OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 79/03
Fundstelle
openJur 2019, 10756
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 12. März 2003 teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin, Inhaberin einer entsprechenden Lizenz, errichtet und betreibt Breitbandtelekommunikationsanlagen zum Empfang und zur Weiterleitung von Telekommunikationssignalen. Um Breitbandkabel zu Liegenschaften an der W-Straße in B. verlegen zu können, musste sie eine Bundesbahnstrecke kreuzen. Die Klägerin wandte sich daher an die Beklagte, die mit Schreiben vom 03. August 2001 (Anlage K 5) von der Klägerin die Unterzeichnung eines "Gestattungsvertrages" (Anlage K 6) verlangte. In diesem Vertragsentwurf war in § 8 die Zahlung von "Verwaltungskosten" in Höhe von 3.200,00 DM zzgl. MWSt. sowie in § 9 die Zahlung eines "Nutzungsentgelts" von 5.000,00 DM zzgl. MWSt. zugunsten der Beklagten vorgesehen. Gegen diese Verpflichtungen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 11. September 2001 (Anlage K 7), in dem sie geltend machte, die Beklagte sei gemäß § 57 Telekommunikationsgesetz (TKG) zur kostenlosen Duldung der Inanspruchnahme des Geländes verpflichtet. Die Beklagte meinte demgegenüber, § 57 TKG sei auf Bahngelände nicht anwendbar, jedenfalls könne sie gemäß § 57 Abs. 2 TKG einen Ausgleich in der vorgeschlagenen Höhe verlangen; vor Unterzeichnung des Gestattungsvertrages sei der Beginn der geplanten Baumaßnahmen nicht möglich, jedoch sei ein Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung dieser Klauseln denkbar. Daraufhin unterzeichnete die Klägerin den Gestattungsvertrag und übersandte ihn mit dem Bemerken, die Parteien seien übereingekommen, "dass die Vergütung aus den vorgenannten §§ 8 und 9 des Vertrages lediglich unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung gezahlt" werde. Letzteres bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 11. Januar 2002 (Anlage K 10). Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagten gegen sie, die Klägerin, aus dem zwischen den Parteien unterzeichneten Gestattungsvertrag zur Kreuzung der DB-Strecke 2250 mit einem LWL Kabel in einem Schutzrohr DRN 100 vom 11.01.2002 keine Ansprüche, insbesondere auch nicht auf Zahlung eines Verwaltungskostenentgelts gemäß § 8 dieses Vertrages und auf Zahlung eines Nutzungsentgelts gemäß § 9 dieses Vertrages zustehen.

In diesem Zusammenhang haben die Parteien unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung des § 57 TKG vertreten. Insbesondere ist streitig, ob

Gleisgelände grundsätzlich unter die Regelung des § 57 TKG fällt oder ob die Beklagte, wie sie geltend macht, gesetzlich nicht zur Duldung von Telekommunikationsleitungen verpflichtet ist,

das Bahngelände durch die Verlegung "nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt" im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG wird,

der Beklagten gegebenenfalls für die Duldung der Errichtung der Telekommunikationslinie ein Ausgleich nach § 57 Abs. 2 S. 1 TKG oder aber eine "Aufwandsentschädigung" zusteht,

die Beklagte die Zahlung einer Vergütung entsprechend § 57 Abs. 2 S. 2 TKG verlangen kann.

Das Landgericht hat die fraglichen Klauseln unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit von allgemeinen Geschäftsbedingungen geprüft. Es hat gemeint, der Klägerin stehe nach § 57 TKG ein entschädigungsloser Anspruch auf Duldung der Kreuzung der Bahnanlage zu, jedoch sei die Vereinbarung einer "Aufwandsentschädigung" nicht zu beanstanden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer jeweiligen Rechtsauffassungen. Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und auf ihre Anschlussberufung hin unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils des Weiteren festzustellen, dass der Beklagten gegen sie, die Klägerin, aus dem zwischen den Parteien unterzeichneten Gestattungsvertrag zur Kreuzung der DB Strecke 2250 mit einem LWL-Kabel in einem Schutzrohr DN 100 vom 01.01.2002 kein Anspruch auf Zahlung eines Verwaltungskotenentgelts gemäß § 8 dieses Vertrages zusteht.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

II.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt zur vollständigen Klageabweisung, während die Anschlussberufung der Klägerin erfolglos bleibt.

1.Klarzustellen ist, dass entgegen dem in erster Instanz weitergehenden Antrag der Klägerin Gegenstand des Verfahrens lediglich die Frage war, ob sie zur Zahlung eines Verwaltungskostenbetrages nach § 8 Abs. 1 des Vertrages sowie eines Nutzungsentgeltes nach § 9 Abs. 1 des Vertrages verpflichtet ist. Dies ergibt sich aus der Klageschrift (Bl. 7 GA) und dem vorausgehenden Schriftverkehr, die sich allein mit diesen Punkten befassen. Dementsprechend hat sich das Landgericht auch nur mit diesen Vorschriften befasst, auch die Anträge der Parteien im Berufungsverfahren betreffen allein sie. Ob die Klägerin andere Verpflichtungen treffen (z.B. Verpflichtung zur Umverlegung oder Entfernung der Kabel, § 5, § 16 Abs. 2), ist damit nicht zu erörtern.

2.Das Landgericht hat die fraglichen Klauseln lediglich unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit §§ 305 ff. BGB (in der Fassung des gemäß Art. 229 § 5 EGBGB - weil der fragliche Vertrag erst nach dem 01.01.2002 zustande gekommen sein kann - anwendbaren Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes) geprüft.

Dies wird den Erklärungen der Parteien jedoch nicht gerecht. Die Klägerin hatte von Anfang an geltend gemacht, die Beklagte sei kraft Gesetzes zur entschädigungslosen Duldung der Kreuzung des Bahngeländes verpflichtet. Die Beklagte hat demgegenüber den Standpunkt vertreten, sie treffe keine derartige gesetzliche Verpflichtung, jedenfalls könne sie aber einen Ausgleich nach § 57 Abs. 2 TKG verlangen. Diese Frage wollten beide Parteien mit dem von ihnen akzeptierten "Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung" der §§ 8 und 9 offen halten. Die Klägerin wollte sich insbesondere mit dem Vorbehalt nicht lediglich einen Rückzahlungsanspruch nach § 814 BGB oder eine AGB-mäßige Überprüfbarkeit (die eines Vorbehalts nicht bedurfte) offen halten.

Ein derartiger Vorbehalt führt im Allgemeinen zur Unwirksamkeit der Willenserklärung gemäß § 116 S. 2 BGB (BGH WRP 2003, 758 unter II.2.a) - CPU-Klausel). Einem solchen Ergebnis steht aber das erkennbare Interesse der Klägerin gegenüber, im Falle der Unrichtigkeit ihrer Rechtsauffassung jedenfalls kraft Vertrages zur Kreuzung der Bahnanlage - wenn auch entgeltlich - berechtigt zu sein, andernfalls wäre sie nämlich für diese Fallgestaltung mangels eines gesetzlichen und vertraglichen Schuldverhältnisses ungesichert geblieben. Diese Rechtsfolgen widersprachen auch den Interessen der Beklagten, da sie auch im Falle der Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung zur Rückzahlung des Entgelts gemäß § 812 BGB verpflichtet gewesen wäre. Die Kabelverlegung als solche sollte auf gesicherter Grundlage erfolgen, sei es auf Grund des § 57 TKG, sei es auf Grund des Vertrages.

Den Vertragserklärungen wird am besten eine Auslegung gerecht, derzufolge die Parteien einen Vertrag unter der Rechtsbedingung geschlossen haben, dass die Beklagte nicht bereits kraft Gesetzes zur unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Duldung der Kreuzung der Bahnanlage durch die Telekommunikationslinie verpflichtet war.

3.Aber auch dieser - gegenüber dem Ansatzpunkt des Landgerichts zugunsten der Klägerin weitergehende - Überprüfungsbereich führt nicht zu einem Erfolg der Klage.

a)Allerdings gilt entgegen der Auffassung der Beklagten die Vorschrift des § 57 Telekommunikationsgesetz (TKG) grundsätzlich auch für Bahnanlagen.

Das Telekommunikationsgesetz unterscheidet hinsichtlich der durch Telekommunikationslinien beanspruchten Grundstücke ausschließlich zwischen "Verkehrswegen" im Sinne der §§ 50 ff. TKG und sonstigen Grundstücken, für die § 57 TKG gilt.

Unter Verkehrswegen sind nach § 50 Abs. 1 S. 2 TKG lediglich "die öffentlichen Wege, Plätze und Brücken sowie die öffentlichen Gewässer" zu verstehen. Dazu zählen Bahntrassen, wovon auch die Beklagte ausgeht, nicht. "Öffentliche Wege" sind lediglich die nach Bundes- und Landesrecht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen (vgl. Schütz in Beck’scher Kommentar, TKG, 2. Aufl., § 50 Rdnrn. 20 ff.). Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Gesetzgeber insoweit bewusst die Begrifflichkeit der Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 Telegrafenwegegesetz (TWG) übernommen hat. Insoweit war anerkannt, dass Bahntrassen nicht als öffentlicher Weg anzusehen waren (vgl. Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 5/6; derselbe MMR 1998, 1, 2, jeweils m.w.N.). Dementsprechend besteht in der Kommentarliteratur Einigkeit darüber, dass Bahntrassen nicht als Verkehrsweg anzusehen sind (vgl. Schütz, a.a.O., § 50 Rdnr. 26; § 57 Rdnr. 5).

Damit ist die Vorschrift des § 57 TKG anwendbar. Denn der Anwendungsbereich des § 57 TKG ist lediglich negativ ("das nicht ein Verkehrsweg im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 2 ist") beschrieben. Die Schaffung einer dritten Kategorie von Grundstücken, wie sie die Beklagte für richtig hält (mit der Folge, dass sie bei der Duldung von Telekommunikationslinien auf Gleisgelände frei wäre), ist mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar. Auch unter dem TWG unterfielen im übrigen Eisenbahngrundstücke grundsätzlich der Regelung des § 12 TWG (was aber im Hinblick auf die weitergehende Regelung des § 15 TWG, derzufolge die Eisenbahn die Anlage von Telegrafenwegen kostenlos zu dulden hatte [vgl. Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 6], praktisch keine Bedeutung hatte). Es liegt insoweit keine planwidrige Lücke des TKG vor. Dagegen spricht bereits, dass Eisenbahnzwecken dienende Grundstücke sowohl in § 3 Nr. 6 TKG als auch im TWG (§ 15), welches durch das TKG abgelöst worden ist, angesprochen wurden. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber das Eisenbahngelände den allgemeinen Vorschriften unterwerfen wollte. Auch aus Sachgründen ist die Bildung einer dritten Kategorie "Eisenbahntrassen" nicht notwendig. Die von der Beklagten gegen eine Gleichsetzung von Eisenbahngrundstücken mit "normalen" Grundstücken vorgebrachten Bedenken treffen zum Einen nicht nur auf Eisenbahngrundstücke, sondern auch auf eine Vielzahl von anderweit öffentlich (z.B. Justizvollzugsanstalten, Bundeswehrgelände) oder privat genutzten (z.B. Chemieanlagen, Kraftwerke) Grundstücke zu; die Rechtsauffassung der Beklagten liefe auf die Herausnahme einer erheblichen Zahl von Grundstücken aus dem TKG ohne Ansatzpunkt im Gesetz hinaus. Zum Anderen können die Besonderheiten von Eisenbahngrundstücken bei der Auslegung des § 57 TKG genügend berücksichtigt werden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass unter der Geltung des TWG das Eisenbahngelände kostenlos für Telekommunikationslinien zur Verfügung zu stellen war, während nunmehr Ansprüche nach § 57 Abs. 2 TKG in Betracht kommen. Für eine noch weitergehende Privilegierung des Eisenbahngeländes fehlt im Gesetz jeder Anhaltspunkt.

b)Dem Landgericht ist auch dahin zu folgen, dass die Beklagte im Streitfall nach§ 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG zur Duldung der Errichtung von Telekommunikationslinien verpflichtet war, weil das fragliche Grundstück durch die Benutzung seitens der Klägerin nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt war.

Diese Schwelle der Beeinträchtigung wird weder durch die Errichtung, noch durch das spätere Vorhandensein der Leitung überschritten. Die Leitung wurde durch das Bahngelände - jedenfalls soweit es unmittelbar den Eisenbahnbetrieb bedarf - in verhältnismäßig großer Tiefe "durchgeschossen", so dass der Betrieb nicht gestört wurde (zum "Durchschießen" vgl. auch Schuster MMR 1999, 137, 140; Schütz, a.a.O., § 57 Rdnr. 11; Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 27; Hoeren MMR 1998, S. 1, 2/3). Wegen der großen Tiefe wird eine Umplanung der vorhandenen Anlagen nicht verhindert, abgesehen davon, dass nach § 5 und § 15 Abs. 2 des Vertrages - insoweit hat die Klägerin keinen Vorbehalt abgegeben - die Klägerin notfalls auf ihre Kosten die Leitung umlegen bzw. sogar ganz entfernen müsste.

c)Die Beklagte kann jedoch für ihren Verwaltungsaufwand bei der Prüfung und Überwachung der Maßnahme - soweit nicht bereits § 10 des Vertrages eingreift - die in § 8 vorgesehene Verwaltungskostenpauschale verlangen.

Dies ergibt sich aus § 57 Abs. 2 S. 1 TKG. Zwar setzt der Ausgleichsanspruch nach dem Gesetzeswortlaut voraus, dass im Zusammenhang mit der Anlage die Benutzung des Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Die Voraussetzung ist aber bei der Fallgruppe des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG nicht nur dann erfüllt, wenn bei der Errichtung oder sonstigen Maßnahme die Grundstücksnutzung als solche über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird, also etwa der Zugverkehr teilweise eingestellt oder nicht unwesentlich eingeschränkt werden muss (vgl. Schuster, a.a.O., S. 142). Vielmehr ist die Voraussetzung auch dann anzunehmen, wenn der Grundstückseigentümer die Durchführung der Arbeiten auf ihre Folgen prüfen und überwachen muss, um eine komplikationslose Nutzung während und nach den Arbeiten sicherstellen zu können (in diese Richtung auch Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 27/28). Der mit der Überprüfung verbundene - im Streitfall erhebliche - Aufwand geht zwangsläufig zu Lasten der Erträgnisse aus dem Grundstück. Zwar ist es im Allgemeinen Sache des Schuldners, die Berechtigung der gegen ihn erhobenen Forderung auf eigene Kosten zu prüfen und auf eigene Kosten die notwendigen Maßnahme zu erbringen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 307 Rdnr. 62 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch, dass dem Grundstückseigentümer durch § 57 Abs. 1 TKG ein Sonderopfer auferlegt ist; nach den allgemeinen Regeln könnte er die Verlegung des Kabels ohne Weiteres nach §§ 1004, 905 BGB verhindern. Hinzu kommt, dass die Beklagte aufgrund des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) verpflichtet ist, die Bahntrassen in ordnungsgemäßem Zustand zu halten. Sie kann daher nicht einfach die Maßnahmen der Klägerin hinnehmen, sondern ist gehalten, die Auswirkungen der Baumaßnahme auf den Bahndamm zu prüfen und zu überwachen. Insofern unterscheidet sich die Rechtslage bei Bahnanlagen von denjenigen bei Straßen, auf die die Klägerin verweist; bei Straßen ist der Eigentümer zur kostenlosen Duldung der Leitungsverlegung verpflichtet (§§ 50 ff. TKG).

Auch gegen die Höhe der Pauschale ist - ohne Rücksicht darauf, ob sich der Vorbehalt der Klägerin auch auf diesen Punkt richtet und ob die Klausel in dieser Hinsicht nach § 305 ff. BGB überprüfbar ist - nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den notwendigen Aufwand nachvollziehbar dargelegt und die Höhe ersichtlich nach allgemeinen Grundsätzen berechnet (vgl. Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 28); soweit Hoeren, a.a.O., gegen den vollen Betrag Einwände erhebt, betrifft dies lediglich den Fall einer "Nachverlegung" von Leitungen, eine Fallgestaltung, die hier nicht vorliegt.

d)Entgegen der Auffassung des Landgerichts schuldet die Klägerin des Weiteren das in § 9 des Vertrages vorgesehene "Nutzungsentgelt". Dies ergibt sich aus§ 57 Abs. 2 S. 2 TKG.

Der Gesetzeswortlaut ("erweiterte Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation") scheint für eine zusätzliche Ausgleichspflicht allein an die - hier nicht vorliegende - Fallgestaltung des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG (bereits vorhandenes Leitungs- bzw. Anlagenrecht) anzuknüpfen. Dies war auch die Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. Schütz, a.a.O., § 57 Rdnrn. 44/45).

Bereits das Anliegen des Gesetzgebers, einen Ausgleich zu schaffen für die Pflicht des Grundstückseigentümers, die Verlegung von Leitungen für "völlig neue Nutzungen" zu dulden (vgl. Schütz, a.a.O., Rdnr. 45; Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 31), lässt eine Begrenzung auf vorhandene Leitungs- bzw. Anlagenrechte zweifelhaft erscheinen. Denn auch im Falle des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG muss der Grundstückseigentümer eine "völlig neue Nutzung" seines Grundstücks dulden.

Jedenfalls nachdem die Rechtsprechung mit ihrer Auslegung des § 57 Abs. 2 S. 2 TKG das Regelungskonzept, wie es dem Gesetzgeber ursprünglich vorgeschwebt haben mag, "gesprengt" hat (kritisch daher Hahn LM H. 2/2001 TKG Nr. 3 - 5; anders beispielsweise noch Hoeren, Die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 34), ist die Anwendung des § 57 Abs. 2 S. 2 TKG auch im Falle des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG, in dem dem Grundstückseigentümer an sich ein Verbietungsrecht nach §§ 1004, 905 BGB zugestanden hätte, geboten. Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2003, 196 unter II.2.b)bb)(2)) hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2000, 3206; NJW 2002, 678) den Sinn und Zweck dieser Vorschrift wie folgt beschrieben:

"Schließlich kann der Eigentümer nach § 57 Abs. 2 S. 2 TKG darüber hinaus für eine erweitere Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation einen Ausgleich in Geld verlangen, sofern bisher keine Leitungswege vorhanden waren, die zu Zwecken der Telekommunikation genutzt werden konnten. Auf Grund dieser Vorschrift müssen die betroffenen Eigentümer nicht hinnehmen, dass Dritte ihre Grundflächen zu Telekommunikationszwecken nutzen und daraus Gewinn erzielen, sie aber dafür keinen Geldausgleich erhalten. ... Da der aus der Nutzung der betroffenen Grundflächen zur kommerziellen Telekommunikation erzielte Ertrag nicht vorrangig der Allgemeinheit, sondern den Inhabern des Leitungsrechts zugute kommt, ließe sich eine unentgeltliche Duldungspflicht in derartigen Fällen weder mit der besonderen Sozialbindung des Grundeigentums noch mit dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck rechtfertigen. Auch die in Art. 87 f Abs. 1 GG getroffene Grundentscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers fordert nicht, derartige Erweiterungen der Nutzungen ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich zu eröffnen."

Diese - zunächst für den Fall des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG mit einem vorhandenen Leitungs-/Anlagenrecht zwecks Begründung einer Ausgleichspflicht getroffenen - Erwägungen (anders als in der Literatur weitgehend vertreten wurde [vgl. Hoeren, die Nutzung von Bahntrassen für Telekommunikationszwecke, S. 29 - 31; Schuster, MMR 1999, 137, 142/143; Schütz, a.a.O., § 57 Rdnr. 45]) gelten auch für den Fall des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG. Auch insoweit muss der Grundstückseigentümer dulden, dass sein Grundstück gewinnbringend erstmals zu Telekommunikationszwecken genutzt wird, ohne dass er dafür aus einem anderen Grunde vorher ein Nutzungsentgelt erhalten hat. Sachgründe dafür, zwischen einem Grundstückseigentümer, der zuvor die Errichtung einer Leitung/Anlage zu einem anderen Zweck - im Allgemeinen entgeltlich - gestattet hat und unzweifelhaft unter die Regelung des § 57 Abs. 2 S. 2 TKG fällt, und zwar auch dann, wenn bereits vorhandene Leitungen nur "umgewidmet" werden, und einem Grundstückseigentümer, der aus einem anderen Grunde erstmals die Verlegung von Leitungen zu Telekommunikationszwecken dulden muss, sind nicht vorhanden.

Gegen die Höhe des verlangten Nutzungsentgelts erhebt die Klägerin keine substantiierten Einwendungen. Dies gilt umso mehr, als mit dem Entgelt die Nutzung für die gesamte Zeit - vorbehaltlich wesentlicher Erweiterungen, § 9 Abs. 2 - abgegolten ist und bei frühzeitiger Beendigung eine teilweise Zurückzahlung erfolgt (§ 16 Abs. 1 a) S. 2 des Vertrages).

4.Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Auslegung des § 57 TKG hat - wie in der Berufungsverhandlung gesagt worden ist - für eine Vielzahl von zum Teil schon bei Gericht anhängigen Vorgängen erhebliche Bedeutung.

Berufungsstreitwert: 6.000 Euro