OLG Köln, Beschluss vom 23.06.2017 - 27 WF 95/17
Fundstelle
openJur 2019, 11978
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 404 F 113/17
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 11. Juni 2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg vom 2. Juni 2017 - 86 AR 55/17 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsgesuchs ist gemäß § 6 Abs. 2 FamFG, §§ 567, 569 Abs. 1, 2 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht das Befangenheitsgesuch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst auf die sehr eingehenden und zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss verwiesen werden.

1. Gemäß § 6 Abs. 1 FamFG, § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter / eine Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Eine solche Besorgnis ist nach § 42 Abs. 2 ZPO gegeben, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu begründen. Nicht erforderlich ist dabei, dass der Richter tatsächlich befangen ist; entscheidend ist vielmehr, ob ein Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und Neutralität des Richters zu zweifeln. Hierfür bedarf es konkreter objektiver Umstände, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus nach Auffassung eines ruhig und vernünftig denkenden Beteiligten die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber, während rein subjektive Vorstellungen des Ablehnenden als Ablehnungsgrund ausscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2009 - III ZB 55/09, NJW-RR 2010, 493, juris Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 42 Rn. 8 f. jeweils m.w.N.).

2. Nach der danach maßgeblichen Betrachtungsweise liegen hier keine hinreichenden Gründe vor, welche eine Ablehnung der zuständigen Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen können. Die seitens des Antragstellers vorgetragenen Umstände geben keine Veranlassung zu einer nachvollziehbaren Befürchtung, die abgelehnte Richterin hätte das Verfahren nicht unvoreingenommen bearbeitet, würde dies künftig nicht (mehr) tun oder im Verfahren nicht unparteiisch entscheiden.

a) Es ist nicht ersichtlich, dass die von dem Antragsteller benannten Verfahren von der zuständigen Richterin nicht ordnungsgemäß gefördert worden sind und hierdurch der Anspruch des Antragstellers auf Gewährung effektiven Rechtsschutz verletzt worden wäre.

aa) In dem Verfahren über den Umgangsausschluss 404 F 315/12, das zunächst bei dem Amtsgericht Bergheim anhängig gewesen war, hatte die zuständige Richterin, nachdem sich das Verfahren durch mehrfachen Anwaltswechsel auf Seiten des Antragstellers, verbunden mit Akteneinsichtsgesuchen, verzögert hatte, Verhandlungstermin auf den 3. Juli 2013 anberaumt. In diesem Termin hatten die Beteiligten eine Umgangsvereinbarung getroffen. Eine Fortsetzung des Verfahrens sollte vor diesem Hintergrund erst auf entsprechenden Antrag eines Beteiligten erfolgen. Auf Antrag des Antragstellers vom 3. September 2013 hatte die zuständige Richterin Verhandlungstermin auf den 11. Dezember 2013 anberaumt. In diesem Termin war zeitnah Verkündungstermin auf den 15. Januar 2014 bestimmt worden. Mit Beschluss vom 15. Januar 2014 hatte die Abteilungsrichterin eine Zwischenregelung zum Umgang und die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Dieses Gutachten war - nach mehrfacher Sachstandsanfragen, Aufforderung zur Einreichung des Gutachtens und Fristsetzung - am 2. November 2015 bei Gericht eingegangen. In dem nach Eingang des Sachverständigengutachtens anberaumten Verhandlungstermin hatte die dortige Antragstellerin ihren Antrag auf Umgangsausschluss für erledigt erklärt. Der hiesige Antragsteller hatte seinen, im Laufe dieses Verfahrens gestellten Antrag auf Umgang in dem Verhandlungstermin nicht weiter verfolgt, sondern lediglich in dem Verfahren 404 F 407/13 gestellt, so dass das Verfahren in diesem Termin beendet wurde. Hierauf hat die zuständige Richterin den Antragsteller auf dessen Sachstandsanfrage vom 9. Februar 2016 mit gerichtlichem Schreiben vom 12. Februar 2016 hingewiesen.

Erhebliche, von Seiten des Gerichts veranlasste, Verzögerungen des Verfahrens sind mithin nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller mit seinem Befangenheitsantrag rügt, dass dieses Verfahren bislang noch nicht abgeschlossen sei, stellt sich dies vor diesem Hintergrund ebenfalls als unzutreffend dar.

bb) Hinsichtlich der weiteren Verfahren 404 F 407/13 und 404 F 409/13 sind zu beanstandende Verzögerungen ebenfalls nicht ersichtlich. In beiden Verfahren wurden die Akten unmittelbar nach Eingang der bereits in dem Verfahren 404 F 315/12 beauftragten Sachverständigen übermittelt und die Erstellung des Gutachtens abgewartet. Das Gutachten war für den Ausgang beider Verfahren relevant. In dem bereits vorgenannten Verhandlungstermin vom 1. Dezember 2015 wurden sämtliche Verfahren verhandelt und anschließend - u.a. nach Schriftsatznachlass für den Antragsteller - durch Beschluss entschieden.

cc) Auch in dem vorliegenden Verfahren 404 F 113/17 ist eine die Besorgnis der Befangenheit begründende Verzögerung des Verfahrens nicht erkennbar. Auf den bei Gericht am 6. April 2017 eingegangene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die zuständige Richterin bereits am selben Tage eine Stellungnahme des Jugendamtes zum Aufenthaltsort des Kindes eingeholt. Mit Eingang dieser Stellungnahme am 21. April 2017 und Feststellung der gerichtlichen Zuständigkeit hat die Abteilungsrichterin am 21. April 2017 die erforderlichen Berichte angefordert und einen Verfahrensbeistand bestellt.

Noch vor Eingang des Berichts des Verfahrensbeistands am 5. Mai 2017 hat der Antragsteller unter dem 3. Mai 2017 Befangenheitsantrag gestellt, so dass das Verfahren nicht mehr weiter betrieben werden konnte.

Zwar weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass die Frist des § 155 Abs. 2 Satz 2 FamFG - nunmehr - nicht eingehalten worden ist. Dies ist indes vornehmlich auf die Klärung der Zuständigkeitsfrage und die sich daran anschließenden Ermittlungen zurückzuführen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Zu Recht weist das Amtsgericht zudem darauf hin, dass es sich bei er Regelung des § 155 Abs. 2 Satz 2 FamFG um eine Sollvorschrift handelt, deren Nichtbeachtung allein grundsätzlich nicht den Vorwurf der Willkür zu begründen vermag.

Letztlich ist zudem zu bemerken, dass der Antragsteller seinen Befangenheitsantrag bereits innerhalb der Monatsfrist gestellt hat.

dd) Darüber hinaus kann eine Verfahrensverzögerung für sich genommen - auch wenn sie von einem Beteiligten, gegebenenfalls zu Recht, als schwer zumutbar empfunden wird - nur im Ausnahmefall die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn besondere Umstände vorliegen, nach denen sich das Vorgehen des Richters als derart weit von dem geübten Verfahren entfernt erweist, dass es den Anschein der Willkür erweckt und sich dem dadurch betroffenen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf persönlicher Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 04.01.2011 - 1 W 86/10, juris Rn. 23; OLG Düsseldorf, FF 2001, 105, juris Rn. 4; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 42 ZPO Rn. 24 m.w.N.). An entsprechenden Anhaltspunkten hierfür fehlt es aus den vorgenannten Gründen.

b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die zuständige Richterin den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in willkürlicher, die Besorgnis der Befangenheit begründender Weise verletzt hat.

Sämtliche Anträge wurden, soweit sie in dem Verhandlungstermin vom 1. Dezember 2015 noch aufrechterhalten wurden, beschieden. Dass die zuständige Richterin dabei Vortrag des Antragstellers übergangen hat, ist weder von dem Antragsteller hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich.

aa) Hinsichtlich der Rüge des Antragstellers betreffend das Verfahren 404 F 315/12 wird auf die Ausführungen unter 2.a) aa) verwiesen.

bb) Soweit der Antragsteller beanstandet, die zuständige Richterin habe in dem Verfahren 404 F 407/13 entgegen den Feststellungen des Sachverständigen nur ein Umgangsrecht von zwei Stunden im Monat angeordnet, so ist schon nicht ersichtlich, dass dies in eindeutigem Widerspruch zu den Feststellungen der Sachverständigen steht. Diese hat einen Umgang vierzehntägig im Wechsel empfohlen, das heißt für jeden einzelnen Elternteil ein Umgang im Vierwochenturnus.

Darüber hinaus, spielt es für die hier allein maßgebliche Frage der Befangenheit der zuständigen Richterin keine Rolle, ob die getroffene Umgangsregelung sachlich richtig ist. Denn unrichtige Entscheidungen vermögen nur im Ausnahmefall die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wenn und soweit diese willkürlich oder aus offenkundig unsachlichen Gründen zum Nachteil eines Beteiligten ergangen sind, so dass sich hieraus die Befürchtung aufdrängt, dass der Richter / die Richterin generell, auch im vorliegenden Verfahren, nicht objektiv und unparteiisch entscheiden werde. Solche Anhaltspunkte bestehen nicht. Selbst wenn die Entscheidung daher - einmal unterstellt - fehlerhaft ergangen wäre, würde dies noch keine Besorgnis der Befangenheit begründen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 42 Rn. 28 m.w.N.). Die Möglichkeit der Ablehnung wegen Befangenheit dient gerade nicht dazu, auf diesem Wege eine Abänderung getroffener Entscheidungen zu erreichen. Dies bleibt vielmehr dem gesetzlich vorgesehenen Instanzenzug vorbehalten; auch hierauf hat bereits das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend hingewiesen.

c) Die unsubstanziierte Vermutung des Antragstellers, es sei von Seiten der zuständigen Richterin im Vorfeld in dem Verfahren 404 F 309/13 eine Absprache mit der Antragsgegnerin getroffen worden, ist schon unschlüssig. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden.

d) Hinsichtlich der Beanstandung betreffend die Verwendung des allseits gebräuchlichen Begriffs des "Kindesvaters" wird zur Vermeidung weiterer Wiederholungen ebenfalls auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

e) Schließlich begründet auch die dienstliche Äußerung der zuständigen Abteilungsrichterin keine Besorgnis der Befangenheit. In dieser erläutert die zuständige Richterin die Umstände der einzelnen Verfahren und schildert, aus welchem Grunde sich insbesondere die Durchführung des Umgangs als problematisch erwies. Die Abteilungsrichterin zeigt auf, dass zu beanstandende Verzögerungen der Verfahren - insbesondere des vorliegenden - nicht zu verzeichnen sind. Die dienstliche Äußerung verhält sich somit zu den von dem Antragsteller vorgebrachten gegebenenfalls relevanten Beanstandungen.

Soweit die dienstliche Stellungnahme nicht auf den Vorwurf der unzutreffenden Umgangsentscheidung in dem Verfahren 404 F 407/13, dem von der Richterin erfragten Einverständnis der Antragsgegnerin mit einem Aufenthalt des Kindes in einer heilpädagogischen Einrichtung, der Verwendung des Begriffs "Kindesvater" und der pauschalen Behauptung von Gehörsverstößen eingeht, ist dies nicht zu beanstanden, da bei unschlüssigen und globalen Begründungen eines Ablehnungsgesuchs eine dienstliche Stellungnahme entbehrlich ist.

f) Da auch im Übrigen hinreichende Gründe, welche für einen vernünftigen und besonnenen Beteiligten eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, nicht erkennbar sind, war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: bis 1.000,- €