VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.05.2018 - 28 L 824/18
Fundstelle
openJur 2019, 12056
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 8 B 718/18
Tenor

Der Beschluss der Kammer vom 20. Dezember 2017 (28 L 4238/17) wird abgeändert und der Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 28 K 3235/17 gegen die der Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilte Genehmigung vom 30. Dezember 2016 in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 13. März 2018 zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windkraftanlagen wiederherzustellen, abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf §§ 80a Abs. 3 Satz 2 und 80 Abs. 7 VwGO gestützte Antrag der Beigeladenen,

den Beschluss der Kammer vom 20. Dezember 2017 (28 L 4238/17) abzuändern und den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 28 K 3235/17 gegen die der Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilte Genehmigung vom 30. Dezember 2016 zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windkraftanlagen wiederherzustellen, abzulehnen,

hat Erfolg.

Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO) kann jeder Beteiligte bei dem Gericht der Hauptsache die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Der Antragsgegner hat nach dem Eilbeschluss der Kammer vom 20. Dezember 2017 ein ergänzendes Verfahren durchgeführt, die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 5 i. V. m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG 2010 grundlegend überarbeitet, hierüber eine ergänzende Dokumentation erstellt und mittels Ergänzungsbescheid vom 13. März 2018 die Begründung des Genehmigungsbescheides vom 30. Dezember 2016 sowie die einbezogenen Antragsunterlagen ergänzt. Die vormalige Gesetzesfassung des UVPG findet gemäß § 74 Abs. 1 UVPG in der aktuellen Fassung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) weiterhin Anwendung, da das Verfahren vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde. Der Umstand, dass im Rahmen des nunmehr erfolgten ergänzenden Verfahrens nach dem 16. Mai 2017 neue Unterlagen vorgelegt und verwendet worden sind, führt nicht zur Anwendung des neuen UVPG, da diese Ergänzung nichts an dem Umstand ändert, dass das Verfahren vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet worden ist.

Eine Heilung des gerichtlich festgestellten Verfahrensfehlers durch Nachholung der fehlerhaft durchgeführten Vorprüfung ist im Erst-Recht-Schluss zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG – der die Nachholung einer gänzlich unterbliebenen Vorprüfung zulässt – möglich. Da die fehlerhaft durchgeführte Vorprüfung einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichsteht, gilt dies trotz fehlender ausdrücklicher Normierung auch für eine mögliche Heilung, zumal die Nachbesserung der fehlerhaften Vorprüfung ebenso wie die gänzliche Nachholung einer unterlassenen Vorprüfung die Funktion der Vorprüfung, Klarheit über die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu gewinnen, auch noch im laufenden gerichtlichen Verfahren vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens in erster Instanz erfüllen kann.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, BauR 2015, 1138 = juris Rn. 145 ff., Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - 8 B 187/17 -, juris Rn. 12, vom 18. Dezember 2015 - 8 B 400/15 -, juris Rn. 52 ff., und vom 24. Juni 2015 - 8 B 315/15 -, juris, Rn. 62 ff.; BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, juris Rn. 23; VG Minden, Urteil vom 11. März 2015 - 11 K 3061/13 -, juris Rn. 128; Seibert, Die Fehlerbehebung durch ergänzendes Verfahren nach dem UmwRG, NVwZ 2018, S. 97 (101); Pauli/Hagemann, Die UVP-Vorprüfung und ihre Heilung, 2008, S. 8 (14); vgl. ferner Schlacke, in: Gärditz (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit Nebengesetzen, 2. Aufl. 2018, § 4 UmwRG Rn. 45 ff.

Unter Berücksichtigung dieses in Gestalt der nachgebesserten Vorprüfung veränderten Umstandes fällt die im Rahmen des Abänderungsverfahrens gebotene gerichtliche Interessenabwägung nun zu Lasten der Antragsteller aus.

Die angefochtene Genehmigung vom 30. Dezember 2016 wird sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig erweisen (I.). Auch im Rahmen der von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs losgelösten allgemeinen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs (II.).

I. Der Erteilung der Genehmigung stehen weder Bedenken hinsichtlich der UVP-Vorprüfung (1.) noch in Bezug auf subjektive Rechte der Antragsteller entgegen (2.).

1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30. Dezember 2016 leidet nach der Nachbesserung der Vorprüfung nicht mehr an einem absoluten Verfahrensfehler gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i. V. m. § 3a Satz 4 UVPG 2010. Die nachgebesserte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt den rechtlichen Anforderungen gemäß §§ 3a Satz 4, 3c Sätze 1 und 3 UVPG 2010. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegenüber dem (nach Nachbesserung bestätigten) Ergebnis der Vorprüfung, wonach für das Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind.

Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit unterliegt gemäß § 3a Satz 4 UVPG 2010 nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG 2010 durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben und das Ergebnis darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat. Diese Beschränkung verdeutlicht, dass der zuständigen Behörde für ihre prognostische Beurteilung ein Einschätzungsspielraum zusteht. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353 = juris Rn. 32, und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 -, BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 30; OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2017 - 8 A 870/15 -, juris Rn. 107.

Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass eine Vorprüfung nur eine überschlägige Prüfungstiefe einzuhalten hat. Die Behörde darf einerseits nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444 = juris Rn. 18, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2017 - 8 A 870/15 -, juris Rn. 103, m. w. N.

Der Prüfumfang des Gerichts hinsichtlich der UVP-Vorprüfung ist nicht durch die individuelle Betroffenheit der Antragsteller begrenzt. Vielmehr folgt aus § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 UmwRG und dem Sinn und Zweck der zugrundeliegenden unionsrechtlichen Vorschriften, dass Fehler der UVP-Vorprüfung in Bezug auf die Auswirkungen einer Windfarm als eine Gesamtheit auf jedwedes Schutzgut im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG relevant sein können.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 187/17 -, juris Rn. 6.

Dies zugrunde gelegt, ist die abschließende Einschätzung des Antragsgegners, das Vorhaben habe „keine erheblichen, nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt“, plausibel. Dieses Ergebnis der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls ist nachvollziehbar und weist Rechtsfehler weder bei der Ermittlung noch bei der Bewertung auf.

Wesentliche Erkenntnisgrundlage im Rahmen der unter dem 15. Februar 2018 durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Antragsgegners sind die Dokumentation des Antragsgegners mit Stand 8. März 2018 sowie die von der Beigeladenen beigebrachten Unterlagen, insbesondere der Fachbeitrag zur Artenschutzprüfung (Stufe II) des Büros s.      Umweltplanung und Umweltberatung GbR vom 6. Februar 2018 nebst Ergänzung vom 9. März 2018, die Schallprognose SP 15029B1 der x.        h.            gmbh vom 26. Oktober 2017, ergänzt am 8. Februar 2018, die Stellungnahmen zur optisch bedrängenden Wirkung, der Landschaftsplanerische Fachbeitrag des Landschaftsarchitekten I.      T.           zur Frage der Erschließung der Windkraftanlagen aus Januar 2017, das baudenkmalrechtliche Fachgutachten vom 4. Mai 2016, ergänzt am 26. Oktober 2017 und 8. Februar 2018, die Schattenwurfprognose vom 23. Mai 2016, ergänzt am 31. Januar 2018, die geologische und hydrologische Stellungnahme vom 9. November 2016, ergänzt am 1. Februar 2018, und die Ausführungen der Fachämter im Verwaltungsverfahren.

Ausgehend von dem vorstehend anzuwendenden Prüfungsmaßstab und unter ordnungsgemäßer Berücksichtigung von Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ist die Durchführung der Vorprüfung weder hinsichtlich der Dokumentation (a), noch in Bezug auf mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf windkraftsensible Tierarten (b), die Lärmimmissionen (c), den Denkmal- (d) und Gewässerschutz (e) oder sonstige Belange des Schutzgutes Mensch (f) zu beanstanden.

a) Die mit der 1. Ergänzung vom 8. März 2018 vervollständigte Dokumentation vom 15. Dezember 2016 legt in hinreichender Weise die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls dar.

§ 3c Satz 6 UVPG 2010 setzt insoweit voraus, dass die der Vorprüfung zugrunde gelegten Unterlagen, die wesentlichen Prüfschritte und die dabei gewonnenen Erkenntnisse über nachteilige Umweltauswirkungen zumindest grob skizziert im Genehmigungsbescheid oder in einem zu den Verwaltungsakten genommenen Dokument niedergelegt sind.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 187/17 -, juris Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 7 VR 13.12 -, juris Rn. 15.

Die Dokumentation erfüllt diese Voraussetzungen. Gemäß § 3c Satz 1 UVPG 2010 sind die (wesentlichen) Merkmale des Vorhabens (Nr. 1 in Anlage 2 zum UVPG 2010) sowie die Nutzungskriterien, Qualitätskriterien und Schutzkriterien (Nr. 2.1, 2.2 und 2.3 in Anlage 2 zum UVPG 2010) näher erläutert. Dabei werden die der Vorprüfung zugrunde gelegten Unterlagen (Antragsunterlagen der Beigeladenen und weitere Gutachten / Stellungnahmen) genannt. Die Dokumentation enthält auch die im Rahmen der Vorprüfung gewonnenen Erkenntnisse über die zu erwartenden Umweltauswirkungen und ihre (fehlende) Erheblichkeit.

b) Dem Vorbringen der Antragsteller lässt sich kein offener Klärungsbedarf im Hinblick auf artenschutzrechtliche Gesichtspunkte entnehmen, wegen derer eine mangelhafte Durchführung oder fehlende Nachvollziehbarkeit der allgemeinen Vorprüfung begründet bzw. jedenfalls nicht auszuschließen sei. Die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf verschiedene, insbesondere windkraftsensible Vogelarten sind hinreichend dokumentiert. Die behaupteten Mängel der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vermag die Kammer nach Prüfung der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen bzw. im gerichtlichen Verfahren übersandten Dokumente nicht nachzuvollziehen. Anhaltspunkte für eine unzureichende oder fehlerhafte Sachverhaltsermittlung sind auf Grundlage der oben genannten Dokumente nicht gegeben.

aa) Dem Abschnitt zur Avifauna kann nicht vorgehalten werden, dass der Radius des Untersuchungsgebietes zu gering bemessen sei (1), allgemeine Defizite in der Bestandserfassung vorlägen (2), einzelnen Vogelarten nicht genügend Rechnung getragen worden wäre (3), eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu Unrecht unterlassen worden sei (4) oder die kumulierenden Auswirkungen zwischen den bestehenden und den geplanten Anlagen nicht hinreichend untersucht worden wären (5).

(1) Der Einwand, der Radius des Untersuchungsgebietes sei in Bezug auf das Vorkommen verschiedener Vogelarten zu gering bemessen worden, greift nicht durch.

(a) Die zutreffende Erfassung des Sachverhalts setzt voraus, dass die geographische Ausdehnung des Gebietes, in dem die Auswirkungen des Vorhabens bezogen auf ein UVP-Schutzgut zu betrachten sind, korrekt bestimmt worden ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 - 8 B 315/15 -, juris Rn. 42, m. w. N.; Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2017 - 28 L 4963/17 -, S. 9.

Der Einwirkungsbereich einer Windkraftanlage bestimmt sich anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und / oder dem Betrieb von Windkraftanlagen. Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windkraftanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte.

In Betracht kommen etwa die "Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten" der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) vom 15. April 2015. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windkraftanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende – größere Abstände regelnde – Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und der geplanten Windkraftanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windkraftanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 73 ff., vom 24. Juni 2015 - 8 B 315/15 -, juris Rn. 27 ff., und vom 30. März 2017 - 8 A 2914/15 -, juris Rn. 17 ff.; Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2017 - 28 L 4963/17 -, S. 9.

Bei der Bestimmung des relevanten räumlichen Umkreises der Windkraftanlage in Bezug auf mögliche Auswirkungen auf Tiere ist im Besonderen auch der Leitfaden "Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen" der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der 1. Änderung vom 10. November 2017 (Leitfaden Artenschutz 2017) heranzuziehen. Zwar sollen diese Empfehlungen erst für die der Umweltverträglichkeitsprüfung nachfolgende artenschutzrechtliche Prüfung gelten und können deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflicht eines Vorhabens dienen. Der Leitfaden Artenschutz 2017 orientiert sich in seinem Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebietsabgrenzung für windkraftsensible Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) im Wesentlichen an den Empfehlungen der LAG-VSW aus dem Jahr 2014 und an einem Entwurf der nachfolgenden Fassung vom 15. April 2015. Er enthält Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windkraftanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet bzw. den erweiterten maximal möglichen Einwirkungsbereich (UVP). Letzteres wird nach dem Wortlaut des Anhangs 2 – und der Erläuterungen in Kapitel 10 – allerdings nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 74, vom 24. Juni 2015 - 8 B 315/15 -, juris Rn. 32, und vom 30. März 2017 - 8 A 2914/15 -, juris Rn. 26 ff., jeweils zur Ausgangsfassung; Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2017 - 28 L 4963/17 -, S. 9.

(b) Die in diesen Empfehlungen vorgesehenen Untersuchungsradien wurden eingehalten. Ausweislich der Vorbemerkungen wurden Horstkartierungen und -kontrollen im 1.000 (Teilgruppe A „C.          O.     “) bzw. 1.500 Meter-Radius (Teilgruppe B „B.       Weg / I1.        “), Kartierungen windkraftsensibler Großvogelarten im 1.000 (Teilgruppe A) bzw. 2.000 Meter-Radius (Teilgruppe B) und Erfassungen von Brutvögeln im 500 Meter-Radius vorgenommen.

Der für die Kornweihe konkret durch Begehungen untersuchte Raum von 500 Metern um die geplanten Anlagen entspricht zwar nicht den Empfehlungen des Leitfadens Artenschutz 2017 für den Fall einer Brut. Da aber in Nordrhein-Westfalen keine regelmäßigen Brutvorkommen bekannt sind, und auch Brutvorkommen in einem weiteren Radius nicht zu erwarten waren, begegnet die räumliche Begrenzung unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Antragsgegners keinen Bedenken. In dem Gebiet rund um die Bestandsanlagen ergab sich schon aus den Abfragen im Rahmen der Artenschutzprüfung Stufe I kein potentielles Vorkommen der Kornweihe. In solchen Fällen kann sogar bereits eine bloße Datenrecherche ausreichen.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2018 - 8 B 1282/17 -, S. 8, für den Mäusebussard.

Der Einwand, dass für Korn- und Rohrweihe der erweiterte Prüfradius von 6.000 Metern hätte berücksichtigt werden bzw. eine Raumnutzungsanalyse hätte durchgeführt werden müssen, geht fehl. Die Untersuchung im erweiterten Prüfungsradius bzw. die Durchführung einer Raumnutzungsanalyse ist ausweislich der naturschutzfachlichen Empfehlungen nur dann erforderlich, wenn hinsichtlich des Tötungsverbotes ernst zu nehmende Hinweise auf intensiv und häufig genutzte Nahrungshabitate sowie regelmäßig genutzte Flugkorridore zu diesen vorliegen bzw. wenn die empfohlenen Abstände zur Einhaltung von Verbotstatbeständen unterschritten werden.

Vgl. Leitfaden Artenschutz 2017, S. 21 f., 47; LAG-VSW, S. 18 f.; vgl. ferner OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 8 B 1303/16 -, juris Rn. 17 ff.; HessVGH, Beschl. v. 21. Dezember 2015 - 9 B 1607/15 -, NuR 2016, 476 = juris Rn. 40.

Anhaltspunkte dafür sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich.

Hinsichtlich der Waldschnepfe beträgt der Untersuchungsradius nach dem Leitfaden Artenschutz 2017 für Brutvorkommen 300 Meter. Obgleich offenbar nur ein Radius von 100 Metern betrachtet worden ist, ist die Einschätzung des Antragsgegners, diese Art sei für das geplante Vorhaben nicht von Belang, noch nachvollziehbar, da lediglich ein einziges Mal ein Exemplar auf dem Durchzug beobachtet worden ist und somit keine Anhaltspunkte für eine Brut im Untersuchungsradius von 300 Metern bestanden. Für die Rohrweihe und den Wespenbussard ist ausweislich des Fachbeitrags zur Artenschutzprüfung Stufe II vom 6. Februar 2018 ein leitfadengerechter Untersuchungsradius von 1.000 Metern betrachtet worden. Gleiches gilt für den Kiebitz (Brut) hinsichtlich des gewählten Umkreises von 100 Metern. Auch für den Rotmilan war der Untersuchungsbereich (lt. Leitfaden Artenschutz 2017 1.500 Meter im Tiefland) mit den gewählten 2.000 Metern ausreichend bemessen.

(2) Die Vogelkartierungen sind nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, dass die fachlichen Anforderungen an die Anzahl der Begehungen, die Durchführung der Begehungen zu geeigneten Tages- und Jahreszeiten sowie an bestimmte äußere Bedingungen – wie geeignete Wetterbedingungen und eine Mindestaufenthaltsdauer pro Flächeneinheit bei jeder Begehung – missachtet worden wären.

Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheit lassen sich mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben und hängen maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Sie werden sich regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen speisen: der Bestandserfassung vor Ort sowie der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur, die sich wechselseitig ergänzen können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 = juris Rn. 59, m. w. N.; Gellermann/Schreiber, Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen in staatlichen Planungs- und Zulassungsverfahren, 2007, S. 193 (199 ff.).

Wie viele Begehungen zur Erfassung welcher Tierarten zu welchen Jahres- und Tageszeiten erforderlich sind und nach welchen Methoden die Erfassung stattzufinden hat, hängt von vielen Faktoren ab, z. B. von der Größe des Untersuchungsraums, von der (zu vermutenden) Breite des Artenspektrums sowie davon, ob zu dem Gebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen. Zum anderen wird die Behörde regelmäßig gehalten sein, bereits vorhandene Erkenntnisse und Literatur zum Plangebiet und den dort nachgewiesenen oder möglicherweise vorkommenden Arten, zu ihren artspezifischen Verhaltensweisen und den für sie typischen Habitatstrukturen auszuwerten. Solche Erkenntnisse können sich – stets unter Berücksichtigung ihrer Validität und der Art ihres Zustandekommens – ergeben aus vorhandenen Katastern, Registern und Datenbanken öffentlicher Stellen, in denen über größere Zeiträume hinweg Erkenntnisse zusammengetragen werden, aus Abfragen bei den Fachbehörden und bei Stellen des ehrenamtlichen Naturschutzes, durch Auswertung von gutachtlichen Stellungnahmen aus Anlass anderer Planvorhaben oder aus Forschungsprojekten sowie aus der naturschutzfachlichen Literatur im Allgemeinen. Erst durch eine aus beiden Quellen (Bestandserfassung vor Ort; Auswertung vorhandener Erkenntnisse und Literatur) gewonnene und sich wechselseitig ergänzende Gesamtschau wird sich die Behörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 = juris Rn. 60-62; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2018 - 2 L 110/15 -, juris Rn. 24.

Zwar werden im Leitfaden Artenschutz 2017 und in den Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands nach Südbeck et. al. (Methodenstandards) Maßstäbe für die Bestandserfassung von WKA-empfindlichen Arten aufgestellt, wonach für Brutvögel 6 bis 10 Begehungen erfolgen und dabei auf Grün- und Ackerland 2,5 bis 3,5 Stunden pro 100 Hektar verbracht werden müssen.

Vgl. Leitfaden Artenschutz 2017, S. 24 ff., Südbeck et. al., Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands, 2005, S. 37.

Diese Vorgaben dürfen aber nicht so verstanden werden, dass zwingend mindestens sechs Begehungen im Untersuchungsgebiet durchgeführt werden müssen. Entscheidend ist vielmehr stets der konkrete Einzelfall. So kann beispielsweise auch bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Abstimmung mit der Naturschutzfachbehörde eine Durchführung von fünf Begehungen in der Hauptaktionszeit der Vögel als ausreichend zu erachten sein.

So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2018 - 8 1166/17 -, S. 9, für den Fall, dass anlässlich der Begehungen keine Auffälligkeiten aufgetreten sind, die eine Ausweitung des artenschutzfachlichen Untersuchungsprogramms gerechtfertigt hätten.

Darüber hinaus ist einschränkend zu berücksichtigen, dass diese Methodenstandards für eine Umweltverträglichkeitsprüfung aufgestellt worden sind. Angesichts der oben dargelegten Maßstäbe, wonach die UVP-Vorprüfung keine „verdeckte“ Umweltverträglichkeitsprüfung sein darf, sondern bezüglich Ermittlungsbreite und -tiefe hinter deren Anforderungen zurückbleiben muss, kommt der Einschätzungsprärogative der Genehmigungsbehörde – auch hinsichtlich der Bestandserfassung – besondere Bedeutung zu.

Es sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich eine Überschreitung der Beurteilungsermächtigung ableiten ließe. Es kann gerade nicht verlangt werden, dass die im Leitfaden Artenschutz 2017 und in den Methodenstandards aufgestellten Maßstäbe von 6 bis 10 Begehungen mit einer Verweildauer 2,5 bis 3,5 Stunden pro 100 Hektar für Brutvögel vollumfänglich erfüllt werden, da dies die Anlegung von Maßstäben der Umweltverträglichkeitsprüfung an eine UVP-Vorprüfung bedeutete.

Die tatsächlich durchgeführten jeweils dokumentierten 10 Begehungen bei im Wesentlichen geeigneten und dokumentierten Witterungsverhältnissen um sowohl die Bestandanlagen als auch um die geplanten Anlagen, wobei bei den Bestandsanlagen 6 Begehungen für Brutvögel und weitere 4 auf Groß- / Greifvögel und bei den geplanten Anlagen ebenfalls 4 Begehungen auf Greifvögel entfielen, genügen angesichts der vorhandenen Datenlage, um die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf windkraftsensible Vogelarten einschätzen zu können. Dass die Erfassungszeiten nicht in Gänze den im Methodenstandard vorgesehenen Vorgaben entsprechen, ändert an dieser Einschätzung nichts, da auch insofern keine vollständige Untersuchung wie bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert werden kann.

Zudem sind keine ernst zu nehmenden Hinweise auf relevante Vorkommen geschützter Vogelarten, aktuell genutzte Brutplätze oder zumindest regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore näher dargetan.

Zuletzt kann der Bestandserfassung auch nicht entgegen gehalten werden, dass das verwendete – zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung reichlich zwei Jahre alte – Datenmaterial aus dem Jahre 2014 veraltet sei. Es ist allgemein anerkannt, dass das verwendete Datenmaterial nicht älter als sieben Jahre sein darf und optimaler Weise nicht älter als fünf Jahre alt ist.

Vgl. Leitfaden Artenschutz 2017, S. 28; BVerwG, Urteil v. 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 -, BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 149; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2017 - 8 B 662/17 -, S. 6 f.

(3) Die Einschätzung des Antragsgegners, es seien keine erheblichen negativen Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna zu erwarten, ist nicht zu beanstanden.

So wurden die Kornweihe lediglich als Überwinterer mit der Nutzung als Schlafplatz und die Rohrweihe wegen der nur zweimaligen Beobachtung als sporadischer Nahrungsgast erfasst. Da beide Arten nur in der Nähe ihrer Brutplätze windkraftsensibel sind und auch keine Anhaltspunkte für regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate vorlagen, scheidet eine Beeinträchtigung aus. Die Waldschnepfe wurde nur ein einziges Mal auf dem Durchzug gesichtet. Bei dem Wespenbussard geht der Antragsgegner aufgrund der nur einmaligen Beobachtung ohne revieranzeigende Hinweise oder Anhaltspunkte für regelmäßig genutzte Flugrouten nachvollziehbar von einem sporadischen Nahrungsgast aus. Hinsichtlich des Kiebitzes kommt die Artenschutzprüfung Stufe II zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der in dem Genehmigungsbescheid vom 30. Dezember 2016 vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen (Nebenbestimmungen Ziff. 10.13 und 10.14) ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht bestehe. Diese Ausgleichsmaßnahmen sind – wie von der Beigeladenen substantiiert vorgetragen und von dem Antragsgegner inhaltlich bestätigt – seit 2017 ordnungsgemäß umgesetzt worden. Dass im Rahmen des Rotationsflächenkonzepts die aktuell für die Maßnahmen in Anspruch genommene Fläche in Absprache mit dem Antragsgegner von den im Genehmigungsbescheid genannten Maßnahmeflächen abweicht, ist unerheblich, da der Bescheid die Umsetzung auf anderen geeigneten Flächen ausdrücklich zulässt. Die Flächen für den Kiebitz sind auch ausreichend bemessen. Nach der Ergänzung zum Fachbeitrag zur Artenschutzprüfung Stufe II bezüglich der Betroffenheit des Kiebitz vom 9. März 2018 ist – nach wiederholten Verschiebungen des Planstandortes für die WEA 2 – von insgesamt einem Kiebitzrevier auszugehen. Die erforderliche Größe der benötigten Ausgleichsflächen richtet sich nach der lokalen Betroffenheit und schwankt bei – wie hier – kolonieartigem Vorkommen zwischen 0,1 bis 0,5 Hektar und 1 bis 3 Hektar pro Paar.

Vgl. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, „Leitfaden Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen“, abrufbar unter: http://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/downloads.

Daran gemessen ist die Ausgleichsfläche von einem Hektar unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Antragsgegners ausreichend. Dass die Ausgleichsflächen, die ebenfalls für die – nicht windkraftsensible – Feldlerche genutzt werden, für diese nicht geeignet seien, da insoweit offenes Gelände mit weitgehend freiem Horizont und über 160 Meter Abstand zu geschlossenen Gehölzkulissen erforderlich sei,

vgl. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, „Leitfaden Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen“, abrufbar unter: http://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/downloads,

ist nicht ersichtlich. Die Flächen weisen in dem genannten Abstand maximal einseitig – nicht vollständig – geschlossene Vertikalstrukturen auf.

(4) Die UVP-Vorprüfung leidet auch nicht darunter, dass keine FFH-Verträglichkeitsprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BNatSchG durchgeführt worden ist.

Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt es nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte.

Vgl. EuG, Urteil vom 11. September 2002 - T-13/99 -, Slg. 2002, II-3305, Rn. 145, 152; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 60.

Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen".

So Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 74.

Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können".

BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 60, unter Verweis auf Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)" = LANA-Empfehlungen.

Verbleibt sodann nach Abschluss einer FFH-Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel, dass derart nachteilige Auswirkungen vermieden werden, ist das Vorhaben zulässig.

Vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - C-127/02 - Slg. 2004, I-7405, Rn. 59.

Rein theoretische Besorgnisse begründen von vornherein keine Prüfungspflicht und scheiden ebenso als Grundlage für die Annahme erheblicher Beeinträchtigungen aus, die dem Vorhaben entgegengehalten werden können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 60; Möckel, in: Schlacke, GK-BNatSchG, Kommentar, 2. Aufl. 2017, § 34 Rn. 47.

Nach diesem Maßstab war eine FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich. Angesichts der Entfernung von deutlich mehr als 5 Kilometern zu dem Vogelschutzgebiet „T1.       -O.     -Platte mit H1.         und N.---weg “ (DE 4603/401) und deutlich mehr als 3 Kilometern zu dem FFH-Gebiet „U.           mit F.       C1.       und Teilen der T2.          “ (DE 4703/301) erweisen sich etwaige Bedenken als rein hypothetisch. Insbesondere wird bezüglich der Kornweihe der erweitere maximale Einwirkungsbereich nach Leitfaden Artenschutz 2017 von 3 Kilometern deutlich überschritten,

vgl. Leitfaden Artenschutz 2017, Anhang 2, S. 47,

zumal die Art nur als – nicht durch Windkraftanlagen gefährdeter – Wintergast gemeldet ist. Bezüglich des Wespenbussards empfiehlt der Leitfaden nur einen Abstand bei Brut von 1.000 Metern.

Vgl. Leitfaden Artenschutz 2017, Anhang 2, S. 47, ferner S. 43 f.

(5) Schließlich berücksichtigt die UVP-Vorprüfung auch etwaige Kumulationseffekte der geplanten vier Anlagen der Teilgruppe A „C.          O.     “ und der Bestandsanlagen der Teilgruppe B „B.       Weg / I1.        “.

Eine ordnungsgemäß durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt neben einer Untersuchung der Umweltauswirkungen des Erweiterungsvorhabens auch eine Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden Ausgangs- / Grundvorhabens. Nach Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine Gesamtdarstellung und -bewertung aller erheblichen kumulativen Umweltauswirkungen unerlässlich, die das Vorhaben nach der durchgeführten Erweiterung hervorrufen kann.

Vgl. den Wortlaut von § 3b Abs. 3 Satz 1 und von Nr. 2 in Anlage 2 zum UVPG 2010; entsprechend zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG 2010 s. Sangenstedt, a. a. O., § 3e UVPG Rn. 17 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 8 B 709/17 -, juris Rn. 42.

Auch bei einer UVP-Vorprüfung sind eventuelle kumulierende Umweltauswirkungen mit den Bestandsanlagen in den Blick zu nehmen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 8 B 566/17 -, juris Rn. 50 ff.

Allerdings ist für die Feststellung kumulierender Wirkungen der streitbefangenen Vorhaben mit den Bestandsanlagen weder bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch bei einer UVP-Vorprüfung eine flächendeckende Kartierung von Nahrungshabitaten außerhalb des 1.000 Meter-Radius im Hinblick auf die Bestandsanlagen oder im erweiterten Untersuchungsgebiet erforderlich, soweit die Bewertung auf der Basis des vorhandenen Materials getroffen werden kann.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Februar 2018 ? 8 B 1620/17 -, juris Rn. 22, vom 23. März 2018 - 8 B 1166/17 -, S. 10, und vom 26. März 2018 - 8 B 1282/17 -, S. 9.

Diesen Anforderungen genügt die Artenschutzprüfung. Zunächst sind die Auswirkungen der beiden Teilgruppen jeweils für sich untersucht worden (Fachbeitrag zur Artenschutzprüfung Stufe II zur Errichtung von 4 Windenergieanlagen zwischen C2.        und E.      [Stadt W.       ] der s.      Umweltplanung und Umweltberatung GbR aus dem Jahre 2016 – S.      2016b – und Repowering von vier Windenergieanlagen sudwestlich E.      – Faunistisches Gutachten des Planungsbüros H2.       Landschaft und Umwelt aus dem Jahre 2017 – H2.       2017 –). Daneben ist im Einzelnen für die artenschutzrechtlich relevanten Vogelarten Kiebitz, Rohrweihe, Rotmilan, Wespenbussard und Feldlerche eine relevante Summationswirkung geprüft und nachvollziehbar ausgeschlossen worden. Für den Kiebitz ergibt sich dies daraus, dass um die Bestandsanlagen Brutreviere nur deutlich außerhalb des artspezifischen Meidebereichs erfasst wurden, hinsichtlich der Rohrweihe, des Rotmilans und des Wespenbussards war eine Kumulationswirkung wegen des Nachweises dieser Arten in nur jeweils einem Teilbereich (entweder um die Bestandsanlagen oder um die geplanten Anlagen) auszuschließen. Bei der Feldlerche war eine Betroffenheit im Bereich der Bestandsanlagen nicht ersichtlich, da diese Art dort in überdurchschnittlich hoher Dichte siedelt und der teilweise Wegfall des Bruthabitats an den geplanten Anlagenstandorten durch die Ausgleichsmaßnahmen für den Kiebitz ausgeglichen werden könne.

bb) Es sind auch keine Verfahrensfehler bei der Ermittlung und Bewertung des Vorhabens wegen möglicher artenschutzrechtlicher Beeinträchtigungen der Fledermäuse ersichtlich.

Für die im Wirkbereich der genehmigten Windkraftanlagen vorkommenden streng geschützten Fledermausarten sind nach dem Umweltbericht „erhebliche Beeinträchtigungen“ durch ein Kollisionsrisiko prognostiziert und dementsprechend folgerichtig Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen (auch) im Sinne des § 3c UVPG 2010 für notwendig erachtet worden. Unter diesen Voraussetzungen entfällt nach § 3c Satz 3 UVPG 2010 eine UVP-Pflicht jedoch nur dann, wenn solche „erheblichen nachteiligen“ Umweltauswirkungen „durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden“. Die erheblichen Beeinträchtigungen müssen also „offensichtlich“ ausgeschlossen sein, und zwar bereits im Zeitpunkt der Vorprüfung und nicht erst im späteren Stadium der Genehmigungserteilung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2018 - 8 B 1415/17 -, S. 7; vgl. ferner Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2017 - 28 L 4963/17 -, S. 8 unten; Nds. OVG, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 7 KS 3/13 -, DVBl 2017, 262 = juris Rn. 75.

Dies schließt eine Berücksichtigung von Nebenbestimmungen in der nachfolgenden Genehmigung nicht aus, setzt aber voraus, dass sie schon im Zeitpunkt der Feststellung nach § 3c UVPG 2010 hinreichend bestimmt und bewährt sind, d. h. ersichtlich ausreichen, um die Beeinträchtigung zu vermeiden, und schließlich eindeutig auch so vom Träger vorgesehen und gewollt sind.

Vgl. Schink, Der Vorhabenbegriff bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, NuR 2012, 603 (609); Nds. OVG, Urteil vom 13. Oktober 2016, - 7 KS 3/13 -, DVBl 2017, 26 = juris Rn. 73.

Nicht ausreichend ist hingegen die bloße Möglichkeit, durch eine erst im weiteren Verlauf noch im Einzelnen behördlich festzulegende Nebenbestimmung zu der Genehmigung erhebliche Umweltauswirkungen zu vermeiden.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. August 2017 - 12 ME 81/17 -, juris Rn. 25.

Der Maßstab der Offensichtlichkeit erfordert nicht, dass die Vermeidungs-, Verminderungs- und / oder Kompensationsmaßnahmen in jedem Fall mit einer Sicherheit von 100 % wirksam sein werden. Es reicht vielmehr aus, dass nach den allgemeinen Erfahrungen und den fachwissenschaftlichen Erkenntnissen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit ausgegangen werden kann und keine Anhaltspunkte für Zweifel vorliegen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 187/17 -, juris Rn. 18; vgl. auch Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Januar 2017, § 3c UVPG Rn. 20.

Diesen Maßstäben wird die angefochtene Genehmigung gerecht. Die Beigeladene hat mit dem Fachbeitrag zur Artenschutzprüfung Stufe II vom 2. Juni 2016 ein Gutachten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG vorgelegt, das die später vom Antragsgegner festgelegten Nebenbestimmungen Ziff. 10.5 und 10.7 antizipiert und darüber hinaus gemäß Nebenbestimmung Ziff. 10.1 Bestandteil der Genehmigung ist. Diese Nebenbestimmungen sind hinreichend bestimmt und bewährt, da die Nebenbestimmungen inhaltsgleiche Übernahmen der Empfehlungen im Leitfaden Artenschutz 2017 sind und die Anordnung eines Abschaltalgorithmus und eines Gondelmonitoring ständige Praxis sämtlicher Genehmigungsbehörden ist. Aus dem Umstand, dass die Beigeladene die Vorschläge des Gutachterbüros vorgelegt hat, lässt sich ferner schließen, dass die Nebenbestimmungen auch so vom Träger vorgesehen und gewollt sind. Zuletzt ist unbeachtlich, dass im Genehmigungsbescheid nur ein Gondelmonitoring an zwei statt an vier Anlagen angeordnet ist, da diese Regelung mit den Vorgaben des Leitfadens vollauf in Einklang steht.

Vgl. Leitfaden Artenschutz 2017, S. 37: „In Windparks ist die Fledermausaktivität häufig innerhalb und am Rand des Windparks unterschiedlich, sodass in unterschiedlichen Teilen des Parks unterschiedliche Algorithmen notwendig werden können. Deshalb sind bei kleiner Anlagenzahl bzw. in kleinen Windparks (4 bis 10 WEA) im Regelfall pro angefangene 5 WEA je 2 Gondeln mit Erfassungsgeräten zu bestücken. In Windparks >10 WEA ist pro weitere angefangene 5 WEA je eine weitere Gondel zu bestücken.“

Angesichts dieser Nebenbestimmungen ist nicht ersichtlich, weshalb ein betriebsbedingtes Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs. 1 BNatSchG verbleiben soll. Insoweit ist der Genehmigungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen, weil die behördliche Beurteilung sich auf außerrechtliche Fragestellungen richtet, für die weithin allgemein anerkannte fachwissenschaftliche Maßstäbe und standardisierte Erfassungsmethoden fehlen. Wenn und solange die ökologische Wissenschaft sich insoweit nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenen Zulassungsbehörde als "falsch" und "nicht rechtens" zu beanstanden. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Planfeststellungsrecht,

vgl. grundlegend Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 = Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 6 Rn. 64 ff.,

und ist auch für die Entscheidung über die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung anerkannt worden.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2013 - BVerwG 4 C 1.12 -, NVwZ 2013, 1411 Rn. 14 ff., und vom 21. November 2013 - 7 C 40.11 -, juris Rn. 14.

Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder ersichtlich, dass der Antragsgegner vorliegend die Grenzen der ihm eingeräumten Beurteilungsermächtigung überschritten hätte. Insbesondere erfolgte das Monitoring entsprechend der Zielsetzung im Leitfaden Artenschutz 2017 ausschließlich im Interesse des Betreibers, den angeordneten Abschaltalgorithmus auf dessen Erforderlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls zurückführen zu können, aber keinesfalls zum Zweck der Klärung, ob der angeordnete Abschaltalgorithmus zum Schutz der Fledermäuse ausreichend ist.

c) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die an den Immissionspunkten E (C.          Str. 72), F (C.          Str. 134) und G (C.          Str. 188) berechneten Immissionswerte nicht den Maßstäben des § 3a Satz 4 UVPG 2010 genügen.

aa) In der Dokumentation der UVP-Vorprüfung vom 15. Dezember 2016 in der Fassung der 1. Ergänzung vom 8. März 2018 ist gegenüber der Urfassung der Passus, wonach die Beigeladene sich bereiterklärt habe, zunächst auf den Nachtbetrieb zu verzichten, gestrichen worden, sodass sich diesbezüglich die Frage einer fehlerhaften Sachverhaltsermittlung bzw. unrichtigen Rechtsanwendung nicht mehr stellt. Immissionsprognose und Dokumentation legen vielmehr die Immissionswerte des Nachtbetriebes zugrunde.

bb) Der Schutzbedarf der Bevölkerung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) ist nicht verfahrensfehlerhaft ermittelt worden.

Die in der Immissionsprognose vom 26. Oktober 2017, ergänzt am 8. Februar 2018, getroffenen Beurteilungen – die sich die UVP-Vorprüfung zu Eigen macht – sind nachvollziehbar und finden aufgrund der in den Akten befindlichen Karten und Fotos sowie den im Internet (z. B. google maps, geo viewer) verfügbaren Kartierungen und Luftbildaufnahmen ihre Bestätigung.

Vgl. zum Prüfungsmaßstab OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 187/17 -, juris Rn. 23.

In der neuen Immissionsprognose wird der Immissionspunkt E als Dorf- und Mischgebiet und nicht mehr als Außenbereich bezeichnet. Angesichts der aus den Luftbildern ersichtlichen großflächigen Agrarbetriebe westlich des Immissionspunkts, welche die Gebäude C.          Str. 76 bis 80 umfassen und die nähere Umgebung prägen, ist die Einschätzung nachvollziehbar. Der Immissionspunkt F ist ebenfalls von prägenden Agrarbetrieben umgeben, sodass es aufgrund desselben Grenzwertes von 45 dB(A) nachts unerheblich ist, ob der Bereich dem Außenbereich zuzuordnen ist oder ein Dorfgebiet darstellt. Der Immissionspunkt G ist circa 225 Meter von der nächstgelegenen baulichen Anlage entfernt und erweckt den Eindruck, eine Insel inmitten einer landwirtschaftlichen Nutzfläche – mithin Außenbereich – zu sein.

Ferner hat die Immissionsprognose zutreffend das Grundstück Am C3.     2 nicht berücksichtigt. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen nachvollziehbar ergibt, ist für dieses Grundstück keine Wohnnutzung genehmigt und es findet – wie auch eine Melderegisterauskunft ergeben hat – keine tatsächliche Wohnnutzung statt. Angesichts der offensichtlichen Außenbereichslage ist eine Wohnnutzung auch nicht genehmigungsfähig.

cc) Die Immissionsprognose legt nunmehr anstelle des sogenannten Alternativverfahrens nach DIN ISO 9613-2 das sogenannte Interimsverfahren zugrunde, wie es die LAI-Hinweise formuliert haben und es mittlerweile auch die Erlasslage in Nordrhein-Westfalen vorsieht.

Vgl. Beschluss der Kammer vom 25. September 2017 - 28 L 3809/17 -, juris, und Urteil der Kammer vom 1. März 2018 - 28 K 5087/17 -, juris Rn. 40 ff.

Ein Fehler liegt auch nicht darin begründet, dass das Gutachterbüro in der Sache die DIN ISO 9613-2 anwendet, dabei aber den Bodendämpfungswert nicht berücksichtigt. Denn der Term Agr = -3 dB(A) nach Nr. 4.2 des Interimsverfahrens wird in vergleichbarer Weise auch in Gleichung (11) in Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 abgebildet und weicht in der Praxis lediglich geringfügig (um maximal 0,16 dB) hiervon ab.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2017 - 8 B 663/17 -, juris Rn. 62, unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des LANUV NRW im damaligen Beschwerdeverfahren, und vom 26. März 2018 - 8 B 1282/17 -, S. 19; siehe auch Agatz, Windenergie-Handbuch, 14. Ausgabe, Dezember 2017, S. 93.

dd) Die nach der TA Lärm zulässigen Höchstwerte werden an keinem der Immissionspunkte überschritten. Auch der Umstand, dass die Grenzwerte an fünf Immissionspunkten annähernd erreicht, erreicht oder im nach Nr. 3.2.1 TA Lärm zulässigen Maß überschritten werden, führt nicht dazu, dass erhebliche Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch vorliegen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Planfeststellungsrecht, derzufolge nachteilige Umweltauswirkungen, die nach § 3c Satz 1 UVPG 2010 zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichten, nicht erst dann vorliegen, wenn die nach dem jeweils einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze voraussichtlich überschritten wird und damit die Umweltauswirkungen nach Einschätzung der Behörde so gewichtig sind, dass sie zu einer Versagung der Zulassung führen,

vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353 = juris Rn. 35 ff.,

ist nicht übertragbar. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass der UVP-Vorprüfung im Planfeststellungsverfahren die Aufgabe zukommt, die Umweltbelange so herauszuarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2004 - 4 CN 11.03 -, BVerwGE 122, 207 (211).

Danach sind Umweltauswirkungen bereits dann als erheblich zu betrachten, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u. a. -, BVerwGE 142, 234 Rn. 190.

Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ergeht dagegen als gebundene Entscheidung. Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung im immissionsschutzrechtlichen Verfahren ist es, die Umweltbelange so herauszuarbeiten, dass die Genehmigungsbehörde das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 BImSchG sachgerecht beurteilen kann. Ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum kommt der Behörde dabei nicht zu.

ee) Die Vorprüfung leidet auch nicht darunter, dass etwaige Vorbelastungen nicht oder unzureichend berücksichtigt worden wären.

(1) Die Kläranlage E.      ist in nachvollziehbarer Weise berücksichtigt worden. Die Anlegung eines worstcase Beurteilungspegels von 45 dB(A) nachts am Immissionspunkt 27 / G lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die in der ergänzenden Stellungnahme zur Schallimmissionsprognose vom 9. Oktober 2017 enthaltene Erläuterung, es könne angesichts einer Entfernung von mehr als 600 Metern davon ausgegangen werden, dass die übrigen Immissionspunkte sich nicht im Einwirkungsbereich der Anlage befänden, ist plausibel. Anhaltspunkte, die dafür sprächen, stattdessen eine Ausbreitungsberechnung für die Kläranlage vorzusehen, sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.

(2) Zwar geht der Genehmigungsbescheid auf Seite 34 bezüglich des Regenrückhaltebeckens von maximal 20 Betriebstagen der elektrischen Pumpen aus und verkennt, dass nach Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 3 TA Lärm in der Regel unzumutbare Geräuschbelästigungen anzunehmen sind, wenn durch seltene Ereignisse bei anderen Anlagen Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 TA Lärm verursacht werden können und am selben Einwirkungsort Überschreitungen an insgesamt mehr als 14 Kalendertagen eines Jahres auftreten.

Vgl. nur Nds. OVG, Beschluss vom 11. März 2015 - 12 ME 113/14 -, juris Rn. 27.

Mit der ergänzenden Stellungnahme zur Schallimmissionsprognose vom 9. Oktober 2017 hat die Gutachterin den Sachverhalt dagegen dahingehend korrigiert, dass nach Auskunft des betreibenden O1.              nur von einer zehn- bis zwölfmaligen Beschickung mit einer Gesamtdauer von 100 Stunden im Jahr auszugehen ist. Diesen nachvollziehbaren Ausführungen ist die Gegenseite nicht substantiiert entgegengetreten.

(3) Es spricht auch nichts dafür, dass Immissionen von Betrieben des Gewerbes oder der Landwirtschaft zu Unrecht nicht berücksichtigt worden wären. Es ist nicht ersichtlich, dass die Feststellungen auf Seite 34 des Genehmigungsbescheides, wonach keine Gewerbe mit Nachtbetrieben vorhanden seien und im Tagbetrieb die Zusatzbelastung den Richtwert um mindestens 10 dB(A) unterschritten werde, unzutreffend wären. Auch die Nichtberücksichtigung landwirtschaftlicher Betriebe hat der Antragsgegner nachvollziehbar begründet. Nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c) TA Lärm sind nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wegen der besonderen Privilegierung der Landwirtschaft,

vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 4. März 2015 - 22 CS 15.33 u.a. , juris Rn. 17, vom 10. Februar 2016 - 22 ZB 15.2329 -, juris Rn. 22, und vom 3. Mai 2016 - 15 CS 15.1576 -, juris Rn. 23,

ausdrücklich vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen. Landwirtschaftliche Anlagen im Sinn dieser Bestimmung sind Anlagen, die, wie Lüftungsanlagen für Ställe, Melkmaschinen, Mähdrescher oder Traktoren im Rahmen der Urproduktion (vgl. § 201 BauGB), der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder der Zubereitung, Verarbeitung und Verwertung selbst gewonnener derartiger Erzeugnisse dienen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 8 B 237/07 -, juris Rn. 44 ff., m. w. N.; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, TA Lärm Nr. 1 Rn. 16.

Da Betriebe der Landwirtschaft im Hinblick auf ihren Standort beschränkt sind und lediglich im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) errichtet werden dürfen, sind dort die mit ihnen einhergehenden Immissionen gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots von benachbarten Nutzungen grundsätzlich hinzunehmen. Dies kommt etwa in der Formulierung der „vorrangigen Rücksichtnahme“ in § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Ausdruck, die sich gerade auch auf den Immissionsschutz bezieht und in erhöhtem Maß die Standortsicherheit der landwirtschaftlichen Betriebe gewährleisten soll.

Vgl. BR-Drs. 354/89 S. 49 f. zu § 5 BauNVO 1990.

Die von landwirtschaftlichen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen (Tiergeräusche, Maschinenlärm, Geruchsentwicklung) sind gebietstypisch und daher in der Regel nicht als unzulässige Störung der in der Nachbarschaft vorhandenen oder geplanten Wohnnutzung anzusehen.

Vgl. BayVGH, Urteile vom 12. Juli 2004 - 25 B 98.3351 -, juris Rn. 30, und vom 30. September 2004 - 26 B 98.3323 -, juris Rn. 20 f.; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn. 7.

Das schließt zwar nicht aus, die auf Gewerbelärm zugeschnittene TA Lärm,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1996 - 4 B 50.96 -, NVwZ 1996, 1001 = juris Rn. 8,

im Einzelfall auch auf von landwirtschaftlichen Betrieben herrührenden Lärm entsprechend anzuwenden, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen.

Vgl. VGH BW, Urteil vom 4. November 2014 - 10 S 1663/11 -, NuR 2015, 123 = juris Rn. 55; OVG Saarl., Beschluss vom 8. Dezember 2014 - 2 B 363/14 -, juris Rn. 7; Feldhaus/Tegeder, Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, 2014, Teil B Rn. 25, m. w. N.

Zwingend ist dies jedoch nicht. Auf die Einhaltung der nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm für Dorfgebiete festgelegten Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts kommt es daher nicht maßgeblich an.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 3. Mai 2016 - 15 CS 15.1576 -, juris Rn. 23.

Gesichtspunkte, die eine davon abweichende Beurteilung erfordern würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Die Ausführungen zu dem Schutzgut kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UVPG) lassen keine Verfahrensfehler erkennen. Die gutachtliche Stellungnahme vom 8. Februar 2018 weist insgesamt 25 Baudenkmäler im Sinne des § 2 Abs. 2 DSchG NRW nach, von denen 15 Denkmalstandorte vertieft untersucht werden. Die Schlussfolgerung, dass denkmalrechtliche Belange keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern, ist angesichts der Entfernung der Windkraftanlagen und des Umstands, dass Windkraftanlagen mittlerweile zum typischen Erscheinungsbild des ländlichen Raumes zu zählen sind, nachvollziehbar.

e) Ebenso sind hinsichtlich der Ausführungen zum Gewässerschutz keine Verfahrensfehler im Hinblick auf die Sachverhaltsermittlung und Bewertung ersichtlich. Aus den von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Antragsunterlagen, insbesondere dem Gutachten der b1.   AG vom 6. Dezember 2016, und dem Antrag der Beigeladenen auf Befreiung und Genehmigung nach der Wasserschutzgebietsverordnung geht im Einzelnen hervor, inwieweit vorhandene geologische und hydrogeologische Bedingungen einer Beeinträchtigung des Grundwassers entgegenwirken, welche wassergefährdenden Stoffe in welcher Menge eingesetzt werden und welche technischen und organisatorischen Vorkehrungen zur Vermeidung einer Grundwasserbeeinträchtigung getroffen werden. Das im Gutachten der b1.   AG vom 6. Dezember 2016 enthaltene Schutzkonzept ist von dem Antragsgegner im Genehmigungsbescheid in einem umfangreichen Katalog wasserrechtlicher Nebenbestimmungen umgesetzt worden. Im ergänzenden Fachbeitrag vom 1. Februar 2018 werden zusätzlich zu der bereits 2016 erfolgten Betrachtung der geplanten Anlagen die Auswirkungen der Bestandsanlagen als auch mögliche kumulative Auswirkungen beider Windkraftanlagenstandorte untersucht. Dabei wird plausibel festgestellt, dass hinsichtlich der Schutzgüter Boden und Grundwasser sowie Trinkwassergewinnung keine relevante Erhöhung des Risikos zu erwarten ist, da zwar sowohl die geplanten Anlagen als auch die Bestandsanlagen in dem gemeinsamen Wasserschutzgebiet E.      / C2.        liegen, dieses aber aus zwei hydraulisch voneinander getrennten Teileinzugsbereichen besteht, so dass ein potentieller Schadstoffeintrag in Boden-, Sicker- oder Grundwasser an einem Anlagenstandort keine Auswirkungen auf den anderen Anlagenstandort hat.

f) Ein Verfahrensfehler liegt zuletzt auch nicht darin, dass bezüglich des Schutzgutes Mensch (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UVPG) keine Stellungnahme des Gesundheitsamtes vorliegt und eine anderweitige fachliche Beurteilung möglicher Gesundheitsrisiken nicht vorgenommen worden ist. In Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen nach dem BImSchG werden die Rechtsbegriffe der schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile und erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sowie diejenigen anderer Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entweder durch naturwissenschaftlichtechnische Regelwerke wie die TA Lärm ausgefüllt oder unterliegen – durch ständige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen gefestigten – juristischen Wertungen, z. B. bezüglich des Schattenwurfs oder optisch bedrängender Wirkungen, die jeweils mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein hohes Schutzniveau im Vorfeld gesundheitlicher Beeinträchtigungen gewährleisten. Darüber hinausgehende Gesundheitsgefahren, die eine originär medizinische Begutachtung erfordern würden, sind bei lebensnaher Betrachtung fernliegend und außer Betracht zu lassen.

Vgl. zu den Grenzen der Ermittlungstiefe Beckmann, Die allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen, DVBl 2004, S. 791 (795); Balla, Die UVP-Vorprüfung – im Einzelfall schwierig, NuR 2017, S. 239 (242).

2. Die angefochtene Genehmigung vom 30. Dezember 2016 erweist sich aller Voraussicht nach auch im Übrigen als rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in seinen rügefähigen Rechten.

Die – hier nach § 4 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV erforderliche – immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Verordnung ergebenden Pflichten erfüllt sind (Nr. 1) und andere öffentlichrechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlagen nicht entgegenstehen (Nr. 2).

Durch das Vorhaben werden keine öffentlichrechtlichen Vorschriften verletzt, die dem Schutz der Antragsteller als Nachbarn zu dienen bestimmt sind.

Der Erteilung der Genehmigung stehen vorliegend die geltend gemachten Bedenken weder in Bezug auf unzulässige Schallimmissionen (a) noch wegen einer optisch bedrängenden Wirkung (b) der Windkraftanlagen entgegen. Auf Verstöße gegen die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können sich die Antragsteller nicht berufen (c).

a) Die Antragsteller werden voraussichtlich nicht durch Schallimmissionen, die von dem genehmigten Betrieb der streitbefangenen Windkraftanlagen ausgehen, unzumutbar beeinträchtigt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Unter welchen Voraussetzungen Schallimmissionen von Windkraftanlagen schädlich im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird anhand der TA Lärm bestimmt, nicht durch Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2017 - 8 A 926/16 -, juris Rn. 55.

Die Richtwerte für Lärmimmissionen werden am Wohngrundstück der Antragsteller durch die Gesamtbelastung nicht überschritten (aa). Auch eine Rechtsverletzung der Antragsteller aufgrund von Infraschall oder tieffrequentem Schall ist auf seinem Grundstück offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (bb).

aa) Der maßgebliche Lärmimmissionsrichtwert für das im Außenbereich gelegene Grundstück der Antragsteller wird eingehalten. Das Grundstück der Antragssteller liegt im Außenbereich. Die einseitige Bebauung an der C.          Straße erfüllt nicht die Voraussetzungen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, zumal die nähere Umgebung um das Grundstück der Antragssteller ganz wesentlich durch die Agrarbetriebe und das Regenrückhaltebecken geprägt wird. Der Lärmimmissionswert für den Außenbereich beläuft sich in Anlehnung an die für Dorf- und Mischgebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d) TA Lärm 2017 bzw. Buchst. c) TA Lärm 1998 festgelegten Grenzwerte auf 45 dB(A) nachts. Nach der – wie vorstehend ausgeführt – nicht zu beanstandenden Immissionsprognose vom 26. Oktober 2017 ist an dem hinsichtlich des Grundstücks der Antragsteller nächstgelegenen Immissionspunkt IP 23b (F) eine Gesamtbelastung von 43 dB(A) nachts zu erwarten, wobei dieser Beurteilungspegel einen Zuschlag von 3 dB(A) aufgrund möglicher Schallpegelreflexion enthält.

bb) Auch eine Rechtsverletzung der Antragsteller aufgrund von Infraschall oder tieffrequentem Schall ist auf ihrem Grundstück offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

Die Rechtsprechung des OVG NRW und anderer Obergerichte, der sich die Kammer anschließt, geht davon aus, dass Infraschall (= Luftschall unterhalb der Frequenz von 20 Hertz) bzw. tieffrequenter Schall (= Luftschall unterhalb der Frequenz von 100 Hertz),

vgl. zur Definition etwa Umweltbundesamt, Artikel „Tieffrequente Geräusche“ vom 7. April 2017, abrufbar unter: http://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehrlaerm/laermwirkung/tieffrequentegeraeusche#textpart-1,

durch Windkraftanlagen im Allgemeinen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt und nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren führt.

Vgl. Beschluss der Kammer vom 12. Juli 2017 - 28 L 2208/17 -, juris Rn. 151; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - 8 B 1233/16 -, juris Rn. 29 ff., und vom 30. Januar 2018 - 8 B 1060/17 -, juris Rn. 38, Urteil vom 11. Dezember 2017 - 8 A 924/16 -, n.v.; Bay. VGH, Beschluss vom 28. September 2017 - 22 CS 17.1506 -, juris Rn. 25 ff.; Hess. VGH, Beschluss vom 17. Januar 2017 - 4 B 1863/16 -, juris Rn. 8; Nds. OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2016 - 12 ME 85/16 -, juris Rn. 22; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 6. Juli 2016 - 3 S 942/16 -, juris Rn. 21 ff. (jeweils m. w. N.); siehe auch Nr. 5.2.1.1 des Erlasses für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung vom 4. November 2015 (sog. Windenergie-Erlass NRW).

Sämtliche in jüngerer Zeit zu dieser Thematik angestellten Studien sind lediglich Teil des wissenschaftlichen Diskurses, der noch keine Rückschlüsse auf eine Änderung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zulässt. Aus den vorhandenen Studien zu physiologisch und psychologisch nachweisbaren Auswirkungen auf die Hirnaktivität ergibt sich darüber hinaus nicht, dass diese Auswirkungen auch gesundheitsschädlich sind.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2017 - 8 B 663/17 -, n. v.

Diese Auffassung wird durch das Schallgutachten der x.      g.           GmbH „Gutachten der zu erwartenden Schallimmissionen für den Standort W.       -C2.        “ vom 6. Juni 2016 bestätigt, wonach tieffrequente Geräusche bei Windkraftanlagen messtechnisch nachweisbar, aber für den Menschen nicht hörbar sind.

b) Die Ausführungen der Antragsteller lassen ferner nicht erkennen, dass das genehmigte Vorhaben gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme verstößt, weil die streitgegenständlichen Anlagen eine unzumutbare optisch bedrängende Wirkung auf ihr Hausgrundstück entfalteten.

Vgl. grundlegend OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, juris Rn. 67 ff., und des Weiteren etwa Beschlüsse vom 17. Januar 2007 - 8 A 2042/06 -, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - und vom 30. März 2017 - 8 A 2915/15 -, jeweils juris.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, juris Rn. 67 ff., Beschlüsse vom 17. Januar 2007 - 8 A 2042/06 -, juris, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 -, juris, vom 30. März 2017 - 8 A 2915/15 -, juris, und vom 20. Juli 2017 - 8 B 396/17 -, juris,

welcher die Kammer folgt,

vgl. Urteile der Kammer vom 9. November 2016 - 28 K 2549/15 - und vom 3. April 2017 - 28 K 5145/15 und 28 K 5552/15 - sowie Beschlüsse der Kammer vom 23. September 2016 - 28 L 1759/16 -, juris, vom 12. Januar 2017 - 28 L 3406/16 -, juris, und vom 12. Juli 2017 - 28 L 2208/14 -, juris,

erfordert die Prüfung, ob von einer Windkraftanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, stets eine Würdigung aller Einzelfallumstände. Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + halber Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.

Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sind neben der Höhe und Größe des Rotordurchmessers insbesondere weitere Kriterien wie Standort der  Windkraftanlage, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur  Windkraftanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 - 8 A 2042/06 -, juris Rn. 13, 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 55, 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris Rn. 30, 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 -, juris Rn. 36 und 20. Juli 2017 - 8 B 396/17 -, juris.

Um von einer optisch bedrängenden Wirkung zu sprechen, reicht es für sich gesehen nicht aus, dass die Windkraftanlage von den Wohnräumen aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht. Die optisch bedrängende Wirkung einer  Windkraftanlage entfällt daher nicht erst dann, wenn die Sicht auf die  Windkraftanlage durch Abschirm- oder Ausweichmaßnahmen völlig gehindert wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Anlage in ihrer Wirkung durch eine vorhandene Abschirmung abgemildert wird oder dass eine solche Abschirmung in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Dies gilt insbesondere für Außenbereichsgrundstücke oder für unmittelbar an den Außenbereich angrenzende Wohngrundstücke. Denn in diesen Fällen sind dem Betroffenen wegen des verminderten Schutzanspruchs eher Maßnahmen zuzumuten, durch die er den Wirkungen der Windkraftanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 - 8 A 2042/06 -, juris Rn. 17, vom 8. Juli 2014 - 8 B 1230/13 -, juris Rn. 7 ff. und 20 ff., vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, juris Rn. 27 ff. und 20. Juli 2017 - 8 B 396/17 -, juris, m. w. N.

Vor allem bleibt es dem Betroffenen unbenommen, etwaige noch störende Sichtbeziehungen zu der Anlage durch Anpflanzungen oder – gerade auch für die Dauer des Hauptsacheverfahrens – durch eigene architektonische Vorkehrungen abzumildern, die den Blick soweit notwendig verdecken.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 - 8 A 2042/06 – juris Rn 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris Rn. 33, vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris Rn. 31, und 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 -, juris Rn 49.

Abweichend von der Auffassung der Antragsteller kann die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in Bezug auf durch einen höheren Turm und einen größeren Rotordurchmesser gekennzeichnete Windkraftanlagen Anwendung finden.

Vgl. Beschluss der Kammer vom 12. Juli 2017 - 28 L 2208/17-, juris Rn. 48 ff., m. w. N.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 8 B 396/17 -, juris Rn. 31 ff.,

hat jüngst festgestellt, dass es derzeit keinen Anlass sehe, die vorstehenden Grundsätze in Bezug auf die moderneren Typen von  Windkraftanlagen, die durch einen höheren Turm und einen größeren Rotordurchmesser gekennzeichnet sind, abzuändern. Denn ungeachtet des Umstands, dass die eingangs beschriebene Formel ohnehin nur Anhaltspunkte bietet und nicht von der Betrachtung des konkreten Einzelfalls entbindet, berücksichtigt die Einberechnung der Nabenhöhe einerseits und des hälftigen Rotordurchmessers andererseits bereits hinreichend Höhe und Größe der jeweiligen Anlage. Die Prüfung ist damit nicht auf statische, sondern flexible Kriterien aufgebaut.

Auch eine überproportionale Steigerung der von dem Rotor überstrichenen Fläche rechtfertigt keine Anpassung. Denn die Bewertung der optisch bedrängenden Wirkung erfolgt an einem bestimmten Standpunkt und berücksichtigt das von der  Windkraftanlage eingenommene Sichtfeld. Dass größere Objekte in größerer Entfernung aus demselben Blickwinkel ebenso groß wirken wie kleinere Objekte in geringerer Entfernung, folgt aus dem Zweiten Strahlensatz, der der Faustformel des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zugrunde liegt. Hiernach verhalten sich Abschnitte auf zwei Parallelen wie die von einem Scheitelpunkt aus gemessenen Strecken auf zwei Geraden, von denen jede die beiden Parallelen in jeweils einem Punkt schneidet. Übertragen auf zwei in unterschiedlicher Entfernung errichtete  Windkraftanlagen unterschiedlicher Größe bedeutet dies, dass der optische Eindruck einer höheren Anlage in einer Entfernung von dem Zwei-/Dreifachen ihrer Gesamthöhe bei unverändertem Blickwinkel vergleichbar ist mit demjenigen einer kleineren  Windkraftanlage in einer Entfernung des Zwei-/Dreifachen ihrer (geringeren) Höhe.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 8 B 396/17 -, juris Rn. 33.

Es besteht kein Anlass, die vom OVG NRW entwickelte Formel in Bezug auf die moderneren Typen von Windkraftanlagen abzuändern oder diesbezüglich medizinischpsychologische Sachverständigengutachten einzuholen.

Vgl. stellvertretend OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2017 - 8 B 935/17 -, juris Rn. 52, 56, dort m. w. N. und näherer Begründung.

Bei einer Entfernung zwischen der nächstgelegenen streitbefangenen Windkraftanlage der Beigeladenen WEA 4 und dem Wohnhaus auf dem Grundstück der Antragsteller von ca. 715 Metern, was dem 3,6-fachen der Gesamthöhe der Anlage (Nabenhöhe von 139 Metern + Hälfte des Rotordurchmessers von 122 Metern = 200 Metern) entspricht, ist nicht ersichtlich, dass eine beherrschende Dominanz gegenüber der Wohnbebauung auftritt. Geht man – wie vorstehend ausgeführt – davon aus, dass im Regelfall eine optisch bedrängende Wirkung nicht angenommen werden kann, wenn – wie hier – der Abstand zur Anlage mehr als das Dreifache der Anlagenhöhe beträgt, so sind auch keine Besonderheiten oder gewichtige Gründe vorgetragen oder ersichtlich, die in Abweichung von diesem Ausgangspunkt für eine unzumutbare optische Wirkung der Windkraftanlagen auf das Wohnhaus der Antragsteller sprechen würden. Angesichts dieses Abstands werden die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlagen so weit in den Hintergrund treten, dass diesen keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber dem Wohnhaus der Antragsteller zukommen werden. Dass insgesamt vier Windkraftanlagen errichtet werden sollen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass von den Anlagen in der Kumulation eine optisch bedrängende Wirkung – zum Beispiel in Gestalt einer „Kesselwirkung“ –,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2017 - 8 B 1373/16 -, juris Rn. 48,

ausgeht. Substantiierte Ausführungen dazu liegen nicht vor.

c) Die Antragsteller können sich nicht – die Unwirksamkeit der 89. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde W.       zu ihren Gunsten unterstellt – auf die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der durch die 26. Flächennutzungsplanänderung im Jahre 1999 ausgewiesenen Windkraftkonzentrationsfläche „B.       Weg“ in W.       -E.      berufen.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben öffentliche Belange in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Danach führt die Darstellung von Positivflächen aufgrund der planerischen Entscheidung der Gemeinde unmittelbar zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit von Vorhaben auf den nicht ausgewiesenen Ausschluss- oder Negativflächen. Damit hat der Gesetzgeber den Gemeinden ein Instrument verbindlicher Standortsteuerung an die Hand gegeben, das die Rechte der Bürger unmittelbar regelt und der Bindungskraft von Festsetzungen eines Bebauungsplans gleichkommt. Der Umstand, dass die Vorschrift diese Rechtswirkungen auf den Regelfall beschränkt, lässt die Außenwirkung nicht entfallen, weil die Möglichkeit der Abweichung nur für vom Plangeber nicht vorgesehene – atypische – Fallkonstellationen in Betracht kommt und sich insoweit nicht von dem in § 31 Abs. 2 BauGB geregelten Befreiungsvorbehalt unterscheidet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 -, juris Rn. 14; OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Mai 2017 - 8 B 1081/16 -, juris Rn. 9, und vom 13. November 2017 - 8 B 699/17 -; Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2017 - 28 L 4963/17 -.

Die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entfaltet zugunsten der Nachbarschaft – vergleichbar den Festsetzungen im Bebauungsplan – keinen generellen über das Gebot der Rücksichtnahme hinausgehenden Drittschutz. Sie dient vielmehr dem Außenbereichsschutz und der gemeindlichen Planungshoheit.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. August 2006 - 8 B 1360/06 -, juris Rn. 16, und 10. Mai 2017 - 8 B 1081/16 -, juris Rn. 11; Sächsisches OVG, Beschluss vom 9. September 2016 - 1 B 198/16 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 25. Februar 2014 - 12 LA 105/13 -, juris Rn. 12.

Ob der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB darüber hinaus ausnahmsweise im Einzelfall – in vergleichbarer Weise wie Festsetzungen im Bebauungsplan – eine subjektive Wirkung zugunsten einzelner, abgrenzbarer Personengruppen zukommen kann, kann offen bleiben.

Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Gemeinde W.       der Ausschlusswirkung der Darstellung der Windkraftkonzentrationsflächen im vorliegenden Fall ausnahmsweise "übergreifende" nachbarschützende Wirkung zugunsten von außerhalb der Konzentrationsflächen lebenden Anwohnern beimessen wollte.

Ob die Ausschlusswirkung ausnahmsweise über das Gebot der Rücksichtnahme hinausgehend (auch) dem Schutz individueller Interessen dient, richtet sich nach dem auszulegenden planerischen Willen der Gemeinde, wie er sich aus der konkreten Entstehungsgeschichte ergibt. Voraussetzung dafür ist, dass die im Rahmen der planerischen Abwägung ohnehin – ohne subjektivierende Wirkung – einzustellenden Nachbarbelange eine qualifizierte Berücksichtigung gefunden haben. Maßgeblich ist insoweit der Wille des Plangebers, der sich in dem Plan, der zugehörigen Begründung oder sonstigen amtlichen Verlautbarungen objektiviert hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2017 - 8 B 1081/16 -, juris Rn. 16.

Gemessen hieran ist nicht von einer nachbarschützenden Wirkung auszugehen. Der Erläuterungsbericht zur 29. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde W.       vom 26. November 1998, ergänzt am 26. Mai 1999 und einschließlich der Anlagen, gibt nichts dafür her, dass die Gemeinde W.       der Ausschlusswirkung Nachbarschutz beimessen wollte.

Die Begründung lässt nur erkennen, dass es aus landschaftspflegerischen – mithin öffentlichen – Gründen lediglich möglich sei, trotz dreier potentieller Flächen nur eine Konzentrationszone für Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan darzustellen. Ein wichtiges Kriterium bei der Ermittlung der Konzentrationszonen sei es gewesen, landschaftsbildprägende und ökologisch wertvolle Bereiche angesichts des durch die Errichtung von Windkraftanlagen unumgänglichen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht zu beeinträchtigen. Ferner seien – angesichts der Lage der Konzentrationszone im Bereich der Wasserschutzzone III A2 – insbesondere die wasserwirtschaftlichen Belange bei der zukünftigen Errichtung der Windkraftanlagen zu berücksichtigten. Belange der Ortslagen und der Wohnbebauung im Außenbereich im Sinne von Schutzabständen finden keine Erwähnung. Auch soweit in Anlage 1, Untersuchung zur Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen im Stadtgebiet W.       aus Juli 1998, der Belang des Abstandes zu Wohnbebauung bzw. Siedlungsflächen aufgeführt wird, folgt daraus nichts anderes. Denn dies reicht für die Annahme eines ausnahmsweisen Drittschutzes allein nicht aus. Die Berücksichtigung solcher Nachbarbelange gehört von vorneherein zu der erforderlichen planerischen Abwägung.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Mai 2017 - 8 B 1081/16 -, juris Rn. 17, und vom 13. November 2017 - 8 B 699/17 -; Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2017 - 28 L 4963/17 -.

Zudem stellte die Bürgermeisterin der Gemeinde W.       mit Schreiben vom 26. Mai 1999 – in Übereinstimmung mit dem Zurückweisungsbeschluss des Rates vom 4. Mai 1999 – klar, dass die der Untersuchung zugrunde gelegten Abstände der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung nur als Anhaltswerte dienen sollen und die Prüfung der Verträglichkeit einer konkret beantragten Windkraftanlage erst im Rahmen des jeweiligen Baugenehmigungsverfahrens erfolgen könne. Dort seien die entsprechenden Schutzabstände zu überprüfen und gegebenenfalls aufgrund der gewählten Bauart der Anlage zu vergrößern, um eventuelle Nutzungskonflikte auszuschließen.

Dass sich aus sonstigen amtlichen Verlautbarungen ein anderweitiger Wille des Plangebers ergeben könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere enthalten weder die Sitzungsvorlage über den Aufstellungsbeschluss vom 25. Februar 1998, der Aufstellungsbeschluss vom 24. März 1998 noch der Änderungsbeschluss des Rates der Gemeinde W.       vom 4. Mai 1999 Anhaltspunkte dafür, dass der Plangeber den Darstellungen Drittschutz verleihen wollte.

II. Die allgemeine Interessenabwägung geht ebenfalls zu Lasten der Antragstellerr aus. Da bei summarischer Prüfung ein Unterliegen der Antragstellerr in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides und damit an einer Inbetriebnahme der geplanten Windkraftanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt das Interesse der Antragsteller an einer aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs.

Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2016 - 8 B 866/15 -, BauR 2016, 1760 = juris Rn. 43, und vom 9. Juni 2017 - 8 B 1264/16 -, juris Rn. 102 ff.

III.              Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 4 ZPO sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese hat einen Antrag gestellt und sich sonach dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt.

IV.              Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Sie ist an Ziff. 1.5, 19.2 i. V. m. 2.2.2 und 1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 58) und der im Beschluss vom 28. März 2017 - 8 E 928/16 - (juris) aufgezeigten Streitwertpraxis des 8. Senates des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen orientiert. Ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 15.000 Euro im Klageverfahren und von 7.500 Euro im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für jede angegriffene Windkraftanlage ergibt sich ein Streitwert von 30.000 Euro, der zugleich mit der vom 8. Senates des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bestimmten Obergrenze in Höhe von 60.000 Euro im Hauptsachverfahren und in Höhe von 30.000 Euro im Eilrechtschutzverfahren übereinstimmt.