. mit Sitz in W14, Seychellen, einer Offshore-Gesellschaft des neuen Investors F11. Zum 22.03.2011 hatte der neue Investor von der I19 AG deren Anteile vollständig über eine weitere Offshore-Gesellschaft, die F20 Ltd. mit Sitz in W14, Seychellen, erworben. Da die russischen Investoren im Hintergrund bleiben wollten, wurde für die Öffentlichkeit die Firma Q17 Group mit Sitz in Zypern als neuer Investor bekannt gegeben. Ansprechpartner für die Vorstände der U I7 AG vor Ort blieb zunächst weiterhin H9 als Beauftragter des neuen Investors. Im Zuge der neuen Aktionärsstruktur wurde ebenfalls ein neuer Aufsichtsrat benannt: Dieser bestand Anfang März zunächst aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. E17 sowie Prof. Dr. T46 und W6, nach vollständigem Verkauf an den neuen Investor setzte sich der Aufsichtsrat dann aber ab 31.03.2011 aus Prof. T46 als Vorsitzendem sowie F21 und T48 zusammen. Ab März 2011 nahmen die neuen Anteilsinhaber auf die Struktur der U-Gruppe in verschiedenen Bereichen wie folgt Einfluss:

(1) Umstrukturierung des Vorstands der U I7 AG

Da dem neuen russischen Investor bekannt war, dass die U-Gruppe jedenfalls in einer insolvenzgefährdenden Situation war, veranlasste dieser unmittelbar eine Umstrukturierung des Vorstands der U I7 AG, um hierüber Einfluss auf die operative Ausrichtung des Unternehmens nehmen und eine Sanierung vorantreiben zu können. Zu diesem Zweck ließ H9 über eine Beratungsgesellschaft den als Sanierer bekannten, ihm von dem zwischenzeitlich involvierten Beratungsunternehmen T49 GmbH aus L10 (im Folgenden: "T49") empfohlenen Zeugen Dr. I3 kontaktieren, der schließlich unter dem 08.03.2011 als Interimsvorstandsvorsitzender der U I7 AG beauftragt und unter dem 11.03.2011 durch den Aufsichtsrat - unter Abberufung Cs als Vorstandsvorsitzendem - bestellt wurde. Eine Eintragung erfolgte erst zum 03.05.2011. Aufgabe I3 sollte die kurzfristige Sanierung und Abwendung einer jedenfalls drohenden Insolvenz der Gruppe für die Investoren sein. Nachdem sich Dr. I3 am 09.03.2011 den Angeklagten und der Führungsmannschaft der U-Gruppe vor Ort bekannt gemacht hatte, fand am 11.03.2011 ein außerordentliches Führungskreismeeting statt, in dem I3 dem Führungskreis seine Aufgabe und seine Erwartungen an die künftige Zusammenarbeit dezidiert darlegte. Zur Situation der U-Gruppe berichtete Dr. I3 wie folgt:

"Das Unternehmen befindet sich in einer insolvenzgefährdeten Situation. Verbindlichkeiten werden nicht vertragsgemäß beglichen. Im Normalfall müsste daher ein Insolvenzantrag gestellt werden. Da aber aussichtsreiche Gespräche mit Investoren geführt werden und ein größerer zweistelliger Millionenbetrag in Aussicht gestellt ist, besteht keine akute Insolvenzantragspflicht. Die Investoren sind bereit, ohne eine Due Diligence und ohne testierte Abschlüsse zu investieren. Spätestens in der ersten Aprilwoche werden diese Arbeiten zum Abschluss kommen. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt eine Finanzierung gewährleistet ist, werden Restrukturierungsmaßnahmen stattfinden. Sollten die Investoren von Ihrem Investitionsvorhaben zurücktreten, erfolgt ein Insolvenzantrag und der Weg in die Insolvenz muss organisiert werden. Eine Insolvenz kann eine Möglichkeit sein, das Unternehmen zu retten. Mit dem "richtigen" Insolvenzverwalter und Richter kann sich eine Insolvenz als durchaus positiver Weg für das Unternehmen darstellen. Der Insolvenzverwalter ist persönlich haftbar, kann Verträge eigenständig kündigen oder aber eine Kündigung widerrufen. Niemand solle sich vor einer möglichen Insolvenz fürchten, so Herr Dr. I3."

In der Zeit von Januar bis zum Amtseintritt Dr. I3 waren - wie den Angeklagten in Kenntnis der von den Beratern von G2 mitgeteilten Ergebnisse bekannt und bewusst und von diesen gebilligt - weder Investorengelder aus Russland oder anderer Quelle an die U-Gruppe geflossen, noch hatte zu Anfang des Jahres ein konkreter Zeitplan für weitere Kapitaleinschüsse gleich welcher Herkunft bestanden. Bei Amtsübernahme basierte die weitere Tätigkeit Dr. I3 in Richtung einer Sanierung auf der ihm seitens des neuen Investors signalisierten Bereitschaft, ohne eine Due Diligence-Prüfung und ohne vorliegende testierte Jahresabschlüsse kurzfristig zweistellige Millionenbeträge einzuschießen. Konkrete Vereinbarungen und Zeitpläne existierten bei Amtsantritt Dr. I3 hierzu noch nicht. Alle Beteiligten - auch die Angeklagten - gingen dabei davon aus, dass die U I7 AG und die U F4 GmbH zahlungsunfähig waren und deren weitere Existenz an Geldzuflüsse binnen der nächsten drei Wochen gekoppelt war, widrigenfalls eine Insolvenzantragstellung unvermeidlich gewesen wäre.

Innerhalb des Vorstands der U I7 AG war die Ressortaufteilung zunächst so, dass Dr. I3 als Vorstandsvorsitzender für die Bereiche Recht, Einkauf, Finanzen, Controlling, C für die Bereiche Produktentwicklung, Vertrieb und Marketing und Dr. L für die Bereiche services und Prozesse zuständig sein sollten, wobei die genauen Details in den nächsten Wochen noch ausgearbeitet werden sollten. Die Interimsverteilung bedurfte noch der Zustimmung des Aufsichtsrats.

(2) Beauftragung weiterer Berater

Bereits Ende Februar 2011 hatten die Angeklagten die Firma T49 damit beauftragt, für die U I7 AG und deren Tochtergesellschaften U T21 GmbH, U F4 GmbH und U N8 GmbH einen Liquiditätsstatus und eine Liquiditätsvorschau für die nächsten 12 Wochen zu erstellen, um hierdurch die Höhe des benötigten Kapitals zur Überbrückung der Zeit bis zum Anschluss einer Fortführungsprognose bzw. eines Sanierungsgutachtens zu ermitteln. Eine insolvenzrechtliche Prüfung war explizit vom Auftrag für T49 nicht umfasst. Ausgehend vom Aufsatzpunkt 28.02.2011 erstellten die Bearbeiter von T49 am 09.03.2011 einen Liquiditätsstatus, wobei bereits in der Vorbemerkung folgende Besonderheiten aufgelistet wurden, die die Bearbeitung negativ beeinflusst haben sollten:

"• Durch häufige Systemwechsel gibt es Inkonsistenzen im Finanzbereich. U nutzt kein integriertes System. Das Finanzsystem ist nicht für diese Art des Massenkundengeschäftes geeignet.

• Außerdem hat die Zahlungsumstellung von Lastschrift auf Überweisung die Transparenz sehr negativ beeinflusst. Aktuell sind Aussagen zur Debitorenstruktur und -fälligkeit nicht belastbar.

• Es liegen keine testierten Jahresabschlüsse vor, die als Aufsatzpunkt dienen könnten.

• Verbrauchsteuern in Höhe von 18 Mio. € sind zum Stichtag überfällig."

Als Ergebnis identifizierten die Berater von T49 nach Prüfung unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten einen weiteren Kapitalbedarf von über 75 Mio. € und führten hierzu u.a. wie folgt aus:

"Die Liquidität von U ist äußerst angespannt. Es bestehen erhebliche fällige Forderungen von Stromlieferanten, an Nutzungsentgelten sowie fällige Forderungen von Kunden aus Jahresabrechnungen und Schlussrechnungen und anderen, insgesamt zum Stichtag ca. 86 Mio. € vor Maßnahmen. Das Hauptzollamt (HZA) hat wegen erheblicher Verbindlichkeiten (ca. 10,7 Mio. € Strom- und Energiesteuer mit Fälligkeiten bis zum 28.02.2011) 8,3 Mio. € Sicherheitsleistung festgesetzt, zu zahlen bis zum 10.03.2011, sowie weitere 3,6 Mio. € bis zum 15.03.2011. Werden diese Beträge nicht fristgerecht bezahlt, wird die Stromversorgungserlaubnis widerrufen.

Kurzfristige Liquiditätszuflüsse aus laufenden Einzahlungen werden wöchentlich mit im Durchschnitt 12,5 Mio. € erwartet. Sie reichen nicht aus, die laufenden Verpflichtungen aus dem operativen Geschäft zu decken. Ein Abbau bereits fälliger Verbindlichkeiten ist ebenfalls nicht möglich. Bereits mit Schreiben vom 02.12.2010 (gemäß Stellungnahme vom 14.01.2011) hat die Anwaltskanzlei G H3 T2 darauf hingewiesen, dass Insolvenzantragspflicht bestehe. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass diese Gründe nicht beseitigt sind. Die Prüfung von insolvenzrechtlichen Tatbeständen war nicht Teil des Auftrags und sollte unmittelbar separat geprüft werden.

Vor diesem Hintergrund ist das Unternehmen offensichtlich nicht in der Lage seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dieser Zustand kann nur beseitigt werden, wenn dem Unternehmen:

1. sofort bis zum 10.03.2011 die für die Sicherheitsleistung gegenüber dem HZA notwendigen 8,3 Mio. € bzw. bis zum 15.03.2011 3,6 Mio. € und

2. parallel weitere 65,0 Mio. € zur Deckung derjenigen überfälligen Verbindlichkeiten, für die keine weiteren Stundungen gewährt werden können, zur Verfügung gestellt werden."

In der Folgezeit beauftragten Dr. I3 und die Angeklagten T49 nunmehr damit, aufbauend auf den Vorarbeiten für die U I7 AG und deren maßgebliche Tochtergesellschaften ein Sanierungsgutachten mit Fortführungsprognose IDW S6 zu erstellen, wobei weiterhin jegliche rechtliche, insbesondere insolvenzrechtliche Beratung explizit nicht Teil des Auftrags sein sollte. Fortan arbeitete T49 an der Erstellung eines Sanierungsgutachtens in diesem Sinne. Dessen Fertigstellung war nach Ablauf von ca. sechs Wochen geplant. Gleichsam zog Dr. I3 ab dem 15.03.2011 die Rechtsanwaltskanzlei I4 B4 & Kollegen aus L10 hinzu, die im Hinblick auf die jedenfalls drohende Insolvenz die Situation anwaltlich begleiten sollten.

(3) Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden / Insolvenzgericht

Da seit Januar 2011 bis zum 18.03.2011 keine Geldzuflüsse von Investoren erfolgt waren, hatte Dr. I3 den Aufsichtsrat darüber in Kenntnis gesetzt, dass er mit den Vorbereitungen für eine Insolvenz am 23.03.2011 beginnen und sodann Insolvenzantrag stellen werde, sofern bis dahin keine ersten Zahlungen erfolgt seien. Unter dem 21.03.2011 kam es über Kontakte des Angeklagten C zu einem Interessenbekundungsgespräch mit dem Vorstand der G6 AG und dem Verhandlungsführer der russischen Investoren, das aber erfolglos verlief. Entsprechend suchte Dr. I3 mit einem Berater von T49 die für eine Antragstellung zuständige Richterin am Amtsgericht C11 auf und setzte diese über die Lage der U-Gruppe in Kenntnis. Von Seiten des Amtsgerichts C11 sollte im Falle einer Insolvenz der Insolvenzverwalter Dr. C8 von der Kanzlei X19 LLP beauftragt werden, mit dem sich Dr. I3 am 24.03.2011 zu einem ersten Vorbereitungsgespräch traf. Schließlich wurde Dr. I3 am 29.03.2011 von der Staatsanwaltschaft C11 als Zeuge vernommen.

(4) Kapitalzuflüsse russischer Investoren

Nachdem sämtliche Verhandlungen mit anderen Investoren gescheitert waren, teilte der Verhandlungsführer des russischen Investors, T10, Dr. I3 am 21.03.2011 mit, dass man über die Q17 Group 100% der Anteile an der U I7 AG übernommen habe. Nach Bereitstellung des Gutachtens vom 09.03.2011 von T49 an den Investor kam es zwischen Dr. I3 und T10 zu einer Vereinbarung, dass binnen der nächsten zwei Wochen sukzessive bis zu 60 Mio. € der U-Gruppe bereitgestellt werden sollten. In der Folgezeit schlossen die der F11 zuzuordnende offene Aktiengesellschaft russischen Rechts, die U16 mit Sitz in U17, Russland, vertreten durch deren Generaldirektor, und die U I7 AG, vertreten durch Dr. I3, mehrere Darlehensverträge im Gesamtvolumen von jedenfalls 50 Mio. €, bei denen die Einzelbeträge jeweils mit 14,5% p.a. zu verzinsen waren:

Darlehensvertrag vom 21.03.2011 über 10 Mio. € (Laufzeit bis 30.09.2011)

Darlehensvertrag vom 30.03.2011 über 20 Mio. € (Laufzeit bis 06.07.2011)

Darlehensvertrag vom 06.04.2011 über 10 Mio. € (Laufzeit bis 07.07.2011)

Darlehensvertrag vom 13.04.2011 über 10 Mio. € (Laufzeit bis 14.07.2011)

Entsprechend gingen ab 24.03.2011 Geldbeträge in Höhe von 50 Mio. € auf den Konten der U I7 AG bei der S11 Q6 ein:

24.03.2011 - 10 Mio. € (Darlehensvaluta aus Vertrag vom 21.03.2011)

01.04.2011 - 7,5 Mio. € (Darlehensvaluta aus Vertrag vom 30.03.2011)

05.04.2011 - 12,5 Mio. € (Darlehensvaluta aus Vertrag vom 30.03.2011)

08.04.2011 - 10 Mio. € (Darlehensvaluta aus Vertrag vom 06.04.2011)

15.04.2011 - 10 Mio. € (Darlehensvaluta aus Vertrag vom 13.04.2011)

In Ansehung dieser immensen Geldeingänge verbesserte sich die Liquiditätssituation der U-Gruppe zwar nicht nachhaltig, es gelang der Führungsmannschaft aber, den Geschäftsbetrieb kurzfristig weiter aufrechtzuerhalten. Wie bereits dargelegt, verwandte der Vorstand unter Leitung von Dr. I3 die eingehenden Geldmittel gezielt um existenziell bedrohliche, überfällige Forderungen des HZA L10 und der Übertragungsnetzbetreiber sowie großer weiterer Netzbertreiber zu begleichen. Parallel dazu liefen aber beständig weitere neue Forderungen, die zur Zahlung anstanden, auf, die im Rahmen der weiteren Anwendung des Priorisierungssytems, soweit noch möglich, erst mit erheblicher Verspätung nach mehrmaliger Aufforderung und Androhung existenzieller Konsequenzen beglichen werden konnten.

d) Geschäftsentwicklung

Bis Ende des Jahres 2010 hatte die U-Gruppe insgesamt Umsätze von über 500 Mio. € erzielt. Die Anzahl der versorgten Endkunden betrug im Strombereich über 520.000 (Verteilung: Jahreszahler 23% - Quartalszahler 13% - Monatszahler 64%) und im Gasbereich über 135.000 (Verteilung: Jahreszahler 37% - Monatszahler 63%), so dass sich die Anzahl der tatsächlich versorgten Kunden auf über 650.000 aufsummierte. Ab 2011 kam es dann in der bestehenden Unternehmenssituation zum Einen vermehrt und ansteigend zu Kündigungen von Netzbetreibern, aufgrund derer die U F4 GmbH nicht mehr in der Lage war, die in deren Einzugsbereich liegenden Kunden zu versorgen. Diese fielen in die Grundversorgung und gingen damit der U-Gruppe als Endkunde verloren. Auf der anderen Seite kam es spätestens ab Januar 2011 verstärkt auch zu Kündigungen von Endkunden selbst (allein im Januar 2011 20.000 Stromkunden und 5.000 Gaskunden), so dass durch diese beiden Effekte verbunden mit den Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Neukunden durch die negative Pressebericherstattung die Kundenzahlen ab diesem Zeitpunkt stagnierten bzw. sukzessive sanken.

e) Gang des Ermittlungsverfahrens

Parallel zu diesen Entwicklungen begleitete die Staatsanwaltschaft C11 den geschilderten Verlauf im Rahmen des anhängigen Ermittlungsverfahrens und ließ sich von der Bundesnetzagentur und dem HZA L10 fortwährend die dort vorliegenden Erkenntnisse im Hinblick auf die U-Gruppe (Beschwerden und Forderungsrückstände) berichten. Nachdem bereits am 06.01.2011 die Sekretärin des ehemaligen Mitangeklagten K, B3, vernommen worden war, sollte am 17.02.2011 nunmehr der ehemalige Finanzvorstand B vernommen werden. Im Vorfeld hierzu stellte die Staatsanwaltschaft C11 am 14.02.2011 das gegen B anhängige Verfahren wegen Geheimnisverrats zu Az. ...# Js ...#/... gemäß § 153 Abs. 1 StPO ein. Schließlich wurde B am 17.02.2011 durch die Ermittlungsbehörden umfänglich allein als Zeuge vernommen. Im Nachgang hierzu übersandte Rechtsanwalt Dr. H20 für B wie zugesagt, weitere Unterlagen an die Staatsanwaltschaft C11, so u.a. auch das auch von B unterzeichnete Schreiben vom 09.07.2009. In der Folgezeit wurden im März 2011 weitere Zeugen, so u.a. die Zeugen C9 und H8, vernommen.

V. Feststellungen zu Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift)

Zum Stand Ende März 2011 war den Angeklagten - wie bereits schon seit der jeweiligen Aufnahme ihrer Tätigkeit als Vorstandsmitglied der U I7 AG, spätestens aber mit der Bestellung der C3 AG als Abschlussprüferin der Gesellschaft im März 2009 - bekannt und bewusst, dass sie als gesetzliche Vertreter der U I7 AG jeweils der gesetzlichen Pflicht unterlagen, in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr einen Jahresabschluss mit Anhang, bestehend aus einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Hierbei war den Angeklagten auch bewusst und bekannt, dass es sich bei der U I7 AG, die jedenfalls in 2010 im Durchschnitt über mehr als 50 Mitarbeiter verfügte und deren Bilanzsumme 6 Mio. € überstieg, aufgrund des rasanten Wachstums - isoliert betrachtet - jedenfalls im Jahr 2010 um eine Kapitalgesellschaft handelte, deren Jahresabschluss und Lagebericht durch einen Abschlussprüfer geprüft werden musste. Ebenso war den Angeklagten seit dieser Zeit bekannt, dass die U I7 AG über ihre Tochtergesellschaften aufgrund ihrer 100%-igen Beteiligung einen beherrschenden Einfluss ausübte, aufgrund dessen sie als gesetzliche Vertreter der U I7 AG als Muttergesellschaft für diese in den ersten fünf Monaten des laufenden Konzerngeschäftsjahrs für das vergangene Konzerngeschäftsjahr einen Konzernabschluss sowie einen Konzernlagebericht aufstellen mussten.

Vor diesem Hintergrund unterließen es die Angeklagten ab Frühjahr 2009, für die U I7 AG durch ihre Mitarbeiter, anfangs bis zu dessen Ausscheiden noch angeleitet durch B, später durch den gesondert Verfolgten L4, prüffähige Entwürfe einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung für die U I7 AG zu erstellen. In Kenntnis der bestehenden Prüfpflicht hatten die Angeklagten zu diesem Zweck im März 2009 die C3 AG als Abschlussprüferin u.a. für den Jahres- und Konzernabschluss der U I7 AG zum 31.12.2008 und den zugehörigen Lage- und Konzernlagebericht für das Jahr 2008 bestellt, deren Mitarbeiter den Beauftragten bei der U I7 AG - wie bereits dargelegt - jedenfalls bis Juni 2009 beratend zur Seite gestanden hatten. Nachdem die C3 AG ihre Tätigkeiten mit Bezug auf die Abschlussprüfung 2008 faktisch - wie dargelegt - ab Juli 2009 eingestellt hatte, lagen für die U I7 AG allein fertiggestellte Entwürfe für den Jahresabschluss (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) zum Stichtag 31.12.2008 vor. Jedoch unterließen es die Angeklagten - in Kenntnis der bestehenden weiteren gesetzlichen Aufstellungspflichten - für die U I7 AG bis zum 31.03.2009 respektive 31.05.2009 für das Geschäftsjahr 2008 einen Lagebericht sowie einen Konzernabschluss und -lagebericht aufzustellen. Solche lagen auch bis zur späteren Insolvenzeröffnung im September 2011 nicht vor. Für die vorliegenden Entwürfe wurde deren Prüfung durch die C3 AG nicht abgeschlossen und entsprechend ein Bestätigungsvermerk zu keiner Zeit erteilt.

In der Folgezeit unterließen die Angeklagten, ab Frühjahr 2010 für die U I7 AG durch ihre Mitarbeiter, angeleitet durch L4, prüffähige Entwürfe einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung für die U I7 AG zum Stichtag 31.12.2009 zu erstellen. Zudem unterließen es die Angeklagten - in Kenntnis der bestehenden weiteren gesetzlichen Aufstellungspflichten - wiederum für die U I7 AG bis zum 31.03.2010 respektive 31.05.2010 für das Geschäftsjahr 2009 einen Lagebericht sowie einen Konzernabschluss und -lagebericht aufzustellen. Solche lagen auch bis zur späteren Insolvenzeröffnung im September 2011 nicht vor. Eine Beauftragung der C3 AG für die notwendige Abschlussprüfung für die U I7 AG für das Geschäftsjahr 2009 erfolgte erst später - nach Ablauf der den Angeklagten bekannten gesetzlichen Aufstellungspflichten - im April 2011. Für die vorliegenden Entwürfe wurde deren Prüfung durch die C3 AG nur begonnen und nicht abgeschlossen und entsprechend einen Bestätigungsvermerk zu keiner Zeit erteilt.

Vor diesem Hintergrund unternahmen die Angeklagten - in Kenntnis der ihnen obliegenden gesetzlichen Aufstellungspflicht und -frist - mit Ablauf des Geschäftsjahres 2010 nunmehr keine Bemühungen, den Jahres- und Konzernjahresabschluss sowie die zugehörigen Lageberichte für die U I7 AG zum Stichtag 31.12.2010 aufzustellen bzw. durch Mitarbeiter aufstellen zu lassen. Vielmehr ließen sie die gruppeninternen Mitarbeiter der Bilanzbuchhaltung sich auf zahlreiche Sonderauswertungen für mögliche Investoren konzentrieren und diese an der Aufarbeitung der durch die Presseberichterstattung entstandenen Situationen mitwirken. Insofern unterließen es die Angeklagten bewusst und gewollt, den Jahresabschluss und den Lagebericht für die U I7 AG bis zum 31.03.2011 aufzustellen bzw. aufstellen zu lassen. Ebenso unterließ es der Angeklagte Dr. L - C schied im April 2011 aus dem Vorstand der U I7 AG aus -, den Konzernjahresabschluss und den Konzernlagebericht für die U I7 AG bis zum 31.05.2011 aufzustellen bzw. aufstellen zu lassen. Zum jeweiligen Ablauf der Fristen war den Angeklagten bekannt und bewusst, dass sie zur Aufstellung der Jahresabschlüsse und Lageberichte als gesetzliche Vertreter der betroffenen Gesellschaft verpflichtet waren. Trotzdessen trafen bzw. veranlassten sie bis zum Ablauf der gesetzlichen Fristen wie auch in der Folgezeit bis zur späteren Insolvenzeröffnung keine hinreichenden Vorbereitungen für eine Aufstellung der Jahresabschlüsse und Lageberichte. Entsprechend - wie von den Angeklagten beabsichtigt und bewusst in Kauf genommen - lagen bis zur späteren Insolvenzeröffnung im September 2011 auch prüffähige Jahresabschlüsse oder Lageberichte für die U I7 AG für das Geschäftsjahr 2010 nicht vor.

Wie bereits in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 waren die Angeklagten zwar selbst in Person nicht in der Lage, entsprechende Jahresabschlüsse oder Lageberichte aufzustellen, jedoch verfügte die Gesellschaft über eine eigene Abteilung Bilanzbuchhaltung mit einem Mitarbeiterstab, der unter Leitung der im Finanzwesen in Unternehmen erfahrenen L4 und N4 die notwendige Sachkenntnis hierzu mitbrachte. Entsprechend war die Hinzuziehung externer Berater wie der C3 AG allein für die Erstellung prüffähiger Entwürfe der Jahresabschlüsse und Lageberichte - so wie in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 praktiziert - nicht notwendig, da die Angeklagten hierzu die Mitarbeiter der U I7 AG ohne weiteren Kostenanfall hätten anweisen können. Anders als noch hinsichtlich der Geschäftsjahre 2008 und 2009 erfolgt, beauftragten die Angeklagten weder die C3 AG oder andere externe Berater für die gesetzlich vorgesehene Abschlussprüfung der U I7 AG für das Geschäftsjahr 2010.

VI. Nachtatgeschehen

1. Geschehnisse bis Ende Juni 2011

Nachdem es Dr. I3 gelungen war, über den neuen Investor durch Darlehen bis Mitte April 2011 50 Mio. € an Kapitalzuschüssen für die U I7 AG zu realisieren, veränderte das die Unternehmenslage der Gruppe nur kurzfristig zum Positiven. Die Unternehmensgeschicke entwickelten sich ab April 2011 vielmehr wie folgt:

a) Geschäftsentwicklung bis Ende Mai 2011 (bis 23.05.2011)

(1) Sanierungsbemühungen Dr. I3

Mit dem massiven Geldeinschuss, den Dr. I3 auch an die Ermittlungsbehörden kommunizierte, war die Führung der U-Gruppe bis zur Fertigstellung des beauftragten Sanierungsgutachtens vornehmlich damit beschäftigt, die Unternehmensprozesse zu straffen und weiterhin bestehende Zahlungsrückstände von fälligen Forderungen der Gläubiger priorisiert - in Abhängigkeit von der jeweils verfügbaren Liquidität - zu begleichen. Hierzu hatte Dr. I3 bereits ab seinem Eintritt den Kontakt zu den Großgläubigern (HZA L10, Übertragungsnetzbetreiber, Energielieferanten und große Netzbetreiber) und der Bundesnetzagentur gesucht, um mit diesen einvernehmliche Lösungen für die Begleichung offener, fälliger und als bestehend anerkannter Forderungen auszuarbeiten bzw. die Unternehmenslage zu mitzuteilen. Wie dargelegt, war es ihm mithilfe der Kapitaleinschüsse gelungen, einige Großgläubiger, die für die Weiterexistenz der entscheidend waren (so u.a. das HZA L10), vorrangig zu befriedigen. Hierdurch war die neu hinzugewonnene Liquidität zur Begleichung dieser Rückstände bereits Mitte April 2011 wieder aufgebraucht mit der Konsequenz, dass zum Einen die darüber hinaus bestehenden Rückstände gegenüber anderen Netzbetreibern und Endkunden weiterhin offen standen und zum Anderen durch die Unternehmenssituation beständig neue fällige, als bestehende anerkannte Verbindlichkeiten, die nicht bedient werden konnten, hinzukamen.

Mit Stand Ende April 2011 betrugen so die insgesamt rückständigen Verbindlichkeiten der U-Gruppe ca. 65,5 Mio. €, womit sich deren Stand im Vergleich zur Lage Mitte März von ca. 82,4 Mio. € rückständiger fälliger Gesamtverbindlichkeiten um ca. 17 Mio. € reduziert hatte. Die weiteren Investorengelder flossen in Vorauskasse- und Sicherheitsleistungen der Gläubiger (vornehmlich HZA L10 und Netzbetreiber). Für den laufenden weiteren Betrieb wies Dr. I3 - mit Unterstützung von T49 - N4 und dessen Mitarbeiter an, einen verbindlichen Zahlungsplan festzulegen, in dem mit Gläubigern vereinbarte Zahlungstermine (Vergleich, Stundungen, etc.) - erstmals in der Unternehmensgeschichte - verbindlich festgeschrieben werden sollten. Eine Priorisierung der Zahlungen fand täglich morgens statt, wobei vorrangig jedenfalls Energielieferanten, das HZA L10 und das Finanzamt bedient werden sollten. Parallel dazu hatte Dr. I3 bereits kurz nach seinem Dienstantritt verfügt, dass aufgrund der Liquiditätslage kein Einkauf und keine Bestellung ohne Beantragung und vorherige Genehmigung der von ihm eingesetzten Zeugin L24 als Leiterin einer Arbeitsgruppe hierzu erfolgen durfte. Maßstab für die Genehmigung war dabei, dass nichts eingekauft werden durfte, was nicht unbedingt zum Überleben der Gruppe notwendig war, also bei nicht vorhandener Freigabe zu Vermögensschäden der Gesellschaft führen oder die operative Tätigkeit der Gesellschaft zum Erliegen bringen würde. Per se ausgenommen von dieser Regelung waren ausdrücklich der Energieeinkauf und Zahlungen an Netzbetreiber sowie eskalierende Kreditoren bis zu einer bestimmten Größenordnung. Zudem sollten Zahlungen aus laufenden Verträgen, wenn möglich, geschoben werden.

(2) Ausscheiden des Angeklagten C

Im April 2011 schied der Angeklagte C mit Wirkung zum 20.04.2011 vollständig aus allen Unternehmen der U-Gruppe aus und war fortan operativ nicht mehr in das weitere Geschehen involviert: Nachdem er bereits bei Einstieg des neuen Investors vom Vorstandsvorsitzenden zum Vorstandsmitglied der U I7 AG degradiert worden war, legte er zum 28.03.2011 sein Amt als Geschäftsführer der U F4 GmbH nieder. Auf Vorschlag Dr. I3 stimmte der Aufsichtsrat unter dem 12.04.2011 einer Berufung N4s zum neuen Geschäftsführer der Gesellschaft zu, die Eintragung im Handelsregister erfolgte zum 05.05.2011. Schließlich stellte der Aufsichtsrat C ab dem 05.04.2011 von seinen Vorstandstätigkeiten für die U I7 AG frei, ehe er mit Beschluss des Aufsichtsrats vom 20.04.2011 mit sofortiger Wirkung als Vorstand abberufen wurde. Gleichsam wurde der gesondert Verfolgte L9 ab diesem Zeitpunkt zum neuen Vorstandsmitglied der U I7 AG bestellt und übernahm fortan die C zugeordneten Aufgabenbereiche Vertrieb und Marketing. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte zum 31.05.2011.

(3) Kundenforderungen und Debitorenbuchhaltung

Bedingt durch die ab Dezember 2010 notwendig gewordene Umstellung auf Überweisung als Zahlweise und die daraus resultierenden Zuordnungsschwierigkeiten von Kundenüberweisungen, die durch manuelle Zusatzarbeit durchgeführt werden mussten, sowie die bestehende Problemlage hinsichtlich der Migration in das neue Buchhaltungssystem T56 war die Debitorenbuchhaltung der U T21 GmbH Mitte März 2011 auf dem Stand von Mitte Januar 2011. Aufgrund dessen konnte die Führungsmannschaft der U-Gruppe jedenfalls ab März 2011 belastbare Aussagen über die Forderungsbestände bei den Endkunden nur noch unter erschwerten Bedingungen treffen. Unter Führung Dr. Ls gelang es den Mitarbeitern der U T21 GmbH zwar, die Buchhaltungsrückstände in der Debitorenbuchhaltung im weiteren Verlauf auf einen Zeitraum von drei bis vier Wochen zu reduzieren bzw. die Rückstände konstant auf diesem Niveau zu halten. Eine vollständige Aufarbeitung der Kundenbestände konnte jedoch nicht mehr erreicht werden. Konsequenz aus dieser Situation war, dass die U T21 GmbH hohe Bestände an Forderungen gegen Endkunden hatte, die sie nicht realisieren konnte, weil sie den Stand der jeweiligen Kundenkonten nicht abbilden konnte. So wies die Buchhaltung Anfang Mai 2011 offene fällige Forderungen gegen Endkunden in Höhe von über 110 Mio. € aus, die so - unter Berücksichtigung der Buchungsrückstände (eingegangene Zahlungen etc.) - nach internen Berechnungen zu einem tatsächlich noch beizutreibenden geschätzten Forderungsbestand von bis zu 70 Mio. € führten. Entsprechend versuchte die U-Führung unter Anleitung von Dr. I3 Mahnläufe in erheblichem Umfang für Forderungen im Volumen bis zu 30 Mio. € zu starten, um weitere Liquidität zu generieren. Die Kundenzahlungen gingen in Anbetracht der öffentlich bekannten und durch Presseberichterstattung begleiteten Krisensituation aber nur schleppend ein. Im März 2011 kam es hieraus so zu Zahlungseingängen von ca. 9 Mio. € zusätzlich, obwohl intern mit Zahlungen von ca. 24 Mio. € kalkuliert worden war.

(4) Netzzugangsverweigerungen durch Netzbetreiber

Die buchhalterische Problemlage wurde zudem dadurch negativ beeinflusst, dass seit Januar 2011 mit steigender Anzahl Netzbetreiber der U-Gruppe kündigten und damit durch die Verweigerung des Netzzugangs die U F4 GmbH in deren Gebieten weder Bestands- noch Neukunden versorgen konnte. Mit der Kündigung fielen die Endkunden in die Grundversorgung des Versorgungsnetzbetreibers und gingen der U F4 GmbH endgültig verloren. Zum Teil war diese Entwicklung auch Folge der Maßnahmen Dr. I3 ab März 2011. Dieser hatte nämlich mit Blick auf die Zahlungsschwierigkeiten bei Netzbetreibern eine Studie zur Profitabilität der Kundenstruktur in den einzelnen Netzgebieten von T49 erstellen lassen, die Mitte April 2011 fertiggestellt worden war und auf deren Basis in der Folgezeit bewusst Kündigungen und Netzzugangsverweigerungen von Netzbetreibern in Gebieten mit defizitärer Kundenstruktur und geringer Kundenanzahl provoziert und durch den Vorstand in Kauf genommen worden waren, um die Ertragslage nachhaltig zu verbessern. Im weit überwiegenden Umfang beruhten die Kündigungen jedoch auf den aufgelaufenen Zahlungsrückständen bei den jeweiligen Netzbetreibern, die in Anbetracht der Krisensituation ihre Forderungen nunmehr konsequent einforderten: Bereits im März 2011 hatten über 100 Netzbetreiber die Bundesnetzagentur über Außenstände der U-Gruppe in einer Gesamthöhe von ca. 11,8 Mio. € informiert, von denen 44 auch den Netzzugang kündigten. Bis Anfang April teilten weitere 65 Netzbetreiber der Bundesnetzagentur Außenstände in Höhe von insgesamt ca. 1,8 Mio. € mit, von denen wiederum 29 auch den Netzzugang kündigten. Die Anzahl der Kündigungen stieg in der Folgezeit massiv mit der Konsequenz an, dass bis Mai 2011 durch 343 Netzbetreiber Kündigungen ausgesprochen worden waren, die für den Zeitraum von Januar bis Mai 2011 rückständige fällige, als bestehend anerkannte Forderungen von mehr als 44 Mio. € einforderten. Aufgrund dieser Entwicklungen verlor die U F4 GmbH allein in der Zeit von Anfang März bis Ende Mai 2011 über 200.000 Kunden. Hieraus entstanden Rückzahlungsansprüche in Bezug auf die geleisteten Sonderabschlagszahlungen und die Jahresguthaben im Volumen von ca. 30 Mio. €, die zum Einen die Liquiditätslage zusätzlich belasteten, zum Anderen die Zahl nicht befriedigter Gläubiger massiv erhöhte. Der Stand an geleisteten Vorauszahlungen und Sicherheitsleistungen an Netzbetreiber hatte sich zudem weiter massiv auf über 40 Mio. € erhöht.

(5) Widerruf der Versorgungserlaubnis

Da die U F4 GmbH die von dem HZA L10 im Februar 2011 angeforderte Sicherheitsleistung für die für die Belieferung mit Strom anfallende Stromsteuer nicht leistete, widerrief das HZA L10 unter dem 12.04.2011 die Erlaubnis zur Leistung von Strom als Versorger mit Wirkung zum 15.04.2011 gegenüber der U F4 GmbH. Rechtliche Folge des Widerrufs war, dass das Unternehmen - als Versorger ohne Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 StromStG - die mit der Leistung von Strom an Letztverbraucher entstehende Stromsteuer unverzüglich anzumelden und die Steuer sofort zu entrichten hatte. Die U F4 GmbH blieb jedoch, solange sie Strom an Letztverbraucher leistete, weiterhin Versorger im Sinne des Stromsteuergesetzes (§ 2 Nr. 1 StromStG); der Widerruf bedeutete also zunächst nicht, dass das Unternehmen nicht mehr an Letztverbraucher leisten durfte. Ab Mitte April 2011 erfolgte die Energiebeschaffung nur noch über den Spotmarkt täglich im Voraus, die für die damit verbundene Versorgung der Endkunden anfallende Strom- und Gassteuer hatte die U F4 GmbH fortan ebenfalls täglich zu entrichten und leistete hierauf Abschlagszahlungen von täglich 200.000 €. Bereits mit Stand Anfang Mai 2011 waren trotz dieser Abschlagszahlungen wiederum bereits fällige, als bestehend anerkannte Forderungen des HZA L10 in Höhe von über 4,8 Mio. € aufgelaufen, die die U F4 GmbH zum Fälligkeitszeitpunkt nicht begleichen konnte.

(6) Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung

All diese Entwicklungen wurden zudem negativ dadurch beeinflusst, dass die U-Gruppe seit Oktober 2010 erhöhter medialer Aufmerksamkeit ausgesetzt war. Bereits der Einstieg des neuen Investors war wie die seit Oktober 2010 vollzogene Unternehmensentwicklung insgesamt durch die Berichterstattung des I18 und anderer überregionaler Medien begleitet worden. So kam es u. a. zu folgenden Veröffentlichungen im "I18": 02.03.2011 "Alarm bei U", 10.03.2011 "Gläubiger setzen U-Vorstände ab" und 30.04.2011 "U kann nicht zahlen". Hierdurch und durch die negativen Auswirkungen der Kündigungen von Netzbetreibern und Endkunden sowie die Rückstände bei der Erstattung von Kundenguthaben erodierte das Vertrauen der Kunden zunehmend, was sich in massiven Eingaben in Onlineforen und Warnmeldungen von Verbraucherverbänden und -zeitschriften ausdrückte. Entsprechend sah sich die U-Gruppe nicht nur verstärkten Kundenrückgängen ausgesetzt, sondern zunehmend auch einer verschlechterten Zahlungsmoral der verbliebenen Bestandskunden, wodurch sich die Höhe der Zahlungseingänge bei gleichbleibenden Kosten sukzessive reduzierte. Diese Abwärtsspirale war für die U-Gruppe insbesondere deshalb existenziell bedrohlich, weil jedenfalls seit März 2011 Lastschrifteinzüge nur noch in extrem geringem Umfang überhaupt getätigt werden konnten und die Gruppe vielmehr zur Generierung von Zahlungseingängen nahezu vollständig auf die Zahlungsmoral ihrer Kunden angewiesen war. Spätestens Anfang Mai 2011 spitzte sich die Liquiditätssituation massiv zu. Neben weiter auflaufenden Rückständen in Millionenhöhe kündigten zum Teil auch größere Netzbetreiber. Dr. I3 veranlasste in Anbetracht der Liquiditätssituation auch eine stärkere Einbindung der Rechtsanwälte der Kanzlei I4 B4 und beauftragte diese mit der Prüfung des Vorliegens von Insolvenzantragsgründen bei den Gesellschaften der U-Gruppe. Mithilfe von T49 lagen Anfang Mai 2011 erstmals Entwürfe eines Liquiditätsplanes vor, der in Anbetracht der buchhalterischen Gesamtsituation die tatsächliche Lage bestmöglich abbildete. Mitte Mai flossen der U-Gruppe dann nochmals ca. 4,6 Mio. € dadurch zu, dass sich aufgrund fehlerhafter Berechnungen im Zuge des Besteuerungsverfahrens bei der Umsatzsteuer bei dem zuständigen Finanzamt ein Guthaben in dieser Höhe ergeben hatte.

Da Dr. I3 den Aufsichtsrat der U I7 seit März 2011 kontinuierlich über sämtliche Unternehmensentwicklungen in Kenntnis gesetzt hatte, entsandte der russische Investor ab Anfang Mai 2011 eigene Berater, die vor Ort die Unternehmenssituation - unter Einbindung von Dr. I3 - analysierten. Als Folge schlossen die russische Gesellschaft P9 "T50", vertreten durch deren Generaldirektor, und die U I7 AG, vertreten durch Dr. L und L9, am 13.05.2011 einen Aktienkaufvertrag über die im Eigenbesitz der U I7 AG befindlichen 1.095.400 Aktien zu einem Kaufpreis von 1 Mio. €. Entsprechend ging am 17.05.2011 ein Betrag in Höhe von 1 Mio. € auf den Konten der U I7 AG bei der S11 Q6 ein. Unter Berücksichtigung der o.g. Gelder wie auch der bereits eingeflossenen Investorengelder ergab sich aus dem vervollständigten, nach eigenen internen Berechnungen aufgestellten Liquiditätsplan vom 20.05.2011 ein externer kurzfristiger Liquiditätsbedarf von ca. 48 Mio. € bis Ende Mai bzw. 72 Mio. € bis Ende August 2011. Am gleichen Tag kündigte die C2 M3 Fußball GmbH sämtliche Verträge mit U-Gesellschaften und beendete ihr Sponsoringengagement. Nachdem Dr. I3 den Liquiditätsplan noch am 20.05.2011 an den Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. T46 mit der Bitte um Weiterleitung an die Investoren und Bereitstellung entsprechender Mittel durch diese übersandt hatte, kam es am 22.05.2011 zu einem Gespräch mit dem russischen Investor in N19, in dem Dr. I3 auf Grundlage des intern erstellten Liquiditätsplanes Zahlungen von jedenfalls 75 Mio. € in Tranchen unter Hinweis auf die aus seiner Sicht ab 20.05.2011 laufenden Insolvenzantragspflicht verlangte. Dem Ersuchen kam der Investor nicht nach, woraufhin die Niederlegung des Amtes durch Dr. I3 unter Übernahme des Vorsitzes durch den Angeklagten Dr. L einvernehmlich avisiert wurde.

b) Gutachterliche Stellungnahmen der Berater

Ausgehend vom Aufsatzpunkt 31.12.2010 erstellten die Bearbeiter von T49 unter dem 23.05.2011 auftragsgemäß ein Sanierungskonzept, wobei bereits in der Vorbemerkung folgende Besonderheiten aufgelistet wurden, die die Bearbeitung negativ beeinflusst haben sollten:

"• Durch häufige Systemwechsel gab es Inkonsistenzen im Finanzbereich. U nutzte kein integriertes System. Das Finanzsystem war nicht für diese Art des Massenkundengeschäftes geeignet.

• Außerdem hatte die Zahlungsumstellung von Lastschrift auf Überweisung die Transparenz sehr negativ beeinflusst. Aussagen zur Debitorenstruktur und -fälligkeit waren nicht belastbar.

• Es lagen keine testierten Jahresabschlüsse vor, die als Aufsatzpunkt der Unternehmensplanung dienen konnten. Die Jahresabschlüsse 2008-2010 waren teilweise nicht final gebucht und in sich inkonsistent. Intercompany-Verrechnungen waren nur unzulänglich dokumentiert.

• Bilanz- und GuV-Daten lagen für die ersten vier Monate des Jahres 2011 nicht vor. Aus diesem Grund ist der Aufsatzpunkt für die integrierte Unternehmensplanung der 31.12.2010. Ausnahme hiervon sind zum Einen die fälligen Verbindlichkeiten und die Bankkontenstände. Diese waren zum Stichtag 30.04.2011 verfügbar, weshalb realistische Liquiditätsbedarfe ausgewiesen werden konnten.

• Wesentlicher Ausgangspunkt der gesamten Unternehmensplanung ist der Kundenbestand. Die Bestandsdaten der Monate Januar bis April 2011 sowie eine Einschätzung der zukünftigen Kundenabgänge durch Netzbetreiberkündigungen wurden von U am 4. Mai zur Verfügung gestellt. Diese Prämisse hat gravierende Auswirkungen auf die Aussagefähigkeit des daraus abgeleiteten Konzepts."

Das Ergebnis ihrer Prüfungen fasste T49 wie folgt zusammen:

"Das bislang verfolgte Geschäftsmodell mit Ausrichtung auf die kurzfristige Versorgung mit liquiden Mitteln zulasten der Marge ist nicht tragfähig. Zur erstmaligen Erlangung der Renditefähigkeit sind weitgehende Anpassungen bei Tarifmodellen und Prozessen vorzunehmen. Ziel ist neben über die Mindestvertragslaufzeit auskömmlichen Tarifen die Vereinfachung der Strukturen bei gleichzeitiger Konzentration der Kompetenzen infolge adäquater IT -Applikationen. Die Erlangung der Renditefähigkeit erfordert eine hohe kurzfristige Verfügbarkeit an frischen liquiden Mitteln. Diese müssen zur Schonung der Rendite zinsfrei zur Verfügung gestellt werden. [...]

Die Sanierungsfähigkeit erfordert die Wiedererlangung der Wettbewerbs- und Renditefähigkeit, außerdem das Nichtvorliegen von Insolvenzantragsgründen (Fortbestehensprognose). Mit den vorstehend beschriebenen Maßnahmen ist die Wiedererlangung der Renditefähigkeit grundsätzlich möglich. Insolvenzantragsgründe liegen jedoch laut gesonderter Prüfung vor. Die Fortbestehensprognose und damit die Sanierungsfähigkeit sind negativattestiert. Ist sichergestellt, dass die aktuell bestehenden Insolvenzantragsgründe nachhaltig, also auch über 2013 hinaus, beseitigt werden und verbleibt es dabei bei der Renditefähigkeit, wäre eine positive Fortbestehensprognose und damit die Sanierungsfähigkeit grundsätzlich möglich."

Zugleich legten die Bearbeiter der Kanzlei I4 B4 am gleichen Tag das in Auftrag gegebene Gutachten betreffend der Prüfung des Vorliegens von Insolvenzantragsgründen bei den Gesellschaften der U-Gruppe vor und gaben dessen Inhalt dem Vorstand in einer Präsentation zur Kenntnis. Dabei kamen diese bei Auswertung allein des durch die U-Gruppe bereitgestellten Datenmaterials u.a. zum Ergebnis, dass die U-Gesellschaften zum Stichtag 09.05.2011 zahlungsunfähig seien und zur Behebung der aktuell bestehenden Zahlungsunfähigkeit im Prüfungszeitraum bis August 2011 auf Basis der unternehmensinternen Liquiditätsplanung und bei Berücksichtigung weiterer Risiken eine sofortige Kapitalzufuhr von 110 Mio. € sowie jeweils weitere 20 Mio. € Ende Juni und Ende Juli 2011 notwendig seien. Darüber hinaus seien die Gesellschaften der U-Gruppe mangels positiver Fortbestehensprognose aktuell auch überschuldet, wobei es zur Wiederherstellung der positiven Fortbestehensprognose und damit der Beseitigung der Überschuldung der rechtsverbindlichen Zusage eines Kreditgebers/ Investors zur Übernahme des mittelfristigen Liquiditätsbedarfs in Höhe von rund 190 Mio. € (Betrachtungszeitraum bis Ende 2012) bedürfe. Daran anknüpfend beginne die dreiwöchige Antragsfrist des § 15a Abs. 1 InsO spätestens mit dem Eintritt der objektiven Insolvenz und der positiven Kenntnis der Vorstände mit Vorstellung der Ergebnisse am 23.05.2011 zu laufen.

c) Ausscheiden Dr. I3

In Reaktion hierauf legte Dr. I3 zum 23.05.2011 sein Amt gegenüber dem Aufsichtsrat der U I7 AG schriftlich nieder und beauftragte die Berater der Kanzlei I4 B4 damit, den Aufsichtsrat und die Investoren über die Ergebnisse der Begutachtung in Kenntnis zu setzen. Im Nachgang fand am 24.05.2011 eine Aufsichtsratssitzung statt, an der neben dessen Mitgliedern der Vorstand der U I7 AG (Dr. I3, Dr. L und L9) teilnahmen. In dieser Sitzung berief der Aufsichtsrat Dr. I3 als Vorstandsmitglied ab und bestellte den Angeklagten Dr. L zum neuen Vorstandsvorsitzenden. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte zum 10.06.2011. Dieser Wechsel wurde wiederum medial begleitet, so als Artikel im "I18" (25.05.2011: "Bei U schmeißt der nächste Chef hin"). Unter Billigung des Angeklagten Dr. L verfasste die U I7 AG hierzu eine wahrheitswidrige Pressemitteilung, in der wie folgt berichtet wurde:

"Die U I7 AG kann in Kürze prüffähige Abschlüsse vorweisen. Das dafür notwendige Sanierungsgutachten wurde bereits erarbeitet. Damit übergibt der amtierende Vorstandsvorsitzende Dr. I3 wie geplant sein Amt an Dr. L. I3 wird dem Unternehmen auch bei den kommenden Sanierungsschritten beratend zur Seite stehen. [...] Mit dem Sanierungsgutachten kann U jetzt ein weiteres Kapitel aus der Vergangenheit abschließen."

d) Bemühungen um weitere Kapitalzufuhr

In der Folgezeit unternahmen die Verantwortlichen der U-Gruppe, unter Führung der Vorstände Dr. L und L9, verstärkte Bemühungen, kurzfristig Investorengelder einzuwerben, um eine aus ihrer Sicht bestehende Insolvenzlage der U I7 AG und ihrer Tochtergesellschaften zeitnah abwenden zu können. Am 24.05.2011 schlossen die der F11 zuzuordnende offene Aktiengesellschaft russischen Rechts, die U16 mit Sitz in U17, Russland, vertreten durch deren Generaldirektor, und die U T21 GmbH, vertreten durch Dr. L, einen Darlehensvertrag über 10 Mio. € bei einem Darlehenszins von 14,5% p.a. und einer Laufzeit bis 30.09.2011. Weiter schlossen die U F4 GmbH, vertreten durch N4, und die U I7 AG, vertreten durch Dr. L und L9, am 25.05.2011 eine weitere Patronatserklärung zur Klarstellung, dass die U I7 AG - in Ansehung der gutachterlichen Ergebnisse - unwiderruflich und uneingeschränkt, auf Anforderung zur Vermeidung von deren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, deren fällige Verbindlichkeiten erfüllen werde. Mit Schreiben vom 27.05.2011 teilten L9 und Dr. L den Aktionären der U I7 AG die Ergebnisse der Prüfungen der Kanzlei I4 B4 mit und forderten diese unter Fristsetzung bis zum 08.06.2011 auf, umgehend 110 Mio. € bereitzustellen und darüber hinaus rechtsverbindlich zuzusagen, dass der U-Gruppe weitere liquide Mittel in Höhe von bis zu 80 Mio. € auf erstes Anfordern zur Verfügung gestellt würden.

Am 30.05.2011 gingen die in dem Darlehensvertrag zugesagten 10 Mio. € auf den Konten der U T21 GmbH ein, ohne dass sich die Liquiditätslage damit nachhaltig verbesserte. Noch am gleichen Tag kam es auf Wunsch des russischen Investors zu einem Informationsgespräch in U4, an dem u.a. die beiden Vorstände der U I7 AG sowie N4 und T6 sowie der Generaldirektor der F11, A6, mit einer Delegation teilnahmen. Nach Darstellung der Liquiditätslage teilten die Investorenvertreter am Ende des Tages mit, dass das Management das volle Vertrauen der Investorenseite genieße, das Unternehmen durchfinanziert werden und zur Bereitstellung der kurzfristigen liquiden Mittel zeitnah eine Besprechung in N19 stattfinden solle. Trotz dieser Ankündigungen gingen weitere Investorengelder bis zum 08.06.2011 zunächst nicht ein.

e) Eigenanträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

In einer weiteren Aufsichtsratssitzung vom 08.06.2011 teilten die Investorenvertreter mit, dass sie in den nächsten Tagen weitere 20 Mio. € sowie bis zum 31.08.2011 weitere 100 Mio. € zuschießen wollen. Hierin lehnte der Aufsichtsrat auch die von N4 erbetene Abberufung als Geschäftsführer der U F4 GmbH ab. Nach fruchtlosem Ablauf der selbst gesetzten Zahlungsfrist für den Investor fand schließlich am 09.06.2011 eine Vorstandssitzung unter Beteiligung N4s als Geschäftsführer der U F4 GmbH statt. Hierin stellten Dr. L und L9 - nach Rücksprache mit den hinzugezogenen Rechtsanwälten - fest, dass in Anbetracht der Krisensituation bei der U I7 AG die mitgeteilten Finanzierungszusagen nicht hinreichend verbindlich und im Übrigen der Höhe nach unzureichend seien. Da aber zumindest eine Bereitschaft zur weiteren Finanzierung des Investors erkennbar war, beschloss der Vorstand weiter, bis zum 14.06.2011 (dem Ende der ab 23.05.2011 laufenden Antragsfrist) zuzuwarten, ob bis dahin ausreichende Gelder und verbindliche Zusagen vorliegen würden. In der Sitzung teilte N4 nochmals mit, dass er Insolvenzantrag stellen oder abberufen werden wolle. Auf Hinweis des Vorstands auf die aussichtsreiche Investorensituation und eine insofern mögliche Antragstellung zur Unzeit verzichtete N4 zunächst auf eine Antragstellung noch an diesem Tag.

Nachdem der Investor über Prof. T46 mitgeteilt hatte, dass eine weitere Durchfinanzierung nicht erfolgen solle, sondern vielmehr ein Insolvenzplanverfahren angestrebt sei, fand am 10.06.2011 ein Führungskreismeeting mit allen Geschäftsführern und Vorständen der U-Gesellschaften statt, in dem Dr. L und L9 auf eine jedenfalls für die U F4 GmbH und die U I7 AG bestehende konkrete Insolvenzantragspflicht hinwiesen und ein gemeinsame Antragstellung für alle betroffenen Gesellschaften anregte. Schließlich stellten am 14.06.2011 die Vorstände Dr. L und L9 für die U I7 AG (Az. ... IN ...#/11), N4 für die U F4 GmbH (Az. ... IN ...#/...) sowie Dr. L für die U T21 GmbH (Az. ... IN ...#/...) jeweils Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaften bei dem Amtsgericht - Insolvenzgericht - C11. Zur Begründung wurde für die U I7 AG u.a. ausgeführt:

"Die Gesellschaft ist zahlungsunfähig und überschuldet. Eine aktuelle insolvenzrechtliche Überprüfung der Liquiditätssituation der Gesellschaft hat ergeben, dass die Gesellschaft per Ende Mai ihre zu diesem Zeitpunkt bestehenden fälligen Verbindlichkeiten aus liquiden Mitteln, einschließlich der prognostizierten Einnahmen der nächsten drei Wochen, nicht mehr begleichen kann und sie damit nicht in der Lage ist, ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (vgl. die in der Anlage 3 beigefügte Stellungnahme der I4 B4 Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom. 23.05.2011 unter Verweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12.10.2006, Az.: IX ZR 228/03). Unter diesen Umständen ist die Gesellschaft nicht nur zahlungsunfähig iSd § 17 lnsO, sondern mangels positiver Fortführungsprognose auch überschuldet iSd § 19 lnsO.

Die akute Liquiditätskrise der Gesellschaft ist insbesondere auf den gravierenden Kundenschwund und das verschlechterte Zahlungsverhalten der Kunden sowie auf umfangreiche Vorkasse- und Sicherheitsforderungen von Strom- und Gaslieferanten, Netzbetreibern und des Hauptzollamtes (Strom- und Gassteuern) zurückzuführen. Der U-Gruppe wurde zudem in den vergangenen Wochen von zahlreichen Netzbetreibern der Netzzutritt verweigert, was weitere Kundenverluste auslöste. Die Gruppe finanzierte sich bislang im Wesentlichen aus Kundeneinzahlungen (auch Vorauszahlungen) und aus Mitteln, die die Aktionäre bereitgestellt haben. Eine nennenswerte Bankfinanzierung besteht nicht.

Die Gesellschaft hatte Mitte März die Erstellung eines Sanierungsgutachtens in Auftrag gegeben. Parallel hierzu 'führte die Gesellschaft bis zum Schluss aussichtsreiche Verhandlungen mit den beteiligten Gläubigern und Aktionären. Letztere hatten der Gruppe zwischenzeitlich bereits ca. 105 Mio. €o an liquiden Mitteln zur Verfügung gestellt, was jedoch nicht ausreichte. Die weiteren Verhandlungen müssen nunmehr jedoch als endgültig gescheitert angesehen werden, so dass der bestehende Liquiditätsbedarf nicht mehr gedeckt werden kann."

Hinsichtlich der U F4 GmbH und U T21 GmbH war in den Anträgen zur Gruppenstruktur gleichlautend wie folgt ausgeführt:

"Sämtliche Gesellschaften stehen faktisch unter einheitlicher Leitung durch die U I7 AG und bilden damit einen Konzern i. 5. der § 18 Abs., 1, 17 Abs. 1, 2 AktG, teilweise bestanden bzw. bestehen steuerliche Organschaften. Die gesamte Verwaltung für die U-Gruppe erfolgt zentral am Unternehmenssitz in U4. Die Gesellschaft und die vorerwähnten Schwestergesellschaften sind von der U I7 AG nicht nur aufgrund deren gesellschaftsrechtlichen Einflusses, sondern ganz überwiegend auch aufgrund der Finanzierungsstrukturen abhängig. Für die Muttergesellschaft, die U I7 AG, wird daher zeitgleich Insolvenzantrag gestellt."

Im Zuge dessen bestellte das Amtsgericht C11 Dr. C8 aus E6 zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaften. In der Folgezeit stellten die jeweiligen Geschäftsführer am 15.06.2011 für die U SALES GmbH (Az. ... IN ...#/...), die U DIALOG GmbH (Az. ... IN ...#/...), die U9 Verwaltungs GmbH, die U9 GmbH, die U FINANCE GmbH sowie die I15 GmbH (Az. ... IN ...#/...) ebenfalls Eigenanträge zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei dem Amtsgericht C11. Später zum 27.06.2011 erfolgten dann Eigenanträge für die U N8 GmbH (Az. ... IN ...#/11) und die U O3 GmbH (Az. ... IN ...#/...). Für all diese Verfahren wurde jeweils auch Dr. C8 aus E6 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaften bestellt. Am 20.06.2011 hatte der Geschäftsführer der F6 GmbH (Az. ...e IN .../...) bei dem Amtsgericht D7 ebenfalls Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, woraufhin im dortigen Verfahren Rechtsanwalt Dr. T51 als zunächst vorläufiger, später auch als Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Bei Insolvenzantragsstellung befand sich jedenfalls die Debitorenbuchhaltung der Endkunden aufgrund der aufgelaufenen Zuordnungsschwierigkeiten durch die Überweisungen und Kündigungen auf dem Stand Mitte März 2011 und die Zahl der Endkunden hatte sich als Folge der Kündigungen der Netzbetreiber auf nur noch insgesamt 350.000 versorgte Strom- und Gaskunden reduziert. Für die U T47 GmbH, die ohnehin keine nennenswerte Umsätze generierte, und die auf Nischenprodukte im Telekommunikationsbereich orientierte U U5 GmbH wurden Eigenanträge nicht gestellt.

f) Maßnahmen des vorläufigen Insolvenzverwalters

Noch am 14.06.2011 stellte sich Dr. C8 mit einem Team von Beratern und Rechtsanwälten der Kanzlei X19 LLP bei der Führungsmannschaft der U-Gruppe als vorläufiger Insolvenzverwalter vor und erläuterte dieser die nunmehr bestehende Situation. Dr. C8 veranlasste zunächst eine unter seiner Aufsicht stehende eingeschränkte Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der für die Strom- und Gaskundenakquise maßgeblichen U-Gesellschaften. Dabei wurde versucht, den Geschäftsbetrieb eingeschränkt allein durch eine Weiterbelieferung der profitablen Endkunden fortzuführen. Nach Verhandlungen mit der Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreibern scheiterten diese Bemühungen mit der Konsequenz, dass bereits einige Tage nach Antragstellung die Belieferung sämtlicher Kunden mit Energie und Akquise von Neukunden insgesamt eingestellt wurden. In der Folgezeit begannen Dr. C8 und sein Team, so auch mit federführend der Zeuge Dr. L6, mit der aufwendigen Aufarbeitung der Buchhaltungsbelege und deren -zuordnung und trugen sukzessive Informationen zur Erstattung der Insolvenzgutachten zusammen.

Da Dr. C8 im Falle der Eröffnung der Insolvenzverfahren für die einzelnen U-Gesellschaften die weitere Prüfung von Anfechtungsansprüchen bzw. die Notwendigkeit eines externen Gutachtens zur Frage des Zeitpunktes der Insolvenzreife der Unternehmen bereits kurz nach Antragstellung für möglich und wahrscheinlich hielt, setzte er zeitnah die von ihm dafür vorgesehene überregionale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B23 AG (im Folgenden: "B23 AG"), hier deren Rechtsanwalt G18, über eine mögliche Beauftragung nach Eröffnung in Kenntnis. Ziel war es dabei, den späteren Gutachtern bereits frühzeitig Zugang zu den Datengrundlagen der U-Gruppe zu verschaffen, die bei evtl. Zugriff der Ermittlungsbehörden nicht ohne Weiteres weiter zugänglich bleiben würden. Entsprechend beauftragte die B23 AG im Auftrag von Dr. C8 die Firma T52 GmbH mit Sitz in L23, die besondere Expertise bei der Datensicherung komplexer Datenmengen in Insolvenzsituationen hatte, mit einer vollumfänglichen Datensicherung der U-Server. Die T52 GmbH begann - mit Zustimmung des Vorstands der U I7 AG - hiermit am 16.06.2011. Aufgrund der immensen Datenmenge nahm die Durchführung einer vollständigen Sicherung einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen in Anspruch und endete zum 05.07.2011.

Mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters beauftragte die Gruppe zudem bereits frühzeitig das Beratungsunternehmen B24, im In- und Ausland nach potentiellen Investoren zu suchen, die Interesse an der Übernahme einzelner Konzernunternehmen oder -bereiche oder dem Gesamtkonzern bekundeten. Ab Insolvenzantragstellung kam es so zu zahlreichen Gesprächen mit verschiedenen Interessenten (so auch mit den Stadtwerken P10) unter Beteiligung der Unternehmensberaters T53 der B24.

g) Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft

Nachdem die Staatsanwaltschaft C11 bis zur Fertigstellung des in Auftrag gegebenen Sanierungsgutachtens von T49 mit weiteren Ermittlungsschritten abgewartet hatte, veranlasste sie nach Fertigstellung dieses Gutachtens Durchsuchungen bei den hierfür verantwortlichen Kanzleien T49 und I4 B4, die Anfang Juni 2011 vollsteckt wurden. Als Folge der daraus gewonnenen Erkenntnisse und der Insolvenzantragstellung ab 14.06.2011 erweiterte die Staatsanwaltschaft nunmehr den Beschuldigtenkreis in dem laufenden Ermittlungsverfahren neben den Angeklagten auf die nunmehr gesondert Verfolgten O, L9, L4, M10, T6, O4 und N4 und erwirkte ab dem 15.06.2011 umfassende Durchsuchungsbeschlüsse für die bekannten Wohnadressen aller Beschuldigten sowie der Zeugen Dr. I3 und I21 (Leiter IT) sowie der Firmenadressen aller involvierten Gesellschaften der U-Gruppe und der C3 AG, aufgrund derer es am 27.06.2011 zu einer konzertierten Vollstreckung der Beschlüsse an mehreren Orten im Bundesgebiet kam, bei denen allen Beschuldigten das nunmehr auch gegen sie gerichtete Ermittlungsverfahren bekannt gegeben wurde. Hinsichtlich der Vollstreckung am Firmensitz der U-Gruppe in U4 vereinbarten die Ermittlungsbehörden mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, dass die von diesem benötigten Papierunterlagen zunächst in zwei gesondert verschlossenen Räumen in den Firmenräumlichkeiten verbleiben, dort von den Mitarbeitern des Insolvenzverwalters kopiert und den Ermittlungsbehörden zeitnah zur Verfügung gestellt werden sollten. Aufgrund des Umfangs der sicherzustellenden Unterlagen konnten die Durchsuchungsmaßnahmen am Firmensitz erst am 28.06.2011 abgeschlossen werden. Faktisch verblieben die vor Ort bereitgehaltenen Asservate bis zu deren Abtransport im Juni 2012 in den gesondert gesicherten Räumen.

Für die Datensicherung der elektronischen Daten auf den Firmenservern (E-Mail-Accounts, Datenmaterial, Datensicherung der Buchhaltungsdaten aller Firmen ab 2008 u.a.) kamen die Ermittlungsbehörden und Dr. C8 dahingehend überein, dass die weiterhin durch die T49 GmbH durchgeführte, seit 16.06.2011 durchgehend laufende Datensicherung fertiggestellt und danach den Ermittlungsbehörden, die bis zur Fertigstellung vollen Zugriff auf die Sicherungen haben sollten, bereitgestellt werden sollte. In Anbetracht der zeitlichen Dimension der Datensicherung verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine eigene Datensicherung. Nach Übergabe von fünf externen Festplatten zu je 2 TB Datenvolumen am 01.07.2011, erhielten die Ermittlungsbehörden ab 05.07.2011 sukzessive das vorhandene Datenmaterial bereitgestellt. Eine Validierung der Kopien bzw. ein Abgleich mit den tatsächlichen Serverdaten wurde seitens der Ermittlungsbehörden nicht vorgenommen. Die Auswertung der umfänglichen Asservate - insgesamt waren über 90 Personal Computer, Laptops, externe Speichermedien und weitere 120 Datensicherungsbänder sichergestellt worden - nahm im weiteren Verfahrensgang erhebliche Zeit in Anspruch. Darüber hinaus wurde anlässlich der konzertierten Durchsuchungsmaßnahmen durch den gesondert Verfolgten L9 eine Festplatte mit E-Mail-Postfächern aller Vorstandsmitglieder, so auch der Angeklagten, und weiteren Geschäftsführer mit Zugangsdaten übergeben (Asservat 1.87.1).

2. Geschehnisse bis Ende Dezember 2011

a) Gang des Insolvenzverfahrens

Nach Abschluss der Datensicherungen durch die T52 GmbH erhielt die B23 AG - mit Zustimmung des Vorstands der U I7 AG - die gesicherten Buchhaltungsdaten der Finanzbuchhaltung der U-Gruppe Anfang Juli 2011 bereitgestellt, die in der Folgezeit durch die Mitarbeiter Dr. C8s und der B23 AG hinsichtlich der aufgelaufenen Rückstände aufgearbeitet wurden und so bis Ende August 2011 vervollständigt waren. Weiterhin arbeitete das Team um Dr. C8 auch sukzessive an dem Zusammentragen von Informationen zur Erstattung der Insolvenzgutachten, was schließlich Ende August 2011 abgeschlossen war. Entsprechend erstattete der vorläufige Insolvenzverwalter sämtliche Insolvenzgutachten für die U-Gesellschaften mit der Folge, dass mit gerichtlichen Beschlüssen vom 01.09.2011 - der Empfehlung Dr. C8s folgend - die Insolvenzverfahren gegen die U I7 AG, die U F4 GmbH, die U N8 GmbH, die U T21 GmbH sowie sämtliche weitere Tochtergesellschaften, für die zuvor im Juni 2011 Eigenantrag gestellt worden war, eröffnet und Dr. C8 jeweils als deren Insolvenzverwalter bestellt wurde. Durch die Eröffnung der Insolvenzverfahren waren die Gesellschaften kraft Gesetzes aufgelöst. Der Insolvenzverwalter stellte den Ermittlungsbehörden unter dem 12.09.2011 sämtliche Gutachten zur Verfügung.

Zwischenzeitlich hatten aus dem Kreis der von der B24 identifizierten Interessenten lediglich fünf nachhaltiges Interesse bekundet, die aber im weiter Verlauf - bis auf die bereits zuvor involvierte F11 - aus unterschiedlichen Gründen von einem Investment Abstand nahmen. Mit F11 war es gelungen, einen unterschriftsreifen Kaufvertrag über Teile der U-Gruppe zu einem Kaufpreis in zweistelliger Millionenhöhe auszuverhandeln, der nur noch einer finalen Bestätigung zu einem bereits anberaumten Notartermin bedurfte. Entgegen vorheriger Bekundungen ließen die Investorenvertreter jedoch kurzfristig am 01.09.2011 - mitgeteilt in dem Notartermin - ihre Investitionsabsicht fallen, womit die durch den Insolvenzverwalter avisierten Verkaufsbemühungen endgültig gescheitert waren und die Durchführung des Insolvenzverfahrens unumgänglich war. Gemessen an der Zahl der Gläubiger handelte es sich bei diesem Verfahren um das zur damaligen Zeit größte Insolvenzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Nach Eröffnung der Insolvenzverfahren beauftragte der Insolvenzverwalter die bereits in die Datensicherung eingebundene B23 AG mit der Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bei der U I7 AG, der U F4 GmbH und der U N8 GmbH sowie einer Einschätzungsanalyse zu möglichen Anfechtungsansprüchen in den Insolvenzverfahren der U-Gruppe, an der die Bearbeiter der B23 AG auf Basis der bereits zur Verfügung stehenden Buchhaltungsdaten und der vor Ort in U4 belassenen weiteren Unterlagen, zu denen sie Zugang erhielten, arbeiteten.

b) Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft

Nachdem sich für die weiteren Beschuldigten O, L9, L4, M10, T6, O4 und N4 jeweils nach der Vollstreckung der Durchsuchungsmaßnahmen an deren Wohnadressen Verteidiger bestellt hatten, erhielten diese sämtlich - unter Hinweis auf die im hiesigen Verfahren laufenden Ermittlungen gegen die Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung, Bankrott und Betrugs im Rahmen des Komplexes "Insolvenz der U-Gruppe" - erstmals zum 13.10.2011 vollständige Akteneinsicht in das laufende Ermittlungsverfahren, die in der Folgezeit kontinuierlich durch die Staatsanwaltschaft unter Ergänzung der neuen Aktenbestandteile aktualisiert wurde. Die weiteren Ermittlungsmaßnahmen stellten sich - neben der umfänglichen Auswertung des Datenmaterials - wie folgt dar: Nach Ankündigung möglicher Durchsuchungsmaßnahmen übergaben die C3 AG am 25.07.2011 und die Kanzlei G2 im Herbst 2011 zahlreiche Unterlagen zu den Mandaten mit der U-Gruppe an die Ermittlungsbehörden. Gleichsam erwirkten die Ermittlungsbehörden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen die Kanzlei I, die im Oktober 2011 vollstreckt wurden. Ab Juli 2011 war es zudem bereits zu zahlreichen Vernehmungen der Verantwortlichen bei der C2 M3 Fußball GmbH sowie von Mitarbeitern der U-Gesellschaften gekommen, so. u. a. auch von Dr. I3, der Vorstandsassistentin H7, dem Leiter des Controllings C6, dem Leiter Rechnungswesen T8, dem Leiter der IT-Abteilung I21 sowie dem Justitiar der F6 GmbH U6. Anfang Dezember 2011 ergingen dann eine Vielzahl von Durchsuchungsbeschlüssen betreffend K zuzuordnender Unternehmen, so auch die D8 AG, sowie in Verbindung zu K stehender kontenführender Bankinstitute in der T4 wie auch die Privatwohnung Ks in L25 und die Wohnadresse und die Kanzleiräume dessen beauftragten Rechtsanwalts L5 in P11 und A3 in der T4. Weiter ergingen auch Durchsuchungsbeschlüsse betreffend die Wohnadresse der gesondert Verfolgten T54 (ltd. Mitarbeiterin der U T21 GmbH) sowie die Privat- und Kanzleiadressen des Rechtsanwalts T55 aus M13 und der Steuerberaterkanzlei T12 L2 L3 in M13. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erging zudem am 09.12.2011 (Az. ... Gs .../... AG C11) gegen K Haftbefehl. Hinsichtlich sämtlicher Ermittlungsmaßnahmen für die T4 ersuchte die Staatsanwaltschaft unter dem 14.12.2011 die T4er Behörden um die Vollstreckung der erwirkten Durchsuchungsbeschlüsse in der T4. Die Vollstreckung in Deutschland wurde zunächst bis zur Beendigung der Prüfung durch die T4er Behörden zurückgestellt.

Obwohl den Ermittlungsbehörden ab Herbst 2011 die vollständigen Buchhaltungsunterlagen, wie durch den Insolvenzverwalter in nicht validierter Fassung bereitgestellt, vorlagen, nahmen diese eine eigene Sichtung und Auswertung des Datenmaterials nicht vor, sondern überließen dies vollständig dem Insolvenzverwalter und den von diesem beauftragten Gutachtern. Zu einer weiteren, durch die Staatsanwaltschaft angeleiteten Beauftragung einer Begutachtung der Buchhaltungsdaten kam es in der Folgezeit nicht.

3. Geschehnisse ab 2012

a) Maßnahmen des Insolvenzverwalters

Am 25.01.2012 erstattete die B23 AG zunächst die in Auftrag gegebene Einschätzungsanalyse und darauf aufbauend am 06.03.2012 die gutachterlichen Stellungnahme zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bei der U I7 AG, der U F4 GmbH und der U N8 GmbH in den Insolvenzverfahren. Im Verlauf des Jahres gelang es dem Insolvenzverwalter, trotz der hohen Endkundenzahl umfassende Insolvenztabellen aufzustellen. Insgesamt hatten über 500.000 Gläubiger im Rahmen der Insolvenzverfahren der U-Gruppe Forderungen angemeldet. Hierauf aufbauend wurde Mitte 2012 die Tochterfirma der B23 AG, die H11 GmbH, mit der Zusammenstellung von Urkundenmaterial aus dem sichergestellten Gesamtdatenbestand der U-Gruppe für einzelne Anfechtungsansprüche beauftragt. Dabei wurden die Arbeiten tatsächlich allein von Mitarbeitern der B23 AG durchgeführt, da die H11 GmbH lediglich eine Einmanngesellschaft mit einem Strohgeschäftsführer, dem Zeugen C10 W15, war, um erfolgsabhängige Vergütungen mit dem Insolvenzverwalter, der mit der H11 GmbH zuvor noch keine beruflichen Erfahrungen gemacht hatte und dem diese Hintergründe nicht bekannt waren, abrechnen zu können. Vor diesem Hintergrund begann Dr. C8 ab Mitte 2012 Anfechtungsansprüche gegen zahlreiche Gläubiger vorzubringen und diese auch gerichtlich einzufordern, was in einer Vielzahl von Fällen bis zur endgültigen Klärung durch die Instanzen Jahre in Anspruch nahm und auch noch weiterhin nimmt. Hiervon umfasst waren u.a. vorrangig das HZA L10, das Finanzamt T14, die C2 M3 Fußball GmbH sowie sämtliche Netzbetreiber (allein ca. 900) und einzelne involvierte Beratungsunternehmen.

b) Ermittlungsmaßnahmen bis zur Anklageerhebung

Ende Januar 2011 schrieb die Staatsanwaltschaft K zur Fahndung aus und erhielt am 31.01.2012 eine Abschrift der Einschätzungsanalyse der B23 AG von dem Insolvenzverwalter bereitgestellt. Am 10.02.2012 erging sodann ein Durchsuchungsbeschluss gegen die T13 Treuhand Steuerberatungsgesellschaft in N13. Danach leitete die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungsverfahren, so unter dem 23.02.2012 gegen E3 wegen Insolvenzverschleppung und Bankrott in Bezug auf die I15 GmbH und unter dem 21.03.2012 gegen L4 wegen Bankrotts in Bezug auf die U FINANCE GmbH, ein. Nachdem der Staatsanwaltschaft durch den Insolvenzverwalter auch die gutachterliche Stellungnahme der B23 AG vom 06.03.2012 bereitgestellt worden war, kam es am 08.05.2012 im Wege der Rechtshilfe zu konzertierten Durchsuchungsmaßnahmen hinsichtlich der Firmen-, Banken- und Wohnadressen in der T4. Die aufgrund der umfänglichen Ermittlungsmaßnahmen sichergestellten Asservate wurden zu weiten Teilen im August 2012 an die deutschen Behörden übergeben. In der Folgezeit wurden in unregelmäßigen Zeitabschnitten durch die T4er Behörden weitere Unterlagen, vor allem die angeforderten Kontenunterlagen der Bankverbindungen in der T4, sukzessive nachgereicht, ehe erst im Frühjahr 2014 die Abschlussverfügung der T4er Behörden betreffend des angestrengten Rechtshilfeverfahren erging und die Bearbeitung des Ersuchens für erledigt erklärt wurde. Da die T4er Behörden einer Auslieferung Ks im Vorfeld der Maßnahmen vom 08.05.2012 bereits widersprochen hatten, erfolgte dessen Festnahme bei der Durchsuchungsmaßnahme vor Ort nicht. Nachdem K über seinen Verteidiger erklärt hatte, für ein informelles Gespräch oder eine Vernehmung bereitzustehen, wurden auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft der Haftbefehl und die Fahndung aufgehoben. Weiter wurden am 15.05.2012 die verbleibenden Durchsuchungsbeschlüsse in Deutschland vollstreckt. In der Folgezeit stellte der Insolvenzverwalter der Staatsanwaltschaft unter dem 05.07.2012 elektronisch die vorhandenen Forderungsanmeldungen bereit. Im August 2012 wurde dann die gesondert Verfolgte O als Beschuldigte im hiesigen Verfahren vernommen.

c) Gerichtliche Verfahren vor anderen Strafkammern

Mit Verfügung vom 10.01.2013 schloss die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen hinsichtlich der früheren Angeklagten ab und erhob Anklage zur 7. großen Strafkammer des Landgerichts Bonn als Wirtschaftsstrafkammer ("7. StK"). Das Verfahren wurde dort unter Az. ... KLs #/... geführt. Einhergehend mit der Erhebung der Anklage verfügte die Staatsanwaltschaft die Teileinstellung sämtlicher über die in der Anklageschrift in Bezug genommenen Fallakten hinausgehenden Betrugsvorwürfe gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO. Das Verfahren gegen die Angeklagten hinsichtlich weiterer Tatvorwürfe sowie gegen sämtliche weiteren Beschuldigten wurde zugleich ausgetrennt und in der Folgezeit in einem neuen Ermittlungsverfahren zu Az. ...# Js #/... geführt. Die Anklageschrift wurde den Angeklagten und ihren Verteidigern zugestellt. Nachdem versehentlich seitens der Staatsanwaltschaft eine Vorversion der Anklageschrift übersandt worden war, übersandte diese am 04.02.2013 die korrigierte Fassung, die durch dir 7. StK wiederum an die Angeklagten und ihre Verteidiger zugestellt wurde. Nachdem die 7. StK mit Schreiben vom 03.06.2013 an die Präsidentin des Landgerichts Bonn die Überlastung der Kammer angezeigt und darauf hingewiesen hatte, dass aufgrund vorrangig zu behandelnder anderer Wirtschaftstrafsachen - bei der Kammer waren 7 erst- und 3 zweitinstanzliche Verfahren anhängig, wobei es sich bei insgesamt vier erstinstanzlichen Verfahren um Umfangsverfahren handelte - zu erwarten stehe, "dass im Fall der Eröffnung und Terminierung der nächstbereiten Verfahren eine Hauptverhandlung in dieser Sache - für den Fall der Eröffnung - nicht vor dem Jahr 2015 stattfinden können und ein Verfahrensabschluss deutlich später liegen" werde, fasste das Präsidium des Landgerichts Bonn am 25.06.2013 den Beschluss, dass zur Beseitigung einer lediglich vorübergehenden Überlastung der 7. StK mit Wirkung zum 01.07.2013 die Hilfsstrafkammer 7a als Wirtschaftsstrafkammer ("7a. StK") eingerichtet werden sollte, die u.a. für alle bei der 7. StK seit dem 01.01.2013 eingegangenen, weiter anhängigen und bislang noch nicht eröffneten erstinstanzlichen Strafverfahren zuständig sein sollte. Entsprechend wurde am 01.07.2013 das Verfahren auf die 7a. StK übergeleitet und dort unter Aktenzeichen ...a KLs #/... geführt.

Bereits im Ermittlungsverfahren wie auch ab Juli 2013 hatte die Verteidigung des Angeklagten Dr. L mehrfach signalisiert, dass vor Eröffnung und etwaiger Terminierung Interesse an einem vorbereitenden Rechtsgespräch bestehe. Dieser Anregung folgend sondierte der Vorsitzende der 7a. StK das Interesse der anderen im Verfahren tätigen Verteidiger hierzu und beraumte für den 10.12.2013 einen Termin für ein Rechtsgespräch zwischen allen Verteidigern, der Staatsanwaltschaft und den Berufsrichtern der Kammer an. Darin legte der Vorsitzende dar, dass sich die Kammer für den Fall, dass sich die Anklagevorwürfe als zutreffend erweisen sollten, für Dr. L bei einem Geständnis mit Aufklärungshilfe die Verhängung einer Freiheitsstrafe vorstellen könne, die noch zu Bewährung ausgesetzt werden könne. Hinsichtlich der beiden anderen Angeklagten sehe sie dagegen derzeit keine Möglichkeit einer bewährungsfähigen Freiheitsstrafe, sofern sich die Anklagevorwürfe als zutreffend erweisen sollten.

Mit Beschluss vom 19.12.2013 ließ die 7a. StK die Anklage uneingeschränkt zu und eröffnete die Hauptverhandlung unter Bestimmung von Hauptverhandlungsterminen ab dem 18.02.2014. Im Nachgang hierzu teilte der Verteidiger Dr. Ls, Rechtsanwalt S9, dem Vorsitzenden der vorbefassten Kammer mit, dass für seinen Mandanten weiterer Gesprächsbedarf bestehe. Hieraufhin wurde ein weiterer Termin zu einem Gespräch zwischen der Kammer, der Verteidigung des Angeklagten Dr. L sowie der Staatsanwaltschaft für den 16.01.2014 bestimmt, in dem die Verteidigung von Dr. L ankündigte, dass dieser sich umfassend zur Sache einlassen wolle, worauf die Kammer erneut ihre vorher gegebene Zusage bezüglich Dr. L wiederholte. Sie stellte weiter ohne konkrete Zusage in Aussicht, dass hinsichtlich einzelner angeklagter Taten möglicherweise Verfahrenseinstellungen nach § 154 Abs. 2 StPO in Betracht kommen könnten. Eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO sollte erst in der Hauptverhandlung herbeigeführt werden. Unter dem 12.02.2014 erhielt die 7a. StK zudem von der Staatsanwaltschaft eine Festplatte übersandt, auf der sich sämtliche aus dem sichergestellten Datenbestand ergebende E-Mail-Postfächer der damaligen drei Angeklagten mit insgesamt über 300.000 E-Mail-Kommunikationen befanden und die zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgewertet waren.

Trotz eines Berichts und entsprechenden Hinweises gemäß § 257 c Abs. 5 StPO des Vorsitzenden zu Beginn der Hauptverhandlung am 18.02.2014 kam es zu der für 21.02.2014 avisierten Einlassung Dr. Ls nicht mehr: In dem Termin wurde die Besetzung der Kammer gerügt, woraufhin die 7a. StK mit Beschluss vom 07.03.2014 dieser Besetzungsrüge stattgab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass die Ableitung des hiesigen Strafverfahrens nicht gesetzesmäßig erfolgt sei, da die 7. StK spätestens im Juni 2013 erkennbar dauerhaft überlastet gewesen sei, weil keine auf Tatsachen zu stützende Erkenntnisse bestanden hätten, wonach abzusehen gewesen wäre, dass die erheblich eingeschränkte Effizienz des Geschäftsablaufes der 7. StK mit Ablauf des Jahres 2013, spätestens aber mit Ablauf des Jahres 2014 wiederhergestellt sein würde. Das Verfahren wurde als Folge dessen mit Verfügung vom 19.03.2014 erneut der 7. StK zugeleitet und nach Einrichtung der erkennenden 9. Strafkammer als neue Wirtschaftsstrafkammer durch Beschluss des Präsidiums des Landgerichts Bonn mit Wirkung zum 01.04.2014 auf diese unter Az. 29 KLs 01/14 übergeleitet.

d) Gerichtliches Verfahren vor der hiesigen Kammer

(1) Verfahrensgang vor Beginn der Hauptverhandlung

Nach Übernahme des Verfahrens durch die erkennende Kammer am 03.04.2014 gewährte die Kammer sämtlichen Verfahrensbeteiligten zunächst vollständige Akteneinsicht in die ihr vorliegenden Aktenbestandteile. Im weiteren Verlauf wurden durchgehend sämtliche neu hinzu kommenden Aktenbestandteile elektronisch nacherfasst und zeitnah den Verfahrensbeteiligten durch die Kammer zumeist unaufgefordert bereitgestellt. Die weitere Auswertung der erst im Februar 2014 übergebenen E-Mail-Postfächer der damaligen Angeklagten wurde in der Folgezeit sukzessive durch die erkennende Kammer durchgeführt, deren Ergebnisse in Sonderheften ausgedruckt abgelegt und den Verfahrensbeteiligten ebenfalls im Wege der Akteneinsicht zur Verfügung gestellt. Unter dem 27.10.2014 teilte Rechtsanwalt S9 für Dr. L der hiesigen Kammer telefonisch mit, dass man sich weiter an die bisherigen mit der 7a. StK getroffenen Verfahrensabsprachen gebunden fühle und sein Mandant weiterhin bereit sei, ein umfassendes Geständnis abzulegen und sich Rückfragen der Kammer hierzu vorbehaltlos zu stellen, sofern die Zusagen der 7a. StK weiter fortgelten sollten. Mit Beschluss vom 30.10.2014 ließ die Kammer die Anklage uneingeschränkt zu und eröffnete die Hauptverhandlung unter Bestimmung von Terminen ab dem 26.01.2015.

Nachdem via Interpol die Wohnorte der Zeugen S4 und Dr. B2 T3 und deren mögliche Aussagebereitschaft geklärt werden konnten - so war der Zeuge Dr. T3 nunmehr in den Vereinigten Arabischen Emiraten wohnhaft, nach Vorermittlungen aber aufgrund seiner noch bestehenden unternehmerischen Tätigkeit in der T4 nur zu einer Vernehmung in der T4 bereit - ersuchte die Kammer mit Schreiben vom 03.12.2014 die T4er Behörden um die Vernehmung der Zeugen im Wege der Rechthilfe. Unter dem 04.12.2014 sichtete die Kammer die bei dem Polizeipräsidium C11 (KK...) (im Folgenden: "PP C11") in einem separaten Aufbewahrungsraum gelagerten - begrenzt ausgewerteten - Asservate, die hunderte weiterer DIN A4-Aktenordner aus unterschiedlichen Durchsuchungsobjekten umfassten, kursorisch, forderte zahlreiche Aktenordner aus bestimmten Durchsuchungsobjekten sowie ein aktualisierte Gesamtasservatenliste zur Übersendung an das Landgericht Bonn an. Bei dem PP C11 lagerten auch noch - nur teilweise aufbereitete - elektronische Datenbestände aus den zahlreichen Ermittlungsmaßnahmen im Terabyte-Volumen. Die Anforderungen der Kammer wurden zeitnah durch das PP C11 zum 17.12.2014 ausgeführt. Die so übergebene Gesamtasservatenliste übersandte die Kammer am 18.12.2014 an alle Verfahrensbeteiligten. In der Folgezeit forderte die Kammer sukzessive bei der Staatsanwaltschaft und dem PP C11 zahlreiche weitere nur dort vorhandene Asservate und Auswerteordner an und führte Nachermittlungen in unterschiedliche Richtungen, im Rahmen derer u.a. bei verschiedenen Gerichten Akten zu zivilrechtlichen Streitigkeiten betreffend den Komplex "U" angefordert wurden. Sämtliche dieser Neueingänge wurden jeweils zeitnah elektronisch den Verfahrensbeteiligten bereitgestellt.

Als Folge der Vorgespräche zu Verfahrensabsprachen kam es schließlich am 18.12.2014 zu einem Verfahrensgespräch, an dem neben den Berufsrichtern der Kammer, den Vertretern der Staatsanwalt auch sämtliche damaligen Verteidiger der drei ursprünglich Angeklagten außer Rechtsanwalt A2 für den Angeklagten C teilnahmen. Hierin wies die Kammer zunächst auf die Möglichkeit hin, Einsicht in die Festplatte mit den E-Mail-Postfächern wie auch in die nicht elektronisch erfassten Asservate bei dem PP C11 und dem Landgericht nehmen zu können. Weiter teilte die Kammer mit, dass sie sich hinsichtlich des Angeklagten Dr. L an die Zusagen der vorbefassten 7a. StK gebunden fühle mit der Konsequenz, dass die Kammer für den Fall eines glaubhaften Geständnisses mit Aufklärungshilfe die Verhängung einer Freiheitsstrafe in Aussicht stelle, deren Vollstreckung noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Unter Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung deutete die Kammer zudem an, dass hierzu ergänzend über die weitere Ausgestaltung dieser Zusage im Hinblick auf Bewährungsauflagen gesprochen werden müsse. Insofern regte sie an, dass sich die Verteidigung Dr. Ls im Falle eines weiter bestehenden Interesses an einer Verständigung im Vorfeld der Hauptverhandlung an die Kammer wenden solle.

Nachdem Rechtsanwalt S9 für Dr. L telefonisch ein solches Interesse bekundet hatte, kam es am 14.01.2015 zu einem weiteren Verfahrensgespräch, an dem die Berufsrichter der Kammer, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie die Verteidiger des Angeklagten Dr. L teilnahmen. Nach nochmaligem Verweis der Kammer auf deren bereits zuvor geäußertes Angebot teilte Rechtsanwalt S9 mit, dass sich sein Mandant vor diesem Hintergrund vorstellen könne, sich vollumfänglich zur Sache einzulassen und im Anschluss Fragen der Verfahrensbeteiligten uneingeschränkt zuzulassen. Die Kammer erwiderte hierauf, dass sie sich unter diesen Bedingungen eine dann in der Hauptverhandlung zu treffende Verfahrensabsprache vorstellen könne. Hinsichtlich der Bedingungen einer dann möglichen Strafaussetzung zur Bewährung führte sie weiter aus, dass sie sich - neben den üblichen sonstigen Weisungen - eine Auflage dahingehend vorstellen könne, dass Dr. L Sozialstunden im Bereich von 200 bis 250 Stunden auferlegt werden könnten, die binnen eines Jahres abzuleisten wären. Dabei käme eine Bewährungszeit zwischen drei und vier Jahren in Betracht; die Notwendigkeit eines Bewährungshelfers sehe die Kammer nicht. Die Staatsanwaltschaft stimmte diesen Rahmenbedingungen zu, die Verteidigung Dr. Ls wollte die Eckdaten noch mit ihrem Mandaten klären, ging aber von einer Zustimmung aus. Insofern wurde allseits avisiert im Rahmen der anstehenden Hauptverhandlung eine Verfahrenssprache gemäß § 257c StPO zu den genannten Bedingungen zu treffen. Konkrete Zusagen zu Einstellungen nach § 154 StPO für einzelne Verfahrenskomplexe machte die Kammer auf Nachfrage nicht.

(2) Verfahrensgang ab Beginn der Hauptverhandlung

Mit Beginn der Hauptverhandlung zum 26.01.2015 unterrichtete die Kammer die Verfahrensbeteiligten über den aktuellen Sachstand zu Verfahrensabsprachen und belehrte den Angeklagten Dr. L gemäß § 257c Abs. 5 StPO, woraufhin Dr. L am Sitzungstag vom 02.02.2015 dem Verständigungsvorschlag der Kammer, dem die Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld zugestimmt hatte, ebenfalls zustimmte und sich in der Folgezeit absprachegemäß zur Sache einließ. Am gleichen Sitzungstag offerierte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten C ein Angebot zu einer Verfahrensabsprache, wonach diesem im Falle einer umfänglichen Einlassung mit Aufklärungshilfe eine Strafobergrenze von weniger als drei Jahren in Aussicht gestellt werde. Zu entspechenden Verständigungsgesprächen kam es mangels Bereitschaft der Verteidigung des Angeklagten C nicht. In Ausführung des Ersuchens der Kammer vom 03.12.2014 kam es am 05.03.2015 in E18 (T4) zu der Vernehmung der Zeugen S4 und Dr. B2 T3, die sich beide - nach kurzen allgemeinen Angaben - auf ihr nach T4er Recht bestehendes, umfängliches Auskunftverweigerungsrecht als Auskunftsperson beriefen und keine Angaben zur Sache machten. Mit Abschlussverfügung vom 21.04.2015 übersandte die Staatsanwaltschaft A3 nach Erledigung des Rechtshilfeersuchens die hierzu gefertigten Einvernahmeprotokolle an die Kammer, die die Kammer im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung eingeführt hat.

Nach Abschluss der an sechs Sitzungstagen durchgeführten Vernehmung des Zeugen B am 19.06.2015, im Rahmen derer allein über drei Tage eine nahezu ausschließliche Befragung durch die Verteidiger der Angeklagten unter zum Teil mehrmaliger Wiederholung einzelner Fragen zu bestimmten thematisch eng umgrenzten Sachverhalten erfolgte, stellte die Verteidigung des früheren Mitangeklagten K gegen den Zeugen B Strafanzeige wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage. Danach sollte der Zeuge u.a. am 02.06.2015 ausgesagt haben, dass er Unterlagen an N21 lediglich gefaxt und in Papierform übergeben habe. ln digitaler Form habe er Unterlagen nie besessen. Tatsächlich gehe aus den Unterlagen hervor, dass B aber auch zahlreiche Unterlagen als PDF-Dateien übersandt habe, womit seine Aussage falsch sei. Zudem wurde die Durchsuchung der Wohnung des Zeugen B in E19 sowie der Firmenräumlichkeiten des ihm zuzuordnenden Beratungsunternehmens T41 GmbH in O6 beantragt. Hierauf leitete die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen B unter dem Az. ...# Js ...#/... ein. Da sich aus den verlesenen Urkunden zahlreiche Hinweise dafür ergeben hatten, dass B möglicherweise über elektronische Daten aus seiner Tätigkeit für die U-Gruppe verfügte (Weiterleitung von PDF-Dateien und Original-E-Mails), ergingen am 23.06.2015 Dursuchungsbeschlüsse der Kammer betreffend die Wohn- und Firmenadresse Bs, die am 05.08.2015 im G7er Raum vollstreckt wurden. Nachdem an der Firmenadresse lediglich ein Postfach der T41 GmbH ohne Büroräume vorgefunden wurde, stellten die Ermittlungsbehörden an der Wohnadresse Bs drei elektronische Datenträger mit einem Gesamtdatenvolumen von insgesamt 170 GB (ca. 400.000 Dateien) sicher, die in der Folgezeit ausgewertet und hierzu im Oktober umfangreiche Auswertevermerke für die Ass. 1 bis 3 gefertigt wurden, die verfahrensrelevantes Datenmaterial auflisteten und durch die Kammer als Urkunden in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Hierin enthalten war elektronisch gesicherter E-Mail- und Schriftverkehr die frühere Tätigkeit Bs für die U-Gruppe betreffend.

Im Rahmen der andauernden Hauptverhandlung hat die Kammer zu verschiedenen Zeitpunkten anlässlich der Vernehmungen der einzelnen Berater der U-Gesellschaften, die im Ermittlungsverfahren allesamt noch nicht vernommen worden waren, deren vorhandene Datenbestände zu den jeweiligen Mandaten eingefordert, so u.a. die Handakten und vorhandenen elektronischen Mandatsunterlagen der Rechtsanwälte der Kanzleien H und N. Darüber hinaus wurden erstmals sämtliche Aktenbestände des HZA L10, der BFD West sowie der Bundesnetzagentur angefordert. Sämtliche Unterlagen wurden jeweils umgehend elektronisch erfasst und den Verfahrensbeteiligten zur Verfügung gestellt. Anlässlich der Vernehmung des Zeugen Dr. M4 der Sozietät N gab es Hinweise, dass bei der Kanzlei möglicherweise noch weitere, dem Gericht trotz Anforderung noch nicht bereitgestellte Unterlagen vorhanden waren, woraufhin die Kammer hinsichtlich der Kanzleiräumlichkeiten unter dem 06.10.2015 einen Durchsuchungsbeschluss erließ, der am 29.10.2015 vollstreckt und die dabei sichergestellten Asservate teilweise durch Beschluss der Kammer vom 30.11.2015 beschlagnahmt wurden.

Zwischenzeitlich war es auf Initiative der Kammer am 10.11.2015 zu einem weiteren Verfahrensgespräch gekommen, an dem neben den Berufsrichtern auf Seiten der Kammer sämtliche Verfahrensbeteiligten außer den Angeklagten selbst teilnahmen. Hierin trug die Kammer diesen vor dem Hintergrund ihrer vorläufigen Einschätzung zu dem bisherigen und weiteren Verfahrensverlaufs an, den Prozessstoff der Hauptverhandlung unter Beschränkung gemäß § 154 StPO im Übrigen auf den Tatvorwurf zu 1 in Bezug auf das Jahr 2009 (Insolvenzverschleppung) zu reduzieren, wobei sich die Kammer auf Basis des zu dieser Zeit bestehenden Einlassungsverhaltens der Angeklagten Strafobergrenzen von für den

Angeklagten C nicht mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe,

Angeklagten Dr. L nicht mehr als einem Jahr sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie

Angeklagten K aus dem - dann ggfs. wegen Beihilfe und fehlender strafbegründender Organstellung als faktischer Vorstand nach § 28 Abs. 1 StGB doppelt gemilderten - Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 202 Tagessätzen bis zu Freiheitsstrafe von einem Jahr acht Monaten eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr vorstellen könne.

Die Kammer führte weiter aus, dass aus vorläufiger Sicht bei allen drei Angeklagten nur eine Aussetzung der zu verhängenden Freiheitsstrafe zur Bewährung in Betracht käme, weil die Angeklagten C und Dr. L bislang strafrechtlich unbelastet seien und K zwar vorbestraft sei, aber nach dem hiesigen Tatvorwurfszeitpunkt bereits - wenn auch in anderer Sache - eine signifikante Freiheitsstrafe in Haft verbüßt habe, und danach nicht mehr auffällig geworden sei, weshalb von einer Nachreifung ausgegangen werden könnte. Zudem wären aus Sicht der Kammer von den ggfs. zu verhängenden Strafen in Anwendung der Vollstreckungslösung wegen einer wohl festzustellenden justizbedingten Verfahrensverzögerung im Umfang eines Jahres ein Teil der Strafe - die Kammer stelle sich derzeit vorläufig ca. plus/minus drei Monate vor - als bereits vollstreckt zu erklären. Hierzu führten die Vertreter der Staatsanwaltschaft aus, dass sie die von der Kammer geäußerten rechtlichen und tatsächlichen Bedenken bzgl. der Anklagevorwürfe 2 bis 5 noch einmal überprüfen wollten, sich aber - vorbehaltlich des Ergebnisses dieser Überprüfung - eine Zustimmung zu dieser Beschränkung durchaus vorstellen könnten. Allerdings seien aus Sicht der Staatsanwaltschaft die von der Kammer in Aussicht gestellten Obergrenzen bei den Angeklagten C und Dr. L auch auf der Basis des bisherigen Einlassungsverhaltens zu hoch. Die Staatsanwaltschaft könne sich bei einer Beschränkung auf den Vorwurf der Tat 1 der Anklage eine Obergrenze für den

Angeklagten C von nicht mehr als einem Jahr sechs Monaten und

Angeklagten Dr. L von nicht mehr als einem Jahr drei Monaten vorstellen.

Im Übrigen teile die Staatsanwaltschaft die Einschätzung der Kammer, halte aber im Rahmen der Vollstreckungslösung eine Anrechnung mit nicht mehr als drei Monaten für angemessen. Die Verteidiger kündigten nach Rücksprache mit ihren jeweiligen Mandanten eine Rückmeldung hierzu an.

In der Sitzung vom 26.02.2016 teilte die Staatsanwaltschaft C11 auf Nachfrage der Kammer mit, dass sie sich noch nicht in der Lage sähe, sich zu den Vorschlägen der Kammer vom November 2015 zu positionieren, da zuvor eine Beweiserhebung zur finanziellen Situation der U-Gruppe in 2010 ausstehe. In der Sitzung vom 06.04.2016 erklärte die Verteidigung des Angeklagten C, dass für sie eine isolierte Verständigung in diesem Verfahren nicht mehr in Frage komme, weil seinem Mandanten eine weitere Anklage wegen der Insolvenzverschleppung drohe, woraufhin die Vertreter der Staatsanwaltschaft Gespräche zu einer Gesamtlösung außerhalb der Hauptverhandlung anboten. Nachdem die Staatsanwaltschaft am 23.02.2016 sämtliche noch bestehende Tatvorwürfe gegen den Angeklagten C aus dem Ermittlungsverfahren zu Az. ...# Js #/... ausgetrennt hatte und ab dort als neues Verfahren zu Az. ...# Js .../... führte, erhob sie unter dem 18.04.2016 - unter Beschränkung der Strafverfolgung im Übrigen gemäß §§ 154, 154a StPO - gegen C wegen des Tatvorwurfs der lnsolvenzverschleppung im Tatzeitraum von Mitte 2009 bis 04.04.2011 als Geschäftsführer der U F4 GmbH Anklage bei dem Landgericht Bonn. Nach Eingang der Anklageschrift bei der zuständigen 7. StK des Landgerichts wurde diese durch Verfügung vom 26.04.2016 dem Angeklagten C zugestellt und fortan gerichtlich unter Az. ... KLs #/... geführt.

Auf Anregung der Verteidigung des Angeklagten Dr. L kam es unter dem 17.05.2016 zu einem weiteren Gespräch zwischen dessen Verteidigern und der Staatsanwaltschaft, worin seitens der Verteidigung Dr. Ls die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO angefragt wurde. Die Staatsanwaltschaft lehnte dies ab, verwies aber darauf, dass wegen des weiteren Zeitablaufs eine weitere Absenkung ihrer bisherigen Vorstellungen in Betracht käme. Zudem regte die Staatsanwaltschaft in der Sitzung vom 03.06.2016 an, dass sie sich eine Einstellung dessen Verfahrens nach § 153a StPO gegen Zahlung eines fünfstelligen Betrages bei K vorstellen könne und insofern ein weiteres Verfahrensgespräch hilfreich sei. Entsprechend kam es am 10.06.2016 zu einem weiteren Verfahrensgespräch, an dem neben den Berufsrichtern der Kammer und den Vertretern der Staatsanwaltschaft, alle Verteidiger des Angeklagten C sowie Rechtsanwalt M14 für Dr. L und Rechtsanwalt L15 für K teilnahmen. Die Kammer teilte hierin mit, dass sie sich betreffend K ebenfalls eine Einstellung nach § 153a StPO bei vorheriger Geldzahlung in Höhe von 50.000 bis 60.000 € vorstellen könne. Rechtsanwalt L15 teilte hieraufhin für die Verteidigung Ks mit, dass das Verteidigerteam intern unterschiedlicher Auffassung sei und sein Mandant derzeit einer Lösung nach § 153a StPO nicht zustimme, man aber eine Einstellung nach § 153 StPO tragen könne. Die Kammer wie auch die Staatsanwaltschaft betrachteten das Gespräch in dieser Hinsicht damit für erledigt. Darüber hinaus führte die Kammer unter umfänglicher Bezugnahme auf ihre Ausführungen aus dem Verfahrensgespräch vom 10.11.2015 im Übrigen aus, dass sie sich eine Beschränkung des Prozessstoffs allein auf die Tatvorwürfe zu Tat 1 in Bezug auf das Jahr 2009 (Insolvenzverschleppung) sowie zu Tat 4 beschränkt auf eine Strafbarkeit nach § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB vorstellen könne. Hierzu sei eine zeitnahe Entscheidung der Staatsanwaltschaft geboten, da sich der weitere Gang der Beweiserhebung hiernach zu orientieren habe.

Die Staatsanwaltschaft teilte hierzu mit, dass sie für diesen Weg, eine Einlassung des Angeklagten C erwarte. Die Verteidigung des Angeklagten C lehnte eine solche Vorgehensweise im Hinblick auf die zwischenzeitlich erhobene weitere Anklage gegen ihren Mandanten ab. Die Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärten sodann, dass - sofern im hiesigen Verfahren eine Verurteilung im Bereich zwischen einem Jahr sechs Monaten und einem Jahr zehn Monaten rechtskräftig geworden sei - die Staatsanwaltschaft die Zusage geben würde, einer Einstellung des weiteren Verfahrens vor der 7. StK nach § 154 StPO zuzustimmen und von der Einleitung weiterer Verfahren abzusehen. Hieraufhin wies die Kammer darauf hin, dass eine Verfahrensabsprache im hiesigen Verfahren, die den Ausgang anderer Strafverfahren zum Gegenstand hätten, nicht möglich sei. Die Verteidigung des Angeklagten C erklärte sodann, sie wolle den Inhalt dieses Gesprächs mit dem Mandaten besprechen und eine entsprechende Stellungnahme abgeben. Die Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärten ihrerseits, diese Stellungnahme abwarten zu wollen und dann ebenfalls eine Erklärung zu dem Vorschlag der Kammer abgeben zu wollen.

In der Sitzung vom 15.06.2016 erklärte Prof. H13 für C nunmehr, dass sich dieser ein Geständnis für den Zeitraum Januar bis April 2011 allein betreffend die Insolvenzverschleppung auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens vorstellen könne. Voraussetzung wäre aber, dass die weiteren Tatvorwürfe in anderen Verfahren gegen C jeweils gemäß § 154 StPO eingestellt würden und die Staatsanwaltschaft zusagt, dass keine weiteren Ermittlungen mehr geführt würden. Nachdem die Kammer eine solche Vorgehensweise aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Bedenken abgelehnt hatte, stellte die Staatsanwaltschaft ihre Bedenken zurück. Schließlich wurde - ohne eine kosensuale Einigung für eine Verfahrensabsprache zwischen den Verfahrensbeteiligten erzielt zu haben, aber mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft - das Verfahren mit Beschluss der Kammer vom 17.06.2016 zunächst auf die Tatvorwürfe zu 1 (Insolvenzverschleppung) (=Tat 1) und zu 4 (Verletzung der Buchführungspflicht für das Jahr 2010 gemäß § 283b StGB) (=Tat 2) beschränkt. Nachdem die Verteidigung des Angeklagten C daraufhin anmerkte, sie sei missverstanden worden, da sich C doch umfänglich einlassen wolle, bot die Kammer nochmals an, dem Angeklagten C für den Fall einer Verurteilung eine Strafobergrenze einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe im Bereich von einem Jahr und sechs Monaten bis einem Jahr und zehn Monaten in Aussicht zu stellen, sofern C sich vollumfänglich einlasse und für Rückfragen der Kammer uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Die Verteidigung des Angeklagten C führte dazu aus, dass sie dies ohne eine vorherige Beschränkung für die Insolvenzverschleppung auf den Zeitraum Januar bis April 2011 ihrem Mandanten nicht anraten könne.

In Reaktion auf zwei in den Sitzungen vom 28.06.2016 und 13.07.2016 durch die Verteidigung Ks überreichter, maschinenschriftlich gefertigter, auf den 11.01.2016 datierter und mit einer unleserlichen Überschrift über dem Namensfeld "Dr. B2 T3" versehener schriftlicher Erklärungen nahm die Kammer erneut Kontakt zu den T4er Behörden auf, um eine nunmehr möglicherweise bestehende Aussagebereitschaft des Zeugen Dr. B2 T3 zu eruieren, und startete am 02.08.2016 eine INTERPOL-Voranfrage bezüglich des Zeugen. Am 09.08.2016 übersandte schließlich die Staatsanwaltschaft A3 der Kammer ein Schreiben des Verteidigers von Dr. T3, in dem dieser mitteilte, dass Dr. T3 weiterhin nicht bereit sei auszusagen und hinsichtlich der Frage der Echtheit der Erklärungen vom 11.01.2016 mitteile, dass es sich um seine Unterschrift handele.

Nachdem die 7. StK die Eröffnung des weiteren Strafverfahrens gegen den Angeklagten C unter Az. ... KLs #/... aus rechtlichen Gründen durch Beschluss vom 09.08.2016 abgelehnt hatte, da sie der Auffassung war, dass dieser das (dauerhafte) Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit im Hinblick auf das hiesige Strafverfahren entgegenstehe, erhob die Staatsanwaltschaft hiergegen unter dem 12.08.2016 Beschwerde, woraufhin dem Oberlandesgericht Köln Anfang September 2016 das Verfahren zum dortigen Az. # Ws ...#/... vorgelegt wurde. Am 27.09.2016 kam es dann auf Veranlassung des Verteidigers X8 zu einem Gespräch mit Staatsanwalt L14, in dem dieser nochmals die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO erfragte, woraufhin die Staatsanwaltschaft wiederholte, sich für K allein eine Einstellung gemäß § 153a StPO gegen Zahlung von 40.000 € vorstellen zu können. Im Anschluss erfragte die Kammer bei den Vertretern der Staatsanwaltschaft telefonisch außerhalb der Hauptverhandlung erneut, ob nunmehr eine abschließende Einschätzung der Staatsanwaltschaft zu einer Beschränkung der Tat 1 auf den Tatzeitraum 2009 vorliege, da sich die weitere Verfahrensführung an dem Ergebnis auszurichten habe. Schließlich wurde das Verfahren - nachdem die Staatsanwaltschaft nunmehr ihre Zustimmung erteilt hatte - mit Beschluss der Kammer vom 05.10.2016 hinsichtlich der Tat 1 auf den Zeitraum bis Ende 2009 beschränkt.

Nachdem unter dem 28.10.2016 die Staatsanwaltschaft der Kammer telefonisch mitgeteilt hatte, dass es an diesem Tag im Rahmen eines Treffens zwischen der Staatsanwaltschaft sowie den Verteidigern X8 und L15 des Angeklagten K zu einer Verständigung dahingehend gekommen sei, dass beidseitig - bei Berücksichtigung bereits aufgewandter Reise- und Verteidigungskosten durch K in Höhe von 300.000 € - eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO gegen Zahlung von 20.000 € befürwortet werde, wurde das Verfahren gegen K nach zwischenzeitlichem Eingang dieses Geldbetrags durch Beschluss der Kammer vom 16.11.2016 endgültig eingestellt. Von einer Vernehmung Ks als Zeuge sah die Kammer unter Berücksichtigung des diesem aufgrund des gegen ihn und zahlreiche andere Beschuldigte, so u.a. auch H9 und Steuerberater der Kanzlei T12 L3 L2, bei der Staatsanwaltschaft M13 zu Az. ...# Js ...#/... seit 2010 geführten, heute noch andauernden Ermittlungsverfahrens zustehenden umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht ab. Die dortigen Ermittlungen bezogen sich auf die Tatvorwürfe der Anstiftung zum gewerbsmäßigen Untreue, Untreue und Betrug im Zusammenhang mit Transaktionen mit den Anlegergeldern der E7, aus deren Dunstkreis jedenfalls ab 2008 auch Gelder an U-Gesellschaften geflossen waren.

Unter dem 09.11.2016 hatte die Verteidigung des Angeklagten Dr. L nochmals erfragt, ob nunmehr eine Einstellung nach § 153a StPO, ggf. auch bei Ableistung von bis zu 1.000 Arbeitsstunden - in Betracht käme, was seitens der Kammer verneint wurde. Nachdem dann nach Ausscheiden Ks durch die Verteidigung des Angeklagten C umgehend in der Sitzung vom 18.11.2016 die Vernehmung Ks als Zeuge beantragt worden war, versuchte die Kammer zunächst dessen Aussagebereitschaft über dessen Verteidiger abzuklären, die aber jeweils unter Berufung auf die Beendigung des Mandats keine Auskünfte mehr erteilten. Entsprechend kontaktierte die Kammer - nach vorheriger Genehmigung der T4er Behörden - K hierzu telefonisch, der dann durch Schreiben seines nunmehrigen Zeugenbeistands Rechtsanwalt X8 mitteilen ließ, dass er "grds. dazu bereit sei, Angaben zu machen" und "sich in der T4 durch die Verfahrensbeteiligten vernehmen zu lassen". In Reaktion hierauf richtete die Kammer am 25.11.2016 zur Vernehmung Ks ein weiteres Rechtshilfeersuchen an die T4. Nachdem die T4er Behörden K Mitte Dezember 2016 hierzu kontaktiert hatten und ihm zeitnah Vernehmungstermine für drei Tage unter Beteiligung der hiesigen Verfahrensbeteiligten in Aussicht gestellt hatten, teilte K über seinen Zeugenbeistand am 22.12.2016 mit, dass er nunmehr für eine Zeugenvernehmung nicht mehr zur Verfügung stehe und als Auskunftsperson nach T4er Recht keine Angaben mehr machen werde. Schließlich fand am 25.01.2017 eine Vernehmung des Zeugen K in A3 (T4) im Wege der Rechtshilfe statt, in der K vollumfänglich die Auskunft verweigerte und mitteilte, auch in Deutschland für eine Aussage nicht bereit zu stehen.

Im Verlauf der Hauptverhandlung hatte die Kammer zudem weitere Unterlagen beigezogen, so insbesondere die Geschäftsunterlagen der Q AG und über den Insolvenzverwalter Dr. C8 Verfahrensakten zu den Anfechtungsprozessen gegen die hier involvierten Übertragungsnetzbetreiber, die C2 M3 Fußball GmbH und das Finanzamt T14 sowie die Berichte zur Entwicklung der Insolvenzverfahren, die wiederum den Verfahrensbeteiligten umgehend elektronisch bereitgestellt worden waren. Durch Beschluss vom 07.12.2016 hob das Oberlandesgericht Köln unter Az. # Ws ...#/... den Nichteröffnungsbeschluss der 7. StK zu dem gegen C geführten weiteren Strafverfahren unter Zurückverweisung an diese Kammer auf, da das angenommene Verfahrenshindernis der doppelten Rechtshängigkeit deshalb nicht bestehe, weil die Tatvorwürfe der Insolvenzverschleppung der U I7 AG und der U F4 GmbH getrennt voneinander zu beurteilen und im hiesigen Strafverfahren allein die Insolvenzverschleppung der U I7 AG angeklagt sei.

e) Andere Strafverfahren

Parallel zu dem hiesigen Strafverfahren verliefen die Strafverfahren gegen weitere frühere Mitarbeiter der U-Gruppe - soweit hier relevant - wie folgt: Gegen die Mitglieder des inneren Führungszirkels der U-Gruppe wurden die Ermittlungsverfahren ab 2013 jeweils ausgetrennt und unter eigenen Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft geführt. Zu deren Beendigung ergingen teilweise Strafbefehle - jeweils unter Einstellung bzw. Beschränkung gemäß §§ 154, 154a StPO im Übrigen -, die allesamt von den Betroffenen akzeptiert wurden und nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwuchsen:

Strafbefehl des Amtsgerichts T14 vom 13.08.2013 (Az. ...# Cs ...#/... - ...# Js ...#/... StA C11) gegen O wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung der U I7 AG (Freiheitsstrafe 6 Monate zur Bewährung - Tatzeitraum Juli 2009 bis März 2011)

Strafbefehl des Amtsgerichts T14 vom 17.03.2015 (Az. ...# Cs .../... - ...# Js .../... StA C11) gegen L9 wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung der U I7 AG (Freiheitsstrafe 6 Monate zur Bewährung - Tatzeitraum Juli 2009 bis März 2011)

Strafbefehl des Amtsgerichts T14 vom 28.05.2015 (Az. ...# Cs ...#/... - ...# Js .../... StA C11) gegen N6 wegen Bankrotts betreffend die U F4 GmbH (Freiheitsstrafe 6 Monate zur Bewährung - Tatzeitraum Mai 2011 bis Juni 2011)

Strafbefehl des Amtsgerichts T14 vom 04.07.2015 (Az. ...# Cs ...#/... - ...# Js ...#/... StA C11) gegen L4 wegen Bankrotts in drei Fällen betreffend die U T21 GmbH (Gesamtgeldstrafe 90 Tagessätze zu je 25 € - Tatzeitraum November 2009 bis Juni 2011)

Strafbefehl des Amtsgerichts T14 vom 04.09.2015 (Az. ...# Cs ...#/... - ...# Js ...#/... StA C11) gegen T6 wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung der U I7 AG (Gesamtgeldstrafe 90 Tagessätze zu je 80 € - Tatzeitraum Juli 2009 bis Juni 2011)

Zudem wurden am 11.06.2015 die weiteren Ermittlungsverfahren gegen M10 (Geschäftsführer der F6 GmbH) gemäß § 170 Abs. 2 StPO sowie gegen O4 (Geschäftsführer der U DIALOG GmbH und der U SALES GmbH), T54 (Bereichsleiterin Customer Management U T21 GmbH) und X7 (Geschäftsführer der U N8 GmbH und der U O3 GmbH) jeweils gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Darüber hinaus wurde am 16.07.2015 das diesem erst am 11.03.2015 bekannt gegebene Ermittlungsverfahren gegen E3 (Geschäftsführer der I15 GmbH und U T47 GmbH - Az. ...# Js ...#/...) wegen Bankrotts in drei Fällen ebenfalls gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Neben dem hiesigen Verfahren sieht sich C weiterhin noch dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung betreffend die U F4 GmbH vor dem Landgericht Bonn (Az. ... KLs #/...) ausgesetzt. Ermittlungen hinsichtlich sämtlicher weiterer Tatvorwürfe im U-Komplex wurden anlässlich der dortigen Klageerhebung gegen C eingestellt. Hinsichtlich des Angeklagten Dr. L ist Gegenstand des verbleibenden Ermittlungsverfahrens zu Az. ...# Js #/... weiterhin die Tatvorwurf der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts betreffend derjenigen Tochtergesellschaften, bei denen Dr. L Posten als Geschäftsführer bekleidete. Darüber hinaus hatte die Staatsanwaltschaft am 27.05.2016 unter Az. ...# Js ...#/... Anklage gegen B wegen falscher uneidlicher Aussage vor der Kammer in der Sitzung vom 02.06.2015 erhoben. Das Verfahren wurde durch das Amtsgericht C11 (Az. ...# Ds ...#/...) gemäß § 153a Abs. 2 StPO nach Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 3.000 € endgültig eingestellt.

f) Stand der Insolvenzverfahren

In den seit 2011 andauernden Insolvenzverfahren betreffend die U-Gesellschaften war es dem Insolvenzverwalter fortlaufend gelungen, die Massen zugunsten der Gläubiger durch erfolgreichen Forderungseinzug und die Realisierung weiterer Anfechtungsansprüche gemäß §§ 129 ff. InsO zu mehren. Im Einzelnen:

(1) Einzug von Forderungen gegen Endkunden

Aktuell sind die Abwicklung der Vertragsverhältnisse mit den Endkunden und die Prüfung der angemeldeten Forderungen weit vorangeschritten, aber noch immer nicht abgeschlossen. Die Geltendmachung der sich aus der Erstellung der Verbrauchsabrechnungen ergebenden Forderungen der U T21 GmbH gegenüber rund 310.000 ehemaligen Endkunden erfolgt weiterhin im Wege des Forderungsinkassos durch die sog. ARGE ,,Inkasso U", ein Zusammenschluss von zehn Creditreform-Gesellschaften. Seit Eröffnung der Insolvenzverfahren konnten so durch den Insolvenzverwalter bislang bereits Forderungen gegen Drittschuldner in Höhe von insgesamt ca. 50 Mio. € realisiert werden.

(2) Anfechtungsansprüche gegen Geschäftspartner

Daneben hat der Insolvenzverwalter im Verlauf des bisherigen Insolvenzverfahrens bereits erfolgreich Anfechtungsansprüche insbesondere gegen sämtliche involvierten Netzbetreiber, Energielieferanten, Berater und weitere Geschäftspartner der U-Gruppe in erheblichem Umfang geltend gemacht, so u.a. exemplarisch gegen folgende gewichtige Geschäftspartner:

Übertragungsnetzbetreiber

Aus Anfechtungsansprüchen gegen die vier Übertragungsnetzbetreiber im Bundesgebiet flossen der Masse der U F4 GmbH bereits allein insgesamt über 97 Mio. € zu, die sich wie folgt zusammensetzten:

Unter dem 27.04.2016 kam es zu einem Vergleich in 1. Instanz vor dem Landgericht E10 mit den Vertretern der B15 GmbH, in dem diese sich - abweichend von den eingeklagten über 49,1 Mio. € - zu einer Zahlung an die Insolvenzmasse in Höhe von 27,5 Mio. € verpflichtete, die in der Folgezeit gezahlt wurden.

Unter dem 29.07.2016 kam es zu einem Vergleich in 2. Instanz vor dem Kammergericht C14 mit den Vertretern der I14 GmbH, in dem diese sich - abweichend von den eingeklagten über 36 Mio. € - zu einer Zahlung an die Insolvenzmasse in Höhe von 33 Mio. € verpflichtete, die in der Folgezeit gezahlt wurden.

Unter dem 11.08.2016 kam es zu einem Vergleich in 2. Instanz vor dem Oberlandesgericht T43 mit den Vertretern der U19 GmbH, in dem diese sich zu einer Zahlung an die Insolvenzmasse in Höhe von ca. 6,9 Mio. € verpflichtete, die in der Folgezeit gezahlt wurden.

Unter dem 31.08.2016 kam es zu einem Vergleich in 2. Instanz vor dem Oberlandesgericht C31 mit den Vertretern der U14 GmbH, in dem diese sich - abweichend von den eingeklagten über 32,8 Mio. € - zu einer Zahlung an die Insolvenzmasse in Höhe von ca. 30 Mio. € verpflichtete, die in der Folgezeit gezahlt wurden.

Gegenstand sämtlicher Vergleiche war die anfechtungsbedingte Rückzahlung von im Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2011 durch die U F4 GmbH an die Übertragungsnetzbetreiber geleisteten Zahlungen auf EEG- und Bilanzkreisabrechnungen.

C2 M3 Fußball GmbH

Aus Anfechtungsansprüchen gegen die C2 M3 Fußball GmbH flossen der Masse der U N8 GmbH, der U T21 GmbH und der U I7 AG insgesamt über 10,9 Mio. € zu. Hierzu war es unter dem 14.08.2015 in 2. Instanz vor dem Oberlandesgericht L10 zu einem Vergleich mit deren Vertretern gekommen, in dem sich diese - abweichend von den eingeklagten über 16 Mio. € - auf eine Zahlung von ca. 7,58 Mio. € an die Insolvenzmasse der U N8 GmbH, von ca. 960.000 € an die der U T21 GmbH und von ca. 2,43 Mio. € an die der U I7 AG verpflichtete.

HZA L10

Nach dem der Insolvenzverwalter im Januar 2014 dem HZA L10 mitgeteilt hatte, dass die an dieses geleisteten Zahlungen auf Strom- und Gassteuern im Zeitraum von Juni 2009 bis Juni 2011 im Wege der Insolvenzanfechtung zurückgefordert werden sollten, kam es in der Folgezeit zu Verhandlungen hierzu zwischen den Parteien. Schließlich wurde im Dezember 2014, nach Zustimmung sämtlicher Aufsichtsbehörden bis hin zum Bundesministerium der Finanzen, zwischen dem Insolvenzverwalter und dem HZA L10 - ohne Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens - ein Vergleich geschlossen, durch den sich dieses zur Zahlung von 800.000 € an die Insolvenzmasse der U I7 AG, von ca. 2,4 Mio. € an die der U T21 GmbH und von ca. 138,5 Mio. € an die der U F4 GmbH, insgesamt ca. 141,7 Mio. € verpflichtete.

Finanzamt T14

Nach dem der Insolvenzverwalter im August 2014 dem Finanzamt T14 mitgeteilt hatte, dass die an dieses geleisteten Zahlungen der U I7 AG auf Lohn-, Kirchen- und Umsatzsteuer (Organschaft mit der U F4 GmbH) im Zeitraum von Juni 2009 bis Juni 2011 im Wege der Insolvenzanfechtung in Höhe von über 27,8 Mio. € zurückgefordert werden sollten, erkannte das Finanzamt mit Schreiben vom 26.01.2015 ab Zugang des Prüfberichts des HZA L10 vom 01.10.2009, der ihm umgehend nach Abfassung Anfang Oktober 2009 bereitgestellt worden war, die Anfechtung ab diesem Zeitpunkt in voller Höhe an. Entsprechend kam es am 28.01.2015 zu einer Rückerstattung an die Masse der U I7 AG in Höhe von 27,8 Mio. €. In gleicher Weise erfolgte eine Rückerstattung von über 6,6 Mio. € an die Masse der U N8 GmbH und ca. 650.000 € an die der U F4 GmbH. Insgesamt kam es so zu Rückzahlungen in Höhe von über 35 Mio. €.

Berater C3 AG / Kanzlei G2

Im Verlauf des Insolvenzverfahrens hatte der Insolvenzverwalter zudem ebenfalls die Zahlungen der Beratungshonorare der C3 AG mit dem Ergebnis angefochten, dass sich die C3 AG durch einen Vergleich zur hälftigen Rückerstattung der erhaltenen Honorarzahlungen von ca. 1,4 Mio. €, also ca. 700.000 €, an die Insolvenzmassen der U I7 AG und der U F4 GmbH verpflichtete. Ebenso kam es aufgrund einer Anfechtung zur vergleichsweisen Rückerstattung von Beratungshonoraren von über 400.000 € der Kanzlei G2 an die Masse der U I7 AG.

Insgesamt ergaben sich allein aus den Anfechtungen in den Insolvenzverfahren gruppenübergreifend bislang Einnahmen von über 390 Mio. €. Die abschließende (klageweise) Durchsetzung entsprechender weiterer Ansprüche wird allerdings noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.

(3) Aufarbeitung konzerninterner Zahlungsflüsse / Jahresabschluss

Nachdem zur Aufarbeitung der gruppeninternen Zahlungsflüsse zwischen den jeweiligen Insolvenzschuldnerinnen und deren verbundenen Unternehmen im Gesellschafterkreis ein Sonderinsolvenzververwalter bestellt worden war, konnte deren Aufarbeitung erst in 2016 abgeschlossen werden. Die gerichtliche Geltendmachung von sich hieraus ergebenden Ansprüchen in der T4 sowie gegen drei weitere Gesellschaften im Inland dauert noch an. Weiter wurden seit Eröffnung der Insolvenzverfahren sukzessive nunmehr alle rückständigen Jahresabschlüsse nebst Steuererklärungen nachgeholt, wobei die Jahresabschlüsse der U I7 AG erst in 2016 erstmals fertiggestellt werden konnten, weil die Aufarbeitung aufgrund der Menge und des Zustands der vorgefundenen Buchhaltungsdaten und der vielfältigen, für externe Bearbeiter schwer zu rekonstruierenden Zahlungsflüsse zwischen den U-Gesellschaften lange Zeit in Anspruch genommen hatte.

(4) Haftungsansprüche gegen Organe

Darüber hinaus sind die Verfahren gegen frühere Organe der U-Gesellschaften, hier u.a. im Wege der Teilklage vor dem Landgericht Bonn gegen die Angeklagten C und Dr. L als ehemalige Vorstände gesamtschuldnerisch geltend gemachten Ansprüche gemäß § 92 InsO, §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Ziffer 6 AktG in Höhe von 1,5 Mio. € (Az. ... O .../...) sowie gegen die früheren Aufsichtsräte, hier auch den früheren Mitangeklagten K, gesamtschuldnerisch geltend gemachten Ansprüche wegen Aufsichtsratshaftung in Höhe von insgesamt 1.439.281,50 € (Az. ... O #/...) weiterhin in erster Instanz anhängig und nicht abgeschlossen.

(5) Freie Massen (Stand November 2016)

Aktuell gestaltete sich der Stand der Insolvenzverfahren über das Vermögen der maßgeblichen U-Gesellschaften vor diesem Hintergrund wie folgt:

Die U I7 AG verfügt über eine freie Masse von ca. 35,9 Mio. €. Aufgrund des positiven Verlaufs des Insolvenzverfahrens besteht heute keine Masseunzulänglichkeit mehr; vielmehr können die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger mit einer geringen Quote rechnen.

Die U F4 GmbH verfügt über eine freie Masse von ca. 293,8 Mio. €. Aufgrund des positiven Verlaufs des Insolvenzverfahrens besteht heute keine Masseunzulänglichkeit mehr; vielmehr können die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger mit einer Quote im zweistelligen Bereich, prognostisch bis zu 20% bis maximal 40%, rechnen.

Die U T21 GmbH verfügt über eine freie Masse von ca. 11,9 Mio. €. Ob und ggf. mit welcher Quote die Insolvenzgläubiger auf die zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen rechnen können, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Derzeit besteht weiterhin Masseunzulänglichkeit.

Die U N8 GmbH verfügt über eine freie Masse von ca. 25,5 Mio. €. Aufgrund des bisherigen Verlaufs des Insolvenzverfahrens können die nicht nachranggigen Insolvenzgläubiger mit einer geringen Quote rechnen.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Masseverbindlichkeiten der jeweiligen Insolvenzschuldnerinnen stehen so als freie Masse in den Insolvenzverfahren gruppenübergreifend bislang insgesamt über 366 Mio. € zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung. Mit einem Verfahrensabschluss sämtlicher Insolvenzverfahren ist aktuell nicht vor dem Jahr 2019 zu rechnen.

C. Beweiswürdigung

I. Vorspann

Die Kammer hat die Hauptverhandlung an 109 Sitzungstagen durchgeführt. Dabei hat sie die Beweisaufnahme - soweit dies organisatorisch möglich war - nach Verfahrenskomplexen und Tatzeiträumen strukturiert und zu verschiedenen Zeitpunkten die Einlassungen der Angeklagten entgegen genommen. Weiter wurden über 60 Zeugen, bei für das Tatgeschehen zentralen Zeugen zum Teil über mehrere Tage, gehört. Daneben hat die Kammer aufgrund bewilligter Rechtshilfeersuchen an die T4 drei weitere Zeugen vernehmen lassen, wobei die Vernehmung des ehemaligen Mitangeklagten K in A3 im Beisein einzelner Kammermitglieder erfolgte, und die resultierenden Einvernahmeprotokolle anschließend in die Hauptverhandlung eingeführt. Die Zeugen stammten insgesamt aus unterschiedlichsten Bereichen, so unter anderem aus dem damaligen Führungskreis der U-Gruppe sowie deren einfachem Mitarbeiterstab auf Arbeitsebene, den Verantwortlichen des Sponsoringengagements bei der C2 M3 Fußball GmbH, den involvierten Bearbeitern der zahlreichen eingeschalteten Berater (C3 AG, M6 AG, Rechtsanwälte der Kanzleien H, N, I und G H3 T2), den Sachbearbeitern der Bundesnetzagentur, des HZA L10 und der BFD West sowie dem Insolvenzverwalter Dr. C8 und dessen Mitarbeitern.

Daneben hat die Kammer weit über 1.300 - zum Teil sehr umfangreiche - Urkunden verlesen bzw. im Selbstleseverfahren eingeführt, die in weiten Teilen E-Mail-Kommunikation und Schriftverkehr zwischen den Angeklagten und anderen in das Tatgeschehen involvierten Personen aus den sichergestellten E-Mail-Postfächern der Angeklagten selbst, aber auch Aktenvermerke, Vertragstexte, Registerausdrucke, Firmenpräsentationen, Bilanzentwürfe, Liquiditäts- und Businesspläne, u.ä. umfassten. Ebenso als Urkunden eingeführt wurden sämtliche unternehmensintern verfassten und von den Angeklagten freigegebenen Protokolle der Treffen des Führungskreises der U-Gruppe sowie die Protokolle der Sitzungen des Aufsichtsrats der U I7 AG im Zeitraum von 2008 bis 2011, wobei letztere sämtlich durch den früheren Mitangeklagten K verschriftlicht worden waren. Anhand dieser Unterlagen ließ sich chronologisch die Unternehmensentwicklung kohärent und widerspruchsfrei nachzeichnen. Soweit in diesen Urkunden im Original vereinzelt englischsprachige Dokumente zugrunde lagen, bestehen an der Richtigkeit der eingeführten Übersetzungen aus Sicht der Kammer keine Zweifel. Die jeweiligen Übersetzungen wurden zudem von keinem der Verfahrensbeteiligten gerügt. Darüber hinaus hat die Kammer zahlreiche Urkunden und intern gefertigte Unternehmensübersichten in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen und enthaltene Textbausteine verlesen.

Hinsichtlich der Zeugin O sei vorab auf folgendes hingewiesen: Die Kammer hatte diese zunächst aufgrund fehlerhafter Rechtsauffassung in Bezug auf das Vorliegen eines umfänglichen Auskunftverweigerungsrechts nach § 55 StPO falsch dahingehend belehrt, dass sie zur Aussage verpflichtet sei, woraufhin die Zeugin umfängliche Angaben als Zeugin zur Sache gemacht hatte. Im Verlauf der Hauptverhandlung hatte die Kammer dann die Zeugin nochmalig geladen und diese nunmehr zutreffend belehrt, woraufhin sich diese auf ihr zustehendes umfängliches Auskunftverweigerungsrecht berief und mitteilte, keine Angaben machen zu wollen. Zuletzt - nachdem 2017 hinsichtlich noch verfolgbarer Tatvorwürfe Verjährung eingetreten war - erklärten sämtliche Verfahrensbeteiligten den Verzicht auf eine nochmalige Vernehmung Os. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer die zu Beginn gemachten Bekundungen Os im Rahmen der folgenden Beweiswürdigung sämtlich nicht berücksichtigt.

II. Feststellungen zur Person

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen, dem Werdegang und den strafrechtlichen Vorbelastungen beruhen für den Angeklagten Dr. L auf dessen diesbezüglich glaubhafter Einlassung, den hierzu eingeführten Urkunden, wie dies im Einzelnen aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, sowie u.a. den glaubhaften Angaben der Zeugin H7. Anlass, an den Angaben des Angeklagten Dr. L insoweit zu zweifeln, hat die Kammer nicht gefunden.

Für den Angeklagten C beruhen die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen, seinem Werdegang und den strafrechtlichen Vorbelastungen auf dessen glaubhafter diesbezüglicher Einlassung, den hierzu eingeführten Urkunden, wie dies im Einzelnen aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, ergänzend u.a. auf den Einlassungen des Angeklagten Dr. L und den glaubhaften Angaben der Zeugen H7, X5, H5 und S5.

III. Feststellungen zur Sache

Das den Feststellungen zugrunde liegende Rahmengeschehen hat die Kammer zuvorderst unter Rückgriff auf die zahlreichen eingeführten und in Augenschein genommenen Urkunden sowie bestätigend und ergänzend aus den Bekundungen der vernommenen Zeugen herleiten können. Gerade die Urkunden waren in einer Vielzahl unternehmensinterne Unterlagen aus den jeweiligen in den Feststellungen referenzierten Zeiträumen selbst, die von Mitarbeitern des Führungskreises der U-Gruppe oder den involvierten Beratern aus deren damaliger Sichtweise und Kenntnis heraus verfasst worden waren und aus denen sich der zeitliche und inhaltliche Verlauf der Unternehmensentwicklung detailliert in chronologischer Reihenfolge ergab, so u.a. die von den Angeklagten freigegebenen Protokolle der Treffen des Führungskreises der U-Gruppe sowie die Protokolle der Sitzungen des Aufsichtsrats der U I7 AG von 2008 bis 2011. Dabei hat die Kammer neben diesen allgemeinen unternehmensinternen Dokumenten insbesondere auch umfängliche E-Mail-Kommunikation der Angeklagten persönlich von und mit den damaligen Mitarbeitern des jeweiligen engeren Führungskreises der U-Gruppe, hier u.a. mit den gesondert Verfolgten N4, L4, T6 und O sowie dem ehemaligen Mitangeklagten K und den Zeugen B, T8, L8, C6, L9 und Dr. I3, ausgewertet, die sämtlich aus den sichergestellten E-Mail-Postfächern der Angeklagten selbst herrührten. Zu diesen hatte sich der Angeklagte Dr. L, dem diese Postfächer im Verlauf des Verfahrens im Wege der Akteneinsicht zu Kenntnis gekommen waren, auch glaubhaft dahingehend eingelassen, dass ihm - obwohl er freilich nicht jede E-Mail en detail erinnern könne - jedenfalls die daraus eingeführten E-Mails inhaltlich bekannt vorgekommen seien und ihn keine Urkunde überrascht habe. Vereinzelt habe er sich sogar an bestimmte E-Mail-Kommunikationen noch genau erinnern können, die Struktur der E-Mail-Postfächer habe seinen damaligen Bezeichnungen entsprochen. Darüber hinaus hat die Kammer dem Angeklagten Dr. L zahlreiche dieser Urkunden vorgehalten, zu denen er sich inhaltlich geäußert, deren Existenz er aber nie in Abrede gestellt hatte.

Ergänzt wurden die so bereits chronologisch rekonstruierten Geschehensabläufe zum Einen durch die internen E-Mail-Kommunikationen, Unterlagen und eigenen Aufzeichnungen (Verträge, Auswertungen, Präsentationen, gutachterliche Stellungnahmen, Schriftverkehr und Entscheidungen) der damals jeweils involvierten Berater und Behörden, hier der C3 AG, der Rechtsanwälte H, I, N und G H3 T2, der M6 AG sowie dem HZA L10, der BFD West und der Bundesnetzagentur, soweit diese der Kammer verfügbar waren, und den Bekundungen der jeweils vernommenen Berater und Mitarbeiter hierzu. Zum Anderen fügten sich die so gefundenen Ergebnisse inhaltlich auch in die insofern glaubhaften Einlassungen des Angeklagten Dr. L, der, obwohl er sich umfänglich zur Sache eingelassen und sämtliche Rückfragen der Kammer beantwortet hatte, im Verlauf der Hauptverhandlung bei keiner eingeführten Urkunde deren Inhalt gerügt oder ergänzt hat und im Übrigen beide Angeklagten der Verwertung der Urkunden durch deren Einführung in die Hauptverhandlung nicht widersprochen haben. Das so nachgezeichnete Rahmengeschehen umfasst die Entwicklung der U-Gruppe bis zu deren Einstieg in den Energiesektor im Strom- und Gasbereich, deren geschäftliche Entwicklung ab diesem Zeitpunkt über die Presseberichterstattung ab Oktober 2010 bis hin zur Insolvenzantragsstellung im Juni 2011 sowie Dauer, Inhalt und Verlauf der zahlreichen Beratermandate und die Kommunikation mit den für den Energiesektor maßgeblichen Behörden. Daneben ergaben sich daraus auch der Verlauf der Suche nach Geldgebern und resultierende Geldzuflüsse sowie die internen Strukturen der U-Gruppe, deren interne Entscheidungsprozesse und die jeweiligen Überlegungen des Führungskreises im Unternehmen in den jeweiligen festgestellten Zeiträumen zu relevanten Sachfragen. Darüber hinaus - ergänzend u.a. zusätzlich gestützt auf die glaubhaften Bekundungen der Zeugen Dr. C8 und Dr. L6 und die durch den Insolvenzberater bereit gestellten, eingeführten Urkunden - konnte die Kammer so auch den Ablauf der Unternehmensentwicklung nach Insolvenzantragsstellung und ab Beginn der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bis zur Urteilsverkündung nachzeichnen. Soweit in vereinzelten Fällen notwendig, wird darüber hinaus noch auf einzelne Details im Gesamtgeschehen näher einzugehen sein. Vor diesem Hintergrund haben sich die Angeklagten zum Tatgeschehen wie folgt eingelassen:

1. Einlassung des Angeklagten C

Der Verteidiger des Angeklagten C hat am 105. Sitzungstag eine Erklärung zum Lebenslauf und den persönlichen Verhältnissen verlesen, die sich der Angeklagte auf Nachfrage der Kammer zu Eigen gemacht hat. Im Übrigen hat sich der Angeklagte C zur Sache nicht eingelassen.

2. Einlassung des Angeklagten Dr. L

Der Angeklagte Dr. L hat zu seiner subjektiven Kenntnis, seinen inneren Vorstellungen und konkreten Beiträgen bei den einzelnen Taten sowie zum Geschehensablauf teilweise abweichende Einlassungen abgegeben, die im weiteren Verlauf dargestellt werden sollen:

a) Genese des Einlassungsverhaltens Dr. Ls

Nachdem die Kammer den Angeklagten am 1. Sitzungstag über den aktuellen Stand des im Vorfeld in mehreren Verfahrensgesprächen erörterten Verständigungsvorschlags der Kammer aus Januar 2015, dem die Staatsanwaltschaft bereits zugestimmt hatte, unterrichtet und diesen entsprechend belehrt hatte, stimmte Dr. L am 2. Sitzungstag der angetragenen Verfahrensabsprache zu und erklärte, dass er sich umfassend zur Sache einlassen und im Anschluss Fragen aller Vefahrensbeteiligten beantworten wolle. Sodann verlas er eine 26-seitige Erklärung zur Person und zu den einzelnen Tatvorwürfen. Weiter stellte er sich am 3. und 4. Sitzungstag ankündigungsgemäß den Fragen sämtlicher Verfahrensbeteiligter. In der Folgezeit kam es jeweils am 5. bis 8., 12., 39., 46., 79., 94., 103. und 105. Sitzungstag zu einzelnen, teilweise auch umfangreichen, dem weiteren Verlauf der Hauptverhandlung geschuldeten Ergänzungsfragen seitens der Kammer und vereinzelt auch anderer Verfahrensbeteiligter, die der Angeklagte Dr. L immer umgehend und ohne Rücksprache mit seinen Verteidigern beantwortet hat.

b) Einräumung des objektiven Rahmengeschehens

Dr. L hat in seiner Einlassung das festgestellte objektive Rahmengeschehen im Wesentlichen eingeräumt und sich insoweit geständig eingelassen:

(1) Tatvorgeschichte und Struktur und Organisation der Gruppe

Dr. L hat zunächst glaubhaft seine ersten Kontakte zur U-Gruppe allgemein, zu K und zu C, die Umstände des Eintritts in den Vorstand der U I7 AG Anfang 2009 sowie ab diesem Zeitpunkt, die Umstände der Zusammenarbeit im Vorstand mit den anderen Mitgliedern wie festgestellt geschildert. Zudem hat er ausführlich die Struktur der U-Gruppe und das Zusammenwirken der einzelnen Tochtergesellschaften bei der Akquise von Endkunden erörtert und seine Stellung als jeweils "technischer" Geschäftsführer der U T21 GmbH und "technischer" Vorstand bzw. ab Mai 2011 Vorstandsvorsitzender der U I7 AG näher beschrieben. Ebenso eingeräumt hat er, dass bereits bei seinem Einstieg als Vorstand im Februar 2009 die die finanzielle Lage der Gruppe angespannt gewesen sei.

Zur Aufgabenverteilung im Vorstand hat er erklärt, dass es so gewesen sei, dass B in seiner Zeit das Finanzressort übernommen habe, Vorsitzender sei C gewesen, der überwiegend für Marketing und Vertrieb zuständig gewesen sei, er selbst sei technischer Vorstand gewesen, zuständig für EDV-Systeme und Kundenservice. Es sei kein Herrschaftswissen in einzelnen Zuständigkeiten gebildet worden. Zwar habe jeder seine Aufgaben unabhängig wahrgenommen, es habe aber auch Informationsaustausch dazu gegeben, insbesondere natürlich dann, wenn "die Hütte brannte". Nach dem Ausscheiden Bs sei mit L4 ein neuer Finanzleiter an Bord gekommen, dieser habe aber an den Vorstandsvorsitzenden berichtet. Sein Ressort habe sich im Zuschnitt nicht verändert. Bs Nachfolge im Vorstand selbst habe C angetreten, das kaufmännische Knowhow sei durch die Zwischenschaltung von L4 eingebaut worden. Er hat weiter glaubhaft berichtet, dass es im Zwei-Wochen-Rhythmus Führungskreissitzungen gegeben habe, an denen die Geschäftsführer und Vorstände aller Gesellschaften sowie relevante Bereichs- und Abteilungsleiter teilgenommen hätten und zu denen Protokolle gefertigt worden seien. Daneben habe es vereinzelt Vorstandssitzungen und alle vier bis acht Wochen Sitzungen des Aufsichtsrats, deren Protokolle stets von K gefertigt worden seien, soweit protokolliert worden sei, gegeben.

Dr. L hat sich dann eingelassen, dass ein Cashpool innerhalb der Gruppe rechtlich nicht bestanden habe, allerdings die Konten faktisch nicht unabhängig voneinander geführt worden seien. Es habe also einen faktischen Cashpool gegeben. Es habe immer nur ein Gesamtbild für Forderungen gegeben. Hierfür seien Liquiditätspläne erstellt worden, die der Priorisierung von Zahlungen dienten. Es habe Fälle gegeben, in denen Zahlungen mangels Liquidität von falschen Konten gezahlt worden seien. Für die Einzüge habe es feste Termine zum Monatswechsel gegeben, solche Termine haben etwa 80 Prozent der Kunden betroffen, dazu seien untermonatliche Einzüge durchgeführt worden. Ebenso habe es Paketeinzüge gegeben. Die Verteilung der Eingänge der Kundengelder sei sicherlich eher 90:10 als 50:50 gewesen. 2009 haben seiner Erinnerung nach die Einzüge insgesamt bei ca. 30 Mio. EUR monatlich gelegen.

Er hat sich auch umfänglich zu seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der U T21 GmbH und deren internen Abläufen eingelassen. Dort sei er allein für technische Belange verantwortlich gewesen, den kaufmännischen Bereich habe B betreut. Für B sei L4 gekommen und habe für diesen den Bereich Finanzen bei der U I7 AG sowie dessen Posten als Geschäftsführer der U T21 GmbH übernommen. Hierbei hat Dr. L auch das Zusammenspiel zwischen der U T21 GmbH und der F6 GmbH sowie dasjenige zu den anderen U-Gesellschaften erläutert. Danach seien die Haupteinnahmen der Gruppe von der F4 gekommen, die ihrerseits mit der T21 einen Factoringvertrag geschlossen habe. Die F4 sei auch Hauptträger der Gruppen-Verbindlichkeiten gewesen. Über den Factoringvertrag habe dann letztlich die T21 die Einnahmen zugewiesen bekommen. Das laufende Geschäft sei daher vornehmlich über die Konten der T21 abgewickelt worden.

(2) Zur Rolle Ks im Unternehmen

Zur Rolle Ks hat der Angeklagte umfängliche Angaben gemacht: Danach sei für ihn mit dem Wechsel Ks in den Aufsichtsrat Ende 2007 keine Änderung wahrnehmbar gewesen, diese sei, wenn überhaupt, nur gradueller Natur gewesen, eine Zäsur habe es nicht gegeben. Für diese Sichtweise spreche auch, dass er den Wechsel überhaupt nur schwer zeitlich verorten könne. Eine Einbindung im Tagesgeschäft habe es nicht gegeben, wohl aber eine Einbindung bei wesentlichen operativen Entscheidungen für die Gruppe, diese seien K bekannt gewesen. K habe in finanziellen Fragen gestaltet und mitgewirkt und sei im Prozess zu allen finanziellen Aspekten ab dem 2. Halbjahr 2009 eingebunden worden. Die Strukturen seien nie so wie bei einer Abstimmung gewesen, K habe mehr im Sinne einer fachlichen Kompetenz die Entscheidung getrieben. Seine finanzielle Kompetenz sei im Vergleich zu der des Unternehmens überragend gewesen, es habe im Unternehmen niemand gegeben, der ihm "das Wasser habe reichen können". Das könne man positiv wie negativ sehen. K sei im Durchschnitt so ca. einmal in der Woche in U4 anwesend, manchmal aber auch 3-4 Wochen gar nicht vor Ort gewesen. Ab 2009 habe es eine gewisse Unregelmäßigkeit und abnehmende Präsenz gegeben, zumal K seinen Lebensmittelpunkt - wie auch C - nicht in U4 gehabt habe. 2010 habe sich dann alles massiv verändert bis hin zur völligen Abwesenheit Ks.

K habe im Aufsichtsrat eine federführende Rolle inne gehabt, die sehr operativ ausgestaltet gewesen sei. Er sei die Person des Aufsichtsrats gewesen. K habe zu seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat Mitte 2010 angeführt, er trete aus gesundheitlichen Gründen zurück. Die wahren Gründe seien ihm von C mitgeteilt worden. Irgendwie sei er damals an das Aktenzeichen aus einer Internetrecherche zu K gekommen und habe sich dann über seine Anwälte das zugehörige Urteil besorgt. Es habe schon Fragen gegeben, warum habe ein Tross von Menschen in die T4 reisen müssen und nicht eine Person nach U4, aber er sei ja auch Aufsichtsrat gewesen. K habe einen uneingeschränkten VPN-Zugriff auf die Server der U-Gruppe gehabt und eine E-Mail-Adresse des Unternehmens unterhalten. Beides habe so bis September 2010 fortbestanden, dann sei beides nach Ausscheiden Ks gelöscht worden. Der VPN-Zugriff habe nach seiner Kenntnis keine Einschränkungen aufgewiesen, natürlich habe K nicht auf die Buchhaltung zugreifen können, wohl aber auf die sonstigen Nutzerdaten. C sei näher an K dran gewesen als er selbst. Die Situation sei schwierig gewesen, C habe eben gewonnen und "Oberwasser" bekommen, daher sei das Gleichgewicht zwischen ihnen beiden empfindlich gestört gewesen. Man habe im Vorstand zusammengearbeitet und auf einem Flur gesessen. Da der Draht C/K besser gewesen sei als der L/ K sei die Entscheidungsfindung häufig dergestalt abgelaufen, dass sie zunächst zwischen K und C abgestimmt und dann ihm, Dr. L, mitgeteilt worden sei.

(3) Zum Tatgeschehen zu Tat 1

Hinsichtlich der Tat 1 hat der Angeklagte Dr. L sich teilweise geständig eingelassen. So hat er zunächst umfängliche Angaben zur Beauftragung der C3 AG und deren Tätigkeiten gemacht und eingeräumt, dass er Mitte 2009 Kenntnis von Steuernachzahlungen im Millionenbereich gehabt habe, für die die U F4 GmbH die Stundung beantragt habe und in der Folgezeit aus seiner Sicht nichts außer einen wirtschaftlichen Prüfung der U F4 GmbH durch den Prüfungsdienst des HZA erfolgt sei. Darüber hinaus hat Dr. L eingeräumt, dass die C3 AG in einer außerordentlichen Vorstandssitzung am 10.06.2009 eine Deckungslücke von 24 Mio. € festgestellt habe, aufgrund derer eine vom Vorstand beauftragte Liquiditätsübersicht durch die Abteilungen Rechnungswesen und Controlling erstellt worden sei, um zu entscheiden, ob eine Insolvenzantragspflicht für einzelne Gesellschaften bestehe. Nachdem diese Übersicht, die ständig aktualisiert worden sei, dem Vorstand vorgelegt worden sei, habe B in seiner Funktion als Finanzvorstand einen Brief an den Aufsichtsrat verfasst, in dem mitgeteilt worden sei, dass ein Kapitalbedarf bestünde und falls dieser nicht bis zum 17.07.2009 gedeckt sei, dem Vorstand und so auch ihm selbst nichts übrigbleiben würde, als Insolvenzantrag zu stellen oder das Vorstandsamt niederzulegen. Obwohl kein entsprechender Mittelzufluss stattgefunden habe, hätten weder die Vorstandsmitglieder der U I7 AG, noch C als Geschäftsführer der U F4 GmbH Insolvenzantrag gestellt.

Ergänzend führte Dr. L auf Nachfrage der Kammer am 3. Sitzungstag weiter aus, dass er sich an die Sitzung am 10.06.2009 erinnere, auch an die dort genannten Liquiditätslücken. Danach seien zahlreiche Liquiditätspläne erstellt worden, mit roten und weißen Bereichen. Die Situation sei so gewesen, dass am Monatsanfang immer Gelder da waren, die dann im Verlauf des Monats schnell zuneige gingen. Die Frage sei dann gewesen, ob eine Insolvenz gegeben sei. Es habe frisches Kapital eingebracht werden sollen, die dafür angedachte Kapitalerhöhung sei jedoch nur bilanziell wirksam gewesen. Er habe sich auf die Auskünfte Bs verlassen, es sei allerdings im Nachgang auch niemand später gekommen, der gesagt habe, die Deckungslücke habe nicht bestanden. Zudem trage das Schreiben vom 09.07.2009 seine Unterschrift. Ihm sei die Lage damals so geschildert worden. Der Inhalt sei damals so zutreffend gewesen und spiegele seine damalige Kenntnis wider. Die Kasse habe keinen Euro mehr gehabt. Jedenfalls bis Anfang 2010 sei so kein Kapital liquiditätswirksam zugeführt worden. Entsprechend habe man irgendwann Liquiditätspläne aufgestellt, seiner Erinnerung nach so ab September 2009, dies aber nicht mit Sicherheit, und diese im Vorstand herumgeschickt. Irgendwann habe dann N4 nur noch überweisen wollen, wenn vorher eine Freigabe erteilt worden sei. Man habe dann in Bezug auf die überfälligen Forderungen der Netzbetreiber abgewogen: War das Nichtzahlen wirkungsfrei, dann habe man eben nicht gezahlt, falls nicht, dann habe man gezahlt oder eine Stundung erwirken wollen. Die Pläne seien von der Buchhaltung vorbereitet worden. Daran habe sich C und der Vorstand orientiert. Jedenfalls 2010 sei mit diesen Plänen in dieser Weise priorisiert worden.

Er selbst sei zu jeder Zeit über die Gesamtsituation der Finanzen bei der I7 und der Gruppe informiert gewesen. In 2009 seien Powerpakete nicht systematisch verlegt worden. Es habe aber vereinzelt frühzeitiges Einziehen von Forderungen gegen Kunden gegeben, um die Liquidität des Folgemonats vorzuziehen, da man sonst nicht hätte bezahlen können. Das sei wieder ein Fall des Liquiditätausder-Zukunft-Holens gewesen. Insofern sei es zutreffend, dass vorsätzlich verfrühte Einzüge zum Monatswechsel passiert seien und es auch Doppeleinzüge gegeben habe. Bei letzteren habe es Datenverarbeitungsfehler zwischen den unterschiedlichen Schnittstellen gegeben, das sei nicht nur einmal passiert, das seien so fünf bis sechsstellige Doppeleinzüge gewesen. Doppeleinzüge seien aber nicht vorsätzlich erfolgt.

Betreffend der Suche nach Investoren habe es einen Kontakt zu einem vermeintlichen ägyptischen Investor gegeben, im Zuge dessen sei er selbst dreimal für Verhandlungen in Ägypten gewesen. Man habe über 35 Mio. € Darlehen und sehr hohe Zinsen gesprochen. Dass man über eine solche Zinshöhe überhaupt verhandelt habe, habe bedeutet, dass der Gruppe "das Wasser bis zum Hals gestanden" habe. In der Zeit von Juli bis Ende 2009 sei auch von Seiten Ks kein frisches Kapital gekommen. Dieser habe in 2009 jede Situation gekannt. Es habe Vorschläge von K zur Zusage von Finanzmitteln gegeben, ebenso planerische Beiträge für die Geschäftsplanung, z. B. für Verschmelzung einzelner Unternehmen. K habe Hinweise zu Preiserhöhungen und zur weiteren Kundengewinnung gegeben. Er habe Vorschläge gemacht, wie weitere Kunden gewonnen und wie bessere Rendite erzielt werden könne, all das sei in die Entscheidungsprozesse der I7 mit einbezogen worden. Erste Investorengelder in maßgeblicher Höhe seien - abseits der nur bilanziell wirkenden Kapitalerhöhung - aber erst im November 2010 eingegangen. Nur Anfang 2010 habe es seiner Erinnerung nach nochmals eine niedrige siebenstellige Summe als Zufluss gegeben, die nicht Teil dieser Kapitalerhöhung gewesen sei.

(4) Zum Geschehensverlauf ab 2010

Darüber hinaus hat Dr. L Angaben zu den Beratungsmandaten in der Zeit ab Ende 2009 und deren Verlauf aus seiner Sicht gemacht, so insbesondere auch zu Beauftragung und Verlauf der Mandate mit G2 und den H10 Partners: Er hat erläutert, dass G2 zur Erstellung eines Sanierungsgutachtens beauftragt gewesen sei und diese zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die U F4 GmbH eine Brückenfinanzierung benötige, um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Die H10 Partners seien nach auftragsgemäßer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Geschäftsbetrieb der U F4 GmbH 150 bis 200 Mio. € wert gewesen sei, was für ihn eine Bestätigung gewesen sei, dass eine Insolvenzantragspflicht nicht bestanden habe. Trotz fehlenden Kapitalzuflusses in 2009 sei die Deckungslücke aus 2009 in 2010 kein Thema mehr gewesen. Diese sei wohl abgeschmolzen. Frühzeitige Einzüge von Kundengeldern habe es nicht mehr gegeben, die Ertragslage habe sich ja verbessert. Über die Verschiebung der Auszahlung von Kundenguthaben sei gesprochen worden, dieses hätten vorsichtig ausgezahlt werden sollen, um die Liquidität zu schonen. Bereits zu Beginn 2010 habe es jedenfalls die bereits beschriebenen Liquiditätspläne gegeben, die von N4, C6 und vielleicht T6 erstellt worden seien, im Verlauf hätten diese einen abnehmenden Unterdeckungsbereich gehabt, der Ende 2010 komplett im grünen Bereich geblieben sei. Die Ertragslage sei besser geworden, weil die Kundenmargen durchgängig positiv geworden seien. Die Preise seien sukzessive angepasst und sog. C-Kunden bei Nichtzustimmung ohne Risiko fallengelassen worden. Die Rendite sei im Gasbereich im hohen zweistelligen Bereich gewesen, im Strombereich einstellig.

Des Weiteren hat der Angeklagte Dr. L ausgeführt, dass es ab Oktober 2010 zu massiver Presseberichterstattung durch das I18 gekommen sei und deren Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb der U-Gruppe, so u.a. die Kündigungen der Banken, die Probleme bei der Umstellung von Lastschrift auf Überweisung, u.a. mit sich brachten, nachhaltig geschildert. Darüber hinaus gab er an, dass ab November 2010 und danach insgesamt 44 Mio. € durch die D8 AG an die U I7 AG geflossen seien, die aus seiner Sicht - unter Berücksichtigung der monatlichen Eingänge von 40 Mio. € an Kundengeldern - durch die Kapitaleinschüsse die von G2 bezifferte Unterdeckung in Höhe von 15 Mio. € abgesichert hätten, u.a. auch deshalb, weil die Kundenmarge in 2010 nicht unerheblich angestiegen sei. Bis Ende 2010 erinnere er darüber hinaus keinen weiteren Liquiditätszufluss. Die Gesellschaft D8 AG sei von K oder dessen Umfeld als Gelenk für den Verkauf der U I7 AG gegründet worden. Diese habe zunächst alle Anteile der bisherigen Investoren erwerben und dann ca. 75-80 Prozent davon an den russischen Investor F11 übertragen sollen. Es habe 2010 auch einen Kaufvertrag gegeben, dessen Vollzug Ende 2010 sein sollte, für den es eine Anzahlung des Kaufpreises als Darlehen an die Gesellschaft in Höhe von 4 Mio. € gegeben habe.

(5) Zum Geschehensverlauf ab 2011 und Tatgeschehen zu Tat 2

Jedenfalls ab Januar 2011 habe es erhebliche Rückstande in der Buchhaltung gegeben, die natürlich organisatorisch undenkbar gewesen seien. Alle technischen Maßnahmen hätten nicht mehr in dem Umfang gegriffen wie erhofft und die Banküberweisungen hätten händisch in die Datenbank eingegeben werden müssen, deshalb habe es auch 30-40 neue Mitarbeiter gegeben, die die händische Zuordnung machen sollten. Die Rückstände seien in der Folgezeit nicht abgebaut worden, aber sie hätten sich auf einem konstanten Niveau gehalten. Er habe zwar eine Zusage von Prof. T46 für die russischen Investoren erhalten, dass weitere Gelder fließen würden, hierzu habe es aber konkrete Vereinbarungen nicht gegeben, auch seien Gelder nicht kurzfristig gekommen. Auf Vorhalt bestätigte Dr. L, dass es am 17.01.2011 ein Treffen gegeben habe, in dem Prof. T46 als Vertreter der Investoren teilgenommen habe. Dieser habe klar gesagt, dass die Investoren die Lücken von ca. 45 Mio. € zzgl. 15 Mio. € Sicherheitsabschlag, die G2 ermittelt habe, decken würden. Deshalb habe er gedacht, dass man das werde beibringen können, insbesondere auch durch Beitreibung der ausstehenden Kundengelder. G2 habe diese zwar in die Bedarfsermittlung einbezogen, er habe aber aus technischer Sicht eine andere Erwartung gehabt. Er habe sich allein darauf konzentriert, die Kundengelder beizubringen. ab wann das gescheitert sei, wisse er nicht genau, aber es habe nicht wie erwartet funktioniert.

Dr. L hat weiter eingeräumt, dass C im März als Vorstandsvorsitzender zugunsten des Sanierers Dr. I3 zurückgetreten sei und machte Angaben, zu den durch Dr. I3 in der Folgezeit angestoßenen Maßnahmen, hier u.a. die Beauftragung von T49 zur Erstellung eines Sanierungsgutachtens. Hinsichtlich der Tat 2 war der Angeklagte Dr. L weitestgehend geständig: Er hat eingeräumt, dass in seiner Zeit als Vorstand der U I7 AG eine Bilanz nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise fertiggestellt worden sei. In seiner Funktion als technischer Vorstand habe er jedoch alles daran gesetzt, die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Buchführung sowie für die fristgerechte und ordnungsgemäße Erstellung einer Bilanz zu schaffen, was ihm aber nicht gelungen sei. Auf weitere Nachfrage der Kammer erklärte er am 4. Sitzungstag ergänzend, dass die C3 AG beauftragt gewesen sei, die Bilanzen aus 2008 und 2009 zu prüfen, die für 2010 sei gar nicht erst aufgestellt worden.

Zudem erläuterte er die Umstände bis zur Insolvenzantragsstellung nach seiner Berufung zum Vorstandsvorsitzenden für den abberufenen Dr. I3, so u.a. die Kenntnisnahme der Gutachtens der Kanzlei I4 B4 am 25.05.2011 und dem von diesen mitgeteilten Prüfungsergebnis, das ein Liquiditätsbedarf von 190 Mio. € bestehe. Hinsichtlich der Zahlen von T49 erklärte Dr. L auf Nachfrage, dass er sich das nur so erklären könne, dass er keine Transparenz über die Gesamtzahlen gehabt und sich auf das Beibringen der Kundengelder konzentriert habe. Er habe alles andere nicht ausgeblendet, sich aber sehr intensiv auf die Beibringung konzentriert. Er habe sich schon auf Dr. I3 als erfahrenen Sanierer verlassen. Sicher sei der kein "heilsbringender Engel" gewesen. Den ermittelten Liquiditätsbedarf habe es aber gegeben, der sei F11 aber bekannt gewesen. Nachdem diese dennoch kurzfristig keine Gelder mehr eingebracht hätten, habe er nach 3 Wochen Insolvenzantrag gestellt.

Er habe drei konkrete Fälle von Interessenten für ein Investment in Erinnerung, die auch vor Ort gewesen seien. Es habe ihn gewundert, dass H4 wieder Interesse gehabt habe, da diese bis dahin einen "Chimärencharakter" gehabt hätten und immer mal wieder aufgetaucht seien. Zudem, daran habe er sich selbst nicht erinnert, sei aber durch L9 wieder erinnert worden, sei B und die Stadtwerke P10 Interessent gewesen. Das Stadium sei über die Interessenbekundung hinaus gegangen, habe aber noch keinen Due Diligence-Charakter gehabt. Damals hätte es verschiedene Ansätze gegeben, bei H4 habe ein Kaufpreis von 50 Mio. € im Raum gestanden, an den Verhandlungen sei er nicht beteiligt gewesen. Gesellschafter der I7 seien zuletzt Offshore-Gesellschaften gewesen, die naturgemäß den wahren Eigentümer verschleiern sollten. Er meine, bei Antragstellung seien Eigentümer die Gesellschaften U18 und W13 gewesen.

(6) Zum verwendeten Buchhaltungssystem

Strukturell habe die sprunghaft angestiegene Zahl der Energiekunden ein erhebliches operatives Problem dargestellt. B und er hätten festgestellt, dass das bestehende Buchhaltungssystem nicht beibehalten werden könne und sich daher entschlossen, das System der Firma T56 einzuführen. Die Umstellung der Prozesse habe bis Mitte 2010 angedauert, gerade als dann die technischen Voraussetzungen im September 2010 geschaffen gewesen seien, sei dann die Berichterstattung des I18 losgegangen. Ab diesem Zeitpunkt sei die Zuordnung von Überweisungen schwierig und bisweilen nur durch massive manuelle Tätigkeiten ermittelbar gewesen. Trotz größter Bemühungen sei es indes nicht gelungen, die Buchhaltungssysteme wieder auf den Stand vor der Presseberichterstattung zu bringen, vielmehr habe man die Buchhaltung in der Folgezeit bis zur Antragstellung nicht mehr taggenau, sondern nur noch mit erheblichen Verzögerungen und Rückständen darstellen können.

(7) Tarifgestaltung und Paketangebote

Darüber hinaus hat sich Dr. L zur Tarifgestaltung und der Einführung neuer Tarife und den Vertriebsstrukturen umfänglich eingelassen, insbesondere hat er ausgeführt, dass hierbei die eigentliche Vertriebsstruktur durch die Marketing festgelegt worden, die Entscheidung, welche Produkte wann vertrieben werden sollen, aber in der F4 getroffen worden sei, zwar auch in der I7, vornehmlich aber in der F4. Selbstverständlich sei er über alle Tarifgestaltungen informiert und an dem Entscheidungsfindungsprozess, wie und welche Tarife angeboten werden, beteiligt gewesen. Die finale Entscheidung sei aber in der F4 durch C getroffen worden, selbstverständlich sei der Vorstand der I7 hierüber stets informiert gewesen und hätte intervenieren können. Generell habe es im Unternehmen keinen formellen Genehmigungsprozess auch im Hinblick auf die Personalunion Cs als Geschäftsführer der F4 wie auch Vorstandsvorsitzender der I7 gegeben. Es habe Tarife mit Unterdeckung gegeben, aber auch andere, insgesamt habe man darauf geachtet, eine durchschnittlich positive Marge zu erzielen. In der Anfangszeit habe man den Fehler begangen, falsche Mischkalkulationen anzustellen und automatisch eine Preisgarantie für drei Jahre an die Kunden weiterzureichen, so dass Unterdeckungen über Jahre festgelegt gewesen seien. Man habe dann in der Folgezeit versucht, die Unterdeckungen abzubauen, da die Strompreise explodiert seien und die Situation sich verschlechtert habe.

Die Paketangebote habe er gekannt und mitgetragen. Die Pakete hätten auch Liquidität erzeugen sollen. Sicherungsinstrumente für die Einkaufsbedingungen hätten nicht existiert. Bei den Paketaktionen Mitte 2010 habe man unterdeckende Tarife angeboten, die bei direkter 1:1 (Einkauf/Verkauf)-Kalkulation nicht kostendeckend gewesen seien. Die Pakete seien durch C aufgesetzt worden und hätten dazu dienen sollen, Liquidität aus der Zukunft hereinzuholen. Gleichzeitig habe es weiterhin keine Preissicherungsinstrumente auf dem volatilen Strommarkt gegeben. Er sei zu wenig Kaufmann, als dass er eine Bewertung vornehmen könne, dass es sich hierbei um ein Schneeballsystem gehandelt habe, ein solches sei seiner Kenntnis nach von Anfang an unlauter aufgestellt, das passe hier nicht, gleichwohl habe man Liquidität aus der Zukunft holen wollen. Mit den Erlösen seien die Rückstände der Steuer bis Herbst 2010 komplett bedient worden.

Im Übrigen hat der Angeklagte Dr. L insbesondere bezüglich seiner subjektiven Vorstellungen und Kenntnisse bei der Tat 1 differenzierte, von den Feststellungen teils abweichende Angaben gemacht, die im Folgenden - zusammen mit den genannten, vereinzelt gebliebenen Abweichungen hinsichtlich des an sich eingeräumten objektiven Geschehens - zusammengefasst dargestellt werden sollen:

c) Erklärung Dr. L vom 02.02.2015 (2. Sitzungstag)

In seiner verlesenen Erklärung zu Beginn der Hauptverhandlung hat sich Dr. L dahingehend eingelassen, dass er als sich als rein "technischer" Vorstand hinsichtlich der Einschätzung der finanziellen Lage voll auf den Finanzvorstand B verlassen habe und deshalb das Schreiben vom 09.07.2009 mitunterzeichnet habe. Da offensichtlich auch bei B, Unsicherheit darüber bestanden habe, ob nun eine Insolvenzantragspflicht bestehe oder nicht, habe dieser gemeinsam mit C H beauftragt, die wirtschaftliche Situation der U-Gesellschaften unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Das Ergebnis der Prüfungen sei C und B in einer Führungskreissitzung vom 22.09.2009 dahingehend mitgeteilt worden, dass nach Einschätzung des auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwaltes von H, dem Zeugen Dr. X, noch keine Insolvenzverschleppung stattgefunden habe. Die Situation, so Dr. X, sei aber anders zu beurteilen, sofern die Stromsteuernachzahlungen einzubeziehen seien, denn dann läge aus seiner Sicht eine Insolvenzantragspflicht zumindest der U F4 GmbH vor, was seitens der C3 AG bestätigt worden sei. Über diese Auskünfte habe er über das Protokoll der Sitzung Kenntnis erlangt. Daraufhin hätten er, Dr. L, und B die Rechtsanwälte I beauftragt zu prüfen, ob von einem "ernsthaften Einfordern" der Stromsteuerschuld ausgegangen werden müsse. Zwischenzeitlich habe dann das HZA L10 mitgeteilt, dass von einer positiven Liquiditätslage auszugehen sei. Schließlich seien im Nachgang nach Abschluss ihrer Prüfungen die Rechtsanwälte I zu dem Ergebnis gekommen, dass von einem "ernsthaften Einfordern" ausgegangen werden müsse und eine Insolvenzantragspflicht ausschließlich für die U F4 GmbH bestehe. Daraufhin habe am 28.10.2009 die C3 AG mitgeteilt, dass die Beantwortung der Frage der Insolvenzantragspflicht weiterhin offen sei.

Ihm sei zu dieser Zeit bewusst gewesen, dass einiges für eine Insolvenzantragspflicht der U F4 GmbH gesprochen habe, eine für die anderen U-Gesellschaften aber nicht eindeutig beantwortet werden konnte. Eine abschließende Meinung habe er sich hierzu bis heute nicht bilden können. Die eingeschalteten "Experten" seien zu unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Bewertungen der Liquiditätslage und der Frage einer Insolvenzantragspflicht gekommen. Zudem sei es Ende 2009 zu Kapitalzuflüssen durch die B11 AG gekommen, durch die sich die finanzielle Lage verbessert hatte, wodurch er davon ausgegangen sei, dass die ggf. zwischenzeitlich bestehende Antragspflicht jedenfalls seitdem nicht mehr bestanden habe. Hierfür spreche, dass ab Anfang 2010 die U F4 GmbH den vom HZA vorgeschlagenen Zahlungsplan beginnend zum November 2009 bediente, so dass er von einem "ernsthaften Einfordern" nicht mehr ausgegangen sei.

Zutreffend sei es weiter, dass er in 2009 das Risiko gesehen habe, dass eine Pflicht zur Insolvenzantragsstellung für die U I7 AG bestanden habe, dem er mit dem Schreiben vom 09.07.2009 Ausdruck verliehen habe. Bei der Beurteilung hierzu habe er sich auf den Finanzvorstand B verlassen. Trotz dieses Bewusstseins habe er innerhalb der Frist keinen Insolvenzantrag gestellt, wofür er die volle Verantwortung übernehme. Spätestens ab Februar 2010 sei es aber seine Überzeugung gewesen, dass eine etwaige Pflicht nicht mehr bestanden habe, was er aus dem persönlichen Eindruck, den er in seiner Funktion als Vorstand gewonnen habe, abgeleitet habe und was durch die externen Berater bestätigt worden sei. Die Frage, ob und wann eine Insolvenzantragspflicht bestehe, habe er zu keiner Zeit aus eigener Sachkunde beantworten können. Zudem räumte Dr. L ein, dass er im Zeitraum zwischen Juli 2009 und Februar 2010 erkannt habe, dass die U F4 GmbH in diesem Zeitraum gegebenenfalls insolvenzantragspflichtig gewesen sei. Er habe aber keine Möglichkeit gehabt, die Geschäftsführung der U F4 GmbH anzuweisen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Ihm sei allerdings bekannt gewesen, dass, wenn die U F4 GmbH einen Insolvenzantrag gestellt hätte, auch die U I7 AG einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko bis hin zur Gefahr einer eigenen Insolvenz ausgesetzt gewesen wäre. Abschließend teilte Dr. L mit, dass es ihm leid tue, dass durch die Insolvenz Kunden zu Schaden gekommen seien.

d) Einlassung Dr. L vom 06.02. / 20.02.2015 (3. und 4. Sitzungstag)

Nach Verlesung der schriftlichen Erklärung am 2. Sitzungstag beantworte Dr. L weitere Fragen der Verfahrensbeteiligten und ergänzte seine bisherige Einlassung wie folgt: Zu dem Schreiben vom 09.07.2009 führte er aus, dass es drei Hauptbereiche von Forderungen gegeben: Stromeinkauf, Netzbetreiber und das Hauptzollamt. In den beiden letzteren Bereichen habe es, das sei zutreffend, jeweils sachlich gerechtfertigte, fällige Forderungen gegeben, die nicht gezahlt werden konnten. Die Probleme bei den Netzbetreibern habe er erkannt. Er habe die in dem Schreiben genannten Optionen erkannt und trotzdem keinen Antrag gestellt. Er wisse nicht mehr, warum er das damals trotz unveränderter Lage bis Ende 2009 nicht gemacht habe. Er wisse nicht, was er da gemacht habe, er habe sich eben auf den Finanzvorstand verlassen. In der Folgezeit seien die weiteren Verbindlichkeiten außer der Steuer nicht mehr thematisiert worden, man habe sich einfach auf die Stromsteuer kapriziert.

Die Situation sei kritisch gewesen, im Vorstand sei es zum Bruch mit B gekommen. B habe mit Investmentbankern gesprochen und habe das Unternehmen schlecht geredet, um es billig kaufen zu können. Er sei aber mit seiner Agenda gescheitert. B habe eine Auflösungsvereinbarung mit dem Aufsichtsrat vereinbart. Er sei gegangen worden, weil er versucht habe, das Unternehmen zu übernehmen, damit aber gescheitert sei. Wer das entschieden habe, wisse er nicht. Er habe mit C und K darüber gesprochen. Auf Nachfrage am 4. Sitzungstag ergänzte Dr. L seine bisherige Einlassung dahingehend, dass er nicht wisse, warum B keinen Antrag gestellt habe. Dieser habe wohl ein anderes Thema auf der Agenda gehabt. Sein Aufhebungsvertrag habe K ausgehandelt. Die Einschätzung der Rechtsanwälte H im September 2009 hätten C und er besprochen, B habe alles übernehmen wollen. Es habe den Gedanken gegeben, dass B das Unternehmen zu schlecht dargestellt habe. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Situation anders einzuschätzen gewesen wäre, habe es aber nicht gegeben, entsprechend seien die vorhandenen Zahlen wohl real belastbar gewesen. Es war so, dass jeder Wirtschaftsprüfer, der neu in das Verfahren eingetreten sei, einen ein Stück ratloser zurückgelassen habe. Auf Vorhalt führte Dr. L dann weiter aus, dass es zutreffe und damals bei ihm wohl mehr der Wunsch Vater des Gedankens in dem Sinne gewesen sei, dass man wie ein Vogel Strauß den Kopf in den Sand gesteckt und weitergemacht habe. An der Auftragserteilung für die Rechtsanwälte I sei er nicht beteiligt gewesen, er habe mit denen nicht gesprochen.

e) Einlassung Dr. L vom 30.10.2015 (39. Sitzungstag)

Als Folge der bis dahin erfolgten Beweisaufnahme befragte die Kammer den Angeklagten Dr. L am 39. Sitzungstag nochmalig zu einzelnen Teilbereichen unter Vorhalt von Urkunden und des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme. Der Angeklagte erklärte dabei auf Nachfrage, dass es Kontakte zur Kanzlei N gegeben habe, deren Zweck ihm allerdings nicht genau bekannt gewesen sei. An der Auswahl sei er nicht beteiligt gewesen. Es könne sein, dass B ihn hierüber informiert habe und ggf. Mandatsvereinbarungen auch von ihm formal unterzeichnet worden seien. Der Zeuge S sei ihm nicht mehr in Erinnerung. An ein Meeting am 15.06.2009 habe er keine Erinnerung. Eine Niederlegung des Mandats durch N habe er nicht auf dem Schirm gehabt. Die M6 AG sei schon vor seiner Zeit, also vor Februar 2009 beauftragt gewesen, allerdings habe er möglicherweise einen Mandatsvertrag mitunterzeichnet, an der Auswahl sei er nicht beteiligt gewesen. Er habe mitgenommen, dass diese beauftragt gewesen seien, ein "Selling Book" zu formulieren und eine Präsentation zu erstellen, die das Unternehmen in prosaischer Form habe beschreiben sollen, die Präsentation habe er gekannt, sie sei aber nicht besonders erhellend gewesen.

Hinsichtlich der beauftragten Rechtsanwälte H erinnere er sich nicht mehr genau an den Termin vom 22.09.2009, gleichwohl sei ihm ein Ergebnis mitgeteilt worden, dass keine Insolvenzsituation vorläge. Die Forderung des HZA sei kritisch zu bewerten gewesen, das habe er auch mit C besprochen. Es sei klar gewesen, dass man nun habe klären müssen, ob die Forderung fällig gewesen sei oder nicht. Hier hätten unterschiedliche Auffassungen bestanden. Die Datenlage sei schlecht gewesen, die Situation unscharf. Das konkrete Mandat erinnere er nicht, auch habe er einen persönlichen Kontakt nicht gehabt. Er habe von der Niederlegung erfahren. Die Niederlegung habe er so interpretiert, dass sie nicht in der Lage gewesen seien zu liefern, sie hätten die beauftragte Einschätzung nicht erbringen können. Ihm sei dann klar gewesen, dass eine Analyse der Forderung des HZA notwendig gewesen sei. Man habe keine vernünftige Aussage hierzu erhalten und sich deswegen an die Kanzlei I gewandt.

Er habe möglicherweise einen Mandatsvertrag mit den Rechtsanwälten I mitunterzeichnet, an der Auswahl sei er nicht beteiligt gewesen. Er meine auch, niemand aus der Kanzlei kennengelernt zu haben. Die Unterschrift sei so entstanden wie üblich, ein Vorstand habe eine Sache eingebracht, sie kursorisch erläutert und man habe dann zwar nicht blind, aber doch nur mitunterschrieben. An eine Besprechung am 27.10.2009 könne er sich nicht erinnern. Die Kanzlei habe gesagt, die Forderungen des HZA seien fällig gewesen. Das habe aber nur indizielle Bedeutung gehabt, weil im Prüfbericht des HZA ohnehin Ratenzahlungen vorgeschlagen gewesen seien.

Auf Vorhalt führte Dr. L zu der Tagesordnung einer Sitzung vom 17.07.2009 aus, dass er hierzu keine konkrete Erinnerung habe. Wenn er in diesem Zusammenhang bei Übersendung dieser Tagesordnung in einer E-Mail von gutem Timing gesprochen habe, dann hätte das wohl beschreiben sollen, dass etwas gerade gut passe. An eine E-Mail vom 16.07.2009 habe er auch keine Erinnerung, die vorgehaltene Formulierung auf die Frage der Zeugin H7, wie es ihm gehe, geantwortet zu haben "Sch...Angst...Sorge...Unbehagen..." sei für ihn untypisch und entstamme wohl eher dem privatem Kontext, er habe irgendwas befürchtet, vielleicht einen Krach mit seiner Ehefrau, es habe auch die Hochzeit gewesen sein können, die sei im August gewesen, die Hochzeitsvorbereitungen seien anstrengend gewesen.

Hinsichtlich des angestrebten Abschlusses einer Rechtsschutzversicherung erläuterte Dr. L auf Nachfrage, dass eine solche Versicherung - wie in den Arbeitsverträgen vorgesehen - abgeschlossen worden sei. Er habe über seinen damaligen Berater Rechtsanwalt X18 aus E6 hiervon erfahren. Das Begehren sei nicht auf eine konkrete Unternehmenssituation, sondern auf die Grundsituation bezogen gewesen. Die Gespräche hätten B und er geführt. Alle drei Vorstände hätten eine abgeschlossen für ca. 1.600 EUR / Jahr. Es habe auch Überlegungen gegeben, den Geschäftsführern der Tochtergesellschaften ähnlichen Schutz zu geben, die sei aber nicht umgesetzt worden. Den Versicherungsschutz nehme er bis heute im hiesigen Prozess in Anspruch.

f) Bewertung der Einlassung Dr. Ls

Die vorbezeichneten Angaben des Angeklagten Dr. L zu dem objektiven Rahmengeschehen betreffend die Tatvorgeschichte, die Struktur und innerbetriebliche Organisation der U-Gruppe, der Rolle Ks sowie dem Geschehensverlauf in den Tatzeiträumen und danach bis zur Insolvenzantragsstellung im Juni 2011 hat die Kammer ihren Feststellungen zugrunde gelegt. Diese Angaben sind, was das Rahmengeschehen betrifft, glaubhaft. Sie stehen im Einklang mit den zahlreichen weiteren hierzu erhobenen Beweise, hier den weit über 1.300 eingeführten Urkunden sowie ergänzend den Bekundungen der vernommenen Zeugen, und bestätigen und ergänzen die sich daraus ergebende Sachlage. Die von Dr. L referenzierten Einlassungen zum Verlauf der geschäftlichen Entwicklung fügen sich kohärent und widerspruchsfrei in das Beweisergebnis zum objektiven Rahmengeschehen, wie sich dieses aus den weiteren erhobenen Beweismitteln ergibt. Soweit der Angeklagte Dr. L zu dem Rahmengeschehen ab 2009 im Hinblick auf den Verlauf einzelner Beratungsmandate mit den Kanzleien H, I und N sowie den Umständen des Ausscheidens Bs den Feststellungen widersprechende Angaben gemacht und sich hinsichtlich seiner subjektiven Einschätzungen und Vorstellungen im Tatzeitraum unter vorgeschobener Reduzierung seiner Kenntnisse und Tätigkeiten allein auf den "technischen" Bereich abweichend eingelassen hat, sind diese Einlassungen widerlegt, was im Folgenden näher dargestellt werden soll:

3. Der Zeuge B

Aufgrund seiner für den Tatvorwurf zu Tat 1 exponierten Stellung im Unternehmen als Finanzvorstand der U I7 AG bis zu seiner Abberufung im Oktober 2009 nahm der Zeuge B im Rahmen der Beweiserhebung eine zentrale, gewichtige Stellung ein, aufgrund derer hinsichtlich seiner Bekundungen eine vorangehende besondere Würdigung der Glaubwürdigkeit seiner Person und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben notwendig war: Die Kammer hat B zunächst ab 13.04.2015 an sechs Sitzungstagen vernommen. Nach Abschluss der Vernehmung am 19.06.2015 war durch die Verteidigung des früheren Mitangeklagten K Strafanzeige gegen B wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage gestellt worden, wonach er u.a. am 02.06.2015 ausgesagt haben sollte, dass er Unterlagen an den Zeugen N21 lediglich gefaxt und in Papierform übergeben und in digitaler Form Unterlagen nie besessen habe. Aufgrund zahlreicher Hinweise aus verlesenen Urkunden, dass B möglicherweise über elektronische Daten aus dem Zeitraum seiner Tätigkeit für die U-Gruppe verfügte (u.a. hatte er, wie sich aus den verlesenen Urkunden ergibt, zahlreiche PDF-Dateien und Original-E-Mails der Gruppe aus 2009 in 2010 an N21 und verschiedene Pressevertreter weitergeleitet), ergingen am 23.06.2015 Dursuchungsbeschlüsse der Kammer betreffend die Wohn- und Firmenadresse Bs, die am 05.08.2015 im G7er Raum vollstreckt wurden. Hierbei wurden zahlreiche elektronische Dokumente betreffend die frühere Tätigkeit Bs für die U-Gruppe (E-Mail- und Schriftverkehr) sichergestellt. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft C11 ein Ermittlungsverfahren gegen B wegen uneidlicher Falschaussage eingeleitet. Als Folge dieser Geschehnisse hat die Kammer dann ab 11.12.2015 B an insgesamt drei weiteren Terminen vernommen, innerhalb derer sich dieser zu einzelnen Fragen betreffend die Erlangung, den Besitz und die Weitergabe unternehmensinternen Datenmaterials auf ein in dieser Hinsicht bestehendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat. In der Folgezeit war das eingeleitete Verfahren gegen B wegen falscher uneidlicher Aussage vor der Kammer in der Sitzung vom 02.06.2015 nach Anklageergebung durch das Amtsgericht C11 gemäß § 153a Abs. 2 StPO nach Zahlung einer Geldauflage endgültig eingestellt worden. Unter Berücksichtigung dieses Gangs der Beweiserhebung hat die Kammer bei Würdigung der Bekundungen des Zeugen Bs zum Einen erhebliche Belastungstendenzen Bs betreffend der Angeklagten feststellen können (a), zum Anderen gewichtige Indizien dafür gefunden, dass die Bekundungen des Zeugen im Hinblick auf die Erlangung, den Besitz und die Verwendung unternehmensinternen Datenmaterials von einer Entlastungstendenz in Bezug auf seine eigene Rolle getragen waren (b). Im Einzelnen:

a) Belastungstendenz gegenüber den Angeklagten

Einerseits hat der an sich glaubwürdige Zeuge B zunächst kohärent und im Einklang mit der durch die eingeführten Urkunden und vernommenen weiteren Zeugen belegten Unternehmensentwicklung den Ablauf der Geschehnisse ab seinem Einstieg Ende 2008 bis zu seinem Ausscheiden Ende 2009 glaubhaft geschildert. Die dortigen zeitlichen Abläufe deckten sich zudem u.a. auch mit den Einträgen aus Bs sicher gestellten Terminkalender und den eingeführten firmeninternen E-Mail-Kommunikationen, soweit B an diesen beteiligt war und fügten sich nahtlos in den aus anderen Beweismitteln rekonstruierten Geschehensgang wie festgestellt. Im Rahmen seiner Bekundungen hat er auch glaubhaft ausgeführt, dass in dieser Zeit alle drei Vorstände, also auch er selbst, zu jedem Zeitpunkt gleichmäßig informiert gewesen und rollierende Liquiditätspläne erhalten hätten. Alle zentralen Gespräche seien im Beisein von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern erfolgt. Er habe auch alle gemeinsamen Entscheidungen mitgetragen (so z.B. auch frühere Einzüge u.a.). Auch von ihm seien in seiner Amtszeit Fehler gemacht worden. Insofern hat der Zeuge, gegen den trotz seiner Stellung als Finanzvorstand im Tatzeitraum zu keiner Zeit ein Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung eingeleitet worden war, seine eigene Rolle in der kritischen Situation und eine mögliche Mitverantwortung hierzu eingeräumt.

Trotz dieser an sich überzeugenden und dem Grunde nach in Übereinstimmung mit dem gefundenen Beweisergebnis stehenden Angaben lassen die Bekundungen B an für das Tatgeschehen kritischen Punkten Belastungstendenzen hinsichtlich der Angeklagten erkennen. Zwar neigt der intelligente und rhetorisch begabte Zeuge B - wie sich in insgesamt neun Vernehmungsterminen für die Kammer eindeutig gezeigt hat - aus sich heraus bereits zu prägnanten Formulierungen und Beschreibungen von Ereignissen. Selbst dies zugrunde gelegt, hat B aber aus Sicht der Kammer einzelne die Angeklagten belastende, übertreibende Beschreibungen bekundet, die die Kammer für nicht glaubhaft befindet und die für die übrigen Bekundungen in diesem Lichte eine besonders kritische Prüfung notwendig machen. Die tendenziösen Übertreibungen seien an folgenden Beispielen verdeutlicht:

Beispielsweise hat der Zeuge B zu dem Ablauf des Kick-Off-Meetings mit den Rechtsanwälten H am 22.09.2009 bekundet, dass ihm insbesondere eindringlich in Erinnerung geblieben sei, dass Rechtsanwalt M, der aufgrund seines Alters und seiner Erfahrung als Seniorität aufgetreten sei, anfangs in die Runde geblickt und geäußert habe, dass er Verständnis für die Position des Unternehmens habe. Man werde die Zahlen aufarbeiten. Aber, so wie sich die Situation bislang darstelle, wenn also der Insolvenzfall bereits eingetreten wäre, dann säßen alle Teilnehmer der Runde für mehrere Jahre im Knast. Dazu habe er einen Fingerzeig auf die einzelnen Personen des Vorstands und die Geschäftsführer gemacht. Die Reaktion der Beteiligten sei unterschiedlich gewesen. Die Zeugin O habe einen Nervenzusammenbruch bekommen und habe geweint, sie wolle nicht ins Gefängnis, man habe sie dann schließlich beruhigt. Dr. L sei zu ihm gekommen und habe auf die Tränendrüse gedrückt. Er habe einen kleinen Sohn, der sei 2-3 Jahre alt, es könne nicht sein, dass alle den Kopf für K hinhielten, man müsse die Rechtsanwälte H machen lassen. Die Kammer hat diese Bekundungen, die sich weder aus eingeführten firmeninternen Unterlagen noch aus den Handakten der Bearbeiter von H herleiten lassen, zahlreichen Zeugen, so u.a. die Zeugen C7, T6, N4 und M2, vorgehalten, von denen keiner einen solchen - eigentlich besonders erinnerungswürdigen Umstand - auch nur im Ansatz erinnern konnte. Insbesondere haben auch die Zeugen M und Dr. X von H auf Vorhalt einen solchen Hergang nicht bestätigen können. Daneben hat B auch bekundet, dass C in Reaktion auf die Niederlegung des Mandates durch H gesagt habe, dass es ihn nicht interessiere, was Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer sagen, U sei sein Leben, sein Baby und er werde lieber mit einem Mannschaftsbus von der Polizei abgeholt als aufzugeben und in sein altes Leben zurückzukehren. Solche Äußerungen konnte keiner der Zeugen des inneren Führungszirkels erinnern. Ebenso hat B bekundet, dass bereits seit 2008 immer wieder Gerichtsvollzieher in U4 gewesen und Konten gepfändet worden seien, was sich weder durch die eingeführten Urkunden noch durch die Angaben des für den Bezirk der U-Gruppe zuständigen Obergerichtsvollziehers G19 und die weiteren Zeugen, insbesondere des Hauptzollamts, bestätigen ließ.

Alle diese exemplarischen Angaben sind besonders dazu geeignet, die Angeklagten gezielt massiv zu belasten. Dass B hierzu überhaupt Anlass hat, ergibt sich aus den Umständen seines Ausscheidens, die sich aus den hierzu verlesenen Urkunden herleiten, im Rahmen derer B gegen eine Abfindung von seinen Ämtern entledigt und von einem Tag auf den anderen aus dem Unternehmen entfernt worden war. Die Tendenzen werden auch dadurch bestätigt, dass B gezielt umfangreiches elektronisches Datenmaterial, wie aus den eingeführten Urkunden insgesamt ersichtlich, bei seinem Ausscheiden eigenmächtig mitgenommen hatte und deren Besitz er selbst unter Wahrheitspflicht stehend und unter Inkaufnahme eines Ermittlungsverfahrens im Rahmen seiner Vernehmung abgestritten hat. Der Zweck der Mitnahme war dabei auf zwei Erwägungen gestützt: Zum Einen hat die Beweisaufnahme aus Sicht der Kammer ergeben, dass sich B bereits zeitnah zu seinem Ausscheiden ab Dezember 2009 mit dem Gedanken getragen hat, ein eigenes Energieunternehmen zu gründen, wozu ihm Datenmaterial der U-Gruppe wertvolles Knowhow liefern sollte. Beleg hierzu sind die glaubhaften Bekundungen des ehemaligen Mitarbeiters H5, nach denen B über diesen bereits Ende 2009 Kontakt zu möglichen Geschäftspartnern aufgenommen und jedenfalls bis Frühjahr 2010 versucht haben soll, ein eigenes Energieunternehmen für den Vertrieb von Strom und Gas zu gründen, was allerdings gescheitert sei. Genau dieser Verlauf wird auch durch die hierzu verlesenen Urkunden bestätigt. B hat dies auch auf Vorhalt nachträglich eingeräumt. Darüber hinaus hat B zur Überzeugung der Kammer im Nachgang bis Herbst 2010 mit Hilfe der Stadtwerke F18 versucht, in Kooperation mit der B20 GmbH und der C30 GmbH eine Vertriebsplattform "F17 GmbH" zu gründen, was im Ergebnis ebenfalls scheiterte. Die diesbzüglichen Feststellungen ergeben sich übereinstimmend aus den jeweils glaubhaften Bekundungen der Zeuginnen T6 und Q15 der Stadtwerke F18. Dazu ergibt sich aus den Einlassungen Dr. Ls in Übereinstimmung mit den glaubhaften Angaben des Zeugen L9, dass nach der Stellung der Insolvenzanträge auch die Stadtwerke P10 gegenüber dem Insolvenzverwalter ein Interesse an einer Teilübernahme der U-Gruppe bekundet hatten, deren Geschäftsführer zwischenzeitlich B geworden war.

Zum Anderen war B, dem die Umstände seines Ausscheidens missfielen, fortan von dem Gedanken getragen, sich an der U-Gruppe allgemein wie auch den Angeklagten und speziell auch K zu rächen. Obwohl B, wie sich aus dem eingeführten Vorstandsdienstvertrag vom 30.06.2009 und der Abfindungsvereinbarung vom 26.10.2009 ergibt, bekannt war, dass er nach seinem Ausscheiden strafbewehrten Verschwiegenheitspflichten unterlag, reichte dieser nach seinen eigenen Angaben - die durch die hierzu verlesenen Urkunden bestätigt werden - an N21, der B bekannt war, interne Unterlagen der U-Gruppe weiter. Diese Angaben waren u.a. auch Auslöser der dann beginnenden Presseberichterstattung ab Herbst 2010.

b) Entlastungstendenz bezüglich der eigenen Rolle

Aus der o.g. Motivationslage ergibt sich dann aber aus Sicht der Kammer auch, dass B, gegen den bereits im Herbst 2010 ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats eingeleitet worden war, das im Februar 2011 wieder eingestellt wurde, und dem darüber hinaus die für ihn bestehenden Pflichten aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis mit der U-Gruppe bekannt waren, auch noch im Rahmen seiner Vernehmungen vor der Kammer bemüht war, den Umfang der Aktenmitnahme und Weitergabe an Dritte kleinzureden, bis hin zu einer Falschaussage unter Wahrheitspflicht. Ebenso hat er Tendenzen erkennen lassen, die intendierte Gründung eines eigenen Energieunternehmens in das Frühjahr 2010 zu verorten, obwohl sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme wie geschildert ergibt, dass diese Bemühungen bereits direkt nach seinem Ausstieg begannen. Weiter hat B in Rahmen seiner Bekundungen versucht, die ihm bekannt strafbare Weitergabe von internem Datenmaterial an Pressevertreter und N21 dem Umfang nach gering zu beschreiben und erklärbar zu machen. So hat er ausgeführt, dass er Unterlagen an N21 nur weitergeleitet hatte, weil er im Beisein von Zollkriminalbeamten geglaubt habe, er sei hierzu verpflichtet. So konnten sich dann aber die Zeugen Dr. L11 und C13, die referenzierten Zollkriminalbeamten, an B als Person nicht erinnern, sondern bekundeten allein glaubhaft, Unterlagen von N21 und dessen Mitarbeitern erhalten zu haben. Vor dem Hintergrund dieser Motivationslage werden die Teile der Vernehmungen, in denen B bisweilen falsche Angaben gemacht hat, aus Sicht der Kammer identifizierbar.

c) Notwendigkeit kritischer Prüfung der Angaben

Insgesamt hat die Kammer vor diesem Hintergrund die Bekundungen des Zeugen B stets unter Berücksichtigung der herausgearbeiteten Aussagemuster gewürdigt. Soweit möglich hat die Kammer die Bekundungen des Zeugen nur dann den Feststellungen subsidiär zugrunde gelegt, wenn diese auch bereits durch andere Beweismittel, hier vor allem die eingeführten Urkunden, bestätigt wurden und sich so auf sicherer Basis widerspruchsfrei in das weitere Ergebnis der Beweisaufnahme einfügten. Darüber hinaus gehend, hat die Kammer Bekundungen des Zeugen B, die zulasten der Angeklagten wirkten bzw. seine spätere Rolle nach seinem Ausscheiden betrafen, immer einer besonderen kritischen Prüfung unterzogen, die der herausgearbeiteten Belastungs- und Entlastungstendenzen Bs angemessen Berücksichtigung getragen hat. Insofern war sich die Kammer durchweg der problematischen Rolle Bs in dem Tatgeschehen bewusst. Einzelne Bekundungen Bs werden so an gegebener Stelle jeweils im Bewusstsein dieser dargestellten Besonderheiten der Aussage Bs durch die Kammer gewürdigt.

4. Feststellungen zu Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift)

a) Objektives Geschehen

Wie bereits ausgeführt, ergibt sich der wesentliche Tathergang, wie festgestellt, bereits zu weiten Teilen aus der Einlassung Dr. Ls sowie im Übrigen aus den eingeführten Urkunden, bestätigend und teilweise ergänzend aus den Bekundungen der vernommenen Zeugen. Darüber hinaus beruhen die Feststellungen zum Tatgeschehen insbesondere auch auf folgendende Erwägungen:

(1) Liquiditätsmanagement und Priorisierung ab 2008

So steht es nach dem Ergebnis der Beweisnahme zur Überzeugung der Kammer fest, dass durch das bei der U I7 AG angesiedelte sog. Cash Management bereits ab Mitte 2008 innerhalb der U-Gruppe auf Basis von gruppenweiten - unter Einbeziehung der U N8 GmbH erstellten - Liquiditätsplänen die gruppenweit verfügbaren Gelder ermittelt wurden. Diesen wurden die ausstehenden fälligen und als bestehend anerkannten Verbindlichkeiten sämtlicher Gruppenunternehmen gegenüberstellt. Bei nicht ausreichend vorhandener Liquidität hierfür wurde zudem die - bei Rückstellung anderer eigentlich fälliger und als bestehend anerkannter Gläubigerforderungen - priorisierte Zahlung bestimmter Forderungen vorgeschlagen, die die dem Vorstand zur Kenntnis gebracht und von diesem angenommen wurden.

(i) Zentrales Liquiditätsmanagement bei der U I7 AG

Generell hat die Beweisaufnahme in diesem Zusammenhang zunächst übereinstimmend ergeben, dass die zentrale Führung und Steuerung der U-Gruppe über die U I7 AG erfolgte. So waren dort sämtliche für die Unternehmensführung elementaren Abteilungen, hier u.a. die Buchhaltung, das Controlling und die Personalabteilung ebenso angesiedelt wie die als sog. Cash Management bezeichneten Mitarbeiter, die die Liquiditätsressourcen der gesamten Gruppe verwalteten und Höhe und Zeitpunkte von Zahlungsausgängen gruppenweit in Abhängigkeit der verfügbaren Liquidität koordinierten. Das ergibt sich zuvorderst auf der glaubhaften Einlassung Dr. Ls selbst, der die Ansiedlung der genannten Abteilungen bei der U I7 AG bestätigt und weiter eingeräumt, dass es zwar rechtlich keinen Cashpool-Vertrag innerhalb der Gruppe gegeben habe, sehr wohl aber die Konten der einzelnen Gesellschaften faktisch nicht unabhängig voneinander geführt worden seien. Entsprechend habe es einen "faktischen Cashpool" gegeben und man habe stets nur ein Gesamtbild für (Gläubiger-)Forderungen gehabt. Zu diesem Zweck seien Liquiditätspläne erstellt worden, die der Priorisierung von Zahlungen dienten.

Diese Angaben werden bestätigt durch die hierzu eingeführten, zahlreichen Urkunden und die übereinstimmenden Bekundungen der hierzu vernommenen Zeugen: Bereits aus den eingeführten Urkunden ergibt sich aus Sicht der Kammer übereinstimmend das von Dr. L in Bezug genommene "Gesamtbild", mit Hilfe dessen die Steuerung des Unternehmens durch die Führungsmannschaft der U-Gruppe durchgeführt wurde. In keiner der eingeführten Urkunden haben sich dagegen Anhaltspunkte für eine gezielte Einzelplanung der jeweiligen Einzelgesellschaften gefunden. Die via E-Mail an die Angeklagten und K in regelmäßigen Zeitabständen über den Tatzeitraum durch den Zeugen L8 als Cashmanager ab Mai 2009 kommunizierten "Wasserstandsmeldungen" zur Liquiditätslage nehmen jeweils Bezug auf sämtliche ausstehende Verbindlichkeiten aller Gesellschaften, so u.a. nur die E-Mails von L8 vom 15.06., 28.07., 24.08. und 03.11.2009, mit denen stets als Anlage Liquiditätspläne bis Ende 2009 an die Angeklagten und die weitere Führungsmannschaft der Gruppe übersandt wurden und in denen immer die Liquiditätslage im Hinblick auf sämtliche gruppenweiten Verbindlichkeiten in Bezug genommen wird. Zum Beispiel werden am 28.07.2009 und 24.08.2009 Sponsoringzahlungen an die C2 M3 Fußball GmbH (U I7 AG / U N8 GmbH), die Stromsteuerforderungen (U F4 GmbH) sowie Vertriebsprovisionen (U N8 GmbH) einbezogen. Weitere Belege für diese Gesamtbetrachtung sind auch die den eingeschalteten Beratungsfirmen bereitgestellten Liquiditätspläne und Übersichten, so z. B. die Liquiditätsbetrachtungen vom 10.06.2009 für N und vom 28.09.2009 für H. In diesem Sinne wurde auch mit dem Aufsichtsrat kommuniziert und durch diesen Einschätzungen zur Liquiditätssituation vorgenommen, hierzu u.a. der am 19.05.2009 von C6 an K per E-Mail übersandte Liquiditätsplan und die kurzfristige Liquiditätsübersicht vom 09.12.2009, mit Hilfe derer K den Ablauf der Kapitalerhöhung plante.

Das insoweit bereits gefestigte Beweisergebnis wird zudem übereinstimmend durch die glaubhaften Angaben der hierzu vernommenen Zeugen bestätigt. Danach hat der von Mai bis Dezember 2009 auch als Cashmanager bei der U I7 AG eingesetzte Zeuge T8 glaubhaft bekundet, dass zwar formal kein Cashpool vorgelegen habe, wohl aber Gelder zwischen den Gesellschaften getauscht und verschoben worden seien. Die Buchhaltung sei insgesamt für alle Gesellschaften außer der F6 GmbH über die U I7 AG abgewickelt worden. Im sog. Cash Management seien alle Konten verwaltet worden, die Marketing sei zwar gesellschaftsrechtlich auf einem Seitenstrang gewesen, bei dem Cashmanagement sei sie aber seiner Erinnerung nach wohl auch dabei gewesen. Gleiches hat der glaubwürdige Zeuge H8, seinerseits Cashmanager von 2008 bis Mai 2009, bekundet. Danach habe es für jede Gesellschaft ein eigenes Konto gegeben, von dem die Zahlungen der jeweiligen Gesellschaften geleistet worden sei. Falls etwas gefehlt habe, sei es von Schwestergesellschaften gekommen. Technisch habe alles - auch die N8 - zentral bei der I7 gelegen. Das Geld sei immer dorthin gegangen, wo es gebraucht worden sei. Diese Praxis hat auch der ab April 2009 ebenfalls in Ablösung des Zeugen H8 als Cashmanager eingesetzte Zeuge L8 glaubhaft nachgezeichnet und hierzu ausgeführt, dass in die Planungen die Kontostände aller U-Gesellschaften als Guthaben eingestellt und Summe sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für den Planzeitraum aller Gesellschaften berücksichtigt worden seien. Das sei ein "gelebter Cashpool zu Fuß mit manuellen Transferleistungen" gewesen. Die Abläufe des zentral gesteuerten Liquiditätsmanagements wurden schließlich, sich insoweit in die bisherigen Ergebnisse einfügend, auch glaubhaft durch die Zeugen C6 (von Ende 2008 bis Ende 2009 Mitarbeiter der Controlling-Abteilung, später Leiter des Controllings), T6 (bis Ende 2009 Leiter des Controllings bei der U I7 AG) und L4 (ab November 2009 Leiter Finanzen) dargestellt, wobei insbesondere der Zeuge T6 weiter bekundet hat, dass es Einzelplanungen für die Einzelgesellschaften nicht gegeben habe. Letzteres ergibt sich zudem auch aus den oben in Bezug genommenen Urkunden, aber auch aus den urkundlich vorliegenden Hinweisen sämtlicher eingeschalteter Berater, hier der C3 AG, N, H, I und G2, die alle im Rahmen ihrer Bearbeitung auf die Notwendigkeit von Einzelplanungen hingewiesen hatten, solche aber zu keiner Zeit bereitgestellt wurden, was überdies die hierzu vernommenen jeweiligen Berater übereinstimmend bestätigt haben.

Sofern der Zeuge L4, abweichend hiervon bekundet hat, dass in dem Liquiditätsmanagement nicht die U N8 GmbH einbezogen gewesen sei, folgt die Kammer diesen Angaben nicht. Zum Einen sprechen bereits die oben genannten übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen H8, T8, L8, C6 und T6 gegen die Glaubhaftigkeit dieser Angaben, zum Anderen lässt sich den hierzu eingeführten Urkunden ausnahmslos entnehmen, wie oben exemplarisch ausgeführt, dass Forderungen wie Vertriebsprovisionen und Sponsoringgelder, die vertraglich über die U N8 GmbH liefen, in den Liquiditätsübersichten miteinbezogen waren. Ebenso ergibt sich aus dem Protokoll der außerordentlichen Vorstandssitzung vom 10.06.2009, dass den verwendeten Liquiditätsübersichten "gruppenübergreifende Zahlen inkl. der U N8 GmbH" zugrunde gelegt worden waren. Zudem ergibt sich aus der E-Mail Cs an O, die Geschäftsführerin der U N8 GmbH, vom 20.08.2009, dass dieser L8 gezielt angewiesen hat, rückständige Vertriebsprovisionen der U N8 GmbH über das zentrale Liquiditätsmanagement auszuzahlen, nachdem diese zunächst auf Anweisung des Vorstands der U I7 AG bewusst zurückgehalten worden waren. Darüber hinaus konnte der Zeuge L4 auf Nachfrage der Kammer als Prokurist der U I7 AG und Finanzleiter und "Finanzvorstand auf Probe" der Gruppe hierzu nicht plausibel erläutern, ob und durch wen das Liquiditätsmanagement der U N8 GmbH denn stattdessen durchgeführt worden sei. Vielmehr bekundete er allein pauschal, dass er nicht mehr wisse, ob die Marketing eine eigenes Liquiditätsmanagement gehabt habe. Das in der Gruppe bestehende Zuordnungsverhältnis hat abschließend der Zeuge C6 insofern treffend dargestellt, als dass er ausgeführt hat, dass die einzelnen Gesellschaften zwar technisch separat benannt waren, es aber immer das gemeinsame Verständnis gewesen sei, die einzelnen U-Unternehmen wie einzelne Abteilungen eines Gesamtunternehmens zu begreifen. So sei die U N8 GmbH, deren Gründung der bilanziellen Aktivierung der Kundenwerte diente, als Vertriebsabteilung der U I7 AG zu verstehen gewesen. Überdies spricht gegen eine isolierte, rechtlich selbstständige Unternehmensführung der U N8 GmbH auch, dass diese im Tatzeitraum zu 100% im Alleineigentum einer Gesellschaft Dr. T3s gestanden hat, der seinerseits zu 2/3 auch Mehrheitsaktionär der U I7 AG war, und sie nicht über die U-Gesellschaften hinausgehende, weitere Geschäftspartner, durch die sie Einnahmen hätte generieren können, verfügte.

(ii) Funktionsweise des Priorisierungssystems

Zur Funktionsweise des zentralen Liquiditätsmanagements bei der U I7 AG hat zunächst der Angeklagte Dr. L glaubhaft eingeräumt, dass jedenfalls ab Juni 2009 Liquiditätslücken wie von der C3 AG festgestellt bestanden, als deren Folge jedenfalls ab September 2009 Liquiditätspläne erstellt worden seien. Diese seien im Vorstand herumgeschickt worden und hätten dann der der Priorisierung von Zahlungen gedient. Die Situation sei so gewesen, dass am Monatsanfang immer Gelder da waren, die dann im Verlauf des Monats schnell zuneige gingen. Der kaufmännische Leiter N4 habe irgendwann nur noch Zahlungen veranlassen wollen, wenn ihm vorher eine Freigabe erteilt worden sei. In Bezug auf die überfälligen Forderungen der Netzbetreiber sei dann abgewogen worden: Wenn das Nichtzahlen wirkungsfrei gewesen sei, dann habe man eben nicht gezahlt, falls nicht, dann habe man gezahlt oder eine Stundung erwirken wollen. Die Pläne seien von der Buchhaltung vorbereitet worden. Daran haben sich C und der Vorstand orientiert. Jedenfalls 2010 sei mit diesen Plänen in dieser Weise priorisiert worden. Unabhängig von der der Einlassung Dr. Ls zugrunde liegenden - aus Sicht der Kammer unzutreffenden - zeitlichen Einschätzung zur Einführung des Priorisierungssystems, gibt die Einlassung Dr. Ls zur Überzeugung der Kammer verkürzt zutreffend den tatsächlichen Ablauf des Systems wieder. Hinsichtlich des Ablaufs im Detail, wie in den Feststellungen zugrunde gelegt, hat sich die Kammer auf die hierzu verlesenen Urkunden sowie ergänzend die übereinstimmenden zeugenschaftlichen Bekundungen der damit in Berührung gekommenen Mitarbeiter der U I7 AG gestützt.

Dass jedenfalls mit der Ablösung H8s im April 2009 gezielt und verstärkt Pläne erstellt werden sollten, die die einzelnen Gläubigerforderungen danach gewichten sollten, in welchem Umfang die Gläubiger verspätete Zahlungen konsequenzlos akzeptierten, ergibt sich bereits aus den eingeführten Urkunden, so u.a. aus dem Protokoll des Treffens des Kreditorenmanagements von 06.04.2009 und der E-Mail vom 19.05.2009 mit der C6 an K, C, B, T6 und L8 einen 12-Wochen-Liquiditätsübersicht übersandt hat. Darin beschreibt C6 die referenzierte "kurzfristige Liquiditätsplanung in Form einer 12 Wochen-Übersicht" so, dass die Planung die fälligen gruppenweiten Gläubigerforderungen in einer Liste nach der Kalenderwoche der Fälligkeit und in einer weiteren Liste nach der Kalenderwoche "der geplanten Zahlung" sortiert enthalte. Weiter führt C6 darin aus, dass die "weiterhin notwendige Verschiebung von Zahlungen sich anhand des Finanzmittelbestandes ergebe, der aufgrund fehlender Kreditlinien nicht negativ werden dürfe". In dieser Form seien bisher nur Zahlungen "vom Mai in den Juni geschoben" worden. In dem Plan seien die Zahlungen mit Prioritäten zu versehen, um die möglichen Eskalationsstufen aufgrund der Verschiebungen besser abbilden zu können. Die dort referenzierten notwendigen Zahlungen seien teilweise Planzahlen, die sich aufgrund des Businessplans ergeben dürften und IST-Zahlen aufgrund vorliegender Rechnungen. Abschließend teilt C6 mit, dass diese Übersicht zukünftig wöchentlich aktualisiert erscheinen solle. Das die gezielte Priorisierung von ausgehenden Zahlungen in Abhängigkeit des verfügbaren Liquiditätsstands in der Folgezeit genau in dieser Form praktiziert wurde, hat die Kammer den bereits oben referenzierten E-Mail-Kommunikationen des Zeugen L8 und den in zahlreichen Zusammenhängen verwendete, eingeführten Liquiditätsübersichten entnommen. So ergibt sich aus den E-Mails von L8 vom 15.06., 28.07., 24.08. und 03.11.2009, dass Monat für Monat jeweils "diejenigen Fälligkeiten, die ein Verschieben entsprechend der Priorität erlauben", einseitig - vorbehaltlich weiterer Eskalationen - jeweils in den nächsten Monat "verschoben" wurden, damit ein positiver Kontostand für Ende des laufenden Monats verbleiben konnte.

Zwar konnte sich der damalige kaufmännische Leiter und als solches verantwortlicher Ansprechpartner für das Cash Management, der Zeuge N4, auch nach mehrmaliger Nachfrage und Vorhalt von Urkunden, insbesondere E-Mail-Kommunikation mit seiner Beteiligung, an Probleme mit Netzbetreibern und Priorisierungen nicht erinnern. Davon abgesehen haben aber sämtliche Mitarbeiter des Cash Managements in 2009, die Zeugen H8, L8 und T8, übereinstimmend bekundet, dass sie gruppenweite Liquiditätspläne erstellt hätten, auf deren Basis insbesondere Forderungen der Netzbetreiber immer dann priorisiert worden seien, wenn ausreichende Liquiditätsmittel nicht vorhanden waren. So hat der seit 2008 im Cash Management tätige Zeuge H8 glaubhaft bekundet, dass immer dann, wenn es nicht reichte, Zahlungen eben priorisiert und nach hinten geschoben worden seien. Darüber hinaus hat insbesondere der Zeuge L8 zum Ablauf bekundet, dass es anfangs bei seinem Einstieg kurzfristige grobe Liquiditätspläne für jeden Monat gegeben hätte, die häufig im Cash Management selbst erstellt und wöchentlich aktualisiert worden seien und die der Priorisierung dienten. Auf Basis der Liquiditätspläne sei dann bei den zu begleichenden Verbindlichkeiten so priorisiert worden, dass am Ende des Monats auf Basis aller verfügbaren und noch eingehenden Geldmittel letztlich keine roten Zahlen geblieben seien. Die Justierung sei dabei gezielt durch Verringerung der fälligen Ausgabewerte erfolgt. Das habe er, L8, dann an den kaufmännischen Leiter N4 kommuniziert. In dieser Weise "geschoben" worden seien immer wieder Vertriebsprovisionen, Forderungen der Netzbetreiber, Stromsteuerzahlungen sowie Forderungen der C2 M3 Fußball GmbH und der Stromhändler. Die Priorisierung der Netzbetreiber sei in Koordinierung mit N4 erfolgt, wobei die Priorisierung ein Prozess gewesen sei, der so habe sein müssen, weil es sonst nicht gegangen wäre. Sobald Netzbetreiber telefonisch bei der F6 GmbH oder Kreditorenbuchhaltung Forderungsbeträge angemahnt hätten, habe man diese priorisiert behandelt und versucht, in den nächsten Zahllauf einzustellen. Das sei dann nach dem Motto verlaufen "Wer sich nicht rührte, hatte Pech!". Dabei habe es Anweisungen gegeben, dass solche Netzbetreiber vorgezogen werden sollten, die zeitnah bedient werden mussten. N4 habe dann gesagt, was zu zahlen gewesen sei. In diesem Sinne hat auch der Zeuge T8 glaubhaft bekundet, dass es Liquiditätsplanungen gegeben habe, die täglich an die Vorstände kommuniziert worden seien, in denen es zur Steuerung der Zahlungsflüsse Vorschläge für die Führungsebene zur Priorisierung gegeben habe. Die Freigabe für Überweisungen seien durch N4 wie auch den Vorstand erteilt worden. Dabei seien definitiv fällige Zahlungen liquiditätsabhängig monatlich geschoben worden, was bis hin zu Mahnungen und Sperrungsandrohungen der Netzbetreiber geführt habe. Der sich so kohärent und frei von Widersprüchen ergebende Ablauf des Priorisierungsprozesses wurde zudem auch durch die Bekundungen der Zeugen C6 und T6 aus der damaligen Controlling-Abteilung der U I7 AG bestätigt, die sich jedenfalls an Liquiditätspläne auf Gruppenbasis erinnern konnten, die eine Reihenfolge wiedergegeben hätten, was in welcher Reihenfolge wann gezahlt werden sollte. Der Zeuge T6 hat zudem bekundet, dass er aus seiner Sicht den Eindruck gehabt habe, dass immer derjenige bezahlt worden sei, der am meisten Druck ausgeübt habe.

Gestützt wird das so gefundene Ergebnis auch durch die Bekundungen des Justitiars der F6 GmbH, dem Zeugen U6, nach denen die Situation sukzessive immer gravierender, über normale Mahnstufen hinausgehend, geworden und bis hin zur Anforderung von Sicherheitsleistungen gegangen sei. Er habe dann die geltend gemachten Forderungen der Netzbetreiber auf der jeweiligen Vertragsgrundlage rechtlich geprüft und falls diese zutreffend gewesen seien, sie an N4 gemeldet, dann sei an die eskalierten Netzbetreiber gezahlt worden. Diese Praxis sei bei den Netzbetreibern durchgängig betrieben worden.

Das Betreiben des Priorisierungssystems in dieser Form wird zudem bestätigt durch den Zeugen L4, der zwar erst ab November 2009 in das Unternehmen gekommen war, das praktizierte Procedere aber glaubhaft so beschrieben hat, dass es bei den Netzbetreibern von Beginn an so verlaufen sei, dass er als Finanzleiter im Eskalationsfall bei erheblichen Forderungen einen "Brandanruf" von N4 oder U6 erhalten habe. Dieser habe mitgeteilt, dass man die jeweilige bereits fällige Forderung nicht zahlen könne. Daraufhin habe er dann Gespräche mit dem jeweiligen Netzbetreiber geführt. Ziel sei es dabei gewesen, glaubhaft zu versichern, dass man doch alles begleichen könne und angedrohte Sicherheitsleistungen, die die Liquidität weiter belastet hätten, zu verhindern. Diese Gespräche habe es nur im Eskalationsfall gegeben, ansonsten habe er sich nicht darum gekümmert. Die Freigabe zu den Überweisungen nach Verhandlungen habe er, bei besonders wichtigen Fällen der Vorstand selbst erteilt. Sobald demnach eine überfällige Forderung von den Auswirkungen her eine für das Unternehmen gefährliche Forderung gewesen sei, sei der Vorstand eingeschaltet worden. Insgesamt habe es für fällige Forderungen der Netzbetreiber, die nicht hätten gezahlt werden können, Empfehlungen N4s gegeben, einzelne Forderungen aufzuschieben, denen dann gefolgt worden sei.

(iii) Notwendigkeit der Priorisierung ab Mitte 2008

Der Angeklagte Dr. L hat zunächst eingeräumt, dass es drei Hauptbereiche von Gläubigerforderungen gegeben habe: Stromeinkauf, Netzbetreiber und das Hauptzollamt. In den beiden letzteren Bereichen habe es, das sei zutreffend, jeweils sachlich gerechtfertigte, fällige Forderungen gegeben, die nicht gezahlt werden konnten, dabei seien ihm die Probleme bei den Netzbetreibern bekannt gewesen. Sofern der Angeklagte Dr. L in seiner Einlassung ein Betreiben eines Priorisierungssystems für Netzbetreiberforderungen dann aber erst frühestens ab September 2009 einräumt, ist diese Einlassung widerlegt. Auf Basis der verlesenen Urkunden und der hierzu vernommenen Zeugen ergibt sich stringent, dass zum Einen Liquiditätslücken betreffend vor allem Forderungen von Netzbetreibern in zweistelliger Millionenhöhe bereits jedenfalls ab Mitte 2008 bestanden und zum Anderen hierzu eine priorisiertes Verschieben auf der Grundlage von Liquiditätsplänen bereits ab Mitte 2008 erfolgte.

Zunächst belegen die eingeführten Protokolle der Aufsichtsratssitzungen der U I7 AG vom 06.06., 25.08., 25.09. und 17.11.2008, bei denen der Angeklagte C jeweils als anwesend geführt wurde, dass die in der Gruppe vorhandene Liquidität aufgrund der gestiegenen Einkaufspreise bei gleichzeitiger Preisgarantie für einen großen Teil der Endkunden ab Juni 2008 massiv abschmolz und es jedenfalls ab Juli 2008 erste aufgebaute Rückstände bei Forderungen von Netzbetreibern gab, die sich in einer Größenordnung von 10 Mio. € bewegten. Insbesondere stellte der Aufsichtsrat ausweislich des Protokolls vom 17.11.2008, an dessen Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hat fest, dass die vom Vorstand vorgelegte Liquiditätsplanung "ohne weitere Maßnahmen in den Monaten November und Dezember ein Liquiditätsbedarf von rund EUR 17,0 Mio." ausweise. Die dort niedergelegten Liquiditätslücken werden zudem durch die E-Mails des Zeugen H8 vom 17.07. und 05.12.2008 an C und den ehemaligen Mitangeklagten K belegt, aus denen sich dazu widerspruchsfrei ergibt, dass H8 auf Basis von ihm erstellter kurzfristiger Liquiditätsübersichten anfallende überfällige und fällig werdende Verbindlichkeiten den vorhandenen liquiden Mitteln gegenübergestellt und die priorisierte Zahlung einzelner Posten vorgeschlagen hat und nach dessen Berechnungen sich eine gruppenweite Liquiditätslücke von zuletzt ca. 20 Mio. € Ende 2008 ergab. Diese Praxis der Liquiditätsübersichten korrespondiert wiederum mit den glaubhaften Bekundungen des Zeugen H8 selbst, wonach es ab 2008, immer, wenn es nicht gereicht habe, einzelne Forderungen nicht beglichen worden seien und in 2008 jedenfalls bereits siebenstellige Liquiditätslücken bestanden hätten, da die erzielten Erlöse zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichend gewesen seien. Dass bereits 2008 erhebliche Liquiditätslücken bestanden, ergibt sich aus Sicht der Kammer zudem auch aus dem Umstand, dass sämtliche referenzierten Betrachtungen allein auf Basis der Stromsteuervorauszahlung von 1 Mio. € (berechnet aus dem Bedarf aus dem Jahr 2007) erfolgten, obwohl der massive Kundenanstieg eigentlich eine Vorauszahlung von jedenfalls über 3 Mio. € notwendig gemacht hätte.

Dass der Bestand (über-)fälliger Netzbetreiberforderungen sich in der Folgezeit beständig jedenfalls über 20 Mio. € einpendelte, ergibt sich dann aus den weiteren eingeführten Liquiditätsübersichten H8s, so z. B. angehängt in der E-Mail Bs vom 20.04.2009, die ebenfalls mit den Bekundungen H8s korrespondieren, bis zu seinem Ausscheiden entsprechende Übersichten verfasst zu haben, auf deren Basis priorisiert worden sei. Hierin fügen sich dann auch die eingeführten Unterlagen und die übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen M2, K2 und I2 hierzu ein, nach denen es ab Beginn des Prüfungseinstiegs der C3 AG in der U-Gruppe Liquiditätsplanungen auf Gruppenebene gegeben habe, die ab April 2009 umfangreicher geworden seien. Es sei ab dem Prüfungsbeginn immer Liquidität in der Größenordnung von 20-40 Mio. € am Anfang des Monats reingekommen, die im Verlauf des Monats abgeschmolzen sei. Seit Beginn des Mandats hätten dann am Ende des Monats bis zu 20 Mio. € gefehlt. Ergänzend haben die Berater M2 und K2 in diesem Kontext auch übereinstimmend bekundet, dass der Führungsebene der U-Gruppe bereits am Tag 1 der Mandatierung klar gewesen sei, dass das Unternehmen Gelder in der Größenordnung von 100 Mio. € benötige und dies auch im März 2009 kommuniziert worden sei. Die bestehende Liquiditätslücke sei nicht "vom Himmel gefallen", sondern man habe gewusst, dass man dringend Kapitalmittel brauche. Hiermit korrespondierend hat Dr. L selbst eingeräumt, dass bereits bei seinem Einstieg als Vorstand im Februar 2009 die finanzielle Lage der Gruppe angespannt gewesen sei.

Schleppende Zahlungen bei Netzbetreibern und Übertragungsnetzbetreibern in beträchtlicher Höhe ergeben sich zur Überzeugung der Kammer zudem auch aus den zahlreichen eingeführten Urkunden und E-Mail-Korrespondenzen der U-Gruppe mit den einzelnen Netzbetreibern, hier insbesondere aus den umfangreich dokumentierten Zahlungsverläufen in den Geschäftsbeziehungen der U F4 GmbH zu den Übertragungsnetzbetreibern, so u.a. die umfangreichen Unterlagen aus dem Sonderheft Übertragungsnetzbetreiber, die den gesamten Zahlungs- und Mahnverlauf hinsichtlich sämtlicher Forderungen ab 2009 für die damaligen Unternehmen U13 GmbH, die S2 Transportnetz Strom GmbH und die W9 GmbH dokumentieren und aus denen sich u.a. Eskalationen bis hin zu Meldungen an die Bundesnetzagentur ergeben. Daneben belegen die zahlreichen eingeführten Mahnschreiben anderer Netzbetreiber und anderer Gläubiger wie z.B. der C2 M3 Fußball GmbH ebenso die im Tatzeitraum und darüber hinaus bestehenden kontinuierlichen Zahlungsschwierigkeiten der U F4 GmbH wie auch der U I7 AG, hier u.a. die E-Mails vom 09.07.2009 und vom 23.07.2009 betreffend Mahnungen der T17 AG, die E-Mails vom 28.07.2009 und 25.11.2009 betreffend Mahnungen der F7 Verteilnetz GmbH, die E-Mail vom 16.10.2009 betreffend die Mahnung der F Bayern AG, die E-Mail , die E-Mail vom 12.11.2009 betreffend die Mahnung der F Edis, die E-Mail vom 06.11.2009 betreffend die Mahnung der S2 Rhein-Ruhr-Verteilnetz GmbH, die E-Mails vom 10.12.2009 betreffend die Mahnungen dreier Tochtergesellschaften der F und die intern anschließende E-Mail-Kommunikation hierzu sowie die Mahnung der C2 M3 Fußball GmbH vom 07.08.2009 hinsichtlich der ausstehenden Sponsoringrate. Darüber hinaus ergeben sich Zahlpraxis der U F4 GmbH und etwaige Rückstände im Hinblick auf Netzbetreiber auch aus den internen E-Mail-Kommunikationen des Cash Managements mit der kaufmännischen Leitung und dem Vorstand der U I7 AG, so u.a. aus der E-Mail von C an L8, B, Dr. L u.a. vom 07.08.2009, zu der der Zeuge U6 bestätigt hat, dass das dortige Procedere dem damaligen Ablauf seiner Erinnerung nach entspreche, in der C nach Aufführung der Mahnstände hinsichtlich zahlreicher Netzbetreiber durch U6, zur Abwendung von Sicherheitsleistungen die bevorzugte Zahlung der besonders eskalierten Netzbetreiberforderungen anweist. Ebenso belegen die eingeführten E-Mails von N4 vom 30.10.2009, von L8 vom 03.11.2009 sowie von L4 vom 15.12.2009, vom 18.06.2010, vom 01.07.2010 und vom 02.11.2010 durchgängig und in sich schlüssig, dass sich der Stand der Netzbetreiberverbindlichkeiten, die am Monatsende (über-)fällig waren und nicht gezahlt werden konnten, nach eigenen firmeninternen Berechnungen von November 2009 (über 29 Mio. €) bis September 2010 (über 23 Mio. €) zwar verringerte, aber kontinuierlich im gesamten Zeitraum bis hin zu dem Beginn der Presseberichterstattung oberhalb von jedenfalls 20 Mio. € blieb. Zuletzt wird das Zahlverhalten der U-Gruppe betreffend die Netzbetreiberverbindlichkeiten auch durch das von den Vorständen gezeichnete Schreiben vom 09.07.2009 belegt, weil in diesem selbst nach gründlicher firmeninterner Überprüfung und Verifizierung "(über-)fällige Lieferantenverbindlichkeiten" in Höhe von 25,8 Mio. € festgestellt werden und zu diesen ausgeführt wird, dass diese "zunehmend existenzbedrohlicher" würden, da "das schlechte Zahlungsverhalten der U die meisten und vor allem größten Lieferanten im Bereich der EEG und Netznutzung zu einem sehr stringenten Mahnverfahren veranlasst hat. Die Gefahr der Kündigung von Verträgen durch solche Lieferanten mit der Konsequenz der Abschaltung ganzer Netzgebiete ist akuter denn je." Ergänzend ergeben sich die schleppenden Zahlungen offener Verbindlichkeiten auch aus der Kommunikation mit den Beratern, so u.a. aus dem handschriftlichen Vermerk des Rechtsanwalts I6 von I vom 13.10.2009, der zu "offenen Verbindlichkeiten" Netzbetreiber, Fußballverein und HZA vermerkt hat, deren "Zahlung um ca. 1 Monat verzögert" erfolgten und sowie den handschriftlichen Vermerken der Rechtsanwälte M und Dr. X von H vom 22.09.2009, wonach nach Auskunft der Teilnehmer "fällig per heute 20 Mio. € an geschobenen Verbindlichkeiten" seien sowie der E-Mail T6s vom 17.09.2009 u.a. an Rechtsanwalt M von H, wonach zu dieser 21 Mio. fällige Verbindlichkeiten offen stünden. Auch belegen u.a. die E-Mails von C an Dr. L u.a. vom 28.07.2009, vom 29.09.2009, vom 14.01.2010, vom 28.01.2010 vom 08.02.2010 sowie die E-Mails von L4 an die Angeklagten u.a. vom 12.11.2009 und vom 27.04.2010 und von C an O vom 20.08.2009 die auf Vorstandsebene bekannte und unwidersprochene bzw. angewiesene Priorisierung einzelner (über-)fälliger Forderungen in konkreten Einzelsituationen. Schließlich hat der Zeuge Dr. X von H in seinem handschriftlichen Vermerk zu dem Kick-Off-Meeting vom 22.09.2009, die von den Führungskreismitgliedern hinsichtlich der "fälligen Verbindlichkeiten" gegenüber Netzbetreibern und Energielieferanten beschriebene Situation mit seinen eigenen Worten als "ständigen Verschiebebahnhof" bezeichnet.

Soweit lediglich der Zeuge T6 bekundet hat, dass es Liquiditätsengpässe bis zum Stromsteuerbescheid nicht gegeben habe, hält die Kammer vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen diese Angaben für nicht glaubhaft. Zum Einen war T6 2008 bereits im Unternehmen tätig, zum Anderen war dieser ausweislich der Protokolle der Sitzungen des Kreditorenmanagements ab Frühjahr 2009 anwesend, in denen Zahlungsschwierigkeiten mit Netzbetreibern besprochen wurden. Darüber hinaus war T6 auch Adressat der E-Mail Bs vom 20.04.2009, der eine Liquiditätsübersicht H8s angehängt war, die gerade auch (über-)fällige Verbindlichkeiten von Netzbetreibern in beträchtlicher Größenordnung auswies.

Im Hinblick auf die so festgestellten - unabhängig von der im Tatzeitraum parallel akuten Steuerproblematik - bestehenden Liquiditätsschwierigkeiten ergibt sich dann u.a. aus den hierzu eingeführten - neben den bereits referenzierten bestehenden - weiteren Urkunden zur Überzeugung der Kammer, dass das gezielte Schieben und Priorisieren gerade der Netzbetreiberforderungen bereits seit Mitte 2008 betrieben wurde. Insbesondere hat der Zeuge C6 gegenüber Beratern der Kanzlei G2 in einer E-Mail vom 20.05.2010 glaubhaft dargelegt, wie die Netzbetreiber zunächst in unterschiedliche Kategorien eingeteilt worden waren und je nach Einstufung die Fälligkeit deren Forderungen differenziert bis zu sechs Wochen verschoben worden war. Weiter führt er dort aus, dass dieses System seit 2008 praktiziert worden sei. Hiermit korrespondieren auch die Bekundungen C6s, der seit 2008 im Unternehmen war, nach denen es durchgängig so gewesen sei, dass bei Gruppenbetrachtung am Monatsanfang erhebliche Mittel durch Einzüge von Kundengeldern zuflossen, die zunächst zu einem positiven Kontostand geführt hätten, dann aber im weiteren Verlauf eines Monats in einer gruppenweiten Unterdeckung geendet hätten, der "Sägezahn" habe seit Beginn seiner Tätigkeit durchgängig bestanden. Weiter ergibt sich aus dem Protokoll des Kreditorenmanagements vom 22.06.2009, wonach für Netzbetreiber "Einzugsermächtigungen nur in äußerst dringenden Fällen" herausgegeben werden sollten, da, wenn "alle Netzbetreiber über Einzug laufen würden" das Volumen nicht mehr zu bewältigen wäre, weshalb man priorisieren müsse. Konkret belegen zudem u.a. die E-Mails von L8 vom 28.07.2009, von N4 vom 19.08.2009, von C vom 07.08. und von L4 vom 06.11.2009 gezielte "Verschiebungen" einzelner fälliger, als bestehend anerkannter Forderungen, wobei sämtliche E-Mails den Angeklagten auch zur Kenntnis gebracht worden waren. Zudem ergibt sich aus dem Protokoll des Führungskreismeetings vom 07.07.2009, dass "viele Verbindlichkeiten überfällig sind" und deshalb ein "planvolles Bedienen der Außenstände nötig sei, um einen Dominoeffekt zu vermeiden". Ebenso ist in dem Protokoll des Führungskreismeetings vom 11.08.2009 festgehalten, dass "sich der bestehende Liquiditätsengpass dennoch nicht beheben lasse", was sich u.a. auf den Vertrieb auswirke. Dort können "ausstehende Provisionen, die insbesondere durch die Abwicklung der Strompakete zu verrechnen sind, zurzeit nicht gezahlt" werden. Weiterer Beleg ist das Protokoll des Führungskreismeetings vom 18.08.2009. Darin ist ausgeführt, dass "bis zum Monatsende noch eine Million Euro zur Bezahlung von Netzbetreibern und Provisionen zur Verfügung" stünde und "aufgrund der derzeit gegebenen Brisanz die ausstehenden Rechnungen priorisiert und darauf basierend beglichen" werden müssten.

Bestätigt wird die sich aus den Urkunden widerspruchsfrei ergebenden Umstände auch durch die glaubhaften Angaben des Zeugen U6, der Justitiar der F6 GmbH, der auf Vorhalt der E-Mail Cs vom 07.08.2009 bestätigt hat, dass es hinsichtlich der Netzbetreiber zwar keinen "Schlachtplan" gegeben habe, man allerdings bis zur Androhung von Netzzugangssperrungen durchaus gezielt gewartet habe, das sei auch schon 2009 so gewesen und bis zur Antragstellung gleich bleibende Praxis geblieben. Auch der Zeuge T8 konnte bestätigen, dass das Priorisieren der Netzbetreiberforderungen jedenfalls im Herbst 2009, nach seiner Erinnerung aber bereits ab seinem Einstieg in 2009 erfolgt sei. Gleiches konnte auf Vorhalt auch der Zeuge L8 bestätigen, der bekundete, die zeitliche Zuordnung falle ihm zwar schwer, die Probleme mit den Netzbetreibern und ein Verschieben habe es aber mit hoher Wahrscheinlichkeit schon 2009 gegeben. Ebenso hat auch der Zeuge T6 insoweit glaubhaft und übereinstimmend mit dem bisherigen Ergebnis bekundet, dass es jedenfalls ab Mitte 2009 detaillierte Liquiditätsbetrachtungen gegeben habe, da ab diesem Zeitpunkt gewisse Zahlungen nicht mehr rechtzeitig gezahlt haben werden können, da habe es im Schnitt einen 15-tägigen Versatz gegeben. Überdies hat auch der Zeuge L4 bestätigt, dass bei seinem Einstieg seiner Erinnerung nach rückständige Forderungen von Netzbetreibern in Höhe von ca. 25 Mio. € bestanden hätten. Da die Situation durchweg so gewesen sei, dass die Einnahmen der U-Gruppe zu wenig gewesen seien, um deren Ausgaben zu begleichen, seien die Netzbetreiberforderungen nicht zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, sondern erst wenn die Forderungen der Netzbetreiber in erheblichem Maße eskaliert gewesen seien, gezahlt worden.

Zusätzlich wird das gefundene Ergebnis auch dadurch gestützt, dass der Zeuge L4 kurz nach seinem Eintritt in das Unternehmen im November 2009, in Koordination mit den Angeklagten, der kaufmännischen Leitung und den Mitarbeitern des Cash Management ein sog. "Compliance Management" für Anrufe von Mitarbeitern der Netzbetreiber mit dem Ziel, eine schnellstmögliche Zahlung fälliger Forderungen zu erwirken, aufgesetzt hat, was durch die hierzu verlesenen E-Mails vom 12.11.2009 zwischen den Beteiligten belegt wird. Darin finden sich gezielt koordinierte Antworten für die Mitarbeiter der Kreditorenbuchhaltung sowie der F6 GmbH für Anfragen hinsichtlich der Gründe der verspäteten Zahlung der Netzbetreiberforderungen. Zudem wird dort die Frage an die Vorstandsebene aufgeworfen, wie es weitergehen soll, wenn der Anrufer trotz der koordinierten Begründungen "hartnäckig" bleibe und beharrlich Forderungen wie die Nennung eines konkreten Zahlungszeitpunkts, die Übersendung eines Zahlungsnachweises / einer Zahlungsbestätigung oder ein Gespräch mit Vorgesetzten einfordere. Hierauf hat der Angeklagte C in seiner Antwort-E-Mail an sämtliche o.g. Beteiligte, so auch den Angeklagten Dr. L, angemerkt, dass diese Fälle "auch heute schon an der Tagesordnung" seien und "eskaliert" werden müssten.

Ergänzend wird das so gefundene Ergebnis unter Berücksichtigung der Besonderheiten betreffend den Zeugen auch insgesamt durch die insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen B bestätigt. Dieser hat bekundet, dass im Juli 2009 neben den Steuerverbindlichkeiten 15-20 Mio. € weitere Verbindlichkeiten offen gewesen seien und man die großen Netzbetreiber "zappeln" lassen habe. Es habe mehrere Mitarbeiter gegeben, die Priorisierungen erarbeitet hätten. Eine generelle Richtline, wie genau zu priorisieren gewesen sei, habe es nicht gegeben. Die dem Vorstand vorgelegten Zahlungen seien jedenfalls ab Juni/Juli 2009 geclustert gewesen, so z. B. Beschaffung, Verbindlichkeiten Netzbetreiber, Vertriebspartnerprovisionen, etc. und seien durch den Vorstand "durchgewunken" worden. Man habe dabei ohne offizielles Votum den Liquiditätsplänen und deren Empfehlungen entsprochen. Bei seinem Einstieg habe eine Adhoc-Steuerung stattgefunden. Nach dem 10.06.2009 seien neue Liquiditätspläne eingeführt worden, nach anfänglichen Schwierigkeiten habe man dann aber im Juli 2009 einen recht guten Überblick gehabt. Bei diesen Plänen seien der Vorstand und die Geschäftsführer sowie K im Verteiler gewesen. Erstellt hätten sie die Herren N4, L8 und T8.

(2) Patronatserklärung und gesamtschuldnerische Haftung

Im Hinblick auf die Haftungssituation der U I7 AG für die U F4 GmbH hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer widerspruchsfrei ergeben, dass am 27.08.2008 eine durch den Angeklagten C in doppelter Funktion mit "Vereinbarung über die Übernahme eines Patronats (Patronatserklärung)" überschriebene Vereinbarung unterzeichnet wurde, deren Regelungen in der Folgezeit innerhalb der Gruppe auch tatsächlich "gelebt" wurden und deren rechtliche Auswirkungen an anderer Stelle weiter erörtert werden sollen. Im Einzelnen:

(i) Zustandekommen der Vereinbarung

Abschluss und Inhalt der Vereinbarung ergeben sich zunächst zuvorderst aus der verlesenen Urkunde selbst, die für die an ihr beteiligten Unternehmen U I7 AG und die als "U F4 GmbH" bezeichnete U Gasversorgungs GmbH jeweils - über einem maschinenschriftlichen Unterschriftenfeld mit "C" - einen Unterschriftszug trägt. Ergänzend hierzu belegen die eingeführten Handelsregisterauszüge der U I7 AG und der U Gasversorgungs GmbH (AG T14 HRB ...#), dass C zu dieser Zeit Alleinvorstand bzw. Alleingeschäftsführer der Gesellschaften und für diese "einzelvertretungsberechtigt mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen" gewesen war.

Darüber hinaus ergeben sich die vertraglichen Grundlagen, die Abwicklung und Eintragung in das Handelsregister der Verschmelzungstransaktion der "alten" U F4 GmbH (AG T14 HRB ...) auf die U Gasversorgungs GmbH (AG T14 HRB ...#), für die beide der Angeklagte C als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Alleingeschäftsführer handelte und deren Umbenennung in "U F4 GmbH" bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags am 26.08.2008 in einer Gesellschafterversammlung am gleichen Tag bereits mitbeschlossen worden war, aus den hierzu verlesenen Urkunden, hier u.a. dem notariellen Verschmelzungsvertrag vom 26.08.2008 sowie den Niederschriften der Gesellschafterversammlungen der U Gasversorgungs GmbH und der "alten" U F4 GmbH und den jeweiligen Handelsregisterauszügen. Diese Urkunden wie auch die weiteren eingeführten gesellschaftsbezogenen Unterlagen der U-Gruppe belegen aus Sicht der Kammer auch kohärent, dass der in gesellschaftsrechtlichen Fragen nicht mit weitergehenden Kenntnissen ausgestattete Angeklagte C, dem die frühere Patronatserklärung vom 15.12.2006 genauso wie das verfolgte Ziel der Verschmelzung, die Geschäfte über die dann "neue" U F4 GmbH abzuwickeln, bekannt waren, am 27.08.2008 - als Folge der schon beschlossenen Verschmelzung und Umfirmierung - die bestehende Haftungslage der U I7 AG für die "neue" U F4 GmbH fortschreiben wollte. Die Annahme eines Abschlusses für die "alte" U F4 GmbH ließe sich aus Sicht der Kammer logisch nicht nachvollziehbar erklären, da zum Einen für diese ja ohnehin bereits eine Patronatserklärung existierte und sie als Folge der Verschmelzung mit allen getroffenen Vereinbarungen alsbald ohnehin erlöschen würde.

(ii) Zustimmung des Aufsichtsrats?

Unabhängig davon, ob für den Abschluss der Vereinbarung für die U I7 AG durch deren Alleinvorstand C eine (vorherige) Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Gesellschafter überhaupt notwendig gewesen wäre, was die Kammer mangels entsprechender Unterlagen bzw. Bekundungen der damaligen Mitglieder des Aufsichtsrats, die hierzu keine Angaben gemacht hatten, nicht feststellen konnte, waren die Maßnahmen insgesamt mit dem Aufsichtsrat und den beiden wesentlichen Gesellschaftern Dr. T3 und K, selbst Mitglieder des Aufsichtsrats, aus Sicht der Kammer abgestimmt und in der Folgezeit auch diesen bekannt und von diesen nicht beanstandet worden.

Zunächst war es zur Überzeugung der Kammer bereits bestehende Unternehmenspraxis, dass für den Abschluss einer Patronatserklärung der U I7 AG für die operativ tätige U F4 GmbH eine in Beschlussform vorliegende Zustimmung als nicht notwendig erachtet wurde, was sich aus der eingeführten Patronatserklärung vom 15.12.2006 und der weiteren zum Einstieg der U-Gruppe in den Strommarkt eingeführten Urkunden ergibt. Denn dabei war Anlass des Patronats, dass die U F4 GmbH "beabsichtigt, eine Geschäftstätigkeit als Stromversorgungsunternehmen aufzunehmen". Die Sicherheit war so notwendige Voraussetzung zur Aufnahme der neuen Tätigkeit, um gegenüber dem HZA L10 die hierfür erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dokumentieren zu können. Insofern lag aus Sicht der Kammer die Übernahme des Patronats im vitalen Interesse der U I7 AG und deren Gesellschafter, denen der zur damaligen Zeit unterzeichnende K ja selbst zu ca. 1/3 der Anteile zugehörig war, da anderenfalls ein Eintritt in den Strommarkt nicht möglich gewesen wäre.

Hinsichtlich der im August 2008 durch C ausgeführten gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen innerhalb der Gruppe steht als Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass diese maßgeblich durch den mit überlegenem Wissen hierzu ausgestatteten ehemaligen Mitangeklagten K initiiert und angeleitet worden waren. Anlass der Umstrukturierungen war aus Sicht der Kammer zum Einen die Umstrukturierung der gesamten Gruppe im Hinblick auf den von C und K angestrebten Gesamtverkauf und zum Anderen die Verbesserung der bilanziellen Lage der operativ tätigen U F4 GmbH. Beleg hierfür ist aus Sicht der Kammer u.a. die sich aus den hierzu verlesenen Urkunden ergebende und durch die Bekundungen des Zeugen Dr. E bestätigte Kontaktaufnahme durch K zu der M6 AG hinsichtlich eines Verkaufs der U-Gruppe im Juli 2008. Hierzu hat der Zeuge Dr. E von der M6 AG bekundet, dass K zusammen mit C mit ihnen gesprochen hätte. Er sei zwar beeindruckt von dem rasanten Wachstum gewesen, andererseits hätte jeder mögliche Investor konsolidierte Zahlen sehen wollen und die Gruppenstruktur sei noch nicht der neuen Größe entsprechend ausgestaltet gewesen. Insofern habe man sich geeinigt, zunächst weiter abzuwarten und den Verkaufsprozess wieder aufzunehmen, wenn die U-Gruppe "ihre diesbezüglichen Hausaufgaben" gemacht habe. Darüber hinaus hat K, der über fundierte fachliche Kenntnisse hierzu verfügte, im Verlauf der Unternehmensgeschichte mehrfach Verschmelzungen von Gesellschaften initiiert, durch die die Kundenstämme als immaterielle Vermögenswerte aktiviert werden sollten, was sich u.a. aus den eingeführten Urkunden der C3 AG, hier dem Entwurf der Vendor Due Diligence-Prüfung Stand Mai 2009 (dort S. 32), der internen Übersicht zur Eigenkapitalsituation der U F4 GmbH vom 07.09.2009, dem Bericht des HZA L10 vom 01.10.2009 (S. 21 f.), dem Entwurf eines Sanierungskonzepts nach IDW S6 sowie dem Wertgutachten der H10 Partners vom 12.04.2010 ergibt. Ansprechpartner intern wie auch für die externen Berater der C3 AG zu Fragen der Verschmelzungen war und blieb stets allein K, was sich ebenfalls aus den hierzu verlesenen Urkunden und den Bekundungen der hierzu vernommenen Berater ergibt. Diese Rolle Ks wird insbesondere aber auch durch die Einlassung Dr. Ls bestätigt, nach der die firmeninternen Strukturen zur Mitarbeit nie so wie bei einer Abstimmung gewesen seien, sondern K mehr im Sinne einer fachlichen Kompetenz die Entscheidung getrieben habe. Seine finanzielle Kompetenz sei im Vergleich zu der des Unternehmens überragend gewesen, es habe im Unternehmen Niemanden gegeben, der ihm "das Wasser habe reichen können". Das könne man positiv wie negativ sehen. K habe Vorschläge zur Zusage von Finanzmitteln, ebenso wie planerische Beiträge für die Geschäftsplanung, z. B. für Verschmelzung einzelner Unternehmen unterbreitet. Ebenso hat der Zeuge M2 bekundet, dass C nach seiner Einschätzung von seiner Ausbildung her kein Bilanzierer gewesen sei, entsprechend seien Bilanzen und deren Detailfragen nicht sein Thema gewesen. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Kammer abwegig davon auszugehen, dass allein der in finanz- und gesellschaftsrechtlichen Fragen nicht ausgebildete Angeklagte C hier hochkomplexe Vorschläge für Bilanzierung und Struktur der U-Gruppe ausgearbeitet und vorangetrieben haben soll.

In Anerkennung dieser gestaltenden Rolle Ks, der als Firmengründer nur aus den Gründen seiner Vorverurteilung in den Hintergrund getreten war, hat die Kammer weiter berücksichtigt, dass die Beweisaufnahme auch ergeben hat, dass K im Aufsichtsrat trotz seiner Minderheitsbeteiligung von ca. 1/3 der Anteile eine exponierte Stellung inne hatte. So hat der Angeklagte Dr. L sich dahingehend eingelassen, dass K "die Person des Aufsichtsrat" gewesen sei und dort eine federführende, operativ ausgestaltete Rolle ausgeübt habe. Darüber hinaus haben die involvierten Berater, hier u.a. die Zeugen M2, K2 und Dr. E, übereinstimmend bekundet, dass aus ihrer Sicht K der "Aufsichtsratsvorsitzende" gewesen sei. Dr. E hat hierzu weiter ausgeführt, dass man die anderen Aufsichtsräte nie kennengelernt habe und aus seiner Sicht diese auch nicht besonders aktiv gewesen seien. Ebenso belegen die hierzu verlesenen Urkunden, so u.a. die schriftliche Beschlussfassung der Aktionäre vom 20.10.2009 sowie die verlesenen Protokolle der Sitzungen des Aufsichtsrats, in denen K jeweils Schriftführer war, diese Verteilung, zumal K durch seine frühere Vorstandstätigkeit und seine herausragende finanzwirtschaftliche Kompetenz nahe an der Belegschaft und den Belangen der U-Gruppe war.

Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten steht zur Überzeugung der Kammer - u.a. auch aufgrund der Gesamtwürdigung der insgesamt eingeführten Urkunden und der Bekundungen der Zeugen - fest, dass durch die Beteiligung Ks - wie bei sämtlichen anderen größeren Unternehmensentscheidungen der U I7 AG auch - der Aufsichtsrat im notwendigen Rahmen eingebunden und die Fortschreibung der bereits 2006 goutierten Haftungszusage der U I7 AG für den Zeitraum nach der Verschmelzung mit diesem abgestimmt war, zumal die Perpetuierung des Status Quo Bestandteil des seit jeher bestehenden Geschäftsmodells als Energieversorger war und im ureigensten Interesse des Aufsichtsrats und der Gesellschafter lag, da die U-Gruppe ohne das Strom- und Gasgeschäft wirtschaftlich zu vernachlässigen gewesen wäre.

(iii) "Gelebte" Haftungszusage

Dafür, dass die Haftungszusagen aus der Patronatserklärung auch in der Unternehmenswirklichkeit Berücksichtigung gefunden haben und als wirksam erachtet wurden, spricht auch, dass die Vereinbarung vom 27.08.2008 in der Folgezeit beständig durch Mitarbeiter des Unternehmens verwendet, diese externen Beratern vorgelegt und deren Inhalt Grundlage der eigenen Firmenbewertungen geworden waren:

So ergibt sich bereits aus dem Schreiben vom 09.07.2009, in dem der Vorstand der U I7 AG gegenüber dem Aufsichtsrat "nach gründlicher Überprüfung und Verifizierung" als Folge einer Deckungslücke von 54 Mio. € hinsichtlich der ausstehenden Stromsteuer und (über-)fälligen Netzbetreiberverbindlichkeiten, für beides Schuldnerin die U F4 GmbH, von einer Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG ausgeht, sowie den diesem vorgeschalteten Angaben gegenüber dem HZA L10 im Stundungsverfahren, dass die U-Führungsmannschaft offensichtlich selbst davon ausging, dass bei einer Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH die U I7 AG ebenfalls insolvent sein würde. Diese Einschätzung hat der Angeklagte Dr. L auch in seiner Einlassung bestätigt. Danach sei der Inhalt des Schreibens damals so zutreffend gewesen und spiegele seine damalige Kenntnis wider. Im Übrigen hat er sich eingelassen, dass er durch die Rückstände bei der U F4 GmbH das Risiko einer Insolvenzsituation der U I7 AG im Zeitraum von Juli 2009 bis Januar 2010 erkannt und gesehen habe.

Im weiteren Verlauf stellte die Führungsmannschaft der U-Gruppe zudem den zur Prüfung einer möglichen insolvenzrelevanten Situation beauftragten Kanzleien H und I die Patronatserklärung vom 27.08.2008 als im Verbund bestehende Vereinbarung zu Prüfungszwecken vor. So übersandte der Zeuge T6, der ebenso wie der Zeuge C6 glaubhaft bekundet hat, dass ihm die Patronatserklärung in dieser Fassung bekannt gewesen sei, in einer E-Mail vom 16.09.2009 Rechtsanwalt M von H von diesem angeforderte Unterlagen der Gruppe. Hinsichtlich der Rubrik "Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge - soweit einschlägig" führte T6 in der E-Mail aus, dass "nur eine Patronatserklärung der I7 zur Kostenübernahme bei der U7 F4" existiere und übersandte als Anlage die Vereinbarung vom 27.08.2008. Weiter ist dem Abschlussschreiben der Rechtsanwälte I an die U I7 AG vom 28.10.2009, gerichtet an die Angeklagten C und Dr. L, zu entnehmen, dass diesen zur Prüfung unter anderem auch die Patronatserklärung vom 27.08.2008 vorgelegen hat. In deren Einschätzungen führen die Rechtsanwälte I weiter aus, dass "die U I7 AG aufgrund der am 27.08.2008 unterzeichneten Patronatserklärung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH hafte". Hierzu hat auch der Zeuge I6, der federführende Berater der Kanzlei I, glaubhaft bekundet, dass es durch Garantien und Patronatserklärungen einen pflichtauslösenden Umstand gegeben habe, der zu einem Dominoeffekt führte. Durch die Haftungszusagen seien auch die eigentlich gesunden Gesellschaften bei einer Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH betroffen gewesen.

Aus alledem folgert die Kammer, dass die Angeklagten, speziell C als deren alleiniger Urheber, die Erklärung vom 27.08.2008 als wirksam erachteten, da sie diese für die Prüfung der für die U I7 AG existenziellen Frage der Insolvenzreife den Prüfern zur Verfügung stellten. In diesem Sinne fassten die Angeklagten und K unter dem 02.03.2010 aus ihrer Sicht die Situation der U-Gruppe in einem "Reminder Stundung Stromsteuer" zusammen, der einem hochrangigen Beamten im BMF weitergeleitet und in dem u.a. ausgeführt wurde, dass, "sollte dem Stundungsantrag nicht stattgegeben werden, U F4 (und wegen Haftungszusagen dann auch die ganze Gruppe) Insolvenzantrag stellen müsste."

Aus diesen glaubhaften eingeführten Urkunden lässt sich aus Sicht der Kammer erkennen, dass die U-Führungsmannschaft und insbesondere die Angeklagten und K zur damaligen Zeit sehr wohl von der Wirksamkeit der Haftungszusage ausgingen und deren rechtliche Bedeutung auch erfasst hatten. In diesem Sinne haben auch der mit der Erstellung von Liquiditäts- und Businessplänen der Gruppe befasste Zeuge C6 und der kaufmännische Leiter N4 glaubhaft bekundet, dass ihnen die Vereinbarung vom 27.08.2008 bekannt sei und darin die U I7 AG die Übernahme der Verluste der U F4 GmbH zugesagt habe bzw. diese im Bedarfsfall für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH hafte.

Der Annahme der Wirksamkeit der Patronatserklärung steht auch nicht entgegen, dass unter dem 25.05.2011 nochmals eine weitere Patronatserklärung zwischen der U I7 AG und der U F4 GmbH, für die im Übrigen auch - getreu der bisherigen Unternehmenspraxis - eine ausdrückliche Zustimmung des Aufsichtsrats nicht vorlag, abgeschlossen wurde. Deren Abschluss erklärt sich für die Kammer aus dem Umstand, dass spätestens zum 25.05.2011 das eingeführte Gutachten der Kanzlei I4 B4 vorlag, mit dessen Vorlage jedenfalls eine Antragsfrist in Gang gesetzt wurde. Insofern bestand für den damaligen, gerade neu eingesetzten Geschäftsführer der U F4 GmbH, dem ehemaligen kaufmännischen Leiter N4, ein elementares Bedürfnis, möglicherweise noch eingehenden Investorengelder von F11 bei deren Eingang an den Ausgleich der Verbindlichkeiten der U F4 GmbH zu binden, deren finanzielle Ausstattung in seinen Verantwortungsberich fiel. Hierfür spricht auch der verkürzte Wortlaut der neuen Erklärung, wonach die U I7 unwiderruflich die uneingeschränkte Verpflichtung, auf Anforderung zur Vermeidung von deren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, deren fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, übernehmen sollte. Insofern handelt es sich hierbei aus Sicht der Kammer nur um eine aus der bestehenden akuten Krisensituation erwachsenen, zusätzlich absichernden Erneuerung der alten wirksamen Erklärung vom 27.08.2008, auch im Hinblick darauf, dass der darin noch allein unterzeichnende C mittlerweile auf Betreiben der neuen Investoren aus dem Vorstand ausgeschieden war. Der erstmalige Abschluss einer Patronatserklärung erst zu diesem späten Zeitpunkt innerhalb einer laufenden Insolvenzantragsfrist machte aus Sicht der U I7 AG ansonsten wirtschaftlich keinen Sinn, weil man sich dann mit Beginn der Antragsfrist nunmehr erstmals der Haftung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH unterworfen hätte.

Gegen die Existenz einer wirksamen Patronatserklärung im Tatzeitraum spricht schließlich auch nicht der Umstand, dass das HZA L10 im Verlauf des Stundungsverfahrens zur Verbesserung der Sachlage als Sicherheitsleistung eine Patronatserklärung der U I7 AG gegenüber der U F4 GmbH - unter Verweis auf das Erlöschen der Patronatserklärung vom 15.12.2006 wegen der Verschmelzung - einforderte, was sich aus den hierzu verlesenen Urkunden, hier insbesondere dem Schreiben des HZA L10 an die U F4 GmbH vom 08.12.2009 ergibt. Ausweislich des Berichts des HZA L10 vom 01.10.2009 (S. 23) und den Ausführungen in diesem Schreiben war dem HZA L10 - anders als den Kanzleien H und I - die Vereinbarung vom 27.08.2008 nicht zur Prüfung vorgelegt worden. Vielmehr war dem HZA L10 allein der Entwurf einer neuen Erklärung der U I7 AG und der U T21 GmbH zu einem Schuldbeitritt zu den Nachzahlungsforderungen der Stromsteuer vorgelegt worden, so Anlage 5 zum Bericht des HZA L10 vom 01.10.2009, der in der Folgezeit aber - trotz der Anforderung durch das HZA L10 im Dezember 2009 - seitens der U-Verantwortlichen nicht rechtswirksam unterzeichnet wurde. Aus dem so dokumentierten Verhalten der Angeklagten folgert die Kammer, dass diese bewusst dem HZA L10 eine Haftungszusage der U I7 AG für deren eingeforderte Stromsteuernachzahlungen nicht zur Kenntnis bringen bzw. geben wollten, weil dadurch das HZA L10 direkt die Möglichkeit zum rechtlich nicht zu beanstandenden Durchgriff auf die U I7 AG gehabt hätte. Jedenfalls kann aus Sicht der Kammer so nicht aus dem Verlauf geschlossen werden, dass es eine rechtswirksame Vereinbarung vom 27.08.2008 nicht gegeben hat. Zum Einen spricht hiergegen bereits allgemein deren oben ausgeführte Berücksichtigung und Bereitstellung an Dritte, zum Anderen aber im Besonderen die Ausführungen der Angeklagten und Ks gegenüber dem BMF in ihrem Reminder Stromsteuer vom 02.03.2010, in dem diese ja in der Begründung gerade Bezug auf bestehende Haftungszusagen für die U F4 GmbH innerhalb der Gruppe Bezug nehmen. Zudem hatte die U F4 GmbH dem HZA L10, wie u.a. aus den schriftlichen Erläuterungen Cs zu dem Stundungsantrag vom 23.06.2009 ersichtlich, von Beginn an unmissverständlich mitgeteilt, dass "aufgrund der konzernintemen Verflechtungen nur die Liquiditätsplanung und -steuerung auf Gruppenebene sachgerecht und sinnvoll" sei.

(3) Verfahrensgang bei dem HZA L10

Der den Feststellungen zugrunde gelegte Verlauf des Stundungsverfahrens der Nachzahlungsforderungen der Stromsteuer aus 2008 und dem 1. Halbjahr 2009 ergibt sich frei von Widersprüchen zur Überzeugung der Kammer zuvorderst aus den hierzu eingeführten, zahlreichen Urkunden aus den Verfahrensakten des HZA L10, dort den Korrespondenzen zwischen der U-Gruppe und dem HZA L10, den internen Korrespondenzen mit und Stellungnahmen für Aufsichtsbehörden, so der BFD West, den internen Vermerken und gefertigten Gesprächsprotokollen, den Bescheiden und gutachterlichen Stellungnahmen sowie den Dokumentationen der Zahlungseingänge, an deren Richtigkeit die Kammer keinen Anlass gefunden hat zu zweifeln. In den so chronologisch dokumentierten Verfahrensablauf fügen sich dann die hierzu eingeführten weiteren Urkunden aus den Verfahrensakten der Aufsichtsbehörde BFD West und den eigenen hierzu angelegten Akten der U-Gruppe zu dem Stundungsverfahren und den hierzu geführten E-Mail-Korrespondenzen der Führungsmannschaft, aus denen umfangreiches Dokumentenmaterial in die Hauptverhandlung eingeführt worden war. Das so gefestigte Ergebnis wird zudem bestätigt durch die glaubhaften Bekundungen der Zeugen X4 und M9, die direkten Sachbearbeiter des HZA L10 in 2009, des Zeugen C5 der BFD West, dem Zeugen M2 der C3 AG und den hierzu vernommenen Mitarbeitern der U-Gruppe. Der zeitliche Ablauf im Tatzeitraum wird zudem dokumentiert und bestätigt durch die aus den Akten des HZA L10 stammende, eingeführte "Verfahrenschronologie" vom 08.03.2010. Dabei ist als Ergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung sämtlicher hierzu erhobener Beweismittel sowie der Einlassung des Angeklagten Dr. L festzuhalten, dass sich daraus übereinstimmend zur Überzeugung der Kammer - letztlich unstreitig - folgendes ergibt:

Sämtliche hinsichtlich der Nachzahlungsforderungen der Stromsteuer ergangenen Bescheide des HZA L10 vom 04.06.2009 und 03.07.2009 sowie das Rückforderungsbegehren der sofort fälligen ausstehenden Beträge aus dem 1. Halbjahr 2009 wurden nicht angefochten und seitens der U-Verantwortlichen dem Grunde und der Höhe nach jedenfalls ab 25.06.2009 als fällig und bestehend anerkannt.

Ein formeller Stundungsbescheid des HZA L10 war zu keiner Zeit erlassen worden, was auch der Angeklagte Dr. L bestätigt hat.

Ratenzahlungen gemäß dem durch die U-Gruppe dem HZA L10 vorgelegten Ratenzahlungsplan (Anlage 11 zum Bericht des HZA L10 vom 01.10.2009) auf die ausstehenden Stromsteuernachzahlungen sind erstmals ohne Vereinbarungsgrundlage unaufgefordert von der U F4 GmbH Anfang Februar 2010 rückwirkend ab November 2009 geleistet und dann in der Folgezeit durch das HZA L10 - weiterhin ohne Erlass eines entsprechenden Bescheids mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Stundung - akzeptiert worden, was sich u.a. aus dem Schreiben des HZA L10 vom 17.02.2010, der Verfahrenschronologie vom 08.03.2010 sowie der Zahlungsübersicht des HZA L10 vom 02.09.2010 ergibt.

(i) Vorherige Kenntnis anfallender Stromsteuernachzahlungen

Dass die Angeklagten wie auch die gesamte Führungsmannschaft der U-Gruppe bereits vor der Meldung der Jahressteuerschuld für das Jahr 2008 an das HZA L10 Anfang Juni 2009 Kenntnis von der drohenden steuerlichen Zusatzlast hatten, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer zuvorderst zunächst aus den hierzu eingeführten Urkunden sowie den hierzu vernommen Zeugen. Bereits in den Bilanzentwürfen für die U F4 GmbH waren bilanztechnisch Rückstellungen für Steuernachzahlungen in Höhe von über 19 Mio. € als Rechnungsposten eingestellt, was zusätzlich durch die Ausführungen in den dem HZA L10 übersandten "Reminder Stundung Stromsteuer" bestätigt wird. Zudem beruhten die geleisteten Vorauszahlungen in 2008 der Höhe nach auf den Durchschnittswerten für das Jahr 2007, was sich aus den hierzu verlesenen Urkunden ergibt und was u.a. der Zeuge N4 bestätigt hat. Zudem hat der Zeuge N4 auch bekundet, dass er zusammen mit T6 schon Ende 2008 das Problem auf Vorstandsebene aufgeworfen habe, dass die Vorauszahlungen für die Stromsteuer nicht ausreichten. Auf Nachfrage habe man aber "die Aussage einer WP-Gesellschaft in M13" erhalten, dass eine proaktive Anpassung nicht notwendig sei. Darüber hinaus belegt die eingeführte E-Mail Bs vom 20.04.2009 auch, dass die Steuernachzahlungen nicht überraschend für die U-Führungsmannschaft kamen. Darin führt B glaubhaft aus, dass zum Juni 2009 "weitere 25 Mio. € zur Begleichung der Stromsteuer" benötigt würden. Das so gefundenen Beweisergebnis wird zudem auch durch die Bekundungen des für das Stundungsverfahren zuständigen Sachbearbeiters des HZA L10 M9 bestätigt, der glaubhaft bekundet hat, dass die Vertreter der U-Gruppe im Verfahren mitgeteilt hätten, dass man bereits 2008 erkannt habe, dass die Zahlungen zu niedrig seien, es aber aus ihrer Sicht keine Pflicht zur Anpassung gegeben hätte. Ebenso hat der Zeuge X4, der Sachbearbeiter für die Stromsteuerzahlungen bei dem HZA L10, bestätigt, dass seiner Erinnerung in der Besprechung vom 23.06.2009 vorgetragen worden sei, dass die Vertreter der U-Gruppe gewusst hätten, dass eine Nachzahlungsforderung zu zahlen gewesen sei.

(ii) Einschätzung der Leistungsfähigkeit durch das HZA L10

Als Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass aus Sicht der Sachbearbeiter des HZA L10 wie auch der übergeordneten Aufsichtsbehörden weder die U F4 GmbH, noch die U I7 AG und auch die Gruppe insgesamt in der Lage gewesen waren, die Nachzahlungsforderungen im Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit zu bezahlen und deren Beitreibung die Insolvenz der U F4 GmbH wie auch der U I7 AG und der U-Gruppe insgesamt nach sich gezogen hätte:

Selbst angenommene Zahlungsunfähigkeit bei Fälligkeit

Zunächst war es gemeinsamer Konsens der gesamten U-Führungsriege, so auch der Angeklagten, selbst, dass, sofern die Stromsteuernachzahlungen bei deren Fälligkeit zu zahlen gewesen wären, die U-Gruppe insgesamt, also nicht allein die U F4 GmbH, sondern auch die U I7 AG insolvent gewesen wäre, was sich bereits aus den hierzu eingeführten Urkunden kohärent ergibt. So wird dies dokumentiert durch das eingeführte Protokoll der außerordentlichen Vorstandssitzung vom 10.06.2009, an der - wie aus dem Protokoll ersichtlich und von dem Angeklagten Dr. L und den Zeugen bestätigt - neben den Angeklagten, B, T6 sowie die Zeugen M2 und K2 teilgenommen hatten. Darin wird nur unter Berücksichtigung der Nachzahlung für 2008 in Höhe von 18,8 Mio. € eine gruppenübergreifende Deckungslücke von 24 Mio. € festgestellt, die kurzfristig zu schließen sei. Zudem sei es Voraussetzung für alles Weitere, dass bis zum 25.06.2009 eine Einigung mit dem HZA L10 für die Stundung der Stromsteuer erzielt werde. Weiter sollten Rechnungswesen und Controlling die Liquiditätsübersicht der C3 AG verifizieren und dem Vorstand einen endgültigen Stand melden. Ab diesem Datum beginne dann eine dreiwöchige "Insolvenzantragsfrist für Vorstände und Geschäftsführer" zu laufen. Entsprechend wurden die Geschäftsführer der U N8 GmbH und der damaligen U Communications GmbH über die Situation für eigene Konsequenzen - wie das Protokoll belegt - instruiert. Aus dem so dokumentierten Ablauf, der im Übrigen von allen beteiligten Zeugen bestätigt wurde, schließt die Kammer, dass allein die Nachzahlungsforderung von 18,8 Mio. €, ohne die auch fälligen, weiteren 16,3 Mio. € für das 1. Halbjahr 2009, aus Sicht der Berater der C3 AG wie auch des Vorstands der U I7 AG eine Insolvenz sämtlicher Gruppenunternehmen, also auch der U I7 AG nach sich gezogen hätte.

Diese interne Sichtweise wird auch im Nachgang durch weitere Unterlagen bestätigt. So ergibt sich aus der E-Mail T6s vom 17.06.2009, u. a. an den Angeklagten C, zur Vorbereitung auf die Besprechung bei dem HZA L10 am 23.06.2009, dass "ein Zeitproblem bei der Beschaffung der Mittel zur Tilgung der Steuerschuld bestehe" und es derzeit keine Möglichkeiten gebe, den Komplettbetrag zum Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen. Bei Fälligstellung ohne Stundung sei man so der Gefahr der Insolvenz ausgesetzt. Ebenso belegt das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 19.06.2009, dass intern folgerichtig zu dieser Zeit von einer Deckungslücke von 24 Mio. € (weiterhin ohne die auch fälligen 16,3 Mio. € für 2009) ausgegangen wurde, für die es "akut erforderlich sei, dass innerhalb kürzester Zeit zusätzliche Geldmittel dem Unternehmen zufließen". Weiter ergibt sich aus den Erläuterungen der U-Gruppe zu dem Stundungsantrag vom 23.06.2009 selbst, dass derzeit eine Deckungslücke von 6,7 Mio. € bestehe, die sich bis Ende Juni 2009 auf 50,7 Mio. € erhöhen werde. "Ohne weitere Maßnahmen wäre die U-Gruppe, trotz ansonsten positiven Rentabilitäts- und Liquiditätsprognosen, zahlungsunfähig. Diese Deckungslücke könne zudem von den derzeitigen Gesellschaftern kurzfristig nicht vollständig geschlossen werden. Für eine Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der U-Gruppe sei eine Stundung des Nachzahlungsbetrages 2008 auf 24 Monate notwendig, unter der Voraussetzung, dass keine Sicherheitsleistungen vom Hauptzollamt erhoben würden. In diesen Ablauf fügt sich dann auch das verlesene Schreiben der U I7 AG an den Aufsichtsrat vom 09.07.2009. Darin wird die Deckungslücke für das Ende der Kalenderwoche 27 (=bis 05.07.2009) "laut der Liquiditätsplanung der U-Gruppe" - insofern kongruent zu den bisher referenzierten Urkunden - auf ca. 54,4 Mio. € beziffert, bestehend aus den Stromsteuerverbindlichkeiten für 2008 und das 1. Halbjahr 2009 sowie über 25,8 Mio. € "(über-)fällige Lieferantenverbindlichkeiten". Korrespondierend mit den Angaben aus dem Protokoll vom 10.06.2009 hat die U I7 AG mit Stand Kalenderwoche 25 (=bis 21.06.2009) "nach gründlicher Überprüfung und Verifizierung von offenen Verbindlichkeiten, Forderungen und sonstigen kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenständen" den "Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit" festgestellt, aus dem sich dann u.a. auch für den Vorstand der U I7 AG eine Insolvenzantragsfrist ergebe, deren Ablauf für den 17.07.2009 angegeben war, was wiederum im Lauf der Frist mit dem Fälligkeitsdatum des Stromsteuerbescheids 2008 zum 25.06.2009 korreliert. Beleg für diese durchgängig bestehende Einschätzung der Angeklagten und der Führungsmannschaft der U-Gruppe sind zudem deren eigene Ausführungen für das HZA L10 in dem "Reminder Stundung Stromsteuer" aus März 2010, dass bei sofortiger Fälligkeit der Stromsteuernachzahlungen anstelle einer ratenweisen Zahlung "nicht nur eine angespannte Liquiditätslage bestehe, sondern unabhängig von der inzwischen eingetretenen Rentabilität des Unternehmens eine Insolvenzantragspflicht bestehe". "Sollte dem Stundungsantrag nicht stattgegeben werden, müsste die U F4 GmbH (und wegen Haftungszusagen dann auch die ganze Gruppe) aufgrund eines fehlenden Stundungsbescheids Insolvenzantrag stellen. Dann würde nicht nur die Steuerforderung ausfallen, sondern auch 480 in der Hauptsache mit Jungen Leuten besetzte Arbeitsplätze zunichte gemacht".

Das durch die eigeführten Urkunden dokumentierte Ergebnis wird zudem durch die Bekundungen der als Zeugen vernommenen ehemaligen Schlüsselmitarbeiter der U-Gruppe belegt. So hat der Zeuge C6 hierzu glaubhaft bekundet, dass im Juni 2009 28 Mio. € an Verbindlichkeiten des HZA L10 für ihn überraschend festgestellt worden seien, die man zu diesem Zeitpunkt nicht habe zahlen können, da dies sonst unmittelbar eine Insolvenz bedeutet hätte. Auch haben die Zeugen L8 und T8 übereinstimmend bekundet, dass die Stromsteuer ein fälliger Posten gewesen sei, der nicht beglichen werden konnte. Die Zeuge L4 hat ebenfalls glaubhaft ausgeführt, dass die Forderung der Steuerschuld das "Damoklesschwert" gewesen sei und wenn das HZA die Forderung vollstreckt hätte, dies "das Aus" gewesen wäre.

Darüber hinaus wird dies auch durch die hierzu eingeführten Unterlagen der C3 AG und die Angaben der Berater hierzu bestätigt. Danach hat der Zeuge M2 glaubhaft bekundet, dass er von seinem Kollegen K2 am 09.06.2009 informiert worden sei, dass er nach U4 kommen müsse, da man ein Problem habe. Dort sei er dann erstmals seit Prüfbeginn über Stromsteuernachforderungen gegenüber der U F4 GmbH in Höhe von 28 Mio. € informiert worden. Unter Einbeziehung dieser Forderungen habe die Liquidität nicht gereicht und man habe in den "offenen explodierten Reaktor von Tschernobyl" geschaut. Ohne eine Stundung der Nachzahlungsforderungen habe man nicht mehr weiter arbeiten können. Eine Stundung sei daher der "Tropfen gewesen, der über Sein oder Nicht-Sein entschieden" habe. Er habe dann im Nachgang die Vorstände und K am 11.06.2009 in einem ausführlichen Telefonat auf die Situation hingewiesen, dass nun etwas passieren müsse, da es klar sei, dass man unter Einbeziehung der Stromsteuer die Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen könne. Diese Angaben hat der Zeuge K2 bestätigt. Die neu aufgekommenen Stromsteuernachforderungen, seiner Erinnerung so 20 bis 25 Mio. €, hätte aus den ihm bekannten Finanzquellen nicht gezahlt werden können. Entsprechend habe er am 09.06.2009 M2 und Dr. H2 hierüber unterrichtet. Es habe dann ein Treffen und ein Telefonat mit dem Vorstand und K gegeben, in dem diese aus erster Hand über die Situation informiert worden seien, da seitens der C3 AG nunmehr eine "Redepflicht" bestanden habe. Die Angaben der Zeugen M2 und K2 werden zudem auch durch den in den Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009 niedergelegten Mandatsverlauf, insbesondere im Hinblick auf das Treffen vom 11.06.2009, bestätigt.

Offenlegung an und Einbeziehung durch die Steuerbehörden

Die so gewonnene interne Einschätzung haben die Angeklagten sowie auf deren Anweisung auch die engere Führungsmannschaft der U-Gruppe von Beginn der Stundungsbemühungen an, den Sachbearbeitern des HZA L10 offengelegt, die ihrerseits diese Informationen an ihre Aufsichtsbehörden weitergaben und im weiteren Geschehen zur wesentlichen Grundlage sämtlicher Verfahrensentscheidungen gemacht haben.

Dies belegen zuvorderst die hierzu eigeführten Urkunden. So ergibt sich bereits aus dem Telefonvermerk vom 09.06.2009 zu einem Telefonat zwischen den Vertretern der C3 AG und dem HZA L10, in dem diese die Stellung eines Stundungsantrags betreffend den Stromsteuerbescheid vom 04.06.2009 ankündigten, dass sich nach dem Verständnis des HZA L10 die U F4 GmbH "derzeit in einer wirtschaftlichen Situation befinde, die die vollständige Zahlung des ausstehenden Betrags zum Fälligkeitstag nicht zulasse. Ohne die Stundung dieses Betrags würde laut Herrn Dr. G10 die Insolvenz des Unternehmens nicht abzuwenden sein." Ein solches Telefonat und dessen Inhalt hat der Zeuge M9 bestätigt. Der Zeitpunkt des Telefonats steht im Einklang mit den Angaben der Zeugen M2 und K2, die ja gerade den 09.06.2009 als Zeitpunkt der Kenntnis der drohenden Stromsteuernachzahlung benannt und zudem bekundet hatten, dass von Anfang an klar gewesen sei, dass eine Stundung her müsse und man dann auch hinsichtlich der Stundungsbemühungen "ein bisschen im Boot gewesen sei". Weiter belegt die hierzu verfasste "Anzeige voraussichtlicher Steuerausfälle" des HZA L10 an das BMF und die BFD West zum Stand des Stundungsverfahrens vom 19.06.2009 widerspruchsfrei, dass die so seit 09.06.2009 bekannte, eigene Einschätzung der U-Gruppe auch frühzeitig an die Aufsichtsbehörden kommuniziert wurde. Darin heißt es u.a., dass "es nach derzeitigem Informationsstand eher unwahrscheinlich sei, dass dem Stundungsantrag der U F4 GmbH stattgegeben werden könne" und die "hohe Wahrscheinlichkeit einer direkten Zahlungsunfähigkeit bestehe". Weiter ergibt sich aus dem eingeführten Gesprächsvermerk des HZA L10 vom 23.06.2009 sowie dem Bericht hierzu an die BFD West, dass in diesem Treffen dem HZA L10 seitens B, C und den Vertretern der C3 AG mitgeteilt worden war, dass die Beitreibung der Forderung oder die Einforderung einer Sicherheitsleistung zu einer Insolvenz führen würde, die U F4 GmbH sich nach eigener Einschätzung seit 10.06.2009 in der Antragsfrist befinde und man nicht mehr an Gläubiger zahlen könne, da die Zahlungen sonst vom Insolvenzverwalter zurückgeholt werden würden. Einer Gefährdung könne einer Stundung begegnet werden, die Alternative - nicht stunden - wäre für den Fiskus ungünstiger. Im Hinblick auf die Antragsfrist benötige man eine Entscheidung bis zum 01.07.2009.

Die so dokumentierten Angaben korrelieren zudem mit den oben in Bezug genommenen weiteren Urkunden, insbesondere mit den Einschätzungen aus dem Protokoll der außerordentlichen Vorstandssitzung vom 10.06.2009 und den oben genannten Erläuterungen zu dem Stundungsantrag vom 23.06.2009, die dem HZA L10 in der Besprechung vom 23.06.2009 als Entscheidungsgrundlage übergeben worden waren. Die dort niedergelegten Angaben werden ebenso durch die E-Mail vom 23.06.2009 des Sachbearbeiters T51 der BFD West bestätigt, in der dieser dem BMF mitteilt, dass ein Gespräch zwischen der Leitung des HZA und Firmenvertretern stattgefunden und der Leiter des HZA L10 L12 mitgeteilt habe, dass das Gespräch mit der Firma U keine Lösung des Zahlungsproblems ergeben habe. Die beantragte Stundung könne nach Einschätzung des HZA L10 nicht gewährt werden, weil die Firma nicht kreditwürdig sei und auch Testate nicht mehr erstellt würden. Die Frist für die Beantragung der Insolvenz laufe nach Aussage der Firma am kommenden Dienstag ab.

Daran anknüpfend fügen sich auch die Protokolle der weiteren Besprechungen des HZA L10 intern mit den Aufsichtsbehörden vom 26.06.2009 und mit der U-Gruppe vom 29.06.2009 in das so gefundene Beweisergebnis konsequent ein. In dem Protokoll vom 26.06.2009 ist festgehalten, dass "die U F4 GmbH die Steuerforderungen aufgrund einer vorgetragenen Liquiditätslücke von 50,8 Mio. € (einschließlich der Steuerforderungen) nicht begleichen könne und nach dem Vortrag der Firma zur Sicherstellung ihrer Zahlungsfähigkeit eine Stundung des Nachzahlungsbetrags 2008 auf 24 Monate ohne Sicherheitsleistung notwendig sei", wobei das Stundungsbegehren am 23.06.2009 auf die für 2009 fälligen 16,3 Mio. € ausgedehnt worden sei. Zudem war dort ausgeführt, dass bei "ablehnender Entscheidung und folgender Insolvenz des Unternehmens" die Steuerforderungen "in massiver Höhe gefährdet" und die "Möglichkeiten einer zeitnahen Sicherung der Steuerforderung durch Vollstreckungsmaßnahmen" begrenzt seien, da solche Maßnahmen "vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar zulässig" seien, aber "aufgrund der insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre sowie der Möglichkeit zur Insolvenzanfechtung" nicht zu einer dauerhaften Befriedigung der Ansprüche führen dürften. Auch verfüge die U F4 GmbH nach eigenen Angaben derzeit nicht "über liquide Mittel in nennenswerter Höhe". Als Ergebnis der Besprechung war festgehalten, dass ein die Stundung ablehnender Bescheid gefertigt und Vollstreckungsmaßnahmen aus den genannten Gründen vor Ablehnung des Stundungsantrags nicht eingeleitet werden sollten. Aus dem Protokoll des HZA L10 zu einer durch die U-Gruppe angefragten Besprechung vom 29.06.2009 ergibt sich dann zur Überzeugung der Kammer, dass dort dem HZA L10 die Erhöhung der Stromsteuervorauszahlung auf 4,5 Mio. € angeboten worden wurde, verbunden mit der Ankündigung mit H4 stehe ein Übernehmer der Gruppe in Aussicht. Zudem ergibt sich aus dem Gesprächsvermerk, dass dem HZA L10 dazu vorgetragen worden war, dass man "eine Stundung als Chance" begreifen solle, um die 18,8 Mio. € zu bekommen, mit einem Insolvenzverfahren sei ansonsten "alles weg". In Ergänzung hierzu belegt der hierzu verfasste Vermerk der BFD West vom 01.07.2009, dass sich "nach Einschätzung des HZA L10 aus dem Vortrag der Firma" Anlass ergebe, den Stundungsantrag nun doch nicht bereits jetzt abschlägig zu bescheiden. Aus der von der "Firma behaupteten Pflicht, zum 01.07.2009 Insolvenzantrag stellen zu müssen, ergebe sich keine Pflicht, bereits zu diesem Zeitpunkt abschießend über den Stundungsantrag zu entscheiden". Insoweit schließt die Kammer hieraus, dass die Steuerbehörden positiv gewusst haben, dass die U-Gruppe nach eigenen Angaben ohne Stundung insolvent gewesen wäre, dieses Wissen aber aufgrund der - zum Teil unzutreffenden Angaben der U-Verantwortlichen am 29.06.2009 - und der In-Aussicht-Stellung möglicher Teilzahlungen in der Hoffnung auf weitere Zahlungseingänge und in Kenntnis der möglichen Konsequenzen bei einer Insolvenz zurückgestellt haben.

Dass sich die Unternehmenssituation seit den Angaben am 09.06.2009 gegenüber dem HZA L10 nicht verbessert hat und das dem HZA L10 als Grundlage dessen Entscheidungen auch bekannt war, ergibt sich dann in der Folgezeit u.a. aus dem Schreiben der U I7 AG an das HZA L10 vom 07.07.2009, in dem diese auf das Schreiben vom 01.07.2009 mitteilt, dass - auch im Namen der C3 AG - "klarstellend Voraussetzung der Befriedigung ihres Steueranspruchs die Umsetzung der vom Vorstand eingeleiteten Maßnahmen" sei und man dem "Eindruck vorbeugen wolle, dass allein die Stundung zu einer Befriedigung des Steueranspruchs führe". Ebenso ergibt sich aus den ergänzenden Erläuterungen der U-Gruppe zu dem Stundungsantrag vom 22.07.2009, dass sich im Hinblick auf die Finanzlage im Vergleich zu der Situation am 23.06.2009 aus Sicht der U-Gruppe keine Änderungen ergeben haben, sondern vielmehr weiterhin von einer Stundungsnotwendigkeit entsprechend der vorausgehenden Erläuterungen ausgegangen wird.

Schließlich belegen die Feststellungen des eingeführten Gutachtens des HZA E6 vom 01.10.2009 die für das HZA L10 durch die Angaben der Vertreter der U F4 GmbH und der U-Gruppe dargelegte Sachlage. Danach ergibt sich dort aus Ziff. 5.1, dass durch die sofortige Einforderung des Stromsteueranspruchs von ca. 28,3 Mio. € die U F4 GmbH illiquide werden und nach Prüferansicht Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen müsste. Zudem, so Ziff. 5.2, sei nach Prüferauffassung der Anspruch selbst nach einer möglicherweise gewährten Stundung gefährdet. Ratenzahlungen seien nach Angaben der U F4 GmbH dennoch möglich, da der Staat durch die Gewährung einer Stundung im Ergebnis nicht schlechter gestellt würde, als wenn die U F4 GmbH bei sofortiger Realisierung des Steueranspruchs Insolvenz anmelden müsste. Insgesamt wird der Ablauf des Stundungsverfahrens auch durch die Ausführungen in dem Entwurf eines ablehnenden Bescheids vom 03.11.2009 belegt, in dem aus Sicht des HZA L10 nochmals die vorgetragenen Tatsachen dezidiert - insofern in Übereinstimmung mit dem bisherigen Ergebnis - darlegt werden.

Dass die Vertreter des HZA L10 bis hin zu denen der Aufsichtsbehörden der BFDs und des BMF mit Beginn des Stundungsverfahrens gewusst hatten, dass die Voraussetzungen einer Stundung nicht gegeben waren und selbst durch die faktische Gewährung einer Stundung der Steueranspruch wegen einer Insolvenzlage der U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG gefährdet war, ergibt sich zudem aus dem Verhalten der Steuerbehörden im Insolvenzverfahren über das Vermögen der U F4 GmbH und der U I7 AG, wie durch die hierzu eingeführten insolvenzbezogenen Urkunden und die Bekundungen der Zeugen Dr. C8, Dr. L6 und C5 bestätigt. Danach hat das HZA L10 - nach Zustimmung sämtlicher Aufsichtsbehörden - nach einfacher Anforderung durch den Insolvenzverwalter wegen Insolvenzanfechtung im Vergleichswege sämtliche empfangenen Zahlungen für die Stromsteuer ab Juni 2009 in Höhe von über 140 Mio. € an die jeweilige Insolvenzmasse zurückerstattet. Ebenso hat das Finanzamt T14, ab dem Zeitpunkt der Mitteilung des gutachterlichen Prüfergebnisses des HZA L10 Anfang Oktober 2009, auf einfache Anforderung des Insolvenzverwalters über 35 Mio. € an sonstigen Steuerzahlungen im Wesentlichen an die Insolvenzmasse der U I7 AG zurückerstattet. Hierzu hat der Zeuge Dr. C8 glaubhaft bekundet, dass das ihm bekannt gewordene Verhalten des HZA L10 für ihn überraschend gewesen sei. Normalerweise würden Behörden sofort vollstrecken und seien häufigster Antragsteller bei Fremdanträgen. Der Geschehensablauf sei aber ein "gefundenes Fressen für einen Insolvenzverwalter" gewesen, entsprechend hätten sich dann die Steuerbehörden auch im Rahmen der Anfechtungsverfahren verhalten.

Die interne Einschätzung des HZA L10 wird zudem auch belegt durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen M9, seinerseits Sachgebietsleiter für Rechtsbehelfsverfahren und insbesondere für Stundungsverfahren allgemein und hier im Besonderen wegen der Bedeutung des Falls persönlich für das Verfahren der U F4 GmbH zuständig. Dieser hat zunächst die chronologischen Abläufe - wie festgestellt - bestätigt und bekundet, dass er die Verfahrensakten geführt und referenzierte Gesprächsvermerke in den Akten des HZA L10 gefertigt habe. Er hat zudem bestätigt, dass die herangetragenen Einschätzungen der Antragstellerin stets auf dem Dienstweg an die BFD West und das BMF mitgeteilt worden seien und die Entscheidungsfindung in Abstimmung mit den übergeordneten Behörden erfolgt sei. Von Beginn an sei die Situation von den Vertretern der U-Gruppe so dargestellt worden, dass das HZA L10 die Wahl habe zwischen einer Stundungsbewilligung oder einer Insolvenz der gesamten U-Gruppe und es insofern das Beste für beide Seiten sei, die Stromsteuernachzahlungen zu stunden, da so alles dann einen guten Verlauf nehmen könne. Gleiches sei dann nochmals am 29.06.2009 mitgeteilt worden. Dort sei ausgeführt worden, dass das Unternehmen operativ noch nie so gut dagestanden hätte wie zu dieser Zeit und insofern eine Stundung für das HZA L10 ja das Beste sei. Intern sei klar gewesen, dass eine Vollstreckung der Forderungen vor diesem Hintergrund keinen Sinn gemacht hätte. Man habe sich dann entschlossen, das eigentlich feststehende Ergebnis aufgrund des neuen Sachvortrags "sicherheitshalber" nochmals zu überprüfen, insbesondere, ob die Situation der U-Gruppe so gewesen sei, wie von dieser vorgetragen. Nach Vorliegen des Prüfungsergebnisses habe er einen Entwurf eines Ablehnungsbescheids verfasst, da weiterhin keine erhebliche Härte vorgelegen hätte, da sich die U F4 GmbH im Vorfeld nicht steuerredlich verhalten habe. Es habe dann eine Anweisung der BFD West gegeben, den Entwurfsbescheid nochmal zu überarbeiten, weil ja ggf. seitens des Unternehmens Sicherheiten gegeben werden könnten. Es sei von Seiten des Unternehmens immer etwas Neues gekommen, mit dem man sich habe beschäftigen müssen, was aber letztlich zu keiner anderen Bewertung geführt habe. Ebenso hat der Zeuge C5, seinerseits der im Tatzeitraum zuständige Referatsleiter bei der BFD West, bekundet, dass der Vorgang "U" der BFD West seit Juni 2009 von Beginn an bekannt gewesen sei und man auch das BMF hierüber unterrichtet habe. Eine Insolvenz habe ab Stellung des Stundungsantrags immer im Raum gestanden, deshalb sei der Stundungsantrag ja auch gestellt worden. Jedenfalls bis zur Aufnahme der Ratenzahlungen im Februar 2010 sei er immer davon ausgegangen, dass die U-Gruppe nicht in der Lage gewesen sei, ihre Stromsteuerverbindlichkeiten zu begleichen. Daneben haben auch die Zeugen Prof. T7 und Dr. L7 der Kanzlei G2, die ab Beginn 2010 mit dem HZA L10 in dem Stundungsverfahren als Rechtsberater verhandelten, übereinstimmend bekundet, dass es ihrer Auffassung und der des HZA L10 durchgängig entsprochen habe, dass bei Fälligkeit der Stromsteuernachzahlungen eine Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG vorgelegen hätte. Gleiches hat der Berater von H, Rechtanwalt Dr. X, bekundet. Danach sei die Stundung der Stromsteuer Voraussetzung, um insolvenzfrei zu bleiben, nur dann könne man über weitere Prüfungen nachdenken.

Letztlich wird das sich so ergebende Beweisergebnis auch - unter Berücksichtigung der bereits nachgezeichneten Besonderheiten dessen Aussageverhaltens - ergänzend durch die sich insoweit kongruent einfügenden Bekundungen des Zeugen B bestätigt. Dieser hat insofern glaubhaft bekundet, dass nach Eingang des Steuerbescheids die Gesellschaft bei dessen bestehender Fälligkeit illiquide gewesen wäre. Deshalb sei vornehmlich gewesen, Kapital zu beschaffen und mit dem größten Gläubiger, dem HZA L10, zu verhandeln. Insofern habe es ein Gespräch mit diesem Ende Juni 2009 gegeben. Man habe dem HZA nach seiner Erinnerung "offen reinen Wein eingeschenkt", dass die Situation existenzbedrohlich sei. Er erinnere sich, dass dargestellt worden sei, sofern nicht positive Signale kämen, dies zu insolvenzrechtlichen Konsequenzen führe und das HZA sein Geld gar nicht bekomme.

(iii) Einschätzung der Stundungsfähigkeit

Insbesondere aus den hierzu eingeführten Urkunden aus den Verfahrensakten der Steuerbehörden ergibt sich zur Überzeugung der Kammer auch, dass die Steuerbehörden von dessen Beginn an bis zur faktischen Erledigung des Stundungsverfahrens durch vollständige Begleichung der Rückstände im Herbst 2010 durchgängig davon ausgegangen sind, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Stundung nicht vorliegen. Dies wird zum Einen bereits dadurch bestätigt, dass - unstreitig - ein formeller Stundungsbescheid zu keiner Zeit erlassen wurde, obwohl die U F4 GmbH ab Februar 2010 unaufgefordert Ratenzahlungen leistete, die das HZA L10 unbeanstandet entgegen nahm. Darüber hinaus ergibt sich bereits aus dem Schreiben des HZA L10 an die Aufsichtsbehörden vom 19.06.2009, dass es aus Sicht des HZA L10 bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich sei, dass dem Stundungsantrag des Unternehmens stattgegeben werden könne. Nach Eingang der mündlichen und schriftlichen Antragsbegründung durch die U-Gruppe ergibt sich dann aus dem Protokoll der hierzu durchgeführten internen Dienstbesprechung der Steuerbehörden (HZA L10, BFD West, BFD Mitte, HZA B8) vom 26.06.2009 die einvernehmliche, als Ergebnis und Handlungsanweisung niedergelegte Auffassung, dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Stundung durch das HZA L10 ein ablehnender Bescheid verfasst werden sollte.

Dass die Voraussetzungen für eine Stundung auch in der Folgezeit tatsächlich nicht vorlagen, ergibt sich weiter aus dem internen Vermerk des HZA L10 vom 02.10.2009, gefertigt in Reaktion auf die Ergebnisse des Berichts vom 01.10.2009. Danach war die Einschätzung des HZA L10 unter Berücksichtigung der Prüfergebnisse vom 01.10.2009 so, dass in Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen eine Stundung deshalb ausscheiden musste, weil der Strom- und Gassteueranspruch gefährdet sei. Hierin fügt sich dann auch das Schreiben des Leiters des HZA L10 an die BFD West vom 03.11.2009 mit ablehnendem Bescheidentwurf als Anlage, worin mitgeteilt wird, dass "- wie bereits am 26.06.2009 ursprünglich vorgesehen und abgestimmt - der Stundungsantrag abzulehnen sei und insofern um Zustimmung gebeten werde", dass sich nach durchgeführter Prüfung die "positive Darstellung des Unternehmens nicht bestätigt" habe. Ausweislich des beiliegenden Bescheidentwurfs betrachteten die Sachbearbeiter des HZA L10 weiterhin zum Einen den Steueranspruch bereits als gefährdet und zum Anderen läge keine erhebliche Härte vor. Das so gefundene Ergebnis wird auch durch das Schreiben des Zeugen M9 an die BFD West vom 08.03.2010 belegt, wonach der Stundungsantrag mangels weiteren Nichtvorliegens der Voraussetzungen derzeit weiterhin abzulehnen sei und den damit korrespondierenden Sachstandsberichten des Präsidenten der BFD West an die BFD Mitte vom 09.03.2010 und der BFD Mitte an das BMF vom 11.03.2010. Zugleich fügen sich auch die Ausführungen in dem Protokoll der Dienstbesprechung unter Beteiligung des BMF, des HZA L10 und der BFD West vom 16.04.2010 in die bisherige Argumentation. Dort ist ausgeführt, dass in der Besprechung der Präsident der BFD West darauf hingewiesen habe, dass sich die BFD West "von Anfang an der Bedeutung des Falles bewusst gewesen sei und intensiv im Sinne der U an dem Fall gearbeitet habe". Weiterhin wies dieser "deutlich auf die Gefahr einer Insolvenz" hin. "Auf der Grundlage der derzeitigen Datenlage würde die Entscheidung "Ablehnung des Stundungsantrags" lauten." Ausweislich der Mitteilung der BFD West an das BMF vom 19.07.2010 änderte sich diese Einschätzung jedenfalls bis Juli 2010 nicht.

Das so gefundene Beweisergebnis wird zudem bestätigt durch die Bekundungen der Zeugen C5 und M9. Der Zeuge C5 hat hierzu glaubhaft bekundet, dass wiederholt deutlich gemacht worden sei, dass die Voraussetzungen einer Stundung nicht vorgelegen hätten. Reaktion sei dann immer wieder das Vortragen eines neuen Sachverhalts gewesen. Man sei der Auffassung gewesen, dass keine Härte für die Steuerschuldnerin bestanden hätte, da diese die hohen Nachzahlungen durch ihr eigenes Verhalten verschuldet habe. Der Zeuge M9 hat zudem bekundet, dass er in den fast 20 Jahren seiner Dienstzeit einen solchen Ablauf eines Stundungsverfahrens noch nicht erlebt habe. Nach dem 23.06.2009 sei man sich intern sehr schnell einig gewesen, dass die Steuerforderung keine erhebliche Härte dargestellt habe und eine Stundungswürdigkeit nicht bestehe, da das Unternehmen gewusst habe, dass die Nachzahlungsforderungen für 2008 spätestens im Juni 2009 fällig werden würden. Dieses Ergebnis sei dann durch die Einschätzungen der BFD West und Mitte bestätigt worden und es habe eine Ablehnung des Stundungsantrags erfolgen sollen, da die Voraussetzungen einer Stundung nicht vorgelegen hätten. Nachdem man diese Tendenz dann den Vertretern der C3 AG telefonisch angedeutet hatte, sei es auf Wunsch der U-Gruppe am 29.06.2009 nochmals zu einem Gespräch gekommen. Dort hätten B und ein Vertreter der C3 AG mitgeteilt, dass man operativ so gut wie nie dastehe und eine Stundung daher doch für das HZA L10 das Beste sei. Man habe dann "sicherheitshalber" eine Prüfung angeordnet, um unter allen Aspekten den Sachverhalt zu beleuchten.

(iv) "Politische Dimension" der Causa "U"

Zudem steht zur Überzeugung der Kammer als Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass sämtliche involvierten Steuerbehörden hinsichtlich der U-Gruppe eine "politische Dimension" angenommen haben, die im Rahmen sämtlicher Entscheidungen mitbestimmend war und - ähnlich wie bei der Bundesnetzagentur - zu einer "Beißhemmung" geführt hat. Das ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass die in Deutschland von Seiten des Staates in Gang gesetzte und nach EU-Recht notwendige Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes vorangetrieben werden sollte und musste, im Rahmen derer die U-Gruppe als größter unabhängiger Stromversorger zu dieser Zeit eine herausragende Bedeutung inne hatte. Insofern hätte eine durch Fremdinsolvenzantrag oder Vollstreckung durch staatliche Behörden herbeigeführte Insolvenz der Gruppe aus staatlicher Sicht ein störendes Signal an den liberalisierten Markt gesendet. Vor dem Hintergrund dieser speziellen Motivationslage wird die besondere Bedeutung der Causa "U" bei den Steuerbehörden von Beginn an dadurch belegt, dass bereits frühzeitig - auch aufgrund der immensen Höhe der Rückstände - das BMF und die BFD Mitte eingeschaltet wurden, was sich u.a. aus dem Schreiben des HZA L10 vom 19.06.2009 und dem Protokoll der Dienstbesprechung vom 26.06.2009 ergibt. Zudem belegt das Protokoll der BFD West zu der weiteren Besprechung vom 29.06.2009 das besondere Verhalten vor allem der Aufsichtsbehörden. Darin ist - im Einklang mit den weiteren hierzu eingeführten Urkunden - festgehalten, dass seitens der BFD Mitte, sofern die weitere Prüfung ergeben sollte, dass eine Gefährdung der Stromsteuer nicht gegeben sei, mitgeteilt wurde, dass "bei der Prüfung der erheblichen Härte - insbesondere Stundungswürdigkeit - nicht zu engherzig zu prüfen" sei. Zudem sei dann abschließend in einer gemeinsamen Dienstbesprechung zu entscheiden.

Weiterer Beleg für das gefundene Ergebnis ist die E-Mail des Zeugen M9 an involvierte Mitarbeiter im HZA L10 zu einer Auskunft der BFD West vom 17.11.2009, in der mitgeteilt wird, dass "die Zentrale Facheinheit bei der Bundesfinanzdirektion Mitte den Entwurf [des Ablehnungsbescheids] geprüft und um Nachbesserung aufgrund der Tragweite einer eventuellen Ablehnung" gebeten habe. Daneben wird in dem Vermerk der BFD West vom 27.11.2009 zu dem Stundungsantrag intern darauf hingewiesen, dass der Fall "politische Dimension" habe und aus Sicht der BFD West "das BMF deshalb ständig informiert und beteiligt" werden müsse. Ebenso ergibt sich aus einer "Anzeige voraussichtlicher Steuerausfälle" der BFD Südwest, die für die Prüfung der Erbringung möglicher Sicherheitsleistungen involviert war, an das BMF vom 21.12.2009, dass "angesichts des erheblichen Volumens der Forderungen und der wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens" um abschließende Entscheidung durch das BMF hinsichtlich der Anforderung einer Sicherheitsleistung gem. § 4 Abs. 3 StromStG und § 38 Abs. 6 EnergieStG gebeten werde. Hierin fügt sich dann auch das Protokoll der Dienstbesprechung unter Beteiligung des BMF, HZA L10 und der BFD West vom 16.04.2010, in dem niedergelegt ist, dass das Verbrauchsteuerreferat des BMF die Auffassung vertrete, dass "der U soweit möglich geholfen werden soll". Beim AG-Referat stehe die "drohende Insolvenz im Vordergrund". Die Höhe des drohenden Abgabenausfalls dürfe keinesfalls aus den Augen verloren werden. Spätestens in dem Zeitpunkt, in dem Vorauszahlungen oder Ratenzahlungen nicht geleistet würden, müsse das Hauptzollamt reagieren. Allerdings dürfe "die abschließende Entscheidung nicht ohne Zustimmung des BMF" getroffen werden. Aus Sicht der BFD West und des HZA L10 könne die Entscheidung "auf der Grundlage der derzeitigen Datenlage nur Ablehnung des Stundungsantrags lauten. Einvernehmlich könne derzeit noch nicht entschieden werden, weil weitere Besprechungen abgewartet werden sollten. Dabei sei dem BMF bewusst, "dass ggf. auch etwaige Rückforderungen eines Insolvenzverwalters in Betracht" kommen könnten. Zudem sei hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Stundung bei einer Entscheidung auch zu berücksichtigen, dass "die U sich nunmehr schon längere Zelt wohl verhält, den Finanzvorstand ausgetauscht hat und die Zollverwaltung die Fakten schon länger kennt und somit die eigentlich vorliegende Stundungsunwürdigkeit möglicherweise nicht mehr gegeben sein könnte ("verbraucht ist"). Zudem ergibt sich die "politische Dimension" auch aus dem Protokoll der Besprechung vom 28.04.2010 unter Beteiligung sämtlicher involvierter Steuerbehörden bis hin zum BMF und Vertretern der U-Gruppe und der Kanzlei G2 vom 02.05.2010 und den vorausgehenden Entwürfen nebst Kommentaren hierzu. Danach war Gegenstand der Erörterungen in der im Nachgang anschließenden, internen Besprechung der Steuerbehörden, dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Stundung - in der Besprechung hatten die Vertreter von G2 unwidersprochen erklärt, dass die U-Gruppe Sicherheitsleistungen in Höhe von 7,9 Mio. € nicht erbringen könne - eine positive Entscheidung "nur im politischen Raum" denkbar erscheine und man deshalb als Folge der "politischen Dimension" weiter stillhalten wolle. Dabei wurde auch durch die Vertreter des HZA L10 erörtert, dass sich durch das "Zuwarten die Forderung auch vergrößern könne, wenn der Insolvenzverwalter kommen würde und alle Zahlungen, nicht nur die Raten, zurückfordern würde, was durch die Vertreterin der BFD Mitte ausweislich der handschriftlichen Protokolle des Zeugen M9 mit "Ja, kann so kommen." kommentiert wurde. Schließlich fügt sich hierin auch der Gesprächsvermerk zu einem Gespräch von Vertretern der BFD West mit der BFD Mitte vom 18.08.2010. Hierin ist festgehalten, dass nach Rücksprache mit dem BMF, sofern das Hauptzollamt L10 den Stundungsantrag endgültig ablehnen wolle, zuvor eine erneute Prüfung der wirtschaftlichen Lage durchzuführen sei. Die endgültige Ablehnung des Stundungsantrags könne erst erfolgen, "wenn der Staatssekretär dies befürworte".

Die "politische Dimension" und das resultierende Verhalten der Aufsichtsbehörden wird zudem auch bestätigt durch die Bekundungen des Zeugen M9. Dieser führte glaubhaft aus, dass er in den fast 20 Jahren seiner Dienstzeit einen solchen Ablauf eines Stundungsverfahrens noch nicht erlebt habe. Man habe das Unternehmen nicht in die Insolvenz treiben wollen, falls dieses ggf. nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten gehabt habe. Deshalb sei von Seiten der vorgesetzten Stellen immer die Frage nach einer möglichen guten Prognose gekommen. Seine Position sei immer die gewesen, dass die Voraussetzungen einer Stundung nicht vorgelegen hätten. Er habe dann aber die abweichende Position der Aufsichtsbehörden nicht immer verstanden und nachvollziehen können. Da habe ein Spannungsfeld bestanden.

(v) Zurückstellung der Vollstreckung

Unter Einbeziehung des bisherigen zum Verfahrensgang bei dem HZA L10 gewonnenen Beweisergebnisses hat die Kammer es dann als feststehend betrachtet, dass das HZA L10 in Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden - in Kenntnis der bestehenden Insolvenzlage bei Fälligkeit der Nachzahlungsforderungen und der Aussichtslosigkeit deren Vollstreckung (vgl. oben Ziff. (ii)) sowie unter Berücksichtigung der "politischen Dimension" (vgl. oben Ziff. (iv)) - von der Vollstreckung der Forderungen abgesehen hat. Dabei war den Steuerbehörden - wie oben unter Ziff. (iii) dargelegt - auch bekannt, dass die Voraussetzungen für eine Stundung unter Berücksichtigung des eigenen Vortrags der Antragstellerin nicht vorlagen. Wie ausgeführt, wussten die Vertreter des HZA L10 und der Aufsichtsbehörden auch, dass die eigentlich auszusprechende Ablehnung des Stundungsbescheids bzw. eine Vollstreckung der Forderungen eine Insolvenz der U F4 GmbH und über diese der ganzen Gruppe zur Folge gehabt hätte. Aus Sicht der Kammer ist allein aus dieser Gemengelage erklärlich, dass das Stundungsverfahren - wie der in Stundungsfragen erfahrene Zeuge M9 bestätigt hat - einen äußerst ungewöhnlichen Verlauf genommen hat. Da die Steuerbehörden von Gesetzes wegen eigentlich gehalten waren, die beantragte Stundung abzulehnen bzw. als Folge zu vollstrecken, blieb ihnen zur Vermeidung etwaiger Konsequenzen und Berücksichtigung der "politischen Dimension" kein anderer Weg, als den Verfahrensgang so lange als möglich in der Hoffnung hinauszuzögern, dass sich die finanzielle Lage der U F4 GmbH bessern würde und so eine Insolvenz vermieden werden könnte. Insofern hat das HZA L10 zur Überzeugung der Kammer allein deshalb kontinuierlich auf Zuruf der U-Vertreter mit neuen - teilweise unzutreffenden - Angaben zugewartet, weil es zum Einen die Erfolgsaussichten für eine Vollstreckung für aussichtslos hielt und zum Anderen nicht die Insolvenz der U-Gruppe insgesamt verantworten wollte. Dies wird letztlich auch durch das widersprüchliche Verhalten des HZA L10 belegt, einerseits "bis zu einer abschließenden Entscheidung durch das HZA L10 die zuständige Vollstreckungsstelle anzuweisen, im Hinblick auf die fälligen Forderungen keine Maßnahmen zu ergreifen", so das Schreiben des HZA L10 vom 01.07.2009 und das Protokoll der BFD West zur Besprechung vom 29.06.2009 vom gleichen Tag, andererseits aber trotz Entscheidungsreife - die Voraussetzungen einer Stundung lagen aus deren Sicht durchgängig nicht vor - die abschließende Entscheidung gerade bewusst durch beständiges Zuwarten nicht herbeizuführen und einen formellen Bescheid nicht zu erlassen. Dass die Bewilligung einer Stundung gesetzlich nicht möglich war, wird zudem auch dadurch belegt, dass das HZA L10 selbst nach Aufnahme von Ratenzahlungen der U F4 GmbH im Februar 2010 und deren Akzeptierung durch die Steuerbehörden, der klassische Fall einer faktischen Stundung, noch immer kein formeller Stundungsbescheid erließ, sondern weiter die "Nichtvollstreckungslösung", die bei eigentlich vorliegender Entscheidungsreife gesetzlich ebenfalls nicht vorgesehen war, verfolgte.

Die verzweifelte Zwangslage der Steuerbehörden - Stundung, die gesetzlich nicht möglich war, oder Ablehnung und Vollstreckung, die eine Insolvenz bedeutet hätte, die nicht gewollt war - wird zunächst durch die Bekundungen des Zeugen M9 bestätigt. Danach sei von Beginn an die Situation von den Vertretern der U-Gruppe so dargestellt worden, dass das HZA L10 "die Wahl habe zwischen einer Stundungsbewilligung oder einer Insolvenz der gesamten U-Gruppe" und es insofern das Beste für beide Seiten sei, die Stromsteuernachzahlungen zu stunden, da so alles dann einen guten Verlauf nehmen könne. Intern sei klar gewesen, dass eine Vollstreckung der Forderungen vor diesem Hintergrund keinen Sinn gemacht hätte. Man habe sich dann entschlossen, das eigentlich feststehende Ergebnis der Ablehnung der Stundung aufgrund des neuen Sachvortrags "sicherheitshalber" nochmals zu überprüfen. Daneben ergibt sich - dies bestätigend - aus dem Protokoll der Dienstbesprechung vom 26.06.2009, dass Vollstreckungsmaßnahmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens der "insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre sowie der Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung" unterlägen und zu keiner dauerhaften Befriedigung der Ansprüche führen würden. Weiter verfüge die U F4 GmbH nicht über nennenswerte liquide Mittel, was von den Wirtschaftsprüfern der C3 AG bestätigt worden sei und sich im Übrigen auch mit den Angaben der Vertreter der C3 AG als Zeugen im Verfahren deckt. In das bisher gefundene Ergebnis fügt sich auch der Bericht der BFD Mitte an das BMF vom 11.03.2010 ein, in welchem seitens der BFD Mitte ausgeführt wird, dass es auch im Interesse der Antragstellerin liege, dass der Stundungsantrag bisher nicht beschieden bzw. nicht abgelehnt worden sei, da dadurch die Fortführung des Unternehmens bei gleichzeitiger Erfüllung der steuerlichen Pflichten ermöglicht worden sei. Insofern wird hier gerade deutlich, dass das Zuwarten für die Steuerbehörden gerade einer Vermeidung einer ansonsten drohenden Insolvenz diente.

Zudem wird die durchweg bestehende Haltung der Steuerbehörden auch durch die Protokolle der Dienstbesprechung vom 16.04.2010 und der internen Besprechung vom 28.04.2010 und den vorausgehenden Entwürfen nebst Kommentaren hierzu belegt. Danach war sämtlichen Beteiligten die Gefahr einer Insolvenz der U-Gruppe bekannt und bewusst. Mit dem Zuwarten, obwohl die Entscheidung - wie oben ausgeführt - nur "Ablehnung des Stundungsantrags" lauten hätte können, so der Präsident der BFD West, "habe man intensiv im Sinne der U an dem Fall gearbeitet". Aus den Protokollentwürfen zu der Besprechung vom 28.04.2010 ergibt sich zudem, dass sämtliche Beteiligte bereits erkannt hatten, dass sich durch das Zuwarten die Forderung auch vergrößern könne, wenn der Insolvenzverwalter kommen und alle Zahlungen, nicht nur die Raten, zurückfordern würde. Das so dokumentierte Problembewusstsein wird zudem dann auch durch das Verhalten der Steuerbehörden im Insolvenzverfahren über das Vermögen der U F4 GmbH und der U I7 AG, wie durch die hierzu eingeführten insolvenzbezogenen Urkunden und die Bekundungen der Zeugen Dr. C8, Dr. L6 und C5 bestätigt und oben ausgeführt, belegt. Schließlich hat auch der Zeuge C5 glaubhaft bekundet, dass mit dem Schreiben vom 01.07.2009 nicht über eine Stundung entschieden worden sei. Das HZA habe das selbst so gewertet, dass man sich im Vollstreckungsverfahren befunden habe. Man habe der Firma auch stets deutlich gemacht, dass ein formeller Stundungsbescheid zu keiner Zeit erlassen worden sei.

(4) Prämienregelung und Abwartefrist

Die Feststellungen zu der im Zeitraum von Juni bis September verhandelten Prämienregelung beruhen zunächst auf den hier eingeführten E-Mail-Kommunikationen der Angeklagten sowie B und K in dieser Zeit. So ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der E-Mail Bs vom 26.06.2009 und den zugehörigen Anlagen, dass sämtliche Vorstandsmitglieder, im Zuge der Beratung durch die Kanzlei I13 zu der ohnehin bereits zum 30.06.2009 anstehenden Erhöhung der Vorstandsbezüge, nach den Hinweisen der C3 AG Anfang Juni 2009 einen gemeinsamen Entwurf eines Nachtrags zu den Vorstandsdienstverträgen abgestimmt hatten, der eine Prämie von " 1 Mio. € pro Vorstand für das Erreichen der Ziele a) Stundung und b) Kapitalerhöhung" vorsah. Ausweislich der Nachtragsentwürfe sollte der Anspruch insgesamt erst dann fällig werden, wenn der "Fortbestand der U-Gruppe bis zum 31.08.2009" gesichert sei. Zudem ergibt sich aus der weiteren E-Mail Bs vom 07.07.2009 an die Angeklagten sowie sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrats und den zugehörigen Anlagen, dass der Vorstand den Nachtragsentwurf dem Aufsichtsrat mit der Bitte um Gegenzeichnung zugesandt hat. Die sich so ergebende Sachlage, die im Kontext der im Hintergrund jedenfalls seit 10.06.2009 erkannt bestehenden Krisensituation zu bewerten ist, kann aus Sicht der Kammer nur so verstanden werden, dass die Vorstandsmitglieder, denen die kritische Unternehmenssituation und eine resultierende mögliche Antragspflicht zu dieser Zeit, wie sich aus den Einschätzungen der C3 AG zum 10.06.2009 und dem Schreiben vom 09.07.2009 ergibt, bekannt war, als Gegenleistung für das Zuwarten - trotz der kritischen Situation - auf eine mögliche Besserung "durch Kapitalerhöhung, Finanzierung durch Fremdkapital, Factoring, Kundenvorauszahlungsmodelle, Stundungsvereinbarungen mit Lieferanten und/oder Behörden, etc." eine finanzielle Anerkennung des Aufsichtsrats anstrebten. Denn den Angeklagten war ja, so das Schreiben vom 09.07.2009 und die Führungskreisprotokolle bis 15.09.2009, bekannt, dass Investorengelder oder Zuflüsse durch die Gesellschafter nicht erfolgten und nach eigener Bewertung eine bestehende Antragsfrist zum 17.07.2009 auslaufen sollte.

Hiermit korrespondiert dann auch der weitere Verlauf, nachdem aus Sicht der Kammer am letzten Tag der Antragsfrist, am 17.07.2009, eine gemeinsame Sitzung des Vorstands und des Aufsichtsrats der U I7 AG stattgefunden hat, deren Tagesordnung neben einer "Diskussion über den Stand der Kapitalerhöhungsmaßnahmen und der Liquiditätslage" auch den Punkt "Nachtrag zu den Vorstandsverträgen" umfasst hat. Dass die Sitzung - nähere Feststellungen zu dem tatsächlichen Verlauf ließen sich mangels Vorliegens eines Protokolls nicht treffen - stattgefunden hat, wird durch eine Vielzahl von Urkunden belegt. So ergibt sich der geplante Inhalt aus der E-Mail Ks an die Angeklagten und B vom 15.07.2009, dem eine Tagesordnung für die "um 12 Uhr in A3" stattfindende Sitzung mit dem oben ausgeführten Inhalt angehängt war. Zudem ergibt sich aus der E-Mail Dr. Ls vom 16.07.2009 an C, B und E3, dass am 16.07.2009 - so eine vorausgehende E-Mail E3 - sich "K wegen der fehlenden Unterlagen und Rangrücktritte" bei E3 telefonisch gemeldet habe und "morgen die AR-Sitzung zur Kapitalerhöhung stattfinde". Auch belegt die E-Mail E5s an C vom 15.07.2009, dass der Angeklagte C am Abend des 16.07.2009 einen Flug nach A5, der nächstgelegene Flughafen für eine Anreise nach A3, mit Rückflug am Abend des 17.07.2009 gebucht hatte. Zudem wird durch den Vergütungsantrag des Aufsichtsrats Dr. B2 T3 für Aufsichtsratssitzungen vom 17.08.2009 sowie die Auszahlungsübersicht vom 08.03.2010 an alle Aufsichtsratsmitglieder u.a. für Sitzungsgelder einer Aufsichtsratssitzung vom 17.07.2009 bestätigt, dass die an diesem Tag avisierte Sitzung tatsächlich stattgefunden hat. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer keinen Zweifel, dass die Sitzung wie in der Tagesordnung vorgesehen durchgeführt wurde, zumal deren Sitzungstermin gerade mit dem letzten Tag der selbst festgestellten Antragsfrist des Vorstands, die durch das Schreiben vom 09.07.2009 dem Aufsichtsrat bekannt war, zusammenläuft und sich insofern ein Treffen aller Verantwortlichen zum weiteren Vorgehen aufdrängte.

Auch in der Folgezeit bemühten sich die Angeklagten und B um den Abschluss der Prämienregelung, was sich u.a. aus der E-Mail Dr. Ls an C und B vom 27.07.2009 ergibt. Danach teilte Dr. L mit, dass K "die Erweiterung unserer Verträge um die Prämienregelung am 28.07.2009 auf seiner Agenda stehen habe" und er weiter "dran" bleibe. In die so durch Dr. L geschilderte Sachlage fügt sich dann auch widerspruchsfrei die E-Mail Ks an die Vorstandsmitglieder vom 31.07.2009, durch die dieser als Anlage von ihm bearbeitete Entwürfe der Nachtragsvereinbarungen "wie besprochen" übersandte und um weitere Prüfung bat, sowie die weiteren E-Mails Ks an die Vorstandsmitglieder vom 03.08.2009 und 13.08.2009, in der dieser die vorgesehene Frist auf den 15.09.2009 verlängerte und am 13.08.2009 die finale Entwurfsfassung übersandte.

Dass die Angeklagten wie auch B die intern abgestimmte Abwartefrist bis zum 15.09.2009 selbst als bindend gewertet haben, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse wie festgestellt. Danach haben sämtliche Vorstandsmitglieder trotz gravierender Unsicherheiten und Bewertungsschwierigkeiten hinsichtlich der Stromsteuernachzahlungen und trotz - vgl. das Schreiben vom 09.07.2009 und das Protokoll der Führungskreissitzung vom 15.09.2009 - durchgängig bestehender, selbst errechneter Deckungslücke in Höhe von insgesamt über 50 Mio. €, im Rahmen derer auch über 25 Mio. € (über-)fällige, als bestehend anerkannte Netzbetreiberverbindlichkeiten enthalten waren, eine insolvenzrechtlich spezialisierte Anwaltskanzlei bis zum Ende dieser Frist nicht beauftragt. Dies hätte umso mehr auch deshalb nahe gelegen, weil - wie sich aus dem Protokoll vom 15.09.2009 ergibt - es trotz verschiedener Gespräche mit potenziellen Investoren eine "konkrete Zusage bislang" nicht gegeben hatte und - so die Ansicht der Teilnehmer des Führungskreises - seitens des HZA L10 "es noch keine Entscheidung gebe, ob einer Stundung der Stromsteuerschuld zugestimmt werden könne oder nicht". Wie sich aus dem Protokoll vom 15.09.2009, danach waren die Angeklagten und B für die Dauer bis ca. 18 Uhr anwesend, weiter ergibt, sollte nunmehr bei einem "Termin in der T4" am 18.09.2009 mit K und allen Vorständen u.a. das Thema " Insolvenzbeantragung" besprochen werden. Daran anknüpfend fügt sich dann auch die E-Mail Bs an S vom 15.09.2009 in das Geschehen kohärent ein, in der dieser sich für die Empfehlung der Kanzlei H bedankt und ein erstes Mandatierungstelefonat mit Rechtsanwalt M von H mitteilt. Daraus ergibt sich aus Sicht der Kammer dann, dass B nach dem Führungskreismeeting vom 15.09.2009 und Ablauf der verlängerten Abwartefrist nunmehr die bisher vernachlässigte insolvenzrechtliche Prüfung durch H in Auftrag gegeben hat, was im Übrigen die weiteren Unterlagen zu dem Mandatsverlauf mit H belegen.

Die angenommene Bindungswirkung wird zudem auch bestätigt durch den Abschluss ähnlich gelagerter Prämienregelungen im September 2010, im Rahmen derer Bezug auf die früheren Verhandlungen genommen wird. So ergibt sich aus der E-Mail Dr. Ls an C vom 05.09.2010, dass mit den neuen Regelungen "die bereits im letzten Jahr verhandelten Gratifikationen" nunmehr an die positive Unternehmensentwicklung geknüpft und sinnvoll schriftlich als Nachträge zu den Dienstverträgen geregelt seien und so C, in dieser Fassung die Vorstandsmitglieder "wieder einmal völlig leer ausgingen". Die Nachträge wurden in der nunmehr an die neue Unternehmenslage angepassten Version durch den Aufsichtsrat am 22.09.2009 beschlossen und von den Angeklagten gegengezeichnet, so die E-Mail vom 23.09.2010 von C an die Mitglieder des Aufsichtsrats und K.

Letztlich wird der so festgestellte Verfahrensablauf auch durch die insoweit glaubhaften Bekundungen des Zeugen B - unter Berücksichtigung der dargelegten Besonderheiten seines Aussageverhaltens - bestätigt. Dieser hat - im Einklang mit den eingeführten Urkunden - bekundet, dass es im Juli 2009 Gespräche zu einer Prämie gegeben habe. Es sei richtig, dass er selbst zunächst das Thema "Sonderprämie" auf die Agenda gebracht habe. Die ursprüngliche Fassung sei durch ihn formuliert worden, es habe Austausch im Flurgespräch gegeben und Verhandlungen in Vorstand und Aufsichtsrat. Für ihn persönlich sei es darum gegangen, eine Anerkennung besonderer Leistungen, einen Bonus für eine erfolgreiche Sanierung, zu erhalten. In den Verhandlungen mit dem Aufsichtsrat habe sich herausgestellt, dass K es so verstanden habe, gegen Zahlung im Hinblick auf eine Insolvenz "die Füße stillzuhalten". Diesen Ablauf hat B - auch nach Vorhalt zahlreicher Urkunden und zahlreicher Nachfragen aller Verfahrensbeteiligten - mehrfach bestätigt. Auf Vorhalt seiner in einer früheren Vernehmung hierzu niedergeschriebenen Antworten bekundete B weiter, dass er sich erinnere, ausgesagt zu haben, dass es einen Versuch gegeben habe, den Vorstand zu bestechen. Sicherlich sei K nicht an den Vorstand herangetreten "Hiermit besteche ich euch!", es sei aber aus seiner Sicht bis zu einem gewissen Datum Stillschweigen dahingehend eingefordert worden, dafür habe es dann eine entsprechende Vergütung geben sollen. Nach seiner damaligen Interpretation sei das eine Aufwandsentschädigung dafür gewesen, dass man keinen Insolvenzantrag stelle.

Sofern B dann darüber hinaus bekundet hat, dass K in den nachfolgenden Verhandlungen aber das Angebot für 1 Mio. € unterbreitet habe, was, so meine er, vom Aufsichtsrat gekommen sei, falls bis 2011 kein Insolvenzantrag gestellt würde, Zahlungen ohnehin vom Insolvenzverwalter angefochten worden wären und er eine Vereinbarung für eine Zahlung, um keinen Insolvenzantrag zu stellen, nicht gewollt habe und das Thema damit für ihn erledigt gewesen sei, folgt die Kammer dem indes nicht und wertet dies als bloße Schutzbehauptungen, die Ausfluss der nachgezeichneten Entlastungstendenzen bezüglich seiner eigenen Person und Beteiligung sowie der Belastungstendenzen vor allem auch gegenüber K sind. Zunächst hatte B selbst nach seinen eigenen Bekundungen das Thema "Sonderprämie" auf die Agenda gebracht. Dann belegen Zeitpunkt und besprochener Inhalt der Nachträge, dass es ja von Beginn an gerade um Prämien für die Sicherung "des Fortbestands der U-Gruppe" durch die referenzierten Maßnahmen ging, die im Übrigen zunächst zum 26.06.2009 durch den Vorstand abgestimmt und durch B selbst durch E-Mail vom 07.07.2009 an den Aufsichtsrat herangetragen worden waren. In den weiteren Korrespondenzen werden die von B maßgeblich mitgestalteten Entwürfe von K weitestgehend übernommen und weitergetragen. Insofern erscheint es aus Sicht der Kammer nicht glaubhaft, dass explizit K ein Angebot über 1 Mio. € für die Nichtstellung eines Insolvenzantrags bis 2011 unterbreitet haben soll, zumal der Betrag von 1 Mio. € durch B bereits anregt war und sich Anhaltspunkte für einen Zeitraum bis 2011 im Rahmen der Beweisaufnahme nicht ergeben haben. Zudem erschließt sich der Kammer nicht, warum B in Ansehung einer nach eigener Bewertung, so das Schreiben vom 09.07.2009, bestehenden Insolvenzsituation mit korrespondierender Antragspflicht und der selbst bekundeten Erkenntnis, dass Zahlungen ohnehin vom Insolvenzverwalter zurückgefordert worden wären, in seinem ursprünglichen Entwurf aus Juni 2009, dessen Inhalt im Wesentlichen bis zuletzt weitergetragen wurde, einen bloßen "Bonus für eine erfolgreiche Sanierung" hat sehen wollen. Dass sich vielmehr auch B als Initiator der Prämienidee an deren Einhaltung jedenfalls stillschweigend gebunden gefühlt hat, ergibt sich dann - wie gezeigt - durch den weiteren Verfahrensablauf, bei dem bei seit Juli 2009 nahezu unverändert gebliebener Liquiditätslage eine Überprüfung der Liquiditätssituation durch externe Spezialisten bis 15.09.2009, exakt dem letzten durch K ausgegebenen Ablaufzeitpunkt der Abwartefrist, unterblieben. Mit Ablauf zum 15.09.2009 fanden die o.g. Führungskreissitzung und die Kontaktaufnahme zu H gerade durch B statt.

(5) Externe Kapitalzuflüsse durch Investoren und Gesellschafter

Dass jedenfalls im Jahr 2009 externe Kapitalzuflüsse an die U-Gruppe im Allgemeinen sowie die U I7 AG bzw. die U F4 GmbH im Besonderen nicht im benötigten Umfang erfolgt sind und auch in dieser Zeit keine hinreichend konkreten Zusagen für eine kurzfristige Kapitalzufuhr vorlagen, ergibt sich bereits aus der glaubhaften Einlassung Dr. Ls selbst, der hierzu angegeben hat, dass er bis Ende 2010 keinen nennenswerten Liquiditätszufluss an die U-Gruppe erinnere. Erst im November 2010 seien in drei Chargen 30 Mio. € an die U I7 AG als Folge des Verkaufs der Gesellschaft an F11, die 75-80% der Anteile der U I7 AG habe übertragen bekommen sollen, geflossen. Zu einem späteren Zeitpunkt der Hauptverhandlung hat er diese Einlassung weiter ergänzt und ausgeführt, dass es zutreffend sei, dass er sich bisher eingelassen habe, bis November 2010 sei - abseits der nur bilanziell wirkenden Kapitalerhöhung - weiteres Fremdkapital nicht eingegangen. Ihm sei allerdings im Verlauf der Hauptverhandlung eingefallen, dass Anfang 2010 einmal eine siebenstellige Summe eingegangen sei, die nicht Teil dieser Kapitalerhöhung gewesen sei. Genaue Hintergründe hierzu erinnere er nicht mehr. Darüber hinaus sei es zutreffend, dass man Kontakt zu einem vermeintlichen ägyptischen Investor bekommen habe, im Zuge dessen er selbst dreimal für Verhandlungen in Ägypten gewesen sei. Dort habe man über ein Darlehen über 35 Mio. € und sehr hohe Zinsen gesprochen. Auf Vorhalt bestätigte er dann, dass der Umstand, dass man über solche, nicht marktüblichen Zinshöhen überhaupt verhandelt habe, bedeutet habe, dass "das Wasser bis zum Hals gestanden" habe. Daneben hat sich Dr. L zu Zuflüssen durch die Gesellschafter auch glaubhaft dahingehend eingelassen, dass in der Zeit von Juli bis Ende 2009 von Seiten Ks kein "frisches" Kapital gekommen sei.

(i) Keine Kapitalzuflüsse durch Investoren

Die Einlassung Dr. Ls wird hinsichtlich der Zuflusses externer Geldmittel von Investoren dann zunächst bestätigt durch die umfangreichen Urkunden zu Investorengesprächen und - verhandlungen sowie die internen Dokumente der U-Gruppe hierzu, hier insbesondere die Protokolle der Führungskreis- und Aufsichtsratssitzungen, die Mandatsunterlagen der M6 AG, dem E-Mail- und Schriftverkehr mit H4, F13³ (hier insbesondere das Schreiben vom 29.09.2009), F11 sowie mit der W4 Bank AG und dem ägyptischen Investor T27 (hier insbesondere die E-Mail von C7 vom 28.08.2009). So ergibt sich aus dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 19.06.2009, dass die durch die C3 AG identifizierte Deckungslücke durch "eine Kapitalerhöhung und den Verkauf eigener Aktien" geschlossen werden solle. In der Folgezeit haben zwar Vorstand und Aufsichtsrat mit Beschlüssen vom 30.06.2009 eine Kapitalerhöhung des Grundkapitals durch Ausgabe von 5 Mio. Aktien im Nennwert von 1 €, insgesamt 5 Mio. € (Ausgabepreis 5,50 € = 27,5 Mio. €), beschlossen, was sich aus deren eingeführten Beschlüssen von diesem Tag ergibt. Hierfür lagen aber bis Dezember 2009 konkrete Kaufangebote nicht vor, vielmehr ergibt sich aus den eingeführten Urkunden, dass hinreichend konkrete Verhandlungen mit F11 - trotz früherer Kontakte und grundsätzlicher Zusagen zur deren Leistungsfähigkeit - hierzu erst im Dezember 2009 durchgeführt wurden, was sich u.a. aus dem Schreiben der F11 an K vom 02.12.2009 sowie den weiter zu F11 eingeführten Urkunden, so insbesondere auch den Angaben in dem Führungskreisprotokoll vom 30.03.2010, nach dem mit einer "Russendelegation" in Verhandlungen zu einem Kaufvertrag gegangen werden solle, ergibt. Darüber hinaus belegen sämtliche eingeführten Unternehmensunterlagen vor Dezember 2009 auch, dass bei Gesprächen mit F11 aus Sicht des Unternehmens selbst jedenfalls noch kein hinreichend berücksichtigungsfähiger Konkretisierungsgrad erreicht worden war, da dort F11, so gegenüber dem HZA L10 oder den beauftragten Beratern, wo eine Angabe eines konkreten Verhandlungsstands nahe gelegen hätte, keine Erwähnung gefunden hat. Vielmehr korreliert der Zeitpunkt Ende 2009 auch mit dem Ausscheiden der M6 AG, um dadurch einen möglichen Kaufinteressenten nicht durch eine parallele Marktansprache zu verunsichern.

Die Einlassung Dr. Ls wird zudem bestätigt durch die eingeführten weiteren Unternehmensunterlagen: So wird sie u.a. durch das Schreiben vom 09.07.2009, in dem festgehalten ist, dass es bis zum 09.07.2009 nicht gelungen sei, potenzielle Investoren für eine Kapitalerhöhung zu gewinnen und leider noch kein erfolgreicher Abschluss habe getätigt werden können, belegt. Weiter fügt sich das Protokoll des Führungskreismeetings vom 11.08.2009 in das bisher gefundene Beweisergebnis ein. Dort ist zur Gesamtsituation in Anwesenheit der Angeklagten festgehalten worden, dass die "Situation des Unternehmens angespannt und zu der vor sechs Wochen vergleichbar" sei. Trotz vieler Bemühungen lasse sich der bestehende Liquiditätsengpass dennoch nicht beheben. Derzeit würden "Gespräche mit mehreren Interessenten" zu einem Investment geführt, man verzeichne aber zum jetzigen Zeitpunkt "noch keine konkreten Erfolge". Daran anknüpfend ergibt sich aus den Protokollen der Führungskreismeetings vom 11.08.2009 und 15.09.2009, dass trotz verschiedener Gespräche mit potenziellen Investoren in den vergangenen Wochen eine konkrete Zusage bis zum 15.09.2009 nicht vorlag, zumindest aber ein russischer Investor Interesse geäußert habe und die U-Gruppe danach besser bestrebt sein solle, "aus eigener Leistung die derzeit vorhandene Situation zu stemmen", insbesondere durch den "Verkauf von Powerpaketen".

Dass jedenfalls im Tatzeitraum weder ein externer Kapitalzufluss durch Investoren stattgefunden, noch hierzu konkrete Vereinbarungen mit Interessenten getroffen wurden, ergibt sich u.a. auch aus den Bekundungen zahlreicher Zeugen, die insoweit ebenfalls die Einlassung Dr. Ls bestätigen. So haben die Zeugen K2 und M2 der C3 AG übereinstimmend bekundet, dass es zwar "ein Schriftstück eines russischen Unternehmens" und Absichtserklärungen gegeben habe, darin aber keine bindenden Erklärungen enthalten gewesen seien, insgesamt hätten sie "Konkretes zu Investoren" im Rahmen ihrer Tätigkeit nie gesehen. Weiter hat der Zeuge X2 von der M6 AG glaubhaft bekundet, dass das Projekt zur Rekapitalisierung "vor sich hin geplätschert" sei. Die Gesellschaft habe selbst Anstrengungen hinsichtlich eines russischen Investors unternommen, gleichwohl habe er auftragsgemäß Dokumente vorbereiten sollen, letztlich sei aber nie eine Marktansprache erfolgt. Ähnlich hat der Zeuge Dr. E der M6 AG bekundet, dass ab September ein Restrukturierungsinvestor gesucht worden sei, für den man einen Restrukturierungsvorschlag entworfen habe, letztlich sei es aber zu einer offiziellen Marktansprache nicht gekommen. Zudem hat der Zeuge C7, seinerseits Mitarbeiter der Rechtsabteilung der U I7 AG, glaubhaft bekundet, dass es durchgängig Bemühungen und Gespräche betreffend Investoren gegeben habe, so seien C und Dr. L selbst in Ägypten gewesen, letztlich sei aber alles ergebnislos geblieben. Zudem hat der Zeuge C6 bekundet, dass man aus dem Dunstkreis in der T4 "immer von einem weißen Ritter geträumt" habe, im September 2010 habe es dann aber eine russische Investorengruppe gegeben. Darüber hinaus haben die Zeugen S und Dr. M4 der Kanzlei N übereinstimmend bekundet, dass es trotz der Bemühungen um der Suche nach einem Investor ihrer Erinnerung nach einen konkreten Investor bis zum Ende des Mandats im Oktober 2009 nicht gegeben habe. Zudem konnten sich beide Berater weiter an F13 erinnern. Der Zeuge S hat hierzu glaubhaft bekundet, dass es aus seiner Sicht "so einen Vermittlungsvertrag" gegeben habe, die er regelmäßig im Rahmen von Mandatsbefassungen vorgelegt bekomme, "davon habe er nichts gehalten". Der Zeuge Dr. M4 hat hierzu ausgeführt, er habe einmal eine Absichtserklärung gesehen, die als Entwurf vorgelegt wurde.

(ii) Keine Kapitalzuflüsse durch Gesellschafter

Soweit der Zeuge L4, der ohnehin erst ab November 2009 über K ins Unternehmen gekommen war, folgendes bekundet hat, betrachtet die Kammer diese Angaben als widerlegt: Er hat ausgeführt, dass er damals bei Eintritt nach kurzen Überblick bemerkt habe, dass man kurzfristig 4 Mio. € benötigen würde und die Gesellschafter hätten das Geld auch innerhalb kürzester Zeit, so zwei bis drei Wochen danach, zugeschossen und er habe dann den Eindruck gehabt, wenn Geld benötigt werde, dann käme etwas von den Gesellschaftern. Er habe Vertrauen zu K und den T3s und deren Liquidität gehabt. Wenn Geld gefehlt habe, habe er "den naiven Glauben gehabt, wenn er in der T4 anrufe, dann würde Geld kommen". Es habe in Gesprächen mit K und den T3s immer im Raum gestanden, wenn Geld fehlen würde, dann würden sie zuschießen.

Zum Einen hat aber die Beweisaufnahme insgesamt, im Besonderen auch die glaubhafte Einlassung Dr. Ls sowie die durch die Protokolle der Führungs- und Aufsichtsratssitzungen nachgezeichnete Unternehmensentwicklungen hierzu keine Anhaltspunkte ergeben, die auf den behaupteten Geldzufluss als einzelne Zahlung hätten schließen lassen, obwohl es in Anbetracht der Krisensituation sicher nahe gelegen hätte, diese Umstände offensiv mitzuteilen. Unter Berücksichtigung der Angaben L4s ist es dann aber zutreffend, dass aus der T4 über K in Einzelfällen auf gezielte Anforderungen überfällige Verbindlichkeiten von u.a. der C2 M3 Fußball GmbH und von E14 ab November 2009 beglichen wurden und so Geldzuflüsse im geringen Millionenbereich an die U-Gesellschaften - wie festgestellt - erfolgten, was sich aus den eingeführten Urkunden, hier u.a. der E-Mail L4s vom 25.11.2009 an C, ergibt. Diese in Teilzahlungen geleisteten Beträge dienten aber nur der Begleichung einzelner existenzbedrohlicher Forderungen, nicht aber der Zufuhr - wie Dr. L ausgeführt hat - zusätzlichen "frischen" Kapitals zur Schließung der bestehenden Deckungslücken, die ja - wie oben ausgeführt - im Rahmen des Priorisierungssystems, das ja gerade die Begleichung "brennender", eskalierter Forderungen vorsah, weiter fortbestanden. Vielmehr deuten diese zugeschossenen Gelder für Teilzahlungen darauf hin, dass selbst bei Praktizieren des Priorisierungssystems in Einzelfällen die vorhandene Liquidität in der Gruppe nicht ausreichte.

Gegen die von L4 darauf basierend angeblich angenommene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschafter spricht dann aber auch, dass diese gerade nicht in der Lage waren, den noch in der Kapitalerhöhung aufgeführten Kapitalbetrag von 27,5 Mio. € - auch im Hinblick auf die Stromsteuernachzahlungen und weiterer (über-)fälliger Verbindlichkeiten und die bislang erfolglose Suche nach Investoren - ganz oder teilweise einzubringen, obwohl diese Umstände Dr. T3 wie auch K, u.a. durch das Schreiben vom 09.07.2009 und die beständigen E-Mails von C an K zur aktuellen Lage sowie den Umständen des Ausscheidens Bs, bekannt waren. Darüber hinaus waren im weiteren Geschehen bis Ende 2010 umfangreiche Kapitaleingänge durch die Gesellschafter nicht erfolgt, so schon die Einlassung Dr. Ls sowie die eingeführten Urkunden. Insbesondere hatten weder K noch Dr. T3, als die beiden maßgeblichen Gesellschafter der U I7 AG, die durch das Schreiben vom 09.07.2009 durch den Vorstand und die C3 AG angemahnte Liquiditätslücke - in ihnen bekannter Abwesenheit von konkreten Absprachen mit Investoren wie erörtert - durch Kapitalzufuhr beglichen bzw. diese verringert. Ebenso hatten beide die durch G2 die jedenfalls ab Mai 2010 angemahnte Brückenfinanzierung von 10 bis 15 Mio. € trotz der dokumentierten Krisensituation und Anforderung durch den Finanzleiter L4 gerade nicht erbracht, was sich unter anderem aus den E-Mails L4s vom 25.03. und 24.06.2010 zu einem Telefonat mit Dr. T3 sowie den Mandatsunterlagen von G2 und den Bekundungen des Zeugen M2 zu einer Besprechung vom 21.06.2010, wonach Dr. T3 zwar angekündigt habe, Kapital einzuschießen, sich tatsächlich aber nichts getan habe, widerspruchsfrei ergibt.

Vielmehr bestand - neben der darlehensweisen Bereitstellung einzelner "brennender" Gläubigerforderungen - die zusätzliche Kapitalzufuhr der Gesellschafter im Tatzeitraum allein darin, dass Ende 2009 eine Kapitalerhöhung durchgeführt wurde, mit der durch den Rückfluss von im Wege von Schuldverschreibungen bereits früher der U I7 AG bereitgestellten Geldern an die K zugehörigen T16-Gesellschaften das so zurückgeflossene Geld erneut im Wege des Factoring von den T16-Gesellschaften der B11 AG bereitgestellt wurde. Letztere Gesellschaft trat dann treuhänderisch als "Fremdkapitalgeber" für die N12 Vermögensverwaltungs AG Ks auf, was sich aus dem Treuhandvertrag vom 11.12.2009, der Umschuldungsvereinbarung vom 07.12.2009 und den weiteren hierzu eingeführten Urkunden ergibt, und stellte der U I7 AG neuerlich die gerade zurück erhaltenen Beträge darlehensweise zur Verfügung. Faktisch entfaltete die Kapitalerhöhung so nur bilanzielle Wirkung, indem Altverbindlichkeiten abgebaut wurden, für die Liquiditätslage war sie - wie auch Dr. L in seiner Einlassung bestätigt - dagegen indifferent. Deren Ablauf und Inhalt ergibt sich widerspruchsfrei u.a. aus den E-Mails von K an die Angeklagten, L4 und N4 vom 09.12.2009 nebst Anlagen hierzu, von F3 an K vom 28.04.2010, sowie von K an L4 vom 05.05.2010. Die Verbindung Ks zu den T16-Gesellschaften und Beteiligung an deren Gründung ergibt sich aus den hierzu eingeführten Urkunden, hier u.a. die E-Mails F3s an K vom 29.04.2008, vom 24.11.2008, vom 08.04.2009, vom 27.12.2009, vom 30.12.2009 sowie vom 25.05.2010 und 25.10.2010 sowie das Memorandum vom 02.02.2008, aus denen sich aus Sicht der Kammer jedenfalls eine erhebliche operativ Einflussnahme Ks bis hin zu einer faktischen Leitung der Geschicke der Unternehmen ergibt.

Dafür, dass die Gesellschafter im Tatzeitraum gerade keine umfängliche Bereitstellung benötigter Kapitalmittel gewährleisten konnten, spricht zudem der Vortrag der U-Verantwortlichen gegenüber dem HZA L10. So hat u.a. der Angeklagte C in den Erläuterungen zu dem Stundungsantrag vom 23.06.2009 ausgeführt, dass die erkannte Deckungslücke von den "derzeitigen Gesellschaftern kurzfristig nicht geschlossen werden könne". Zudem werde seit "Ende 2008 auf Wunsch der Hauptgesellschafter der U-Gruppe der Komplettverkauf der Unternehmung angestrebt", da sich der "Hauptgesellschafter [Dr. B2 T3] aufgrund des bereits fortgeschrittenen Alters desinvestieren" möchte. Mit dieser Motivationslage, die im Übrigen u.a. durch die eingeführten Urkunden sowie die Bekundungen der Zeugen M2 und K2 bestätigt worden ist, korreliert dann auch die sich aus den über eingeführte Urkunden belegten Kapitalzuflüssen ergebende Erkenntnis, dass umfangreiche Geldzuschüsse - außerhalb von Rückflüssen bereits in früherer Zeit ausgerichteter Darlehensbeträge - von Dr. T3 oder diesem zugehörige Gesellschaften gerade nicht erfolgt sind. Zudem hat der Zeuge T6 hierzu glaubhaft ausgeführt, dass ihm K in einem Gespräch mitgeteilt habe, dass T3 schon älter sei und nicht über genügend Liquidität verfüge, um die notwendigen Beträge einzuschießen.

Dass davon unabhängig K die ihm bekannte Kapitallücke aus eigener Kraft hätte schließen können, sieht die Kammer zudem ebenfalls nicht. Einerseits hat dieser über die oben geschilderte Kapitalerhöhung nur bereits in früherer Zeit bereitgestellte Geldbeträge nochmalig weitergereicht, ohne tatsächlich neues Kapital im Tatzeitraum zuzuführen. Gerade für K, der wie Dr. T3, auch an einem Gesamtverkauf der Gruppe interessiert war, hätte es dann aber doch nahe gelegen, über eine Brückenfinanzierung die Krisensituation zu entspannen und hierüber die Testierung der für seriöse Investoren notwendigen Jahresabschlüsse zu erwirken. Dies umso mehr auch deshalb, weil - so sein eigener, von den anwesenden Beratern K2 und M2 im Rahmen der Hauptverhandlung glaubhaft bekundeter und sich im Übrigen aus den eingeführten Urkunden der C3 AG ergebender Vortrag gegenüber den Mitarbeitern der C3 AG - ja zu Beginn 2009 ein strategischer Investor aus Russland bereitgestanden haben sollte, für den bis Mai 2009 ein Due Diligence-Bericht und testierte, geprüfte Abschlüsse benötigt würden, die ja ohnehin jeder Investor anfordern würde. Hierzu hat der Zeuge K2 zudem glaubhaft ausgeführt, dass im März 2009 seitens Ks und dem Vorstand gesagt worden sei, sobald man einen "testierten Jahresabschluss" habe, "kämen die Millionen". Einen solchen Jahresabschluss hat es aber - unstreitig und belegt durch sämtliche eingeführten Urkunden und Zeugenaussagen - bis zur Antragstellung im Juni 2011 gerade nicht gegeben. Nichts hätte also für K näher gelegen, als kurzfristig Kapital in geringem Umfang einzuschießen, um mittelfristig den angestrebten Verkauf mit Gewinn durchführen zu können. Zudem liefen sämtliche belegten Kapitalzuflüsse über die T16-Gesellschaften in der T4, die ihrerseits Teil der Vertriebsstruktur der E7 des mit K befreundeten, gesondert Verfolgten H9s waren und deren Alleingesellschafterinnen jeweils die N16-Gesellschaften waren, deren Geschäftsführer jedenfalls im Tatzeitraum der ehemalige Verteidiger Ks, Rechtsanwalt T5, war, was sich u.a. aus den in Augenschein genommenen und verlesenen Übersichten zur Beteiligungsstruktur der E7 und den hierzu eingeführten weiteren Urkunden, hier u.a. die E-Mails Ks vom 18.01.2010, F3s vom 28.04.2010 und H9s an K vom 20.08.2010, ergibt. Das Kerngeschäft der T16-Gesellschaften war danach die Bereitstellung von an sie weitergereichten Anlegergeldern im Wege des Factoring. Diese vornehmliche "Geldquelle" Ks speiste sich so aus Anlegergeldern, die im Tatzeitraum in der bestehenden Krisensituation nicht ohne vorherige rechtliche Absicherung in U-Gesellschaften hätten investiert werden dürfen. Darüber hinaus war die wirtschaftliche Lage der T16-Gesellschaften auch nicht so, dass durch diese nennenswerte Millionenbeträge in die U-Gesellschaften hätten eingebracht werden können, was sich aus den eingeführten Urkunden, hier u.a. den E-Mails von F3 an K vom 15.07., 13.08. und 18.08.2010, ergibt.

Das bisherige Ergebnis bestätigend hat zudem der Zeuge T6 glaubhaft bekundet, dass man sich in einem Schwebeprozess befunden habe und alles davon abgehangen habe, ob die Suche nach einem Investor einmal geregelt würde. Ebenso hat der Zeuge Dr. L7 widerspruchsfrei bekundet, dass hinsichtlich der als notwendig befundenen Brückenfinanzierung Dr. T3 im einem Gespräch in Reaktion hierauf fragend mitgeteilt habe, woher denn das Geld kommen solle und dass er sich um Maßnahmen bemühen werde, letztlich seien aus dieser Richtung Gelder aber nicht gekommen.

Das so ermittelte Beweisergebnis wird zudem - unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Aussageverhaltens - auch durch die insoweit glaubhaften, mit den eingeführten Urkunden übereinstimmenden Angaben des Zeugen B bestätigt. Dieser hat bekundet, dass die Investorensuche aus Sicht von ihm und Dr. L geordnet über ein offizielles Mandat mit der M6 AG erfolgen sollte, C und K hätten dagegen eher auf persönlichen Netzwerke und Kontakte gesetzt. Es seien Vermittler eingeschaltet worden, denen Provisionen im teilweise siebenstelligen Bereich zugesichert worden seien. Am Ende hätten aber alle seriösen Investoren Zahlen sehen wollen und einen Restrukturierungsplan, hierin habe das Problem gelegen. Letztlich seien alle Bemühungen und Gespräche gescheitert. Im Ergebnis habe man keinen Investor finden können. Der vermeintliche ägyptische Investor habe sich nicht als seriöse Geldquelle erwiesen und es sei nicht zu einem Deal gekommen. Ebenso hätten auch die Verhandlungen mit F13³, H4 und G6 nicht zu konkreten Ergebnissen geführt. Es habe zwar auch mit der W4 Bank AG Gespräche gegeben, nach deren Prüfungen habe sich aber auch das zerschlagen. Bei der angestrebten Kapitalerhöhung sei es sein Verständnis gewesen, dass Verbindlichkeiten formal in Eigenkapital umgewandelt werden sollten. Insofern seien ihm Geldflüsse hierzu nicht geläufig.

(6) Geschehnisse zur Abberufung Bs

Die Feststellungen zu den Geschehnissen um die Abberufung Bs im Oktober 2009 beruhen auf den hierzu eingeführten Urkunden, den Bekundungen der hierzu vernommenen Zeugen sowie ergänzend auf der Einlassung Dr. Ls, soweit dieser gefolgt werden kann. Zunächst ergibt sich der chronologische Ablauf des Mandats mit der Kanzlei H aus den deren hierzu eingeführten Mandatsunterlagen der Berater M und Dr. X, die jeweils deren Handakte im Zusammenhang mit ihren Vernehmungen vor der Kammer bereitgestellt und aus denen die Kammer umfangreiches Urkundenmaterial eingeführt hat, sowie den glaubhaften Bekundungen dieser Berater als Zeugen in der Hauptverhandlung. M und Dr. X haben jeweils zu den Handakten ausgeführt, dass diese vollständig ihre internen und externen Korrespondenzen und Vermerke beinhalten und die handschriftlichen Unterlagen von dem jeweiligen Sachbearbeiter gefertigt worden seien und sinngemäß das Erörterte festhielten. Darüber wird der zeitliche Ablauf auch durch den Ausdruck des bei B im Rahmen der Durchsuchung 2015 sichergestellten Outlook-Terminkalenders aus dem Jahre 2009 dokumentiert, der für den Zeitraum Juni bis Oktober 2009 sämtliche Termine und Treffen Bs enthält und dem in der Kostennote von H vom 12.10.2009 (Anhang zur E-Mail D20 an Dr. L vom 24.06.2011) tageweise dargelegten Mandatsverlauf belegt, die im Übrigen mit den hierzu eingeführten weiteren Urkunden korrelieren.

Vor diesem Hintergrund ist die Kammer der Überzeugung, dass die Berater von H bei deren Niederlegung des Mandates am 06.10.2009 dem Zeugen B mündlich die Hintergründe der Mandatsniederlegung mit der Maßgabe mitgeteilt haben, dass aus ihrer damaligen Sicht - aufgrund der fehlenden Liquiditätsübersicht auf Einzelgesellschaftsbasis, der insgesamt schlechten Datenlage sowie fehlender testierter Bilanzen - keine befriedigenden Unterlagen vorlagen, die den bereits bei Mandatierung bestehenden Verdacht der Insolvenzverschleppung nachträglich hätten entkräften können und infolgedessen eine Antragsfrist für die U F4 GmbH und über die Haftungszusagen auch die U I7 AG zu laufen begann. Im Einzelnen:

(i) Mitteilung der Gründe an B

Dass die beiden Berater in Telefonaten mit B diesem mündlich gegenüber die Mandatsniederlegung überhaupt begründet haben, ergibt sich zuvorderst aus den hierzu verlesenen Urkunden, hier vor allem dem Telefonvermerk von Rechtsanwalt M vom 06.10.2009 zu einem Gespräch mit B von diesem Tag, in dem handschriftlich festgehalten ist, dass M B die "Gründe der Mandatsniederlegung dargelegt" hat. Das wird wiederum auch belegt durch die E-Mail von M an B vom gleichen Tag, in dem M die Niederlegung des Mandats schriftlich mitteilt. Darin ist ausgeführt, dass man "der Ordnung halber nochmals schriftlich mitteile, dass wir aus den Ihnen heute telefonisch geschilderten Gründen das Mandat niederlegen". Darüber hinaus ergibt sich aus einer weiteren internen E-Mail Dr. Xs an M vom 06.10.2009, dass Dr. X gerade "länger mit B telefoniert habe, der offenbar durchaus Verständnis für unsere Entscheidung" habe.

Die mitgeteilten Gründe - wie festgestellt - hat die Kammer dann zuvorderst auf Grundlage der hierzu eingeführten Unterlagen und den Bekundungen der Zeugen M, Dr. X, S und Dr. M4 hergeleitet. Zunächst hatte der Zeuge M zum Verlauf des Mandats glaubhaft bekundet, dass H auf Empfehlung Ss wegen der Expertise im Insolvenzrecht hinzugezogen worden sei, er aber die Einzelheiten des Mandatsverlaufs nicht mehr erinnern könne. Er habe dann für die Aufarbeitung des Zahlenmaterials wegen seiner insolvenzrechtlichen Kenntnisse den Kollegen Dr. X hinzugezogen. Am Ende habe es zu viele Fragen gegeben - auch neben der Stromsteuerproblematik -, die nicht haben beantwortet werden können. Er habe B die Gründe dargelegt, Einzelheiten seien ihm aber nicht mehr erinnerlich. Warum man die Gründe nur mündlich dargelegt habe, könne er nicht sagen, üblicherweise sei das nicht so, in diesem Fall habe man es offenbar so gehalten. Dr. X und er hätten damals "ein schlechtes Gefühl" gehabt, das könne er bestätigen. Das habe sich nach seiner Erinnerung darauf bezogen, dass man keine befriedigenden Unterlagen vorgelegt bekommen habe, die den Verdacht der Insolvenzverschleppung nachträglich hätten entkräften können. Daneben hat der Zeuge Dr. X, seinerseits Fachanwalt für Insolvenzrecht und seit über 12 Jahren im Insolvenzrecht bei H tätig, glaubhaft bekundet, dass er im September 2009 einen Anruf von M erhalten habe, wonach er wegen seiner Kenntnisse im Insolvenzrecht im Rahmen des Mandats mit der U I7 AG mit tätig werden sollte. M habe ihm erzählt, dass seitens S von N mitgeteilt worden sei, dass bei der U-Gruppe "möglicherweise eine Restrukturierung notwendig" sei. Nach Durchführung der Erstbesprechung am 22.09.2009 und dem Erhalt erster Unterlagen habe er für sich gedacht, dass die Einschätzung von N zu der Notwendigkeit der Restrukturierung nicht falsch gewesen sei. Er habe aber ein "Störgefühl" gehabt, dass Restrukturierungsmaßnahmen greifen würden. Erstens sei hinsichtlich der Liquiditätssituation die Frage nicht beantwortet gewesen, ob die "substanziell herausragende Einzelforderung der Stromsteuernachzahlungen" tatsächlich gestundet gewesen sei. Zweitens hätten trotz Hinweises und Nachfragen "Unterlagen für eine kunstgerechte Betrachtung", eine Einzelbetrachtung für jede Gesellschaft, nicht vorgelegen. Drittens sei es bei der avisierten Verschmelzung der U F4 GmbH mit der U Gas GmbH aus seiner Sicht darum gegangen, stille Reserven zu heben, um irgendwie ein bilanziell positives Eigenkapital auszuweisen. Man habe dann zu einer Maßnahme gegriffen, die nicht ganz üblich sei, und das Mandat niedergelegt und nur mündlich begründet. Üblicherweise lege er auch keine Mandate nieder, das sei in seiner beruflichen Laufbahn "fast noch nie vorgekommen".

Diese Bewertungsgrundlage der Berater von H wird dann zunächst durch den handschriftlichen Vermerk von Rechtsanwalt M zu der Besprechung vom 01.10.2009 verdichtet, in welchem dieser festgehalten hat, dass hinsichtlich des HZA L10 nunmehr ein "neuer Brief" vorliege, "der den Schluss zulasse, dass wieder ernsthaft eingefordert werde (Entwurf des Schlussberichts der Prüfer)". Nachdem ausweislich der E-Mail vom 02.10.2009 Dr. X auf die Notwendigkeit einer "stichtagsbezogenen Gegenüberstellung verfügbarer Liquidität und fälliger Verbindlichkeiten je Gesellschaft, um eine belastbare Aussage zur Zahlungsfähigkeit treffen zu können", hingewiesen hatte, wurden seitens der U-Gruppe keine entsprechenden Übersichten bereitgestellt, so die E-Mail von Dr. X an M vom 05.10.2009 und die Bekundungen der Berater. Aus dieser E-Mail vom 05.10.2009 ergibt sich dann aber auch kohärent die Bewertungsgrundlage der Berater von H zur damaligen Zeit. Danach sei es die Einschätzung Dr. Xs, dass nach Sachlage 02.10.2009 "die F4 massiv illiquide sei, auch wenn wir die 28 Mio. € Stromsteuer als quasigestundet bzw. nicht eingefordert ansehen". Darüber hinaus seien am 01.10.2009 M, der von H hinzugezogene Steuerberater T und er, Dr. X, nach dem Temin so auseinander gegangen, dass diese übereinstimmend "ein schlechtes Gefühl" gehabt hätten, was die Lage der Unternehmensgruppe und die Seriosität der Konstruktion anbelange, "dies nicht nur angesichts der Liquidität, sondern auch der miserablen Bilanzlage der F4 mit einem negativen Eigenkapital von mehr als 100 Mio. €", den nicht praktikablen Verschmelzungsplänen zum 31.12.2009 und den "insgesamt äußerst windig erscheinenden", in der Vergangenheit durchgeführten gesellschaftsrechtlichen und bilanziellen Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund - so der Wortlaut der E-Mail - habe am 02.10.2009 bereits die Tendenz bestanden, das Mandat niederzulegen. Er, Dr. X, meine, - so die E-Mail - dass das die richtige Entscheidung sei, da das "Risiko als beratende Sozietät in eine Schmuddelei größeren Ausmaßes hineingezogen zu werden", erheblich sein dürfte. Er hielte es für geboten, die Entscheidung B in einem Telefonat, vielleicht besser noch in einem persönlichen Gespräch mitzuteilen und zu begründen. Schriftlich sollte H sich - so der Wortlaut Dr. Xs - auf die bloße Niederlegungserklärung beschränken und keine Gründe nennen. Darüber hinaus ergibt sich ergänzend aus dem Protokoll der außerordentlichen Führungskreissitzung vom 22.09.2009, dem Kick-Off-Meeting mit H und der C3 AG, dass H bereits dort mitgeteilt hat, dass - sollte eine Insolvenzverschleppung vorliegen - sie die Beratung einstellen müssten, um sich nicht der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung schuldig zu machen, sofern die Vorstände keinen Insolvenzantrag stellten. Weiter hatte M - so eine E-Mail von M an Dr. X vom 06.10.2009 - bei Dr. X die Zustimmung eingeholt, dass dieser bei einer Anfrage Bs, "wenn sich die Organe gegen den zu erwartenden Widerstand der Shareholder zu diesem Schritt entscheiden sollten", wegen der Unterstützung bei der Formulierung eines Insolvenzantrags diese Hilfeleistung von H anbieten könne.

Unter Berücksichtigung der Bekundungen der Berater und oben genannten Urkunden ist die Kammer dann der Überzeugung, dass die Berater der Kanzlei H, die ihre Tätigkeit ausweislich der Kostennote vom 12.10.2009 bereits nur gegen Kostenvorschuss überhaupt aufgenommen hatten, zum Zeitpunkt der Niederlegung des Mandats mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von dem Vorliegen der Insolvenzreife der U I7 AG, diese war ja ihre Mandantin, ausgegangen sind und die intern erörterten Gründe - wie in den E-Mails avisiert - an B weitergegeben haben. Zum Einen deckt sich der Inhalt der Begründung in der E-Mail Dr. Xs vom 05.10.2009 mit den Bekundungen Dr. Xs hierzu. Zum Anderen fügt sich der Ablauf der Niederlegung des Mandats genau in das von Dr. X in dieser E-Mail ausnahmsweise vorgeschlagene Vorgehensmuster, in dem gerade auch vorgesehen war, B, wie in dem Telefonvermerk von M vom 06.10.2009 auch ausgeführt, die Gründe für die Niederlegung mitzuteilen. Darüber hinaus wird das gefundene Ergebnis auch belegt durch die interne Kommunikation zwischen Dr. X und M hinsichtlich der Unterstützung bei der Stellung eines Insolvenzantrags, falls gewünscht, die dann in dem Schreiben vom 12.10.2009 an die Mandantin nochmals schriftlich kommuniziert wurde, wonach, sofern B, als Vorstand der U I7 AG, noch bei einer eventuellen Antragstellung gegenüber dem Insolvenzgericht Hilfestellung benötigen würde, H hierfür gern zur Verfügung stehe. In Ansehung dieser Hinweise, zumal H noch am 22.09.2009 hingewiesen hatte, wegen der Gefahr einer eigenen Strafbarkeit niederlegen zu müssen, falls eine Insolvenzsituation vorläge und zugleich bei Niederlegung die Hilfestellung zur Antragstellung angeboten wurde, konnte aus Sicht der Kammer B die Situation nur so verstehen, dass aus Sicht von H eine Insolvenzsituation vorlag, die nach Ablauf von drei Wochen bei unveränderter Sachlage als Vorstand zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtete. In diesem Zusammenhang kann es aus Sicht der Kammer auch nicht zu einer anderen Einschätzung führen, dass die Berater von H weder schriftlich noch im Rahmen ihrer Vernehmungen vor der Kammer positiv ein solches Vorliegen von Insolvenzgründen bestätigt haben. Da "kunstgerechte" Bewertungsgrundlagen eben nicht vorlagen, konnten diese aus Haftungsgründen ein solches verbindlich festgehaltenes Votum gerade nicht abgeben, weil eine "kunstgerechte" Feststellung eines Insolvenzgrundes nicht möglich gewesen war. Dass gefundene Ergebnis wird dann aber durch die gewählte Niederlegung und deren atypischer Ausführung belegt, die ja letztlich genau die zuvor am 22.09.2009 angekündigte Niederlegung bei Vorliegen von Insolvenzgründen mit Leben füllte.

Dieses Ergebnis wird auch gestützt durch die Bewertung der anderen involvierten Berater, soweit diese über die Beauftragung und Niederlegung durch H informiert waren. Zunächst wird es belegt durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen S, damals federführender Partner im Rahmen des Restrukturierungsmandats bei N, der ausweislich eines Telefonvermerks vom 06.10.2009, der hierzu geführten E-Mail-Kommunikation sowie der Kostennote vom 12.10.2009 und den Bekundungen von M am 06.10.2009 von M bereits vor B über die anstehende Niederlegung des Mandats informiert worden war. Danach habe es im Oktober 2009 einen Anruf von M gegeben, der zu verstehen gegeben habe, dass man bei der U I7 AG nichts mehr machen könne. Die Message sei "glasklar" gewesen: H könne nur noch bei einer Antragstellung helfen. Den Wortlaut erinnere er nicht mehr, aber es habe sich alles "sehr schlimm angehört, als sei alles von A bis Z verloren". Es könne auch sein, dass er nochmal mit Dr. X gesprochen habe. Danach habe ihn B kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass M ihm gesagt habe, dass H nicht mehr weiter machen könne. Das, was B hierzu weiter mitgeteilt habe, reflektierte auch das, was zuvor M telefonisch an ihn selbst weitergegeben habe, nämlich das "Game Over" und nichts mehr anderes möglich sei, als Insolvenzantrag zu stellen. Er habe B dann auch gesagt, dass es so nicht weitergehen könne und der Vorstand Insolvenzantrag stellen müsse. Seine "telefonische Message" an B sei insofern ebenfalls klar gewesen. B habe nach der Information bedrückt gewirkt. Sein Eindruck sei gewesen, dass er genau verstanden habe, welche "Stunde geschlagen habe und was tun zu gewesen sei". Zudem habe er B auch hingewiesen, dass N nun ebenfalls das Mandat niederlegen müsse. B habe dann gefragt, ob er noch eine zweite Meinung einholen könne, woraufhin er, S, ihm gesagt habe, dass das möglich sei, den Vorstand aber nicht von einer Antragspflicht bewahre. Ergänzend hat der Zeuge Dr. M4, Associate bei N, glaubhaft bekundet, dass zur damaligen Zeit H eingeschaltet worden sei, die zunächst für die Vorbereitung der Investorensuche "grünes Licht" gegeben hätten. Anfang Oktober habe H die Beratung dann eingestellt, infolgedessen N dann ebenfalls niedergelegt habe. Das sei klar gewesen, weil man nur an einer Sanierung habe mitwirken können, wenn man sich nicht irgendeinem Vorwurf aus insolvenzrechtlicher Sicht ausgesetzt sähe. Mit der Niederlegung Hs sei dieser vorher noch bestehende "Komfort" weg gewesen. Sein Verständnis sei es schon gewesen, dass H bei Niederlegung Insolvenztatbestände angenommen habe. In die so durch die Zeugen geschilderten Abläufe fügt sich dann auch kohärent die E-Mail Ss an B und Dr. M4 vom 12.10.2009, mit der N schriftlich das Mandat mit der U I7 AG niederlegte. Darin führt S aus, dass er "nachdrücklich die kurzfristige Beiziehung eines Insolvenzberaters empfehle", der überprüfen solle, inwieweit für die U-Gruppe oder einzelne Unternehmen Insolvenztatbestände gegeben seien. N werde die Suche nach neuen Investoren dann wieder rechtlich begleiten, wenn ein solcher Insolvenzberater bestätigt habe, dass keine Insolvenztatbestände gegeben seien. Dabei habe N selbst eine insolvenzrechtliche Prüfung zu keiner Zeit vorgenommen. Auf Vorhalt, dass sich aus dem Inhalt des Schreibens die bislang bekundete Empfehlung zur Antragstellung nicht ergebe, hat der Zeuge S glaubhaft bekundet, dass er sich im Nachhinein geärgert habe, als er das Niederlegungsschreiben gelesen habe. Dennoch habe er telefonisch B klar gesagt, dass er Insolvenz anmelden müsse. Das Verhalten Ss, nur mündlich "Klartext" zu formulieren, ist aus Sicht seiner Stellung als Rechtsanwalt ebenso nachvollziehbar wie dasjenige der Berater von H: Da N selbst nicht geprüft hatte und H mangels Vorliegens "kunstgerechter" Bewertungsgrundlagen jeweils aus Haftungsgründen nicht rechtsverbindlich schriftlich das Vorliegen eines Insolvenzgrundes hätten feststellen können, teilten sie jeweils ihre dennoch feststehenden Einschätzungen mündlich mit.

Bei den vorstehenden Erwägungen verkennt die Kammer bei der Bewertung der Aussagen Ss an dieser und auch an anderen Stellen nicht, dass B und S - wie von B, S und Dr. M4 bestätigt - sich schon über Jahre kannten und sich daraus ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt hatte. Indes folgt sie den Angaben Ss trotzdessen uneingeschränkt. Zum Einen stehen die hier zugrunde gelegten Bekundungen Ss zu weiten Teilen im Einklang mit den hierzu eingeführten Urkunden und dem tatsächlichen Geschehensablauf sowie den Bekundungen des Zeugen Dr. M4, dem weiteren Sachbearbeiter bei N. Zum Anderen hat S in seiner Vernehmung sein Verhältnis zu B selbst als freundschaftlich bezeichnet und ebenso mitgeteilt, dass er im Vorfeld zu seiner Vernehmung zweimal mit B telefoniert habe, der ihm über seine eigenen Vernehmungen und die Entbindungserklärung habe berichten wollen. Er habe B dann aber auch gesagt, dass er über Details nicht weiter sprechen könne. Weitere Anhaltspunkte, die auf eine koordinierte, vorab mit B abgestimmte Zeugenaussage hätten hindeuten können, konnte die Kammer - auch unter Berücksichtigung der besonderen Motivationslage Bs und der Bekundungen der beiden Zeugen - nicht finden.

Beleg für das gefundene Ergebnis ist schließlich auch das anschließende Verhalten der C3 AG, deren Berater gerade erst ab August 2009 wieder in die Prüfungsphase eingestiegen waren und nun zum 16.10.2009 - so das Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009 - ihre Prüfungstätigkeit erneut unterbrachen. Den Beratern der C3 AG waren aufgrund ihrer durch die jeweiligen Protokolle belegten Beteiligungen an den Besprechungen in dem Kick-Off-Meeting vom 22.09.2009 und dem Treffen vom 01.10.2009 die Beauftragung Hs und der Gegenstand deren Mandats bekannt. Ebenso war der C3 AG die Niederlegung des Mandats durch H bekannt geworden. Das ergibt sich zum Einen aus dem Telefonvermerk von M vom 06.10.2009 zu dem Gespräch mit B, in dem auch festgehalten ist, dass eine "weitere Besprechung" mit H und C3 AG abgesagt werden solle. Zum Anderen auch aus den Bekundungen der Zeugen M2 und I2. Der Zeuge I2 hat ausgeführt, es habe ein Schreiben von H gegeben, mit dem sie das Mandat niederlegten, dass der C3 AG, hier M2 und Dr. H2, damals bekannt gewesen sei. Der Zeuge M2 hat bekundet, dass er den Ausspruch von M erinnere, dass, sobald er im Rahmen seiner Tätigkeit zu dem Urteil kommen würde, dass das Unternehmen insolvenzreif sei, er den Raum verlassen würde, um sich nicht der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung schuldig zu machen. Vor dem 28.10.2009 sei der C3 AG dann auch bekannt gewesen, dass H entweder ausgeschieden sei oder nicht mehr mandatiert war. In der Begründung für das erneute Ruhen des Mandats an den Aufsichtsrat der U I7, dem Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009, ist dann festgehalten, "nach den vorliegenden Informationen sich bis zum heutigen Tag an der Liquiditätsenge in der U-Gruppe und damit auch der U I7 AG nichts geändert" habe und die Beantwortung der Frage, ob "nicht bereits längst die Illiquidität eingetreten" sei, "weiterhin offen" sei. "Die hochgradige Bestandsgefährdung dauere an". Als Voraussetzung einer Wiederaufnahme der Tätigkeit verlangte die C3 AG nun ein Sanierungsgutachten, in dem u.a. auch "eine auf die einzelnen Gesellschaften herunter gebrochene Liquiditätsplanung beinhaltet" sein sollte. Daraus ergibt sich aus Sicht der Kammer dann aber auch, dass die C3 AG - ebenso wie N - in Abwesenheit einer verbindlichen Feststellung der Zahlungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Niederlegung Hs, einer der renommiertesten Kanzleien im Insolvenzrecht in Deutschland, ihre Tätigkeit zunächst nicht weiter fortführen wollte. Dass diese Erkenntnis bei den Beratern der C3 AG damals vorgeherrscht hatte, wird zudem durch die im Wege des Vergleichs bei Insolvenzanfechtung erfolgte, hälftige Rückzahlung erhaltener Beraterhonorare an den Insolvenzverwalter, so die hierzu eingeführten Insolvenzunterlagen, belegt.

Letztlich wird der so festgestellte Verfahrensablauf auch durch die insoweit glaubhaften Bekundungen des Zeugen B - unter Berücksichtigung der dargelegten Besonderheiten seines Aussageverhaltens - bestätigt. Dieser hat - im Einklang mit den eingeführten Urkunden und dem bisherigen Ergebnis - bekundet, dass M ihm so am 05.10.2009 telefonisch mitgeteilt habe, dass H das Mandat niederlegen werde. Als Grund habe M mitgeteilt, dass nach Auswertung der vorhandenen Daten eine Insolvenz gegeben sei, womöglich sogar bereits länger. Die Kanzlei wolle sich nicht in diese Sache reinziehen lassen. Man könne bei einer Antragstellung unterstützen und beraten. M habe ihm erläutert, dass, wenn H das Mandat niederlege, dies nichts anderes bedeute, als dass die Situation kritisch sei und an diesem Tag auch die Frist von 21 Tage laufe. Auf seine Frage nach einem schriftlichen Gutachten, habe M auf die Einholung einer "Second Opinion" verwiesen, aber zugleich ausgeführt, dass dennoch innerhalb der nächsten Tage Handlungsbedarf bestehe. Diese telefonische Auskunft sei dann via E-Mail und Schreiben ohne Begründung formal bestätigt worden. Für ihn seien "ab dort die 21 Tage am Laufen gewesen", selbst wenn man es vorher nicht gewusst habe, habe jedenfalls ab jetzt eine Handlungspflicht bestanden. Ab diesem Zeitpunkt sei die für ihn bisher bestehende "Grauzone zu einer schwarzen Zone" geworden. An diesen Ausführungen hat B auf mehrfaches Befragen durch die Verfahrensbeteiligten sinngemäß konsequent festgehalten. Auf Vorhalt des Wortlauts der eingeführten eidesstattlichen Versicherung Bs vom 15.10.2010, hat dieser weiter bekundet, dass er keinen Anlass sehe, sich zu korrigieren. All das sei exakt so passiert, wie dort niederlegt und von ihm bekundet. Insbesondere habe M ja genau gemäß seiner Ankündigung der Niederlegung, sofern die Situation sich als kritisch erweise, das Mandat niedergelegt und eine weitere Hilfe zu einer Antragstellung angeboten. Das bestätige doch gerade das, was M gesagt habe, anders machte das Verhalten von H aus seiner Sicht keinen Sinn.

(ii) Absicht der Antragstellung durch B

Dass - nach der Niederlegung des Mandates durch H - B als deren Folge ab 06.10.2009 bei unveränderter Sachlage die Absicht hatte, als Vorstand der U I7 AG Insolvenzantrag zu stellen und die Absicht letztlich der Grund seiner späteren Abberufung war, ergibt sich zunächst aus den glaubhaften Bekundungen aus unterschiedlichen Bereichen stammender Zeugen. So hat der Zeuge S im Zusammenhang mit der Abberufung Bs bekundet, dass es zutreffe, dass er B einmal einen Entwurf für eine Abberufungsvereinbarung zugesendet habe, er habe B aber immer gesagt, dass N ihn in dieser Frage persönlich wegen Interessenkonflikten nicht begleiten könne, was in der Folgezeit auch nicht geschehen sei. Hierzu habe ihm B telefonisch auch mitgeteilt, dass er abberufen werden solle, weil er dem Aufsichtsrat mitgeteilt hatte, dass er Insolvenz anmelden wolle. Weiter hat der Zeuge C7 ausgeführt, dass er den Grund für die Abberufung mitbekommen habe. Es sei durchgesickert, dass man sich von B trennen werde. Das sei auf seinen Standpunkt in Bezug auf die Finanzlage zurückzuführen gewesen, da B der Auffassung gewesen sei, dass man möglicherweise einen Insolvenzantrag habe stellen müssen. In diesem Sinne hat auch die Zeugin E5, die damalige Sekretärin Bs, bekundet, dass, als klar gewesen sei, dass das Unternehmen finanziell schwach aufgestellt gewesen sei, sich B mit dem Gedanken getragen habe zu gehen und mit Blick auf eine Insolvenzverschleppung Antrag zu stellen. Hierzu habe es auch ein Gespräch mit K in der T4 gegeben, sie meine das sei Donnerstag oder Freitag gewesen, es sei dann klar gewesen, dass er nicht mehr im Unternehmen bleiben werde und B habe sich verabschiedet, sie habe noch einmal mit ihm telefoniert. Ebenso hat die Zeugin U2, Rechtsanwältin der Kanzlei I, bekundet, dass sie von B einen "guten Eindruck", aber auch "das Gefühl gehabt habe, dass er nicht mehr solange im Unternehmen sein würde". Zum Weggang Bs selbst habe sie zwar keine konkrete Erinnerung mehr, sehr wohl aber einen "Dunst", wonach sie erinnere, dass dieser "gegangen worden sei" und dies "mit der Fragestellung zusammengehangen habe, ob ein Insolvenzgrund vorliege oder nicht". Sie denke - soweit sie dies noch erinnere -, dass B Insolvenzantrag habe stellen wollen, das sei ja auch letztlich der Fokus des Mandats mit I gewesen, es mache aus ihrer Sicht "keinen Sinn, eine Auftrag aufzugeben, ohne nachher die Konsequenzen ziehen zu wollen". Schließlich hat der Zeuge Dr. I3 glaubhaft bekundet, dass er von der damaligen Leiterin der Rechtsabteilung H6, die inzwischen verstorben ist und daher als Zeugin nicht mehr zur Verfügung stand, im Frühjahr 2011 mitgeteilt bekommen habe, dass B in 2009 im Zuge der Geschichte mit dem HZA L10 der Auffassung gewesen sei, dass das Unternehmen insolvenzantragspflichtig gewesen sei und diesbezüglich Antrag habe stellen wollen. B, so H6, habe den Aufsichtsrat hierüber informiert, worauf er dann durch den Aufsichtsrat entlassen worden sei. Zuletzt sind weiteres Indiz für das bisher gefundene Ergebnis auch die Bekundungen des Zeugen Dr. E, der zum Weggang Bs bekundet hat, dass ihn die Schnelligkeit des Ausscheidens überrascht habe und man intern "sichtlich mitgenommen und geschockt" gewesen sei. B selbst habe auch überrascht gewirkt, dass er nun draußen sei und schnell sei klar gewesen, dass es firmenintern Meinungsverschiedenheiten gegeben habe.

Weiter schließt die Kammer aus den vorstehend ausgeführten Bekundungen der Zeugen auch, dass B seine Absicht der Antragstellung den Angeklagten und dem Aufsichtsrat mitgeteilt hat, da die von diesen bekundete Abberufung wegen dieser Einschätzung notwendig impliziert, dass jedenfalls der Aufsichtsrat, insbesondere K, der B ja rekrutiert hatte, mit involviert war. Genau das hat der Zeuge S im Rahmen seiner glaubhaften Bekundungen auch dargelegt, dass nämlich B dem Aufsichtsrat sein Vorhaben mitgeteilt habe. Ebenso ergibt sich aus der E-Mail Bs vom 08.10.2009, gerichtet u.a. an die Angeklagten, mit der B die Niederlegungs-E-Mail von M vom 06.10.2009 an diese weitergeleitet hat, dass B - getreu seiner sonst auch so praktizierten transparenten Vorgehensweise, die Niederlegung des Mandats wie auch deren Gründe nicht als Geheimwissen für sich behalten hat. Vielmehr belegt der Wortlaut der E-Mail, dass im Vorfeld zu deren Verfassung eine Abstimmung zwischen den Vorstandsmitgliedern erfolgt sein musste. Dort führt B, gerichtet auch an die Angeklagten, aus, dass "wir kurzfristig mit der Kanzlei I aus C11 das Rechtsgutachten zum Thema Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung anpeilen". Da die Angeklagten die Beauftragung der Kanzlei I in der Folgezeit nicht beanstandeten, der Mandatsvertrag vom 13.10.2009 wurde von B und Dr. L unterzeichnet, liegt es aus Sicht der Kammer mehr als nahe, dass B vor der Weitergabe der Information an den erweiterten Führungskreis, sich mit den anderen Vorstandsmitgliedern weiter abgestimmt hat, zumal diese an der Beantwortung dieser existenziellen Fragen ein gesteigertes Interesse hatten und sich selbst der Gefahr persönlicher Haftung ausgesetzt sahen. Im Alleingang hätte B eine Rechtsanwaltskanzlei nicht beauftragen können. Zudem legt auch eine Weitergabe an den Aufsichtsrat nahe, dass B jedenfalls gleichzeitig auch die aus seiner Sicht ebenfalls antragspflichtigen Angeklagten in Kenntnis gesetzt hat, da diese über K ohnehin hierüber informiert worden wären. Für eine Weiterleitung der Informationen sprechen zudem auch die insoweit übereinstimmenden Ausführungen Dr. Ls und Bs. Danach hat sich Dr. L eingelassen, dass zwischen den Vorstandsmitgliedern ein "Herrschaftswissen in einzelnen Zuständigkeiten" nicht gegeben habe. Es habe zwar jeder seine Aufgaben unabhängig wahrgenommen, es habe aber auch Informationsaustausch hierzu gegeben, insbesondere natürlich dann, "wenn die Hütte brannte". Zudem hat B insoweit glaubhaft bekundet, dass "alle drei Vorstände seien zu jedem Zeitpunkt gleichmäßig informiert gewesen" seien. Dabei habe auch er selbst alle gemeinsamen Entscheidungen mitgetragen. Auch von ihm seien in seiner Amtszeit dabei Fehler gemacht worden.

Für die angenommene Absicht Bs als Grund seiner späteren Abberufung und die Kenntnis des Vorstands und Aufsichtsrats hierzu spricht aus Sicht der Kammer auch, der weitere Geschehensgang bis hin zu dem Termin mit K am 22.10.2009 in der T4, der letztlich zu der Freistellung und Abberufung B zum 26.10.2009 und der Vereinbarung einer insolvenzfesten Abfindung führte. Zunächst belegen zahlreiche Urkunden, dass B selbst sich umfangreiche Gedanken zu einem Ausscheiden aus dem Unternehmen nach dem 06.10.2009 gemacht hat. Zum Einen hat er sich - ausweislich der E-Mail vom 08.10.2009 und der dieser anschließenden Mandatierung wie von ihm auch bekundet - zunächst um die Einholung einer "Second Opinion" durch die Kanzlei I bemüht. Nach der schriftlichen Niederlegung von N zum 12.10.2009 übersandte S, der wegen Interessenkonflikts B persönlich nicht beraten konnte, B am 12.10.2009 einen Blankoentwurf einer Aufhebungsvereinbarung, hier die E-Mail vom 12.10.2009 von S an B. Ausweislich seines Outlook-Kalenders hat B dann am 16.10.2009 ein Treffen mit einer im Arbeitsrecht versierten Rechtsanwältin T34 durchgeführt, mit Hilfe derer er mit Datum vom 21.10.2009, also einen Tag vor dem avisierten Treffen in der T4, den Entwurf einer Aufhebungsvereinbarung abstimmte, was sich aus dem eingeführten Entwurf vom 21.10.2009 sowie der E-Mail Ks an Dr. T3 vom 26.10.2009 ergibt und sich ebenfalls mit den insoweit glaubhaften Bekundungen Bs deckt. Dass überhaupt ein Treffen mit K in der T4 stattgefunden hat, ergibt sich zunächst aus dem eingeführten Outlook-Terminkalender Bs von 2009, in dem für Donnerstag, den 22.10.2009 ein Treffen Bs mit K in A3 in der T4 vorgesehen war, der mit den Bekundungen der Zeugen E5 korreliert, wonach "hierzu an einem Donnerstag oder Freitag ein Termin in der T4 mit K" stattgefunden habe, und sich im Übrigen mit den Angaben Bs hierzu deckt. Aus alledem leitet die Kammer zu ihrer Überzeugung ab, dass bis zum 22.10.2009 bereits fest mit seiner möglichen Abberufung gerechnet hatte. Dies wird u.a. auch durch die internen Einschätzungen der Berater von H bei Niederlegung des Mandats belegt. So ergibt sich aus den E-Mails vom 06.10.2009 von M an X, dass zum Einen H am Ende des Mandats bereits vor Niederlegung davon ausgegangen war, dass eine beabsichtigte Stellung eines Insolvenzantrags "den Widerstand der Shareholder" erwarten lasse und man vermute, dass "die Shareholder diejenigen Vorstandsmitglieder / Geschäftsführer, die verkünden, Insolvenzantrag stellen zu wollen, sofort abberufen werden".

Weiteres Indiz ist die zeitliche Koinzidenz mit dem Ende der nach B zum 06.10.2009 zu laufen beginnenden Antragsfrist. War schon bereits der Termin in der T4 gegen Ende der laufenden Frist angesetzt, so erfolgte die Freistellung und Abberufung Bs mit Wirkung zum Ablauf des 26.10.2009, so die schriftliche Beschlussfassung des Aufsichtsrats von diesem Tag, also gerade noch vor Ablauf der Frist. Insofern legt dieser Geschehensablauf die Absicht Bs nahe, da dieser dann eine Abberufung vor Ablauf der von ihm angenommenen Antragsfrist erwirkt hätte. Hierin fügt sich dann auch, dass der Nachfolger Bs, der "Finanzleiter" L4, bereits nach dessen eigenen Bekundungen "technisch die Aufgaben Bs 1:1 übernommen" habe, aber nicht als Finanzvorstand der U I7 AG eingestellt worden ist. So hat L4 bekundet, ihm sei von K angeboten worden, Finanzvorstand zu werden, und er habe sich dazu mit K in A3 getroffen, der ihm erklärt habe, dass man sich mit dem ehemaligen Finanzvorstand geeinigt habe, dass er ausscheiden wolle, er habe dann "für eine Übergangszeit Prokurist" sein sollen und sei "sozusagen Finanzvorstand in spe" gewesen. Seine Bezüge hätten sich auf 15.000 € bis 20.000 € pro Monat belaufen. Diese von K ausgearbeitete, von diesem so benannte "Prokura-Lösung" einer Einstellung L4s mit vorstandsgleichen Bezügen, so die E-Mail Ks an Dr. L vom 26.10.2009, belegt aus Sicht der Kammer das bisher gefundene Ergebnis deshalb, weil im Unterscheid zu einem Vorstand der Prokurist gerade keiner gesetzlichen Antragsfrist unterliegt, andererseits L4 aber eigentlich die Tätigkeit als Finanzvorstand wahrgenommen hat, was wiederum auf ein Problembewusstsein Ks und L4s wie auch Dr. Ls schließen lässt. Auf Nachfrage der Kammer hat der Zeuge L4 zur Begründung dieser Umstände ausgeführt, dass er nicht Vorstand geworden sei, weil der Aufsichtsrat das erst habe beschließen müssen, dann habe es Dissonanzen gegeben, schließlich sei bei all den anderen Aufgaben zu wenig Zeit gewesen und er sei doch nicht Vorstand geworden. Das sei dann kein Thema mehr gewesen, das Gehalt sei ja auch so sehr ordentlich gewesen, zudem habe er das Versprechen gehabt, dass er Vorstand werden solle. Diese Angaben sind als nachvollziehbare Begründung der "Prokura-Lösung" nicht glaubhaft. Es ist nicht ersichtlich, warum sich L4, der ja gerade Finanzvorstand werde wollte, bis zuletzt im Juni 2011 mit einer wenig bedeutsamen Stellung als Prokurist zufrieden gegeben haben sollte, wenn nicht allein aus dem Grund, dass er bereits vor seiner eigentlichen Einstellung wie auch danach gewusst hat, dass eine Stellung als Finanzvorstand für ihn hätte unmittelbare persönliche Konsequenzen haben können.

Letztlich wird das gefundene Ergebnis auch durch die konkreten Vereinbarungen um die Abberufung Bs belegt. Aus der endgültigen Fassung der Aufhebungsvereinbarung vom 26.10.2009 ergibt sich in § 3, dass B eine zum 01.01.2010 fällig werdende Abfindung in Höhe von 350.000 € erhalten sollte. In Ausführung dieser Vereinbarung kam es dann am 04.11.2009 zu einer Vereinbarung zwischen B und einer - wie ausgeführt - K zugehörigen T16-Gesellschaft, in der die eigentliche Schuld der U I7 AG nunmehr durch die T4er Gesellschaft übernommen wurde, so die Vereinbarung vom 04.11.2009. Dieses Vorgehen versteht die Kammer so, dass an B eine "insolvenzfeste", d.h. nicht durch einen möglichen Insolvenzverwalter zurückzufordernde Abfindung gezahlt werden sollte, was im Übrigen auch B insoweit glaubhaft bestätigt hat. Diese Vorgehensweise belegt zum Einen die bereits ermittelte Absicht Bs und dessen Problembewusstsein, zum Anderen aber auch eine Kenntnis jedenfalls des Aufsichtsrats K.

Zuletzt wird das so ermittelte Beweisergebnis zudem - unter Berücksichtigung der Besonderheiten dessen Aussageverhaltens - auch durch die insoweit glaubhaften, mit den eingeführten Urkunden übereinstimmenden Angaben des Zeugen B bestätigt. Dieser hat bekundet, das Ergebnis und den Lauf der Frist habe er den Angeklagten und auch dem Aufsichtsrat mitgeteilt. Es sei nun klar gewesen, dass entweder "frisches Geld" ins Unternehmen fließen müsse oder eine zweite Meinung einer weiteren Kanzlei eingeholt werden sollte. Die einzige Möglichkeit, ohne "frisches Geld" weiterzumachen, sei ein Gegengutachten mit anderem Ausgang gewesen. Er habe dann kurzfristig, so am 10.10., die weitere Kanzlei I beauftragt, die Sachlage erneut zu prüfen. In jedem Fall sei er entschlossen gewesen, nach Ablauf der Frist Insolvenzantrag zu stellen. Er selbst habe sich Gedanken gemacht und Vorbereitungen getroffen. Er hätte sofort sein Amt niederlegen können, aber dies hätte nach Ansicht der Juristen nicht zu einem Ende der Antragspflicht geführt. Insofern habe er sich in einem Dilemma befunden. Es könne in diesem Zusammenhang sein, dass er auch schriftlich eine Aufhebungsvereinbarung als Entwurf erstellt habe. Er habe eine Rechtsanwältin T34 aus L10 hierzu beauftragt. Es könne auch sein, dass er Rechtsanwalt S nach einem Muster gefragt habe, jedenfalls sei der finale Entwurf von T34 gekommen. Ein paar Tage vor Ablauf der Frist, so am 23.10., habe K ihn - auf Bs Initiative - zu einem Gespräch in A3 in der T4 gebeten. Dort habe er ihm mitgeteilt, dass man aus Sicht des Vorstands und des Aufsichtsrats "nun die Nase voll" habe. Er, B, arbeite gegen die Interessen der Gesellschaft. K habe ihn dann abberufen lassen, da er, B, keinen Insolvenzantrag habe stellen sollen. Es sei dann auch eine Aufhebungsvereinbarung getroffen worden. Von seinem ursprünglichen Vier-Jahres-Vertrag sei ein Jahr abgelaufen gewesen, damals hätte das Unternehmen ihm 1,2 Mio. € an Tantiemen geschuldet. Er habe sich aber beraten lassen und in der Unternehmenssituation nur ein Jahresgehalt als "insolvenzfeste Abfindung" gefordert, die von den Gesellschaftern gezahlt werden sollte. Entsprechend habe K auch zugesichert, diese 350.000 € zu zahlen. Sie sollte über andere Gesellschaften laufen. K habe gesagt, er überlege sich eine Konstruktion der Zahlung über gesellschafternahe andere Gesellschaften. In diesem Zusammenhang sage ihm die T4er Factoring-Gesellschaften etwas. F3 sei der Buchhalter des T4er Firmenkonglomerats von K gewesen. Mit Wirkung zum 26.10.2009 sei er abberufen worden. Faktisch habe er nach dem Gespräch mit K keinen Zugriff mehr auf das Unternehmen gehabt. Bei diesem Gespräch sei für ihn die ihm mitgeteilte Einschätzung von M verbindlich gewesen. Alle Anwälte hätten gesagt, nach den 21 Tagen müsse man Antrag stellen. Er habe die Altaktionäre und den Aufsichtsrat in der Pflicht gesehen, Kapital beizuholen. Allerdings habe die beauftragte Kanzlei M6 keine Aktivitäten als Ziel gehabt, die man in zwei Wochen habe abwickeln können.

(iii) Keine Vorbereitungen durch B

Gegen das so gefundene Beweisergebnis spricht schließlich auch nicht, dass B selbst - unstreitig - keine Vorbereitungen für die Stellung eines Insolvenzantrags ab dem 06.10.2009 getroffen hatte. Dieses Verhalten Bs ist vor dem Hintergrund der damals bestehenden Gemengelage durchaus verständlich und belegt gerade nicht, dass B selbst nicht die Absicht hatte, Insolvenzantrag zu stellen. Neben den bereits soeben unter (ii) ausgeführten Besonderheiten im weiteren Verfahrensablauf und dem Umstand, dass B selbst von der Abberufung als Vorstand ausgegangen war, bestand für B aus seiner damaligen Sicht auch kein besonderes Bedürfnis, bereits frühzeitig Vorbereitungen zu treffen, weil er sich selbst - so seine insoweit glaubhaften Bekundungen, die mit den Bekundungen der o.g. weiteren Zeugen einhergehen - noch in einer laufenden Antragsfrist sah, deren Ablauf durch eine Kapitalzufuhr der Gesellschafter noch hätte abgewendet werden können. Darüber hinaus gehend war während dieser Zeit das bereits in Auftrag gegebene Zweitgutachten durch I noch offen und die Sachlage dem Vorstand und Aufsichtsrat bekannt. Weiter hätte die Stellung eines Insolvenzantrags einen auch kurzfristig noch leistbaren geringen Aufwand bedeutet, für dessen Vorbereitung die eingearbeitete Kanzlei H Hilfestellung angeboten hatte. Die Schlussfolgerungen der Kammer werden letztlich auch durch die Bekundungen Bs - insoweit unter Berücksichtigung der Besonderheiten seines Aussageverhaltens glaubhaft - bestätigt. Dieser hat ausgeführt, dass zur Vorbereitung eines Antrags das Angebot von H im Raum gestanden und es eine direkte Vorbereitung durch ihn nicht gegeben habe. Er habe sich so keine Gedanken gemacht, wie lange es dauere, einen Insolvenzantrag vorzubereiten, ab dem Vorliegen des Zweitgutachtens von I hätte er, falls er nicht ohnehin abberufen worden sei, vorbereitet. Die "Second Opinion" habe aber bis zu seinem Ausscheiden nicht vorgelegen. Im Übrigen hätte er nicht einfach im Alleingang einen Insolvenzantrag stellen können, wenn dieser falsch gewesen wäre, hätte er sich schadensersatzpflichtig gemacht.

(iv) Abberufung Bs wegen Übernahmeversuchs?

Soweit sich der Angeklagte Dr. L zu den Gründen von Bs Abberufung wie folgt eingelassen hat, betrachtet die Kammer diese Einlassung als widerlegt. Dr. L hat in diesem Kontext vorgetragen, dass er mit C besprochen habe, dass B alles habe übernehmen wollen und es den Gedanken gegeben habe, dass dieser das Unternehmen zu schlecht dargestellt habe. Letztlich sei B "gegangen worden", weil er versucht habe, das Unternehmen zu übernehmen, damit aber gescheitert sei. Hierüber habe er auch mit C und K gesprochen.

Zunächst steht diesen Ausführungen bereits der in sich widerspruchsfreie und kohärente Geschehensablauf ab Niederlegung des Mandats durch H - wie unter (i) bis (iii) ausgeführt - entgegen. Soweit im Rahmen der Hauptverhandlung seitens der Verteidigungen der Angeklagten angedeutet wurde, dass B eine "feindliche" Übernahme durch den von ihm in die Wege geleiteten Versuch eines "Management Buy Outs" (im Folgenden: "MBO") betrieben habe, konnten sich dieser Geschehensablauf im Rahmen der Beweisaufnahme nicht belegen lassen. Zutreffend ergibt sich aus den eingeführten Mandatsunterlagen der M6 AG und von N, hier insbesondere dem von diesen auf Initiative Bs gefertigten "Vorschlag für eine Rekapitalisierung" vom 18.09.2009 sowie den E-Mails von B an X2 u.a. vom 18.09.2009 und von Dr. M4 an B u.a. vom 23.09.2009, dass die ausgearbeiteten Unterlagen auf einem Konzept Bs beruhten und inhaltlich nach Einstieg eines Neuinvestors eine Beteiligung von "z.B. 10%" des Vorstands der U I7 AG im Sinne eines MBO vorsahen. Der Hintergrund dieses Vorschlags ergibt sich aus der in den Ausführungen in dem Protokoll des Führungskreises vom 15.09.2009 unter Beteiligung der Angeklagten ausgeführten unveränderten Liquiditätssituation, aufgrund derer - so das Protokoll - am 18.09.2009 ein Termin mit K zu Besprechungen u.a. von "Szenarien wie MBO oder Insolvenzbeantragung" besprochen werden sollten. Die referenzierten und dann auch ausweislich der E-Mails von B an X2 u.a. vom 18.09.2009 und von Dr. M4 an B u.a. vom 23.09.2009 am 18.09.2009 präsentierten MBO-Szenarien waren mit den beiden Angeklagten - so die E-Mail B an C und Dr. L vom 17.09.2009 zur "finalen Präsentation" in der T4, in der B diese übersendet und mitteilt, "den Rest morgen früh auf der Fahrt nach A3 zu besprechen" - abgestimmt und die Inhalte diesen bekannt. Darüber hinaus ergibt sich dann aus den referenzierten E-Mails auch, dass der von B initiierte Vorschlag in dem Treffen vom 18.09.2009 durch die Gesellschafter nicht durchgeführt werden sollte, sondern auf Anweisung der Gesellschafter selbst nunmehr ein Verkauf des Aktienpakets von Dr. T3 zusammen mit einer Brückenfinanzierung von 10 Mio. € avisiert wurde. Aus dem Mandatsvertrag mit der M6 AG vom 25.09. / 28.09.2009, den neben B auch Dr. L unterzeichnet hat, ergibt sich dann, dass die M6 AG und N nunmehr allein an dem von den Gesellschaftern goutierten Verkaufsszenario arbeiteten. Wo vor diesem Hintergrund in diesem Zusammenhang ein "feindlicher Übernahmeversuch" Bs im Wege des MBO zu sehen sein soll, konnte die Kammer nicht nachvollziehen.

Die vorgetragene Gesinnung Bs ergibt sich auch nicht daraus, dass in den ursprünglichen Vorschlägen zur Erreichung der Zielstruktur für den neuen Investor eine unwiderrufliche Call-Option für ein Aktienpaket der Altaktionäre zu einem Preis je Aktie von 0,10 ct vorgesehen war. Der dort referenzierte Preis war lediglich Ausfluss der Rahmenbedingungen der Transaktion und nicht gezielt von B zur - wie vorgetragen - "kalten Enteignung" der Altaktionäre vorgesehen. Dies ergibt sich bereits aus den Ausführungen in dem Vorschlag vom 18.09.2009 selbst, vor allem aber auch durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen Dr. E, der maßgeblich in die Entwicklung der Struktur für die M6 AG involviert war. Dieser hat zunächst bekundet, dass mit B eine vertrauliche Zusammenarbeit stattgefunden habe und er nicht den Eindruck gehabt habe, dass B eine eigene Agenda verfolge, sondern dieser nach seinem Eindruck als Teil eines Kollektivorgans gearbeitet habe und auch so aufgetreten sei. Auf Vorhalt hinsichtlich des niedrigen Aktienpreises seitens der Verteidigung des Angeklagten C hat er glaubhaft und in Übereinstimmung mit der Urkundenlage bekundet, dass der in den Unterlagen angeführte Preis von 0,10 Cent pro Aktie nicht losgelöst zu betrachten gewesen sei, der zukünftige Investor habe mehr als diesen Preis bezahlen müssen, weil er Kapital habe einbringen sollen, es sei also kein "Schnäppchenpreis" gewesen. Ziel der Struktur sei die Einbringung von 20 Mio. € im Gegenzug für 75% der Aktienanteile gewesen, damals habe es ein Grundkapital von 15 Mio. Aktien á 1 € gegeben. Die Kapitalerhöhung habe nicht unter Nennwert erfolgen und der Investor rechtlich nur einen Teil der Anteile erwerben dürfen. Insgesamt hätte der Investor dann 20 Mio. € eingebracht, aber nicht die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt, so etwas hätte niemand gemacht. Deshalb habe man zusätzlich eine Call Option entworfen, nach der der Investor die verbleibende Aktien von Altaktionären habe erwerben können, um seine Anteile auf die avisierten 75% zu erhöhen, der dabei vorgesehen Preis sei Ergebnis rechtlicher Erwägungen und nicht durch die U I7 AG, insbesondere nicht B, vorgegeben gewesen. Die Idee des MBO sei gewesen, dass ein Restrukturierungsinvestor grundsätzlich nur dann Interesse habe, wenn er sicher wisse, dass das Management über eine Eigenbeteiligung als "Steuermann mit im Boot sitzt" und "nicht das Boot verlässt".

Im Übrigen haben sämtliche involvierten Berater unterschiedlicher Unternehmen übereinstimmend bekundet, dass sie von B durchweg einen guten Eindruck gehabt hätten und man mit diesem habe vertrauensvoll zusammenarbeiten können, was sich u.a. aus den Bekundungen der Zeugen Dr. E, M, Dr. X und U2 sowie den eingeführten jeweiligen Mandatsunterlagen ergibt. Ebenso hat die Kammer im Rahmen der Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür finden können, dass B insbesondere gegenüber den insolvenzrechtlichen Beratern die Unternehmenslage aus eigenem Nutzen absichtlich schlechter dargestellt habe, um dann im Nachhinein nach seinem Ausscheiden die Gruppe günstig übernehmen zu können. So hat der Zeuge M auf Vorhalt bekundet, dass er nicht wisse, ob B eine eigene Agenda gehabt habe, er habe aber nicht den Eindruck gehabt, dass B "alles schlimmer" dargestellt habe. Damit einher geht letztlich auch die weitere Einlassung Dr. Ls, wonach dieser auf Vorhalt ergänzend ausgeführt hat, dass es im Geschehensverlauf keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Situation anders einzuschätzen gewesen wäre, gegeben habe, entsprechend seien die Zahlen wohl real belastbar gewesen.

Darüber hinaus wird das Vorstehende auch durch die Angaben des Zeugen N4 bestätigt, der bekundet hat, dass es im "Flurfunk" Aussagen gegeben habe, dass B vorgehabt habe, sich das Unternehmen "unter den Nagel zu reißen". Das sei ihm sehr unplausibel vorgekommen und er habe sich das auch nicht vorstellen können, dass einer allein so eine Absicht verfolge, da er bei einer Übernahme dann mit Rückhalt nicht zu rechnen habe. Ebenso hat der Zeuge T6 glaubhaft bekundet, dass B eine mögliche Option MBO oft mit ihm diskutiert habe. Zuletzt wird das gefundene Ergebnis auch getragen dadurch, dass der Aufsichtsrat als Vertreter der Gesellschafter diesem eine "insolvenzfeste" Abfindung zugebilligt hat, obwohl doch B gerade - so der vorgetragene Abberufungsgrund - eine "feindliche Übernahme" versucht haben sollte.

Damit im Einklang stehen zudem - unter Berücksichtigung der Besonderheiten dessen Aussageverhaltens - auch die insoweit glaubhaften, mit den eingeführten Urkunden übereinstimmenden Angaben des Zeugen B. Dieser hat bekundet, dass am Ende alle seriösen Investoren hätten Zahlen und einen Restrukturierungsplan sehen wollen. Letztlich seien alle Bemühungen und Gespräche gescheitert. Daraus sei dann auch die Idee entstanden, einen Restrukturierungsfonds einzuschalten, der einen MBO finanzieren könne. Hintergrund sei gewesen, dass aus seiner Sicht in dieser schwierigen Situation ein Investor nicht nur Geld reinstecken, sondern dann auch Zugriff auf das Management-Knowhow haben wolle. Seine Idee sei allerdings nicht umgesetzt worden. Der MBO sei mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat diskutiert worden. Die Diskussion sei um die Höhe des Kaufpreises gegangen, eine Verständigung sei nie erzielt worden. Ein realistischer Preis sei aus seiner Sicht eine niedrige sieben- bis achtstellige Summe gewesen, so zwischen 1 Mio. € und 10 Mio. € hätten im Raum gestanden. Die Aktionäre seien überzeugt gewesen, 200 bis 300 Mio. € Erlöse zu erzielen. Berater hierfür sei Dr. E der M6 AG gewesen, konkrete Investoren seien über diese aber nicht angesprochen worden.

Soweit in diesem Zusammenhang allein der Zeuge L4 bekundet hat, B habe ihm mitgeteilt, dass er eine feindliche Übernahme plane und das Unternehmen übernehmen wolle und die Lage sehr kritisch gesehen, folgt die Kammer diesen Angaben auf Grundlage der bereits o. g. entgegen stehenden Indizien nicht. Überdies war es für die Kammer auch schwerlich nachvollziehbar, warum B ausgerechnet seinem Nachfolger L4 seine angeblichen "Übernahmepläne" offenbaren sollte. Letztlich sind die Bekundungen L4s auch bereits in sich widersprüchlich, weil er ergänzend weiter bekundet hat, dass er K hierzu befragt habe, der damit aber auch nichts habe anfangen können. Wenn nun aber die Abberufung des Aufsichtsrats gerade wegen des Übernahmeversuchs stattgefunden haben sollte, dann ist nicht ersichtlich, warum K - nach dem Termin in der T4, denn ab da war L4 ja erst im Unternehmen - gerade mit der Thematik "feindliche Übernahme" nichts hätte anfangen können sollen.

Dass B nach seinem nicht einvernehmlich erfolgten Ausscheiden eine besondere Motivationslage gegenüber der U-Gruppe und den verbliebenen Verantwortlichen hatte, im Rahmen derer er - wie festgestellt und oben ausgeführt - Bestrebungen gezeigt hat, sein Wissen um die U-Gruppe um jeden Preis zu seinem Vorteil zu nutzen, und zugleich Belastungstendenzen gegenüber den Angeklagten wie auch K erkennen lassen hat, ist dieses Verhalten einerseits auf der Grundlage des hier gefundenen Beweisergebnisses aus Sicht der Kammer nachvollziehbar, andererseits ergeben sich daraus aber - unter Berücksichtigung der o.g. Erwägungen - auch keine zwingenden Rückschlüsse auf die vor Abberufung bestehende Motivationslage Bs. Vielmehr ist das spätere Verhalten Bs aus Sicht der Kammer letztlich Folge der Umstände seiner Abberufung.

(7) Schriftliche Erklärungen Dr. T3s

Dem gefundenen Ergebnis stehen auch nicht die eingeführten schriftlichen Erklärungen des Zeugen Dr. B2 T3 vom 11.01.2016 entgegen. Nach der ersten vorgelegten Erklärung soll - so Dr. T3 - B bereits seit Sommer 2009 die schwierige Liquiditätssituation dafür benutzt haben, "um eine Übernahme der Gruppe durch einen MBO möglich zu machen". Hierfür habe B einen Preis von 0,10 Cent je Aktie vorgeschlagen, der für den Aufsichtsrat nicht akzeptabel gewesen sei. Das illoyale Verhalten Bs habe dann gegipfelt in der Vorlage eines Vertragsentwurfs, in dem die Altaktionäre dem Vorstand eine unbeschränkte Vollmacht haben einräumen sollen, den Investor selbst bestimmen zu können. Im September 2009 habe man dann B unmissverständlich mitgeteilt, diesen Vorschlägen nicht zu folgen und das Unternehmen notfalls selbst zu finanzieren. Daraufhin habe B geäußert, er könne die Situation so nicht mehr mittragen und um eine vorzeitige Aufhebung seines Vertrags gebeten. Für die Verhandlungen über die Modalitäten des Ausscheidens sei dann K bestimmt worden, die Vereinbarung sei mündlich abgestimmt worden. Das sei der Grund der Abberufung Bs gewesen. Nach der zweiten vorgelegten Erklärung soll Dr. T3 gegenüber dem Vorstand der U I7 AG mündlich, die auf ein Jahr begrenzte Zusage gegeben haben, dass "sollte je eine Liquiditätslücke zur Einhaltung der 21-Tage-Frist des deutschen Insolvenzrechts entstehen", er auf Anforderung des Vorstands "diese bis zu einer Höhe von 10 Mio. €" bereitstellen werde, was nach den Liquiditätsplänen unter Einrechnung der beantragten Ratenzahlung ausreichend gewesen sei und er über diesen Betrag auch verfügt habe. Zudem sei diese Finanzierungsmöglichkeit nie abgerufen worden.

Gegen die Glaubhaftigkeit dieser Angaben spricht zunächst deren Genese: Auf Betreiben der Kammer hatte sich der Zeuge Dr. T3 zu Beginn der Hauptverhandlung zu einer Vernehmung in der T4, dem fortbestehenden Sitz seiner Unternehmung, bereit erklärt. In der am 05.03.2015 in E18 durchgeführten Vernehmung in Wege der Rechtshilfe, deren Protokoll die Kammer in die Hauptverhandlung eingeführt hat, hat der 79-jährige Dr. T3 - nach bereits kurzfristig erfolgter, vorheriger Ankündigung durch seinen Rechtsbeistand - bekundet, dass "das Ganze schon sehr lange her und sein Gedächtnis nicht mehr das beste sei und deshalb die Gefahr bestehe, dass er widersprüchliche Aussagen machen könnte. Insofern berufe er sich auf sein umfängliches Auskunftverweigerungsrecht und mache keine weiteren Angaben mehr. Im Verlauf der Hauptverhandlung hat die Kammer - wie auch bereits zuvor in einem Verfahrensgespräch - in der Sitzung am 12.11.2015 hinsichtlich K den Hinweis erteilt, dass für diesen zu Tat 1 auch eine Strafbarkeit wegen Beihilfe in Betracht kommen könnte, und dabei ausgeführt, dass als mögliche Beihilfehandlung im Hinblick auf Handlungen Ks ab Sommer 2009 unter anderem der Vorgang der Abberufung Bs im Oktober 2009 zu sehen sein könnte, was sich aus dem Gesprächsvermerk vom 10.11.2015 sowie dem Protokoll ergibt. Zudem endete die zweite Vernehmung Bs mit dem Hauptverhandlungstermin vom 18.12.2015.

Wenn nun vor diesem Hintergrund im Nachgang zwei im Detail ausgearbeitete, durch die Verteidigung K bereitgestellte, schriftliche Erklärungen mit Inhalten auftauchen, die genau das von der Kammer referenzierte Ausscheiden Bs im Oktober 2009 und den für die Beihilfe notwendigen Vorwurf der Haupttat der Insolvenzverschleppung betreffen und für K umfänglich entlastende Umstände aufführen, so betrachtet die Kammer die dort aufgeführten Bekundungen als an den bisherigen Prozessverlauf angepasste Gefälligkeitsangaben des mit K seit Jahren in Geschäftsbeziehungen stehenden und befreundeten Dr. T3s, die sie insgesamt als nicht glaubhaft betrachtet. Zunächst widersprechen sämtliche dieser Angaben dem sich kohärent und widerspruchsfrei aus Urkunden und Zeugenaussagen ergebenden Geschehensabläufen, wie sie bereits oben unter C.III.4.a).(5) und C.III.4.a).(6) herausgearbeitet wurden. Exemplarisch stehen insbesondere den Angaben aus der ersten Erklärung die glaubhaften Bekundungen des Zeugen Dr. E, der die in Bezug genommenen Verträge ausgearbeitet hatte, entgegen. Hinsichtlich der zweiten Erklärung hat weder der Angeklagte Dr. L in seiner Einlassung noch sämtliche vernommenen Berater eine entsprechend existierende verbindliche Zusage berichtet. Ebenso lässt sich sämtlichen internen Unterlagen - wie oben ausgeführt - eine solche Zusage gerade nicht entnehmen, obwohl doch mit Blick auf die Unternehmenssituation nichts näher gelegen hätte, als eine solche gegenüber dem HZA L10 und den die Liquiditätslage prüfenden Beratern zum eigenen Vorteil vorzulegen bzw. entsprechende Gelder zumindest gegenüber dem HZA L10 als Sicherheit anzubieten. Weiter stehen die Angaben in ihrer für die Beweiserhebung durch Zeugen im hiesigen Verfahren unüblichen Detailtiefe im Widerspruch zu den ursprünglichen Angaben Dr. T3s, nach denen er sich aufgrund des Zeitablaufs nur schlecht erinnern könne und sich gerade nicht der Gefahr von Widersprüchen aussetzen wolle. Warum er sich nunmehr ausgerechnet zu diesen entlastenden Fragen en detail erinnern will und insofern seine Angaben sich gerade an den bis dahin gefundenen Ergebnis der Beweisaufnahme orientieren, lässt sich aus Sicht der Kammer allein dadurch nachvollziehbar erklären, dass er diesbezüglich Informationen durch K, der wie er selbst in der T4 lebt, oder dessen Verteidigung erhalten hat, welche Zeiträume für diesen noch relevant waren.

Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben spricht dann schließlich auch, dass Dr. T3, der eigentlich aus den genannten Gründen nicht aussagen wollte, die Angaben nur begrenzt auf das Kerngeschehen zur Entlastung Ks allein auf schriftlichem Wege gemacht hat, zu einer Zeugenvernehmung indes nicht zur Verfügung stand. Hierin fügt sich dann auch kohärent die eingeholte Auskunft des Rechtsbeistands Dr. T3s vom 05.08.2016, der auf die aufgeworfene Frage, ob die Erklärungen von Dr. T3 selbst stammten, für diesen mitteilte, dass es sich bei den dortigen Unterschriften um dessen Unterschrift handele. Hieran ist aus Sicht der Kammer eben jene angenommene Gefälligkeitshandlung gegenüber K erkennbar, weil Dr. T3, anwaltlich beraten, nicht den Inhalt der Urkunde insgesamt als seine eigene Erklärung referenziert, sondern vielmehr allein Auskünfte zur Herkunft der Unterschrift macht. Hieraus lässt sich - im Einklang mit seinen ursprünglichen Angaben - eine Distanz zu dem Inhalt der Schreiben erkennen.

b) Zahlungsunfähigkeit ab 25.06.2009

Unter Anwendung der wirtschaftskriminalistischen Beweismethode beruhen die Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG im Tatzeitraum - auch unter Berücksichtigung von deren Haftung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH - auf der umfassenden Würdigung einer Vielzahl von festgestellten Beweisanzeichen, von deren Vorliegen die Kammer auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen zu den Feststellungen zur Sache ausgeht und die sich aus den eingeführten und in Augenschein genommenen Urkunden, den Bekundungen der Zeugen sowie der Einlassung Dr. Ls, soweit dieser gefolgt werden konnte, ergeben. Die so festgestellten Beweisanzeichen lassen zur Überzeugung der Kammer in einer Zusammenschau bei Abwägung der auch gegen das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit sprechenden Indizien den sicheren Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG im Tatzeitraum zu. Im Rahmen der hierzu durchgeführten Gesamtwürdigung hat sich die Kammer insbesondere auch von folgenden Erwägungen leiten lassen:

(1) Wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen

(i) Ausdrückliche Erklärungen, nicht zahlen zu können

Zunächst ergibt sich u.a. aus den eingeführten Unterlagen zu dem Stundungsverfahren vor dem HZA L10 sowie den Bekundungen der hierzu vernommenen Zeugen - wie oben bereits unter C.III.4.a).(3).(ii) ausgeführt -, dass der Vorstand der U I7 AG ab dem 09.06.2009 zunächst über seine Vertreter bei der C3 AG, später persönlich oder über leitende Mitarbeiter in mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen, selbst davon ausgegangen ist, dass bei einer Fälligkeit der Nachzahlungsforderungen der Stromsteuer die U F4 GmbH und über diese auch die U I7 AG zahlungsunfähig war. Insofern signalisierten die Vorstandsmitglieder bereits frühzeitig unmissverständlich gegenüber dem Gläubiger HZA L10, dass ohne eine Stundung dieser Forderungen die fälligen Verbindlichkeiten nicht gezahlt werden konnten. Ebenso liegt bereits in dem nach Eingang des Bescheids angetragenen Stundungsbegehren selbst konkludent die Erklärung, dass die zu stundende Forderung anderenfalls nicht gezahlt werden kann.

Wiederholt wird diese Selbsteinschätzung des Vorstands der U I7 AG bzw. des Angeklagten C als Geschäftsführer der U F4 GmbH dann in dem Schreiben vom 09.07.2009, gerichtet an den Aufsichtsrat, im welchem selbst eine Deckungslücke von über 54 Mio. € für Ende Juni 2009 erkannt wird, im Rahmen derer über 25,8 Mio. € (über-)fällige Lieferantenverbindlichkeiten festgehalten sind. Hierin heißt es zudem unmissverständlich, dass der "Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nach gründlicher Überprüfung und Verifizierung von offenen Verbindlichkeiten, Forderungen und kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenständen festgestellt" wurde und ausreichende Kapitalmittel noch nicht bereitgestellt worden seien. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Wortlaut, dass die Vorstände von einer Verschiebung der Fälligkeit der Stromsteuerforderungen "bis 22.07.2009" ausgegangen sein wollen, sich aber nichtsdestotrotz am 09.07.2009 noch selbst - trotz der Verschiebung - in der laufenden Antragsfrist sahen. Zudem teilen die Vorstandsmitglieder dem Aufsichtsrat in dem Schreiben mit, dass sie in Abwesenheit eines belegbaren Kapitalzuflusses zum 17.07.2009 entweder für die U I7 AG Insolvenzantrag stellen oder ihre Ämter niederlegen müssten.

Die Grundlage dieser so nach außen getragenen Selbsteinschätzung u.a. der Angeklagten, das Bestehen einer Deckungslücke von über 50 Mio. € und der fehlende Zufluss weiterer Kapitalmittel bestand jedenfalls im Tatzeitraum durchgängig fort, was sich u.a. aus den Führungskreisprotokollen vom 11.08.2009 und 15.09.2009 sowie den weiteren Ausführungen oben unter C.III.4.a) ergibt.

(ii) Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen

Wie oben unter C.III.4.a).(1) ausgeführt, steht es zur Überzeugung der Kammer fest, dass die U-Gruppe, gesteuert über die U I7 AG unter Billigung durch die Angeklagten, im Tatzeitraum eine gruppenweites Priorisierungssystem betrieben hat, dessen Ziel es war, die Fälligkeit insbesondere der Netzbetreiberverbindlichkeiten willkürlich nach subjektiv empfundener Dringlichkeit der Angeklagten und dem Grad der bereits eingetretenen Eskalationsstufe einseitig zu verändern und dann in Abhängigkeit der jeweils gruppenweit noch zur Verfügung stehenden Liquidität einzelne Forderungen priorisiert zu begleichen. Im Rahmen dieses Systems "schob" die U F4 GmbH als Schuldnerin der Strombelieferungskosten durchgängig einen Bestand (über-)fälliger Netzbetreiberforderungen von jedenfalls über 20 Mio. € vor sich her. Vor dem Hintergrund dieses unter C.III.4.a).(1) erläuterten Systems ergibt sich aus Sicht der Kammer unter Berücksichtigung der zahlreichen eingeführten Mahnschreiben von und E-Mail-Korrespondenzen der U-Gruppe mit Netzbetreibern bzw. der C2 M3 Fußball GmbH, hier insbesondere den umfangreich dokumentierten Zahlungsverläufen in den Geschäftsbeziehungen der U F4 GmbH zu den Übertragungsnetzbetreibern, im Tatzeitraum ein von den Angeklagten getragenes, durch Dr. L in seiner Einlassung auch bestätigtes, strategisches Zahlungsverhalten, grundsätzlich auf fällige Rechnungen der Gläubiger erst nach ein- oder mehrmaliger Zahlungsaufforderung bzw. nach Androhung existenzieller Nachteile zu leisten und sich auf diese Weise selbst laufend Zahlungsaufschübe zuzubilligen. Weiter schließt die Kammer aus dem Umstand, dass die U-Gruppe unter Führung der U I7 AG das System im Tatzeitraum durchgängig betrieben und dabei ein konstanter Bestand von über 20 Mio. € erhalten blieb, dass die Aufrechterhaltung des Priorisierungssystems überlebensnotwendig mit der Maßgabe war, dass bei Zahlung zu den eigentlichen Fälligkeitszeitpunkten der jeweiligen Forderungen, deren Bedienen für die U F4 GmbH bzw. die U I7 AG nicht möglich gewesen wäre. Anderenfalls hätte es - wie bei finanzwirtschaftlich gesunden und zahlungsfähigen Unternehmen üblich - nahe gelegen, auf das Betreiben des Systems, durch welches die schlechte Ertragssituation wegen auflaufender Verzugszinsen und eingeforderter Sicherheitsleistungen ohnehin zusätzlich belastet wurde, durch Einhaltung der Zahlungsziele und ggf. Ausnutzung etwaiger Skonti und Vergünstigungen bei schneller Begleichung der Verbindlichkeiten zu verzichten. Insgesamt zeichnen die zahlreichen eingeführten Urkunden zu Mahnungen und sonstigen Schreiben der Gläubiger sowie die E-Mails der U-Gruppe hierzu aus Sicht der Kammer das Gesamtbild eines Unternehmens, dass beständig darum bemüht war, trotz fehlender Liquidität den Anschein eines funktionierenden Geschäftsbetriebs aufrechtzuerhalten und zumindest die drängenden Gläubiger, soweit möglich, zu besänftigen und welches infolgedessen kontinuierlich am wirtschaftlichen Abgrund operierte. Denn wenn es sich tatsächlich um geringfügige Liquiditätslücken gehandelt hätte, so hätte es der U F4 GmbH mit der Zeit zur irgendeinem Zeitpunkt gelingen müssen, die Deckungslücken zu schließen.

Insbesondere spricht auch für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH bzw. der U I7 AG, dass in dieser Art und Weise gerade die Gläubigerforderungen des HZA L10 und der Übertragungsnetzbetreiber verschoben und priorisiert wurden, was sich aus dem eingeführten Verlauf des Verfahrensgangs bei dem HZA L10 und den hierzu vernommenen Zeugen wie auch den umfangreich dokumentierten Zahlungsverläufen der Geschäftsbeziehungen der U F4 GmbH zu den Übertragungsnetzbetreibern, so u.a. die umfangreichen Unterlagen aus dem Sonderheft Übertragungsnetzbetreiber, die den gesamten Zahlungs- und Mahnverlauf hinsichtlich sämtlicher Forderungen ab 2009 für die damaligen Unternehmen U13 GmbH, die S2 Transportnetz Strom GmbH und die W9 GmbH dokumentieren, ergibt. Insbesondere bei den Übertragungsnetzbetreibern hat die U F4 GmbH beständig Zahlungsziele ausgeschöpft bis hin zu letzten Mahnungen bei Androhung von Netzzugangsverweigerungen bzw. Kündigung der Bilanzkreisverträge und Einforderungen von Sicherheitsleistungen und dabei Eskalationen bis zu Mitteilungen der Gläubiger an die Bundesnetzagentur hingenommen, so die Schreiben von U13 vom 11.08.2009 und von W9 vom 08.09.2009. Ausweislich der noch vorhandenen Verfahrensunterlagen, so der Vermerk vom 01.09.2016 nebst Anlagen, hat W9 ihre Forderungen bis hin zu einer Klageergebung vor dem Landgericht Bonn zum 15.09.2009 bis zur Begleichung der Verbindlichkeiten betreiben müssen, bevor eine Zahlung erfolgte. Stromsteuer und Verbindlichkeiten gegenüber Übertragungsnetzbetreibern sind aber gerade solche Verbindlichkeiten, deren Erfüllung für den Fortbestand der U-Gruppe als in der Hauptsache von Erträgen aus der Tätigkeit als Stromversorger abhängige Unternehmensgruppe von existenzieller, herausragender Bedeutung war, weil z.B. die Kündigung eines Bilanzkreisvertrags durch einen Übertragungsnetzbetreiber der U F4 GmbH den Zugang zu dessen Netz mit der Folge untersagt hätte, dass sie einen erheblichen Teil ihres laufenden Geschäftsbetriebs ab diesem Zeitpunkt nicht mehr hätte durchführen können und in großem Umfang Kunden verloren hätte. Des Weiteren hätte hierdurch ein Dominoeffekt eintreten können, der im Ergebnis das wirtschaftliche Ende der U-Gruppe bedeutet hätte. Insofern ist es nicht ersichtlich, warum die U F4 GmbH bzw. die U I7 AG gerade solche elementaren Verbindlichkeiten mehrfach einem existenzbedrohlichen Verlauf haben nehmen lassen, ohne dass hierzu hinreichende Not bestanden hätte, da eigentlich anzunehmen gewesen wäre, dass die U F4 GmbH alles daran setzt, gerade vorrangig diese Verbindlichkeiten wie auch die Stromsteuer zu bedienen. Wenn sie nun aber dazu nicht in der Lage war, ist das aus Sicht der Kammer ein hinreichender Beleg dafür, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage war, seine fälligen Verbindlichkeiten zu zahlen. Damit korrespondieren auch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen C22, seinerseits Sachbearbeiter in der zuständigen Beschwerdekammer BK6 der Bundesnetzagentur, der ausgeführt hat, dass Rückstände von Stromversorgern bei großen Netzbetreibern eher unüblich und "sehr sehr selten" seien. Zuletzt spricht für die getroffene Wertung im Übrigen auch, dass im Rahmen der Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter von dem HZA L10 wie auch den Übertragungsnetzbetreibern im Vergleichsweg - zurückreichend bis in den Tatzeitraum - mittels Insolvenzanfechtung Rückzahlungen sämtlicher geleisteter Zahlungen im Gesamtvolumen von über 141 respektive 97 Mio. € erhalten hat, was sich aus den eingeführten Insolvenzunterlagen und den Bekundungen Dr. C8s ergibt.

(iii) Verhalten eingeschalteter Berater

Weiteres aus Sicht der Kammer aussagekräftiges Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit im Tatzeitraum ist das Verhalten und die Schlussfolgerungen sämtlicher eingeschalteter Beratungsunternehmen und Rechtsanwaltskanzleien, die die Unternehmenssituation aus deren damaliger Sicht im Hinblick auf die Liquiditätslage in unterschiedlicher Art und Weise bewertet haben, letztlich aber alle mehr oder weniger schnell die Mandatsverhältnisse durch Niederlegung beendet bzw. diese ruhend gestellt haben, jeweils unter Hinweis auf etwaig bestehende Pflichten der Verantwortlichen der U I7 AG. Im Einzelnen:

Mandatsverlauf mit der C3 AG

Nachdem die eingeschalteten Berater der C3 AG am 09.06.2009 erstmals von den drohenden Nachzahlungen der Stromsteuer erfahren hatten, war diesen - so der Telefonvermerk vom 09.06.2009, das Protokoll der außerordentlichen Vorstandssitzung vom 10.06.2009 wie auch die - bereits oben darlegten unter C.III.4.a).(3).(ii) - übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen M2 und K2 - genauso wie den U-Verantwortlichen selbst klar, dass jedenfalls ohne eine Stundung dieser Verbindlichkeiten eine Insolvenz der U F4 GmbH und damit der U I7 AG unvermeidlich gewesen wäre. In diesem Sinne hat der Zeuge M2 glaubhaft bekundet, dass ohne eine Stundung der Nachzahlungsforderungen man nicht mehr habe weiter arbeiten können. Eine Stundung sei daher der "Tropfen gewesen, der über Sein oder Nicht-Sein entschieden" habe. Er habe dann im Nachgang die Vorstände und K am 11.06.2009 in einem ausführlichen Telefonat auf die Situation hingewiesen, dass nun etwas passieren müsse, da es klar sei, dass man unter Einbeziehung der Stromsteuer die Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen könne und damit illiquide sei.

Wie sich dann aus dem Telefonvermerk vom 09.06.2009 sowie den Protokollen der Besprechungen vom 23.06. und 29.06.2009 mit dem HZA L10 unter Beteiligung der Berater der C3 AG, dem Schreiben der C3 AG an den Aufsichtsrat und Vorstand vom 28.10.2009 sowie den Bekundungen des Zeugen M2 ergibt, stellte die C3 AG ab dem 10.06.2009 sämtliche Abschluss bezogenen Prüftätigkeiten mit Blick auf u.a. die U F4 GmbH und die U I7 AG ein. In der Folgezeit waren die Berater der C3 AG allein im Rahmen des durch sie selbst am 09.06.2009 angestrengten Stundungsverfahrens für die Stromsteuerforderungen tätig. Diese Tätigkeit endete dann Ende Juni 2009, was sich aus den eingeführten Verfahrensunterlagen des HZA L10 und der BFD West ergibt, nach denen letzte Handlungen durch Vertreter der C3 AG in dem Besprechungstermin vom 29.06.2009 erfolgten und sämtliche nach dem Schreiben vom 01.07.2009 erfolgte Kommunikation immer direkt über die U-Gruppe und deren Ansprechpartner lief, so z.B. die Schreiben der U I7 AG und U F4 GmbH vom 07.07.2009 respektive 22.07.2009. Zwar ist es vor diesem Hintergrund zutreffend, so der Zeuge M2, dass die C3 AG eine Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH bzw. der U I7 AG bei Nichtberücksichtigung der Stromsteuerforderungen im Rahmen des bestehenden Mandats nicht geprüft hat. Andererseits hat M2 aber auch bekundet, dass die C3 AG sich dann, wenn eine Zahlungsunfähigkeit aus ihrer Sicht vorgelegen hätte, zurückgezogen hätte. Die Illiquidität habe immer "im Raum gestanden". Das sei für einen Abschlussprüfer eine schwierige Situation gewesen. Wenn er sage, dass Unternehmen sei insolvenzreif, dürfe das nicht zu früh erfolgen, weil sonst ein Unternehmen vernichtet würde. Bei der U-Gruppe habe man das aus eigener Kenntnis nicht sicher sehen können.

Wenn nun aber unstreitig - so die eingeführten Urkunden sowie die Bekundungen der Berater - die C3 AG trotz des Schreibens vom 01.07.2009 sämtliche Tätigkeiten, selbst die nur stundungsbezogenen, zunächst bis Ende August eingestellt hat, so folgert die Kammer daraus, dass aus deren Sicht erhebliche insolvenzrechtliche Bedenken bestanden, die aber nicht durch eigene konkrete Prüfungen hinterlegt waren. Dass wird letztlich auch durch das Schreiben vom 28.10.2009 belegt, in dem ausgeführt ist, dass spätestens im Juni 2009 sich die Frage gestellt habe, ob nicht bereits eine Zahlungsunfähigkeit einzelner Gesellschaften mit der Folge einer Insolvenzantragspflicht eingetreten und die Beantwortung dieser Frage immer noch offen sei. Danach sei die Prüftätigkeit unterbrochen worden, um dem Vorstand Gelegenheit zu geben, Maßnahmen zur Sicherstellung der Liquidität zu ergreifen. Obwohl keine nachhaltig wirkenden Maßnahmen dieser Art haben ergriffen werden können, sei in Absprache mit dem Vorstand die Prüfungstätigkeit Ende August 2009 wieder aufgenommen worden, um nicht unnötig Zeit zur Klärung zahlreicher anderer Fragen verstreichen zu lassen. An der Liquiditätsenge in der U-Gruppe und damit auch der U I7 AG habe sich bis zuletzt nichts geändert. Die Beantwortung der Frage, ob nicht bereits längst die Illiquidität eingetreten sei, sei weiterhin offen und die "hochgradige Bestandsgefährdung" dauere an. Der dort dokumentierte weitere Mandatsverlauf bis zur Einstellung der Tätigkeit zum 16.10.2009 und die nachweisliche Einbindung der C3 AG in den Mandatsverlauf von H, so die Protokolle zu den Treffen vom 22.09.2009 und 01.10.2009, in Verbindung mit den Ausführungen in den Schreiben vom 28.10.2009 belegen aus Sicht der Kammer, dass die C3 AG zwar aus Haftungsgründen ein Zahlungsunfähigkeit formal nicht ausführen durfte, gleichwohl aber in dem von M2 beschriebenen Spannungsfeld als Abschlussprüfer verhaftet das Mandat ab 16.10.2009 ruhen ließ. Hiermit korreliert dann auch zeitlich die der C3 AG bekannte - so die Zeugen I2 und M2 - Beendigung des Mandats der Kanzlei H. Dem steht auch nicht entgegen das der Zeuge M2 auf Vorhalt bekundet hat, er das Schreiben vom 28.10.2009 heute so nicht mehr formuliert hätte. Denn aus Sicht der Kammer bezog sich diese Äußerung auf die Deutlichkeit der getroffenen Formulierungen und daran anknüpfende haftungsrechtliche Konsequenzen, die sich im Rahmen der späteren Insolvenzanfechtung auch realisiert haben. Gemeint war deshalb vor dem Hintergrund des Kontextes der Bekundungen, "nicht mehr so klar" zu formulieren.

In das so gefundene Ergebnis fügt sich dann auch der weitere Mandatsverlauf nach dem 28.10.2009 ein, wonach die C3 AG zwar offiziell ihre Tätigkeiten für die U F4 GmbH und die U I7 AG aus den genannten Gründen ruhen ließ, jedenfalls aber ab Ende November 2009, im Rahmen eines "versteckten Mandats", den Zeugen I2 zur Mitarbeit am Sanierungskonzept bis Ende Januar 2010 abstellte, der allein und isoliert in einem Büro an einer Liquiditätsplanung auf Einzelgesellschaftsbasis arbeitete, was der Zeuge I2 auf Vorhalt bestätigte. Hierzu ergänzend hat der Zeuge L4 bekundet, er habe sich mit Dr. H2 und einem anderen Vorstand getroffen, damit die C3 AG die Tätigkeit wieder aufnehme. Die C3 AG habe die Lage der Gruppe kritisch gesehen. Eine Zusammenarbeit sei dann auf Basis des - wie vorgehalten - "versteckten Mandats" erfolgt, weil die C3 "im November 2009 nicht offiziell mit U in Verbindung habe gebracht werden wollen", solange die vorgelegten Aufgabenkataloge noch nicht erfüllt gewesen seien. Weitere Tätigkeiten, so der Zeuge M2 und die eingeführten Unterlagen zur C3 AG, seien dann erst wieder Mitte 2010 erbracht worden. Zuletzt lässt sich die damalige Haltung der C3 AG auch aus den zur Insolvenzanfechtung der U-Gesellschaften eingeführten Unterlagen und den hierzu erfolgten Bekundungen des Zeugen M2 erkennen. Danach hat die C3 AG u.a. an die Insolvenzmasse der U I7 AG im Vergleichswege die Hälfte der erhaltenen Honorarbezüge zurückerstattet. Der Zeuge M2 hat hierzu weiter bekundet, dass der C3 AG die Anfechtbarkeit der Bezüge bewusst gewesen sei.

Mandatsverlauf mit der Kanzlei H

Das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit im Tatzeitraum der U I7 AG wird zudem auch durch den Mandatsverlauf mit der Kanzlei H, einer der führenden Rechtsanwaltskanzleien auf dem Gebiet des Insolvenzrechts in Deutschland, belegt. Wie unter C.III.4.a).(6) bereits ausführlich dargelegt, haben die Berater der Kanzlei H ihr Mandat am 06.10.2009 aus den dort genannten und herausgearbeiteten Gründen niedergelegt. Fokus des von B und C, so der Angeklagte Dr. L in seiner Einlassung und die eingeführten Mandatsunterlagen, in Auftrag gegebenen Mandats war die Beratung der U I7 AG im Zusammenhang mit einem Unternehmensstatus unter insolvenzrechtlichen Aspekten. Davon ausgehend war Hauptgrund der Niederlegung, dass - so M und mit anderen Worten letztlich auch Dr. X - es zu viele Fragen, auch neben der Stromsteuerproblematik, gegeben habe, die nicht haben beantwortet werden können und ein "ein schlechtes Gefühl" (so M) bzw. "Störgefühl" (so Dr. X) dahingehend bestanden habe, dass H keine befriedigenden Unterlagen vorgelegt bekommen habe, die den Verdacht der Insolvenzverschleppung nachträglich hätten entkräften können. Wenn nun die für die Prüfung, ob für die das Mandat vergebende U I7 AG oder andere U-Gesellschaften Insolvenzgründe vorliegen, die dafür notwendigen - so Dr. X - "Unterlagen für eine kunstgerechte Betrachtung" und insbesondere Einzeliquiditätsübersichten für jede einzelne Gesellschaft nicht vorlagen, so ist es zutreffend, aber umgekehrt auch mehr als nachvollziehbar, dass die Berater von H das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit und damit verbundenen Antragspflicht in Schriftform nicht verbindlich feststellen konnten und dieses auch nicht in der Hauptverhandlung positiv bestätigt haben, weil sie sich dadurch möglicherweise der Anwaltshaftung wegen nicht "kunstgerecht" belegter Ergebnisse ausgesetzt hätten. Wenn sich aber ihr dennoch bestehender "Verdacht der Insolvenzverschleppung" aus ihrer Sicht nicht entkräften ließ, die im Insolvenzrecht erfahrenen Berater vor diesem Hintergrund das Mandat niederlegen und bewusst abweichend vom sonst üblichen Procedere bei solchen Sachverhalten Ausführungen zur Begründung nur mündlich geben, so kann dieses anwaltliche Vorgehen unter Berücksichtigung der berufsrechtlichen Usancen bei Rechtsanwälten aus Sicht der Kammer nur so interpretiert werden, dass die im Insolvenzrecht erfahrenen und versierten Berater bereits ohne die vollständigen Unterlagen von einer insolvenzkritischen Situation ausgegangen waren, die die Stellung eines Insolvenzantrags bedingte. Hierin fügt sich dann auch der weitere Geschehensablauf ein, in dessen Fortgang die weiteren Berater von N und der C3 AG - nach Kenntniserlangung des Verhaltens von H und bei gleicher Interpretation desselben - ihr Mandat niederlegten bzw. dieses vorerst ruhen ließen und der Finanzvorstand B als Reaktion nunmehr Insolvenzantrag stellen wollte und vor Ablauf der Frist, wie von H intern vorhergesehen, durch den Aufsichtsrat abberufen wurde.

Mandatsverlauf mit der Kanzlei I

Ein weiteres gewichtiges Beweisanzeichen sieht die Kammer in dem Mandatsverlauf mit der auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei Kanzlei I. Fokus des als "Second Opinion", so die E-Mail Bs vom 08.10.2009, durch B und Dr. L in Auftrag gegebenen Mandats war ausweislich des Mandatsvertrags vom 13.10.2009 sowie des Schreibens von I vom 16.10.2009 die rechtliche und betriebswirtschaftliche Beratung der U I7 AG und ihrer Tochtergesellschaften im Hinblick auf eventuell bestehende Insolvenzantragsgründe. Davon ausgehend kam die Kanzlei I mit Schreiben vom 28.10.2009, gerichtet an die Angeklagten, zu dem Ergebnis, dass für die U F4 GmbH die Stromsteuerverbindlichkeiten als fällige Verbindlichkeiten in einen Liquiditätsstatus einzustellen seien und da "nach übereinstimmenden Aussagen des Vorstands der U I7 AG und der Geschäftsführung der U F4 GmbH letztere weder im Zeitpunkt der Fälligkeit noch zu einem späteren Zeitpunkt bis heute" über die zur Begleichung notwendigen Finanzmittel verfügte, die U F4 GmbH zahlungsfähig sei, woraus sich eine Insolvenzantragspflicht begründe. Ob darüber hinaus eine Zahlungsunfähigkeit aus anderen Gründen bestehe, könne mangels Vorliegens einer Liquiditätsplanung auf Einzelgesellschaftsebene nicht abschließend beurteilt werden. Hinsichtlich der U I7 AG kamen die Berater zu dem Ergebnis, dass diese "aufgrund der am 27.08.2008 unterzeichneten Patronatserklärung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH hafte, eine Einzelplanung für die Gesellschaft aber nicht vorgelegt worden sei. Bei einer solchen sei aber das Haftungsrisiko für die U N8 GmbH (C2 M3 Fußball GmbH) und die U F4 GmbH (Patronatserklärung) zu berücksichtigen. Die Ausführungen belegen zum Einen, dass die Kanzlei I wie ausgeführt positiv von einer Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH und einer durch die Patronatserklärung begründeten Haftung der U I7 AG für deren Verbindlichkeiten ausgegangen war. Ebenso wie bei den Mandaten mit der C3 AG und Kanzlei H war auch der Kanzlei I von Seiten der U-Gruppe die notwendige Datenbasis für eine verbindliche, vollständige Prüfung nicht bereitgestellt worden und die Prüfung der Zahlungsfähigkeit allein auf die Stromsteuerforderungen und deren Fälligkeit beschränkt. Den Inhalt des Schreibens haben die Zeugen U2 und I6 übereinstimmend bestätigt. Zu den Gründen der Niederlegung des Mandats unter Hinweis auf bestehende Antragspflichten der Angeklagten hat die Zeugin U2 weiter ausgeführt, dass sie als Berater nicht hätten weiter machen können, weil man sich sonst unter Umständen der Gefahr der psychischen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung ausgesetzt hätte. Der Zeuge I6 hat hierzu bekundet, dass man sich in jedem Fall in einer Grauzone der Strafbarkeit wegen Beihilfe befunden habe. Darüber hinaus war den Beratern von I - wie oben unter C.III.4.a).(6).(ii) zu den Bekundungen der Zeugin U2 ausgeführt - auch der Hintergrund der Abberufung Bs bekannt, zu dem der Zeuge I6 ergänzend ausgeführt hat, dass er sich sehr gut vorstellen könne, dass man B auch mündlich auf die bestehenden Probleme aufmerksam gemacht habe. Zudem seien die Ergebnisse der vorherigen Prüfung durch H nicht bekannt gemacht worden, die ihn natürlich interessiert hätten.

Mandatsverlauf mit der Kanzlei N

Zuletzt fügt sich auch der Mandatsverlauf mit der Kanzlei N in das bisher gefundene Ergebnis. Das diesbezügliche Mandatsverhältnis mit der U I7 AG bezog sich ausweislich der Mandatsvereinbarung vom 03.07.2009, die von Dr. L und B unterzeichnet wurde, und weiteren eingeführten Unterlagen auf rechtliche Beratung im Hinblick auf die Restrukturierung der U-Gruppe. Dabei ist zunächst auffällig, dass obwohl der federführende Partner, Rechtsanwalt S, bereits im Nachgang zum 10.06.2009 hinzugezogen worden war, die Mandatierung erst im Juli 2009 vorgenommen wurde. Hierzu hat der Zeuge S aber glaubhaft bekundet, dass das Mandat im Juni 2009 begonnen und ihn B angerufen und ihm mitgeteilt habe, dass es nach Gesprächen mit der C3 AG "Probleme mit der Liquiditätslage wegen eines Bescheides des HZA L10" gebe. Am 15.06.2009 habe es dann in U4 ein Treffen mit C, B, Dr. L, zwei Mitarbeitern der C3 AG und zwei Geschäftsführern der Tochtergesellschaften gegeben. Dort sei u.a. besprochen worden, was die Rechtsfolgen einer Insolvenzsituation, hier insbesondere das Bestehen einer Insolvenzantragsfrist von drei Wochen, seien. C habe gefragt, was passiere, wenn er nach Ablauf der Frist nicht Insolvenz anmelde, worauf er, S, mitgeteilt habe, dass er sich dann strafbar mache. Eine Rechtsberatung zu dem Bestehen oder Nichtbestehen einer Insolvenzsituation sei dort und auch zu keiner Zeit später erfolgt. Ab Anfang Juli habe man das Mandat zunächst bis Mitte September 2009 ruhen lassen. Diese Angaben lassen sich auch den E-Mails von T6 an u.a. S vom 10.06.2009 zur Vorbereitung des Treffens vom 15.06.2009 sowie den umfänglich eingeführten Mandatsunterlagen von N entnehmen. Nachdem B S das Schreiben des HZA L10 vom 01.07.2009 übersandt hatte, so die E-Mail Bs an S vom 02.07.2009, teilte der Managing Partner von N, A7, nach Kenntnisnahme hiervon S mit, dass es das ja nun gewesen sei, woraufhin S diesem antwortete, dass es wohl einen Investor gebe, der bereit sei, "55 Mio. € in die Kiste zu investieren", insofern solle man abwarten, "ob es eine Bescherung gebe", was durch das E-Mail-Konvolut zwischen S und A7 vom 02.07.2009 belegt wird. Aus alledem schließt die Kammer, dass N, denen die insolvenzkritische Situation spätestens seit dem 15.06.2009 bekannt war, zum Einen die Stromsteuerforderung als nicht gestundet interpretierte und zum Anderen bewusst die Mandatstätigkeiten ruhen ließ, bis weitere Gelder die bestehende Lage verbessern und so die insolvenzkritische Situation aufheben würden.

Hierfür spricht auch, dass N erst wieder ab 15.09.2009, nachdem B S für eine Empfehlung eines Rechtsberaters zur Prüfung einer möglichen Insolvenzlage kontaktiert hatte und in der Folgezeit auf Empfehlung Ss H mandatiert wurde, zusammen mit der M6 AG an einem Restrukturierungsvorschlag arbeitete. Insofern ist es nachvollziehbar, so ja auch die Bekundungen des Zeugen Dr. M4, dass die Aufnahme der Tätigkeit durch H für N trotz der bisherigen eigenen Einschätzung eine "Komfortzone" schaffte, innerhalb derer wieder mandatsbezogene Arbeiten ausgeführt werden konnten, solange H prüfte. Nachdem S durch B und M über die Niederlegung des Mandats durch H und die Gründe in Kenntnis gesetzt worden war, vgl. hierzu die Ausführungen oben unter C.III.4.a).(6), stellte N ausweislich der Kostennote vom 14.10.2009 zum 08.10.2009 die Tätigkeit endgültig ein und legte das Mandat am 12.10.2009 mit dem Hinweis nieder, dass eine Beratung erst dann wieder erfolgen könne, wenn ein "Insolvenzberater der U bestätigt habe, dass kein Insolvenzgrund gegeben" sei. In einer Zusammenschau des Verfahrensablaufs ist die Kammer so der Überzeugung, dass N selbst - eine Prüfung der Zahlungsunfähigkeit war ja unstreitig nicht durchgeführt worden - von dem Vorliegen einer Insolvenzsituation ausgegangen ist, da zunächst das Mandat bis Mitte September ruhte, dann im Fahrwasser von H Tätigkeiten entfaltet wurden und schließlich mit deren Ausscheiden das Mandat endgültig beendet und die Wiederaufnahme gerade an eine Positivfeststellung der Zahlungsfähigkeit gekoppelt wurde.

(iv) Weitere Beweisanzeichen

Die sich so in einer Zusammenschau der skizzierten Beweisanzeichen verdichtete Beweislage wird zudem durch zahlreiche weitere Indizien zusätzlich gestützt:

Verhalten der involvierten Bankinstitute

Weiter in die Richtung des gefundenen Ergebnis deutet der Umstand, dass ausweislich des Schreibens der E4 Bank AG, der damaligen Hausbank für die überlebenswichtigen Bankeinzüge, vom 15.07.2009 die Bank wegen der mitgeteilten Deckungslücke, zu deren Schließung keine konkreten Angaben gemacht worden seien, die bis dato bestehende Lastschriftvereinbarung mit sofortiger Wirkung kündigte. Die dann als neue Hausbank bis zuletzt agierende Q AG, deren Geschäftsbeziehung ausweislich der Bekundungen des Zeugen F16, seinerseits der Ansprechpartner bei der Q AG für das Engagement der U-Gruppe, zwischen B und dem diesen bekannten Vorstand im Firmenkundensegment der Q AG S17 angebahnt worden war, ermöglichte zwar dann in der Folgezeit Lastschrifteinzüge, stellte aber allein eine Kontoführung auf rein kreditorischer Basis bei Ausschluss selbst nur valutarischer Inanspruchnahmen verbunden mit der Bereitstellung einer 10% bis 15%-igen Sicherheitsleistung zur Verfügung. Grund hierfür war - trotz der persönlichen Kontakte Bs -, dass der Bank - so der Zeuge F16 und die hierzu eingeführten Urkunden der Q AG - kein Einblick in die tatsächlich bestehenden Verhältnisse gewährt worden und die Kriterien für eine Kreditvergabe so nicht erfüllt gewesen waren. Aus den eingeführten und weiteren Geschehensablauf ergibt sich dann, dass die U-Gruppe diese für sie äußerst schlechten Bedingungen ohne Bedenken akzeptiert hat. Dabei hätte es bei einem wirtschaftlich gesunden Unternehmen nahe gelegen, sich durch eine Bonitätsprüfung bessere Konditionen zu erstreiten. Dennoch - so die E-Mail Cs an u.a. Dr. L und B vom 30.07.2009 - waren die Konditionen für den Vorstand der U I7 AG "ein in der derzeitigen Situation annehmbarer Vorschlag", um überhaupt Lastschriften im benötigten Umfang sichern zu können und die bestehende Liquiditätslage nicht offenbaren und "zu viele Fragen beantworten zu müssen". Damit einher geht dann schließlich auch, dass die U-Gruppe jedenfalls im Tatzeitraum andere Bankinstitute zu besseren Konditionen als Resultat der bestehenden Liquiditätsproblematik trotz erheblicher Bemühungen nicht finden konnten, so die eingeführten Urkunden, u.a. die Führungskreisprotokolle ab August 2009 sowie die E-Mail C an K vom 10.09.2009. Danach teilte C K mit, dass - obwohl der Kontakt "über eine Empfehlung in Rennen ging", die Bank aufgrund der Unternehmenssituation die Zusammenarbeit abgelehnt hat, da ihr "das Risiko bei einer Unterkapitalisierung zu groß" sei.

Abschluss einer D&O-Versicherung im kritischen Zeitraum

Für das Bestehen einer Insolvenzsituation sprechen zudem auch die Bemühungen der Vorstandsmitglieder ab September 2009 zum Abschluss einer D&O-Versicherung für den Insolvenzfall. Dass ein solcher Abschluss vor allem von dem Gedanken getragen war, im Falle der Insolvenz rechtlich abgesichert zu sein, ergibt sich u.a. aus der E-Mail Dr. Ls an B und C vom 28.09.2009. Darin trägt in einer angehängten E-Mail der mit Dr. L befreundete Rechtsanwalt Dr. X18 diesem dem Abschluss einer D&O-Versicherung mit der Maßgabe an, "sich noch einen Versicherungsschutz kurzfristig einzukaufen", was besser sei als kein Schutz und zumindest sei ein Schutz im Hinblick auf Verteidigungskosten noch möglich. Hierzu erläuterte Dr. L in seiner E-Mail, dass eine solche Versicherung "neben dem Insolvenzfall insbesondere auch für den Fall eines Eigentümerwechsels" sinnvoll sei. Soweit sich Dr. L insoweit eingelassen hat, der Versicherungsschutz sei nur deshalb erfolgt, weil er vertraglich vorgesehen war, betrachtet die Kammer diese Einlassung als widerlegt. Aus der obigen E-Mail ist erkennbar, dass der Fokus der Bemühungen der Insolvenzfall mit Blick auf die Verteidigungskosten war. Dies wird u.a. auch durch die weitere E-Mail Dr. Ls an C vom 03.11.2009 belegt, in der Dr. L C mitteilt, dass K einen Abschluss befürworte und schließlich ja auch in den Arbeitsverträgen niedergelegt sei, dass eine D&O-Versicherung geschlossen worden sei bzw. werde. Ansonsten hätten ja bereits zuvor Bemühungen zu einer D&O-Versicherung erfolgen können. Wenn Dr. L dann in der E-Mail ausführt, dass "die Versicherung hier auch ohne Bilanzen funktioniere" und es einen Versuch sicher wert sei, belegt dies wiederum, dass der Antrieb für den Abschluss in der Krisensituation der U I7 AG mit Blick auf mögliche rechtliche Konsequenzen lag. Das ergibt sich zuletzt auch durch den weiteren Verfahrensablauf, in dem - so die Einlassung Dr. Ls - beide Vorstände unter Billigung durch den Aufsichtsrat eine Versicherung abgeschlossen haben, auf deren Grundlage - so Dr. L - die Verteidigungskosten der Angeklagten im hiesigen Verfahren - wie bei Abschluss avisiert - getragen wurden.

Prüfergebnisse des Interessenten F13³

Letztlich stützen auch der Verlauf und das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Interessenten F13³ das gefundene Ergebnis, die von einer Zusammenarbeit nach Prüfung der vorgelegten Informationen wegen des Vorliegens einer "momentanen technischen Insolvenz" des Unternehmens absahen, was sich aus der E-Mail Dr. T30, deren Verhandlungsführer, an K u.a., vom 29.09.2009, die B an C und Dr. L am gleichen Tag weiterleitete, ergibt. Darin ist zudem weiter ausgeführt, "nicht die geringste Möglichkeit, jedwede Form von Finanzinstrumenten ohne das Vorhandensein eines klaren Risikomanagement- und Finanzkontrollsystems zu platzieren", bestehe. Der übersandte Vertragsentwurf würde bedeuten, so die E-Mail, dass F13³ die "technische Insolvenz der Gesellschaft verschleiere", anstatt die Situation durch einen Wandel der Arbeitsweisen der Gesellschaft zu beheben. Dies sei inakzeptabel.

Bericht des HZA E6 zur U F4 GmbH

Getragen wird das gefundene Ergebnis auch von den Feststellungen des HZA E6 in deren Bericht zur Lage der U F4 GmbH vom 01.10.2009. Daraus ergibt sich, dass nach Ansicht der Prüfer, die sich mit der weiteren Beweislage aus den eingeführten Unterlagen deckt, von denen noch in dem Stundungsantrag angegebenen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation bis auf die Einstellung von neuen Mitarbeitern keine Umsetzung erfolgt ist. Darüber hinaus ist Prüfergebnis, auf der Grundlage des ausweislich des Berichts durch die U-Gruppe bereitgestellten Zahlenmaterials, dass die U F4 GmbH "durch die sofortige Einforderung der Steuerschuld in Höhe von 28,3 Mio. € in voller Höhe illiquide werden würde und nach Prüferansicht eine Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müsste". Zudem sei der Steueranspruch - so der Bericht - auch nach einer möglicherweise gewährten Stundung gefährdet, wobei dann das HZA L10 als Steuergläubiger nicht schlechter gestellt werden würde, als wenn die U F4 GmbH bei sofortiger Realisierung des Steueranspruchs Insolvenz anmelden müsste. Da ausweislich des Berichts die "Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Stundung nicht Gegenstand der Prüfung" gewesen war, versteht die Kammer das Ergebnis des Berichts so, dass selbst bei einer Stundung, deren Zulässigkeit ja - wie oben unter C.III.4.a).(3) dargelegt - ohnehin aus Sicht des HZA L10 nicht gegeben und die auch ausweislich des Berichts noch nicht ausgesprochen war, eine Insolvenz der U F4 GmbH gegeben sein würde, jedenfalls aber bei Fälligstellung des Gesamtbetrags. Letztlich ist dieses gefundene Ergebnis genau das spiegelbildliche Pendant der Sichtweise der U-Gruppe, wie sie sich aus dem Schreiben der U I7 AG vom 07.07.2009 ergibt, wonach Voraussetzung für die Befriedigung des Steueranspruchs die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen sei und die Stundung alleine nicht zu einer Befriedigung des Steueranspruchs führe. Bei Zugrundlegung dieser Selbsteinschätzung der U I7 AG ergibt sich das Ergebnis des Berichts auch bereits dadurch, dass laut dessen Feststellungen auf Grundlage der durch die U-Gruppe bereitgestellten Informationen die im Stundungsantrag vorgeschlagenen Maßnahmen beinahe vollständig nicht umgesetzt waren und zudem Kapitalzuflüsse, die sich für die U-Gruppe ja positiv erwiesen hätten, im Stundungsverfahren nicht vorgetragen worden waren.

Absicht Bs, Insolvenzantrag zu stellen

Zuletzt war auch zu berücksichtigen, dass - wie oben unter C.III.4.a).(6) ausgeführt - der Zeuge B, der selbst nach seinen eigenen, insoweit glaubhaften Bekundungen über langjährige Erfahrungen in international tätigen Unternehmen im Finanzbereich verfügte und während seiner Amtsführung als Finanzvorstand bei Gesamtwürdigung der eingeführten Urkunden und Bekundungen der Zeugen zu einer Professionalisierung der Arbeitsprozesse maßgeblich beigetragen hatte, unter Inkaufnahme persönlicher Nachteile, ihm drohte ja die Abberufung und der damit verbundene Verlust seiner fortdauernden Vorstandsbezüge und Reputation, entschlossen war, für die U I7 AG jedenfalls nach dem 27.10.2009 Insolvenzantrag zu stellen. Das die Situation davor bereits in gleicher Weise kritisch war, wird dann weiter belegt durch die oben unter C.III.4.a).(4) umfänglich ausgeführte Prämienregelung mit Abwartefrist, die nach Ablauf der mit Schreiben vom 09.07.2009 selbst festgestellten Insolvenzantragspflicht der U I7 AG bei unveränderter Sachlage - vgl. oben unter C.III.4.a).(5) - eine besondere Gratifikation für das Zuwarten auslobte, vor deren Hintergrund das frühere Verhalten Bs wie auch der Angeklagten insofern erklärbar wird, dass die am 09.07.2009 beschriebene Situation zwar fortbestand, man aber einfach frei nach dem Prinzip Hoffnung in der Aussicht der Gratifikation die Geschicke weiterlaufen ließ, um dann doch am 15.09.2009 mit H einen Fachberater zu beauftragen, nach Abschluss deren Prüfung, die nunmehr eine positive Kenntnis der Insolvenzsituation nicht mehr negieren ließ, dann jedenfalls B zu dem Ergebnis kam, nun doch Insolvenzantrag zu stellen.

(2) Auswertungsunterlagen und Summen- und Saldenlisten

Dem sich so in einer Zusammenschau der Vielzahl von Beweisanzeichen abbildenden Ergebnis der Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG im Tatzeitraum stehen auch nicht die umfänglichen, im Selbstleseverfahren eingeführten und durch die Verteidigung des Angeklagten C bereitgestellten "Auswertungen" der Buchhaltung der U-Gesellschaften entgegen. Zunächst war zu berücksichtigen, dass die als Grundlage der eingeführten Urkunden dienenden Buchhaltungsdaten der U-Unternehmen aus dem Jahr 2011 stammen und allein durch den Insolvenzverwalter und durch diesen beauftragte Firmen und nicht durch die Staatsanwaltschaft, der lediglich im Nachgang Kopien überlassen worden waren, sichergestellt und im Weiteren aufgearbeitet worden waren, was sich aus den Bekundungen der Zeugen Dr. C8 und Dr. L6 und den hierzu eingeführten Unterlagen ergibt. Die dann asservierten Daten waren danach nicht nochmals durch die Staatsanwaltschaft auf Integrität und Authentizität überprüft worden. Darüber hinaus war in den späteren Insolvenzverfahren über einen Zeitraum vom mehreren Jahren - so die Bekundungen der Zeugen Dr. L6 und Dr. C8 sowie dessen eingeführte Berichte zu den einzelnen Gesellschaften - ein durch den Insolvenzverwalter beauftragter Sonderinsolvenzverwalter bis Ende 2016 tätig, um allein die gruppeninternen Zahlungsflüsse zwischen den jeweiligen Insolvenzschuldnerinnen und deren verbundenen Unternehmen im Gesellschafterkreis aufzuarbeiten und buchhalterisch zu erfassen.

Neben diesen grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Buchhaltungsdaten handelt es sich bei den bereitgestellten und eingeführten Urkunden aber um "Privatauswertungen" der Verteidigung des Angeklagten C und eben nicht um nachweislich sachverständig durchgeführte Auswertungen, deren Herkunft, Datengrundlage und Vollständigkeit die Kammer nicht ohne Weiteres verifizieren kann. In diesen Übersichten sind jedenfalls aber die Stromsteuerverbindlichkeiten in den Kontenbelegen der U F4 GmbH wie auch der U I7 AG bis Oktober 2009 überhaupt nicht, danach ab November 2009 als Ratenzahlung laut Vorschlag aus dem Bericht des HZA E6 vom 01.10.2009 berücksichtigt, obwohl ausweislich der hierzu verlesenen Urkunden - wie oben unter C.III.4.a).(3) - eine unaufgeforderte Zahlung erster Raten überhaupt erst ab Februar 2010 durch die U-Gruppe vorgenommen worden war. Bereits hier lässt sich auch bereits ohne besonderen buchhalterischen Sachverstand erkennen, dass die eingeführten Unterlagen der bislang im Rahmen der wirtschaftskriminalistischen Methode angenommenen Liquiditätslage der U F4 GmbH und der U I7 AG im Tatzeitraum nicht entgegen stehen, denn diese berücksichtigen einerseits unstreitig gerade nicht die hier getroffenen Feststellungen und Bewertungen zur Fälligkeit der vollständigen Stromsteuernachzahlungen ab 25.06.2009, andererseits beinhalten sie aber auch keine eigentlich notwendige Gegenüberstellung fälliger Forderungen der U F4 GmbH mit deren jeweilig aktuellen Verbindlichkeiten, aus der sich ohne Sachverstand dem bisher gefundenen Ergebnis widersprechende Angaben evident erkennen ließen. Vielmehr fehlten hierzu jeweils die Übersichten der Bankkontenstände der U F4 GmbH, die anders als diejenigen der U I7 AG nicht konsolidiert bereitgestellt worden waren. Die eingeführten Unterlagen stellen so - bei nicht sachverständiger Betrachtung - nur privat zusammengefasste Teile der Buchhaltung dar, bei denen, um Rückschlüsse auf das hiesige Ergebnis der Beweisaufnahme ziehen zu können, eine sachverständige Auswertung auf der Grundlage zahlreicher weiterer Daten notwendig wäre. Die vorgelegten Unterlagen für sich betrachtet ergeben nach Sichtung und Prüfung durch die Kammer aber keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür, dass der u.a. unter Berücksichtigung der ausgeführten Beweisanzeichen im Rahmen einer Gesamtwürdigung gezogene Schluss unzutreffend wäre und insofern eine sachverständige Auswertung der Buchhaltungsdaten zu einem anderen Ergebnis kommen müsste. Selbst aber bei Zugrundelegung der dort niedergelegten, nicht verifizierten Zahlen, ergäbe sich unter Berücksichtigung der hiesigen Auffassung zur Fälligkeit der Stromsteuernachzahlungen zum 25.06.2009 kein Widerspruch zu dem bereits gefundenen Ergebnis.

Aus den gleichen Gründen widersprechen auch die wiederum durch die Verteidigung des Angeklagten C ohne den dafür notwendigen besonderen Sachverstand zusammengestellte, eingeführte "Saldenliste aller Bankkonten" der U I7 AG, die nahezu durchweg einen positiven Buchungsstand ausweisen, dem gefundenen Ergebnis. Denn zu einer sinnvollen Bewertung bedürfte es wiederum der Gegenüberstellung mit den jeweils fälligen Verbindlichkeiten. Daneben berücksichtigen die dortigen Übersichten ohnehin weder die hier angenommenen Haftungswirkungen für die U I7 AG gegenüber der U F4 GmbH über die Patronatserklärung vom 27.08.2008 noch die sich aus Gesamtschuld ergebenden Verbindlichkeiten der U N8 GmbH gegenüber der C2 M3 Fußball GmbH.

(3) Negativfeststellung einzelner Beweisanzeichen

Dem gefundenen Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass als Ergebnis der Beweisaufnahme positiv feststeht, dass weitere in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich angeführte, mögliche Beweisanzeichen nicht vorlagen. Zum Einen sind sämtliche dort angeführten Beweisanzeichen exemplarisch aufgeführte, mögliche Beweisanzeichen, die ausweislich der Formulierung "u.a." keinen enumerativen Katalog darstellen und entsprechend für die Feststellung einer Zahlungsunfähigkeit auch nicht sämtliche dieser Beweisanzeichen kumulativ vorliegen müssen. Insofern mag die U I7 AG im Tatzeitraum zwar Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sowie deren Sozialversicherungsabgaben und andere Zahlungen fristgemäß vollständig beglichen haben. Diese standen aber außerhalb des praktizierten Priorisierungssystems und betrafen lediglich laufende Verbindlichkeiten der U I7 AG in geringer Größenordnung, die jedenfalls dann nicht hätten gezahlt werden können, wenn die (über-)fälligen Netzbetreiberverbindlichkeiten und Forderungen der C2 M3 Fußball GmbH durch das HZA L10 zum Fälligkeitszeitpunkt bezahlt worden wären und gruppenweite liquide Mittel nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Ebenso war es gerade Ausfluss des betriebenen Priorisierungssystems, dass fällige, als bestehend anerkannte Gläubigerforderungen solange nicht bezahlt wurden, bis eine existenzbedrohliche Eskalationsstufe erreicht war, in Folge derer wiederum umgehend priorisiert bezahlt wurde. Dass dann gescheiterte Vollstreckungsversuche nicht vorliegen werden, ist letztlich Ergebnis der strategischen Zahlweise und konnte so das gefundene Ergebnis nicht entkräften, gleiches gilt im Übrigen für das Nichtvorliegen von Scheck- und Wechselprotesten und Insolvenzanträgen von Gläubigern. Nichtsdestotrotz hatte das strategische Zahlverhalten ja auch dazu geführt, dass die Netzbetreiber beständig Sicherheitsleistungen einforderten, die zum Teil gezahlt wurden und zur Umstellung der Zahlweise auf Vorauszahlungen und Einschaltung der Bundesnetzagentur Veranlassung gaben. Im Übrigen waren ja all diese positiven Umstände, die den Angeklagten als Vorstände der U I7 AG bekannt waren, auch aus deren eigener, damaliger Sicht nicht geeignet, von ihrer eigenen Einschätzung, dass die U I7 AG jedenfalls ab 25.06.2009 mit der Fälligkeit der Stromsteuernachzahlungen zahlungsunfähig war - vgl. oben unter C.III.4.b).(1).(i) -, abzuweichen. Im Übrigen ist es zahlungsunfähigen Unternehmen immanent, dass selten alle Gläubigerforderungen insgesamt nicht beglichen werden können, sondern eben nur ein - wenn auch gewichtiger - Teil dieser Gesamtforderungen, der sich wie dargestellt in der hiesigen Konstellation bereits aus den fälligen, der Mithaftung unterliegenden Stromsteuer- und Netzbetreiberforderungen und zumindest zeitweise den Forderungen der C2 M3 Fußball GmbH zusammensetzt.

(4) Sachverständiger Prof. Dr. A

Ebensowenig stehen die Ausführungen des als präsenten Sachverständigen vernommenen Prof. Dr. A im Widerspruch zu dem gefundenen Ergebnis: Der durch die Verteidigung des Angeklagten C als "Parteigutachter" beauftragte Sachverständige Prof. Dr. A hatte ausweislich seiner eigenen Ausführungen zu keiner Zeit Zugriff auf die Primärdaten der Buchhaltung und diese auch nie einsehen können, sondern hat seine vorgetragenen "gutachterlichen" Wertungen allein auf Grundlage vorausgegangener gutachterlicher Stellungnahmen im hiesigen Verfahren, so hier vor allem die - nicht in der Hauptverhandlung eingeführten - gutachterlichen Stellungnahmen der B23 AG sowie die Gutachten des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren, und die dort jeweils referenzierten Urkunden, ergänzt um erläuternde Auskünfte durch den Auftraggeber, gestützt. Eine mündliche oder schriftliche Aufarbeitung im Sinne der von dem Bundesgerichtshof geforderten stichtagsbezogenen Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits war zu keiner Zeit erfolgt. Hierzu hat Prof. Dr. A bei seiner Vernehmung selbst bekundet, dass eine Auswertung der Primärdaten für eine aussagekräftige Prüfung notwendig gewesen wäre. Er hätte einen Liquiditätsplan nur dann im insolvenzrechtlichen Sinne aufstellen können. Der Fokus seiner Arbeit habe daher auftragsgemäß allein auf der Überprüfung der vorhandenen Ansätze gelegen, hier vor allem der durch den Insolvenzverwalter beauftragten B23 AG. Eine Alternativaussage dazu habe er zu keiner Zeit getroffen.

Die so - in Abwesenheit einer der betriebswirtschaftlichen Methode genüge bringenden Sachverständigenprüfung -Einschätzungen Prof. Dr. As betrafen dann auf Grundlage der limitierten Sachverhaltskenntnis sämtlich Wertungen zu den methodischen Ansätzen eines möglichen, aber nach eigenen Bekundungen nicht erstellten Sachverständigengutachtens bzw. eigene rechtliche Bewertungen von Sachverhaltskonstellationen. Diese haben so z.B. im Hinblick auf die Bewertung der Fälligkeit der Stromsteuerforderungen und des Nichtaufstellens von Jahresabschlüssen, in tatsächlicher Hinsicht für die Kammer keinen Anlass gegeben, im Rahmen der Feststellungen von anderen Geschehensabläufen auszugehen und auch - bei Einstellung in die hierzu durchzuführende Gesamtwürdigung - zu keiner veränderten Bewertung des bisher gefundenen Ergebnisses geführt.

(5) Sonstige Erwägungen

Der Zeuge L4 hat bekundet, es habe bei seinem Einstieg nach seiner Einschätzung noch offene Forderungen gegen Kunden gegeben, die man bei den bisherigen Einschätzungen habe gegenrechnen können. Wenn man diese hätte liquide machen können, hätte sich die Situation verbessert, dass sei aber nicht ganz einfach gewesen, da die Debitorenabteilung auf veralteten Datenbanksystemen arbeitete und es schwer gewesen sei, herauszufinden, was bezahlt worden sei und was nicht. Die Forderungen hätten sich auf ca. 19 Mio. € belaufen. Die Kammer sieht diese Bekundungen als widerlegt an. Sie stehen zunächst im Widerspruch zu sämtlichen eingeführten, unternehmensinternen Unterlagen in diesem Kontext, in denen offene Kundenforderungen Ende 2009 in dieser Größenordnung nicht auftauchen. Weiter ergibt sich aus den Bekundungen L4s selbst, dass seine Einschätzung nicht auf gesicherten Buchhaltungserkenntnissen, sondern allein auf Grundlage seiner subjektiven Bewertung erfolgt sein soll. Auf entsprechenden Vorhalt hat L4 dann auch bekundet, dass er die Erkenntnis zur Höhe der Kundenforderungen nicht aus der Buchhaltung, sondern allein aus den Bilanzen gewonnen habe. Da es bei seinem Einstieg seines Erachtens eine Bilanz für 2009 für die Gesellschaften nicht gegeben habe, habe er, so glaube er, seine Erkenntnis zu den offenen Kundenforderungen allein aus der Bilanz 2008 erworben und dies auf die Zeit seines Einstiegs übertragen. Wie er aus den Werten aus der Bilanz 2008 Rückschlüsse auf das Bestehen von Kundenforderungen Ende 2009 hat schließen wollen, konnte der Zeuge dann aber nicht erläutern. Vor diesem Hintergrund bewertet die Kammer die Angaben L4s, der selbst strafrechtlich in dieser Sache belangt worden war, als Schutzbehauptung zu seinen Gunsten, denen die Kammer nicht folgt.

c) Vorsatz der Angeklagten

Die Feststellungen zu den subjektiven Einstellungen der Angeklagten im Tatzeitraum beruhen auf den hierzu eingeführten Urkunden, den Bekundungen der hierzu vernommenen Zeugen sowie ergänzend auf der Einlassung Dr. Ls, soweit dieser gefolgt werden kann.

(1) Kenntnis der Liquiditätslage der U I7 AG

Zunächst ergibt sich u.a. zuvorderst in einer Zusammenschau aus den eingeführten Urkunden, hier vor allem der Protokolle der Vorstands- und Führungskreissitzungen, die den Angeklagten sämtlich bekannt waren, sowie den eingeführten Liquiditätsübersichten, dass die Angeklagten als Mitglieder des Vorstands der zentralen U I7 AG sowie der Angeklagte C und Dr. L darüber hinaus jeweils als Geschäftsführer der U F4 GmbH respektive der U T21 GmbH im gesamten Tatzeitraum über die jeweilige Liquiditätslage dieser Gesellschaften und der U-Gruppe insgesamt informiert waren. Hierzu hat der Angeklagte Dr. L auch glaubhaft eingeräumt, dass er selbst zu jeder Zeit über die Gesamtsituation der Finanzen bei der U I7 AG und der Gruppe informiert gewesen sei und es kein in den jeweiligen Ressorts gebildetes Herrschaftswissen gegeben habe. Jeder habe zwar seine Aufgaben unabhängig wahrgenommen, es habe aber auch Informationsaustausch gegeben, insbesondere natürlich dann, wenn "die Hütte brannte". Damit übereinstimmend hat auch der Zeuge B - insoweit unter Berücksichtigung der Besonderheiten seines Aussageverhaltens glaubhaft - bekundet, dass alle drei Vorstände, also auch er selbst, zu jedem Zeitpunkt gleichmäßig informiert gewesen seien und Liquiditätspläne erhalten hätten. Zudem wird das gefundene Ergebnis auch durch die Bekundungen der vernommenen Mitarbeiter der U-Gruppe bestätigt. So hat zum Beispiel der Zeuge T8 bekundet, dass allen Vorständen die Liquiditätspläne und die Situation bekannt gewesen seien.

(2) Kenntnis von möglicher Zahlungsunfähigkeit

(i) Kenntnis zum 25.06.2009

Dass die Angeklagten jedenfalls ab 10.06.2009 vor dem Hintergrund ihrer Kenntnis der Liquiditätslage der Gruppe wussten, dass bei einer Fälligkeit der Stromsteuernachforderungen die U F4 GmbH und über diese die U I7 AG zahlungsunfähig waren, ergibt sich u.a. bereits aus dem den Angeklagten durchgängig bekannten Verfahrensgang des Stundungsverfahrens bei dem HZA L10 - wie oben unter C.III.4.a).(3) dargelegt und was sich aus den dort in Bezug genommenen Beweismitteln ergibt -, wonach alle U-Vertreter, so auch die Angeklagten selbst, ab Anfang Juni 2009 gegenüber dem HZA L10 wie auch intern zu der Einschätzung gelangt waren, dass ohne ein Stundung der Stromsteuernachforderungen jedenfalls zum 25.06.2009 die U F4 GmbH und mit ihr die U I7 AG mit den vorhandenen liquiden Mitteln die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen kann. Die Kenntnis der insolvenzkritischen Lage wird dabei insbesondere auch durch das Protokoll zu der am 10.06.2009 unter Beteiligung der Angeklagten stattfindenden außerordentlichen Vorstandssitzung mit der C3 AG belegt, nach dem "Stand heute gemäß den Berechnungen der C3 AG eine Illiquidität festgestellt" wurde und das Rechnungswesen und das Controlling angewiesen werden sollte, die Liquiditätsübersicht hierzu zu verifizieren und dem Vorstand den endgültigen Stand zu melden, woran sich dann eine "dreiwöchige Insolvenzantragspflicht für Vorstände und Geschäftsführer" anschließe. Daran anknüpfend belegt das von den Angeklagten mit unterschriebene Schreiben vom 09.07.2009, dass jedenfalls - insofern folgerichtig zu den Angaben vom 10.06.2009 - zum 25.06.2009 der "Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit nach gründlicher Überprüfung und Verifizierung von offenen Verbindlichkeiten, Forderungen und sonstigen kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenständen" festgestellt worden war und bislang noch keine potenziellen Investoren zur Einbringung von Kapital gefunden werden konnten. Letzteres wird auch durch sämtliche oben unter C.III.4.a).(5) referenzierten Beweismittel belegt, aus denen sich insgesamt ergibt, dass im Tatzeitraum - wie den Angeklagten bekannt - Kapitalzuflüsse zur Entlastung der bestehenden Liquiditätssituation im notwendigen Umfang nicht erfolgten bzw. realistische, hinreichend konkrete, kurzfristige Zahlungszusagen nicht vorlagen. Gestützt wird das Ergebnis durch die Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009, in denen der bisherige Mandatsverlauf mit der C3 AG kursorisch beschrieben wird, dass sich aus deren Sicht mit Eingang des Stromsteuerbescheids die U I7 AG wie auch ihr zugehörige Einzelgesellschaften im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befunden hätten und sich dann spätestens im Juni 2009 die Frage ergeben hätte, ob nicht bereits Zahlungsunfähigkeit der einzelnen Gesellschaften mit der Folge einer Insolvenzantragspflicht eingetreten war. Der Bestand der U I7 AG sei insofern "hochgradig gefährdet" gewesen, worüber die C3 AG in einem ausführlichen Telefonat mit K als Vertreter des Aufsichtsrats sowie allen Vorständen der U I7 AG, "insbesondere im Hinblick auf die Konsequenzen", informiert habe, was - wie oben unter C.III.4.a).(3).(ii) dargelegt - durch die Zeugen M2 und K2 für den 11.06.2009 bestätigt wurde.

Die sie sich so ergebende Kenntnis der Angeklagten zu konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit ab dem 25.06.2009 wird zudem durch die insoweit geständigen Einlassungen des Angeklagten Dr. L belegt, der hierzu eingeräumt hat, dass er sich an die Sitzung vom 10.06.2009 und die dort genannten Liquiditätslücken erinnere. Danach seien zahlreiche Liquiditätspläne erstellt worden, mit roten und weißen Bereichen, die Situation sei so gewesen, dass am Monatsanfang immer Gelder da waren, die dann im Verlauf des Monats schnell zuneige gingen, die Frage sei dann gewesen, ob eine Insolvenz gegeben sei. Es habe frisches Kapital eingebracht werden sollen, die dafür angedachte Kapitalerhöhung sei jedoch nur bilanziell wirksam gewesen. Er habe sich zwar auf die Auskünfte von B verlassen, es sei allerdings im Nachgang auch niemand später gekommen, der gesagt habe, dass die Deckungslücken nicht bestanden haben. Darüber hinaus hat Dr. L zu dem Schreiben vom 09.07.2009 eingeräumt, dass es seine Unterschrift trage, der Inhalt damals so zutreffend gewesen sei und auch seine damalige Kenntnis widerspiegele. Die Kasse habe zu dieser Zeit keinen Euro mehr gehabt. Jedenfalls bis Anfang 2010 sei auch kein Kapital liquiditätswirksam zugeführt worden. Zudem hat Dr. L zu dem Schreiben weiter eingeräumt, dass er in 2009 das Risiko gesehen habe, dass eine Pflicht zur Insolvenzantragsstellung für die U I7 AG bestanden habe, dem er mit dem Schreiben vom 09.07.2009 Ausdruck verliehen habe. Zudem habe er erkannt, dass die U F4 GmbH im Zeitraum zwischen Juli 2009 und Februar 2010 gegebenenfalls insolvenzantragspflichtig gewesen sei. Auch sei ihm bekannt gewesen, dass, wenn die U F4 GmbH einen Insolvenzantrag gestellt hätte, auch die U I7 AG einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko bis hin zur Gefahr einer eigenen Insolvenz ausgesetzt gewesen wäre. Hierin fügen sich dann letztlich auch die insoweit glaubhaften und übereinstimmenden Bekundungen des Zeugen B als zu dieser Zeit maßgeblichem Finanzvorstand. Danach habe sich die Situation, nachdem man Stundungsantrag gestellt habe, innerhalb der nächsten vier Wochen zugespitzt, da Gesellschafterzusagen nicht eingelöst worden seien. Für den Vorstand habe es so ausgesehen, als "schicke man das Unternehmen ins Verderben". Aus dieser Situation heraus, sei das von ihm verfasste, auch von den Angeklagten freigegebene Schreiben als Zuspitzung entstanden. Es sei an alle drei Aufsichtsräte gegangen. Von den T3s sei keine Reaktion gekommen. K habe Verständnis gezeigt, die Situation sei unbequem, er sei aber dabei, Lösungen zu suchen.

(ii) Fortbestehen der Kenntnis im Tatzeitraum

Ausweislich des Protokolls des Führungskreismeetings vom 15.09.2009 war den Angeklagten als Teilnehmer dieser Sitzung in der Folgezeit weiterhin bekannt und bewusst, dass es bis zu diesem Zeitpunkt konkrete Zusagen potenzieller Investoren nicht erfolgt waren, seitens des HZA L10 noch keine Entscheidung, ob einer Stundung der Stromsteuerschuld zugestimmt werden könne, vorlag und der Liquiditätsplan Stand 14.09.2009 eine Deckungslücke im gleichen Umfang wie in dem Schreiben vom 09.07.2009 dargelegt, nämlich von ca. 53 Mio. €, auswies. Auf Grundlage dieser Kenntnis der weiter fortbestehenden Krisensituation wurde u.a. durch die Angeklagten zum 18.09.2009 - so das Protokoll - ein Termin mit K avisiert, in dem mögliche Reaktionsszenarien wie u.a. eine Insolvenzbeantragung zur Problemlösung besprochen werden sollte, woraus sich bei weiter nicht durch Rechtsberater verbindlich geklärter Sachlage aus Sicht der Kammer erkennen lässt, dass die Angeklagten das Bestehen einer Zahlungsunfähigkeit weiterhin für konkret möglich hielten. Dies wird dann u.a. auch durch das Protokoll der außerordentlichen Führungskreissitzung mit H vom 22.09.2009 belegt, an der C teilgenommen und Dr. L das Protokoll im Verteilerkreis nach eigenen Angaben erhalten hat und in der gegenüber den zur Prüfung des möglichen Vorliegens von Insolvenzgründen für die U I7 AG beauftragten Rechtsberatern von H die Liquiditätssituation wie am 15.09.2009 ausgeführt bestätigt wird. Zudem ist dort festgehalten, dass Dr. X von H mitgeteilt hat, dass "wichtig sei festzustellen, ob das HZA L10 die Stromsteuer momentan ernsthaft einfordere, da man ansonsten schon länger in der Insolvenzverschleppung" sei.

Gerade auch die von C und B veranlasste Beauftragung der Kanzlei H zur Prüfung möglicher Insolvenzgründe bei der U I7 AG belegt aus Sicht der Kammer, dass u.a. auch die Angeklagten das Vorliegen von Insolvenzgründen, insbesondere einer Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG weiterhin für möglich hielten, weil sich aus ihrem Verhalten ergibt, dass sie die Situation - bei unveränderter Sachlage - immer noch für diesbezüglich klärungsbedürftig hielten. Wie die E-Mail Bs vom 08.10.2009 belegt, war den Angeklagten, auch bestätigt durch die Einlassung Dr. Ls, wie auch weiteren Geschäftsführern dann durch B die Niederlegung Hs vom 06.10.2009 weitergeleitet und das weitere Vorgehen dahingehend mitgeteilt worden, dass kurzfristig die Kanzlei I ein "Rechtsgutachten zur Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung" erstellen soll. Zwar waren die Gründe für die Niederlegung zunächst nur B telefonisch mitgeteilt worden, allerdings - insofern wird auf die oben unter C.III.4.a).(6), hier vor allem Punkt (ii) gemachten Ausführungen Bezug genommen - ist die Kammer der Überzeugung, dass B die Ergebnisse der Berater von H auch den Angeklagten mitgeteilt hat und diese insofern darüber informiert waren, dass H das Mandat niedergelegt hatte, weil sie - ohne "kunstgerechte" Prüfung, für die Unterlagen nicht vorgelegt worden waren - von dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes ausgegangen waren und deshalb zur Antragstellung geraten hatten.

Sofern sich der Angeklagte Dr. L hierzu eingelassen hat, dass er die Niederlegung durch H so interpretiert habe, dass diese nicht haben liefern können und eine vernünftige Aussage zur Fälligkeit der Forderung des HZA L10 nicht getroffen worden sei, hält die Kammer diese Einlassung für eine Schutzbehauptung, die die von Dr. L in den Vordergrund gestellte Rolle als in Finanzfragen nicht versierten, allein "technischen" Vorstand hinterlegen sollte. Dies wird zum Einen bereits durch Dr. Ls Einlassung zu dem Mandat mit H insgesamt belegt. Danach habe H, nach Einschaltung durch B und C, am 22.09.2009 das Ergebnis der Prüfungen mitgeteilt, was er durch das Protokoll dieser Sitzung erfahren habe. Dort habe Dr. X mitgeteilt, dass noch keine Insolvenzverschleppung stattgefunden habe, anders wäre die Situation nur, wenn das HZA die Stromsteuer "ernsthaft einfordern" würde. Die Forderung des HZA L10 sei kritisch zu bewerten gewesen, das habe er auch mit C besprochen. Es sei klar gewesen, dass man nun habe klären müssen, ob die Forderung fällig gewesen sei oder nicht. Hier hätten unterschiedliche Auffassungen bestanden. Die Datenlage sei schlecht gewesen, die Situation unscharf. Man habe keine vernünftige Aussage hierzu erhalten. Hieraus wird zunächst erkennbar, dass Dr. L die Ausführungen im Kick-Off-Meeting zu Beginn des Mandats, die Berater verfügten nur über eine überschaubare Datenlage und konnten lediglich eine vorläufige Einschätzung wiedergeben, als Ergebnis der Prüfungen darzustellen versucht, wonach keine Insolvenzverschleppung vorgelegen haben soll und hinsichtlich der Steuerforderungen nunmehr ein Prüfung habe durchgeführt werden müssen. Das widerspricht aber - wie oben unter oben unter C.III.4.a).(6) dargestellt - diametral den glaubhaften Bekundungen der Berater von H und den hierzu eingeführten Urkunden, wonach diese gegenüber B gerade eine Insolvenzantragstellung nahe gelegt hatten, da ihnen hinreichende Unterlagen, die den Verdacht der Insolvenzverschleppung hätten entkräften können, nicht vorgelegt worden waren. Das Ergebnis der Prüfung war so gerade die Niederlegung des Mandats unter Anbieten der Hilfe bei einer Insolvenzantragstellung, was die Berater von H - wie aus dem Protokoll vom 22.09.2009 ersichtlich - bereits frühzeitig für den Fall angekündigt hatten, wenn sie die Gefahr der Beihilfe zu einer Insolvenzverschleppung als gegeben ansähen. Ebenso kann die Kammer dabei nicht nachvollziehen, warum Dr. L erst mit dem Mandatsende mit H auf Grundlage der Auskunft von Dr. X zur Forderung des HZA L10 am 22.09.2009 klar geworden sein sollte, dass nunmehr die Fälligkeit der Stromsteuerforderungen habe geklärt werden müssen, wo doch Dr. L selbst - so u.a. das Schreiben vom 09.07.2009 und das Protokoll der Sitzung vom 15.09.2009 - bekannt war, dass eine rechtsverbindliche Stundung nicht vorlag und die Einstufung der Lage nach dem 01.07.2009 durchgängig unklar und noch nicht durch einen insolvenzrechtlich versierten Berater geklärt war. Letztlich hat der Angeklagte Dr. L dies auch eingeräumt, indem er nach Vorhalt der Kammer auf seine Einlassung, dass es so gewesen sei, dass einen jeder Prüfer, der neu in das Verfahren gekommen sei, ein Stück ratloser zurückgelassen habe, ausführte, dass damals "wohl mehr der Wunsch Vater des Gedankens in dem Sinne" gewesen sei und man "wie ein Vogel Strauß den Kopf in den Sand gesteckt und weitergemacht" habe.

Weiter fügt sich in das gefundene Ergebnis auch die von Dr. L und B erfolgte Beauftragung der Kanzlei I zur Prüfung möglicher Insolvenzgründe bei der U I7 AG. Denn auch durch diese Beauftragung dokumentierten die Angeklagten - so ja auch die oben zitierte Einlassung Dr. Ls jedenfalls für den Zeitraum nach Niederlegung des Mandates durch H - ihre Ungewissheit ob des Vorliegens einer Insolvenzsituation der U I7 AG. Zudem kamen die Berater von I u.a. zu dem Ergebnis, so ihr Schreiben vom 28.10.2009, dass das Schreiben vom 01.07.2009 ein bloßes Stillhalten darstellte, das die Fälligkeit der Stromsteuerforderungen nicht entfallen ließ und da "nach übereinstimmender Aussage des Vorstandes der U I7 AG und der Geschäftsführung der U F4 GmbH die U F4 GmbH weder im Zeitpunkt der Fälligkeit noch zu einem späteren Zeitpunkt (bis heute)" über die Finanzmittel zur Begleichung dieser Forderungen verfügte, die Gesellschaft zahlungsunfähig war. Darüber hinaus - die Patronatserklärung vom 27.08.2008 lag ausweislich des Schreibens zur Prüfung vor - war auch Ergebnis, dass diese "harte Patronatserklärung" zu einer Haftung der U I7 AG für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH führen sollte, die Prüfung einer Zahlungsunfähigkeit mangels Vorliegens eines Liquiditätsplans auf Einzelgesellschaftsebene nicht geprüft werden konnte, ein solcher aber u.a. den Mittelabfluss aus dem Haftungsrisiko enthalten müsste. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wussten die Angeklagten zumindest hinsichtlich der U F4 GmbH positiv, Dr. L war laut handschriftlichen Vermerk vom 27.10.2009 Teilnehmer der Abschlussbesprechung mit den Beratern von I am 27.10.2009 und beide Angeklagten Adressaten des Schreibens vom 28.10.2009, dass aus Sicht der insolvenzrechtlichen Berater jedenfalls die U F4 GmbH als Folge der Stromsteuerforderungen zahlungsunfähig war, zumal die Kanzlei I unter Hinweis auf bestehende Antragspflichten mit dem Schreiben das Mandat insgesamt auch niedergelegt hatte. Das Ergebnis wird zudem belegt durch die Zeugin E5, selbst Teilnehmerin der Abschlussbesprechung laut Protokoll, die glaubhaft bekundet hat, dass man eine Kanzlei beauftragt habe, die ins Haus gekommen sei und Zahlen von C6 eingesehen habe, ein Herr habe gesagt, "Leute das sieht nicht gut aus!" und damit lasse sich "kein Blumentopf" gewinnen. Das Mandat sei dann niedergelegt worden. Das sei kurz vor oder nach dem Weggang von B gewesen, sie meine, als L4 schon da gewesen sei, ihr seien auch noch N4, T6, C6 und H6 in Erinnerung. Zudem hat der Zeuge L4 ausgeführt, dass er sich an die Abschlussbesprechung nicht mehr erinnern könne, von dem Schreiben aber mit Sicherheit Kenntnis erlangt habe. Er habe das so verstanden, dass die Berater noch nicht sicher gewesen seien, ob eine Antragspflicht bestehe oder nicht. Allerdings habe das Thema formaljuristisch nicht auf seinem Pflichtzettel gestanden, die Antragspflicht habe ja für ihn persönlich nicht im Vordergrund gestanden, sondern die Sanierung des Unternehmens.

Gestützt wird das gefundene Ergebnis auch durch die Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009, die den Angeklagten auch bekannt waren, wonach sich aus Sicht der Berater der C3 AG auf Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen "an der Liquiditätsenge in der U-Gruppe und damit auch der U F4 GmbH nichts geändert" hatte, die Beantwortung der Vorliegens einer möglichen Zahlungsunfähigkeit weiter offen war und so die "hochgradige Bestandsgefährdung" andauerte. Dies umso mehr auch deshalb, weil die Berater der C3 AG ab dem 16.10.2009 sämtliche Prüfungstätigkeit bis zur Klärung der Fragen einstellten. Zuletzt belegen auch die Feststellungen des HZA E6 in deren Bericht zur Lage der U F4 GmbH vom 01.10.2009, nach dem der Steueranspruch selbst bei einer Stundung noch als gefährdet eingestuft wurde und dessen Ergebnisse ausweislich des Berichts den Angeklagten bereits in einer Abschussbesprechung vom 28.09.2009 bekannt gegeben worden war, die Kenntnis der Angeklagten von der insolvenzkritischen Lage jedenfalls der U F4 GmbH.

Für eine durchgängige Kenntnis der Angeklagten hinsichtlich des möglichen Vorliegens einer Insolvenzsituation sprechen zudem auch die Bemühungen der Vorstandsmitglieder ab September 2009 zum Abschluss einer D&O-Versicherung für den Insolvenzfall. Denn der Abschluss war vor allem von dem Gedanken getragen, im Falle der Insolvenz rechtlich abgesichert zu sein, so die E-Mail Dr. Ls an B und C vom 28.09.2009 - vgl. oben unter C.III.4.b).(1).(iv).

(3) Kenntnis der resultierenden Handlungspflichten

Dass den Angeklagten selbst die Konsequenz, dass ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG eine dreiwöchige Antragsfrist in Gang gesetzt wurde, nach deren fruchtlosen Ablauf Insolvenzantrag gestellt werden musste, bekannt und bewusst war, ergibt sich zunächst u.a. aus zahlreichen eingeführten Urkunden. So belegt bereits das Protokoll vom 10.06.2009, dass die Angeklagten durch Beschluss des Vorstands festgestellt haben, dass nach Abschluss interner Prüfungen der Ergebnisse der C3 AG und damit einhergehender Bestätigung, ab diesem Zeitpunkt für den Vorstand und die Geschäftsführer eine dreiwöchige Insolvenzantragsfrist zu laufen beginne. Daneben ergibt sich aus dem Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009, in der der bis dahin erfolgte Mandatsverlauf kursorisch beschrieben wird, sowie den Bekundungen der Zeugen M2 und K2, dass - wie bereits soeben unter (2) ausgeführt - eine Information durch die Berater der C3 AG am 11.06.2009 auch gegenüber allen Vorständen der U I7 AG dahingehend erfolgt war, dass ohne Stundung der Stromsteuerforderungen klar sei, dass man die fälligen Verbindlichkeiten ab 25.06.2009 nicht mehr zahlen könne und etwas passieren müsse.

Daneben wird die Kenntnis der Angeklagten auch durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen S bestätigt. Danach sei er im Juni 2009 von B telefonisch informiert worden, dass man ein Problem mit der Liquiditätslage der U-Gruppe wegen eines Stromsteuerbescheids habe, woraufhin er, S, am 15.06.2009 nach U4 gefahren sei und an einem Treffen mit allen Vorständen der U I7 AG und zwei Geschäftsführern von Tochtergesellschaften teilgenommen habe, in dem Zahlen von zwei ebenfalls anwesenden Mitarbeitern der C3 AG an die Wand geworfen und das Problem mit dem Stromsteuerbescheid des HZA L10 diskutiert worden sei. Darin habe er darlegt, was die Rechtsfolgen einer bestehenden Insolvenzsituation seien und auf die Drei-Wochen-Frist hingewiesen. Zudem habe er auf die Insolvenzanmeldepflicht für den Fall hingewiesen, dass der Zustand nicht innerhalb der Frist beseitigt werden könne. C habe dann in dem Treffen gefragt, was passiere, wenn er keinen Insolvenzantrag stellen würde, woraufhin er, S, mitgeteilt habe, dass er sich dann strafbar mache. Er meine von der Geschäftsführerin der N8 sei dann aufgeworfen worden, ob man weiterhin Verträge verkaufen könne, wozu er, S, mitgeteilt habe, dass das erst geprüft werden müsse, er aber denke, dass das in einer Insolvenzsituation nicht gehe. Zweifel an den Angaben Ss, der ja mit B bekannt war, hat die Kammer auch in Ansehung des Umstands, dass hierzu weder Aktenvermerke aufgefunden noch sich Dr. L oder einer der beteiligten Zeugen an ein solches Treffen erinnern konnten, indes nicht. Den aus den eingeführten E-Mails T6s vom 10.06.2009 auch an den Zeugen S, die zeitlich mit der außerordentlichen Vorstandssitzung und der dort laut Protokoll in Aussicht genommenen zeitnahen "rechtlichen Prüfung möglicher Maßnahmen durch einen Insolvenzrechtler" korrelieren, lässt sich nämlich entnehmen, dass S ein aktueller Liquiditätsplan zur Vorbereitung für einen Termin am Montag übersandt wurde. Weitergerechnet von Mittwoch, dem 10.06.2009, ist der Montag, der hier maßgebliche, von S in Bezug genommene 15.06.2009. Hierzu im Einklang steht dann auch das Schreiben vom 09.07.2009, in der die Angeklagten in Weiterführung der Geschehensabläufe schriftlich festgehalten haben, dass sofern bis 17.07.2009, das Datum korreliert mit dem drei Wochen vorher bestimmten Fälligkeitszeitpunkt der Stromsteuerforderung aus dem Bescheid, kein belegbarer Kapitalzufluss stattfinde, dem Vorstand und der Geschäftsführung nur die Optionen blieben, entweder Insolvenzantrag zu stellen oder das jeweilige Amt niederzulegen. Insofern sahen sich die Angeklagten selbst bereits innerhalb einer laufenden Insolvenzantragsfrist und führten gegenüber dem Aufsichtsrat die an das fruchtlose Verstreichen dieser Frist gekoppelten Handlungspflichten selbst aus.

Der Angeklagte Dr. L hatte zudem im Zusammenhang mit seinen eigenen G4-Unternehmungen 2003/2004 nach rechtlicher Beratung wegen der Kündigung eines Darlehens - so seine eigene Einlassung - Insolvenzantrag stellen müssen, woraus ihm damit korrespondierende Handlungspflichten in der Praxis geläufig waren. Darüber hinaus wurden die Angeklagten im Rahmen des Verlaufs und der Beendigung der Mandate mit den Kanzleien H, N und I beständig erneut auf ihre rechtlichen Handlungspflichten im Insolvenzfall hingewiesen.

(4) Einverstandensein mit möglichem Erfolgseintritt

(i) Für-Möglich-Halten einer Zahlungsunfähigkeit

Dass die Angeklagten - wie festgestellt - aufgrund der nachgezeichneten Anhaltspunkte eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG für möglich hielten und nicht positiv von einer Stundung der Stromsteuerforderungen ausgegangen waren, ergibt sich zunächst u.a. aus zahlreichen eingeführten Urkunden. Ausweislich der Dokumente zu dem Verfahrensgang des Stundungsverfahrens bei dem HZA L10 - wie oben unter C.III.4.a).(3) dargelegt - sowie der Protokolle des Führungskreises vom 15.09.2009 und 05.01.2010 wird belegt, dass die Angeklagten hinsichtlich der Forderungen des HZA L10 im Tatzeitraum positiv wussten, dass hierzu eine Stundung im Stundungsverfahren noch nicht ausgesprochen war und das Verfahren jedenfalls zu Beginn des Jahres 2010 noch andauerte. Insbesondere belegt das Protokoll vom 05.01.2010, dass - im Beisein der Angeklagten - die gesamte Führungsmannschaft, so auch der Leiter Finanzen L4, davon ausgingen, dass eine "endgültige Aussage des Hauptzollamts" ausstand und "eine Stundungszusage nicht erteilt worden" war und man sich an einem "Termin nächste Woche" zur Beantwortung noch offener Fragen zur Verfügung stellen und so "eine hoffentlich positive Stimmung" einfangen wolle, die man "sofern möglich, in die richtige Richtung verstärken werde". Die Angeklagten wussten zudem zur Überzeugung der Kammer ausweislich der bereits referenzieren Einschätzung der C3 AG Anfang Juni 2009 und dem eigenen Herantreten an das HZA L10, dass die U F4 GmbH ohne eine Stundung die Stromsteuerforderungen nicht zahlen konnte und dann die Gruppe insgesamt insolvent gewesen wäre, vgl. oben unter C.III.4.a).(3), auch, dass allein diese Stundungszusage die eigentlich ab Fälligkeit der Stromsteuerzahlungen jedenfalls ab dem 25.06.2009 - auch nach ihrer eigenen Bewertung - bestehende Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH und mit dieser auch der U I7 nachträglich beseitigen konnte.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich dann bei Würdigung der hierzu eingeführten Beweismittel, dass die Angeklagten - wie festgestellt - nicht sicher an eine stundungsgleiche Wirkung der unstreitig im Tatzeitraum bestehenden und eingehaltenen Zusage des HZA L10, die Stromsteuernachforderungen bis zum Abschluss der Prüfungen nicht zu vollstrecken, dahingehend geglaubt haben, dass eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG nicht vorgelegen hat. Vielmehr wussten die Angeklagten, dass die existenziellen Forderungen - wie dargelegt - nicht positiv gestundet waren. Sie kannten auch das Verhalten und die Einschätzung der Berater der C3 AG, die trotz Kenntnis des Inhalts des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 die Tätigkeiten im Hinblick auf das Stundungsverfahren eingestellt hatten und keinerlei Tätigkeiten mehr bis Ende August 2009 entfalteten, was sich u.a. aus den Schreiben vom 28.10.2009 sowie den Protokollen zu den Besprechungsterminen vom 26.06. und 29.06.2009 ergibt. Hierzu hat auch der Zeuge M2 bekundet, dass ihm und der C3 AG seitens des Unternehmens kommuniziert worden sei, dass man aus dem Schreiben des HZA L10 vom 01.07.2009 intern geschlossen habe, dass, solange sich das HZA L10 ernsthaft mit der Prüfung der Stundung befasse, eine faktische Stundung vorliege. Er, M2, habe dazu gesagt, man wisse es nicht, es könnte so sein. Daneben war den Angeklagten, insbesondere Dr. L als Auftraggeber, bekannt, dass die gerade mandatierte Kanzlei N trotz der notwendigen Investorensuche bis zur Mandatierung der Kanzlei H keine nennenswerte Tätigkeiten entfaltete und stattdessen diese nach Kenntnisnahme des Schreibens vom 01.07.2009 durch Übersendung durch B zunächst auf den Eingang von Investorengeldern warteten, so das E-Mail-Konvolut zwischen A7 und S vom 02.07.2009.

Weiter belegt dann das Schreiben des Vorstands vom 09.07.2009, dass die Angeklagten sich selbst, trotz der darin niedergelegten Annahme einer Aufschiebung der Fälligkeit der Stromsteuerforderungen bis zum 22.07.2009, in einer bereits laufenden Insolvenzantragsfrist sahen, die zum 17.07.2009 abzulaufen drohte. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Schreiben seitens des Vorstands "zugespitzt", so der Zeuge B, formuliert worden sein könnte, um unabhängig von der tatsächlichen Situation Druck auf den Aufsichtsrat als möglichem Geldgeber auszuüben. Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch das gesamte nachgelagerte Verhalten der Angeklagten selbst. Zum Einen ergibt sich aus den E-Mails Dr. Ls u.a. an C und B sowie an H7 jeweils vom 16.07.2009, dass bei den Angeklagten eine extreme Unsicherheit dahingehend bestand, dass tatsächlich ab dem 17.07.2009 eine Insolvenzverschleppung vorliegen könnte. Weiter fand gerade am 17.07.2009, dem Ende der selbst gesetzten Antragsfrist, eine gemeinsame Sitzung des Aufsichtsrats und des Vorstands der U I7 AG zu den Themenbereichen "Diskussion über den Stand der Kapitalerhöhungsmaßnahmen und der Liquiditätslage" sowie "Nachtrag zu den Vorstandsverträgen" statt, so die E-Mails Ks an C, B und Dr. L vom 15.07.2009 sowie Dr. Ls u.a. an C und B vom 16.07.2009, in der gerade die kritischen Themen besprochen werden sollten. Zwar haben die Angeklagten die in dem Schreiben vom 09.07.2009 zum Ablauf der Frist angekündigten Maßnahmen nach dem 17.07.2009 nicht durchgeführt, insbesondere keinen Insolvenzantrag für die U I7 AG gestellt, was aber aus Sicht der Kammer vor dem Hintergrund der auch an der Sitzung vom 17.07.2009 besprochenen, in Aussicht gestellten Prämienzahlung mit Abwartefrist bis zum 15.09.2009, wie oben unter C.III.4.a).(4), erklärbar ist. Hierfür spricht nämlich im Besonderen, dass erstmals insolvenzrechtlich versierte Berater zum 15.09.2009, gerade dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abwartefrist hinzugezogen worden sind. So war den Angeklagten ausweislich des Protokolls vom 10.06.2009 ab diesem frühen Zeitpunkt bekannt, dass für eine verbindliche Einschätzung der Krisensituation die Hinzuziehung eines insolvenzrechtlich spezialisierten Rechtsberaters unabkömmlich war. Gleichwohl sahen die Angeklagten in der Folgezeit bis zum Ablauf der Abwartefrist und der Beauftragung von H trotz dieser Kenntnis von einer als notwendig er- und bekannten früheren Beauftragung für die Prüfung einer möglichen Zahlungsfähigkeit der U-Gesellschaften, auch in Ansehung selbst gesehener laufender Insolvenzantragsfristen, ab. Eine frühere Hinzuziehung Anfang Juli 2009 hätte insbesondere deshalb besonders nahe gelegen, weil alle Vorstandsmitglieder am 15.09.2009 die Hinzuziehung bei ausweislich des Protokolls des Führungskreises vom 15.09.2009 unveränderter Sachlage seit Anfang Juli 2009 für notwendig erachtet haben.

Dies wird zunächst auch durch die Einlassungen des Angeklagten Dr. L selbst bestätigt, der sich hinsichtlich der Gründe für die Beauftragung der Kanzlei H eingelassen hat, dass dabei "offensichtlich auch bei B, Unsicherheit darüber bestanden habe, ob nun eine Insolvenzantragspflicht bestehe oder nicht", was die Kammer so versteht, dass jedenfalls auch bei Dr. L selbst eine Möglichkeit einer bestehenden Antragspflicht gesehen worden ist. Zu diesem Verständnis passt dann auch die weitere Einlassung Dr. Ls, dass er in 2009 das Risiko gesehen habe, dass eine Pflicht zur Insolvenzantragsstellung für die U I7 AG bestanden habe, dem er mit dem Schreiben vom 09.07.2009 Ausdruck verliehen habe. Zudem habe er erkannt, dass die U F4 GmbH im Zeitraum zwischen Juli 2009 und Februar 2010 gegebenenfalls insolvenzantragspflichtig gewesen sei. Auch sei ihm bekannt gewesen, dass, wenn die U F4 GmbH einen Insolvenzantrag gestellt hätte, auch die U I7 AG einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko bis hin zur Gefahr einer eigenen Insolvenz ausgesetzt gewesen wäre. Weiter hat der Zeuge L8 dies bestätigend bekundet, dass auch die Stromsteuer ein fälliger Posten gewesen sei, der nicht habe beglichen werden können. Die Forderung habe auf Warteposition gestanden, obwohl es eigentlich eine fällige Position gewesen sei, bis es irgendwann, ungefähr so Ende 2009, eine Vereinbarung dazu gegeben habe. Die Ungewissheit hinsichtlich der Stromsteuerforderung bei den U-Verantwortlichen wird zudem auch bestätigt durch den Zeugen N4, der glaubhaft bekundet hat, dass er mit dem Prüfbericht des HZA L10 und dem dort genannten Vorschlag zu einer Ratenzahlung gedacht habe, es komme jetzt eine Antwort hierzu. Diese sei aber nicht gekommen. Unabhängig davon habe man dann aber selbst mit der Ratenzahlung in 2010 begonnen. Die Frage, ob die Forderung ab Juli 2009 gestundet gewesen sei, habe er sich nicht gestellt, da so viel zu tun gewesen sei. Diese Aufgabe habe er denjenigen überlassen, die die Verantwortung dafür gehabt hätten. Ebenso hat der Zeuge T6 bekundet, dass, solange die Stromsteuerforderung nicht gestundet gewesen sei, es im Unternehmen durchgängig eine Diskussion darüber gegeben habe, ob diese als fällig zu bewerten sei. Die eigene Interpretation des Schreibens des HZA L10 in der Firma sei gewesen, dass dann die Fälligkeit entfalle. Den Prüfbericht habe man so interpretiert, dass die Lage nicht hoffnungslos sei und es noch Maßnahmen gebe, die Situation zu bereinigen. Man sei dann später dazu übergegangen, Gelder auf Basis des Ratenzahlungsvorschlags von sich aus zu zahlen. Letztlich habe man sich aber durchgängig immer wieder um den gleichen Punkt der Fälligkeit der Stromsteuer gedreht.

(ii) Fortführen der Geschäfte im eigenen Interesse

Zur Überzeugung der Kammer steht weiter fest, dass die Angeklagten sich im Bewusstsein der so im gesamten Tatzeitraum als bestehend erkannten Möglichkeit des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG als Vorstand insgesamt gemeinsam dafür entschieden haben, trotz dieses als realistisch erkannten Risikos einer bestehenden strafbewehrten Antragspflicht die Geschäfte einfach fortzuführen und es dabei vermieden haben, eine abschließende verbindliche Klärung der Rechtslage durchzuführen bzw. den Einschätzungen eingeschalteter Rechtsberater Folge zu leisten. Vorangestellt sei zunächst der Hinweis, dass es nach der Erfahrung der Kammer in zahlreichen Verfahren wegen gegen das Vermögen gerichteter Straftaten regelmäßig keiner besonders gearteten Umstände bedarf, um von einer Motivation des Täters zu eigener Bereicherung auszugehen. Allerdings hatten die Angeklagten hier aus Sicht der Kammer für ihr Verhalten - auch in Ansehung der bekannten Risiken - ein stark ausgeprägtes Eigeninteresse an der Fortführung der Geschäfte, das sich zuvorderst bereits aus dem Umstand ihrer im Wirtschaftleben privilegierten Stellung als Vorstände des zur damaligen Zeit extrem wachsenden, größten unabhängigen Energieanbieters, der zudem durch seine umfänglichen Engagements im Sponsoringbereich, z. B. die C2 M3 Fußball GmbH (W3), später die Sendung "X12...?", und damit verbundenen Medienpräsenz im gesellschaftlichen Leben einen erheblichen Bekanntsheitsgrad hatte, was auf die Angeklagten in ihrer leitenden Funktion positiv zurückstrahlte. Aus den Vorstandsdienstverträgen vom 30.06.2009 ergibt sich dann auch ein starkes finanzielles Interesse der Angeklagten an einer Weiterführung der Geschäfte, da in diesen ab Juli 2009 hohe Bruttobezüge von über 330.000 € pro Jahr zuzüglich jährlicher variabler Vergütungen in Höhe von 20% des Jahresbruttogehalts und die Bereitstellung eines Dienstwagens der Oberklasse zur privaten und beruflichen Nutzung vorgesehen war. Darüber hinaus - wie oben unter C.III.4.a).(4) dargelegt - waren ihnen bei Besserung der Lage bis zum 15.09.2009 Prämien in Höhe von insgesamt 1 Mio. € in Aussicht gestellt.

Wenn die Angeklagten vor dem Hintergrund dieser für sie im Vergleich zu ihren vorherigen Lebensentwürfen extrem positiven Gemengelage trotz der erkannten Möglichkeit einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG die Geschäfte einfach weiter führten, dann schließt die Kammer hieraus, insbesondere unter Berücksichtigung der ausgelobten Prämienzahlung, dass sie zur Erhaltung dieser Privilegien das Ziel verfolgten, jede auch noch so fernliegende Möglichkeit einer anderen Wendung abzuwarten, obwohl realistische Kapitalzuflüsse gerade - wie ihnen bekannt - nicht in Aussicht standen, vgl. oben unter C.III.4.a).(5), und eine Stundung - wie geschildert - nicht vorlag. Hierfür spricht auch, dass Rechtsberater erstmals zum Ablauf der Abwartefrist eingeschaltet wurden, obwohl die Notwendigkeit deren Einschaltung bereits ab 10.06.2009 bekannt war. Hierin lag aus Sicht die Kammer als Ergebnis der Beweisaufnahme ein bewusste Hinnahme der Angeklagten einer weiter unklaren und nicht verbindlich festgestellten Rechtslage, da eine Bestätigung des Bestehens oder Nichtbestehens der als möglich erkannten Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG durch Rechtsberater gerade nicht - wie nahe gelegen hätte - avisiert wurde. Das seitens der Angeklagten die unklare Rechtslage über die bekannt existenziell bedrohliche Forderung des HZA L10 zur Erhaltung der Privilegien gezielt beibehalten werden sollte, ergibt sich dann aus Sicht der Kammer u.a. aus dem Umstand, dass trotz Hinweises durch die eingeschalteten Berater, hier von H, I und der C3 AG, so u.a. übereinstimmend die hierzu eingeführten Urkunden und die Bekundungen der Berater, diesen die für die verbindliche Prüfung einer Zahlungsunfähigkeit einzelner Gesellschaften notwendigen Liquiditätsübersichten für jede Einzelgesellschaft nicht bereit gestellt worden waren. Entsprechend konnten weder H noch I eine "kunstgerechte" Bewertung der Liquiditätssituation der U I7 AG abgeben. Wenn aber die Bereitstellung von für eine seriöse Prüfung bekannt notwendigen Unterlagen durch die Angeklagten als Letztentscheider nicht veranlasst wurde und so eine Prüfung der Berater nicht lege artis abgeschlossen werden konnte, so folgert die Kammer daraus, dass man wie bereits im Laufe der Abwartefrist, so auch danach eben seitens der Angeklagten kein Interesse an einer verbindlichen Klärung hatte, weil diese mit hoher Wahrscheinlichkeit - wie ja auch in 2011 geschehen - bei negativem Ausgang die Stellung eines Insolvenzantrags zur Vermeidung einer Strafbarkeit unabkömmlich gemacht hätte. Denn dann hätten die aus Sicht der Kammer vorgeschobenen Schutzbehauptungen, man habe geglaubt, die Forderung sei zwar nicht gestundet, aber nicht fällig, es lägen keine verbindlichen Einschätzungen vor oder es fließe ja bald "frisches Geld", nicht mehr glaubhaft einen Erklärungsversuch für ein Zuwarten bieten können. Vielmehr dokumentiert das kontinuierliche Verhindern einer verbindlichen Klärung gerade zum Einen, das Bewusstsein der Krisensituation selbst, zum Anderen aber auch den unbedingten Fortsetzungswillen der Angeklagten um jeden Preis, gleichgültig, ob eine Antragspflicht bestand oder eben nicht.

Für letzteren spricht zudem auch, dass die Angeklagten seit 2008 das nachgezeichnete Priorisierungssystem mitbetrieben haben, durch das ja Fälligkeitszeitpunkte aus subjektiver Bewertung unter Missachtung der üblichen Procedere und gesetzlichen Bestimmungen einseitig verschoben wurden, vgl. hierzu oben unter C.III.4.a).(1). Darüber hinaus haben die Angeklagten die existenziell bedrohlichen Steuernachforderungen bewusst erst zum letztmöglichen Zeitpunkt auflaufen lassen, da in Kenntnis der massiv gestiegenen Kundenzahlen die Vorauszahlungen in 2008 nicht erhöht, Rückstellungen für drohende Nachzahlungen gerade nicht gebildet worden waren und die Jahressteuerschuld erst kurz nach Ablauf der Anmeldefrist überhaupt den Steuerbehörden mitgeteilt wurde. Wenn nun die Angeklagten vor dem Hintergrund dieses Verhaltens "sehenden Auges" Forderungen entstehen lassen, bei deren Fälligkeit sie nach eigener Einschätzung als Gruppe sofort Insolvenz anmelden müssten, und den Steuerbehörden deshalb sofort vor Fälligkeit mitteilen, dass nur eine Stundung das Unternehmen noch retten könne, so zeigt sich in diesem Vorgehen, verbunden mit dem Betreiben des Priorisierungssystems allgemein, aus Sicht der Kammer eine Grundhaltung der Angeklagten, nach der das Unternehmen, koste es, was es wolle, irgendwie am Laufen gehalten werden sollte, in der vagen, nicht von Fakten getragenen Hoffnung, die Situation irgendwann wieder - sei es durch das Finden eines Investors, die Stundung maßgeblicher Forderungen oder Ankurbeln des Vertriebs - in den Griff zu bekommen.

Dies wird, insbesondere hinsichtlich des Angeklagten C, auch dadurch belegt, dass in Reaktion auf Liquiditätsschwierigkeiten wesentlicher Fokus auf die Akquise von Kunden zu günstigen Tarifen mit Vorauszahlungen gelegt wurde, um mit diesen vereinnahmten Kundengeldern, die zunächst hätten für die Stromversorgungskosten der jeweiligen Kunden im Vertragszeitraum verwendet werden müssen, kurzfristig Liquiditätsengpässe zu verhindern. Dieses, so Dr. L nach seiner Einlassung auch von ihm getragene, "Liquidität aus der Zukunft holen", stellt aus Sicht der Kammer ein starkes Indiz dafür dar, dass bei den Angeklagten nicht die Nachhaltigkeit der Unternehmensentwicklung bis hin zu einer realistischen Einschätzung der Liquiditätssituation im Vordergrund standen, sondern vielmehr der Fortbestand zur Verwirklichung der Eigeninteressen. Die Strategie des "Liquiditätausder-Zukunftholens" im Tatzeitraum wird u.a. belegt durch das den Angeklagten bekannte, C war dort laut Protokoll anwesend, Protokoll des Aufsichtsrats vom 19.06.2009, in dem dokumentiert ist, dass als neue Produktinitiative sog. Powerpakete für bestimmte kWh-Stundenvolumen aufgelegt werden sollten, die "sofort im Voraus zu bezahlen" waren. Die Pakete seien zwar "mit 0,01 EUR nicht kostendeckend", schafften aber Liquidität. Daneben auch aus der E-Mail N4s an Dr. X vom 28.09.2009, wonach die Powerpakete der "kurzfristigen Beschaffung von Liquidität" gedient und im Ergebnis so zu einer "vorgezogenen Liquidität" geführt haben sollen. Ebenso belegt die E-Mail Dr. Ls an den Führungskreis vom 17.06.2009, dass der Verkauf dieser Pakete im Nachgang zu den Ereignissen ab dem 10.06.2009 gestartet worden war und alle, so Dr. L in der E-Mail, hofften, dass sich die begonnene positive Entwicklung fortsetzen würde. Ebenso ergeben sich die Zeiträume, die Eckdaten der Powerpakete und die erzielten Umsätze hieraus aus den E-Mails L26 u.a. an die Angeklagten vom 06.07. und 16.07.2009 sowie der E-Mail N4s an H u.a. zu den Liquiditätseingängen bis September 2009. Darüber hinaus wird die nachgezeichnete Strategie auch durch das Protokoll des Führungskreises vom 18.08.2009 dokumentiert, nach dem dem Unternehmen "in naher Zukunft" keine Brückenfinanzierung zuteil werde und es deshalb bestrebt sein solle, die Situation durch eigene Leistung zu stemmen, insbesondere solle der Verkauf der Powerpakete dies ermöglichen.

Zuletzt ergibt sich der Fortsetzungswillen der Angeklagten um jeden Preis aus Sicht der Kammer auch daraus, dass hinsichtlich der U-Gruppe seitens der Gesellschafter seit 2008 ein Gesamtverkauf angestrebt war, so u.a. nur das Schreiben der M6 AG an K vom 21.07.2008 sowie die Ausführungen in den Erläuterungen zu dem Stundungsantrag vom 23.06.2009, den die Angeklagten, auch angestoßen durch K, noch durchführen wollten, der aber bei einer Insolvenz der Gruppe nicht zu den erhofften Konditionen hätte realisiert werden können. Hier legten die Angeklagten durchweg große Hoffnung in den gut vernetzten ehemaligen Mitangeklagten K, der im Tatzeitraum Kontakte zu großen russischen Energieanbietern (H4 und F11) herzustellen vermochte. Durch die Verwirklichung des Verkaufs, das Unternehmen war für ausländische Energieversorger für einen Zugang zum deutschen Binnenmarkt durchaus interessant, hätten die Liquiditätsprobleme behoben und die Anklagten ihre privilegierte Stellung festigen können. Insofern hatten die Angeklagten ein vitales Interesse daran durch das Zuwarten Zeit für Verhandlungen zu gewinnen, um möglicherweise doch erfolgreich einen Verkauf auszuhandeln.

Das gefundene Ergebnis wird schließlich auch nicht durch die Bekundungen Bs widerlegt. Unter Berücksichtigung der dargestellten Besonderheiten seines Aussageverhaltens hat dieser eingeräumt, dass er alle gemeinsamen Entscheidungen mitgetragen und in seiner Amtszeit als Finanzvorstand auch von ihm Fehler gemacht worden seien, zudem aber ausgeführt, dass für ihn bis zur Beauftragung von H eine "Grauzone" vorgelegen habe, in der nicht klar gewesen sei, ob und inwieweit der Bescheid des HZA L10 einbezogen werden müsse. Dr. L und er seien die Zweifler gewesen, eine Krise könne gegeben sein. C und K seien der Auffassung gewesen, solange es Zweifel gebe, gebe es auch keine Insolvenz. Insoweit sei er bis dahin der Auffassung gewesen, dass ein Insolvenzantrag noch nicht zu stellen gewesen sei. Hinsichtlich der Insolvenzsituation meine er für sich, alles richtig gemacht zu haben. Unabhängig von Bs persönlicher Bewertung seines eigenen Verhaltens ergibt sich nämlich aus Sicht der Kammer auch aus den Bekundungen Bs, dass bei allen Angeklagten bis zur Beauftragung von H eine extreme Unsicherheit dahingehend bestand, ob die Stromsteuerforderungen als Folge des Schreibens des HZA L10 vom 01.07.2009 nunmehr bei der Bewertung der Liquiditätslage einbezogen werden mussten und gleichzeitig auch allen Angeklagten die Konsequenz einer möglichen notwendigen Einbeziehung bekannt war. Ebenso dokumentiert die insofern glaubhafte Aussage Bs, dass alle Angeklagten ihre Bewertung der Situation auf internen Erörterungen untereinander stützten, anstelle die bereits am 10.06.2009 als notwendig erkannte und zum 15.09.2009 auch umgesetzte Einbeziehung eines insolvenzrechtlich spezialisierten Rechtsberaters frühzeitig - auch in Ansehung des selbst verfassten Schreibens vom 09.07.2009 - voranzutreiben. Warum die Einschaltung eines solchen Rechtsberaters erst zum 15.09.2009 - dem Ablauf der von ihm angeblich nicht für verbindlich erachteten Abwartefrist - bei unveränderter Sachlage im Vergleich zum Juli 2009 erfolgte, konnte B nicht nachvollziehbar erklären, vgl. oben unter C.III.4.a).(4).

Vielmehr ergibt sich aus den weiteren Bekundungen Bs zu dem Zeitraum von Juli bis September 2009, dass irgendwann der Einwand gekommen sei, er, B, wisse nicht mehr von wem, wenn eine Forderung nicht ernsthaft eingefordert werde, dann könne sie außer Acht gelassen werden, dass auch noch von B bis zu diesem Einwand sehr wohl eine Insolvenzlage angenommen worden war. Der ausgeführte Einwand war dann aus Sicht der Kammer aber nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein vermeintlicher Begründungsansatz für ein Weitermachen bei unveränderter Sachlage ohne Beauftragung eines Rechtsberaters, der ein Zuwarten auf die ausgelobte Prämie intern rechtfertigen zu suchte. Für diese Einschätzung streiten dann auch die glaubhaften Bekundungen der Zeugin E5, die persönliche Assistentin Bs, nach denen B mit ihr bereits Ende August 2009 ein Gespräch geführt habe, was sie als Arbeitnehmerin tun könne, wenn eine Insolvenz angemeldet werden müsse, aus denen sich ergibt, dass auch B bereits vor dem 15.09.2009 eine Insolvenzlage der U I7 AG als hinreichend wahrscheinlich erachtet hat.

(5) Abweichende Einlassungen von Dr. L

Soweit sich der Angeklagte Dr. L vor dem Hintergrund des so gefundenen Beweisergebnisses eingelassen hat, dass es erstmals im Juni 2011 ein klares Votum von Rechtsberatern gegeben habe, weshalb er dann auch Insolvenzantrag gestellt habe, und im Vorfeld dazu nur widersprüchliche Meinungen eingeschalteter Rechtsberater existierten, sieht die Kammer diese Einlassung als widerlegt an. Zum Einen existierte in 2011 erstmals eine verbindliche Einschätzung deshalb, weil den dort eingeschalteten Rechtsberatern auf Veranlassung Dr. I3, so dessen Bekundungen und die hierzu eingeführten Urkunden, Liquiditätsübersichten auf Einzelgesellschaftsebene bereitgestellt worden waren, die eine verbindliche Einschätzung ermöglichten, was insbesondere im Tatzeitraum durch die Angeklagten gerade nicht veranlasst worden war. Zum Anderen waren die vorhandenen Beratermeinungen keinesfalls so konträr, wie Dr. L in seiner Einlassung glauben machen will. Bei eingehender Analyse seines Begründungsansatzes erweisen sich seine diesbezüglichen Einlassungen als bloße Schutzbehauptungen. Im Einzelnen:

Nachdem Dr. L einerseits eingeräumt hat, in 2009 das Risiko gesehen zu haben, dass die U I7 AG antragspflichtig gewesen sein könnte und er diesem Risiko durch das Schreiben vom 09.07.2009 Ausdruck verliehen haben will, gibt er aber andererseits eine nachvollziehbare Erläuterung, warum er bis September 2009 die darin angekündigten Maßnahmen nicht umgesetzt hat, nicht. Sofern dann eingewandt wird, dass H ja am 22.09.2009 - insofern konträr zu den bis dahin bestehenden Erkenntnissen - mitgeteilt habe, dass eine Antragspflicht bis dahin nicht bestanden habe, sofern die Stromsteuerschuld nicht ernsthaft eingefordert werde, ist dies bereits eine zu seinen Gunsten wirkende Verzerrung der Geschehnisse, weil der 22.09.2009 das Kick-Off-Meeting, also der Beginn der Prüfungen von H war und die zitierten Angaben Dr. Xs sich nur auf die kursorische Prüfung bereits erhaltener, "spärlicher" Unterlagen, die H nach erst kurz zuvor erfolgter Beauftragung zur Verfügung standen, so auch die E-Mail von M an Dr. X vom 17.09.2009, bezogen und eben kein abschließendes Votum darstellten. Die spätere Niederlegung als Ende der Prüfungen will Dr. L dann damit erklären, dass er gedacht habe, H, eine der führenden Kanzleien im Insolvenzrecht, könne nicht liefern, was - wie oben unter C.III.4.a).(6) dargestellt - bereits durch die eingeführten Mandatsunterlagen und die Bekundungen der Berater widerlegt ist. In der weiteren Einlassung führt Dr. L dann aus, dass man nun erstmals die Notwendigkeit einer Prüfung der Steuerschuld durch einen Rechtsberater gesehen und deshalb die Kanzlei I beauftragt habe, was aber im Widerspruch zu dem bereits gefundenen Ergebnis der Kenntnis der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Rechtsberatern für die Bewertung der Stromsteuer bei den Angeklagten ab Juni 2009 steht. Die widersprechenden Beratermeinungen will Dr. L dann damit dokumentieren, dass aus seiner damaligen Sicht das HZA L10 von einer positiven Liquiditätslage ausgegangen sei, was aber im Widerspruch zu den Feststellungen des HZA L10 in deren Prüfbericht vom 01.10.2009 steht, wonach dort der Steueranspruch selbst bei einer gewährten Stundung noch als gefährdet betrachtet wurde. Die Ergebnisse des Prüfberichts waren so "positiv", dass in dem späteren Insolvenzverfahren der U I7 AG das Finanzamt T14 auf einfaches Anfechtungsschreiben des Insolvenzverwalters ab der Kenntnis dieses Prüfberichts die Rückerstattung sämtlicher erhaltener Steuerzahlungen im Volumen von ca. 28 Mio. € veranlasste. Insofern steht die von Dr. L als ihm damalig bekannt bestätigte Einschätzung der Kanzlei I Ende Oktober 2009, dass die Stromsteuerforderungen von der U F4 GmbH durch das HZA L10 "ernsthaft eingefordert" würden, auch nicht - so aber Dr. L - im Widerspruch zu dessen Feststellungen, sondern vielmehr gerade im Einklang mit diesen. Gleichsam hatte I aber auch mitgeteilt, dass eine Prüfung einer Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG mangels vorgelegter, benötigter Unterlagen nicht durchgeführt worden war.

Der Schutzbehauptungscharakter der Einlassungen Dr. Ls zu seiner eigenen Entlastung wird zudem erkennbar daran, dass er zur Bestätigung anführt, die C3 AG habe in dem Schreiben vom 28.10.2009 mitgeteilt, dass die Frage der Insolvenzantragspflicht nicht eindeutig beantwortet werden konnte, wohingegen die C3 AG zum Einen zur Prüfung dieser Pflicht überhaupt nicht mandatiert gewesen war und diese auch nicht durchgeführt hat - so die Mandatsunterlagen und die Bekundungen der Berater -, zum Anderen in dem Schreiben aufgeführt war, dass die Beantwortung dieses Frage bei "hochgradiger Bestandsgefährdung" immer noch offen sei. Schließlich führt Dr. L zur Begründung einer im Herbst 2009 noch immer bestehenden Zweifel an dem Bestehen einer Antragspflicht aus, dass das HZA L10 selbst mit Wirkung zum November 2009 einen Stundungsplan mit der U F4 GmbH vereinbart habe, wohingegen im Jahr 2009 - so beispielsweise des Protokoll des Führungskreises vom 05.01.2010 - eine Stundung auch nach interner Einschätzung eben nicht erfolgt war und wie oben unter C.III.4.a).(3) dargestellt, Zahlungen seitens der U-Gruppe einseitig erst ab Februar 2010 aufgenommen worden waren. Wenn dann zu guter Letzt Dr. L für Ende Oktober glauben machen will, dass zwar einiges für eine Insolvenzantragpflicht der U F4 GmbH gesprochen habe, eine Antragspflicht für die U I7 AG nicht habe eindeutig beantwortet werden können, so lässt sich daran aus Sicht der Kammer nachdrücklich erkennen, dass die Einlassungen Dr. Ls hinsichtlich seiner subjektiven Einstellungen insgesamt davon getragen waren, sich möglichst durch Aufbereitung der Geschehensabläufe in Kenntnis der vorhandenen Beweismittel zu seinen Gunsten zu entlasten, denn dass die Liquiditätslage der U I7 AG nicht abschließend geprüft wurde, lag einzig und allein an den Vorstandsmitgliedern selbst, die zunächst eine Prüfung nicht in Auftrag gegeben und danach die erforderlichen Liquiditätsübersichten auf Einzelgesellschaftsebene nicht bereitgestellt hatten. Zudem waren die existierenden Beratermeinungen keinesfalls widersprechend, sondern deuteten vielmehr allesamt in Richtung der notwendigen Insolvenzantragstellung für die U I7 AG, die Dr. L - ja ausweislich des Schreibens vom 09.07.2009 - selbst frühzeitig und letztlich zutreffend dokumentiert hat.

Schließlich kann sich Dr. L auch nicht dadurch entlasten, dass er selbst zu einer Einschätzung nicht in der Lage gewesen sein will, weil er allein "technischer Vorstand" gewesen sei und sich umfänglich auf B verlassen habe. Selbst nach seiner eigenen Einlassung waren ihm alle Umstände der bestehenden Liquiditätssituation der Gruppe genauso wie die Möglichkeit des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG - so auch seine Einlassung - und mögliche Konsequenzen hierzu bekannt und bewusst. Die in diesem Zusammenhang stehenden Informationen rührten auch nicht sämtlich von B her, sondern beginnend mit der C3 AG auch von externen Einschätzungen anderer Personen. Darüber hinaus hätte Dr. L - der bereits in früherer Zeit Erfahrungen mit Insolvenzen von Gesellschaften gemacht hatte - bei seinen vorgetragenen Zweifeln bereits im Juli 2009 auf die Hinzuziehung externer Berater hinwirken müssen. Seine Einlassung ist vielmehr ebenso ein untauglicher Versuch, seine eigene Rolle in den Geschehnissen, über die er stets - auch als Geschäftsführer der U T21 GmbH - umfänglich informiert war, klein zu reden.

Genausowenig entlastend ist der Hinweis darauf, dass die Steuerforderung ja allein die U F4 GmbH betroffen habe, auf deren Geschäftsführung er aber keinen Einfluss habe nehmen können. Zum Einen handelte es sich bei der U F4 GmbH um eine 100%-ige Tochtergesellschaft der U I7 AG. Zum Anderen - dies hat der Zeuge C6 plastisch dargestellt - waren die einzelnen Untergesellschaften eigentlich nichts anderes als in Gesellschaften ausgegliederte "Einzelabteilungen eines Gesamtunternehmens", der U-Gruppe, was u.a. auch durch die allein existierenden Gruppenplanungen unter Berücksichtigung auch der Verbindlichkeiten der U F4 GmbH belegt wird. Darüber hinaus hat Dr. L auch eingeräumt, dass ihm allerdings bewusst gewesen sei, dass, wenn die U F4 GmbH einen Insolvenzantrag gestellt hätte, auch die U I7 der Gefahr einer eigenen Insolvenz ausgesetzt gewesen wäre. Letztlich hat Dr. L ja selbst in dem Schreiben vom 09.07.2009 und anderen Dokumenten eine Antragspflicht der U I7 AG auf der Grundlage von Netzbetreiber- und Steuerverbindlichkeiten der U F4 GmbH gesehen, was belegt, dass ihm die Haftungsüberleitung durch die Patronatserklärung durchaus bekannt war.

5. Feststellungen zu Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift)

Hinsichtlich der Tat 2 hat sich Dr. L weitestgehend geständig eingelassen. Er hat eingeräumt, dass in seiner Zeit als Vorstand der U I7 AG eine Bilanz für das Jahr 2010 erst gar nicht aufgestellt und die C3 AG nur zur Prüfung der Bilanzen 2008 und 2009 beauftragt worden sei. Diese Einlassung wird durch die hierzu eingeführten Urkunden sowie die diesbezüglichen Bekundungen der Zeugen ergänzt und bestätigt: So hat der beauftragte Prüfer der C3 AG, der Zeuge M2, glaubhaft bekundet, dass er als Abschlussprüfer für die U I7 AG für das Jahr 2008 bestellt worden sei, er aber nie in die Situation gekommen sei, dass es belastbare, prüffähige Jahresabschlüsse gegeben habe, man habe sich immer mit 2008 beschäftigt, Entwürfe von Lageberichte seien ihm zu keiner Zeit zur Kenntnis gelangt. Diese Bekundungen werden zudem bestätigt durch das eingeführte Schreiben der C3 AG vom 28.10.2009, worin u.a. M2 darauf hinwies, dass der C3 AG ein formal aufgestellter und von Vorständen unterschriebener Jahresabschluss 2008 der U I7 AG nicht vorgelegt worden, sondern die Prüfung allein auf Entwurfbasis erfolgt sei. Ein Entwurf eines Lageberichts sei bislang noch überhaupt nicht vorgelegt worden. Ebenso haben die Gruppenmitarbeiter T8 und X6, die die Buchhaltung der U I7 AG maßgeblich mitbetreuten, sowie C6, der Leiter der Controllingabteilung, übereinstimmend bekundet, dass es prüffähige Jahresabschlüsse für die U I7 AG jedenfalls ab 2009 nicht mehr gegeben habe, für diese hätten, wenn überhaupt, nur Entwurfsfassungen vorgelegen. Darüber hinaus hat der Anfang März, also während der laufenden Erstellungsfrist, hinzutretende neue Vorstandsvorsitzende Dr. I3 glaubhaft bekundet, dass er auf Nachfrage im Unternehmen nach den Jahresabschlüssen der U I7 AG und ihrer Tochtergesellschaften ihm kein einziger Abschluss vorgelegt worden sei. Es habe für alle Gesellschaften ab 2008 keine testierten Jahresabschlüsse gegeben.

Für die Kammer steht als Ergebnis der Beweisaufnahme auch fest, dass die Angeklagten trotz des Hinzutretens von Dr. I3 weiterhin auf die Erstellung eines Abschlusses auf Basis der vorhandenen Zahlen hätten hinwirken können. Insbesondere bestätigt die eingeführte E-Mail vom 21.01.2011 des Zeugen T8, dass dieser u.a. die beiden Angeklagten darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass die Bilanzen für 2010 der U I7 AG - neben anderen Bilanzen - zu dieser Zeit noch nicht fertiggestellt war, weil die üblichen Jahresabschlussarbeiten insbesondere wegen der angeforderten Sonderauswertungen für die Investoren noch nicht hätten erfolgen können. Insofern waren aus Sicht der Kammer die Mitarbeiter der bestehenden Abteilung Bilanzbuchhaltung bei der U I7 AG schon zu dieser frühen Zeit durch die Angeklagten maßgeblich nicht zur Erfüllung der ihnen bekannten Bilanzierungspflichten, sondern vielmehr zweckwidrig zur Erstellung von Sonderauswertungen angehalten worden. Die üblichen Jahresabschlussarbeiten wurden also weisungsgemäß nicht durchgeführt.

Ebenso steht der Möglichkeit der Abschlusserstellung auch nicht der Umstand entgegen, dass durch die durch die Presseberichterstattung im Herbst 2010 und den Wegfall des Lastschrifteinzugsverfahrens verursachten Buchungsrückstände von bis zu vier Wochen eine vernünftige Aufarbeitung der Datenlage nicht möglich gewesen sei. Zum Einen betrafen diese Rückstände allein die Debitorenbuchhaltung der U T21 GmbH, die sich auf die Erstellung eines Jahresabschlusses für die U I7 AG nur geringfügig auswirkten, sofern - wie hier bei der ausgeurteilten Tat - nicht der Konzernabschluss und -lagebericht betroffen waren. Zum Anderen hat sich der Angeklagte Dr. L selbst eingelassen, dass er mit allen verfügbaren Kräften versucht habe, die Rückstände aufzuholen und sie zumindest habe gleich halten können, insofern wären noch fehlende Daten auch noch innerhalb der laufenden Aufstellungsfrist, nämlich jedenfalls ab Februar 2011 verfügbar gewesen. Warum die Angeklagten trotzdessen nichtmals einen vorläufigen Jahresabschluss hätten aufstellen können, erschließt sich der Kammer vor diesem Hintergrund nicht, zumal die Angeklagten ab 2009 zu keiner Zeit externe Hilfe für die Erstellung der Jahresabschlüsse und Lageberichte in Anspruch genommen haben, sondern die C3 AG allein für 2008 und 2009 als Prüfer bestellt hatten. Insofern verfängt auch die Einlassung Dr. Ls in diesem Zusammenhang nicht, dass er die Voraussetzungen für eine fristgerechte und ordnungsgemäße Erstellung einer Bilanz bei allen Anstrengungen nicht habe schaffen können.

Dass beiden Angeklagten die Notwendigkeit der Aufstellung eines Jahresabschlusses und eines Lageberichts für die von ihnen betreuten Gesellschaften bestens bekannt war, ergibt sich aus den eingeführten Urkunden sowie den glaubhaften Bekundungen der Zeugen M2 und K2, im Besonderen jedenfalls aus der Beauftragung der C3 AG Anfang 2009 zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts der U I7 AG für 2008. In den hierzu verfassten Bestätigungsschreiben der C3 AG, die den Angeklagten bekannt waren, war umfänglich ausgeführt, dass sie als Vorstände der U I7 AG innerhalb einer gesetzlichen Frist Jahresabschlüsse und Lageberichte aufstellen und diese durch ein Testat bestätigen lassen mussten, was sich zudem aus den hierzu eingeführten Urkunden mit Bezug zur C3 AG insgesamt ergibt. Weiter wird dies belegt durch die Einlassung Dr. Ls selbst, nach der er als Vorstand alles daran gesetzt habe, die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Buchführung sowie für die fristgerechte und ordnungsgemäße Erstellung einer Bilanz zu schaffen, was ihm aber nicht gelungen sei. Insofern musste ihm auch die Bilanzierungspflicht geläufig sein.

Die strafbewehrte Aufstellungspflicht traf auch den Angeklagten C, der zwar ausweislich der eingeführten Urkunden und Bekundungen der Zeugen unstreitig Anfang März 2011 als Vorstandsvorsitzender der U I7 AG durch Dr. I3 ersetzt wurde, der aber andererseits bis zum Ende der Aufstellungsfrist vollwertiges Mitglied des Vorstands geblieben war. Letzteres ergibt sich insbesondere glaubhaft aus den Bekundungen des Zeugen Dr. I3 und dem von diesem referenzierten, in die Hauptverhandlung eingeführten Verlaufsprotokoll für die Zeit ab März 2011, zu dem Dr. I3 auf Vorhalt mitgeteilt hat, dass dieses von ihm stamme und eine verkürzte Fassung seines in der damaligen Zeit verfassten Tagebuchs seiner Tätigkeit sei. Hieraus ergebe sich aus seiner Sicht zutreffend der damalige Geschehensablauf. Hierin ist am 05.04.2011, also nach Ablauf der Aufstellungsfrist, ausgeführt, dass C durch den Aufsichtsrat ab diesem Zeitpunkt für seine Tätigkeit als Vorstand freigestellt worden war. Darüber hinaus fand damit korrespondierend die Abberufung und Ersetzung Cs durch L9 erst durch Beschluss vom 20.04.2011 statt, was sich aus der hierzu verlesenen Urkunde ergibt.

6. Hilfsbeweisanträge

Soweit die Verteidigungen der Angeklagten im Verlauf der Hauptverhandlung Hilfsbeweisanträge gestellt haben, ist die Kammer diesen nach Eintritt der Bedingung aus den folgenden Gründen nicht nachgegangen:

a) Hilfsbeweisanträge der Verteidigung C

(1) Antrag vom 17.02.2017 (Anlage I zum Protokoll)

Der als "Hilfsbeweisantrag" bezeichnete Antrag der Verteidigung des Angeklagten C vom 17.02.2017 (Anlage I zum Protokoll) in der Fassung der Konkretisierungen vom 21.02.2017, wie aus dem Protokoll ersichtlich, "für den Fall, dass das Gericht den Mandanten nicht freispricht, weil es die Stromsteuer im Jahr 2009 als nicht gestundet ansieht", war insgesamt abzulehnen, da die Tatsachen, die bei Eintritt der Bedingung durch Einvernahme zahlreicher Zeugen bewiesen werden sollen, sämtlich bereits erwiesen waren (§ 244 Abs. 3 S. 2 Var. 3 StPO). Im Einzelnen:

Die Kammer hat den Antrag unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Verteidigung des Angeklagten C vom 21.02.2017, wie aus dem Protokoll ersichtlich, durchgängig so verstanden, dass die in Bezug genommene Zusage der Vertreter des HZA L10 inhaltlich darauf gerichtet gewesen sein soll, die fällige Stromsteuerforderung bis zum Abschluss der Prüfung über die Stundung nicht zu vollstrecken. Zwar werden innerhalb des Antrags unterschiedliche Terminologien von "Stundung", über "faktische Stundungszusage" bis hin zu einer "Erklärung, nicht zu vollstrecken" verwandt. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass ausweislich der Begründung des Antrags das Ergebnis der referenzierten Zusage in dem Schreiben vom 01.07.2009 zusammengefasst worden sein soll und der Erläuterungen der Verteidigung des Angeklagten C vom 21.02.2017 ergibt sich aber, dass einheitlich damit gemeint sein soll, dass die Forderung bis zum Abschluss der jeweiligen Prüfungen in dem Stundungsverfahren nicht vollstreckt werden sollte und eben nicht, dass die Steuerschuld gar nicht mehr eingefordert werde.

Insofern hat es die Kammer zunächst als erwiesen angesehen, dass nach Eingang des Stromsteuerbescheids - nach Ankündigung des Stundungsantrags am 09.06.2009 - in der Folgezeit behördenintern bei dem HZA L10 Gespräche u.a. zwischen den involvierten benannten Mitarbeitern geführt wurden, als deren Ergebnis sich die Vertreter des HZA L10 nach Einbindung auch der übergeordneten Behörden bis zum 23.06.2009 einig geworden waren, dass die zum 25.06.2009 fällig werdende Stromsteuernachforderung zunächst bis zum Abschluss der Prüfung nicht vollstreckt werden sollte. Ebenso war bei vorläufiger Betrachtung erwiesen, dass den Teilnehmern des Gesprächs vom 23.06.2009 im Rahmen der dortigen Erörterungen durch die benannten Vertreter des HZA L10 mitgeteilt wurde, dass man bis zum Abschluss der Prüfungen Stromsteuerforderungen nicht vollstrecken werde, was dann im Nachhinein im Rahmen der internen Besprechung vom 26.06.2009 bestätigt wurde. Dass das HZA L10 - unter Beteiligung der BFD West und der BFD Mitte bzw. dem BMF - nach dem 26.06.2009 im weiteren Verlauf zu den fälligen Stromsteuernachzahlungen sowie mit Schreiben vom 01.07.2009 erklärt hat, diese zunächst bis zu einer abschließenden Entscheidung nicht vollstrecken zu wollen, und in der Folgezeit eine solche Vollstreckung faktisch auch im weiteren Verlauf nicht vorgenommen bzw. diese Zusage bestätigt und nicht widerrufen hat, ergab sich bei vorläufiger Betrachtung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, hier u.a. zuvorderst aus dem verlesenen Schreiben vom 01.07.2009 sowie den weiteren eingeführten internen Urkunden des HZA L10 und den Bekundungen der hierzu vernommenen Zeugen, hier der Mitarbeiter des HZA L10 X4 und M9, sowie dem Zeugen C5 der BFD West. Daneben war auch ebenso erwiesen, dass die Mitarbeiter des HZA L10 und die Prüfer des HZA E6 jeweils zeitnah über Änderungen auch bezogen auf überreichte Unterlagen, zum Beispiel den Wegfall des ägyptischen Investors, in Kenntnis gesetzt wurden und die Prüfer während des Prüfverfahrens kooperativ über die Liquiditätslage der U F4 GmbH bzw. U T21 GmbH unterrichtet bzw. angeforderte Unterlagen umgehend zur Verfügung gestellt bekommen haben. Daneben war es bei vorläufiger Betrachtung des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme auch erwiesen, dass es für die Entscheidung seitens des HZA L10 auch erheblich war, dass ein Unternehmen mit einem so großen Stromkundenbestand möglichst im Markt der Stromanbieter wettbewerbsfördernd erhalten bleiben sollte. Insofern konnte auch dahingestellt bleiben, ob in dem als "Hilfsbeweisantrag" bezeichneten Antrag überhaupt ein Beweisantrag im Sinne des § 244 StPO zu sehen sein konnte oder dieser in einer Zusammenschau allein als Beweisermittlungsantrag einzustufen gewesen wäre, wofür einiges sprach. Im Rahmen der dann allein maßgeblichen Aufklärungspflicht hätte die Kammer sich - unter Berücksichtigung des bisherigen vorläufigen Ergebnisses der Beweisaufnahme - ebenfalls nicht gedrängt gesehen, der begehrten Beweisaufnahme nachzugehen.

(2) Antrag vom 17.02.2017 (Anlage II zum Protokoll)

Der als "Hilfsbeweisantrag" bezeichnete Antrag der Verteidigung des Angeklagten C vom 17.02.2017 (Anlage II zum Protokoll), "für den Fall, dass die Kammer den Mandanten nicht vom dem erhobenen noch verbliebenen Vorwurf der Anklage freispricht", war insgesamt abzulehnen, da die Tatsachen, die bei Eintritt der Bedingung durch Einvernahme der Zeugen W6, A6 und T37 bewiesen werden sollen, für die Entscheidung ohne Bedeutung waren (§ 244 Abs. 3 S. 2 StPO). Das Erwiesensein der im Antrag benannten Beweisthemen war für die die Angeklagten betreffende Tat- und Schuldfrage aus tatsächlichen Gründen unerheblich:

Inhaltlich bezogen sich die unter Beweis gestellten Tatsachen in dem in Ergänzung zu dem Beweisantrag vom 10.02.2017 (Anlage XII zum Protokoll) gestellten Antrag darauf, dass bereits nach dem 04.06.2009 Gespräche mit russischen Investoren geführt worden seien. Dabei sei von Anfang an von den Investoren, die über nahezu unerschöpfliche finanzielle Mittel verfügten, eine mündlich eine bindende Zusage gegeben worden, "das Unternehmen" mit ausreichender Liquidität auszustatten, worin auch der Ausgleich der offenen Forderung des HZA zur Begleichung der Stromsteuer enthalten gewesen sein soll und worüber die Vorstände informiert gewesen seien. Unter Berücksichtigung des Sachvortrags in dem Beweisantrag vom 10.02.2017, zu dessen Ergänzung dieser Antrag gestellt wurde, versteht die Kammer den Antrag bei verständiger Auslegung so, dass ab Beginn der Gespräche mit F11, die sich später ab Dezember 2009 konkretisiert und im Nachgang 2010 zu einem Übernahmeangebot verdichtet haben sollen, bereits eine mündliche bindende Zusage zur Liquiditätsausstattung vorgelegen haben soll. In der Zusammenschau der unter Beweis gestellten Tatsachen soll aus Sicht der Kammer daraus der Schluss gezogen werden, dass der U I7 AG und ihren Vorständen bereits im noch behandelten Tatzeitraum konkrete Mittelzuflüsse in solcher Höhe konkret in Aussicht gestellt waren, dass eine mögliche Illiquidität im Jahr 2009 nicht bestanden haben könne.

Die Schlussfolgerungen waren zwar möglich, aber keinesfalls zwingend und die Kammer hatte auch nicht beabsichtigt, diese zu ziehen: Bereits aus dem Sachvortrag im Beweisantrag selbst ergab sich lediglich, dass im Rahmen von Gesprächen mit "russischen Investoren" (bei Auslegung möglicherweise F11) aus Sicht der Antragsteller bindende Zusagen gegeben worden seien, "das Unternehmen" mit jeglicher benötigter Liquidität auszustatten. Dabei wurde aber weder konkret vorgetragen, was genau mit dem Unternehmen gemeint, noch welche Summen zu welchen konkreten Zeitpunkten hätten gezahlt werden sollen bzw. können. Zudem ließ sich die vorgetragene Zusage bereits zeitlich nicht verorten. Bereits das eigene Verständnis des Antrags so zugrunde gelegt, begründeten die unter Beweis gestellten Behauptungen - selbst bei deren Vorliegen - auf der Grundlage des bisherigen Beweisergebnisses bei vorläufiger Bewertung nicht Umstände, bei deren Vorliegen eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG vermittels eingebrachter Kapitalzuflüsse oder als sicher geltender Erwartungen solcher Zuflüsse im hier maßgeblichen Tatzeitraum ausgeschlossen sein könnte. Vielmehr begründen sich bei unterstelltem Vorliegen der unter Beweis gestellten Tatsachen lediglich zeitlich nicht zuordenbare, vage Erwartungen, aus denen sich konkrete Mittelzuflüsse sowie deren Zuflusszeitpunkte bzw. verbindliche, der Höhe nach bestimmte Zusagen solcher Zuflüsse ebensowenig erkennen lassen, wie welcher russische Investor hier als Sicherheitengeber fungiert haben soll. Auch nach dem eigenen Verständnis des Antrags ergibt sich so zum Einen gerade nicht, ob, und wenn ja, wie und wann die vorgetragene Zahlungszusage der "nahe unbeschränkten" Zahlungsmittel durch wen tatsächlich erfüllt wurde, zum Anderen auch nicht, ob und wenn ja, wann und in welchem Umfang welche Gesellschaft der U-Gruppe dadurch uneingeschränkten Zugang auf diese Ressourcen gehabt oder entsprechende Mittel abgerufen wurden. Insofern konnte auch hier dahingestellt bleiben, ob in dem als "Hilfsbeweisantrag" bezeichneten Antrag überhaupt ein Beweisantrag im Sinne des § 244 StPO zu sehen sein konnte oder dieser in einer Zusammenschau allein als Beweisermittlungsantrag einzustufen gewesen wäre, wofür einiges sprach. Im Rahmen der dann allein maßgeblichen Aufklärungspflicht hätte die Kammer sich - unter Berücksichtigung des bisherigen vorläufigen Ergebnisses der Beweisaufnahme - ebenfalls nicht gedrängt gesehen, der begehrten Beweisaufnahme nachzugehen.

b) Hilfsbeweisanträge der Verteidigung Dr. L

(1) Antrag vom 21.02.2017 (Anlage I)

Der als "Hilfsbeweisantrag" bezeichnete Antrag der Verteidigung des Angeklagten Dr. L vom 21.02.2017 (Anlage I zum Protokoll) in der Fassung der Konkretisierungen vom 21.02.2017, wie aus dem Protokoll erisichtlich, "für den Fall, dass das Gericht Herrn Dr. L nicht vom Vorwurf der Insolvenzverschleppung im Jahr 2009 freispricht", war insgesamt ablehnen, da die Tatsachen, die bei Eintritt der Bedingung durch Einvernahme zahlreicher Zeugen bewiesen werden sollen, sämtlich bereits erwiesen waren (§ 244 Abs. 3 S. 2 Var. 3 StPO). Im Einzelnen:

Die Kammer hat den Antrag - der im Wesentlichen in weiten Teilen den identischen Sachverhalt wie der oben unter a).(1) ausgeführte Antrag vom 17.02.2017 der Verteidigung des Angeklagten C wiedergibt - unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Verteidigung des Angeklagten Dr. L vom 21.02.2017, wie aus dem Protokoll ersichtlich, hinsichtlich lit. a) so verstanden hat, dass in der Zeit bis zum 24.06.2009 bei dem HZA L10 behördenintern unter den involvierten Mitarbeitern besprochen worden sein soll, dass die Stromsteuer nicht eingefordert werde solle und hinsichtlich lit. b) so, dass gemeint sein soll, dass den dort angegebenen Vertretern der U-Gruppe am 23.06.2009 mitgeteilt worden sein soll, dass das HZA L10 die Steuerschuld bis zum Abschluss der Prüfungen in dem Stundungsverfahren in Abstimmung mit den vorgesetzten Behörden in der Finanzverwaltung nicht vollstrecken werde, was in der Folgezeit jeweils bestätigt, mit Schreiben vom 01.07.2009 schriftlich festgehalten und zu keinem Zeitpunkt widerrufen worden sei. Ebenso wie der bereits referenzierte Antrag der Verteidigung C werden auch in diesem Antrag widersprüchliche Terminologien von "Stundung", über "(faktische) Stundung" bis hin zu einer Erklärung, "nicht zu volllstrecken" bzw. "nicht einzufordern" verwandt. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass ausweislich der Begründung des Antrags infolge der in der Enstehung durch lit. a) und b) unter Beweis gestellten "(faktischen) Stundung" keine Vollstreckungsmaßnahmen veranlasst worden seien, was in dem Schreiben vom 01.07.2009 "als Form der Umsetzung der Stundung" mitgeteilt worden sei, ergab sich dann aus Sicht der Kammer das zugrunde gelegte Gesamtverständnis des Antrags, da sich aus dem im Antrag ausdrücklich in Bezug genommenen Schreiben vom 01.07.2009 ja gerade ergab, dass - bei vorläufiger Wertung - das HZA L10 hinsichtlich der Gewährung einer Stundung noch weitere Prüfungsmaßnahmen durchführen musste und lediglich die Vollstreckung bis zu einer Entscheidung ausgesetzt sein sollte. Basierend auf diesem Verständnis hat die Kammer dann die die unter Beweis gestellten Tatsachen zu lit. a) und b) wie soeben dargelegt auf der Grundlage des bisherigen Beweisergebnisses als erwiesen gewertet.

(2) Antrag vom 21.02.2017 (Anlage II)

Der als "Hilfsbeweisantrag" bezeichnete Antrag der Verteidigung des Angeklagten Dr. L vom 17.02.2017 (Anlage II zum Protokoll), "für den Fall einer in Aussicht genommenen Verurteilung des Herrn Dr. L wegen Insolvenzverschleppung", war insgesamt abzulehnen, da die Tatsachen, die bei Eintritt der Bedingung durch Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens bewiesen werden sollen, für die Entscheidung ohne Bedeutung waren (§ 244 Abs. 3 S. 2 StPO). Das Erwiesensein der im Antrag benannten Beweisthemen war für die die Angeklagten betreffende Tat- und Schuldfrage aus tatsächlichen Gründen unerheblich: Inhaltlich bezog sich der gestellte Antrag darauf, dass zum 19.11.2008, dem Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung der U F4 GmbH (alt) auf die U Gasversorgungs GmbH in das Handelsregister beider Gesellschaften, die vorhandenen liquiden Mittel der U F4 GmbH (alt) die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten überstiegen haben sollen. Hintergrund der begehrten Beweiserhebung ist, dass aus Sicht der Antragsteller bei Übergang einer Patronatserklärung für ein auf eine andere Gesellschaft verschmolzenes Unternehmen die dann bestehende Haftung auf die im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung bestehende Höhe der Verbindlichkeiten der Altgesellschaft beschränkt bliebe. Das Beweisziel liegt demnach darin, dass selbst bei Übergang der Patronatserklärung im Wege der Verschmelzung auf die "neue" U F4 GmbH sich daraus keine spätere Haftungsüberleitung in 2009 ergeben könne.

Die Schlussfolgerung war zwar möglich, aber keinesfalls zwingend: Selbst wenn man die unter Beweis gestellten Tatsachen als gegeben unterstellt, hätte deren Vorliegen für die zu treffende Entscheidung der Kammer in tatsächlicher Hinsicht keine Bedeutung gehabt, weil sich aus Sicht der Kammer bereits bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Wirksamkeit und Auslegung der eingeführten, unstreitig existierenden Patronatserklärung ergab, dass diese einerseits wirksam vereinbart und andererseits eigentlich- trotz zum Vereinbarungszeitpunkt vorliegender Falschbezeichnung - zugunsten der U Gasversorgungs GmbH Wirkung entfaltete. Dies zugrunde gelegt, kam es aus Sicht der Kammer unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme überhaupt nicht mehr auf einen Übergang bei Verschmelzung auf die (neue) U F4 GmbH und die dann bestehende wirtschaftliche Lage der U F4 GmbH (alt) an, weil die Patronatserklärung bereits zugunsten der U F4 GmbH (neu) wirksam geschlossen war. Vor diesem Hintergrund beabsichtigte die Kammer auch nicht, den aus dem Vorliegen der Beweistatsachen, im Antrag ausgeführten möglichen Schluss zu ziehen.

D. Rechtliche Würdigung

I. Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift)

Die Angeklagten haben sich nach den getroffenen Feststellungen der gemeinschaftlich begangenen Insolvenzverschleppung gemäß §§ 15a Abs. 1 und 4 InsO, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, indem sie es - in Kenntnis der möglichen Insolvenzreife des Unternehmens und unter Fortführung der Geschäfte, gleichgültig, ob nicht bereits eine Insolvenzanmeldepflicht für dieses bestand - im Zeitraum vom 17.07. bis 31.12.2009 unterließen, einen Insolvenzantrag für die U I7 AG zu stellen, obwohl die Gesellschaft jedenfalls seit 25.06.2009 zahlungsunfähig war.

1. Insolvenzreife der U I7 AG

Die U I7 AG war ebenso wie die U F4 GmbH nach den getroffenen Feststellungen spätestens ab dem 25.06.2009 zahlungsunfähig.

a) Haftung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH

Die Kammer hat bei ihrer rechtlichen Bewertung berücksichtigt, dass eine Bewertung einer möglichen Insolvenzreife einer Gesellschaft und einer daran gekoppelten Antragsfrist und -pflicht stets gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 InsO isoliert für jede juristische Person zu erfolgen hat und in einem Unternehmensverbund wie der U-Gruppe nicht auf Gruppenbasis unter Berücksichtigung anderer für die Gruppe stehender Forderungen und Verbindlichkeiten vorgenommen werden darf. Insofern erstreckt sich die Festellung einer Insolvenz des herrschenden Unternehmens (hier: die U I7 AG) allein auf dessen Vermögen und nicht auch auf das Vermögen abhängiger Gesellschaften (hier: u.a. die U F4 GmbH). Unter Anwendung dieses Grundsatzes war im hiesigen Fall aber die Besonderheit zu berücksichtigen, dass zwischen der U I7 AG und der im Tatzeitraum maßgeblichen, "neuen" U F4 GmbH (HRB ...# AG T14) am 27.08.2008 eine Patronats- und Schuldbeitrittserklärung wirksam geschlossen wurde, aufgrund derer die U I7 AG unwiderruflich und uneingeschränkt für den Fall, dass die U F4 GmbH ihren vertraglichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Vertragspartnern in der jeweils geltend gemachten Höhe und Weise, gleichgültig aus welchem Grunde, nicht nachkommen sollte, die gesamtschuldnerische Verpflichtung übernommen hat, diese als eigene Verbindlichkeit gegenüber den Vertragspartnern der U F4 GmbH selbst zu erfüllen und die U F4 GmbH stets so auszustatten, dass sie in der Lage Ist, ihren gegenwärtigen und künftigen Verpflichtungen aus der Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen umfassend nachzukommen.

(1) Wirksamkeit der Patronatserklärung

Die Patronatserklärung vom 27.08.2008 wurde - auch in Ansehung der Verschmelzungsverträge zur Verschmelzung der Mitte 2008 bestehenden U F4 GmbH (alt) auf die U Gasversorgungs GmbH (HRB ...# AG T14) als dann spätere "neue" U F4 GmbH - wirksam abgeschlossen. Für die angestrebte Verschmelzung durch Aufnahme nach §§ 4 ff.; 46 ff. Umwandlungsgesetz (im Folgenden: "UmwG") haben die beiden Gesellschaften am 26.08.2008 durch den Angeklagten C, der ausweislich der eingeführten Handelsregisterauszüge jeweils als deren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Alleingeschäftsführer handeln konnte, einen notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag geschlossen, dem die jeweiligen Gesellschafterversammlungen einstimmig im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 UmwG zustimmten. Gemäß §§ 19; 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwG ging das Vermögen der übertragenden U F4 GmbH einschließlich deren Verbindlichkeiten mit Eintragung der Verschmelzung in den Handelsregistern der beteiligten Unternehmen zum 19.11.2008 auf die übernehmende U Gasversorgungs GmbH - unter Erlöschen der bisherigen U F4 GmbH - über. Ebenfalls am 26.08.2008 hatte C - notariell beurkundet - die U Gasversorgungs GmbH in die "neue" U F4 GmbH umfirmiert, die fortan im Rechtsverkehr die bisherige GmbH ablösen sollte. Die zur Wirksamkeit gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG notwendige Eintragung erfolgte erst am 09.12.2008 im Handelsregister der U Gasversorgungs GmbH.

Trotz der erst späteren Wirksamkeit dieser Verträge mit den jeweiligen Eintragungen ins Handelsregister war aus Sicht der Kammer die Patronatserklärung mit Schuldbeitritt zwischen der U I7 AG und der dort bezeichneten "U F4 GmbH" am 27.08.2008 bereits wirksam für die "neue" U F4 GmbH (vormals U Gasversorgungs GmbH) geschlossen worden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses wusste der Angeklagte C einerseits bereits aus den Verträgen vom Vortag, dass die "alte" U F4 GmbH mit Wirksamkeit der Verschmelzung durch spätere Eintragung im Handelsregister erlöschen würde und gleichsam die U Gasversorgungs GmbH in die "neue" U F4 GmbH umfirmiert werden sollte. Andererseits war ihm auch bekannt, dass für die "alte" U F4 GmbH - von behördlicher Seite gefordert - eine ähnlich lautende Patronatserklärung aus Dezember 2006 ohnehin bereits existierte. Vor diesem Hintergrund musste der Neuabschluss der Patronatserklärung im direkten Nachgang einen Tag später zu der bereits notariell beurkundeten Verschmelzung für den Angeklagten C bedeuten, dass dieser die vor Verschmelzung bestehende Haftungssituation nunmehr für die "neue" U F4 GmbH - auch in seinem eigenen Interesse als Alleingeschäftsführer der Gesellschaft - perpetuieren wollte. Insofern ist aus Sicht der Kammer in der neuen Patronatserklärung, die auf beiden Seiten durch den im Handelsregister von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Angeklagten C gezeichnet wurde, Vertragspartner die U Gasversorgungs GmbH, die erst in die neue U F4 GmbH übergehen sollte und bei der der Angeklagte C ebenfalls befreiter Alleingeschäftsführer war, obwohl in der Vereinbarung einheitlich die "U F4 GmbH" als Vertragspartner aufgeführt wird. Die gewählte Bezeichnung war aus Sicht des Angeklagten als nichtjuristisch versiertem Vertreter beider Parteien eine irrtümlich in Unkenntnis der Rechtslage gewählte übereinstimmende Falschbezeichnung. Hierfür spricht auch, dass der Angeklagte die neue Vereinbarung gerade nach Abschluss der Umstrukturierungsverträge abgeschlossen hat und die Vereinbarung im Geschäftsverkehr mit Vertragspartnern referenziert und deren Inhalte im Tatzeitraum wie auch danach aktiv "gelebt" wurde. So wurde beispielsweise mit Billigung der Angeklagten bei den mit der Prüfung der Insolvenzreife beauftragten Rechtsanwaltskanzleien H und I die hier gegenständliche Patronatserklärung als geltende Vereinbarung verbunden mit den Erläuterungen vorgelegt, dass die U I7 AG für Forderungen der U F4 GmbH einzustehen habe.

Gegen diese Auslegung der Kammer spricht auch nicht die in Ziff. 5 kodifzierte Klausel, nach der die Erklärung ohne Zustimmung der U I7 AG auf den oder die Rechtsnachfolger der Vertragspartei übertragen werden kann. Denn die dortigen Formulierungen beziehen sich aus Sicht der Kammer nicht auf den Übergang von der "alten" auf die "neue" U F4 GmbH. Zum Einen wäre dieser Übergang rechtlich nicht möglich, weil die Vereinbarung mit dem Erlöschen der "alten" U F4 GmbH erlöschen würde. Zum Anderen deutet die Formulierung "den oder die Rechtsnachfolger" vielmehr daraufhin, dass der Ersteller - in Ansehung des avisierten Gesamtverkaufs der Gruppe - bereits im Vorfeld eine Übertragbarkeit auf den oder die neuen Investoren absichern wollte, zumal das Fortbestehen der Patronatserklärung für den Angeklagten C als deren Verfasser in Ansehung seiner Stellung als Geschäftsführer der U F4 GmbH existenzielle Bedeutung haben konnte und er bei verändertem Vorstand der U I7 AG eine dann neue Patronatserklärung nicht ohne Weiteres alleine hätte schließen können.

(2) Rechtliche Qualität der Erklärung

Der Begriff der Patronatserklärung wird für eine Vielzahl von Erklärungen mit jeweils unterschiedlichem Rechtsgehalt verwendet: Gemeinsames Merkmal derartiger Erklärungen ist dabei in der Regel, dass eine Muttergesellschaft zur Erhaltung oder Stärkung der "Kreditwürdigkeit" ihrer Tochtergesellschaft unterstützende Maßnahmen oder Unterlassungen in Aussicht stellt oder zusagt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Tochter die erforderlichen Kredittilgungen oder Sicherheitenstellungen nicht aus eigener Kraft bewerkstelligen kann (BGH NZI 2011, 536, 537; OLG Frankfurt, Urteil vom 30.10.2012, BeckRS 2012, 24989; Peters, in: MüKo, InsO, 3. Aufl., § 35 Rz. 403; Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 712). Stellt der Patron lediglich eine bestimmte Geschäftspolitik in Aussicht, handelt es sich um eine bloße Absichtserklärung ohne unmittelbare Zahlungsverpflichtung (sog. "weiche" Patronatserklärung; BGH NZI 2011, 536, 537; Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 713). Werden dagegen Maßnahmen oder Unterlassungen versprochen, die die Kreditwürdigkeit des patronierten Unternehmens fördern oder erhalten, so werden unmittelbare rechtliche Verpflichtungen begründet (sog. "harte" Patronatserklärung, BGH NZI 2011, 536, 537; Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 726). Verspricht der Patron zur Förderung oder Erhaltung der Kreditwürdigkeit eines anderen Unternehmens Maßnahmen oder Unterlassungen, so liegt eine harte Patronatsverpflichtung vor, mit der der Patron eine rechtlich bindende Verpflichtung eingeht, das patronierte Unternehmen finanziell auszustatten. Eine Grundform ist dabei etwa: "Wir werden dafür Sorge tragen, dass unsere Tochter bis zur vollständigen Rückzahlung des Kredites in der Weise geleitet und finanziell ausgestattet wird, dass sie jederzeit in der Lage ist, ihre Verpflichtungen im Zusammenhang mit diesem Kredit zu erfüllen." (zum Ganzen OLG München ZIP 2004, 2102 ff.; Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 726). Eine entsprechende Vereinbarung kann extern gegenüber den Gläubigern des patronierten Unternehmens oder intern gegenüber diesem selbst erfolgen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich hier um eine "harte", intern vereinbarte Patronatserklärung. Ausweislich des Wortlautes der getroffenen Vereinbarung hat darin die U I7 AG - unter Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts - einerseits unwiderruflich die uneingeschränkte finanzielle Austattungsverpflichtung betreffend der gegenwärtigen und künftigen Verpflichtungen der U F4 GmbH aus der Tätigkeit als Energieversorgungsunternehmen und andererseits darüber hinaus, für den Fall, dass die U F4 GmbH dennoch Ihren vertraglichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Vertragspartnern in der jeweils geltend gemachten Höhe und Weise, g!eichgültig aus welchem Grunde, nicht nachkommen sollte, die gesamtschuldnerische Verpflichtung, diese als eigene Verbindlichkeit gegenüber den Vertragspartnern der U F4 selbst zu erfüllen, übernommen. In letzterem liegt zusätzlich die Vereinbarung eines Schuldbeitritts der U I7 AG gegenüber der U F4 GmbH für sämtliche, dieser künftig entstehenden Verbindlichkeiten begründet mit der Rechtsfolge, dass vermittels dieses Vertrages zugunsten der Gläubiger als Dritten eine gesamtschuldnerische Verpflichtung beider Vertragsparteien begründet wird (vgl. nur Bydlinski, in: MüKo, BGB, 7. Aufl., Vor §§ 414 ff. Rz. 17 sowie § 421 Rz. 35, jeweils mwN).

(3) Auswirkungen der "harten" Patronatserklärung

Rechtlich begründet die intern gemachte Liquiditätszusage des Patrons gegenüber dem patronierten Unternehmen für sich genommen zunächst keine eigenen Rechte der Gläubiger, sondern ein aufschiebend bedingtes Versprechen dahingehend, dass der Patron dann zu einer Überlassung von Fremdkapital - im Falle der allgemeinen Ausstattungsverpflichtung: zur Überlassung von Kredithilfen jeder Art - verpflichtet ist, wenn das patronierte Unternehmen von seinen Gläubigern in Anspruch genommen wird und ihm keine hinreichenden Eigenmittel zur Verfügung stehen (Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 710). Jedenfalls dann, wenn das patronierte Unternehmen, hier: die U F4 GmbH, zahlungsunfähig geworden ist, wandelt sich der vertraglich zugesicherte Ausstattungsanspruch in einen Direktleistungsanspruch der Gläubiger auf Schadensersatz in voller Höhe (BGH NZI 2011, 536, 537; Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 747, 749; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 17 Rz. 105; Habersack, in: MüKo, BGB, 6. Aufl., Vor § 765 ff. Rz. 52). Eine solche Schadensersatzpflicht trifft den Patron, hier: die U I7 AG, gegenüber den Gläubigern auch dann, wenn die Patronatsvereinbarung allein intern zwischen ihm und dem patronierten Unternehmen geschlossen worden ist (BGH NJW 2010, 3442; NJW 1992, 2093, 2095; OLG München ZIP 2004, 2102 ff.; Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Rz. IV 750; Bydlinski, in: MüKo, BGB, 7. Aufl., § 421 Rz. 34 - andere Auffassung OLG Celle, Urteil vom 28.06.2000). In der hiesigen Konstellation war die U F4 GmbH jedenfalls ab 25.06.2009 zahlungsunfähig. Insofern bestand auch gegenüber der U I7 AG als Folge der Patronatserklärung ein Schadensersatzanspruch gemäß der jeweiligen Gläubiger der U F4 GmbH, der neben die weiterhin bestehenden eigenen Verpflichtungen der U F4 GmbH trat.

Darüber hinaus ergibt sich aus Ziff. 3 der Patronatserklärung, dass die U I7 AG, für den Fall, dass die U F4 GmbH ihren vertraglichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Vertragspartnern in der jeweils geltend gemachten Höhe und Weise, gleichgültig aus welchem Grunde, nicht nachkommen sollte, diese freiwillig eine gesamtschuldnerische Verpflichtung für deren Verbindlichkeiten übernimmt. Hierin liegt ein nicht zustimmungsbedürftiger Schuldbeitritt, durch den eine freiwillig begründete Gesamtschuldnerschaft zwischen der U F4 GmbH und der U I7 AG begründet wird. Eine solche Vereinbarung ist im Rahmen des § 311 Abs. 1 BGB zwischen Schuldner und Beitretendem hinsichtlich des Gläubigers zustimmungslos möglich, weil der Beitritt für den jeweiligen Gläubigern durch das Hinzutreten eines weiteren Schuldners Sicherungsfunktion hat und diesen begünstigt (Bydlinski, in: MüKo, BGB, 7. Aufl., Vor §§ 414 ff. Rz. 10).

b) Notwendige Berücksichtigung der Stromsteuerverpflichtungen

Die Nachzahlungsforderungen für die Stromsteuer für das Jahr 2008 und das 1. Halbjahr 2009 waren zum 25.06.2009 fällig und damit bei einer Bewertung einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen. Im Einzelnen:

(1) Fälligkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO

Für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO können allein diejenigen Zahlungsverpflichtungen Berücksichtigung finden, die fällig im Sinne des § 271 BGB sind, die der Gläubiger also sofort verlangen kann, und durch ihn auch ernsthaft eingefordert werden (statt vieler nur BGH NZI 2011, 680, 681; Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 108). Als ernsthaftes Einfordern ist dabei jede Art von Gläubigerhandlung zu qualifizieren, aus der sich dessen Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt und so mit einer (sofortigen) Inanspruchnahme des Schuldners zu rechnen ist (statt vieler nur BGH NZI 2013, 129, 130; NZI 2011, 680, 681; Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 117; MüKo/Eilenberger, InsO, 3. Aufl., § 17 Rz. 7a; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., Vor § 64 Rz. 9 f.). Grundsätzlich ist das schon bei Übersendung einer Rechnung (BGH NZI 2007, 579, 580; MüKo/Eilenberger, InsO, 3. Aufl., § 17 Rz. 7a) oder bei einer Bestimmung des Zeitpunktes der Leistung nach dem Kalender, bei der der Gläubiger auch ohne besonderes Zahlungsverlangen von der pünktlichen Erledigung der Forderung ausgehen darf (BGH NZI 2013, 129, 130; WM 2009, 1202, 1204; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., Vor § 64 Rz. 10a), der Fall. Nach diesen Vorgaben waren die qua Bescheid bzw. von Gesetzes wegen fälligen Steuernachforderungen für das Jahr 2008 und das erste Halbjahr 2009 jedenfalls zum 25.06.2009 fällig im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO, weil das HZA L10 nach Erlass eines Bescheids sowie die darüber hinausgehende, ab Mitte Juni kontinuierliche Geltendmachung der Ansprüche in Ansehung des laufenden Prüfungsverfahrens des Stundungsantrags klar gemacht hat, dass mit einer Inanspruchnahme der Schuldnerin zum 25.06.2009 bzw. im Nachgang dazu zu rechnen sein würde. Der Zahlungszeitpunkt ergab sich dabei für die Verantwortlichen der U I7 AG und der U F4 GmbH erkennbar aus dem Bescheid des HZA L10 vom 04.06.2009 bzw. den gesetzlichen Vorgaben des § 8 Abs. 9 S. 2 StromStG, auf den sie seitens des HZA L10 hinreichend hingewiesen worden waren. Darüber hinaus hatten die Angeklagten durch Stellung des Stundungsantrags und Übersendung der Steuernachmeldung für das Jahr 2009 zum 18.06.2009 das Bestehen der Forderungen der Höhe nach anerkannt und rechneten selbst mit einer entsprechenden Inanspruchnahme durch das HZA L10, die sie vermittels einer Stundung abzuwenden versuchten.

(2) Ausnahmsweise Nichtberücksichtigung einer fälligen Forderung?

Fällige Forderungen im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO sind jedoch dann nicht zu berücksichtigen, sofern sie entweder einvernehmlich oder mindestens rein tatsächlich - also auch ohne erkennbaren rechtlichen Bindungswillen - gestundet worden sind (statt vieler nur BGH NZI 2013, 129, 130; MüKo/Eilenberger, InsO, 3. Aufl., § 17 Rz. 7a; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., Vor § 64 Rz. 10). Dabei können Stundungsvereinbarungen, durch die beide Parteien zum Ausdruck bringen, von der Durchsetzung einer Verbindlichkeit gegen den Schuldner für eine gewisse Zeit einvernehmlich abzusehen, sowohl ausdrücklich als auch konkludent geschlossen werden. Für eine stillschweigende Stundung reicht es indes in der Regel nicht aus, wenn der Gläubiger allein die Forderung nicht nachdrücklich geltend macht. Darin liegt zumeist ein faktisches Stillhalteabkommen begründet, bei dem sich der Gläubiger jederzeit einseitig für die Durchsetzung seiner Forderung entscheiden kann und anders als bei einer Stundung, nicht rechtlich durch eine gemeinsame Vereinbarung gebunden ist (statt vieler nur BGH NZI 2011, 680, 681; Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 137 f.). Bei der Annahme eines Stillhalteabkommens muss dazu aber der freie Wille des Gläubigers festzustellen sein, die Forderung nicht zu verfolgen (Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 119). Darüber hinaus besteht bei öffentlichrechtlichen Gläubigern die Möglichkeit, die Fälligkeit durch die Außervollzugsetzung eines Bescheids aufzuheben (BGH NZI 2014, 698 Rz. 30; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG Vor § 64 Rz. 9). Bei der Annahme, ein Gläubiger habe stillschweigend in eine spätere oder nachrangige Befriedigung seiner Forderung eingewilligt, ist indes Zurückhaltung geboten. So stehen insbesondere sog. "erzwungene Stundungen" oder Stillhalteabkommen, die allein dadurch zustande kommen, dass der Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten mangels liquider Mittel nicht mehr oder nur noch mit Verzögerungen begleicht, die Gläubiger ihrerseits aber nicht sofort klagen und vollstrecken, weil sie dies ohnehin für aussichtslos halten oder sie nicht den sofortigen Zusammenbruch des Schuldners verantworten wollen, der Berücksichtigungsfähigkeit eigentlich fälliger Forderungen bei der Bewertung des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit nicht entgegen (BGH NJW-RR 2016, 745; NJW 2013, 940, 942 f.; NZI 2008, 299, 300; KG Berlin, Urteil v. 11.04.2014, BeckRS 2015, 01867, Rz. 20; OLG E6, Urteil v. 20.12.2013, BeckRS 2015, 00521; Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 120; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., Vor § 64 Rz. 10; Wegner, in: Achenbach/Ransiek-Wegner, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 7. Teil 1. Kap. Rz. 77).

Unter Anwendung dieser Vorgaben waren die als bestehend anerkannten und der Höhe nach nicht angegriffenen Steuerforderungen nicht ausnahmsweise bei der Bewertung des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit auszunehmen: Die Stromsteuerforderungen, deren Fälligkeit sich aus dem zugrunde liegenden Bescheid bzw. dem Gesetz selbst ergibt, wären als öffentlichrechtliche Forderungen aus Sicht der Kammer nur dann nicht fällig, wenn eine Außervollzugsetzung des Bescheides bzw. eine entsprechende Stundung in Bescheidform ausgesprochen worden wäre. Beides ist nicht der Fall. Zunächst hatte das HZA L10 mündlich spätestens zum 23.06.2009 sowie perpetuiert für die Folgezeit durch das Schreiben vom 01.07.2009 faktisch von der Geltendmachung der Nachzahlungsforderungen bis zu einer Entscheidung über die beantragte Stundung abgesehen. Hierin lag aber aus Sicht der Kammer ein einseitig jederzeit veränderbares, faktisches Stillhalteabkommen zwischen dem HZA L10 und der U F4 GmbH im Hinblick auf die Vollstreckung und gerade keine konkludente Stundungsvereinbarung, da das HZA L10 beständig deutlich machte, dass es über eine Stundung noch nicht entscheiden könne, weil es weitere Unterlagen benötige, was in dem Schreiben vom 01.07.2009 und der weiterem Korrespondenz auch ausdrücklich niedergelegt war. Insofern offenbart sich hier gerade der entgegenstehende Wille, sich eben noch nicht bezüglich einer Stundung binden zu wollen, der insbesondere auch dadurch dokumentiert wird, dass die Behörde keinen - sonst der üblichen Handlungsform der Verwaltung entsprechenden - Verwaltungsakt in Bescheidform erlassen hat. Ausweislich der getroffenen Feststellungen lagen aus Sicht sämtlicher Bearbeiter des HZA L10 die Voraussetzungen für den Erlass eines solchen Stundungsbescheids im Tatzeitraum auch nicht vor. Ebenso wurden die Bescheide auch nicht seitens des HZA L10 von Amts wegen - den zunächst gestellten Antrag hierzu hatte die U F4 GmbH nach Hinweis und in Ansehung der vollständig anerkannten, nicht angegriffenen Bescheide fallengelassen - außer Vollzug gesetzt.

Selbst wenn man in dem allein bestehenden faktischen Stillhalteabkommen eine Vereinbarung sehen wollte, dass das HZA L10 nunmehr die Forderungen nicht mehr ernsthaft einfordern wolle, entfaltete diese hier aber ausnahmsweise gerade nicht die Wirkung, dass die Fälligkeit der Forderungen im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO beseitigt würde, weil es sich dann um eine durch die Umstände faktisch erzwungene, für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit aber rechtlich unerhebliche Hinnahme der Nichtzahlung gehandelt hat, deren Ursache allein darin begründet ist, dass das HZA L10 nur deswegen von der Beitreibung der Forderungen abgesehen hat, weil es eine tatsächliche - geschweige denn zeitnahe - Durchsetzung seiner Forderung ohnehin für aussichtslos gehalten und als Folge einer Durchsetzung mit dem Zusammenbruch der U-Gruppe gerechnet hatte, den das HZA L10 nicht verantworten wollte. Gemäß den getroffenen Feststellungen hatten die Verantwortlichen der U-Gruppe sowie deren zu verschiedenen Zeiten tätigen Berater stets unisono ab 09.06.009 mitgeteilt, dass bei Fälligkeit der gesamten Stromsteuernachzahlungsforderungen deren vollständige Beitreibung zum avisierten Fälligkeitszeitpunkt zwingend zu einer Insolvenz der U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG führen musste. Insofern sah das HZA L10 sowie dessen zugehörige Aufsichtsbehörden eine Beitreibung als aussichtslos an, zumal aus deren Sicht ein anderes Ergebnis als die Ablehnung des Stundungsantrages - mit der Folge, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen gewesen wäre - rechtlich gar nicht möglich war. Allein um den so alternativlos drohenden Totalverlust der Steuerforderungen zu vermeiden, entschied sich die Steuerbehörde, auf Anweisung ihrer Aufsichtsbehörden, dazu, zunächst nicht zu vollstrecken und zuzuwarten in der diffusen Hoffnung, dass durch freiwillige Teilerfüllung oder Besserung der Umstände der Unternehmensgruppe doch noch die Zahlungspflichten insgesamt erfüllt würden. Die Entscheidung, die Vollstreckung der an sich zum 25.06.2009 fälligen Steuernachforderungen zurückzustellen und damit von einer zeitnahen Beitreibung abzusehen, beruhte demnach nicht auf einer freien Willensentscheidung der Behördenvertreter, sondern allein auf einem faktischen, durch die Umstände bewirkten Verhaltenszwang, durch das das Ermessen der Behörde in deren Vorstellungswelt von Vornherein alternativlos beschränkt war, bis hin dazu, dass das HZA L10 die Vollstreckung - in dieser Weise gesetzlich nicht vorgesehen - zurückstellte, obwohl es eigentlich die Voraussetzungen für eine Stundung rechtlich als nicht gegeben betrachtete.

Jedenfalls im Tatzeitraum bis Ende 2009 änderte sich diese Zwangslage des HZA L10 nicht, da - außer dem faktischen Stillhalteabkommen - weitere Vereinbarungen oder Stillhalteabkommen nicht vorlagen und das bestehende Stillhalteabkommen ohnehin "bis zur Entscheidung über den Stundungsantrag" fortbestehen sollte. Ein solcher Bescheid erging aber zu keiner Zeit. Ebenso veränderte sich die Sachlage, dass die U F4 GmbH und damit auch der U I7 AG bei Beitreibung der gesamten Forderungen insolvent werden würde, nicht. Diese Einschätzung war Konsens zwischen allen Beteiligten auf allen Seiten, so dass der das Ermessen der Behörde einengende Verhaltenszwang durchweg fortbestand, zumal das durch das HZA L10 in Auftrag gegebene, durch das HZA E6 im Oktober 2009 final verfasste Gutachten hierzu genau die seit Juni 2009 auf Behördenseite bestehende Einschätzung der Situation bestätigte und die bestehende Zwangslage insofern perpetuierte, als dass der Steueranspruch insgesamt wie auch selbst bei gewährter Ratenzahlung als gefährdet erachtet wurde.

c) Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG

Gemäß den getroffenen Feststellungen war die U I7 AG unter Berücksichtigung der Ausführungen zu lit. a) und b) jedenfalls ab dem 25.06.2009 zahlungsunfähig, weil die festgestellten Beweisanzeichen im Tatzeitraum in ihrer Gesamtheit für die Kammer den sicheren Schluss zulassen, dass die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr bedienen konnte. Gemäß der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist der Schuldner dann zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist dabei allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, d.h. der kurzfristig behebbare Mangel an liquiden Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt Zahlungsunfähigkeit vor (vgl. nur BGH NJW 2014, 164, 165).

(1) Mögliche Methoden der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit

Die Feststellung derselben erfolgt in der Regel durch die sogenannte betriebswirtschaftliche Methode, die eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraussetzt. Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO kann aber auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden, sofern diese einen sicheren Schluss auf deren Bestehen zulassen (wirtschaftskriminalistische Methode; grundlegend BGH NJW 2000, 154, 156; fortführend BGH NJW 2014, 164, 165; Beschluss v. 23.07.2015, Az. 3 StR 518/14 Rz. 18; Beschluss v. 11.08.2016, Az. 1 StR 63/16; Beschluss v. 25.08.2016, Az. 1 StR 290/16; Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 283 Rz. 9b; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 283 Rz. 52; MüKo/Eilenberger, InsO, 3. Aufl., § 17 Rz. 30a; Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 66). Bei diesen wirtschaftskriminalistischen Warnzeichen muss es sich um schwerwiegende Indizien handeln, wofür u.a. die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern in Betracht kommen (BGH NJW 2014, 164, 165; Beschluss v. 23.07.2015, Az. 3 StR 518/14 Rz. 18; Otte, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rz. 67 f., vgl. hierzu auch BGH NZI 2016, 736, 738; BGH, Urteil v. 14.07.2016, Az. IX ZR 188/15). Insbesondere kann sich so eine Zahlungsunfähigkeit darin manifestieren, dass eine Gesellschaft Verbindlichkeiten nicht begleicht, deren Erfüllung für den Fortbestand des Unternehmens von existenzieller Bedeutung ist (Otte, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rz. 68). Darüber hinaus gehend können Warnzeichen in diesem Sinne auch das Ausschöpfen und Überschreiten von Zahlungszielen, der Übergang von der Bezahlung in vollen Beträgen hin zur Ratenzahlung, Kredit- und Darlehenskündigungen von Banken sowie Steuerrückstände sein (vgl. Wegner, in: Achenbach/Ransiek-Wegner, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 7. Teil 1. Kap. Rz. 87).

(2) Anwendung der wirtschaftskriminalistischen Methode

Die Kammer hat sich im Rahmen der ihr vor diesem Hintergrund zustehenden Wahlmöglichkeit dafür entschieden, bei der Prüfung, ob möglicherweise eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG bestehen könnte, die wirtschaftskriminalistische Methode anzuwenden, die der betriebswirtschaftlichen Methode aus Sicht der Kammer bei Vorliegen entsprechender Beweisanzeichen als im Ergebnis gleichwertige Alternative gegenüber steht. Entsprechend sieht die Kammer bei Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch keinen zwingenden Vorrang der betriebswirtschaftlichen Methode als besseres Beweismittel. Vielmehr versteht sie die Rechtsprechung so, dass die wirtschaftskriminalistische Methode eine Möglichkeit der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ist, der gerade immanent ist, dass das konkrete Zahlenmaterial der Buchhaltung - selbst bei deren vollständigem Vorliegen - keiner Auswertung bedarf. Bestünde nämlich ein solcher zwingender Vorrang der betriebswirtschaftlichen Methode als besseres Beweismittel, dann wäre die in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellte Methodenwahl zwischen den offerierten methodischen Ansätzen bloße Makulatur, weil dann letztlich immer nur die betriebswirtschaftliche Methode angewendet werden müsste. Das in der Rechtsprechung angedeutete Regel-Ausnahme-Verhältnis resultiert aus Sicht der Kammer letztlich allein daraus, dass der Anwendungsbereich der wirtschaftskriminalistischen Methode bereits in sich dadurch beschränkt ist, dass sich - progressiv zur Komplexität des zu bewertenden Sachverhalts - aussagekräftige Beweisanzeichen im Rahmen einer durchzuführenden Beweiserhebung sicher feststellen lassen, die dann insgesamt überhaupt erst den sicheren Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit zulassen können. Insofern ist die gleichwertige Anwendung dieser Methode rein faktisch in sich beschränkt und kann so - eben nur ausnahmsweise - nämlich in solchen Konstellationen angewendet werden, in denen überhaupt geeignete Beweisanzeichen vorliegen. Das hier zugrunde gelegte Verständnis ergibt sich so auch aus der neueren Rechtsprechung, in der bei parallel erfolgter Anwendung der betriebswirtschaftlichen Methode der Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit bei einer Vielzahl von hinreichend aussagekräftigen Beweisanzeichen gleichwertig erfolgen können soll (BGH, Beschluss vom 11.08.2016, Az. 1 StR 63/16).

Davon ausgehend entfaltet die für den Nachweis der Zahlungsunfähigkeit im Insolvenzanfechtungsprozess vor den Zivilgerichten ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshof, dass dem Anfechtungsgegner bei Vorliegen von Beweisanzeichen, die die Vermutungswirkung zu seinen Lasten begründen, auf Antrag zur Entkräftung der Beweisanzeichen und zur Widerlegung der Vermutung die Einholung eines Sachverständigengutachtens zugebilligt werden muss (so BGH NJW 2015, 1824), im Strafprozess keine Bindungswirkung. Anders als im Zivilprozess, in welchem nur geringfügige Beweisanzeichen bereits eine gesetzliche Vermutung zulasten des Anfechtungsgegners begründen können, kommt es im Strafprozess auf das Vorliegen gewichtiger Indizien an, die einen sicheren Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit zulassen können, deren Vorliegen nicht nur vorgetragen, sondern als erwiesen und als Ergebnis der Beweisaufnahme - unter Würdigung sämtlicher Beweismittel - feststehen muss. Insofern ist die zitierte Rechtsprechung allein Ausdruck des durch die Vermutung verschobenen prozessualen Ungleichgewichts zulasten des Anfechtungsgegners im Zivilprozess und dessen Besonderheiten geschuldet. Darüber hinaus würde bei Übertragung dieser Rechtsprechung die höchstrichterliche Rechtsprechung in Strafsachen, die im Nachgang, so z.B. die angegebenen Entscheidungen aus 2016, nicht angepasst wurde, ad absurdum geführt, weil es dann so für jeden Angeklagten im Wege der Stellung eines Beweisantrags möglich wäre, das erkennende Gericht zur "Wahl" der betriebswirtschaftlichen Methode zu zwingen. Die wirtschaftskriminalistische Methode verlöre so ihre Daseinsberechtigung.

Ebenso hat die Kammer bei Auswertung der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Anhaltspunkte für die durch die Verteidigung der Angeklagten vorgetragenen Beschränkungen der Anwendung der gewählten Methodik gefunden. So findet sich dort ebensowenig eine Eingrenzung des Anwendungsbereichs auf "Fälle überschaubarer Größe" wie auf Sachverhalte, bei denen eine "unvollständige Buchhaltung" vorliegt. Vielmehr ist dort festgehalten, dass die wirtschaftskriminalistische Methode immer dann Anwendung finden kann, wenn zureichende Beweisanzeichen für den notwendigen sicheren Schluss vorliegen. In diesem Fall zwingt aus Sicht der Kammer auch nicht die Aufklärungspflicht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens bei vorliegeder Buchhaltung, weil dieses dann nicht - wie vorgetragen - ein "besseres", sondern ein im gleichen Range stehendes Beweismittel ist. Selbst wenn man eine solche Beschränkung annehmen wollte, gab es zur Überzeugung der Kammer in der hiesigen Konstellation gewichtige Gründe dafür, für die Feststellungen auf die gewählte Methode zurückzugreifen. In der hiesigen Konstellation war die vorliegende Buchhaltung der U-Unternehmen aus 2011 allein durch den Insolvenzverwalter und durch diesen beauftragte Firmen und nicht durch die Staatsanwaltschaft, der lediglich im Nachgang Kopien überlassen worden waren, sichergestellt und im Weiteren aufgearbeitet worden, deren Daten im Nachgang nicht nochmals überprüft worden waren, was die Integrität und Authentizität der Buchhaltungsdaten bereits in Frage stellt. Zudem war über einen Zeitraum vom mehreren Jahren - so die Bekundungen der Zeugen Dr. L6 und Dr. C8 sowie dessen eingeführten Berichte zu den einzelnen Gesellschaften - ein durch den Insolvenzverwalter beauftragter Sonderinsolvenzverwalter bis Ende 2016 tätig, um die gruppeninternen Zahlungsflüsse zwischen den jeweiligen Insolvenzschuldnerinnen und deren verbundenen Unternehmen im Gesellschafterkreis aufzuarbeiten und buchhalterisch zu erfassen. Zuletzt waren in den existierenden Buchhaltungsdaten unstreitig die hier festgestellten Fälligkeiten der Steuernachzahlungsforderungen im Tatzeitraum auf der Grundlage der im Unternehmen vorherrschenden Sichtweise nicht berücksichtigt.

Das der gewählten Methodik immanente Risiko, möglicherweise - insbesondere wie in der hiesigen Konstellation mit steigender Komplexität der Sachlage und Größe des Unternehmens - unzutreffend eine Zahlungsunfähigkeit festzustellen, obwohl eine solche nicht vorliegt, hat die Kammer erkannt. Unter Berücksichtigung dieses Risikos kann sich aber im Rahmen der gewählten Methodik durch eine Vielzahl von Beweisanzeichen die Beweislage derart verdichten, dass auch in solch komplexen Konstellationen der notwendige sichere Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit erfolgen kann. So lagen die Dinge hier.

(3) Vorliegen hinreichender Beweisanzeichen

Den sicheren Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG - auch unter Berücksichtigung der Haftung für Verbindlichkeiten der U F4 GmbH und in Ansehung entgegen stehender Indizien (Begleichung Lohnkosten, keine erfolglosen Vollstreckungsversuche, etc.) - zieht die Kammer aus einer Vielzahl von Beweisanzeichen, wie sie sich aus dem festgestellten Gesamtverlauf und den Ausführungen hierzu in der Beweiswürdigung oben unter C.III.4.b) darstellen. Wie ausgeführt, ergeben sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich benannte, gewichtige, über den gesamten Tatzeitraum bestehende Beweisanzeichen im Sinne einer ausdrücklichen Erklärung, nicht zahlen zu können sowie dem strategisch praktizierten Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, die in Verbindung mit zahlreichen weiteren gewichtigen Beweisanzeichen - der Katalog möglicher Beweisanzeichen ist nicht enumerativ zu verstehen - aus Sicht der Kammer entsteht dadurch für die U F4 GmbH und damit auch für die U I7 AG, die über die Haftung der Patronatserklärung für die Verbindlichkeiten der U F4 GmbH haftet, das kohärente Bild einer durchgängig nicht zahlungsfähigen Unternehmung, die jedenfalls im Tatzeitraum massiv darum bemüht war, dem entgegen stehend nach außen den Anschein eines "gesunden" Unternehmens zu erwecken.

2. Keine Antragstellung innerhalb der Frist

Weder zum Ablauf der gesetzlichen Drei-Wochen-Frist des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO zum 16.07.2009 noch zu irgendeiner Zeit danach im Tatzeitraum stellten die Angeklagten, wie festgestellt, den gesetzlich verpflichtend vorgeschriebenen Insolvenzantrag.

3. Vorsatz / Gemeinsamer Tatentschluss

Beide Angeklagten handelten jedenfalls ab Juni 2009 im gegenseitigen Einverständnis auf Basis eines gemeinsamen Tatentschlusses jedenfalls bedingt vorsätzlich, indem sie es als vollwertige Mitglieder des Vorstands der U I7 AG auf der Grundlage gremieninterner Abstimmung - in Kenntnis der möglichen, nicht ganz fernliegenden Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens und unter Fortführung dessen Geschäfte, gleichgültig, ob bereits eine Insolvenzanmeldepflicht für das Unternehmen bestand oder nicht - das gemeinsame Ziel verfolgten, sich durch Zuwarten zum Einen ihr eigenes Beschäftigungsverhältnis wegen der monetären Vorteile (Gehälter und ausgelobte Sonderprämie) und der exponierten gesellschaftliche Stellung als Vorstand eines bekannten aufstrebenden Unternehmens so lange als irgend möglich um jeden Preis zu erhalten und zum Anderen durch den Zeitgewinn doch noch möglicherweise einen strategischen Investor zu finden, der das Unternehmen würde retten können, oder die Steuerbehörden zur Stundung der Stromsteuernachzahlungen zu bewegen. Zur Erreichung dieser Ziele nahmen die Angeklagten es bei Fortführung der Geschäfte unter Beibehaltung des strategischen Zahlungsverhaltens im Priorisierungssystem bewusst und gewollt in Kauf, dass die von ihnen für möglich gehalten vorliegende Zahlungsunfähigkeit bereits eine Antragspflicht nach sich gezogen haben könnte. In Ansehung der Erreichung ihrer Ziele fanden sie sich mit diesem erkannten Risiko zur Gewinnung von Zeit ab und nahmen den Erfolg, das Eintreten einer strafbaren Insolvenzverschleppung bewusst in Kauf.

Den Angeklagten war hierbei gemäß den getroffenen Feststellungen durch die Vorprüfungen der C3 AG wie auch durchgeführter eigener Prüfungen im Juni 2009 bekannt und bewusst, dass die Fälligkeit schon allein der Nachzahlungsforderung aus 2008 zum 25.06.2009 die Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH und damit über die Haftungswirkung der Patronatserklärung auch der U I7 AG nach sich zog. Ihnen war zudem bekannt und bewusst, dass eine Stundung - diese war ja erst beantragt und in der Prüfung - jedenfalls im Tatzeitraum nicht vorlag und damit die Fälligkeit der existenzbedrohlichen Nachforderungen nicht sicher beseitigt worden war. Darüber hinaus war ihnen gemäß der getroffenen Feststellungen auch bekannt, dass zu dieser Zeit Investorenangebote, die einen Konkretisierungsgrad erreicht hätten, der die verlässliche Prognose eines Abschlusses von verbindlichen Vereinbarungen und daran anknüpfender Bereitstellung von Kapitalmitteln in absehbarer Zeit kurzfristig zugelassen hätte, nicht vorlagen und die benötigten Mittel auch nicht zeitnah durch die bisherigen Aktionäre bereitgestellt werden konnten. Durch die vorhergehende Beratung durch die C3 AG und N sowie einschlägige eigene Erfahrungen war den Angeklagten in dieser Situation auch bewusst, dass eine Antragspflicht nach § 15a InsO ab dem 25.06.2009 für sie als Vorstände der U I7 AG jedenfalls bei Fälligkeit der Stromsteuer bestand, was sich im Übrigen auch aus dem von ihnen mitgezeichneten Schreiben vom 09.07.2009 an den Aufsichtsrat und den eigenen Angaben gegenüber dem HZA L10 in dem Stundungsverfahren erkennen lässt.

In dieser Situation erhielten sie zwar nach Stellung des Stundungsantrags frühzeitig und wiederholt die Zusage des HZA L10, zunächst die Stromsteuernachzahlungsforderungen bis zur endgültigen Entscheidung über die Stundung nicht zu vollstrecken. Über den gesamten Tatzeitraum war den Angeklagten vor dem Hintergrund dieser Kenntnisse jedoch bewusst, dass die Bewertung, ob diese Zusage des HZA L10, vor allem in Gestalt des Schreibens vom 01.07.2009, die Fälligkeit der Steuerforderungen entfallen lässt oder eben nicht, existentielle Bedeutung hatte. Ebenso war ihnen bekannt und bewusst, dass für eine verbindliche Klärung, ob eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG im Hinblick auf den Verfahrensgang mit dem HZA L10 ab 25.06.2009 vorlag oder nicht, insolvenzrechtlich spezialisierte Rechtsberater eingeschaltet werden mussten. Zudem bestand bei den Angeklagten durchweg eine extreme Unsicherheit dahingehend, ob die Steuerforderung nunmehr noch zu berücksichtigen sei oder nicht, zumal die im Stundungsverfahren beauftragte C3 AG nach Kenntnis des Schreibens vom 01.07.2009, wie den Angeklagten bekannt war, nicht nur die Prüfungstätigkeiten, sondern auch die Vertretung im Stundungsverfahren einstellte und die Berater der C3 AG hierzu mitgeteilt hatten, dass hierdurch eine Fälligkeit aufgehoben sein könne oder aber auch nicht. Trotz dieser Unsicherheit schalteten die Angeklagten indes bewusst und gewollt keine Rechtsberater zur verbindlichen Klärung bis zum 15.09.2009 ein, sondern nahmen zur Verwirklichung ihrer Ziele eine eigene, nicht fachgerecht begründete Bewertung zu ihren eigenen Gunsten dahingehend vor, dass das HZA L10 nunmehr die Steuerforderung wohl nicht mehr ernsthaft einforderte, obwohl sie andererseits wussten, dass diese Bewertung allein von Rechtsberatern vorgenommen werden konnte und die C3 AG und N dies nicht ohne Weiteres angenommen und auf die Notwendigkeit einer Prüfung hingewiesen hatten.

Nach erfolglosem Ablauf der prämienbewehrten Abwartefrist zum 15.09.2009 beauftragten die Angeklagten als Ausfluss der weiterhin bestehenden extremen Unsicherheit die Rechtsanwälte H als Rechtsberater, stellten diese aber auch nach deren Hinweis die notwendigen Einzelliquiditätsübersichten für jede Gesellschaft, die für eine verbindliche Prüfung notwendig waren, nicht zur Verfügung, so dass ein verbindliches schriftliches Votum nicht getroffen werden konnte. Darüber hinaus führten die Angeklagten aber auch nach Niederlegung des Mandats durch H, dem daraus resultierenden Willen Bs, nunmehr doch Insolvenzantrag zu stellen, und der anschließenden Abberufung des Finanzvorstands weiterhin zur Erreichung ihrer Ziele die Geschäfte fort, obwohl ihnen bekannt war, dass möglicherweise eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 AG mit der Folge einer Antragspflicht bestand. Selbst nachdem die weiter eingeschaltete Kanzlei I, eine verbindliche Einschätzung lag - wie von den Angeklagten in Kauf genommen - immer noch nicht vor, die Fälligkeit der Stromsteuer und resultierende Zahlungsunfähigkeit der U F4 GmbH unter Hinweis auf die Haftung aus der Patronatserklärung für die U I7 AG gutachterlich bestätigte, hielten die Angeklagten weiterhin unbeirrt - getreu ihrem bisherigen Tatplan - daran fest, zur Verwirklichung ihrer Eigeninteressen auf Basis ihrer für sie günstigen Eigenauslegung von der Stellung eines Insolvenzantrags abzusehen.

Insofern befanden sich die Angeklagten aus Sicht der Kammer auch nicht hinsichtlich des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit als normativem Tatbestandsmerkmal in einem tatbestandsausschließenden Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB. Bei der vorzunehmenden Parallelwertung in der Laiensphäre bestand nämlich bei den Angeklagten durchgängig im Tatzeitraum im Rahmen ihrer als fachliche Laien möglichen Bewertung trotz der für sie günstigen Eigenbewertung eine extreme Unsicherheit hinsichtlich einer möglicherweise stundungsgleichen Wirkung der - unstreitig bestehenden und eingehaltenen - Zusage des HZA L10, die Stromsteuernachforderungen bis zum Abschluss der Prüfungen nicht zu vollstrecken. Denn die Angeklagten wussten durch die Auskünfte und das Verhalten der C3 AG sehr wohl, dass die von ihnen zu ihren Gunsten favorisierte eigene Bewertung nicht auf der Grundlage einer fachgerechten Liquiditätsübersicht zustande gekommen war, eine verbindliche Einschätzung nur bei Prüfung durch Rechtsberater erfolgen konnte und auf Basis der bisherigen Erkenntnisse erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der eingenommenen Eigenposition bestanden. Sie glaubten also umgekehrt gerade nicht sicher, dass eine Zahlungsunfähigkeit der U I7 als Folge der Zusagen des HZA L10 sicher ausgeschlossen war, sondern begriffen die eigene Bewertung als Begründungsansatz und Schutzbehauptung, um vor dem Hintergrund der erkanntermaßen möglichen Bestehens eines Zahlungsunfähigkeit einfach weiter machen zu können.

Die vorgeschobene kontinuierliche Annahme des für sie günstigsten Standpunkts und den Verzicht auf die wegen der Komplexität erkannt notwendige verbindliche Einschätzung eines Rechtsberaters - bei aber durchgängig bestehender extremer Unsicherheit ob der Richtigkeit der eigenen Bewertung - dokumentiert aus Sicht der Kammer gerade keine unbewusste Fehleinschätzung, sondern vielmehr ein strategisches, als Rechtsfertigungsversuch zu Schild getragenes, bewusstes Verhalten unter Inkaufnahme des erkannten erheblichen Risikos einer anderen bestehenden Rechtslage um jeden Preis zur Verwirklichung eigener Ziele.

4. Rechtswidrigkeit und Schuld

Die Tat der Angeklagten ist rechtswidrig und schuldhaft begangen.

Umstände, die auf eine Rechtfertigung hindeuten könnten, sind nicht festgestellt worden. Die Angeklagten handelten schuldhaft, vor allem auch nicht in einem - dann ohnehin freilich vermeidbaren - Gebotsirrtum gemäß § 17 S. 1 StGB, weil sie die Konsequenzen der erkannt möglicherweise bestehenden Situation, die Pflicht Insolvenzantrag zu stellen als Normbefehl, in Kenntnis der diese Pflicht begründenden Umstände zutreffend erkannt haben und nicht sicher von einem Nichtbestehen einer Antragspflicht ausgegangen waren.

II. Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift)

Die Angeklagten haben sich nach den getroffenen Feststellungen der gemeinschaftlich begangenen Verletzung der Buchführungspflicht gemäß §§ 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b), 14 Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, indem sie als Vorstände der U I7 AG den Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nebst Anhang, sowie dem Lagebericht für die Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2010 nicht innerhalb der gesetzlichen Frist zum 31.03.2011 aufgestellt bzw. aufgestellt haben lassen.

1. Nichtaufstellen des Jahresabschlusses / Lageberichts

Als Vorstände der U I7 AG waren die Angeklagten gesetzliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft, wodurch sie gemäß §§ 242 Abs. 2 und 3, 264 Abs. 1 S. 1 HGB gesetzlich verpflichtet waren, für die Gesellschaft für das jeweilige Geschäftsjahr einen Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nebst Anhang, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind von den gesetzlichen Vertretern grundsätzlich in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen (§ 264 Abs. 1 S. 3 HGB). Eine ausnahmsweise hierzu verlängerte Frist im Sinne der §§ 264 Abs. 1 S. 4; 267 Abs. 1 HGB greift in der hiesigen Konstellation aus Sicht der Kammer nicht, da es sich - unabhängig von dem ebenfalls zu fertigenden Konzernabschluss - bei der U I7 AG im Geschäftsjahr 2010 isoliert bereits jedenfalls um eine mittelgroße Kapitalgesellschaft im Sinne des § 267 Abs. 2 HGB handelt. Für das Geschäftsjahr 2010 lag die Bilanzsumme der Gesellschaft im Bereich von mehr als 6 Mio. € und sie verfügte im Jahresdurchschnitt über mehr als 50 Arbeitnehmer.

Soweit die Angeklagten gemäß dieser gesetzlichen Vorgaben gehalten waren, für die U I7 AG Jahresabschluss und Lagebericht für das Geschäftsjahr 2010 bis zum 31.03.2011 aufzustellen, sind sie dieser Pflicht nicht nachgekommen, weil zum Stichtag weder Jahresabschluss noch Lagebericht vorlagen.

Die erforderliche Aufstellung war den Angeklagten auch tatsächlich in fachlicher und finanzieller Hinsicht ohne Weiteres möglich, weil die U I7 AG als Unternehmen über eigene personelle Ressourcen hierzu verfügte und insoweit nicht zu deren Aufstellung auf die Hilfe eines Steuerberaters zurückgreifen bzw. weitere Kosten aufbringen musste (vgl. nur BGH NStZ 2003, 546, 547 f.). Entsprechend hatte das Unternehmen für das Geschäftsjahr 2008 und 2009 die Aufstellung eines prüffähigen Bilanzentwurfs selbst vorgenommen. Die beauftragte und zeitweise auch tätige, aber für das hier gegenständliche Jahr 2010 ohnehin nicht beauftragte C3 AG war indes allein in Erfüllung der nach § 316 Abs. 1 S. 1 HGB bestehenden Prüfpflicht für Jahresabschluss und Lagebericht eingebunden worden und eben nicht für die Erstellung der prüffähigen Entwürfe. Überdies hatten die Angeklagten zu keiner Zeit Bemühungen unternommen, den ihnen obliegenden Pflichten nachzukommen, sondern vielmehr gezielt und plangemäß die personellen Ressourcen anderweitig eingesetzt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass ab Anfang März die neuen Eigentümer der U I7 AG den Zeugen Dr. I3 als neuen Vorstandsvorsitzenden berufen hatten, denn bis Anfang März hatten die Angeklagten jedenfalls bewusst noch keine Bemühungen unternommen, die notwendigen Abschlussarbeiten intern durchführen zu lassen. Mit dem Hinzutreten Dr. I3 änderte sich zwar die hierarchische Struktur des Vorstandsgremiums, allein die weiter fortbestehenden Ämter befreiten die Angeklagten aber indes nicht von den ihnen obliegenden Pflichten, zumal sich als Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht ergeben hat, dass die Angeklagten ihrerseits gezielt Maßnahmen ergriffen hätten, um diesen Pflichten gerecht zu werden, die auf Weisung Dr. I3 nicht durchgeführt worden waren.

Ebenso entlastet es die Angeklagten nicht, dass die Aufstellung des Jahresabschlusses für 2010 ohnehin kaum möglich gewesen sein sollte, da die Aufsatzpunkte aus den vorangehenden Jahren 2008 und 2009 mangels Testierung durch die C3 AG nicht festgelegt waren. Eine daraus resultierende Unmöglichkeit der Pflichterfüllung kann schon deshalb nicht zugunsten der Angeklagten wirken, weil eine solche allein dadurch begründet würde, dass die Angeklagten ihren gesetzlichen Pflichten aus den vorangegangenen Jahren schuldhaft nicht nachgegangen waren (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 283 Rz. 29c). Dabei wäre sicherlich zu ihren Gunsten zu berücksichtigen gewesen, wenn ein Entwurf Ungenauigkeiten enthalten hätte. Die Angeklagten haben aber nichtmals auf die Erstellung eines solchen Entwurfs hingewirkt.

Gegen die Möglichkeit der Erstellung eines Jahresabschluss für 2010 spricht schließlich auch nicht, dass die Buchhaltungssysteme Anfang 2011 als Folge des Wegbrechens des Lastschriftverfahrens erhebliche Rückstände aufwiesen. Zum Einen betrafen diese Rückstände im Wesentlichen die Debitorenbuchhaltung der U T21 GmbH und nicht die Buchhaltung der U I7 AG. Die hier ausgeurteilte Tat bezieht sich zu dem auf den Jahresabschluss allein der U I7 AG und nicht denjenigen der gesamten Gruppe mit der U I7 AG als Dachgesellschaft. Zum Anderen bewegten sich die Rückstände in einem solchen zeitlichen Bereich, das zumindest die Erstellung eines Jahresabschlusses auch innerhalb der verbleibenden Frist möglich gewesen sein sollte. Die Erstellung eben dieses Jahresabschlusses war von den Angeklagten nicht verfolgt worden.

Der dann zur Begründung einer Strafbarkeit weiterhin erforderliche tatsächliche Zusammenhang zwischen der verspäteten Abschlusserstellung und dem späteren wirtschaftlichen Zusammenbruch der Gesellschaft ergibt sich hier bereits aus der zeitlichen Nähe zur Insolvenzantragsstellung im Juni 2011 (ca. 2,5 Monate) und dem Umstand, dass die Erstellung der hier in Frage stehenden Jahresabschlüsse erst durch den Insolvenzverwalter nach Eröffnung im September 2011 durchgeführt wurde.

2. Vorsatz / Gemeinsamer Tatentschluss

Die Angeklagten handelten insoweit auch vorsätzlich und jedenfalls auf Basis eines gemeinsamen Tatplans, weil sie als Vorstandsmitglieder - auch nach Eintreten des neuen Vorstandsvorsitzenden Dr. I3 - im Vorstandsgremium Vorbereitungen für die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts weder selbst anstießen, noch diese gegenüber Dr. I3 anregten, obwohl ihnen die jeweiligen Fristen und gesetzlichen Pflichten aus dem Handelsrecht bekannt und bewusst waren. Vielmehr veranlassten sie plangemäß und gezielt, dass sich die gruppeninternen Mitarbeiter der Bilanzbuchhaltung auf zahlreiche Sonderauswertungen für mögliche Investoren konzentrieren und diese an der Aufarbeitung der durch die Presseberichterstattung entstandenen Situationen mitwirkten und dabei die anstehenden Jahresabschlussarbeiten - wie beabsichtigt - zurückstellten. Entsprechend lagen - wie von den Angeklagten beabsichtigt und bewusst in Kauf genommen - bis zur späteren Insolvenzeröffnung im September 2011 auch prüffähige Jahresabschlüsse oder Lageberichte für die U I7 AG für das Geschäftsjahr 2010 nicht vor.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

Die Tat ist rechtswidrig und schuldhaft begangen. Umstände, die auf eine Rechtfertigung oder Entschuldigung hindeuten könnten, sind nicht festgestellt worden.

4. Eintritt der Strafbarkeitsbedingung

Die Strafbarkeitsbedingung nach §§ 283b Abs. 3, 283 Abs. 6 StGB ist eingetreten, da die U I7 AG nach Stellung des Insolvenzantrags am 14.06.2011 die Zahlungen eingestellt und mit Wirkung zum 01.09.2011 über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Insofern besteht auch ein hinreichender tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Eintritt der Bedingung einerseits und dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Zusammenbruchs dahingehend, dass im Zeitpunkt des Zusammenbruchs prüffähige Jahresabschlüsse oder Lageberichte für die U I7 AG für das Geschäftsjahr 2010 nicht vorlagen.

III. Konkurrenzen

Die von den Angeklagten gemeinschaftlich begangenen Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit nach § 53 StGB.

E. Strafzumessung

I. Anzuwendender Strafrahmen für die Taten

Der Strafrahmen des § 15a InsO sieht für eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung gemäß §§ 15a Abs. 1 S. 1 iVm Abs. 4 InsO (Tat 1) Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor.

Der Strafrahmen des § 283b StGB sieht für die vorsätzliche Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b und Abs. 3; 283 Abs. 6 StGB (Tat 2) Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor.

II. Angeklagter C

1. Tatübergreifende Strafzumessungserwägungen

Unter Anwendung der vorgegebenen Strafrahmen für die ausgeurteilten Taten hat sich die Kammer bei der konkreten Strafzumessung für den Angeklagten C - bezogen auf alle festgestellten Taten - insgesamt zunächst zu seinen Gunsten strafmildernd insbesondere davon leiten lassen, dass

er nicht vorbestraft ist,

das Verfahren insgesamt - auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei Wirtschaftsstrafverfahren - über einen sehr langen, über das übliche Maß hinaus gehenden Zeitraum angedauert hat, da allein zwischen Erhebung der Anklage und der Verurteilung in erster Instanz ein Zeitraum von über vier Jahren lag,

er unter dem Druck des Verfahrens und der seit Oktober 2010 andauernden begleitenden Medienberichterstattung erheblich gelitten hat,

er als Folge des Verfahrens und dessen Dauer finanziell erhebliche Einbußen erlitten und letztlich dadurch seine wirtschaftliche Existenz verloren hat und ihm möglicherweise der Verlust seiner beamtenrechtlichen Pensionsansprüche droht,

er sich der persönlichen Inanspruchnahme durch zahlreiche Gläubiger, so auch dem Insolvenzverwalter, wegen erheblicher Beträge vergegenwärtigen muss,

sich seine Lebensverhältnisse nach der Tat weitestgehend stabilisiert haben,

er als Folge der Tat für die Dauer von fünf Jahren an der Ausübung leitender Funktionen bei Kapitalgesellschaften ausgeschlossen ist, wodurch seine beruflichen Beschäftigungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt sind und

er sich als Folge der Tat möglicherweise Regressforderungen der seine Verteidigungskosten im Verfahren tragenden, im Herbst 2009 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung gegenüber sieht.

2. Besondere Erwägungen zu den Einzelstrafen

a) Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift)

Ausgehend von diesen Erwägungen hat die Kammer bei der Strafzumessung für Tat 1 weiter zugunsten des Angeklagten C strafmildernd berücksichtigt, dass

zwischen der Begehung der Tat und diesem Urteil letztlich ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren liegt,

die Insolvenzgläubiger insgesamt mit einer außergewöhnlich hohen Quote rechnen können,

sich die wirtschaftliche Situation der U I7 AG und der U-Gruppe insgesamt in 2010 - letztlich als eingetretenes, mit der Tat verfolgtes Ziel - durch den Verkauf neuer Stromprodukte und die Begleichung von Steuerschulden kurzzeitig verbesserte, ehe im Nachgang als Folge der im Oktober 2010 angestoßenen massiven Presseberichterstattung sich die wirtschaftliche Situation die Unternehmensgruppe zusätzlich nachhaltig verschlechterte,

ihm die Tatbegehung durch die involvierten Behörden, hier das HZA L10 als zuständige Steuerbehörde und die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde, als Folge der dort jeweils gesehenen "politischen Dimension" im Hinblick auf die Liberalisierung des Strommarktes und der damit verbundenen, gelebten Nachlässigkeit in der Ausübung der Kompetenzen überhaupt ermöglicht wurde,

ihm zudem die Tatbegehung auch durch die für die Stromversorgung von Endkunden notwendig eingebundenen Netzbetreiber und andere Geschäftspartner wie die C2 M3 Fußball GmbH durch deren nachlässige Beibringungspraxis von Forderungen erheblich erleichtert wurde,

er sich durchgängig durch Einschätzungen, Ratschläge und finanzielle Anreize des ihm in Finanzfragen mit überlegenem Wissen ausgestatteten Unternehmensgründers und Aufsichtsrats K verleiten lassen hat, der selbst ein überragendes Eigeninteresse an dem Fortbestand der Gruppe hatte.

Strafschärfend war indes noch zu berücksichtigen, dass

er im Vorstandsgremium der U I7 AG als Vorstandsvorsitzender - seit September 2007 bis über den Tatzeitraum hinausreichend - eine exponierte Stellung eingenommen und seine Stimme im Vergleich zu den jeweiligen anderen Vorstandsmitgliedern dadurch bedingt besonderes Gewicht hatte,

er besondere kriminelle Energie zur Erreichung der Tatziele aufgewandt hat, weil er - jedenfalls ab 2008 bis zum Ende des Tatzeitraums und ab 2009 zusammen mit dem Angeklagten Dr. L - gezielt gruppenintern über und durch die Mitarbeiter der U I7 AG das gelebte Priorisierungssystem mitgetragen und betrieben hat,

er - nach Ablauf der gesetzlichen Antragsfrist und zusammen mit dem Angeklagten Dr. L - weiterhin den Vertrieb von Verträgen mit Vorkasseleistungen an Endkunden, letztverbindlich über den Vorstand der U I7 AG, für die U-Gruppe aufrechterhielt und dadurch deren Ausfallrisiko als Gläubiger erhöhte.

Bei Abwägung aller angeführten Umstände zugunsten und zulasten des Angeklagten C hat die Kammer für diese Tat auf eine

Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten

als tat- und schuldangemessen erkannt.

b) Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift)

Bei Tat 2 hat die Kammer weiter zugunsten des Angeklagten C strafmildernd berücksichtigt, dass

zwischen der Begehung der Tat und diesem Urteil letztlich ein Zeitraum von fast 6 Jahren liegt,

er bereits im März 2011, mit Hinzutreten des neuen Vorstandsvorsitzenden Dr. I3, sein Amt als Vorstandsvorsitzender verlor und bis zum Ablauf der Frist zum 31.03.2011 nur noch untergeordnetes Mitglied im Vorstandsgremium mit begrenzten Zugriffsmöglichkeiten bis zu seinem Ausscheiden im April 2011 war und

die begleitende Medienberichterstattung die Krisensituation verschärft und dadurch in den Buchhaltungssystemen erhebliche Rückstände aufgelaufen waren, die die Jahresabschlussarbeiten erschwerten.

Bei Abwägung aller angeführten Umstände zugunsten und zulasten des Angeklagten C hat die Kammer für diese Tat auf eine

Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 €

als tat- und schuldangemessen erkannt.

Bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe hat die Kammer zugunsten des Angeklagten unterstellt, dass diesem angesichts seiner hohen Verbindlichkeiten kein die Pfändungsfreigrenze übersteigender Betrag monatlich zur Verfügung steht. Selbst bei Bezug nur von Sozialleistungen (ALG II / Hartz IV) ist eine Tagessatzhöhe von 10 € angemessen.

3. Gesamtstrafe

Für die Bildung einer Gesamtstrafe stand der Kammer damit gemäß §§ 39, 54 StGB ein Strafrahmen von einem Jahr vier Monaten bis zu einem Jahr fünf Monaten Freiheitsstrafe zur Verfügung, weil die höchste Einzelstrafe zu erhöhen war, ohne die Summe aller Einzelstrafen zu erreichen.

Die Kammer hat erneut alle für und gegen den Angeklagten C sprechenden Gesichtspunkte gewürdigt und dabei insbesondere auch seine Persönlichkeit und sein Vorleben sowie die Auswirkungen der Strafe auf dessen künftiges Leben in der Gesellschaft berücksichtigt. Ferner hat sie gesehen, dass die Taten in zeitlicher und inhaltlicher Nähe zueinander begangen wurden, allerdings auf die Verletzung unterschiedlicher Rechtsgüter abzielten und damit jeweils eigenes Gewicht haben. Die ermittelten Einzelstrafen hat die Kammer deswegen nach nochmaliger Abwägung durch maßvolle Erhöhung der höchsten Einzelstrafe auf eine tat- und schuldangemessene

Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten

zurückgeführt (§ 54 StGB).

4. Strafaussetzung zur Bewährung

Die verhängte Strafe konnte nach Auffassung der Kammer zur Bewährung ausgesetzt werden, da für den Angeklagten C die dafür notwendigen Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 und Abs. 2 StGB vorliegen. Im Einzelnen:

a) Günstige Legalprognose, § 56 Abs. 1 StGB

Nach § 56 Abs. 1 StGB setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass sich der Angeklagte schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch künftig ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Angeklagten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkung zu berücksichtigen, die von einer Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung für ihn zu erwarten sind. Im Übrigen verlangt § 56 Abs. 1 StGB keine sichere Gewähr, sondern lediglich eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit zur straffreien Führung. Eine bloße Hoffnung reicht hingegen nicht aus. Für die Bejahung einer günstigen Prognose ist es ausreichend, dass die Wahrscheinlichkeit künftig straffreien Verhaltens größer ist als die der Begehung neuer Straftaten.

Diese Voraussetzungen sind aus Sicht der Kammer erfüllt. Der Angeklagte C ist vor den hier abgeurteilten Taten, ebenso wie im Zeitraum bis zur hiesigen Verurteilung nie strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er zeigte sich zudem von seinem ersten Strafverfahren sichtlich beeindruckt und mitgenommen und hat sich dem langen, für ihn belastenden Verfahren über die gesamte Verfahrensdauer gestellt. Zudem ist der Angeklagte als Folge des Verfahrens wirtschaftlich ruiniert und durch die gesetzlichen Nebenfolgen für die Ausübung von Führungsämtern hinreichend betroffen. Die Kammer geht auf dieser Grundlage davon aus, dass er sich die Verurteilung zur ausreichenden Warnung dienen lassen wird und künftig, auch nach Ablauf der Bewährungszeit, ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.

b) Besondere Umstände, § 56 Abs. 2 StGB

Nach Überzeugung der Kammer liegen darüber hinaus hinsichtlich des Angeklagten C auch besondere Umstände gemäß § 56 Abs. 2 StGB vor, die eine Aussetzung zur Bewährung in der hiesigen Konstellation rechtfertigen.

Bei Freiheitsstrafen von über einem Jahr genügt eine günstige Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB alleine nicht, um die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aussetzen zu können. Hinzutreten müssen gemäß § 56 Abs. 2 StGB vielmehr besondere Umstände in Tat und Täterpersönlichkeit, die dies angezeigt erscheinen lassen, welche umso gewichtiger sein müssen, je näher die Strafe an die Höchstgrenze von zwei Jahren heranreicht, bis zu welcher Strafaussetzung gewährt werden kann.

Unter Anwendung dieser Grundsätze liegen aus Sicht der Kammer im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten C hier besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor. Der Angeklagte ist nicht vorbestrafter Ersttäter. Dazu hat die Kammer berücksichtigt, dass die ausgeurteilten Taten sehr lange zurück liegen und der Angeklagte danach bis zur Verurteilung strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Insofern haben sich die Lebensverhältnisse des Angeklagten nach der Tatbegehung sichtlich stabilisiert.

III. Angeklagter Dr. L

1. Tatübergreifende Strafzumessungserwägungen

Unter Anwendung der vorgegebenen Strafrahmen für die ausgeurteilten Taten hat sich die Kammer bei der konkreten Strafzumessung für den Angeklagten Dr. L - bezogen auf alle festgestellten Taten - insgesamt zunächst zu seinen Gunsten strafmildernd insbesondere davon leiten lassen, dass

er nicht vorbestraft ist,

das Verfahren insgesamt - auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei Wirtschaftsstrafverfahren - über einen sehr langen, über das übliche Maß hinaus gehenden Zeitraum angedauert hat, da allein zwischen Erhebung der Anklage und der Verurteilung in erster Instanz ein Zeitraum von über vier Jahren lag,

er unter dem Druck des Verfahrens und der seit Oktober 2010 andauernden begleitenden Medienberichterstattung erheblich gelitten hat und sich in der medialen Öffentlichkeit deshalb erheblicher negativer Berichterstattung bis hin zu vereinzelten Anfeindungen und Belästigungen im privaten Bereich ausgesetzt sah,

er als Folge des Verfahrens und dessen Dauer finanziell erhebliche Einbußen bis hin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erlitten und letztlich dadurch seine wirtschaftliche Existenz verloren hat und wirtschaftlich ruiniert ist,

er durch die durch das Verfahren und die intensive Berichterstattung bedingte Gesamtsituation familiäre Belastungen hinnehmen musste,

er sich der Inanspruchnahme durch zahlreiche Gläubiger, so auch dem Insolvenzverwalter, wegen erheblicher Beträge vergegenwärtigen muss, woraus ihm bereits jetzt rechtskräftig festgestellte Schadensersatzforderungen von Kunden in Höhe von ca. 180.000 € gegenüber stehen,

sich seine Lebensverhältnisse nach der Tat weitestgehend stabilisiert haben und er bemüht ist, weiter im Berufsleben zu bleiben,

er als Folge der Tat für die Dauer von fünf Jahren an der Ausübung leitender Funktionen bei Kapitalgesellschaften ausgeschlossen ist, wodurch seine beruflichen Beschäftigungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt sind und

er sich als Folge der Tat möglicherweise Regressforderungen der seine Verteidigungskosten im Verfahren tragenden, im Herbst 2009 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung gegenüber sieht.

2. Besondere Erwägungen zu den Einzelstrafen

a) Tat 1 (Tat 1 der Anklageschrift)

Ausgehend von diesen Erwägungen hat die Kammer bei der Strafzumessung für Tat 1 weiter zugunsten des Angeklagten Dr. L strafmildernd berücksichtigt, dass

er in gewissem Umfang zur Abkürzung der Beweisaufnahme beigetragen hat, indem er sich in der Hauptverhandlung umfänglich eingelassen hat und für Rückfragen zur Verfügung stand und sich dabei teilweise - insoweit von Reue getragen - geständig gezeigt hat,

zwischen der Begehung der Tat und diesem Urteil letztlich ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren liegt,

die Insolvenzgläubiger insgesamt mit einer außergewöhnlich hohen Quote rechnen können,

sich die wirtschaftliche Situation der U I7 AG und der U-Gruppe insgesamt in 2010 - letztlich als eingetretenes, mit der Tat verfolgtes Ziel - durch den Verkauf neuer Stromprodukte und die Begleichung von Steuerschulden kurzzeitig verbesserte, ehe im Nachgang als Folge der im Oktober 2010 angestoßenen massiven Presseberichterstattung sich die wirtschaftliche Situation die Unternehmensgruppe zusätzlich nachhaltig verschlechterte,

ihm die Tatbegehung durch die involvierten Behörden, hier das HZA L10 als zuständige Steuerbehörde und die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde, als Folge der dort jeweils gesehenen "politischen Dimension" im Hinblick auf die Liberalisierung des Strommarktes und der damit verbundenen, gelebten Nachlässigkeit in der Ausübung der Kompetenzen überhaupt ermöglicht wurde,

ihm zudem die Tatbegehung auch durch die für die Stromversorgung von Endkunden notwendig eingebundenen Netzbetreiber und andere Geschäftspartner wie die C2 M3 Fußball GmbH durch deren nachlässige Beibringungspraxis von Forderungen erheblich erleichtert wurde,

er nach Insolvenzantragstellung im Juni 2011 zur Aufarbeitung der Unternehmenssituation mit dem bestellten Insolvenzverwalter konstruktiv zusammengearbeitet hat,

er im Vorstandsgremium der U I7 AG als technischer Vorstand im Vergleich zu den jeweiligen anderen Vorstandsmitgliedern eine eher untergeordnete Rolle inne hatte und ohnehin erst im Frühjahr 2009 als Vorstand bestellt worden war und

er sich durchgängig durch Einschätzungen, Ratschläge und finanzielle Anreize des ihm in Finanzfragen mit überlegenem Wissen ausgestatteten Unternehmensgründers und Aufsichtsrats K verleiten lassen hat, der selbst ein überragendes Eigeninteresse an dem Fortbestand der Gruppe hatte.

Strafschärfend war indes noch zu berücksichtigen, dass

er besondere kriminelle Energie zur Erreichung der Tatziele aufgewandt hat, weil er - jedenfalls ab 2008 bis zum Ende des Tatzeitraums und zusammen mit dem Angeklagten C - gezielt gruppenintern über und durch die Mitarbeiter der U I7 AG ein Priorisierungssystem mitgetragen und betrieben hat,

er - nach Ablauf der gesetzlichen Antragsfrist und zusammen mit dem Angeklagten C - weiterhin den Vertrieb von Verträgen mit Vorkasseleistungen an Endkunden, letztverbindlich über den Vorstand der U I7 AG, für die U-Gruppe aufrechterhielt und dadurch deren Ausfallrisiko als Gläubiger erhöhte.

Bei Abwägung aller angeführten Umstände zugunsten und zulasten des Angeklagten C hat die Kammer für diese Tat auf eine

Freiheitsstrafe von zehn Monaten

als tat- und schuldangemessen erkannt.

b) Tat 2 (Tat 4 der Anklageschrift)

Bei Tat 2 hat die Kammer weiter zugunsten des Angeklagten Dr. L berücksichtigt, dass

er zur Abkürzung der Beweisaufnahme beigetragen hat, indem er sich in der Hauptverhandlung umfänglich eingelassen und sich dabei - von Reue getragen - geständig gezeigt hat,

zwischen der Begehung der Tat und diesem Urteil letztlich ein Zeitraum von fast sechs Jahren liegt,

er ab März 2011, mit Hinzutreten des neuen Vorstandsvorsitzenden Dr. I3, nur noch über begrenzte Zugriffsmöglichkeiten und Kompetenzen verfügte und

die begleitende Medienberichterstattung die Krisensituation verschärft und dadurch in den Buchhaltungssystemen erhebliche Rückstände aufgelaufen waren, die die Jahresabschlussarbeiten erschwerten.

Bei Abwägung aller angeführten Umstände zugunsten und zulasten des Angeklagten Dr. L hat die Kammer für diese Tat auf eine

Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 €

als tat- und schuldangemessen erkannt.

Bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe hat die Kammer zugunsten des Angeklagten unterstellt, dass diesem angesichts seiner hohen Verbindlichkeiten kein die Pfändungsfreigrenze übersteigender Betrag monatlich zur Verfügung steht. Selbst bei Bezug nur von Sozialleistungen (ALG II / Hartz IV) ist eine Tagessatzhöhe von 10 € angemessen.

3. Gesamtstrafe

Für die Bildung einer Gesamtstrafe stand der Kammer damit unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe, ohne die Summe aller Einzelstrafen zu erreichen, gemäß §§ 39, 54 StGB ein Strafrahmen von zehn Monaten einer Woche bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe zur Verfügung.

Die Kammer hat erneut alle für und gegen den Angeklagten Dr. L sprechenden Gesichtspunkte gewürdigt und dabei insbesondere auch seine Persönlichkeit und sein Vorleben sowie die Auswirkungen der Strafe auf dessen künftiges Leben in der Gesellschaft berücksichtigt. Ferner hat sie gesehen, dass die Taten in zeitlicher und inhaltlicher Nähe zueinander begangen wurden, allerdings auf die Verletzung unterschiedlicher Rechtsgüter abzielten und damit jeweils eigenes Gewicht haben. Die ermittelten Einzelstrafen hat die Kammer deswegen nach nochmaliger Abwägung durch maßvolle Erhöhung der höchsten Einzelstrafe auf eine tat- und schuldangemessene

Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten

zurückgeführt (§ 54 StGB).

4. Strafaussetzung zur Bewährung

Die verhängte Strafe konnte nach Auffassung der Kammer zur Bewährung ausgesetzt werden, da für den Angeklagten Dr. L die dafür notwendigen Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 und Abs. 3 StGB vorliegen. Im Einzelnen:

Der Angeklagte Dr. L ist vor den hier abgeurteilten Taten, ebenso wie im Zeitraum bis zur hiesigen Verurteilung nie strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er zeigte sich zudem von seinem ersten Strafverfahren sichtlich beeindruckt und mitgenommen und hat sich dem langen, für ihn belastenden Verfahren über die gesamte Verfahrensdauer gestellt. Darüber hinausgehend hat er durch umfassende, teilweise geständige - glaubhaft von Reue getragenen - Einlassungen konstruktiv an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt. Insgesamt ist die Kammer so der Auffassung, dass er sich die Verurteilung zur ausreichenden Warnung dienen lassen wird und künftig, auch nach Ablauf der Bewährungszeit, ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.

Gründe, die ausnahmsweise zur Verteidigung der Rechtsordnung im Hinblick auf diese Tat oder die Person des Angeklagten Dr. L einer Aussetzung entgegen stehen, sind bei der gebotenen Würdigung der Gesamtumstände nicht ersichtlich.

IV. Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung

Zugunsten beider Angeklagten hat die Kammer eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von mehr als 14 Monaten angenommen, aufgrund derer - über die Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung hinaus - ein Teil der Strafe, nämlich jeweils

zwei Monate

zur Kompensation der Verzögerung als vollstreckt gelten.

Ob eine mit dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehende Verzögerung vorliegt, bestimmt sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen (BVerfG NJW 2003, 2225; BGH NStZ-RR 2011, 239; NStZ 2008, 234). Faktoren, die regelmäßig von Bedeutung sind, sind dabei insbesondere der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des Tatvorwurfs, der Umfang und die Schwierigkeit des Verfahrensgegenstands sowie das Ausmaß der mit der Dauer des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen. Keine Berücksichtigung finden hingegen Verfahrensverzögerungen, die der Betroffene selbst verursacht hat (BVerfG NJW 2003, 2225). Im Interesse der effektiven Verteidigung der Rechtsordnung ist eine überzogene Bemessung der Höhe einer Kompensation insbesondere bei schwerer Wirtschaftskriminalität zu vermeiden (BGH, Beschl. v. 17.11.2010, Az. 1 StR 145/10; BGH NJW 2012, 1458, 1461 f.).

1. Dauer der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung

Dies zugrunde gelegt war zugunsten der Angeklagten der bereits in Bezug genommene Zeitraum von 14 Monaten als rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung anzunehmen.

Hinsichtlich des Zeitraumes ab erstmaligen Eingang der Anklageschrift im Januar 2013 bis zur Errichtung einer Hilfsstrafkammer im Juli 2013 nimmt die Kammer zugunsten der Angeklagten eine gerichtsbedingte Verfahrensverzögerung von drei Monaten an, da die Einrichtung der Hilfsstrafkammer erst im Juli 2013 - selbst nach Einräumung einer Prüffrist ab Eingang der Anklageschrift - in Ansehnung der bereits bestehenden Belastungssituation der 7. Strafkammer hätte früher erfolgen müssen. Da zum Zeitpunkt des nicht vorhersehbaren Eingangs der Anklageschrift in dieser Sache zwar eine - zuvor mehrfach angezeigte - Überlastungssituation der ehemals zuständigen 7. Strafkammer des Landgerichts Bonn gegeben war, deren weitere Entwicklung zunächst abgewartet werden sollte und die sich dann aber im weiteren Verlauf bis Ende Mai 2013 - vorhersehbar - zu einer dauerhaften Überlastungsituation verfestigte, zeigte der Vorsitzende der 7. Strafkammer diese gegenüber der Verwaltung gerichtsintern mit Schreiben vom 03.06.2013 nochmals an. Entsprechend wurde mit Beschluss des Präsidiums des Landgerichts Bonn vom 25.06.2013 mit Wirkung zum 01.07.2013 - rechtlich unzulässig - die 7a. Strafkammer als Hilfsstrafkammer eingerichtet und das hiesige Verfahren auf diese übergeleitet.

Durch diese Verzögerung hätte die - rechtlich gebotene - Einrichtung der neuen Strafkammer als reguläre Strafkammer in Ansehung der dauerhaften Überlastung der 7. Strafkammer bereits zum 01.04.2013 erfolgen können mit der Konsequenz, dass das durch die neu gegründete Strafkammer zu führende Hauptverfahren nicht erst im Februar 2014, sondern voraussichtlich - bei Zugrundelegung der gleichen Vorbereitungszeit wie die hiesige Kammer in Anspruch genommen hat - bereits im November 2013 hätte beginnen können. Durch die fehlerhafte Errichtung der Kammer als Hilfsstrafkammer und die dadurch gerichtsintern verursachte fehlerhafte Besetzung konnte davon ausgehend die Hauptverhandlung vor dem erkennenden Gericht erst im Januar 2015 - also rund 14 Monate später als eigentlich möglich - beginnen.

2. Bemessung der Kompensation

Unter Berücksichtigung der - wie hier - regelmäßig üblicherweise langen Verfahrensdauer in komplexen Wirtschaftsstrafsachen, aus der sich ohnehin für die Angeklagten eine lang andauernde Belastung mit dem laufenden Verfahren begründet, sowie dem Umfang und der Schwierigkeit des hiesigen Verfahrensgegenstands und des Umstands, dass beide Angeklagten im relevanten Zeitraum nicht inhaftiert waren, hält die Kammer den durch die Justizorgane verursachten Zeitraum der Verfahrensverlängerung mit Blick auf die Gesamtdauer des Verfahrens von Beginn der eigentlichen Ermittlungen im Juni 2011 bis hin zu einer Verurteilung März 2017 für überschaubar. Dies gilt umso mehr deshalb, da es sich bei dem zugrunde liegenden Verfahren um strafrechtliche Vorwürfe in Zusammenhang mit der gemessen an der Zahl der Gläubiger zweitgrößten Konzerninsolvenz in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland handelt, deren Aufarbeitung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen musste. Angesichts des Zeitraums von 14 Monaten, an dessen Ende sich nach Aussetzung des Verfahrens der Hilfsstrafkammer im März 2014 der Druck der Medien jedenfalls lange Zeit von den Angeklagten auf die Organe der Justiz verlagerte, und der insgesamt für die Angeklagten durch mediale Begleitung bestehenden besonderen Belastungen in Zusammenhang mit dem Verfahren über eine ohnehin lange Verfahrensdauer, hielt sich deren zusätzliche Belastung in Grenzen. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer es für angemessen, aber auch ausreichend, hierfür eine Kompensation von zwei Monaten zu gewähren, zu deren Teil die Strafe als vollstreckt gilt.

F. Verfall

Die Kammer hat hinsichtlich der Angeklagten von dem Erlass einer Verfallsanordnung abgesehen. Sofern die Angeklagten gemäß § 73 Abs. 1 S. 1 StGB überhaupt etwas "für die Tat oder aus der Tat" im Sinne der Vorschrift erlangt haben sollten, wäre zwar ohnehin von einer Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 StGB abzusehen, weil den Verletzten aus den Taten Ansprüche erwachsen sind, deren Erfüllung den Angeklagten den Wert des jeweils aus den Taten Erlangten ohnehin entziehen würde. Unabhängig davon kann die Anordnung aber bereits gemäß § 73c Abs. 1 S. 2 StGB unterbleiben, weil der Wert des jeweils Erlangten zum Zeitpunkt dieser Entscheidung jedenfalls nicht mehr vorhanden ist. Beide Angeklagten sehen sich jeweils bereits umfänglichen Regress- und Schadensersatzansprüchen der damaligen Geschäftspartner der U-Gruppe, in zivilrechtlichen Verfahren geltend gemacht durch den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren, gegenüber, aus denen erhebliche Zahlungsverpflichtungen resultieren, die die wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten auf absehbare Zeit überfordern werden.

G. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 S. 1 StPO.