LG Wuppertal, Beschluss vom 01.10.2018 - 16 T 245/18
Fundstelle
openJur 2019, 7564
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 43 M 2702/18
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 27.08.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 16.08.2018 (Az.: 43 M 2702/18) abgeändert. Der Beteiligte zu 2) wird angewiesen, die Kostenrechnung vom 18.07.2018 dahingehend zu berichtigen, dass die Gebühr Nr. 208 KV GvKostG nebst anteiliger Auslagenpauschale außer Ansatz bleibt.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner aufgrund eines Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts Mayen vom 10.01.2018. Am 17.05.2018 hat sie einen Vollstreckungsauftrag erteilt, der u. a. die Abnahme einer Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802f ZPO umfasst. Daraufhin hat der Beteiligte zu 2) unter dem 15.06.2018 ein Schreiben an den Schuldner verfasst, das Hinweise zu einer gütlichen Erledigung der Angelegenheit sowie eine Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft enthält.

Der Versuch des Beteiligten zu 2), dem Schuldner dieses Schreiben unter der im Vollstreckungsauftrag angegebenen Anschrift persönlich zuzustellen, ist daran gescheitert, dass der Schuldner unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war. Daraufhin hat der Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 18.07.2018 die Vollstreckungsunterlagen an die Gläubigerin zurück gesandt und zugleich seine Kostenrechnung übermittelt, mit der u. a. folgende Gebühren in Ansatz gebracht worden sind: 8,00 Euro für den Versuch der gütlichen Erledigung nach Nr. 208 KV GvKostG nebst anteiliger Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG.

Mit Erinnerung vom 23.07.2018 hat die Gläubigerin sich gegen den Ansatz der Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung nach Nr. 208 KV GvKostG gewandt. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.08.2018, auf den verwiesen wird, hat das Amtsgericht die Erinnerung zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vom Amtsgericht ausdrücklich zugelassene Beschwerde des Beteiligten zu 1), der beantragt, die Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung nebst anteiliger Auslagenpauschale außer Ansatz zu lassen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 793, 766 Abs. 2 letzte Alternative, 567 ZPO statthaft, trotz Unterschreitens der Mindestbeschwer gemäß §§ 567 Abs. 2 ZPO, 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 2 Satz 1 GKG kraft ausdrücklicher Zulassung in der angefochtenen Entscheidung gemäß §§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG, 66 Abs. 2 Satz 2 GKG eröffnet und auch sonst zulässig.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Ansatz einer Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG i. H. v. 8,00 Euro nebst anteiliger Auslagenpauschale erweist sich hier als nicht berechtigt.

Auf den Streitfall finden die Vorschriften des Gerichtsvollzieherkostengesetzes in der seit dem 26.11.2016 geltenden Fassung Anwendung, weil der Vollstreckungsauftrag erst nach diesem Zeitpunkt erteilt worden ist (§ 18 GvKostG i. V. m. Art. 21 Abs. 3 Satz 1 EuKoPfVODG).

Die auf 8,00 Euro ermäßigte Gebühr entsteht nach § 9 GvKostG i. V. m. Nr. 208 KV GvKostG für den (erledigten) Versuch einer gütlichen Erledigung (§ 802b ZPO), wenn der Gerichtsvollzieher - wie hier - gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 ZPO gerichteten Amtshandlung (also der Abnahme einer Vermögensauskunft oder der Pfändung körperlicher Sachen) beauftragt ist. Unter einem solchen Versuch versteht man das tatsächliche Handeln, die Anstrengungen, Bemühungen oder auch die Bestrebungen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Sobald der Gerichtsvollzieher dem Schuldner gegenüber die gütliche Erledigung angeboten hat (mündlich oder schriftlich), ist hierin bereits der Versuch derselben zu sehen, da er alles Notwendige und ihm Mögliche dafür getan hat, um mit dem Schuldner die gütliche Beilegung der Sache zu erreichen (Richter/Zuhn DGVZ 2017, 29, 30; LG Duisburg, Beschluss vom 23. Februar 2018 - 7 T 140/17 -, Rn. 10, juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist hier jedenfalls nicht von einem erledigten Versuch der gütlichen Erledigung auszugehen. Nachdem der Beteiligte zu 2) zum Zweck der Zustellung des maßgeblichen Schreibens vom 15.06.2018 die angegebene Anschrift des Schuldners persönlich aufgesucht hatte und dieser dort nicht zu ermitteln war, war es aus seiner Sicht offensichtlich, dass er jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles Notwendige und ihm Mögliche dafür getan hatte, um mit dem Schuldner die gütliche Beilegung der Sache zu erreichen. Denn sein Handeln war erkennbar schon nicht dazu geeignet, den Schuldner über die Möglichkeit einer gütlichen Einigung überhaupt in Kenntnis zu setzen.

Allein die Abfassung des Schreibens vom 15.06.2018, bzw. der Versuch der persönlichen Zustellung dieses Schreibens, rechtfertigt - entgegen der Auffassung des Amtsgerichts - demgegenüber keine Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG. Denn bei dem Abfassen des Schreibens und dem Versuch der persönlichen Zustellung dieses Schreibens handelt es sich lediglich um - dem Versuch der gütlichen Erledigung regelmäßig vorausgehende - Vorbereitungshandlungen, die für sich genommen nicht dazu geeignet sind, eine gütliche Einigung mit dem Schuldner herbeizuführen.

Hiervon zu unterscheiden ist die vorliegend nicht zu beurteilende Konstellation, in der der Gerichtsvollzieher die Zustellung des maßgeblichen Ladungsschreibens mit den Hinweisen zur gütlichen Einigung über den Postweg betreibt. Denn in diesem Fall darf der Gerichtsvollzieher zumindest zum Zeitpunkt des Versendens des Schreibens annehmen, dass dieses Schreiben den Schuldner tatsächlich erreicht und er damit alles aus seiner Sicht Erforderliche und Mögliche getan hat, um mit dem Schuldner eine gütliche Einigung zu erreichen.

Hat - wie hier - der Gerichtsvollzieher allerdings die ihm bekannt gegebene Schuldneranschrift aufgesucht, um ihn auf die Frage einer gütlichen Erledigung anzusprechen, und ist der Schuldner dort nicht zu ermitteln, liegt vielmehr hinsichtlich des Versuchs einer gütlichen Erledigung eine nicht erledigte Amtshandlung vor. Für nicht erledigte Amtshandlungen sieht das Gesetz grundsätzlich den Ansatz der Gebühr nach Nr. 604 KV GvKostG vor. Diese Gebühr ist hinsichtlich des Versuchs der gütlichen Erledigung allerdings durch den letzten Satz der amtlichen Anmerkung zu Nr. 604 KV GvKostG ausgeschlossen, wenn der Gerichtsvollzieher - wie hier - gleichzeitig mit der Abnahme der Vermögensauskunft oder der Pfändung körperlicher Sachen beauftragt ist.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht geboten, weil das Verfahren gebührenfrei ist, besondere Auslagen nicht entstanden sind und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i. V. m. 66 Abs. 8 GKG.

Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen. Da über die Frage, wann von einem erledigten, bzw. von einem nicht erledigten Versuch der gütlichen Erledigung auszugehen ist, keine vom vorliegenden Beschluss abweichende Rechtsprechung einer Beschwerdekammer im Oberlandesgerichtsbezirk existiert, ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich, § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. 66 Abs. 4 GKG.