VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2016 - 18 L 4280/16
Fundstelle
openJur 2019, 8228
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 15 B 1500/16
Tenor

1.Die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. Dezember 2016 wird wiederhergestellt, soweit in dem genannten Bescheid als Veranstaltungsort der T.---------platz L. , "außerhalb des abgezäunten Sicherheitsbereiches (der den Kassenbereich umgibt), an einem der drei Zugänge zum Sicherheitsbereich" angegeben ist. Dies gilt mit der Maßgabe, dass die angemeldete Mahnwache einen Abstand von 15 Metern zum Kassenbereich der Beigeladenen einhalten muss.

2.Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

3.Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der am 16. Dezember 2016 wörtlich gestellte Antrag,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die genehmigten Mahnwachen am 26.12.2016, 30.12.2016 und 7.1.2017 auf dem T.---------platz in L.       , gegenüber des Eingangs- und Kassenbereichs (= Sicherheitsbereich), ca. 15 Meter vor dem Kassenhaus, zu erlauben,

war in entsprechender Anwendung des § 88 VwGO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Sinne auszulegen. Der wörtlich gestellte Antrag war nicht sachdienlich. Die Antragstellerin begehrt - wie sie in ihrem Begleitschreiben zum Antrag vom 16. Dezember 2016 sowie im Schreiben vom 20. Dezember 2016 ausdrücklich darlegt - die „Aussetzung“ der versammlungsbeschränkenden Maßnahme (Bestimmung des Versammlungsortes außerhalb des „Sicherheitsbereiches“). Im Schreiben vom 21. Dezember 2016 schließlich beantragt die Antragstellerin explizit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Antrags. Dieses Begehren kann die Antragstellerin vor dem Hintergrund der seitens des Antragsgegners mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 angeordneten sofortigen Vollziehung der Maßnahme allein mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO erreichen.

Im Rahmen der danach gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO zu treffenden Entscheidung kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das diesbezügliche private Interesse der Antragstellerseite an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO kann die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Bei der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO vorzunehmenden Abwägungsentscheidung fallen die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, wesentlich ins Gewicht.

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die Interessenabwägung zulasten des Antragsgegners aus. Die vom Antragsgegner vorgenommene Verlegung des Versammlungsortes erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung als rechtswidrig.

Gemäß § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Von einer Auflage ist u.a. dann auszugehen, wenn der angemeldete Versammlungsort verlegt wird,

OVG NRW, Beschluss vom 24. Oktober 2015 - 15 B 1226/15 -, in: juris (Rn. 10).

Eine solche Verlegung hat der Antragsgegner hier vorgenommen. Der von der Antragstellerin angemeldete Ort (T.---------platz L.       , Aufstellungsort: Vor dem Eingangs- und Kassenbereich, wie bei den bisherigen Mahnwachen vor dem Zirkus Q.      auf dem T.---------platz ) weicht von dem Ort in der Anmeldebestätigung vom 15. Dezember 2016 (T.---------platz L.       , außerhalb des abgezäunten Sicherheitsbereichs (der den Kassenbereich umgibt), an einem der drei Zugänge zum Sicherheitsbereich) ab.

Das für beschränkende Verfügungen vorauszusetzende Erfordernis einer unmittelbaren Gefährdung setzt eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde bei dem Erlass von vorbeugenden Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen,

OVG NRW, Urteil vom 18. September 2012 - 5 A 1701/11 -, in: juris (Rn. 48).

Der Antragsgegner hat die Verlegung des beantragten Standortes der Mahnwache auf einen Standort außerhalb des von der Beigeladenen eingerichteten „Sicherheitsbereichs“ damit begründet, dass keine andere Möglichkeit bestehe, die Interessen der Beigeladenen in Bezug auf ihre Rechte aus dem Pachtverhältnis, sowie auf einen möglichst störungsfreien Ablauf der Zirkusveranstaltung und auch die Interessen der Besucher in Bezug auf Ihre Sicherheit hinreichend sicherzustellen. Der Sicherheitsbereich diene der Sicherheit der Besucher, insbesondere der Kinder, als Bestandteil des Sicherheitskonzeptes des Zirkus. Der Sicherheitsbereich sei auch nicht willkürlich gewählt, sondern durch notwendige Zirkusaufbauten auf dem Platz begrenzt. Eine Ballung von Zuschauer- oder Versammlungsteilnehmeransammlungen in der Nähe von Zirkusaufbauten mit Verletzungsgefahr werde so verhindert. Die Trennung durch den Sicherheitsbereich wahre auch polizeiliche Interessen und den Rechtsfrieden, da hierdurch Konfrontationen und Beleidigungen, die in der Vergangenheit beschrieben worden seien, vermieden würden und es werde ein notwendiger zusätzlicher Aktionsradius „angesichts jüngster Ereignisse“ zum Schutz von Leib und Leben der Zuschauer geschaffen. Es solle zudem verhindert werden, dass Kinder unkontrolliert aus dem Zirkusbereich unmittelbar in den Parkbereich laufen.

Diese Erwägungen sind im Ergebnis nicht geeignet, eine Gefahrenprognose im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG zu tragen, die die hier vorgenommene Verlegung des Versammlungsortes rechtfertigt. Für eine entsprechende Verlagerung des Standortes der Mahnwache sind weder durchgreifende öffentliche Interessen ersichtlich (1.) noch gebieten hinreichend schwerwiegende Interessen privater Dritter die Durchführung der Mahnwache außerhalb des „Sicherheitsbereichs“ (2.).

1. Soweit öffentliche Interessen betroffen sind, ist zunächst der Vortrag des Antragsgegners, die Verlegung des Versammlungsortes sei im Hinblick auf die Interessen der Besucher in Bezug auf Ihre Sicherheit erforderlich, nicht geeignet, eine Verlegung des Versammlungsortes zu begründen. Denn diese pauschale Erwägung lässt weder erkennen, welche konkreten Sicherheitsbedenken gemeint sind, noch inwiefern gerade von der geplanten Mahnwache der Antragstellerin eine Gefahr für diese Sicherheitsinteressen ausgeht. Allein die vage Vermutung und Andeutung, die Sicherheit der Besucher könne betroffen sein, genügt den Anforderungen an das Bestehen einer unmittelbaren Gefährdung im genannten Sinne nicht. Es ist nicht dargelegt, wie die Anwesenheit einer Gruppe von 20 Teilnehmern der Mahnwache mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen wird, dass Unbeteiligte sich an Zirkusaufbauten verletzen oder Kinder in den Parkbereich gedrängt werden. Anhaltspunkte hierfür, die etwa aus vergangenen Mahnwachen oder Erfahrungen mit den Aufbauten des Zirkus gewonnen werden könnten, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Soweit der Antragsgegner daneben ausführt, die Trennung durch den Sicherheitsbereich wahre polizeiliche Interessen und den Rechtsfrieden, weil hierdurch Konfrontationen und Beleidigungen vermieden würden, lässt auch dies keine Erwägungen erkennen, die die Prognose stützen könnten, dass es bei der Durchführung der angemeldeten Mahnwache zu einer unmittelbaren Gefährdung in diesem Sinne kommt und diese gerade von der Mahnwache ausgeht. Der Verweis auf Konfrontationen in der Vergangenheit ist ? soweit solche rein verbal und ohne Verletzung der persönlichen Ehre bleiben - bereits deshalb ungeeignet, weil das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Standpunkte integraler Bestandteil eines Meinungsaustausches und damit immanenter Bestandteil einer Versammlung ist bzw. sein kann. Soweit durch die Verlegung des Versammlungsortes der Schutz vor darüber hinausgehenden, gegebenenfalls unrechtmäßigen Äußerungen (z.B. Beleidigungen) bezweckt sein soll, wäre es im Falle der Durchführung der Versammlung die Aufgabe des Antragsgegners, primär gegen die störenden Personen vorzugehen. Gegen eine friedliche Versammlung, die den Anlass für Gegendemonstrationen oder abweichende Meinungsbekundungen bildet, darf nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2010 - 1 BvR 2636/04 -, in: juris (Rn. 18).

Dafür, dass von Seiten der Versammlungsteilnehmer ausschließlich Äußerungen und Verlautbarungen zu erwarten sind, die den rechtlich zulässigen Bereich verlassen, sind tragfähige Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2. Auch Interessen privater Dritter sind nicht in einem Maße ersichtlich, das die Verlegung des Standortes der Mahnwache an einen der Zugänge außerhalb des „Sicherheitsbereichs“ rechtfertigt. Sind von den Auswirkungen einer geplanten Versammlung private Dritte betroffen, ist zwischen den betroffenen Individualinteressen ein schonender Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz herzustellen,

vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 2005 - 1 BvQ 35/05 -, in: juris (Ziffer 3b.aa.).

Bei der danach vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen an der störungsfreien Durchführung der von ihr beruflich organisierten Veranstaltung und der Ausübung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit durch die Antragstellerin überwiegt das Interesse der Antragstellerin, die Mahnwache innerhalb des so genannten „Sicherheitsbereichs“ abzuhalten. Denn bei dem „Sicherheitsbereich“, der auf der im Eigentum der Stadt L.       stehenden, von der Beigeladenen gepachteten Fläche errichtet wurde, handelt es sich weder um eine Fläche, auf der Versammlungen wegen der Überlagerung privater Rechte bzw. mangels Eröffnung eines öffentlichen Verkehrs nicht verbürgt sind (a) noch gebieten sonstige Rechte privater Dritter die Durchführung der Mahnwache außerhalb des „Sicherheitsbereichs“ (b).

a) In diesem Sinne ist eine Berufung auf das Versammlungsgrundrecht seitens der Antragstellerin zunächst nicht deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei dem durch die Beigeladene errichteten „Sicherheitsbereich“ um einen Ort handeln würde, der nicht öffentlich zugänglich ist. Das Grundrecht des Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet den Grundrechtsträgern nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung. Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen - gegebenenfalls auch in Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen - am wirksamsten zur Geltung bringen können,

BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, in: juris (Rn. 64).

Die Versammlungsfreiheit verschafft damit kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt es dem Bürger keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird. Die Durchführung von Versammlungen etwa in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, der Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen ist durch Art. 8 Abs. 1 GG, der durch die Vorschriften des Versammlungsgesetzes konkretisiert und eingegrenzt wird, ebenso wenig geschützt wie etwa in einem öffentlichen Schwimmbad oder Krankenhaus. Demgegenüber verbürgt die Versammlungsfreiheit die Durchführung von Versammlungen dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist,

BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, in: juris (Rn. 65).

Die Wirkung des Versammlungsgrundrechts hängt ferner von der Grundrechtsbindung desjenigen ab, der die Verfügungsgewalt über den gewählten Versammlungsort hat. So unterliegen etwa private Unternehmen einer unmittelbaren Grundrechtsbindung, wenn sie öffentlich beherrscht sind. Je nach Fallgestaltung kann die für die übrigen Privaten geltende, nur mittelbare Grundrechtsbindung der Grundrechtsbindung des Staates aber nahe oder sogar gleichkommen,

vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, in: juris (Rn. 68 und 59).

Die geplante Versammlung innerhalb des „Sicherheitsbereichs“ unterfällt diesem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit. Denn der „Sicherheitsbereich“ ist ein Ort, an dem zum einen trotz der Verpachtung (mittelbar) die Grundrechte gelten und der zum anderen entgegen der Ausführungen des Antragsgegners dem allgemeinen öffentlichen Verkehr eröffnet ist; jedenfalls kann die Beschränkung des Zutritts durch die Beigeladene der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden.

Bei dem „Sicherheitsbereich“ handelt es sich bei lebensnaher Betrachtung weiterhin um einen allgemein zugänglichen Ort. Dem steht zunächst nicht entgegen, dass der Bereich ? wie im vergangenen Jahr auch - durch einen Zaun vom übrigen Teil des T.---------platzes abgetrennt ist. Die bloße Umgrenzung einer Fläche besagt nichts darüber, ob ein Ort der Öffentlichkeit allgemein zugänglich ist oder nicht,

BGH, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 227/14 -, in: juris (Rn. 14); vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 16. März 2016 - 6 K 2068/15 -, in: juris (Rn. 41).

Zur Bestimmung, ob ein begehrter Versammlungsort allgemein zugänglich ist, ist vielmehr darauf abzustellen, ob der Zugang zu diesem Ort - neben der räumlichen Begrenzung - individuell kontrolliert und nur für einzelne, begrenzte Zwecke gestattet wird,

BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, in: juris (Rn. 69).

Hier ist zum einen trotz des Einsatzes von Ordnern an den drei Zugängen zum „Sicherheitsbereich“ kaum zu erwarten, dass jeder Besucher zu jeder Tageszeit (also etwa auch zu Zeiten, in denen Zirkusvorstellungen nicht stattfinden) individuell kontrolliert oder durchsucht und nach dem Zweck seines Eintritts in den Sicherheitsbereich gefragt wird. Auch ist zweifelhaft, dass ausschließlich denjenigen Personen der Zugang gewährt werden wird, die planen, unmittelbar Eintrittskarten im Kassenbereich des Zirkus der Beigeladenen zu erwerben. Schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen der Beigeladenen ist vielmehr davon auszugehen, dass auch denjenigen Personen Einlass in den „Sicherheitsbereich“ gewährt werden wird, die sich lediglich an der Kasse über das Angebot des Zirkus informieren möchten ohne eine Karte zu kaufen. Gleiches gilt für Personen, die bereits vorbestellte Karten für spätere Veranstaltungen abholen möchten. Dass diese Besuchszwecke in einem Bezug zum Zirkus stehen, rechtfertigt nicht die Annahme einer nur beschränkten Öffnung der Fläche,

BGH, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 227/14 -, in: juris (Rn. 14).

Zum anderen kann - selbst wenn man davon ausginge, dass durch die Kontrolle an den Eingängen zum „Sicherheitsbereich“ eine allgemeine Zugänglichkeit des (im öffentlichen Eigentum stehenden) Platzes nicht mehr gegeben wäre - eine solche Zugangsbeschränkung aufgrund der Umstände des Einzelfalls den Versammlungsteilnehmern nicht entgegengehalten werden. Für die Beigeladene haben bei der Ausübung ihres Hausrechts Grundrechte als objektive Prinzipien Wirkung; die Versammlungsfreiheit ist dabei im Wege der mittelbaren Drittwirkung nach Maßgabe einer Abwägung zu beachten,

BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 18. Juli 2015 - 1 BvQ 25/15 -, in: juris (Rn. 6).

Diese Abwägung fällt nach den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls zulasten der Beigeladenen aus. Die errichtete Zugangsbeschränkung stellt sich insoweit als willkürliche Beschränkung des Versammlungsgrundrechts dar, weil kein nachvollziehbares, legitimes Interesse an ihrer Einrichtung ersichtlich ist.

Die vom Antragsgegner vorgetragene Begründung für die Einrichtung des Sicherheitsbereichs durch die Beigeladene lässt nicht hinreichend erkennen, welche tatsächlichen und konkreten Interessen der Beigeladenen bei einer Durchführung der Mahnwache betroffen wären. Der Verweis auf die Rechte der Beigeladenen aus dem Pachtvertrag enthält ebenso wenig einen Hinweis auf zu erwartende Störungen durch die Mahnwache, wie der Verweis auf einen möglichst störungsfreien Ablauf der Zirkusveranstaltung. Die Ausführungen enthalten keine Schilderungen dazu, wie die Mahnwache die genannten Belange überhaupt berührt. Der Verweis auf die Rechte aus dem Pachtvertrag führt dabei auch deswegen nicht weiter, weil bei den Veranstaltungen der Beigeladen ausweislich des Pachtvertrages „die Belange, die sich aus der Zweckbestimmung des T.---------platzes, den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung […] im Einzelnen ergeben, zu beachten“ sind. Zu den damit benannten Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist auch das Versammlungsrecht Dritter zu fassen. Inwieweit durch die mit 20 Teilnehmern angemeldete, im wesentlichen stationäre Mahnwache in 15 Metern Entfernung zum Kassenbereich der Beigeladenen Störungen im Ablauf der Zirkusveranstaltungen entstehen sollen, erschließt sich ebenfalls nicht - jedenfalls nicht in einem Maße, das es erforderlich machen würde, die Mahnwache hinter einen Zaun in einer Entfernung von über 35 Metern zu verlegen. Die Mahnwache soll, wie in den vergangenen Jahren auch, in einer Entfernung von ca. 15 Metern vor dem Kassenbereich der Beigeladenen stattfinden. Während der eigentlichen Zirkusvorführungen ist die Benutzung von Lautsprechern und Megafonen ausweislich der Verfügung des Antragsgegners vom 15. Dezember 2016 untersagt, so dass während der Vorstellungen selbst keine akustischen Störungen durch die Mahnwache zu erwarten sind. Nach den Angaben des Antragsgegners im Verwaltungsvorgang beträgt die Entfernung von der Kasse zum Seiteneingang links 29 Meter und rechts 50 Meter. In Anbetracht der Größe des Sicherheitsbereiches und der angemeldeten Teilnehmerzahl von 20 Personen ist nicht erkennbar, wie die Anwesenheit der Teilnehmer der Mahnwache eine Personenkontrolle an den Seiteneingängen oder dem Haupteingang maßgeblich beeinflussen oder sogar vereiteln könnte. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass es bereits bei dem Gastspiel der Beigeladenen im Januar 2016 eine ähnliche Umzäunung gab. Schon zu diesem Zeitpunkt sollte - damals lediglich unter Verweis auf ein bestehendes Hausrecht der Beigeladenen - eine Durchführung der Mahnwache innerhalb der Umzäunung verhindert werden. Dass eben diese Umzäunung hier nun mit einem - wie gezeigt nicht hinreichend nachvollziehbaren - Sicherheitskonzept gerechtfertigt werden soll, erweckt den Anschein, dass das primäre Anliegen der Beigeladenen der Ausschluss der Mahnwache ist.

(b) Besteht damit ein versammlungsrechtlich geschütztes Recht auf Nutzung der Fläche innerhalb des „Sicherheitsbereichs“ auf Seiten der Antragstellerin, gebieten auch die sonstigen Interessen der Beigeladenen eine Verlegung der Mahnwache auf einen Standort außerhalb des umzäunten „Sicherheitsbereichs“ nicht. Der insoweit vorzunehmende schonende Ausgleich zwischen den (primär wirtschaftlichen) Interessen der Beigeladenen und dem Interesse der Antragstellerin fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Für diese ist zu berücksichtigten, dass die angemeldete Mahnwache ihrerseits in einem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang mit der Zirkusveranstaltung steht; sie wendet sich gegen die Haltung von Zirkustieren. Angesichts dieses Zusammenhangs hängt die kommunikative Wirkung der Mahnwache gerade von der räumlichen Nähe zum Zirkus und seinen Besuchern ab. Zudem hätte die Verlegung der Mahnwache außerhalb des Sicherheitsbereiches zur Folge, dass sich die Teilnehmer für einen der drei Eingänge zu diesem Bereich entscheiden müssten, wodurch im Vergleich zum Standort 15 Meter vor dem Kassenbereich nur ein Bruchteil der Zirkusbesucher und -interessenten erreicht werden könnte. Die geplante Versammlung verlöre damit erheblich an Wirkung, wenn man sie an einen Ort außerhalb des Sicherheitsbereiches verlegte. Es entspricht gerade dem Zweck der Mahnwache, Besucher des Zirkus vor dem Eintritt auf das Anliegen der Versammlungsteilnehmer aufmerksam zu machen. Die auf Seiten der Beigeladenen zu berücksichtigenden Aspekte überwiegen dieses Interesse nicht. Zwar ist - neben dem bloßen Hausrecht der Beigeladenen - in die Abwägung einzustellen, dass von der Mahnwache und der durch sie vorgebrachten Meinungen eine geschäfts- und rufschädigende Wirkung für den Zirkusbetrieb ausgehen kann. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade im Geschäftsverkehr auch kritische Berichterstattungen oder Meinungsäußerungen über das eigene Angebot hingenommen werden müssen, soweit diese den Boden der Tatsachen sowie der Sachlichkeit nicht verlassen,

vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, in: juris (Rn. 103).

Sollte es bei der Durchführung der Mahnwache zu Beleidigungen seitens der Versammlungsteilnehmer zulasten der Beigeladenen kommen, wäre es Aufgabe der jeweils eingesetzten Polizeibeamten des Antragsgegners einzuschreiten.

Zur Klarstellung war die aufschiebende Wirkung eines zu noch zu erhebenden Rechtsbehelfs in der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO unter der Maßgabe wiederherzustellen, dass die Mahnwache der Antragstellerin einen Abstand von 15 Meter zum Kassenbereich der Beigeladenen einhält. Dies entspricht dem von der Antragstellerin selbst vorgetragen Begehren.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass durch die Entscheidung im Eilverfahren die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird.