LG Düsseldorf, Urteil vom 13.12.2016 - 14e O 139/14
Fundstelle
openJur 2019, 6669
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 18.406,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.07.2014 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 25.11.2013 gegen 17:30 Uhr in Düsseldorf, Kreuzung Jülicher Straße/ Roßstraße geltend.

Unfallbeteiligt waren der PKW-Audi (A8) mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxxx und der PKW-Mercedes Benz (E300) mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxxx. Die Klägerin, welche ein Autohaus betreibt, war zum Unfallzeitpunkt Halterin und Eigentümerin des PKW-Audi; er war als Vorführwagen auf diese zugelassen. Die Beklagte zu 1) war Fahrerin des PKW-Mercedes, welcher bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.

Der Zeuge xxxxx befuhr zum Unfallzeitpunkt mit dem klägerischen Fahrzeug im Rahmen einer Probefahrt die Roßstraße in Fahrtrichtung Moltkestraße auf dem linken der dort befindlichen zwei Fahrstreifen. Die Beklagte zu 1) fuhr mit dem Beklagtenfahrzeug auf der Jülicher Straße in Fahrtrichtung Klever Straße auf dem rechten der dort befindlichen drei Fahrstreifen. Nach Passieren der Lichtzeichenanlage im Kreuzungsbereich Jülicher Straße/ Roßstraße hielt die Beklagte zu 1) mit ihrem PKW zunächst an, da der vor ihr befindliche Verkehr, welcher nach rechts in die Roßstraße abbiegen wollte, ins Stocken geriet. Nach dem Abbiegen der vor ihr befindlichen Fahrzeuge setzte die Beklagte zu 1) ihre Fahrt fort, ohne die für sie gültige Lichtzeichenanlage noch einsehen zu können. Bei dem Versuch der Beklagten zu 1), die Roßstraße zu überqueren kam es schließlich zu der streitgegenständlichen Kollision des Kläger- und Beklagtenfahrzeugs, als sich der Zeuge xxxxx für die Beklagte zu 1) von rechts näherte. Beide Fahrzeuge wurden durch den Zusammenstoß beschädigt.

Der Zeuge xxxxx beabsichtigte, das Klägerfahrzeug zu erwerben. Er wollte es ursprünglich im Anschluss an die Probefahrt übernehmen und sodann weiter nutzen.

Am 26.11.2013, also einen Tag nach dem streitgegenständlichen Unfall, wurde ein Privatleasingvertrag über das Klägerfahrzeug mit dem Inhalt geschlossen, dass das Fahrzeug von der Klägerin an die Leasinggesellschaft „Audi Leasing“ übereignet wird und diese wiederum dem Zeugen xxxxx als Leasingnehmer das Fahrzeug im Wege einer Nutzungsüberlassung gegen eine monatliche Rate überlässt. Als „unverbindlicher“ Liefertermin wurde der 01.12.2013 im Vertrag festgehalten (Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Leasingvertrages wird auf die als Anlage K 1 verwiesen).

In Folge des Unfalls ließ die Klägerin ihr Fahrzeug durch einen Sachverständigen begutachten (hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird insoweit verwiesen auf das Gutachten xxxxx vom 29.11.2013, Anl. K1). Die Reparatur des Wagens erfolgte in der von der Klägerin selbst betriebenen Werkstatt. In dieser werden im wesentlichen Fremdfahrzeuge gewartet, inspiziert und repariert – wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob im Zeitraum der Reparatur die Werkstatt vollumfänglich ausgelastet war oder über freie Kapazitäten verfügte.

Für die Zeit vom 28.11.2013 bis zum 16.12.2013 mietete die Klägerin einen Ersatzwagen an und stellte diesen dem Zeugen xxxxx zur Nutzung zur Verfügung.

Insgesamt beziffert die Klägerin den ihr infolge des Unfall entstandenen Schaden auf 33.111,86 EUR. Im Einzelnen:

              Reparaturkosten                                          24.671,55 EUR

              Mietwagenkosten (netto)                            2.946,31 EUR

              Wertminderung                                          4.000,00 EUR

              Sachverständigengebühren (netto)              1.469,00 EUR

              Auslagenpauschale                                           25,00 EUR

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Schadensberechnung wird verwiesen auf die Rechnung der Klägerin vom 29.11.2013 sowie vom 17.12.2013 (Anl. K2), die Rechnung des Sachverständigen vom 29.11.2013 (Anl. K3) sowie die Rechnung der Firma xxxxxxxxx vom 19.12.2013 (Anl. K4).

Auf die vorgenannten Positionen regulierte die Beklagte zu 2) insgesamt einen Betrag i.H.v. 14.705,57 EUR (Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die Abrechnungsschreiben vom 05.03.2014, Anl. K5, vom 20.03.2014, Anl. K6, sowie vom 27.03.2014, Anl. K7).

Die Klägerin behauptet, der Zeuge xxxxxx habe zunächst mit dem klägerischen Fahrzeug an vorderster Stelle an der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage auf der Roßstraße vor der Einfahrt in die Kreuzung gehalten. Bei Umschalten der Lichtzeichenanlage auf „grün“ sei der Zeuge xxxxxx mit normaler, maßvoller Geschwindigkeit in den leeren Kreuzungsbereich eingefahren. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das Beklagtenfahrzeug noch nicht im eigentlichen Kreuzungskern, d.h. innerhalb der Fluchtlinien der Fahrbahnränder, befunden. Plötzlich und unvermittelt sei das Beklagtenfahrzeug dann von links angefahren gekommen und mit dem klägerischen Fahrzeug zusammen gestoßen. Die Beklagte zu 1) habe sich nicht vorsichtig mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung hinein getastet, sondern sei stark beschleunigend in den Kreuzungskern eingefahren. Der Unfall sei für den Zeugen xxxxxx unvermeidbar gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 18.406,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.07.2014 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

              die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1) sei beim Umschalten der für sie maßgeblichen Lichtzeichenanlage auf Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren. Sie habe aufgrund der vor ihr verkehrsbedingt wartenden Rechtsabbieger lediglich kurz angehalten, wobei sie sich bereits im Kreuzungskern hinter der Fluchtlinie der Fahrbahnränder befunden habe. Der Zeuge xxxxx sei sodann mit erheblicher Geschwindigkeit und ohne anzuhalten in die Kreuzung eingefahren, obwohl die für ihn maßgebliche Lichtzeichenanlage Rotlicht gezeigt habe. Der Zeuge xxxxx habe mit der Beklagten zu 1) als sog. Kreuzungsräumerin rechnen und dieser den Vorrang einräumen müssen. Bei angemessener Geschwindigkeit und gehöriger Aufmerksamkeit sei der Unfall für den Zeugen xxxxx vermeidbar gewesen.

Bezüglich der Schadenshöhe sind die Beklagten der Ansicht, die Klägerin müsse sich in Bezug auf die Reparaturkosten einen 15%igen Unternehmergewinn in Abzug bringen lassen. Im Hinblick auf die Mietwagenkosten fehle es aufgrund der unmittelbaren Veräußerung des Klägerfahrzeugs an den Zeugen xxxxxx sowohl an der Nutzungsmöglichkeit als auch am Nutzungswillen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 01.10.2014 (Bl. 32 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen xxxxx, xxxxx und xxxxx sowie gemäß Beweisbeschluss vom 26.05.2015 (Bl. 98 d.A.) durch Einholung eines schriftlichen verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen xxxxxxxxxxxx  . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 13.04.2015 (Bl. 60 ff. d.A.) sowie auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen xxxxxxxxxx vom 15.01.2016 sowie die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 04.05.2016 (Bl. 186 ff. d.A.) Bezug genommen.

Ferner ist die Bußgeldakte der Landeshauptstadt Düsseldorf – Az. 500000-214783-13/4 – beigezogen worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 7, 18 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 VVG in Höhe von 18.406,20 EUR.

1.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie war zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls unstreitig Eigentümerin des Klägerfahrzeugs. Das Leasinggeschäft mit dem Zeugen xxxxxx ist erst nach dem Unfallereignis am 26.11.2013 zustande gekommen. Eine Veräußerung des Klägerfahrzeugs vor dem 26.11.2013 ist nicht erfolgt.

2.

Die grundsätzliche Haftung der Parteien hinsichtlich des Verkehrsunfalls ergibt sich für die Klägerin aus der Halterhaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG, für die Beklagte zu 1) aus der Fahrerhaftung gem. §§ 18, 7 StVG und für die Beklagte zu 2) aus § 115 VVG. Der Unfall ereignete sich beim Betrieb der Fahrzeuge.

3.

Der Unfall stellte für beide Beteiligten kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dar. Unabwendbar gemäß § 17 Abs. 3 StVG ist nur ein Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt – nämlich durch ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den persönlichen Maßstab hinaus – nicht abgewendet werden kann (vgl. BGH NZV 2005, 305). Dies erfordert die Berücksichtigung aller möglichen Gefahrmomente einschließlich erheblicher fremder Fehler (vgl. OLG Celle Urteil vom 28.03.2012 - 14 U 156/11). Weder der Zeuge xxxxxx als Fahrer des Klägerfahrzeuges, noch die Beklagte zu 1) als Fahrerin des Beklagten-Fahrzeuges haben sich vorliegend wie ein sog. „Idealfahrer“ verhalten.

4.

Steht somit die grundsätzliche Haftung der Parteien fest, so hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Umstand allgemein geeignet ist, Schäden der vorliegenden Art herbeizuführen. Neben der Verursachung ist auch der Grad eines etwaigen Verschuldens eines Beteiligten bei der Schadensverteilung zu berücksichtigen. Bei der Abwägung der für den Unfall ursächlichen Umstände können nur die zugestandenen oder nachgewiesenen Tatsachen berücksichtigt werden (vgl. BGH Urteil vom 27.06.2000 - VI ZR 126/99 m.w.N.). Nimmt der Verursachungsanteil oder das Verschulden einer Partei ein derart hohes Maß an, dass dahinter die Mitursächlichkeit der anderen Partei nicht ins Gewicht fällt, so hat diese den Schaden alleine zu tragen. Andernfalls ist die Haftung im Rahmen einer umfassenden Abwägung anhand der jeweiligen Beiträge nach § 17 Abs. 1, 2 StVG aufzuteilen.

5.

Die vorzunehmende Abwägung ergibt vorliegend, dass die Beklagten den entstandenen Schaden voll zu tragen haben. Dies begründet sich damit, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Beklagte zu 1) den streitgegenständlichen Verkehrsunfall in schuldhafter Weise alleine verursacht hat.

Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist und alle vernünftigen Zweifel ausgeräumt sind.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte zu 1) zwar bei Grünlicht zunächst angefahren ist, sodann aber aufgrund des ihrem Fahrzeug vorausgehenden Verkehrs außerhalb des eigentlichen Kreuzungskerns angehalten hat und erst dann weiter in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, als die für sie maßgebliche Lichtzeichenanlage bereits wieder Rotlicht signalisierte und der Zeuge Xxxxxxx als Querverkehr bereits Grünlicht erhalten hatte.

Der Beklagten zu 1) ist der Nachweis, dass sie als sog. echte Nachzüglerin den Kreuzungsbereich vorrangig vor dem Querverkehr und damit auch vor dem das Klägerfahrzeug führenden Zeugen Xxxxxxx verlassen durfte, nicht gelungen. Als sog. echte Nachzügler werden diejenigen Fahrer bezeichnet, die sich bereits im eigentlichen Kreuzungskern befinden, wenn der Querverkehr durch die Lichtzeichenanlage freie Fahrt erhält, und die dort im Kreuzungsbereich in aller Regel den Verkehrsfluss erheblich stören würden, wenn ihnen nicht gestattet würde, den Kreuzungsbereich vorrangig zu räumen (BGH Urteil vom 11.05.1971 – VI ZR 11/70; OLG Koblenz Urteil vom 08.09.1997 – 12 U 1355/96; OLG Hamm Urteil vom 26.08.2016 – I-7 U 22/16). Unter dem Begriff des Kreuzungskerns ist die von den Fluchtlinien der Fahrbahnränder eingegrenzte Fläche zu verstehen (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, § 11 StVO Rn. 2).

Als außerhalb des Kreuzungskerns befindliche sog. unechte Nachzüglerin war die Beklagte zu 1) gegenüber dem Querverkehr und damit auch gegenüber dem Zeugen Xxxxxxx wartepflichtig. Sie musste auch bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt damit rechnen, dass die Lichtzeichenanlage für den Querverkehr zwischenzeitlich auf Grünlicht geschaltet hat (vgl. OLG Düsseldorf NVZ 1997, 481; OLG Hamm Urteil vom 26.08.2016 – I-7 U 22/16 jeweils m. w. N.). Insoweit ist der Beklagten zu 1) ein schuldhafter Verstoß gegen die ihr gem. gemäß § 1 Abs. 2 StVO obliegende Sorgfaltspflicht vorzuwerfen, da sie dennoch in die Kreuzung einfuhr und ihre Wartepflicht missachtete.

6.

Der Sachverständige hat in seinem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten, dem das Gericht nach eigener Prüfung vollumfänglich folgt, in Bezug auf den Standort, an dem die Beklagte zu 1) mit dem Beklagtenfahrzeug gehalten hat, festgestellt, dass diese nicht im eigentlichen Kreuzungskern, sondern davor auf dem im Bereich der Collenbachstraße verlaufenden Gleiskörper angehalten hat. Dies ergibt sich aus einer Rückrechnung in Bezug auf die festgestellte Kollisionsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges von 33 km/h. Um auf diese Kollisionsgeschwindigkeit zu beschleunigen, benötigt das Beklagtenfahrzeug eine Wegstrecke von 22 m, wobei hierbei bereits eine Beschleunigung von 3 m/s², die im sportlichen Bereich einzustufen ist, zugrunde gelegt wird. Mit jeder geringeren Beschleunigung würde die Beklagte zu 1) eine größere Wegstrecke benötigen, um die errechnete Kollisionsgeschwindigkeit zu erreichen. In der Entfernung von 22 m zum Kollisionsort befindet sich der Gleiskörper Collenbachstraße (vgl. SV- Gutachten Xxxxxxx, S. 22).

Soweit die Beklagte zu 1) im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung sowie die Zeugin Xxxxxxx als Beifahrerin im Beklagtenfahrzeug im Rahmen ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2015 angegeben haben, das Fahrzeug sei erst hinter dem Gleiskörper, also im Kreuzungskern, angehalten worden, ist dem nicht zu folgen. In Bezug auf die Zeugin Xxxxxxx ist insoweit zu konstatieren, dass diese den Standort zunächst auf Höhe des ersten schwarzen Punktes in der vorgehaltenen Skizze Google-Maps (vgl. Bl. 73 d. A.) im Bereich des Gleiskörpers verortet und erst auf Rückfrage des Beklagtenvertreters auf die gleiche Stelle wie die Beklagte zu 1) lokalisiert hat. Die Angaben der Beklagten zu 1) sowie der Zeugin Xxxxxxx widersprechen insofern auch den nachvollziehbaren sachverständigen Feststellungen. Dieser hat insoweit festgestellt, dass bei einem Halten – wie behauptet – hinter dem Gleiskörper auf der Collenbachstraße im Kreuzungskern eine Beschleunigung von 4,8 m/s² notwendig wäre, um die errechnete Kollisionsgeschwindigkeit zu erreichen. Bei einer Beschleunigung von 4,8 m/s² handelt es sich um einen „Kavalierstart“, bei welchem mit durchdrehenden Reifen zu rechnen ist. Für einen derartigen Kavalierstart des Beklagtenfahrzeugs bestehen aber keine Anhaltspunkte und ein solcher wird von den Beklagten auch nicht behauptet.

Der Umstand, dass sich die Beklagte zu 1) während des Haltens mit dem Beklagtenfahrzeug auf einem Gleiskörper aufgehalten hat, der von Straßenbahnen befahren wird, ändert nichts an der Tatsache, dass sie sich außerhalb der von den Fluchtlinien der Fahrbahnränder eingegrenzte Fläche und mithin außerhalb des Kreuzungskerns aufgehalten hat. Eine teleologische Erweiterung des Begriffs kommt vorliegend nicht in Betracht. Eine bevorrechtigte Räumung des Kreuzungskerns wird anerkannt, um zu verhindern, dass in der Kreuzung befindliche Fahrzeuge den Verkehrsfluss erheblich stören. Die Straßenbahnschienen, die entlang der Collenbachstraße verlaufen, kreuzen aber auch den auf der Roßstraße/ Moltkestraße befindlichen Querverkehr. Mithin können auf dem Gleisbett im Kreuzungsbereich keine Straßenbahnen verkehren und daher auch nicht durch das Beklagtenfahrzeug behindert werden, solange der Querverkehr fahrberechtigt ist.

Die Beklagte zu 1) hat sich auch noch außerhalb des Kreuzungskerns befunden, als die für den Querverkehr – und mithin für den Zeugen Xxxxxxx als Fahrer des klägerischen Fahrzeuges – maßgebliche Lichtzeichenanlage auf Grünlicht umgesprungen ist. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Xxxxxxx ist der Zeuge Xxxxxxx etwa 0,5 Sekunden, nachdem die Beklagte zu 1) vom Standort des Haltens den Startvorgang eingelegt hat, von der Haltelinie an der für ihn maßgeblichen Lichtzeichenanlage gestartet. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Beklagte zu 1) etwa 0,5 m vorbewegt (vgl. SV-Gutachten Xxxxxxx, S. 24).

Aufgrund der glaubhaften Zeugenaussagen der Zeugen Xxxxxxx und Reck ist das Gericht auch überzeugt davon, dass der Zeuge Xxxxxxx erst beim Umschalten auf Grünlicht in die Kreuzung eingefahren ist. Den Beklagten ist die Beweisführung dahingehend, dass der Zeuge unter Rotlichtverstoß in die Kreuzung eingefahren wäre, dem entgegen nicht gelungen. Der Zeuge Xxxxxxx hat in seiner Vernehmung selbst angegeben, bei Rot an der Lichtzeichenanlage gestanden zu haben und dann nach dem Umspringen auf Grünlicht losgefahren zu sein. Diese Aussage deckt sich mit der Aussage des unbeteiligten Zeugen Reck, der sich mit seinem Pkw unmittelbar hinter dem Klägerfahrzeug befand und insoweit nachvollziehbar ebenfalls die Ampelschaltung beobachte. Der Zeuge Reck hat insoweit ebenfalls bekundet, dass der Zeuge Xxxxxxx losgefahren sei, nachdem die Lichtzeichenanlage auf Grünlicht geschaltet habe.

Die Beklagte zu 1) musste angesichts der gegebenen Umstände bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auch damit rechnen, dass nach dem Anhalten die Schaltung der Lichtzeichenanlagen bereits gewechselt hatte und der Querverkehr Grünlicht bekommen hatte. So äußert die Zeugin Xxxxxxx, die vor der Beklagten zu 1) befindlichen Fahrzeuge, die nach rechts abbiegen wollten, hätten mehrere querende Fußgänger durchlassen müssen. Es wären mehr Fußgänger als gewöhnlich auf dem Fußgängerweg gewesen und die Fußgänger seien auch von beiden Seiten gekommen. Daher habe sich die Weiterfahrt auch mehr als gewöhnlich verzögert. Die Aussage weist auch originelle Details auf, die für ein wahres Erleben sprechen. So führt sie weiter aus, sie habe auch hochgeschaut, weil sie sich gewundert habe, warum es nicht weitergehe. Die Schilderung stimmt zudem mit den im Rahmen der informatorischen Anhörung gemachten Angaben der Beklagten zu 1) überein, die selbst ausführt, es habe viel Verkehr und viel Fußgängerverkehr geherrscht. Die Aussagen decken sich darüber hinaus mit den Ausführungen des Sachverständigen. Aus dem Ampelphasenplan ergibt sich nämlich, dass die Beklagte zu 1) – wenn sie wie von ihr behauptet zu Beginn von Grünlicht in die Kreuzung eingefahren ist – sich mindestens 36 Sekunden im Kreuzungsbereich aufgehalten haben muss (vgl. SV-Gutachten Xxxxxxx, S. 20).

7.

Bei Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge gemäß §§ 17 Abs. 1, 2 StVG ergibt sich vorliegend eine Haftung der Beklagten mit einer Quote von 100%.

Auf Seiten der Klägerin war lediglich die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges zu berücksichtigen. Die Beweisaufnahme hat einen Verkehrsverstoß des Zeugen Xxxxxxx nicht ergeben. Insoweit stehen sich insgesamt die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges und der schuldhafte Verkehrsverstoß der Beklagten zu 1) gegen § 1 Abs. 2 StVO gegenüber.

Der Zeuge Xxxxxxx durfte darauf vertrauen, dass er gefahrlos bei grüner Lichtzeichenanlage die Kreuzung passieren kann und auch die Beklagte zu 1) das Vorrecht des Querverkehrs infolge des zwischenzeitlichen Phasenwechsels beachten wird. Nach dem sog. Vertrauensgrundsatz darf ein Verkehrsteilnehmer grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer verkehrsgerecht verhalten, solange er sich selbst derart verhält. So muss ein Kraftfahrer, für den durch grünes Licht der Verkehr freigegeben ist gem. § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 StVO, grundsätzlich nicht damit rechnen, dass andere Fahrzeuge unerlaubter Weise von der Seite her in die Kreuzung einfahren (BGH Urteil vom 11.05.1971 – VI ZR 11/70). Er darf sich in der Regel vielmehr darauf verlassen, dass er bei Grünlicht gegen seitlichen Verkehr abgeschirmt ist (vgl. OLG Düsseldorf NVZ 1997, 481).

Insoweit tritt die Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Klägerin gänzlich hinter dem schuldhaften Verhalten der Beklagten zu 1) zurück.

8.

Der Höhe nach kann die Klägerin über die bereits erfolgte Regulierung hinaus als ersatzfähigen Schaden den geltend gemachten Betrag von 18.406,20 EUR in vollem Umfang für sich beanspruchen.

Unstreitig sind der Klägerin Reparaturkosten in Höhe 24.671,55 EUR, Mietwagenkosten in Höhe von 2.946,31 EUR, eine Wertminderung des Klägerfahrzeugs in Höhe von 4.000,00 EUR, Sachverständigengebühren in Höhe von 1.469,00 EUR sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von  25,00 EUR infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls entstanden, wobei die Beklagte zu 2) auf diese Positionen bereits 14.705,57 EUR reguliert hat.

In Bezug auf die Kosten für die Reparatur des Klägerfahrzeugs, die in der eigenen Werkstatt der Klägerin durchgeführt wurde, ist ein Abzug in Höhe von 15 % für den Unternehmergewinn – so wie von den Beklagten vertreten – nicht vorzunehmen. In der Werkstatt der Klägerin werden unstreitig auch Fremdfahrzeuge gewartet, repariert und inspiziert. Insofern kann die Klägerin, soweit sie das streitgegenständliche Fahrzeug in der eigenen Werkstatt repariert, diese Reparatur zu den gleichen Bedingungen abrechnen, wie sie Werkleistungen für andere Kunden abrechnet. Ein Geschädigter, der die Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs selbst durchführt, kann grundsätzlich den Geldbetrag erstattet verlangen, den er in einer Kraftfahrzeugwerkstatt aufbringen müsste. Gleiches gilt für den Geschädigten, der selbst gewerbsmäßig mit der Instandsetzung von Kraftfahrzeugen befasst ist und eine eigene Kraftfahrzeugwerkstatt betreibt. Letzterer darf nicht schlechter gestellt werden, als ein Geschädigter, der diese Möglichkeit nicht hat. Es ist ihm auch nicht zuzumuten, besondere eigene Anstrengungen zu unternehmen, wenn der Lohn dieser Anstrengungen letztlich dem Schädiger zu Gute kommt (BGH Urteil vom 08.12.1977 – II ZR 189/75; LG Köln Urteil vom 9.12.2014 - 11 S 36/14). Soweit die Beklagten behaupten, die klägerische Werkstatt sei im Zeitpunkt der Reparatur nicht voll ausgelastete gewesen, ist dieser Vortrag als spekulative Behauptung ins Blaue hinein unbeachtlich. Die Darlegungs- und Beweislast für einen solchen Ausnahmetatbestand, welcher einen Abzug rechtfertigen würde, tragen die Beklagten. Es obliegt diesen vorzutragen, dass nach der Marktlage im fraglichen Zeitpunkt Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Klägerin ihre Werkstatt in der betreffenden Zeit nicht hätte auslasten können (vgl. OLG Frankfurt a.M. Urteil vom 14.01.2012 – 165 U 100/11) Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für ihre Annahme bringen die Beklagten insoweit aber nicht vor.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die nach § 249 Abs. 1 BGB geschuldete Wiederherstellung des früheren Zustandes nach dem Wegfall der Nutzungsmöglichkeiten eines durch einen Unfall geschädigten Fahrzeuges kann durch die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges erreicht werden. In diesem Fall hat der Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die durch die Anmietung entstandenen Kosten zu ersetzen, soweit sie erforderlich gewesen sind (BGH NJW 1996, 1958; BGH NJW 1993, 1849). Die Inanspruchnahme eines Mietwagens muss mithin notwendig und nicht von vornherein ausgeschlossen oder begrenzt gewesen sein. Notwendigkeit erfordert auch einen entsprechenden Nutzungswillen des Geschädigten. Auch wenn ein gewerblich genutztes Kraftfahrzeug ausfällt, kann der Geschädigte zu Lasten des Schädigers ein Ersatzkraftfahrzeug anmieten (BGH NJW 1985, 793; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 249 Rn. 39).  Die Nutzung des Klägerfahrzeugs war der Klägerin nach dem Unfallereignis unmöglich. Es war weder verkehrssicher noch fahrbereit. Die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges durch die Klägerin war auch geboten. Als Autohaus nutzt sie ihre Vorführwagen für gewöhnlich zu Präsentationszwecken und für Probefahrten, um diese langfristig an Kunden zu veräußern. So hat die Klägerin vorliegend ihren Nutzungswillen durch die zügige Instandsetzung und anschließende Veräußerung dokumentiert. Dass sie das Ersatzfahrzeug nicht selbst etwa durch eigene Angestellte benutzt hat, sondern unmittelbar an den Zeugen Xxxxxxx übergeben hat, mit der Begründung diesen mobil halten zu wollen, steht ihrem Nutzungswillen nicht entgegen. Vorführwagen eines Autohauses werden für gewöhnlich durch Dritte, nämlich (potenzielle) Kunden, gebraucht. Insoweit ist unerheblich, ob der Nutzungswille der Klägerin dahin geht, den Wagen selbst zu nutzen, oder ob die Nutzung in der Zurverfügungstellung an einen Dritten besteht. Der Nutzungswille der Klägerin hat sich vorliegend auch dadurch manifestiert, dass diese einen Ersatzwagen angemietet hat.

9.

Der Anspruch hinsichtlich der Zinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.

III.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 18.406,20 €