OLG Hamm, Beschluss vom 29.09.1982 - 15 W 274/82
Fundstelle
openJur 2012, 72488
  • Rkr:
Tenor

Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert dieses Rechtszuges beträgt 5.000,- DM.

Gründe

I.

Das eingangs bezeichnete Kind wurde am 3. Mai 1980 von der ledigen Beteiligten zu 2) in ... geboren. Amtspfleger dieses Kindes ist das Jugendamt der Stadt .../Westfalen. Die Kindesmutter hat nach ihren Angaben innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit nur mit dem Gärtnermeister ..., geboren am 15. März 1953, geschlechtlich verkehrt. Dieser ist am 30. März 1980 in Hamm tödlich verunglückt.

Im vorliegenden Verfahren hat die Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - ... die Feststellung Beantragt, daß der verstorbene ... ihr Vater sei. Die Mutter des Verstorbenen, die Beteiligte zu 3), ist dem Antrage entgegengetreten.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Anhörung der Kindesmutter - der Beteiligten zu 2) - und durch Einholung eines Blutgruppengutachtens, das von dem Sachverständigen Dr. med. ... in ... am 11.6.1981 erstattet worden ist und in welches die Beteiligten zu 1) bis 4) sowie ein weiterer Bruder des Verstorbenen, nämlich der inzwischen ebenfalls verstorbene ... einbezogen wurden.

Durch Beschluß vom 7. Dezember 1981 hat das Amtsgericht antragsgemäß festgestellt, daß der am 15. März 1953 in ... geborene, am 30. März 1980 in ... verstorbene Gärtnermeister ... der Vater der Beteiligten zu 1) ist.

Dieser Beschluß ist den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) am 14. Dezember 1981 gem. § 212 a ZPO förmlich zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 22. Januar 1982, beim Amtsgericht ... eingegangen am folgenden Tage, haben die genannten Verfahrensbevollmächtigten namens der Beteiligten zu 3) und 4) sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 7.12.1981 eingelegt und gleichzeitig beantragt, der Beteiligten zu 3) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages haben sie geltend gemacht: Dem am 14.12.1981 zugestellten Vaterschaftsfeststellungsbeschluß sei eine ausdrückliche Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt gewesen. Deshalb sei als Rechtsmittelfrist "die übliche Beschwerdefrist" mit Ablauf zum 14.1.1982 notiert worden. Bei der Wiedervorlage am 12.1.1982 sei dann anhand eines Kommentars die Fristversäumnis bemerkt worden. Unter den gegebenen Umständen liege ein Verschulden nicht vor, weil es sich um ein abgelegenes Rechtsgebiet handele, welches so ohne weiteres nicht bekannt gewesen sei.

Das Landgericht ist zunächst von der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Beteiligten zu 4) ausgegangen und hat weitere Ermittlungen angestellt. Alsdann hat es durch Beschluß von 21. Juli 1982 den Antrag der Beteiligten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die sofortigen Beschwerden beider Beschwerdeführer als unzulässig verworfen. Hinsichtlich des Beteiligten zu 4) hat es die erforderliche Beschwerdebefugnis verneint.

Gegen diese, ihren Verfahrensbevollmächtigten am 29. Juli 1982 zugestellte Beschwerdeentscheidung wenden sich die Beteiligten zu 3) und 4) mit ihrer durch Anwaltsschriftsatz vom 9. August 1982 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde. Sie sind der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht hinsichtlich der Beteiligten zu 3) einen Wiedereinsetzungsgrund nach § 22 Abs. 2 FGG und hinsichtlich des Beteiligten zu 4) die Beschwerdebefugnis verneint.

Die Antragstellerin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

II.

Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) sind form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde berechtigt ist der Beteiligte zu 4) schon deswegen, weil seine Erstbeschwerde, einerlei aus welchem Grunde, erfolglos geblieben ist.

In der Sache bleiben jedoch beide Rechtsmittel ohne Erfolg, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung auf keiner Verletzung des Gesetzes beruht, § 27 FGG.

Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3) mit Recht als verspätet und daher unzulässig verworfen. Der angefochtene Beschluß legt im einzelnen und ohne Rechtsfehler dar, daß die hier gegebene Rechtsmittelfrist von 2 Wochen bei Eingang der sofortigen Erstbeschwerde am 23.1.1982 bereits verstrichen, daß die Versäumung der Frist nicht unverschuldet in Sinne des § 22 Abs. 2 S. 1 FGG war und daß der Beteiligten zu 3) das Verschulden ihres bevollmächtigten anwaltlichen Vertreters zuzurechnen ist (§ 22 Abs. 2 S. 2 FGG). Unverschuldet im Sinne dieser Vorschrift wäre die Fristversäumnis hier nur, wenn die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) diejenige Sorgfalt angewandt hätten, die man nach den Umständen dieses Falles verständigerweise von ihnen erwarten konnte. Das ist jedoch nicht geschehen, weil die Bevollmächtigten es unterlassen haben, sich unverzüglich Gewißheit über das in Betracht kommende Rechtsmittel zu verschaffen und die Einhaltung der Rechtsmittelfrist sicherzustellen.

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4) bleibt in der Sache gleichfalls erfolglos; der Senat teilt die Rechtsansicht des Landgerichts über das fehlende Beschwerderecht dieses Beschwerdeführers.

Nach § 55 b Abs. 3 FGG steht die Beschwerde gegen eine Verfügung, durch die das Vormundschaftsgericht - wie hier - die Vaterschaft feststellt, "den nach Absatz 1 zu hörenden Personen und dem Kinde" zu. Als zu hörende Personen nennt Abs. 1 "die Mutter des Kindes sowie, wenn der wann gestorben ist, dessen Ehefrau, Eltern und eheliche Kinder"; war der Mann nichtehelich, so braucht dessen Vater nicht gehört zu werden. Hiernach erstreckt sich also die Anhörungspfllcht - und damit das Beschwerderecht aus Abs. 3 - auch dann nicht auf Geschwister des verstorbenen Mannes, wenn solche wegen des Wegfalls anderer Personen als dessen gesetzliche Erben in Betracht kommen. Mit dem Landgericht und der auch sonst überwiegend vertretenen Meinung sieht der Senat in § 55 b Abs. 3 FGG eine abschließende und eng auszulegende Regelung des Beschwerderechts unter Ausschluß der allgemeinen Vorschrift des § 20 Abs. 1 FGG. Dafür spricht Insbesondere, daß eine auf Feststellung lautende Verfügung des Vormundschaftsgerichts gemäß Abs. 2 erst mit der Rechtskraft wirksam wird, daß die Rechtskraft bezüglich eines jeden Beteiligten vom Fristablauf nach förmlicher Zustellung abhängt und daß es deshalb dem Interesse der Rechtssicherheit dient, den Kreis der Beteiligten eng zu begrenzen, zumal andernfalls beispielsweise auch noch Testamentserben des Verstorbenen am Verfahren zu beteiligen wären. Auch erscheint das Interesse derjenigen Personen, die - wie die Erben des Verstorbenen - von der Entscheidung betroffen werden, durch die Herrschaft des Untersuchungsgrundsatzes in diesem Feststellungsverfahren genügend gewahrt. Die hier vertretene Ansicht wird geteilt von: Jansen, FGG, 2. Aufl., § 55 b Rn. 9 und 18; Keidel/Kuntze/Winkler, PO, 11. Aufl., § 55 b FGG Rn. 9: Bassenge/Herbst, FGG, § 55 b Anm. 3 a; Oderski, Nichtehelichengesetz, 4. Aufl., § 55 b FGG Anm. IV 2 d; Bökelmann, JR 1973, 204; LG Lübeck, JR 1973, 203; wohl auch: BGB-RGRK/Böckermann, 12. Aufl., § 1600 n BGB Rn. 39; Soergel/Gaul, BGB, 11. Aufl., § 1600 n Rn. 27 c: MüKo/Mutschler, BGB, § 1600 n Rn. 22.

Den Bedenken der Gegenmeinung (Kollhosser, FamRZ 1970, 625, 627: Bumiller/Winkler, FG, 3. Aufl., § 55 b FGG Anm. 5; Brühl/Göppinger/Mutschler, Unterhaltsrecht, Bd. TT 1976, Rn. 1842) vermag der Senat nicht au folgen.

Das Landgericht hat somit die sofortigen Erstbeschwerden beider Beschwerdeführer ohne Rechtsfehler als unzulässig verworfen. Da die angefochtene Beschwerdenentscheidung auch sonst, insbesondere im Hinblick auf das vom Landgericht eingehaltene Verfahren, nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht, mußten die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) zurückgewiesen werden.

Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG war aus tatsächlichen Gründen nicht veranlaßt.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 131 Abs. 2 i.V.m. § 30 KostO.

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