OLG Hamm, Urteil vom 10.02.2017 - 19 U 96/16
Fundstelle
openJur 2019, 9043
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 O 152/15
Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 13.05.2016 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien darüber, ob zwei zwischen den Parteien geschlossene Verbraucherdarlehensverträge wirksam widerrufen wurden sowie um Ansprüche der Kläger auf Nutzungsentschädigung.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 13.05.2016 (Bl. 143 ff. der Akte) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei insgesamt unbegründet, da die Kläger die streitgegenständlichen Darlehensverträge nicht wirksam widerrufen hätten. Der Widerruf sei nicht innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist aus § 355 I 2 BGB a.F. erklärt worden. Diese sei infolge der Erteilung ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrungen wirksam in Gang gesetzt worden. Die Belehrungen hätten den gesetzlichen Anforderungen aus § 355 II BGB a.F. genügt. Dass zum ersten Darlehensvertrag nur eine Widerrufsbelehrung erteilt wurde, sei ebenso wenig zu beanstanden wie der Umstand, dass den Klägern nicht jeweils eine Ausfertigung der Widerrufsbelehrung überlassen worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 146 ff. d.A.) verwiesen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Kläger. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die verwandte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere sei die Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns missverständlich, weil aus Sicht des Verbrauchers der Eindruck entstehen könne, die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits zu dem Zeitpunkt des Zuganges der einseitigen und mit einer Widerrufsbelehrung versehenen Vertragserklärung der Beklagten zu laufen. Zudem sei die Verwendung der "Ich"-Form irreführend, weil der Eindruck erweckt werde, bei mehreren Darlehensnehmern könne jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung separat wirksam widerrufen. Dies sei tatsächlich nicht der Fall. Die Belehrung sei überdies auch hinsichtlich der Darstellung der Widerrufsfolgen unvollständig, insbesondere fehle ein Hinweis auf die beiderseitige Rückgewährpflicht. Weiter fehle ein Hinweis darauf, dass sich die Belehrung auf mehrere Darlehensverträge beziehe. Da die Widerrufserklärung der Kläger vom 06.10.2014 wirksam sei, stünde ihnen hinsichtlich der auf die Darlehen mit den Endziffern -20 und -22 geleisteten Zins- und Tilgungsraten ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.

Die Kläger beantragen abändernd,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 35.325,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und die rechtliche Würdigung des Landgerichts. Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die verwandte Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 II BGB a.F. entsprochen habe. Die Beklagte verweist insofern auf eine Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen, in denen die im vorliegenden Fall verwandte Widerrufsbelehrung für ordnungsgemäß befunden wurde. Insbesondere belehre diese unmissverständlich über den Zeitpunkt des Fristbeginns. Die Verwendung der "Ich-Formulierung" sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit der Eindruck erweckt werde, dass jeder Darlehensnehmer seine Vertragserklärung gesondert widerrufen könne, stehe dies mit der tatsächlichen Rechtslage im Einklang. Dass überdies der Darlehensnehmer auch jedes gesonderte Darlehen separat widerrufen könne, gehe aus der verwandten Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich hervor. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen könne der Ordnungsmäßigkeit der Belehrung schon deswegen nicht entgegenstehen, weil eine Belehrung über die Widerrufsfolgen nach den gesetzlichen Vorgaben nicht geboten gewesen sei. Überdies habe sich die gerügte Unvollständigkeit in Bezug auf die Rückgewährpflichten im vorliegenden Fall auch nicht auswirken können, weil eine erste Ratenzahlung erst für einen Zeitpunkt nach Ablauf der Widerrufsfrist vereinbart war. Der Höhe nach könne ein Anspruch der Kläger allenfalls auf eine Entschädigung wegen einer vermuteten Nutzungsziehung in Höhe einer Verzinsung zu 2,5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gerichtet sein. Hierbei sei jedoch zudem zu berücksichtigen, dass die Beklagte auf eine etwaige Nutzungsentschädigung noch die anfallende Kapitalertragssteuer abzuführen hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und ihrer Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Den Klägern steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 35.325,81 € nicht zu.

Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 346 I BGB. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Kläger die streitgegenständlichen Darlehensverträge durch Schreiben vom 06.10.2014 wirksam widerrufen hätten, so dass diese in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt worden wären. Den Klägern stand zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufes am 06.10.2014 kein Widerrufsrecht zu.

Zwar stand den Klägern ursprünglich ein Widerrufsrecht aus §§ 495 I, 355 I 1 BGB a.F. (gem. Art. 229 § 5 S. 2, § 9 I, § 22 II EGBGB gilt § 495 in der Fassung vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010, § 355 BGB in der Fassung vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010) zu. Dieses Widerrufsrecht war jedoch nach Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist aus § 355 I 2 BGB zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung bereits erloschen. Entgegen der Rechtsauffassung der Berufung ist die Widerrufsfrist durch die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung sowie durch Übergabe der nach § 355 II BGB a.F. zu überlassenden Vertragsunterlagen in Gang gesetzt worden.

a) Die am 13.01.2005 und 16.02.2005 erteilten - inhaltlich im Wesentlichen identischen - Widerrufsbelehrungen entsprachen den Anforderungen, die sich aus § 355 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 gültigen Fassung ergeben.

aa) Entgegen der Berufungsbegründung steht der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung vom 13.01.2005 nicht entgegen, dass diese trotz der Vereinbarung mehrerer Darlehen nur einmal erteilt worden ist.

Zwar ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Parteien unter dem 13.01.2005 mehrere selbständige Darlehensverträge geschlossen haben. Dies ergibt sich bereits aus der Einleitung der Vertragsurkunde ("zwischen dem/den Antragstellern und der D AG, G und/oder ihren Kooperationspartnern werden (ein) Darlehensvertrag/-verträge zu den nachfolgenden Bedingungen geschlossen") in Verbindung mit der nachfolgenden Tabelle, in der unter zwei unterschiedlichen Darlehensnummern zwei Darlehensvereinbarungen mit unterschiedlichen Konditionen aufgelistet wurden.

Auch für den Fall, dass mehrere Verbrauchergeschäfte in einer einheitlichen Vertragsurkunde zusammengefasst werden, reicht es jedoch aus, dass eine einheitliche Widerrufsbelehrung erteilt wird (OLG Nürnberg, Urteil vom 10.01.2012, Az. 14 U 1314/11; OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015, Az. 31 U 56/15; LG Essen, Urteil vom 10.06.2015, Az. 11 O 312/14). Dies folgt aus dem Wortlaut des § 355 BGB a.F. In § 355 BGB a.F. wird maßgeblich auf die Willenserklärung des Verbrauchers abgestellt. Hieraus folgt, dass für den Fall, dass nur eine Willenserklärung abgegeben wurde, auch nur eine Widerrufsbelehrung erforderlich ist (OLG Hamm, a.a.O.). Auch im vorliegenden Fall haben die Kläger jeweils nur eine Willenserklärung abgegeben. Bei einer Willenserklärung handelt es sich um die Äußerung eines Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist (BGH NJW 2001, 289 (290); Staudinger/Singer, BGB, Neubearbeitung 2012, Vorbem. zu §§ 166 ff. Rn 1). Nicht erforderlich ist es, dass die Erklärung nur auf die Herbeiführung einer einzelnen Rechtsfolge gerichtet sein müsste, mit der Folge, dass etwa der Abschluss eines komplexen Vertrages auszulegen wäre als die wechselseitige Abgabe einer Vielzahl von Willenserklärungen.

bb) Dem aus § 355 II 1 BGB a.F. folgenden Deutlichkeitsgebot wurde durch die äußere Gestaltung der Widerrufsbelehrungen genügt. Die Belehrungen befanden sich jeweils als alleiniger Text auf einer gesonderten Seite und waren von den Klägern gesondert zu unterschreiben, was die Bedeutung des Belehrungsinhaltes unterstreicht. Zudem waren die Belehrungen ausdrücklich im Fettdruck als „Widerrufsbelehrung“ betitelt und durch Zwischenüberschriften übersichtlich gegliedert. Gegen die Ordnungsmäßigkeit der äußeren Gestaltung der Widerrufsbelehrungen erinnert die Berufung auch nichts.

cc) Anders als die Berufung meint, folgt eine Fehlerhaftigkeit der Belehrungen auch nicht daraus, dass diese in Bezug auf den Fristbeginn deswegen missverständlich wären, weil für den Verbraucher der Eindruck entstehen könnte, die Widerrufsfrist könne auch bereits durch Übersendung eines einseitigen Vertragsangebotes der Darlehensgeberin in Gang gesetzt werden. Dies kommt im vorliegenden Fall schon deswegen nicht in Betracht, weil in den verwandten Widerrufsbelehrungen, anders als in derjenigen Belehrung, die Gegenstand der von der Berufung zitierten Entscheidung des BGH vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33/08, war, durch die Verwendung des Pronomens "mein" Vertragsantrag ausdrücklich klargestellt wurde, dass ein Fristlauf nach einseitiger Abgabe einer Vertragserklärung nur in Betracht kommt, wenn diese Erklärung vom Darlehensnehmer herrührt. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass eine Missverständlichkeit grundsätzlich von dem Begriff der "Vertragsurkunde" ausgehen könnte, da durch die Gegenüberstellung mit dem Begriff des Verbraucherantrages das Bewusstsein dafür geweckt wird, dass eine nur durch die Bank unterschrieben Vertragsurkunde nicht ausreichen kann. Dass ein Verweis auf die Notwendigkeit des Erhalts des Originals oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages unter Verwendung des Personalpronomens „ihr“ in Bezug auf den Darlehensantrag ausreicht, um eine Missverständlichkeit dahingehend auszuräumen, dass auch bereits die Übersendung des Darlehensangebotes der Bank ausreichen könnte, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen, hat der BGH durch seine Entscheidung vom 27.09.2016 (Az. XI ZR 309/15) zuletzt ausdrücklich klargestellt. Gründe, dies bei Verwendung des Pronomens "mein" anders zu bewerten, sind nicht ersichtlich (ebenso: OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015, Az. 31 U 56/15).

dd) Inwiefern die Verwendung der "Ich"-Form der Ordnungsmäßigkeit der Belehrung entgegenstehen könnte, ist entgegen der Rechtsauffassung der Berufung ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar legt dieser Wortlaut tatsächlich nahe, dass jeder einzelne Darlehensnehmer seine Erklärung unabhängig von dem anderen Darlehensnehmer widerrufen kann. Dies entspricht indes auch der Rechtslage. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 11.10.2016, Az. XI ZR 482/15, unter Berufung auf den Schutzzweck und die Entstehungsgeschichte der Norm festgestellt, dass im Falle des Abschlusses eines Verbraucherdarlehensvertrages mit mehreren Darlehensnehmern eine Einzelwiderrufsbefugnis jedes Darlehensnehmers besteht. Eine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Ausübung des Widerrufsrechtes durch sämtliche Darlehensnehmer folgt - trotz der grundsätzlich bestehenden Rechtsfolgenverweisung in § 357 I 1 BGB a.F. - insbesondere nicht aus § 351 S. 1  BGB. Insofern hat der BGH in der zitierten Entscheidung klargestellt, dass aus der Natur des Verbraucherwiderufsrechtes eine „andere Bestimmung“ iSv § 357 I 1 BGB folgt, die eine entsprechende Anwendung von § 351 BGB ausschließt.

ee) Soweit die Berufung meint, dass die verwandte Widerrufsbelehrung auch deswegen unwirksam sei, weil sie nur eine unvollständige Darstellung der Rechtsfolgen des Widerrufes enthalte, greift dieser Einwand ebenfalls nicht durch. Denn die Beklagte war zur Erteilung einer Belehrung über die Widerrufsfolgen nicht verpflichtet. Die Bestimmung des § 355 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 gültigen Fassung enthielt ein solches Hinweiserfordernis nicht. Soweit die Kläger erstinstanzlich u.a. auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 12. April 2007 (Az. VII ZR 122/06) verwiesen haben, ist diese Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil in dem vom BGH zu beurteilenden Fall eine Belehrung nach § 312 BGB a.F. erforderlich war. In § 312 II 2 BGB a.F. war ausdrücklich vorgesehen, dass eine Belehrung auch hinsichtlich der Rechtsfolgen aus § 357 I und III BGB zu erteilen ist. Insofern legt es ein Umkehrschluss zu § 312 II BGB a.F. nahe, dass nur in dem dort konkret geregelten Fall eines Haustürgeschäftes auf die Rechtsfolgen eines Widerrufes aus § 357 BGB a.F. hingewiesen werden musste. Dies folgt daraus, dass dem Gesetzgeber, wie die Regelung des § 312 II 2 BGB a.F. zeigt, das gegebenenfalls bestehende Bedürfnis nach einer Belehrung über die Rechtsfolgen grundsätzlich bewusst war. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl in § 355 II BGB a.F. eine entsprechende Regelung nicht getroffen hat, muss dies so verstanden werden, dass der Gesetzgeber eine Belehrung auch über die Rechtsfolgen des Widerrufs für den Regelfall eines Verbraucherdarlehensgeschäftes nicht für erforderlich erachtet hat.

Zwar wird zu fordern sein, dass für den Fall, dass trotz Nichtbestehens einer Verpflichtung zur Aufklärung über die Rechtsfolgen des Widerrufes entsprechende Angaben gleichwohl in die Widerrufsbelehrung aufgenommen werden, diese nicht unzutreffend oder irreführend sein dürfen, soweit dieser Mangel geeignet wäre, einen Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechtes abzuhalten. Hiervon ist im vorliegenden Fall indes auch nicht auszugehen.

Dass die Belehrung hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Widerrufes bei bereits erhaltener Leistung in den im vorliegenden Fall verwandten Widerrufsbelehrungen inhaltlich unzutreffend wäre, behaupten auch die Kläger nicht. Ob aufgrund der Einseitigkeit der Rechtsfolgenbelehrung aus Sicht eines verständigen Verbrauchers das Missverständnis entstehen konnte, er sei im Falle eines Widerrufes vor Ablauf der Widerrufsfrist zwar zur Rückgewähr einer bereits ausbezahlten Darlehensvaltua verpflichtet, die Bank ihrerseits hingegen könne etwaige bereits erhaltene Ratenleistungen behalten, kann dahinstehen. Denn im vorliegenden Fall war nach sämtlichen vertraglichen Vereinbarungen jeweils vorgesehen, dass zum Zeitpunkt der ersten Tilgungsrate die Widerrufsfrist bei ordnungsgemäßer Belehrung bereits abgelaufen gewesen wäre. Die Situation einer etwaigen Rückgewährpflicht der Beklagten hinsichtlich zum Widerrufszeitpunkt erbrachter Leistungen konnte somit nach der vertraglichen Konstruktion nicht eintreten. Insofern war ein Unterlassen des Hinweises auf diese Rückgewährpflicht objektiv nicht geeignet, die Kläger von der Ausübung ihres Widerrufsrechtes abzuhalten (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015, Az. 31 U 56/15).

ff) Soweit die Kläger erstinstanzlich gerügt haben, dass einer Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrungen entgegenstehe, dass eine kostenpflichtige Faxnummer angegeben worden sei, verfängt dieser Einwand ebenfalls nicht. Dass Landgericht hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gesetz nicht vorsieht, dass die darlehensgebende Bank jede Möglichkeit des Widerrufs für den Verbraucher kostenfrei auszugestalten hätte (so bereits: OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015, Az. 31 U 56/15). Die darlehensgebende Bank ist auch nicht dazu verpflichtet, die Portokosten des widerrufenden Darlehensnehmers zu übernehmen und ihm für die Zwecke des Widerrufs frankierte Briefumschläge zur Verfügung zu stellen. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, die Widerrufsmöglichkeit per Telefax für den Darlehensnehmer kostenfrei auszugestalten (OLG Hamm, a.a.O.). Dass die anfallenden Kosten so hoch wären, dass sie einen Widerruf in erheblicher oder unzumutbarer Weise erschweren würden, ist weder ersichtlich, noch vorgetragen

gg) Soweit die Berufung weiter rügt, dass die Belehrung zum Vertrag vom 13.01.2005 deswegen nicht ordnungsgemäß sei, weil ein Hinweis darauf fehle, dass sich die Belehrung auf mehrere Darlehen beziehe und die Darlehen auch getrennt widerruflich seien, verfängt dieser Einwand ebenfalls nicht.

Zwar unterstellt die Berufung im Ausgangspunkt zunächst zutreffend, dass im vorliegenden Fall ein getrennter Widerruf der Darlehensverträge möglich war. Denn für den Fall, dass ein Vertrag auf eine rechtlich teilbare Leistung gerichtet ist, ist nach ganz herrschender Meinung auch eine nur teilweise Ausübung des Widerrufsrechtes grundsätzlich möglich (BeckOK/Schmidt-Räntsch, BGB, 40. Edition, Stand 13.06.2014, § 312g Rn 12a; jurisPK-BGB/Hönninger, 8. Auflage 2017, § 355 Rn 23; MüKo/Fritsche, BGB, 7. Auflage 2016, § 355 Rn 25; MüKo/Wendehorst, BGB, 7. Auflage 2016, § 312g Rn 8; a.A.: Staudinger/Kaiser, § 355 Rn 27).  Dies folgt aus einer analogen Anwendung von § 323 V 1 BGB, der für den Fall des gesetzlichen Rücktrittsrechts ebenfalls unterstellt, dass auch ein teilweiser Rücktritt vom Vertrag möglich ist, soweit sich der Rücktritt auf eine teilbare Leistung bezieht (vgl. BGH NJW 2010, 146 (147)).

Entgegen der Rechtsauffassung der Berufung ergibt sich eine Mangelhaftigkeit der Belehrung nicht daraus, dass ein entsprechender Hinweis auf die Möglichkeit des Teilwiderrufes nicht erfolgt ist.

Zum einen hat eine entsprechende Belehrungspflicht bereits nicht bestanden. Der Regelung des § 355 II BGB a.F. ist nicht zu entnehmen, dass der Verbraucher über diesen Sonderfall der Widerrufsmöglichkeit bei teilbaren Geschäften zu belehren wäre. Insofern greift der Grundsatz ein, dass die Belehrung nicht genauer und ausführlicher sein muss, als das der Belehrungspflicht zugrundeliegende Gesetz (vgl. BGH, Beschluss vom 27.09.2016, XI ZR 309/15). Auch für den ähnlich gelagerten Fall der Möglichkeit eines (Teil-)Widerrufes durch nur einen von mehreren Darlehensnehmern hat der BGH hat eine besondere Belehrungspflicht verneint (BGH, Urteil vom 11.10.2016, Az. XI ZR 482/15).

Zum anderen ist der Belehrung entgegen der Rechtsauffassung der Berufung auch zu entnehmen, dass ein Widerruf nur einzelner der Darlehensvereinbarungen, für welche die Belehrung erteilt wurde, möglich ist. Die verwendete Widerrufsbelehrung lies im Zusammenhang mit dem Text des Baufinanzierungsvertrages unzweideutig erkennen, dass es sich um mehrere separat anfechtbare Geschäfte handeln sollte. So waren in der Rubrik "Angaben zum Darlehen" zwei separate Darlehen aufgeführt, so dass aufgrund der Formulierung in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer an seine "Willenserklärung (Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der D AG bzw. ihren Kooperationspartnern) nicht mehr gebunden" ist, für den durchschnittlichen Verbraucher nicht der Eindruck erweckt wurde, es könnte nur die Willenserklärung zu allen Darlehen gemeinsam widerrufen werden (so für einen wortgleichen Belehrungstext: LG Bielefeld, Urteil vom 21.07.2014, Az. 6 O 459/13; bestätigt durch OLG Hamm WM 2015, 920). Dies gilt jedenfalls bei Vornahme einer Gesamtbetrachtung mit dem weiteren Belehrungsinhalt, nachdem "Die D auch Adressat der Widerrufserklärung (ist), soweit es um den Widerruf der an die Kooperationspartner gerichteten Willenserklärung geht". Auch aus diesem Zusatz wird die Möglichkeit eines Teilwiderrufes deutlich.

Da die verwandte Widerrufsbelehrung somit insgesamt den gesetzlichen Anforderungen genügt hat, kommt es auf die Frage der Übereinstimmung mit der Musterbelehrung nicht an.

b) Den Klägern sind auch die nach § 355 II BGB zu überlassenen Vertragsunterlagen ordnungsgemäß ausgehändigt worden. Soweit die Kläger erstinstanzlich streitig gestellt haben, dass jedem der Kläger eine eigene Ausfertigung der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden wäre, ist dieser Einwand nicht erheblich. Denn für den Fall, dass - wie vorliegend - ein Darlehensvertrag mit zwei in häuslicher Gemeinschaft lebenden Verbrauchern geschlossen wird, ist die Übergabe separater Belehrungen in Textform regelmäßig deswegen entbehrlich, weil beide Vertragspartner durch die Übergabe der Widerrufsbelehrung im Rahmen der gemeinsamen Vertragsunterzeichnung Mitbesitz an derselben erlangen (OLG Hamm WM 2016, 116; LG Oldenburg NJW-RR 1999, 1734; Martis/Meinhof, MDR 2014, 4 (6)). Dementsprechend haben die Kläger bei beiden Verträgen auch zu Recht den Erhalt einer Ausfertigung der Belehrung quittiert.

2. Mangels Begründetheit der Hauptsacheforderung kann den Klägern auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zustehen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

4. Veranlassung zur Zulassung der Revision gem. § 543 II ZPO besteht nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 35.325,81 €.