OLG Köln, Urteil vom 11.04.2018 - 16 U 192/14
Fundstelle
openJur 2019, 7597
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 27 O 36/11

1.

Verlangt der Erwerber einer mangelhaften Eigentumswohnung im Rahmen des großen Schadensersatzes statt der Leistung Ersatz seiner nutzlos gewordenen ("frustrierten") Aufwendungen, so kann er daneben nicht den Ersatz des Vorteils verlangen, der darin gelegen hätte, dass der Erwerbspreis der Wohnung unter dem Marktwert liegt, den sie im mangelfreien Zustand gehabt hätte.

2.

Infolge einer Leistungsstörung nutzlos gewordene ("frustrierte") Aufwendungen sind nicht bereits deshalb als ersatzfähiger Nichterfüllungsschaden anzuerkennen, weil der Berechtigte sie im Vertrauen auf die Vertragsgemäßheit der Gegenleistung vorgenommen hat. Auch besteht keine allgemeine (Rentabilitäts-)Vermutung, dass die Beteiligung am Wirtschaftsverkehr sich rentieren und Aufwendungen für Folgegeschäfte durch deren Ergebnisse ausgeglichen werden. Kosten, die dem Erwerber erst durch eine weitere rechtsgeschäftliche Entscheidung treffen, gehören jedenfalls grundsätzlich nicht zu den erstattungsfähigen Schadenspositionen (Anschluss an BGH Urt. v. 19.04.1991 - V ZR 22/90 = BGHZ 114, 193 = NJW 1991, 2277; BGH Urt. v. 13.06.2006 - X ZR 167/04 = NJW-RR 2006, 1309).

Tenor

Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das am 25.11.2014 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 27 O 36/11 - abgeändert und - unter Einbeziehung des Feststellungstenors aus dem Grund- und Teilurteil des Senats vom 16.12.2015 - wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 447.570,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 326.599,46 € seit dem 18.02.2011, aus weiteren 99.777,69 € seit dem 09.02.2015 und aus weiteren 21.193,65 € seit dem 20.10.2017 zu zahlen sowie weitere 4.658,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011,

- insgesamt Zug um Zug gegen

a. Rückgabe des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 verzeichneten Wohnungseigentums, bestehend aus einem 595,17/100.000 Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz der Gemarkung C-G, Flur 9, Flurstücke 373 und 376 und Flur 14, Flurstücke 649, 650, 651, 652, 653, 655, 657, 658, 659, 660, 661, verbunden mit dem Sondereigentum an den in dem Gebäude "J 14" gelegenen zu Wohnzwecken dienenden Räumen, Garagengeschoss und Erdgeschoss links, nebst Kellerraum, im Aufteilungsplan mit der Nr. 14/0/1 bezeichnet sowie des im Teileigentumsgrundbuch des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4542 verzeichneten Teileigentums, bestehend aus einem 10/100.000 Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an dem in der östlichen Tiefgarage gelegenen Tiefgaragenstellplatz, im Aufteilungsplan mit Nr. 139 bezeichnet, sowie

b. gegen Bewilligung der Löschung der in Abteilung II. des Wohnungsgrundbuchs des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 unter lfd. Nr. 9 zugunsten der Klägerin eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung und

c.

gegen Löschung der in Abteilung III. des Wohnungsgrundbuchs des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld über 80.000 € sowie der daselbst unter lfd. Nr. 2 eingetragenen Grundschuld über 60.000 €;

- und hinsichtlich eines Teilbetrages von 10.045 € unter Einschluss anteiliger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs der Klägerin gegen das Finanzamt C2 (zur Steuernummer 2xx/6xx8/2xx0) auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.

2.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme der unter Ziff. 1 bezeichneten Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz im Annahmeverzug befindet.

3.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die weiteren Folgeschäden aus der Rückabwicklung des notariellen Vertrages vom 20.06.2007/13.07.2007 über die in Ziffer 1. bezeichnete Eigentumswohnung zu ersetzen, soweit diese Schadenspositionen nach den Grundsätzen für den großen Schadensersatz erstattungsfähig sind.

4.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin und der Beklagten zu je 50% auferlegt. Weiterhin hat die Klägerin die Kosten der Streithelferin in dem selbständigen Beweisverfahren 7 OH 37/09 des Landgerichts Köln zu 50% zu tragen. Im Übrigen findet kein Kostenausgleich statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird bis zum 19.10.2017 auf 867.160,76 € (Berufung der Klägerin = 542.301,57 €; Berufung der Beklagten = 324.859,19 €) und ab dem 20.10.2017 auf 891.150,56 € (Berufung der Klägerin = 566.291,37 €; Berufung der Beklagten = 324.859,19 €) festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten wegen Mängel der von ihr erworbenen Eigentumswohnung im Wege des großen Schadenersatzes die Erstattung von Schadensersatzpositionen Zug um Zug gegen Rückgewähr der Eigentumswohnung. Gemäß rechtskräftigem Grund- und Teilurteil des Senats vom 16.12.2015 ist die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt worden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die erstattungsfähigen Schadenspositionen zu ersetzen, soweit diese Schadenspositionen nach den Grundsätzen für den großen Schadensersatz erstattungsfähig sind.

Die Klägerin hat erstinstanzlich 18 Schadensersatzpositionen in Gesamthöhe von 882.419,62 € geltend gemacht und sich für gezogene Nutzungen einen Betrag von 2.092,70 € anrechnen lassen. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird insbesondere auf die Seiten 44-60 der Klageschrift vom 21.01.2011 sowie den Tatbestand (dort die Seiten 4-7) der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen. Die Beklagte ist dem zu einzelnen Positionen dem Grunde bzw. der Höhe nach entgegen getreten und hat hilfsweise mit Gegenforderungen in Höhe von 23.413,60 €, 3.549,23 €, 9.819,37 € sowie 9.629,31 € die Aufrechnung erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags und des Verfahrensverlaufs in erster Instanz - einschließlich des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens 7 OH 37/09 - wird auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung verwiesen.

Nachdem das Landgericht zur Frage des Preises für die Anschaffung einer der streitgegenständlichen Wohnung vergleichbaren Wohnung schriftliche Gutachten des Sachverständigen S vom 22.07.2013 (Bl. 911-943 GA) und 24.02.2014 (Bl. 1053-1062 GA) eingeholt hatte, hat es mit Urteil vom 25.11.2014 - soweit nunmehr im Berufungsverfahren noch zur Entscheidung anstehend - der Zahlungsklage in Höhe von 314.859,19 € sowie weiteren 3.563,34 € für vorprozessuale Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen und Zug um Zug gegen Rückgewähr der Eigentumswohnung, stattgegeben und die Klage im Übrigen, u.a. auch in Bezug auf die Feststellung des Annahmeverzuges abgewiesen. Zuerkannt hat das Landgericht ausschließlich die folgenden Schadensersatzpositionen: den gezahlten Kaufpreis (276.955 €), die Kosten für Notar (2.037,88 €) und Grundbuchamt (686,60 €), die Grunderwerbsteuer (10.045 €), die Grundbesitzabgaben (2.134,71 €) und den entgangenen besonders günstigen Erwerb der Wohnung in Höhe von 23.000 €. Gezogene Nutzung seien nicht anzurechnen, da die Wohnung im Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 31.10.2008 objektiv unbewohnbar gewesen sei. Der Gesamtbetrag von 314.859,19 € führe zu einer auf 3.563,34 € reduzierten Höhe der als weitere Schadensersatzposition von der Beklagten zu erstattenden vorprozessualen Rechtsanwaltskosten. Die Hilfsaufrechnungen der Beklagten blieben aufgrund der betriebenen Vertragsrückabwicklung ohne Erfolg. Die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten sei nicht berechtigt, da ein den Verzug begründendes Angebot der Klägerin fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihren Berufungen greifen beide Parteien insbesondere die Schadensberechnung des Landgerichts zu unterschiedlichen Positionen an. Nicht angegriffen und unstreitig sind folgende Schadenspositionen und -beträge [die Bezifferung folgt dem erstinstanzlichen Urteil]:

Nr. 1 = Vergütung/Erwerbspreis: 276.955 €

Nr. 4 = Vorfälligkeitsentschädigung: 0 €

Nrn. 5 und 6 = Kosten Notar und Grundbucheintragung: 2.724,48 €

Nr. 10 = Stromkosten: 0 €

Nr. 11 = Telefonkosten Wohnung: 0 €

Nr. 12 = Hausratszusatz- und Glasversicherung: 0 €

Nr. 17 = Telefonkosten Hotel: 0 €

Neben diesem unstreitigen Schadensersatzanspruch in Gesamthöhe von 279.679,48 € verfolgt die Klägerin mit ihrer Berufung weiterhin folgende Schadenspositionen mit nachstehenden Berufungsrügen und mit Schriftsätzen vom 02.02.2015 (Bl 1233 ff GA) und 12.10.2017 (Bl 1514 ff GA) teilweise erhöhten Beträgen:

Nrn. 2 und 3 = Kreditraten in Gesamthöhe von nunmehr 62.071,26 €

Die Klägerin rügt insoweit, das Landgericht habe ihren Prozessvortrag zum Nachweis der einzelnen Zinszahlungen nicht ausreichend beachtet und seine Hinweispflichten verletzt.

Nr. 7 = Grunderwerbssteuer iHv 10.045,00 €

Diesbezüglich verlangt die Klägerin Zahlung nur noch Zug um Zug gegen Abtretung ihres Anspruchs gegen das Finanzamt auf Rückerstattung.

Nr. 8 = Grundbesitzabgaben in Gesamthöhe von nunmehr 7.462,71 €

Insoweit hat die Klägerin die infolge des Zeitablaufs entstandenen weiteren Abgaben in das Berufungsverfahren eingeführt.

Nr. 9 = Zahlungen an die WEG in Gesamthöhe von nunmehr 20.482.81 €

Die Klägerin beanstandet, das Landgericht habe nicht auf die im Urteil ausgeführte Unschlüssigkeit ihres Vortrags hingewiesen. Des Weiteren macht sie die weiter geleisteten Zahlungen geltend.

Nr. 13 = Umzugskosten iHv 6.000,0 €

Die Klägerin greift insoweit die Bewertung der Kammer an, dass diese Position im Rahmen des großen Schadensersatzes nicht erstattungsfähig sei.

Nr. 14 = sog. Investitionskosten in Gesamthöhe von 72.349,30 €

Auch hier bemängelt die Klägerin insbesondere die erstinstanzliche Ansicht, dass diese Kosten im Rahmen des großen Schadensersatzes nicht zu erstatten seien. Zudem führt sie zu den 14 Einzelpositionen weiter aus.

Nr. 15 = entgangene Wohnungsnutzung in Gesamthöhe von 277.760,00 €

Die Klägerin rügt, das Landgericht habe verkannt, dass nach der Anfang 2014 geänderten BGH-Rechtsprechung ein Nutzungsausfall auch bei Anmietung von deutlich minderwertigerem Ersatzwohnraum zu erstatten sei.

Nr. 16 = Kosten für Arrangement Speisen im Hotel iHv 6.300,00 €

Die Klägerin meint, die entsprechende Rechnung für die Verköstigung ihres Ehemannes sei entgegen der Ansicht des Landgerichts erstattungsfähig, da diese auf ihren Namen laute und sie diese beglichen habe.

Nr. 18 = entgangener besonders günstiger Wohnungserwerb iHv 119.000,00 €

Die Klägerin moniert, das Landgericht sei auf Basis der Gutachten des Sachverständigen S von einem viel zu geringen Verkehrswert von 310.000 € ausgegangen und habe damit einen Differenzschaden von nur (310.000 minus 287.000 € Erwerbspreis =) 23.000 € ermittelt und zugesprochen. Tatsächlich betrage der Verkehrswert mindestens 406.000 € und ihr Schaden daher (406.000 minus 287.000 € Erwerbspreis =) 119.000 €.

Soweit im Berufungsverfahren nach dem Grund- und Teilurteil des Senats vom 16.12.2015 noch zur Entscheidung anstehend, hat die Klägerin ursprünglich beantragt,

unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie 837.160,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 4.658,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu zahlen, Zug um Zug

a. gegen Rückgabe der unter Ziff. 1 bezeichneten Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz sowie

b. gegen Bewilligung der Löschung der in Abteilung II. des Wohnungsgrundbuchs des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 unter lfd. Nr. 9 zugunsten der Klägerin eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung und

c. gegen Löschung der in Abteilung III. des Wohnungsgrundbuchs des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld über 80.000 € sowie der daselbst unter lfd. Nr. 2 eingetragenen Grundschuld über 60.000 €.

2.

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme der unter Ziff. 1 bezeichneten Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz im Annahmeverzug befindet.

Nachdem die Klägerin den Antrag zu 1. mit Schriftsatz vom 08.06.2015 um eine weitere Zugum-Zug-Beschränkung und mit Schriftsatz vom 12.10.2017 zur Höhe des Zahlungsbetrages erweitert hat, beantragt die Klägerin nunmehr,

unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie 861.150,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 4.658,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu zahlen, Zug um Zug

a. gegen Rückgabe der unter Ziff. 1 bezeichneten Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz sowie

b. gegen Bewilligung der Löschung der in Abteilung II. des Wohnungsgrundbuchs des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 unter lfd. Nr. 9 zugunsten der Klägerin eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung und

c. gegen Löschung der in Abteilung III. des Wohnungsgrundbuchs des Amtsgerichts Bergisch Gladbach von C-G Blatt 4402 unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld über 80.000 € sowie der daselbst unter lfd. Nr. 2 eingetragenen Grundschuld über 60.000 €,

d. bezüglich eines Teilbetrages von 10.045 € unter Einschluss anteiliger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 gegen Abtretung des Anspruchs der Klägerin gegen das Finanzamt C2 (zur Steuernummer 2xx/6xx8/2xx0) auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG begehrt wird.

2.

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme der unter Ziff. 1 bezeichneten Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt weiterhin,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 25.11.2014, Az. 27 O 36/11 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt insoweit,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil gegen die Berufungsangriffe der Klägerin. Gegen die folgenden vom Landgericht - teilweise - zugesprochenen Schadenspositionen sowie bezüglich des nicht berücksichtigten Vorteilsausgleichs erhebt sie nachstehende Berufungsrügen:

Nr. 7 = Grunderwerbssteuer iHv 10.045,00 €

Die Beklagte beanstandet, das Landgericht habe übersehen, dass der Klägerin insoweit ein Anspruch gegen das Finanzamt auf Rückerstattung zustehe.

Nr. 18 = entgangener besonders günstiger Wohnungserwerb in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe von 23.000,00 €

Nach Ansicht der Beklagten steht der Klägerin diese Position grundsätzlich nicht zu.

Nr. 19 = Anrechnung gezogener Nutzungen = 0 €

Die Beklagte rügt, das Landgericht gehe insoweit unzutreffenderweise davon aus, dass die Wohnung unbewohnbar gewesen und damit kein Nutzungswert anzusetzen sei.

Zudem erhebt die Beklagte bezüglich erst im Berufungsverfahren zu den Nrn. 2 und 3 (Kreditraten) ergänzend geltend gemachten Schadensbeträgen die Verjährungseinrede.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 10.08.2016 (Bl 1373 ff GA) Beweis über die marktübliche Miete der streitgegenständlichen Wohnung erhoben. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen W vom 12.04.2017 (Bl 1428 ff GA) verwiesen. Zudem hat der Senat mit Beschluss vom 28.07.2017 (Bl 1491 ff GA) sowie im Verhandlungstermin am 10.01.2018 (Bl 1541f GA) Hinweise zu einzelnen Positionen der Schadensberechnung erteilt.

B.

Die im Anschluss an das rechtskräftige Grund- und Teilurteil des Senats vom 16.12.2015 noch zu entscheidenden Berufungen der Parteien

(I.) bezüglich der Höhe des der Klägerin zustehenden Schadensersatzes nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten und

(II.) im Hinblick auf den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges

sind jeweils nur teilweise begründet.

I.

1. Die Höhe des der Klägerin zustehenden großen Schadenersatzes beläuft sich insgesamt auf 447.570,80 €.

Im Rahmen des gemäß den §§ 634 Nr. 4 iVm 281 Abs. 1 BGB von der Klägerin gewählten großen Schadensersatzes ist die das vertragsgegenständliche Werk zur Verfügung stellende Klägerin so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn die Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 281 Rz. 17, 46). Auf dieser Basis hat die Beklagte (nur) folgende Schadenspositionen - insgesamt Zug um Zug gegen Rückgabe der streitgegenständlichen Eigentumswohnung - zu ersetzen:

Nr. 1 = Vergütung/Erwerbspreis iHv 276.955 €

Dass die Klägerin Ersatz des von ihr tatsächlich gezahlten Erwerbspreises iHv 276.955 € verlangen kann, ist unstreitig.

Nrn. 2 und 3 = Kreditraten in Gesamthöhe von 62.071,26 €

Die Finanzierungskosten gehören zu den im Wege des großen Schadensersatzes zu erstattenden Positionen (BGH, Urt. v. 12.03.2009 - VII ZR 26/06 = NJW 2009, 1870 Rz. 18f). Die Klägerin hat ihre im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb entstandene Zinsbelastung bereits erstinstanzlich - insoweit entgegen der Ansicht des Landgerichts - ausreichend substantiiert dargelegt und diese im Berufungsverfahren in nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verfahrensrechtlich zulässiger Weise fortgeschrieben. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren einzelne Finanzierungsbeträge für die Jahre 2007 bis 2009 erstmals beziffert hat, geht die dagegen erhobene Verjährungseinrede der Beklagten ins Leere, denn diese Einzelbeträge sind Bestandteil der von der Klägerin mit dem Feststellungsantrag rechtzeitig rechtshängig gemachten Schadenspositionen.

Auf das zu einzelnen Zinsbelastungen erfolgte Bestreiten seitens der Beklagten schätzt der Senat auf Basis der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen den Zinsschaden gemäß § 287 Abs. 1 auf die begehrte Höhe von 62.071,26 €.

§ 287 Abs. 1 ZPO stellt den Nachweis der Anspruchshöhe von den strengen Anforderungen des § 286 ZPO frei. Sie ermöglicht eine Schätzung, soweit hierfür genügend tatsächliche Anknüpfungstatsachen vorliegen. Dabei genügt für die Überzeugungsbildung genügt eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit (BGH, Urt. v. 29.05.2013 - VIII ZR 174/12 = NJW 2013, 2584 Rz. 20; v. 17.12.2014 - VIII ZR 88/13 = NJW 2015, 934 Rz. 45) und liegt gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch der Umfang der Beweisaufnahme im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Zu den Schätzungen im Einzelnen:

a. C3

Der insoweit von der Klägerin dargelegte Schadensersatz in Höhe von (31.982,49 € Gesamtzinsaufwand + 22,50 € Gebühren =) 32.004,99 € ist aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen und Kontoauszüge gerechtfertigt. Die Bescheinigung der C3 vom 08.11.2012 (Bl 817 GA) bestätigt für den Zeitraum bis zum 31.10.2012 Zinszahlungen iHv 18.503,13 €. Anschließend ergibt sich aus den mit den Schriftsätzen der Klägerin vom 02.02.2015 und 12.10.2017 vorgelegten Kontoauszügen (s. jeweils die entsprechenden Anlagenhefter), dass durchgehend bis Juni 2016 monatliche Zinsen iHv 303,33 € und für Juli 2016 Restzinsen iHv 146,61 €, also insgesamt weitere 13.493,13 € gezahlt wurden. Die sich somit auf (18.503,13 + 13.493,13 =) 31.996,26 € belaufende Gesamtzinsbelastung ist im Hinblick auf die - von der Klägerin durch mit den Schriftsatz vom 02.02.2015 weiter vorgelegten Kontoauszug vom 04.12.2014 belegten - Kosten von 22,50 € für die Ausstellung der Zinsbescheinigungen auf 32.018,76 € zu erhöhen.

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) verstoßen, weil sie den Darlehensvertrag mit der C3 nicht durch Widerruf beendet und damit die Zinsbelastung beschränkt habe, greift nicht durch, weil der entsprechende Sachvortrag der Beklagten wegen unzureichender Substantiierung unbeachtlich ist. Denn die Beklagte trägt insoweit ohne konkreten Ansatzpunkt allein ins Blaue hinein vor, es sei davon auszugehen, dass der Vertrag mit der C3 wie der Großteil der vor 2010 geschlossenen Darlehensverträge eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthalte, so dass die Klägerin den Darlehensvertrag auch nach Ablauf der Widerrufsfrist noch hätte beenden können. Soweit die Beklagte weiterhin ein Mitverschulden der Klägerin darin sieht, dass diese eine monatlich gleich bleibende Zinsbelastung vereinbart hat, ist auch dieser Einwand nicht zu berücksichtigen, da diese Kreditentscheidung vor Eintritt der Schadensersatzpflicht der Beklagten getroffen wurde und damit keine Obliegenheitsverletzung der Klägerin vorliegt.

b. W2

Insoweit ist der in Höhe von 26.327,05 € geltend gemachte Zinsschaden auf 26.326,99 € zu schätzen. Aufgrund der Bescheinigung der W2 vom 06.11.2012 nebst Anlagen (Bl 818-822 GA) sowie den mit den Schriftsätzen der Klägerin vom 02.02.2015 und 12.10.2017 vorgelegten Zinsbescheinigungen der W2 (s. jeweils Anlagenhefter) hat die Klägerin für die Jahre 2007 bis September 2017 Zinszahlungen in Gesamthöhe von (30,55 + 2.812,33 + 2.978,70 + 2.911,36 + 2.840,49 + 2.765,90 + 2.687,46 + 2.604,85 + 2.517,96 + 2.426,53 + 1.750,86 =) 26.326,99 € geleistet.

c. B Lebensversicherung

Die zur Tilgung der Valuta des im Juli 2016 ausgelaufenen C3-Darlehens beliehene Lebensversicherung des Ehemannes der Klägerin bei der B und die dadurch für den Zeitraum vom 20.06.2016 bis 30.09.2017 von der Klägerin getragene Zinsbelastung iHv 3.739,22 € ist gemäß § 287 Abs. 1 ZPO ebenfalls in dieser Höhe in die Schadensaufstellung einzubeziehen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Klägerin die von ihrem Ehemann geschuldeten, tatsächlich aber von ihr getragenen Beleihungszinsen ersetzt verlangen, denn insoweit kommt sie gerade ihrer Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nach. Das zur Finanzierung des Immobilienerwerbs aufgenommene C3-Darlehen war nach Ablauf der Darlehensdauer zur Rückzahlung fällig. Durch die Übernahme der Beleihungszinsen nahm die Klägerin bei ihrem Ehemann ein günstiges Darlehen auf, dessen Abtragungsbeträge sie als iSv § 249 BGB erforderliche unfreiwillige Aufwendungen als Schaden ersetzt verlangen kann.

d. Die Einzelbeträge von 32.018,76 €, 26.326,99 € und 3.739,22 € addieren sich auf 62.084,97 € und berechtigen unter weiterer Berücksichtigung des § 308 Abs. 1 ZPO eine Schadensschätzung auf die von der Klägerin begehrte Höhe von 62.071,26 €.

Nrn. 5 und 6 = Kosten des Notars und der Grundbucheintragung in Gesamthöhe von 2.724,48 €

Dass die Klägerin Ersatz der von ihr tatsächlich gezahlten Kosten des Notars und der Grundbucheintragung in Gesamthöhe von 2.724,48 € verlangen kann, ist unstreitig.

Nr. 7 = Grunderwerbssteuer iHv 10.045 €

Das Landgericht hat zutreffend entscheiden, dass die im Rahmen des Erwerbs der Eigentumswohnung gezahlte Grunderwerbssteuer in unstreitiger Höhe von 10.045 € zu den im Wege des großen Schadensersatzes zu erstattenden Positionen gehört (vgl. auch OLG München, Urt. v. 11.11.2010 - 14 U 274/10 = MDR 2011, 1283 Rz. 28-30).

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass die Klägerin gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG gegen das Finanzamt einen Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Grunderwerbssteuer hat, führt dies nicht dazu, dass diese Vermögensposition die durch Zahlung der Grunderwerbssteuer negative Vermögenslage der Klägerin ausgleicht, also insoweit bereits ein Schaden zu verneinen wäre. Denn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG wird die Grunderwerbsteuer nicht automatisch, sondern nur auf Antrag zurückerstattet. Damit handelt es sich um eine erst zukünftig werthaltig werdende Position, die bei dem nunmehr zu treffenden Vermögensvergleich den Zahlbetrag von 10.045 € noch nicht ausgleichen kann. Da aber die Klägerin bereichert werden könnte, wenn sie zum einen die gezahlte Grunderwerbssteuer von 10.045 € von der Beklagten als Schadensersatz und nach entsprechendem Antrag auch von dem Finanzamt erstattet bekäme, ist der gebotene Vorteilsausgleich dadurch vorzunehmen, dass - wie nunmehr von der Klägerin beantragt - hinsichtlich dieses Teilbetrages iHv 10.045 € die Zahlungsverpflichtung der Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche auf Steuerrückerstattung gegen das Finanzamt zu tenorieren ist (vgl. auch OLG München, a.a.O. Rz. 45-47; KG, Urt. v. 09.02.2010 - 6 U 204/08, zitiert nach juris Rz. 69).

Nr. 8 = Grundbesitzabgaben in Gesamthöhe von 7.462,71 €

Die Grundbesitzabgaben stellen eine beim großen Schadensersatz erstattungsfähige Position das (für die Grundsteuer: BGH, Urt. v. 19.04.1991 - V ZR 22/90 = BGHZ 114, 193 = NJW 1991, 2277, zitiert nach juris, dort Rz. 17). Dementsprechend hat das Landgericht auch zu Recht den erstinstanzlich für die Jahre 2008 bis 2010 geltend gemachten Betrag von 2.134,71 € zuerkannt. In gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verfahrensrechtlich zulässiger Weise begehrt die Klägerin zweitinstanzlich weitere 3.065,24 € für die Jahre 2011 bis 2014 (Bl 1236 GA) sowie weitere 2.262,76 € für die Jahre 2015 bis 2017 (Bl 1519 GA).

Soweit die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin entsprechende Zahlungen in voller Höhe geleistet hat, geht dieser Einwand aus Rechtsgründen ins Leere. Denn die Klägerin hatte gegen die Beklagte jedenfalls einen Befreiungsanspruch (§ 257 BGB), der sich gemäß den §§ 281 Abs. 2, 250 BGB deshalb in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, weil die Beklagte durch ihr Verhalten im Prozess die Erfüllung des Befreiungsanspruchs ernsthaft und endgültig verweigert hat (vgl. BGH, Urt. v. 24.7.2012 - II ZR 297/11 = BGHZ 194, 180 Rz. 30).

Nr. 9 = Zahlungen an die WEG in Gesamthöhe von 20.482.81 €

Auch die an die WEG geleisteten Wohngeldzahlungen sind im Rahmen des großen Schadensersatzes zu erstatten (s. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4.

Aufl. 2014, 6. Teil Rz. 256).

Zu Unrecht hat das Landgericht den Vortrag der Klägerin als nicht schlüssig bewertet und deshalb insoweit keinen Schadensersatz zugesprochen. Die Klägerin hat auf entsprechendes Bestreiten der Beklagten die Wohngeldabrechnungs-Sammellisten für die Jahre 2007 bis 2010 (Bl 393-395 und Bl 626-633 GA) vorgelegt. Damit war eine ausreichend substantierte und damit schlüssige Darlegung auch deshalb erfolgt, weil die Beklagte als Mitglied der WEG über die Höhe der Wohngeldzahlungen Bescheid wusste.

Soweit die Beklagte weiterhin die tatsächlich geleisteten Zahlungen der Klägerin bestreitet, ist aus den vorstehend zu Nr. 8 ausgeführten Gründen gemäß den §§ 257, 281 Abs. 2, 250 BGB ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegeben.

Nr. 13 = keine Umzugskosten

Die von der Klägerin für ihren Umzug von ihrem früheren Wohnort in H bei I nach C geltend gemachten Kosten iHv 6.000 € sind von der Beklagten nicht zu erstatten. Unabhängig von den auch vom Landgericht geäusserten grundsätzlichen Bedenken, ob Umzugskosten überhaupt zu den beim großen Schadensersatz zu ersetzenden Schadenspositionen gehören (vgl. dazu auch die Ausführungen zu nachfolgend Nr. 14), hat die Klägerin schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass ihr aufgrund des streitgegenständlichen Erwerbs kausale Umzugskosten iHv 6.000 € entstanden sind.

Es erscheint bereits fraglich, ob der Umzug speziell auf den Erwerb der konkreten Eigentumswohnung beruht. Denn die Klägerin führte im Jahr 2007 das Dorint-Hotel in L, wohnte aber in H. Damit verfolgte sie erkennbar eine grundsätzliche Wohnsitzverlegung in die Nähe ihres Arbeitsplatzes. Die Umzugskosten sind demzufolge nicht allein aufgrund der konkreten mangelhaften Eigentumswohnung entstanden, sondern wären ohnehin auch bei jedem anderen Eigentumswohnungserwerb im Einzugsbereich der Stadt L angefallen.

Jedenfalls hat die Klägerin trotz eines entsprechenden Einwandes der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass Umzugskosten in Höhe von 6.000 € auch tatsächlich angefallen sind. Die Klägerin hat nur zwei "Arbeitsscheine" einer in I ansässigen Umzugsfirma vom 09.08.2007 und 22.08.2007 (Bl 400f GA) vorgelegt, aber weder eine Rechnung des Umzugsunternehmens noch einen Zahlungsnachweis. Die Beklagte hat dieses Prozessverhalten der Klägerin als "dubios" bewertet (Bl 505 GA) und daraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin wegen des Umzugs bereits kein Schaden entstanden sei (Bl 775 GA). Die Klägerin hat in der Folge nicht erläutert, weshalb ihr die Vorlage einer Rechnung und eines Zahlungsbeleges nicht möglich ist. Damit ist bereits die Entstehung der Schadensposition an sich von der Klägerin nicht hinreichend dargetan. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann insoweit auch keine Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO erfolgen, denn die bestrittene Durchführung eines professionellen Umzugs lässt sich auf Basis der vorgelegten Arbeitsscheine, die keine ausreichende Schätzgrundlage darstellen, nicht klären. Auch besteht die theoretische Möglichkeit, dass die Umzugskosten von dritter Seite - etwa dem Ehemann der Klägerin oder ihrem Arbeitgeber - übernommen wurden.

Nr. 14 = keine Investitionskosten

Das Landgericht hat der Klägerin auch zurecht keinen Schadensersatz für die von ihr geltend gemachten Investitionskosten (erstinstanzlich in Gesamthöhe von 68.129,40 €; zweitinstanzlich in Gesamthöhe von 72.349,30 €) zugesprochen.

Wie der Senat bereits in dem Hinweisbeschluss vom 28.07.2017 ausgeführt hat, sind die Kosten für die spezielle Herrichtung und Ausgestaltung der streitgegenständlichen Wohnung von der Beklagten nicht zu ersetzen:

a. Die Investitionskosten sind keine im Rahmen des von der Klägerin begehrten großen Schadensersatzes zu erstattende Schadensposition.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 12.03.2009, a.a.O. Rz. 14; v. 12.11.2009 - VII ZR 233/08 = NJW 2010, 675 Rz. 8 jeweils mwN) ist der große Schadensersatz in der vorliegenden Konstellation dadurch gekennzeichnet, dass die erworbene Immobilie zurückgegeben und Ausgleich dafür verlangt wird, dass den Aufwendungen für den Erwerb des Wohnungseigentums nach dessen Rückgabe kein entsprechender Gegenwert gegenübersteht. Dieser Gegenwert entspricht grundsätzlich der Höhe der Aufwendungen zur Erlangung der Gegenleistung und der Kosten, die den Erwerber allein aufgrund des Umstandes trafen, dass er Empfänger der mangelhaften Gegenleistung wurde. Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, die Aufwendungen würden durch den Vorteil der Gegenleistung wieder eingebracht worden sein, sog. Rentabilitätsvermutung. Denn es wird nach der Rechtsprechung vermutet, im synallagmatischen Austauschverhältnis seien Leistung und Gegenleistung gleichwertig. Im Verlust der Kompensationsmöglichkeiten für die Aufwendungen durch die Rückgabe der Wohnung liegt der Nichterfüllungsschaden.

Der BGH lehnt es aber ab, infolge der Leistungsstörung nutzlos gewordene (sog. "frustrierte") Aufwendungen bereits deshalb als ersatzfähigen Nichterfüllungsschaden anzuerkennen, weil der Berechtigte sie im Vertrauen auf die Vertragsgemäßheit der Gegenleistung vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 19.04.1991 - V ZR 22/90 = BGHZ 114, 193 = NJW 1991, 2277, zitiert nach juris, dort Rz. 12 mwN). Auch besteht keine allgemeine (Rentabilitäts-)Vermutung, dass die Beteiligung am Wirtschaftsverkehr sich rentieren und Aufwendungen für Folgegeschäfte durch deren Ergebnisse ausgeglichen werden (s. BGH, Urt. v. 13.06.2006 - X ZR 167/04 = NJW-RR 2006, 1309 Rz. 24; v. 19.04.1991, a.a.O. Rz. 15). Kosten, die dem Erwerber erst durch eine weitere rechtsgeschäftliche Entscheidung treffen, gehören jedenfalls grundsätzlich nicht zu den erstattungsfähigen Schadenspositionen (vgl BGH, Urt. v. 19.04.1991, a.a.O. Rz. 15).

Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze sind die Kosten für die spezielle Herrichtung und Ausgestaltung der von der Klägerin erworbenen Wohnung nicht als großer Schadensersatz auszugleichen. Diese Investitionskosten treffen die Klägerin nicht - wie geboten - allein aufgrund des Umstandes, dass sie Empfängerin einer mangelhaften Gegenleistung wurde. Vielmehr verfolgte die Klägerin mit den entsprechenden Investitionen im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Gegenleistung ihre eigenen privaten (Wohn-)Interessen. Die Eingehung der einzelnen Verbindlichkeiten zur Vornahme der Investitionen beruhte jeweils auf vom Wohnungserwerb trennbare und damit separate rechtsgeschäftliche Entscheidungen der Klägerin. Bei solchen privaten Investitionen besteht auch keine allgemeine Vermutung, dass diese sich im weiteren Verlauf rentieren.

Dies gilt auch, soweit die Klägerin demgegenüber meint, ihren Investitionen hätte im Erfüllungsfalle ein Mehrwert der Wohnung gegenüber gestanden. Im Übrigen fehlt jedweder Vortrag dazu, welche konkrete Wertsteigerung die streitgegenständliche Wohnung durch die Einbauten erfahren hat. Das unter Sachverständigenbeweisantritt gestellte Vorbringen, die Wohnung habe durch die Investitionen der Klägerin zweifellos einen Mehrwert erhalten (Bl 1521 GA), reicht für ein substantiiertes Vorbringen keinesfalls aus.

b. Da die Klägerin Schadensersatzansprüche aus § 281 BGB geltend macht, ist sie mit einem Aufwendungsersatzanspruch aus § 284 BGB ausgeschlossen, s. nur den Wortlaut des § 284 BGB ("anstelle des Schadensersatzes").

c. Ein Wertersatz aus § 281 Abs. 5 iVm § 346 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BGB kommt nicht in Betracht, da keine Unmöglichkeit der Rückgewähr der empfangenen Leistungen oder gezogenen Nutzungen in Rede steht. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass die Rückgewähr bestimmter Einbauelemente unmöglich sei, verkennt sie, dass es um die Unmöglichkeit der Rückgewähr der Wohnung geht. Denn die Klägerin nimmt im Rahmen des § 281 Abs. 5 BGB die Gläubigerstellung ein, so dass § 346 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BGB sich auf den Anspruch der Beklagten als Schuldnerin bezieht, der auf die Rückgewähr der Wohnung ausgerichtet ist.

d. Auch einen Wertersatz nach § 281 Abs. 5 iVm § 347 Abs. 2 BGB schuldet die Beklagte nicht:

(1) Notwendige Verwendungen iSv § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB macht die Klägerin nicht geltend, denn ihre Einbauten waren nicht in der Form zum Erhalt oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Wohnung objektiv erforderlich, dass der Beklagten Aufwendungen erspart wurden, die sie sonst hätte übernehmen müssen (vgl. zu dieser Anforderung BGH, Urt. v. 15.03.2013 - V ZR 201/11 = NJW-RR 2013, 1318 Rz. 22).

(2) Andere Aufwendungen kann die Klägerin gemäß § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB nur ersetzt verlangen, soweit die Beklagte bereichert ist. Ob und in welcher Höhe eine Bereicherung vorliegt, bemisst sich nach der durch die Aufwendungen eingetretenen Steigerung des Verkehrswerts der Wohnung bei deren Rückgabe (vgl. BGH, Urt. v. 15.03.2013, a.a.O. Rz. 26). Eine Rückgabe der streitgegenständlichen Wohnung ist noch nicht erfolgt.

e. Auch ein Bereicherungsanspruch aus den §§ 951 iVm 946f, 812ff BGB scheidet aus, denn die Klägerin hat aufgrund ihres aus der Auflassungsvormerkung folgenden Anwartschaftsrechts, das den Eigentumsvorschriften folgt, durch die Einbauten in die Eigentumswohnung keinen Rechtsverlust erlitten.

Nr. 15 = entgangene Wohnungsnutzung in Gesamthöhe von 71.829,54 €

Die infolge der mangelhaften Gegenleistung entgangene Wohnungsnutzung ist grundsätzlich auch im Rahmen des großen Schadensersatzes erstattungsfähig, denn dieser Nutzungsausfall beruht unmittelbar auf dem Erwerb der mangelhaften Eigentumswohnung und wäre bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung nicht eingetreten (vgl. auch BGH, Urt. v. 14.04.2010 - VIII ZR 145/09 = NJW 2010, 2426 Rz. 16). Da die Wohnung ein Lebensgut ist, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist, hat die Beklagte diesbezüglich auch den Verlust von Gebrauchsvorteilen zu ersetzen (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.2014 - VII ZR 172/13 = NJW 2014, 1374 Rz. 17; v. 08.05.2014 - VII ZR 199/13 = NJW-RR 2014, 979 Rz. 22).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts entfällt ein Schadensersatzanspruch nicht deshalb, weil die Klägerin durch Anmietung eines Hotelzimmers und anschießend eines Appartements den Nutzungsausfall ausgeglichen habe. Bei Ersatzanmietung eines deutlich minderwertigen Wohnraums kann die Nutzungsentschädigung nicht versagt werden (BGH, Urt. v. 20.02.2014, a.a.O. Rz. 18; v. 08.05.2014, a.a.O. Rz. 23). Die Klägerin hat anstelle einer 182 qm großen Wohnung nur Wohnraum von 23 qm bzw. 42 qm und damit deutlich minderwertigen Wohnraum angemietet.

Die der Klägerin insgesamt zustehende Nutzungsentschädigung beläuft sich auf 71.829,54 € und berechnet sich wie folgt:

a. Der Klägerin steht ein Nutzungsausfall für die Zeit von ihrem Auszug am 31.10.2008 bis zu dem von ihr begehrten Enddatum 31.12.2014, also insgesamt für 74 Monate zu. Entgegen der in dem Beschluss vom 28.07.2017 geäusserten vorläufigen Auffassung des Senats ist ihr Anspruch nicht bis zur Erklärung der Geltendmachung des großen Schadensersatzes mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2009 begrenzt, denn die Beklagte ist diesem Rückabwicklungsbegehren nicht gefolgt, so dass die Vorenthaltung höherwertigen Wohnraumes andauerte. Der Klägerin kann auch kein Verstoß gegen ihre nach § 254 Abs. 2 BGB bestehende Schadensminderungspflicht vorgeworfen werden, denn hinsichtlich der Rückabwicklung der erworbenen Wohnung trat eine ausreichende Rechtssicherheit erst durch das angegriffene Urteil vom 25.11.2014 ein. Nach der Zustellung dieses Urteils am 27.11.2014 ist der Klägerin bis zum 31.12.2014 noch ein knapp 1-monatiger Spielraum zur angemessenen Reaktion auf die tenorierte Vertragsrückabwicklung zu gewähren.

b. Die Höhe des monatlichen Nutzungswertes ist vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2013 (= 62 Monate) mit 1.377,43 € und ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 (= 12 Monate) mit 1.432,09 € anzusetzen.

Bei der Berechnung der Höhe des monatlichen Nutzungswert (s. dazu grundsätzlich BGH, Urt. v. 09.07.1986 - GSZ 1/86 = BGHZ 98, 212 Rz. 44-49) kann die marktübliche Miete als Ausgangspunkt genommen werden, dies aber gemindert um die Gewinnspanne und der bei privater Nutzung nicht anfallenden Kosten (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rz. 239).

Die marktübliche Miete beträgt nach dem Gutachten der Sachverständigen W vom 12.04.2017 in dem Zeitraum bis zum 31.12.2013 10,80 €/qm und ab dem 01.01.2014 11,25 €/qm. Trotz der zahlreichen beidseitigen Einwände folgt der Senat dieser Bewertung jedenfalls im Rahmen der auch hier möglichen Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO. Die Sachverständige W hat in ihrem Gutachten vom 12.04.2017 gut nachvollziehbar dargelegt, von welchen Prämissen sie ausgegangen ist und wie sie die maßgeblichen Faktoren wie Wohnlage, Beschaffenheit/Art, Ausstattung und Wohnungsgrüße ermittelt und bewertet hat. Damit bestehen trotz der offenen Einwendungen der Parteien ausreichend tragfähige Anknüpfungspunkte für eine Schätzung, zumal eine weitere Beweiserhebung nach dem gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch insoweit maßgeblichen Ermessen des Senats nicht angezeigt ist. Der Senat schätzt die marktübliche Miete damit auf 10,80 €/qm bis zum 31.12.2013 und auf 11,25 €/qm ab dem 01.01.2014.

Hinsichtlich der Höhe der Gewinnspanne und der bei privater Nutzung nicht anfallenden Kosten hat die Sachverständige W keine Feststellungen getroffen, weil dafür der - nicht in ihr Fachgebiet fallende - Verkehrswert zu ermitteln ist. Angesichts der bekannt hohen Kosten der Einholung eines Verkehrswertgutachtens erachtet der Senat insoweit - wiederum gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO - eine weitere Sachaufklärung nicht für geboten. Insoweit wird - worauf die Parteien im Termin vom 10.01.2018 hingewiesen wurden - auch vom BGH gebilligt, insoweit einen Abschlag von 30% vorzunehmen (BGH, Urt. v. 20.02.2014, a.a.O. Rz. 21 iVm der von ihm gebilligten Berechnung in dem vorinstanzlichen Urteil des OLG Jena vom 29.05.2013 - 7 U 660/12 = BeckRS 2014, 03790). Daraus ergeben sich Beträge von 7,56 €/qm bis zum 31.12.2013 und von 7,88 €/qm ab dem 01.01.2014.

c. Bei einer Wohnungsgröße von 182,20 qm beträgt der monatliche Nutzungswert der Wohnung für den Zeitraum bis zum 31.12.2013 1.377,43 €, woraus bei 62 Monaten ein Nutzungsausfall von 85.400,66 € resultiert. Ab dem 01.01.2014 beläuft sich der monatliche Nutzungswert auf 1.435,74 € und der Nutzungsausfall für die 12 Monate bis zum 31.12.2014 auf 17.228,88 €.

d. Die Summe von (85.400,66 + 17.228,88 =) 102.629,54 € deckt den ganzen Zeitraum des Nutzungsausfalls vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 ab. Dieser 100%ige Nutzungsausfallersatz kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht noch um die Hotelkosten von 39.200 € erhöht werden, denn dies würde zu einer im Schadensrecht unzulässigen Bereicherung führen (vgl. BGH vom 20.02.2014, a.a.O. Rz. 21, für den Fall bereits titulierter Ersatzmietkosten, die in Abzug zu bringen sind). Aus dem gleichen Grund sind die von der Beklagten für die Hotelkosten bereits gezahlten 30.800 € in Abzug zu bringen, so dass sich die der Klägerin insgesamt zustehende Nutzungsentschädigung auf 71.829,54 € reduziert.

Nr. 16 = keine Kosten für Arrangement Speisen im Hotel

Das Landgericht hat diese Position zurecht mit dem Argument abgelehnt, dass diese eine den Ehemann der Klägerin betreffende Schadensposition darstelle. Der Einwand der Berufung, die entsprechende Rechnung für die Verköstigung des Ehemannes sei erstattungsfähig, weil diese auf den Namen der Klägerin laute und sie diese beglichen habe, führt zu keiner anderen Bewertung. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin verpflichtet sein sollte, ihrem Ehemann wegen Wohnungsausfalls diese Kosten zu erstatten - dass sie diese tatsächlich übernommen hat, ist irrelevant. Zudem gehört die Ernährung zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten, die auch bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung angefallen wären. Letztlich wird der Verlust der Speisenzubereitung in der Wohnung bereits durch die Position Nr. 15 (Nutzungsausfall) komplett erfasst.

Nr. 18 = kein entgangener besonders günstiger Wohnungserwerb

Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann die Klägerin keinen Schadensersatz dafür verlangen, dass ihr deshalb ein Gewinn in - zweitinstanzlich geltend gemachter - Höhe von 119.000,00 € entgangen sei, weil die streitgegenständliche Wohnung bei einem Erwerbspreis von 287.000 € einen Verkehrswert von mindestens 406.000 € aufgewiesen habe.

Bei der von der Klägerin im Rahmen des großen Schadensersatzes gewählten Variante der Rückgabe der Eigentumswohnung gegen Erstattung der Vermögensnachteile hat ein Gesamtvermögensausgleich zu erfolgen, bei dem sämtliche Vor- und Nachteile des nicht erfüllten Vertrages zu saldieren sind (s. BGH, Urt. v. 11.02.2009 - VIII ZR 328/07 = JZ 2010, 44 Rz. 20). Die Klägerin ist als Geschädigte so zu stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gestanden hätte, das heißt nicht schlechter, aber auch nicht besser (BGH, Urt. v. 15.03.2000 - XII ZR 81/97 = NJW 2000, 2342 Rz. 21). Eine solche Besserstellung träte aber ein, wenn der Klägerin neben den von ihr unter den Nrn. 2, 3, 5, 6, 7, 8 und 9 konkret begehrten Erwerbs(neben)kosten auch der über den Kaufpreis hinaus entgangene Wertzuwachs erstattet würde. Diesen behaupteten Gewinn hätte sie nur unter Einsatz der genannten Erwerbs(neben)kosten erzielen können, so dass der über dem Kaufpreis liegende entgangene Gewinn um die Erwerbs(neben)kosten zu kürzen wäre. Dabei würde der von der Klägerin zweitinstanzlich geltend gemachte entgangene Gewinn iHv 119.000,00 € von den Erwerbs(neben)kosten in Gesamthöhe von (Nrn. 2 und 3 = Kreditraten 62.071,26 €; Nrn. 5 und 6 = Kosten des Notars und der Grundbucheintragung 2.724,48 €; Nr. 7 = Grunderwerbssteuer 10.045 €; Nr. 8 = Grundbesitzabgaben in Gesamthöhe von 7.462,71 €; Nr. 9 = Zahlungen an die WEG 20.482.81 € =) 102.786,26 € nahezu aufgezehrt.

Aber auch den insoweit möglicherweise entgangenen Gewinn iHv (119.000 - 102.786,26 =) 16.213,74 € kann die Klägerin nicht begehren, denn sie hat sich von den zwei zur Verfügung stehenden unterschiedlichen Varianten (s. Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rz. 255) dafür entschieden, eine Schadensberechnung nach den infolge der Rückgabe des Werkes frustrierten Aufwendungen, also ohne konkreten Gesamtvermögensvergleich vorzunehmen. Dies ergibt sich bereits aus der Reihenfolge der von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen. Auf die Mitteilung der dementsprechenden Senatseinschätzung im Termin am 10.01.2018 hat die Klägerin keinen Widerspruch erhoben.

Nr. 19 = Anrechnung gezogener Nutzungen iHv 4.000 €

Für die Nutzung der Wohnung vom 01.09.2007 bis zum 31.10.2008 muss sich die Klägerin im Wege des Vorteilsausgleichs Nutzungsvorteile anrechnen lassen (s. BGH, Urt v. 30.06.2017 - V ZR 134/16 = NJW 2017, 3438 Rz. 20).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Wohnung aufgrund des Schimmelmangels nicht generell unbewohnbar. Die Vorinstanz hat die Versagung jedweden Vorteilsausgleichs im Einzelnen damit begründet, dass die Wohnungsnutzung wegen der Schimmelbelastung nicht als messbarer und in zumutbarer Weise anzurechnender Vorteil anzusehen sei und sich dabei auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken (Urt. v. 03.12.1985 - 2 U 141/83 = NJW-RR 1987, 471) gestützt. Im dortigen Fall war in dem Haus wegen einer Holzschutzmittelbelastung eine ständige unzumutbare Geruchsbelästigung vorhanden und der Bewohner ersichtlich wegen der Unmöglichkeit, weitere finanzielle Belastungen durch Mietzahlungen einzugehen, in dem Hause verblieben. Dem entspricht die vorliegende Fallgestaltung schon deshalb nicht, weil nur die Gefahr einer Schimmelbelastung vorlag und die Klägerin finanziell in der Lage war, Ersatzwohnraum anzumieten. Wie im Termin am 10.01.2018 den Parteien - widerspruchslos - mitgeteilt, schätzt der Senat die von der Klägerin zu erstattende Nutzungsentschädigung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf 4.000 €.

Gesamtsaldierung:

Aus der Addition der begründeten Schadenspositionen

- Nr. 1 = Vergütung/Erwerbspreis iHv 276.955 €

- Nrn. 2 und 3 = Kreditraten in Gesamthöhe von 62.071,26 €

- Nrn. 5 und 6 = Kosten des Notars und der Grundbucheintragung in Gesamthöhe von 2.724,48 €

- Nr. 7 = Grunderwerbssteuer iHv 10.045 €

- Nr. 8 = Grundbesitzabgaben in Gesamthöhe von 7.462,71 €

- Nr. 9 = Zahlungen an die WEG in Gesamthöhe von 20.482,81 €

- Nr. 15 = entgangene Wohnungsnutzung in Gesamthöhe von 71.829,54 €

ergibt sich eine Summe von 451.570,80 €,

so dass sich unter Anrechnung gezogener Nutzungen iHv 4.000 € (Nr. 19) ein abschließender Schadensersatzbetrag iHv 447.570,80 € ergibt.

2. Der Ausspruch der Zugum-Zug-Verurteilungen - insgesamt gegen Rückgabe der Eigentumswohnung und hinsichtlich eines Teilbetrages von 10.045 € gegen Abtretung der Ansprüche auf Steuerrückerstattung gegen das Finanzamt - beruht auf § 274 BGB.

3. Die von der Klägerin ab Rechtshängigkeit begehrten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz stehen dieser gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Hinsichtlich des jeweiligen Schadensbetrages ist wie folgt zu unterscheiden:

a. Von den bereits mit der Klageschrift vom 21.01.2011 geltend gemachten Schadenspositionen sind insgesamt 326.599,46 € zugesprochen worden (Nr. 1 = Vergütung/Erwerbspreis iHv 276.955 €; Nrn. 2 und 3 = Kreditraten in Gesamthöhe von [11.526,54 + 30,55 + 12.798 =] 24.355,09 €; Nrn. 5 und 6 = Kosten des Notars und der Grundbucheintragung in Gesamthöhe von 2.724,48 €; Nr. 7 = Grunderwerbssteuer iHv 10.045 €; Nr. 8 = Grundbesitzabgaben in Gesamthöhe von 2.134,71 €; Nr. 9 = Zahlungen an die WEG in Gesamthöhe von 9.372 €; Nr. 15 = entgangene Wohnungsnutzung in Gesamthöhe von 5.013,18 €; abzüglich Nutzungsvorteil iHv 4.000 €). Hinsichtlich dieses Betrages ist mit der Klagezustellung am 18.02.2011 Rechtshängigkeit eingetreten, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO.

b. Die erstmals mit dem - der Beklagten am 09.02.2015 zugestellten - Schriftsatz vom 02.02.2015 in den Rechtsstreit eingeführten und der Klägerin zustehenden Schadenspositionen addieren sich auf 99.777,69 € (Nrn. 2 und 3 = weitere Kreditraten in Gesamthöhe von [7.886,58 + 10.898,70 =] 18.785,28 €; Nr. 8 = weitere Grundbesitzabgaben in Gesamthöhe von 3.065,24 €; Nr. 9 = weitere Zahlungen an die WEG in Gesamthöhe von 11.110,81 €; Nr. 15 = weitere entgangene Wohnungsnutzung in Gesamthöhe von 66.816,36 €).

c. Mit dem der Beklagten am 20.10.2017 zugestellten Schriftsatz der Klägerin vom 12.10.2017 sind die weiter zugesprochenen 21.193,65 € für fortgeschriebene Kreditraten und Grundbesitzabgaben rechtshängig gemacht worden.

4. Die vom Landgericht zutreffend als weitere Schadensposition dem Grunde nach zuerkannten vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten berechnen sich nach der Höhe des Gesamtschadens von 447.570,80 € und sind daher in der beantragten Höhe von 4.658,61 € begründet. Auch diesbezüglich stehen der Klägerin die begehrten Rechtshängigkeitszinsen gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu.

II. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist auch der Antrag der Klägerin auf Feststellung des Annahmeverzuges mit der Entgegennahme der Eigentumswohnung gemäß § 293 BGB begründet. Zwar muss nach § 294 BGB eine Leistung grundsätzlich tatsächlich angeboten werden. Ausnahmsweise reicht jedoch nach § 295 BGB auch ein wörtliches Angebot aus, wenn der Gläubiger bestimmt und eindeutig erklärt, die angebotene streitgegenständliche Wohnung nicht anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.2006 - V ZR 173/05 = NJW 2006, 1960 Rz. 18). Damit war das in der Klageschrift enthaltene wörtliche Angebot der Klägerin zur Begründung des Annahmeverzugs ausreichend (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 16.01.1998 - 12 U 66/97 = NJW-RR 1998, 1031, zit. nach Juris Rz. 86, Münchener Kommentar/Ernst, BGB, 7. Aufl., § 295 Rz. 2), denn die Beklagte hatte mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2009 (Bl 238f GA) den von der Klägerin geltend gemachten großen Schadensersatz zurückgewiesen und somit zugleich bestimmt und eindeutig erklärt, die angebotene streitgegenständliche Wohnung nicht anzunehmen. Der Einwand der Beklagten, im Rahmen der vorliegenden Zugum-Zug-Leistungen nach § 298 BGB genüge das wörtliche Angebot nicht, weil die Klägerin hinsichtlich der Schadensersatz-Gegenleistung zuviel gefordert hatte, überzeugt schon deshalb nicht, weil die Beklagte nicht nur die Höhe des von der Klägerin verlangten Schadensersatzes, sondern schon grundsätzlich eine Rückabwicklungspflicht abgelehnt hat.

C.

Der Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes des Klägervertreters vom 23.03.2018 wurde berücksichtigt und gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 92, 101, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze zum Schadensersatzrecht alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts entschieden.