LG Köln, Urteil vom 24.02.2016 - 28 O 156/15
Fundstelle
openJur 2019, 12063
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagten zu 1) wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Letztere zu vollziehen an der Geschäftsführung, untersagt,

das in der Anl. K1 verbreitete Videomaterial, welches den Kläger auf dem Kölner Flughafen am 21.12.2014 zeigt, zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen,

wie am 23.12.2014 auf www.anonym.de geschehen.

2. Den Beklagten zu 2) und zu 3) wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,

das in der Anl. K1 verbreitete Videomaterial, welches den Kläger auf dem Kölner Flughafen am 21.12.2014 zeigt, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 2) und zu 3) jeweils zu 3/10 und die Beklagte zu 1) zu 2/5.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. und des Tenors zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist ein deutschlandweit bekannter Sänger. Die Beklagte zu 1) ist verantwortlich für die Internetseite www.anonym.de. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind als Fotografen tätig.

Am 21.12.2015 kam es am Flughafen Köln/Bonn zu einem Zusammentreffen zwischen dem Kläger den Beklagten zu 2) und zu 3). Die Beklagten zu 2) und zu 3) fuhren im Auftrag der Agentur B zum Flughafen Köln/Bonn, um Bilder des Klägers zu fertigen. Der Kläger landete in Begleitung einer Dame und eines Herren am Flughafen und nahm sodann die Rolltreppe, die in das darüber liegende Stockwerk führt, um zu dem Autoverleih T zu gelangen. Der Beklagte zu 2) stieg an dem Kläger und seinen Begleitern vorbei die Rolltreppe hinauf. Nach dem Verlassen der Rolltreppe rief der Beklagte zu 2) den Beklagten zu 3) mit seinem Mobiltelefon an und bat diesen, schnell nach oben zu kommen. Sodann gingen der Kläger und sein männlicher Begleiter zur Herrentoilette, auf die ihnen einer der Beklagten folgte.

Als der Kläger und sein Begleiter die Toilette verließen, gingen diese zusammen mit der weiblichen Begleitung in Richtung des Terminals 1 (im Folgenden: Abschnitt "1. Fotos, Bekl. 2)"). Der Beklagte zu 2) überholte die Gruppe, entnahm seiner Tasche eine Kamera und fing an, die Gruppe zu fotografieren. Daraufhin lief der männliche Begleiter auf den Beklagten zu 2) zu und hielt seinen Laptop vor die Linse des Fotoapparates. Sodann fing der Beklagte zu 3) an, das Geschehen zu filmen (im Folgenden: Abschnitt "Film, Bekl. 3)"). Der Kläger lief auf diesen zu und rief "Fuck off". Er streckte seine Hand in Richtung des Beklagten zu 3) aus und die Kamera des Beklagten zu 3) schwenkte nach unten. Während dessen machte der Beklagte zu 2) Fotoaufnahmen (im Folgenden: Abschnitt "2. Fotos, Bekl. 2)"). Als sich der Kläger umdrehte und dies bemerkte, ging er auf den Beklagten zu 2) zu, schwang seine Tasche in dessen Richtung und berührte ihn.

Am 23.12.2014 stellte die Beklagte zu 1) auf der Seite www.anonym.de ein Video zum Abruf bereit mit dem Titel "Ausraster am Flughafen - H vermöbelt Fotografen", das Ausschnitte des soeben geschilderten Zusammentreffen des Klägers mit den Beklagten zu 2) und zu 3) ab dem Abschnitt "Film, Bekl. 3)" enthält. Für Einzelheiten wird auf die Anlage K1 verwiesen. In der Zeitung "Bild" wurde das Video wie folgt angekündigt: "H - Wie der Sänger auf dem Kölner Flughafen einen Fotografen angriff".

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.12.2014 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, welches diese mit Schreiben vom 30.12.2014 zurückwies. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2014 forderte der Kläger die Beklagten zu 2) und 3) über ihren Rechtsanwalt zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, die diese nach einer umfangreicheren anwaltlichen Korrespondenz mit anwaltlichem Schreiben vom 19.1.2015 zurückwiesen.

Auf Antrag des Klägers erlies die Kammer am 12.1.2015 eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte zu 1). Diese beantragte, dem Kläger eine Frist zu Erhebung der Hauptsacheklage nach § 926 Abs. 1 ZPO zu setzen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihn die Ausstrahlung des Films in seinem Recht am eigenen Bild aus §§ 823, 1004 BGB, §§ 22, 23 KUG verletze. Er müsse nicht dulden, auf privaten Reisen abgelichtet zu werden. Dies gelte unabhängig davon, dass das Bildmaterial zeige, wie der Kläger die Beklagten zu 2) und 3) versucht habe, von den Aufnahmen abzuhalten. Zudem seien seine Handlungen vom Notwehrrecht gedeckt gewesen. Das Notwehrrecht würde pervertiert werden, wenn das Bildmaterial durch eine Notwehrhandlung als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte angesehen werden würde.

Der Kläger behauptet, dass seine Begleiter sein Sohn und seine Lebensgefährtin gewesen seien. Weiter behauptet er, einer der Fotografen habe sich auf der Rolltreppe direkt vor den Kläger gestellt und gesagt: "Dich kenne ich doch". Jener sei sodann dem Kläger und seinem Sohn auf die Herrentoilette gefolgt und habe sich dort neben den Kläger ans Waschbecken gestellt. Der Kläger habe seinen Sohn dann gebeten, etwas schneller zu gehen, da ihm die Sache nicht geheuer gewesen sei.

Als der Beklagte zu 2) begonnen habe, den Kläger, seinen Sohn und seine Lebensgefährtin zu fotografieren (Abschnitt "1. Fotos, Bekl. 2)"), habe der Kläger dem Beklagten zu 2) gesagt, dass er dies unterlassen solle. In Bezug auf den Abschnitt "Film, Bekl. 3)" behauptet der Kläger, er sei auf den Beklagten zu 3) erst zugegangen, als dieser bereits gefilmt habe, und habe gesagt "Fuck off, ich bin privat hier, du Affe". Der Beklagte zu 3) habe bereits an dieser Stelle gesagt "Herr H, warum schlagen Sie mich?". Der Kläger habe sodann die Hand ausgestreckt, um die Filmkamera abzudecken. Der Beklagte zu 3) habe jedoch die Kamera bereits von selbst gesenkt. Der Kläger habe daher - so behauptet er - weder die Filmkamera noch den Beklagten zu 3) berührt. Zu dem nächsten Abschnitt "2. Fotos, Bekl. 2)" behauptet der Kläger, dass er den Beklagten zu 2) mit der Tasche lediglich leicht am Arm berührt habe und sich in dieser nur eine Zeitung befunden habe. Der Beklagte habe sich daraufhin von selbst fallen lassen. Der Kläger habe den Beklagten zu 2) nur kurz hinten am Nacken festgehalten, um das weitere Fotografieren seiner Lebensgefährtin sowie seines Sohnes zu verhindern.

Weiter behauptet der Kläger, dass der Vorgang zwischen den Beklagten zu 2) und 3) geplant gewesen sei und sich diese auf der Toilette des Flughafens abgesprochen hätten. Sie hätten den Kläger mit dem Fotoapparat nerven wollen in der Hoffnung, dass er ausraste, um das Ganze zu filmen.

Der Kläger beantragt,

1. der Beklagten zu 1) bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Letztere zu vollziehen an der Geschäftsführung, zu untersagen,

das in der Anl. K1 verbreitete Videomaterial, welches den Kläger auf dem Kölner Flughafen am 21.12.2014 zeigt, zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen,

wie am 23.12.2014 auf www.anonym.de geschehen,

2. dem Beklagten zu 2) und/oder dem Beklagten zu 3) bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen,

das in der Anl. K1 verbreitete Videomaterial, welches den Kläger auf dem Kölner Flughafen am 21.12.2014 zeigt, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Ansicht verletzt die Verbreitung des Videos den Kläger nicht rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Es handle sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 S. 1 Nr. 1 KUG, da zu sehen sei, wie ein berühmter deutscher Sänger die Selbstkontrolle verliere und zwei Journalisten beschimpfe und tätlich angreife. Auch sei das Vorgehen nicht nach § 32 StGB gerechtfertigt.

Hierzu behaupten sie, dass die Beklagten zu 2) und zu 3) die Begleiter des Klägers nicht gekannt hätten. Sie bestreiten mit Nichtwissen, dass es sich um den Sohn und die Lebensgefährtin des Klägers handele. Weiter behaupten sie, dass der Beklagte zu 3) an den Waschbecken der Herrentoilette den Kläger nur angeschaut habe, aber nicht mit ihm gesprochen habe. Zudem habe er vor dem Kläger und dem Begleiter die Toilette verlassen und sei zu dem Beklagten zu 2) gegangen, um ihm zu bestätigen, dass es sich tatsächlich um H handele.

Als der Beklagte zu 2) aus einer Entfernung von ca. 15 m angefangen habe, zu fotografieren (Abschnitt "1. Fotos, Bekl. 2)"), sei es der Begleiter des Klägers und nicht der Kläger selbst gewesen, der gerufen habe "Keine Bilder! Wir sind privat hier!". Der Beklagte zu 2) habe daraufhin sofort das Fotografieren eingestellt und versucht, den Begleiter des Klägers zu beruhigen. In Bezug auf den Abschnitt "Film, Bekl. 3)" behaupten die Beklagten, dass der Beklagte zu 3) die Filmkamera erst in dem Moment herausgeholt habe, als es zu dem "kleinen Handgemenge" gekommen sei. Angefangen zu filmen habe er aber erst, als sich der Kläger ihm zugewandt habe. Der Kläger sei - so behaupten die Beklagten - wutentbrannt auf den Beklagten zu 3) zugerannt, habe zu einem Schlag mit seiner linken Hand ausgeholt und den Kopf des Beklagten zu 3) getroffen, so dass diesem die Kamera aus der Hand gerutscht sei. Als sich der Kläger im Abschnitt "2. Fotos, Bekl. 2)" sodann dem Beklagten zu 2) zugewandt habe, habe sich dieser sofort umgedreht und an der Fensterfront zurück in Richtung Terminal 1 bewegt. Nachdem der Kläger den Beklagten zu 2) mit seiner Tasche an den Kopf geschlagen habe, habe sich dieser nach vorne gebeugt, der Kläger habe ihn mit der linken Hand am Hals gepackt, gewürgt und ihn mit dem Kopf nach unten gedrückt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Bildberichterstattung gemäß §§ 1004, 823 BGB, Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG.

Bei der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Filmmaterials auf der Internetseite www.anonym.de handelt es sich um eine Verbreitung von Bildnissen i.S.v. § 22 Satz 1 KUG.

Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach der Rechtsprechung des BGH nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. BGH GRUR-Prax 2012, 338550; BGH, NJW 2010, 3025 m.w.N.), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793 - Caroline von Hannover) als auch mit der Rechtsprechung des EGMR im Einklang steht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht gem. § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

a.

Vorliegend hat der Kläger unstreitig nicht gem. § 22 Satz 1 KUG in die Verbreitung der Aufnahmen eingewilligt.

b.

Zudem ist keiner der Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG einschlägig. Insbesondere handelt es sich bei der streitgegenständlichen Bildberichterstattung nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.

Schon die Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegen, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits. Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (vgl. BGH, NJW 2012, 763 m.w.N.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zu Gunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Zum Kern der Pressefreiheit gehört es, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht (vgl. BGH, NJW 2010, 3025 m.w.N.). Diese grundrechtliche Gewährleistung umfasst auch die Abbildung von Personen (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.).

Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (vgl. BGH, NJW 2012, 763 m.w.N.). Es bedarf einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (vgl. BGH, NJW 2010, 3025 m.w.N.). Dabei sind die Belange der Medien in einen möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.), der in Form der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild sowie der Garantie der Privatsphäre teilweise auch verfassungsrechtlich fundiert ist (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (vgl. BGH, NJW 2012, 763).

Die streitgegenständliche Bildberichterstattung betrifft nach der bereits innerhalb des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmenden Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen kein zeitgeschichtliches Ereignis.

Der zunächst für die Gewichtung der geschützten Interessen maßgebliche Anlass der Berichterstattung liegt durchaus im öffentlichen Interesse. Denn es wird über eine körperliche Auseinandersetzung eines prominenten deutschen Sängers mit Fotografen am Kölner Flughafen berichtet, woran ein gesellschaftliches Informationsinteresse besteht.

Daneben sind aber auch die Mittel zu würdigen, mit denen die Berichterstattung verfolgt wird (vgl. BVerfG v. 25.1.1984, 1 BvR 272/81, NJW 1984, 1741, 1743; OLG Düsseldorf v. 26.10.2011 - I-15 U 101/11 u.a., ZUM-RD 2012, 137). In dem veröffentlichten Video wird die Auseinandersetzung des Klägers mit den Beklagten zu 2) und zu 3) im Vergleich zum Gesamtablauf des Geschehens wesentlich kürzer dargestellt, weswegen sie relevante Informationen nicht enthält. Die Berichterstattung erfolgt einseitig und vermittelt dem Zuschauer der Wahrheit zuwider, der Kläger sei anlasslos auf die Beklagten zu 2) und zu 3) zugegangen. Unabhängig vom Vorliegen strafrechtlicher Rechtfertigungsgründe, fehlt es dadurch an einem das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiegenden Berichterstattungsinteresse.

Insbesondere wird dem Zuschauer in dem Video der Beginn des Aufeinandertreffens des Klägers mit den Beklagten zu 2) und zu 3) nicht mitgeteilt. Das Video zeigt lediglich die Situationen der körperlichen Auseinandersetzung des Klägers mit dem Beklagten zu 2) (Abschnitt "2. Fotos, Bekl. 2)") und mit dem Beklagten zu 3) (Abschnitt "Film, Bekl. 3)"). Es werden aber keine Informationen zu der Situation im Vorfeld hierzu (Abschnitt "1. Fotos, Bekl. 2)") gegeben. Auch durch die Begleitberichterstattung wird dem Zuschauer nicht mitgeteilt, dass der Beklagte zu 2) den Kläger in einer privaten Situation am Flughafen antraf, den Kläger und seine Begleiter überholte, sich vor sie stellte und plötzlich anfing zu fotografieren. Ebenfalls wird dem Zuschauer nicht vermittelt, dass der männliche Begleiter des Klägers zunächst durch das Vorhalten seines Laptops versuchte, den Beklagten zu 2) daran zu hindern, Fotoaufnahmen zu tätigen. Auch wird nicht mitgeteilt, dass der Kläger oder sein Begleiter zunächst rief "Keine Bilder! Wir sind privat hier!". Selbst unter der Annahme, dass der Beklagte zu 2) - wie die Beklagten behaupten - den Begleiter des Klägers wieder beruhigt habe, ist unstreitig, dass sodann der Beklagte zu 3) seine Filmkamera hervorholte.

In der Berichterstattung wird mithin die Information vorenthalten, dass von Seiten des Klägers vor der körperlichen Auseinandersetzung versucht wurde, die Aufnahmen zu unterbinden, und der Beklagte zu 3) den Anschein weckte, dennoch Filmaufnahmen tätigen zu wollen. Diese Informationen würden einen verständigen Durchschnittsrezipienten aber jedenfalls eine andere Ausgangslage für die Beurteilung der in dem Video dargestellten Situation bieten.

Die einseitige Darstellung der Gesamtsituation wird dadurch verstärkt, dass auch die körperliche Auseinandersetzung nur punktuell wiedergegeben wird. So ist dem Video nicht zu entnehmen, was sich im Abschnitt "Film, Bekl. 3)" zutrug, als der Kläger beim Beklagten zu 3) angekommen war. Es sind lediglich Kratzgeräusche am Mikrofon der Kamera zu hören und es ist zu erkennen, dass diese gesenkt wird. Weder ist sichtbar, warum die Kamera gesenkt wird, noch, was sodann passiert.

Diese Lücke würde ein verständiger Durchschnittsrezipient dadurch schließen, dass in der Filmsequenz zuvor gezeigt wird, wie der Kläger laut schimpfend auf den Beklagten zu 3) zugegangen war, und der Begleittext berichtet, dass der Kläger "ausraste" und "auf den Mann hart einschlage". Auch wird das Video im Internet mit "Ausraster am Flughafen H vermöbelt Fotografen" betitelt.

c.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, dürften die berechtigten Interessen des Klägers überwiegen.

Nach § 23 Abs. 2 KUG erstreckt sich die Befugnis zur einwilligungsfreien Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Ob dies der Fall ist, ist auf Grund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Güter- und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbereich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE 101, 361 [393] = GRUR 2000, 446 - Caroline von Monaco; BGH, GRUR 1994, 391 [392] - Alle reden vom Klima; GRUR 2004, 590 - Satirische Fotomontage).

Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung sind zunächst ebenfalls der Anlass der Berichterstattung sowie die angewandten Mittel zu berücksichtigen. Ergänzend ist zugunsten des Klägers zu beachten, dass die inkriminierte Berichterstattung in die Privatsphäre des Klägers eingreift. Denn unabhängig davon, wer genau die Begleitpersonen waren, ist es bei lebensnaher Betrachtung naheliegend, dass die Reise am vierten Advent, drei Tage vor Heiligabend, aus privatem Anlass erfolgte.

d.

Mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist die durch die Erstbegehung indizierte Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt.

2.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 100, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 20.000,- EUR (8.000,- EUR + 2 x 6.000,- EUR) festgesetzt.

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