OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.05.2017 - 15 A 3048/15
Fundstelle
openJur 2019, 6747
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Es wird festgestellt, dass der Ausschluss des Klägers vom "Bürgerdialog E. " am 18. Juni 2012 rechtswidrig war.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 18. Juni 2012 fand in den Räumen der St. C. Kirchengemeinde im Stadtteil E. der beklagten Stadt F. eine als "Bürgerdialog E." betitelte Veranstaltung statt. Hierzu hatte der Oberbürgermeister der Beklagten wie folgt eingeladen:

(Vorname Name)

Oberbürgermeister der Stadt F.

(Stadtwappen)

Einladung zum Bürgerdialog E. am 18.6.2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Bewohnerinnen, Bewohner und Akteure im Stadtteil E.,

hiermit lade ich Sie sehr herzlich

am 18. Juni ab 19 Uhr in den Räumen der St. C. Gemeinde,

(Anschrift)

zu einem Bürgerdialog E. ein.

An diesem Abend möchte ich mit Ihnen die Zukunftsperspektiven des Stadtteils in den Blick nehmen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen Ihre Erfahrungen und Ihre Ideen für die Entwicklung von E. und die Steigerung der Attraktivität und Lebensqualität.

Dazu werden Sie wie auf einem Marktplatz Gelegenheit haben, mit Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern aus der Verwaltung zu sprechen. An Marktständen werden Ihre Anregungen festgehalten. Folgende Themenschwerpunkte sind vorgesehen:

1. Soziale Infrastruktur / Schwerpunkt Jugend

2. Nahversorgung mit Lebensmitteln / Einzelhandel in E.

3. S.-Straße

4. Wohnstandorte: Leerstandssituation und Bestandspflege

5. Sicherheit und Ordnung

6. Rechtsextremismus

Auf den Dialog mit Ihnen freue ich mich!

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Mit freundlichen Grüßen

(Unterschrift Oberbürgermeister)

(Fußzeile: Rathaus, Anschrift, Telefonnummern)

Das Einladungsschreiben war per Email an die über den "Runden Tisch für Toleranz und Verständigung in E." verbundenen Vereine, Parteien, Jugendhilfeträger und Kirchengemeinden im Stadtteil E. gesandt worden mit der Bitte, dieses auch über die eigenen Verteiler an alle Interessierten weiterzuleiten.

Auf der Internetseite der Beklagten war die Veranstaltung mit Nachricht vom 11. Juni 2012 ebenfalls bekannt gemacht worden. Dort hieß es u. a. "Bewohnerinnen, Bewohner und Akteure im Stadtteil E. sind vom Oberbürgermeister zu einem Bürgerdialog E. am 18. Juni ab 19 Uhr in den Räumen der St.C. Gemeinde (...) eingeladen worden." Ein Hinweis auf den Vorbehalt, gegenüber bestimmten Personen vom Hausrecht Gebrauch zu machen, fand sich hier nicht.

Der Kläger, der im Stadtteil E. wohnt und dem Führungszirkel der inzwischen verbotenen rechtsextremen Vereinigung "Nationaler Widerstand F." angehörte, begab sich zum besagten Termin in Begleitung einiger Gesinnungsgenossen in den Veranstaltungssaal der St. C. Gemeinde. Kurz vor Beginn der Veranstaltung sprach der damalige Bereichsleiter des Amtes des Oberbürgermeisters und des Rates bei der Beklagten, Herr T., ein Hausverbot gegen den Kläger und seine Begleiter aus. Diese leisteten dem Hausverbot Folge, nachdem seitens der Beklagten zwei Polizisten hinzugezogen worden waren.

Unter dem 26. Juni 2012 erstattete Herr T. gegen den Kläger Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs. Das Strafverfahren wurde mangels rechtzeitig gestellten Strafantrags gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Nachdem der Kläger zunächst den Oberbürgermeister der Beklagten außergerichtlich ohne Erfolg aufgefordert hatte, die Rechtswidrigkeit des Saalverweises anzuerkennen, hat er am 4. September 2012 Klage erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Er wolle auch in Zukunft an vergleichbaren Veranstaltungen teilnehmen und habe deshalb unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein Interesse daran, dass die Rechtswidrigkeit des "Hinauswurfs" festgestellt werde. Zudem diene die begehrte Feststellung seiner Rehabilitierung; denn durch die Maßnahme sei er diskriminiert und als Störer entehrt worden. Das Hausverbot sei rechtswidrig gewesen. Man habe ihn vorher nicht angehört. Auch hätten die materiellen Voraussetzungen nicht vorgelegen. Bei dem Bürgerdialog habe es sich nach den objektiven Gesamtumständen um eine öffentliche Veranstaltung mit amtlichem Charakter gehandelt. Das Einladungsschreiben des Oberbürgermeisters mit dem Hausrechtsvorbehalt sei ihm nicht bekannt gewesen. Er sei der "Einladung" im Internet gefolgt, die keinen entsprechenden Passus enthalten habe. Abgesehen davon sei die Ausschlussklausel jedenfalls rechtswidrig gewesen, soweit sie nur an eine rechtsextremistische Gesinnung angeknüpft habe. Eine Gefahr sei nicht von ihm ausgegangen. Vielmehr habe er friedlich an der Veranstaltung teilnehmen und zuhören wollen. Seine rechtsextreme Einstellung allein mache ihn nicht zu einem Störer. Er sei auch kein Intensivtäter, sondern bislang nur wegen eines Delikts verurteilt worden. Dies sei der Beklagten bei Erteilung des Hausverbots nicht einmal bekannt gewesen. Willkürlich sei sein Ausschluss auch deshalb gewesen, weil man weitere anwesende vorbestrafte Personen nicht von der Versammlung ausgeschlossen habe.

Der Kläger hat beantragt,

gegenüber der Beklagten festzustellen, dass der Hinauswurf des Klägers am 18. Juni 2012 rechtswidrig war.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Der Oberbürgermeister habe nicht als Behörde, sondern als natürliche Person mit Bürgern in Kontakt treten und sich ihrer Fragestellungen annehmen wollen. Gerade wegen dieses besonderen Charakters habe die Veranstaltung nicht in einem öffentlichen Raum oder städtischen Veranstaltungsraum, sondern im geschützten Raum der Kirchengemeinde stattgefunden, um dort die gezielt eingeladenen Bewohner aus E. bzw. Dialogpartner zu treffen. Da der Oberbürgermeister sich den Ablauf einer solchen Veranstaltung nicht von Dritten habe aus der Hand nehmen lassen wollen, sei bereits in der Einladung deutlich gemacht worden, dass gewalt- und störungsbereite Personen der rechtsextremen Szene unerwünscht seien. Bei der vom Kläger in Bezug genommenen "Einladung" aus dem Internet handele es sich nicht um eine Einladung, sondern um eine Wissensmitteilung. In dieser werde auf eine an anderer Stelle ausgesprochene Einladung verwiesen, die gegenüber dem Leser des Internettextes gerade nicht ausgesprochen worden sei. Unter den konkreten Bedingungen der Veranstaltung in der Kirchengemeinde habe der Oberbürgermeister nicht abwarten müssen, bis der Kläger sein übliches "Handwerk" der massiven Störung und gewalttätigen Auseinandersetzung ins Werk setzte, sondern habe das ihm übertragene Hausrecht der Kirche im Vorfeld durchsetzen dürfen. Der Kläger sei als gewaltbereiter Rechtsextremist und Kopf der Vereinigung "Nationaler Widerstand F." bekannt gewesen. Er sei ein rechtsradikaler Intensivtäter, der zum Zwecke der Provokation erschienen sei.

Die Beklagte hat ein an sie bzw. Herrn T. gerichtetes Schreiben des Pastors der Kirchengemeinde St. C. vom 21. Mai 2015 zur Gerichtsakte gereicht. Darin führt der Pastor D. aus, er sei zum damaligen Zeitpunkt der Pfarradministrator der Pfarrei St. C. und der Vorsitzende des Kirchenvorstandes gewesen. Die Einladung zum Bürgerdialog sei zwar durch den Oberbürgermeister erfolgt, unter anderem seien die Themen aber zuvor beim "Runden Tisch für Toleranz und Verständigung" abgesprochen worden. Auf einer der Sitzungen im Vorfeld des Bürgerdialogs sei diskutiert worden, welche Themen behandelt werden sollten und an welchem Ort die Veranstaltung stattfinden sollte. Die Kirchengemeinde St. C. habe sich bereit erklärt, als Gastgeber zu fungieren. Dass Rechtsextremen kein Zugang in das Gemeindehaus gewährt werde, sei dabei Voraussetzung gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei mit den Mitgliedern des "Runden Tisches" bereits abgesprochen gewesen, dass bei öffentlichen Veranstaltungen die Ausschlussklausel angewandt werde und Rechtsextreme des Hauses verwiesen würden. Für die Veranstaltung habe er - der Pastor - das Hausrecht mündlich auf Herrn T. übertragen.

Ferner hat die Beklagte eine E-Mail des Herrn T. vom 22. Mai 2015 zur Gerichtsakte gereicht, in der dieser erklärt, die Veranstaltung sei in enger Abstimmung mit dem "Runden Tisch" durchgeführt worden und insofern keine amtliche Veranstaltung gewesen. Das Hausrecht sei durch ihn ausgeübt worden. Die Gemeinde sei jedoch nur unter der Bedingung Gastgeber gewesen, dass Rechtsextremen kein Zugang zu der Veranstaltung gewährt würde.

Mit Urteil vom 17. November 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, aber nicht begründet. Als Grundlage für das dem Kläger erteilte Hausverbot komme allein das Hausrecht in Betracht. Für den Zeitraum der Veranstaltung "Bürgerdialog E." habe die Kirchengemeinde St.C. das Hausrecht auf Herrn T. und somit auf die Beklagte übertragen. Dies ergebe sich aus der Erklärung des Pastors D. vom 21. Mai 2015. Die Übertragung des Hausrechts von der Kirchengemeinde auf Herrn T. sei allerdings mit der Maßgabe erfolgt, dass rechtsextremen Personen während der Veranstaltung von vornherein kein Zugang zu den gemeindlichen Räumlichkeiten gewährt werden sollte bzw. sie des Hauses verwiesen werden sollten. Als Eigentümerin der betroffenen Räumlichkeiten sei die Kirchengemeinde St. C. zu dieser Maßgabe berechtigt gewesen. Mit dem Hausverbot gegenüber dem Kläger habe Herr T. das ihm übertragene Hausrecht entsprechend der Maßgabe der Kirchengemeinde ausgeübt. Insoweit hätten weder er noch die Beklagte über eine eigene Entscheidungsbefugnis verfügt, sondern habe eine "Ermessensreduzierung auf Null" vorgelegen. Bei dieser Sachlage könne sowohl dahinstehen, ob tatsächlich eine Störung der Veranstaltung durch den Kläger zu erwarten gewesen sei, als auch, ob Veranstalterin des "Bürgerdialogs E." die Beklagte oder die Kirchengemeinde St. C. gewesen sei.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung führt der Kläger aus: Der Bürgerdialog habe nach den Gesamtumständen (Veranstalter, Zweck, Teilnehmerkreis, Inhalt der Einladung) einen amtlichen bzw. öffentlichrechtlichen Charakter gehabt. Die Durchführung in den Räumlichkeiten der Kirchengemeinde St. C. entbinde die Beklagte nicht von der Beachtung der Grundrechte, insbesondere von der Beachtung der Meinungsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die angebliche Bedingung der Kirchengemeinde, die Anwesenheit von Rechtsextremisten bei dem Bürgerdialog nicht zu dulden, sei für die Beklagte als Grundrechtsverpflichtete unbeachtlich. Die Beklagte sei auch bei der Gestaltung zivilrechtlicher Vertragsbeziehungen zur rechtsstaatlichen Neutralität verpflichtet. Die Beklagte hätte entweder auf die Durchführung des Bürgerdialogs in der Kirchengemeinde verzichten oder einen Veranstaltungsort wählen müssen, an dem sie ihren Grundrechtsverpflichtungen hätte nachkommen können. Entsprechende alternative Örtlichkeiten hätten in E. zur Verfügung gestanden. Die angebliche Bedingung der Kirchengemeinde habe sein, des Klägers, Recht auf Meinungsfreiheit verletzt, weil er allein wegen seiner rechtsextremistischen Meinung als solcher von dem Bürgerdialog ausgeschlossen worden sei. Zudem habe die Vorgabe gegen den Gleichheitssatz verstoßen, weil nur Rechtsextremisten, nicht aber andere Extremisten, insbesondere Linksextremisten und Islamisten ausgeschlossen worden seien. Im Übrigen bestreite er, dass die Kirchengemeinde tatsächlich den Ausschluss von Rechtsextremisten zur Bedingung gemacht habe. So sei in der Internetmeldung von der Ausschlussklausel keine Rede gewesen. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Hausverbotes gegen ihn hätten nicht vorgelegen. Er habe zum eingeladenen Personenkreis gehört und nicht die Absicht gehabt, die Veranstaltung zu stören.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, dass sein Ausschluss vom "Bürgerdialog E. " am 18. Juni 2012 rechtswidrig war.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie führt ergänzend aus, geeignete Räumlichkeiten in öffentlicher Hand hätten für die Veranstaltung nicht zur Verfügung gestanden. Rechtsextremisten seien nicht wegen ihrer Meinung von dem Bürgerdialog ausgeschlossen worden, sondern weil sie in E. bereits konkrete Bedrohungsszenarien durchgeführt hätten und große Teile der Bevölkerung nicht zum Bürgerdialog gekommen wären, wenn man Rechtsextremisten zu der Veranstaltung zugelassen hätte. Die zu den Akten gereichte schriftliche Einladung sei mit diesem Inhalt von den Mitgliedern des "Runden Tisches" im Stadtteil verteilt worden. Die Ausschlussklausel sei zudem noch einmal groß an der Eingangstür zum Gemeindehaus angebracht gewesen.

Mit Schriftsätzen vom 12. und 13. Januar 2017 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, des Verfahrens 15 AR 13/12 VG Gelsenkirchen und des Verfahren 5 D 83/12 OVG NRW (auszugsweise in Kopie) sowie der Strafakten 130 Js 2015/10 A und 155 Js 730/12 (600) A StA F. (auszugsweise in Kopie) Bezug genommen.

Gründe

Nach die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, entscheidet der Senat über die Berufung des Klägers gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufung hat Erfolg.

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich dieser nach Klageerhebung erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Bei einer Erledigung vor Klageerhebung - wie hier mit Beendigung des Bürgerdialogs - findet diese Regelung entsprechend Anwendung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2014 - 6 C 1.13 -, juris Rn. 10.

Die seitens der Beklagten an den Kläger ergangene Aufforderung, den Veranstaltungsraum zu verlassen, war ein Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 VwVfG NRW). Insbesondere handelte es sich um eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Herr T. hat das Hausverbot in seiner Eigenschaft als Beschäftigter der Beklagten ausgesprochen, um deren - vorübergehendes - Hausrecht an dem Veranstaltungsraum durchzusetzen. Das Hausrecht war öffentlichrechtlicher Natur, weil die Beklagte die Räumlichkeit im Rahmen des Bürgerdialogs für amtliche Zwecke genutzt hat. Der Oberbürgermeister der Beklagten hat das Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils E. nicht als Privatperson bzw. Parteipolitiker initiiert und geführt, sondern als Amtsträger. Dies ergibt sich aus der offiziellen Aufmachung und dem Inhalt seiner Einladung, dem Gegenstand der Veranstaltung sowie dem Umstand, dass er weitere Personen aus der Verwaltung der Beklagten als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger in die Veranstaltung eingebunden und damit auf amtliche Ressourcen zugegriffen hat.

Das erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich jedenfalls aus seinem Rehabilitationsbedürfnis. Der mit polizeilicher Hilfe durchgesetzte Hinauswurf vor den Augen der Saalöffentlichkeit war ein diskriminierender und ansehensschädigender Akt. Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme wäre eine Form der Wiedergutmachung.

Die Klage ist auch begründet. Der Ausschluss des Klägers vom "Bürgerdialog E. " in Gestalt des von der Beklagten verhängten Hausverbots war rechtswidrig. Als Ermächtigungsgrundlage für das Hausverbot kommt allein das öffentlichrechtliche Hausrecht in Betracht. Das Hausrecht ist notwendiger Annex der Sachkompetenz eines Hoheitsträgers zur Erfüllung der ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben. Es gibt dem Hoheitsträger insbesondere das Recht, zur Wahrung der Zweckbestimmung der im Verwaltungsgebrauch stehenden Gebäude und Räumlichkeiten sowie zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebes den Aufenthalt von Personen darin zu reglementieren.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Oktober 2016 - 15 B 1139/16 -, n.v. und vom 11. Februar 2014 - 15 B 69/14 -, juris Rn. 3, sowie Urteil vom 14.Oktober 1988 - 15 A 188/86 -, juris Rn. 2 ff.

Die Beklagte war - wie bereits angesprochen - für die Dauer des Bürgerdialogs Inhaberin des Hausrechts über den Veranstaltungsraum. Dies folgt daraus, dass die Kirchengemeinde St. C. ihr die Räumlichkeiten gerade für diesen amtlichen Zweck zur Verfügung gestellt hat. Dementsprechend hat auch Pastor D. ausdrücklich erklärt, er habe das Hausrecht für die Veranstaltung mündlich auf Herrn T. - als Vertreter der Beklagten - übertragen. Damit hatte die Beklagte im Ausgangspunkt die alleinige Befugnis, den Zutritt zum Veranstaltungsraum und die Teilnahme am Bürgerdialog zu regeln. Diese Befugnis hat sie indes nicht rechtmäßig ausgeübt.

Die Beklagte geht fehl in der Annahme, der Kläger sei schon deshalb zu Recht zum Verlassen des Bürgerdialogs aufgefordert worden, weil er nicht zum eingeladenen Personenkreis gehört habe. Die Einladung des Oberbürgermeisters richtete sich (u. a.) an alle Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils E., also auch an den Kläger. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Einladung, der Art und Weise ihrer Verteilung und entsprach im Übrigen dem vom Oberbürgermeister und den Verwaltungsbeschäftigen der Beklagten verfolgten Zweck der Veranstaltung, von den Menschen vor Ort Meinungen und Anregungen zu den dort bestehenden Problem- und Handlungsfeldern entgegenzunehmen. Zwar wäre es grundsätzlich auch möglich gewesen, zu einer solchen Veranstaltung gezielt nur repräsentative Teile der Bevölkerung einzuladen und insoweit individuelle Einladungen auszusprechen. So ist die Beklagte nach dem Gesagten aber nicht vorgegangenen. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger persönlich kein Exemplar der Einladung erhalten hat. Das Einladungsschreiben war zur allgemeinen Verbreitung bestimmt. Dass nur Personen, die im Besitz eines Einladungsschreibens waren, Einlass zum Bürgerdialog erhalten haben, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Aus dem Vorbehalt am Ende des Einladungsschreibens ergab sich ebenfalls keine wirksame Beschränkung des Teilnehmerkreises zu Lasten einer bestimmten - den Kläger einschließenden - Personengruppe. Allerdings spricht alles dafür, dass der Oberbürgermeister der Beklagten mit diesem Passus einer Bedingung der Kirchengemeinde St. C. für die Raumüberlassung Rechnung tragen wollte, Angehörigen des rechtsextremen Spektrums generell keinen Zugang zu dem Gemeindehaus zu gewähren, ohne dass noch weitere Gründe hinzutreten müssten. Die Beschränkung des Teilnehmerkreises - wie auch die entsprechende mündliche Abrede zwischen der Beklagten und der Kirchengemeinde St. C. - war jedoch rechtswidrig und kann damit nicht Grundlage für den Ausschluss des Klägers sein. Sie verstieß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Verbot einer Diskriminierung von politischen Anschauungen (Art. 3 Abs. 3 GG). Allein der Umstand, dass jemand eine rechtsextreme Gesinnung hat oder in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten ist, rechtfertigt es nicht, ihm Beteiligungsmöglichkeiten in kommunalen Angelegenheiten und Fragestellungen zu verwehren, die eine Stadt allen anderen Bewohnerinnen oder Bewohnern der Stadt oder eines Stadtteils einschränkungslos eröffnet. Dass die Beklagte den Bürgerdialog vor Ort möglicherweise nur durch Inanspruchnahme der Räumlichkeiten der Kirchengemeinde St. C. realisieren konnte und die Kirchengemeinde Vorgaben zum Teilnehmerkreis gemacht hatte, entbindet sie nicht von ihren öffentlichrechtlichen Verpflichtungen bzw. grundrechtlichen Bindungen. Hätte die Kirchengemeinde dennoch auf die Einhaltung der getroffenen Abrede bestanden, hätte die Beklagte die Veranstaltung an diesem Ort kurzfristig absagen müssen.

Der Senat verkennt schließlich nicht, dass zu den beim "Bürgerdialog E." behandelten Themenschwerpunkten auch das Thema "Rechtsextremismus" gehörte. Das nachvollziehbare Interesse des Oberbürgermeisters der Beklagten, dieses Thema in Abwesenheit von Angehörigen der rechtsextremen Szene mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils E. erörtern zu können, hätte aber allenfalls einen Ausschluss des besagten Personenkreises bei der Erörterung dieses Themenschwerpunktes, nicht aber von der gesamten Veranstaltung rechtfertigen können. Erforderlichenfalls hätte hierfür das Veranstaltungskonzept geändert werden müssen.

Das Hausverbot war auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, eine vom Kläger zu erwartende Störung des Veranstaltungsverlaufs zu unterbinden. Da ein Hausverbot präventiven Charakter hat, setzt es voraus, dass es zur Abwehr künftiger Störungen des Betriebsablaufs in der Behörde oder zum Schutz der Mitarbeiter und/oder Besucher erforderlich ist. Dementsprechend sind mit dem Hausverbot Tatsachen zu benennen, die den Hausfrieden in der Vergangenheit gestört haben und darauf schließen lassen, dass in Zukunft wieder mit Störungen zu rechnen und das Hausverbot daher erforderlich ist, um erneute Vorfälle zu verhindern. Allerdings muss eine Behörde auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen und sie ihr Anliegen ungehindert vortragen lassen. Sie kann nicht sogleich auf ein Hausverbot zurückgreifen. Diese Möglichkeit ist dann eröffnet, wenn der Dienstablauf nachhaltig gestört wird, z. B. weil Bedienstete beleidigt oder bedroht worden sind oder der Besucher in nicht hinnehmbarer Weise aggressiv reagiert und mit einer Wiederholung derartiger Vorfälle zu rechnen ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Oktober 2016 - 15 B 1139/16 -, n.v. und vom 11. Februar 2014 - 15 B 69/14 -, juris Rn. 3, sowie Urteil vom 14.Oktober 1988 - 15 A 188/86 -, juris Rn. 2 ff.

Ferner VG Düsseldorf, Beschluss vom 11. November 2016 - 21 L 2728/16 - juris Rn. 30; VG München , Urteil vom 19. Mai 2016 - M 12 K 15.3334 -, juris 59 ff. , jeweils m. w. N.

Der Erlass eines Hausverbots steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Behördenleiters, der diese Entscheidung innerhalb der Verwaltung delegieren kann.

Vorliegend fehlte es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Hausverbots gegen den Kläger. Die Beklagte hat weder beim Erlass des Hausverbots noch im Nachhinein konkrete Tatsachen benannt, die die Annahme rechtfertigen, der Kläger habe den Bürgerdialog stören wollen. Insbesondere hat die Beklagte nicht dargetan, dass der Kläger bei vergleichbaren Veranstaltungen in der Vergangenheit als Störer in Erscheinung getreten ist. Ihre Behauptung, der Kläger habe massive Störungen beabsichtigt und die gewalttätige Auseinandersetzung gesucht, hat die Beklagte nicht weiter - etwa durch Benennung entsprechender Vorfälle in der Vergangenheit - untermauert. Ebenso wenig hat sie die von ihr angesprochenen "konkreten Bedrohungsszenarien" und deren Bezug zur Dialogveranstaltung näher erläutert. Die Einschätzung, dass ein Teil der Bevölkerung die Veranstaltung gemieden hätte, wenn auch Rechtsextremisten Einlass erhalten hätten, mag zutreffen, kann aber ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die hier nicht dargelegt worden sind, deren vollständigen Ausschluss bei einer öffentlichen Veranstaltung nicht rechtfertigen.

Unbeschadet dessen war die Verhängung des Hausverbots auch ermessensfehlerhaft. Nach Lage der Dinge hat Herr T. namens der Beklagten das Hausverbot allein deshalb ausgesprochen, weil die Kirchengemeinde den Ausschluss von Rechtsextremisten zur Bedingung gemacht hatte bzw. weil er der Meinung war, der Kläger gehöre nicht zum eingeladenen Personenkreis. Über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Hausverbot und das Erfordernis einer Ermessensentscheidung hat man sich auf Seiten der Beklagten dementsprechend keine Gedanken gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.