LG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2016 - 14c O 160/14
Fundstelle
openJur 2019, 6651
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen zu 1) und 2) zu jeweils 43 % und die Kläger zu 3) und 4) zu jeweils 7 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie die Beklagte sind Wettbewerber auf dem Markt für Amalgamabscheider und Amalgamabscheider-Behälter für den zahnärztlichen Bedarf. Amalgamabscheider scheiden quecksilberhaltiges Amalgam aus dem Brauchwasser von zahnärztlichen Behandlungsstühlen ab und fangen es in einem Sammelbehälter auf, damit das hochgiftige Amalgam nicht ins Grundwasser gelangt. Die Amalgamrückstände sind ein wertvoller Rohstoff, denn sie enthalten wertvolle Metalle wie Quecksilber, Silber, Kupfer, Indium, Zinn und Zink.

Die Klägerin zu 1) ist die Obergesellschaft der S Unternehmensgruppe. Sie hat ihren Sitz in Österreich und vertreibt seit 1989 Amalgamabscheider und Amalgamabscheider-Behälter u.a. in Deutschland. Ihre Umsatzerlöse aus dem Verkauf von Amalgamabscheidern betrugen im Jahr 2013 in Deutschland ca. 480.000 €.

Die Klägerin zu 2) ist eine im Jahr 1991 gegründete, deutsche Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Sie nimmt Aufgaben im Bereich der Entsorgung von Amalgam-Abfällen wahr und fungiert insbesondere als Sammelstelle für volle Amalgamabscheider-Behälter der Marke S, die sie an die Klägerin zu 1) zurückführt.

Die Kläger zu 3) und 4) sind die gemeinsamen Geschäftsführer der Klägerin 1), der Kläger zu 3) ist alleiniger Geschäftsführer der Klägerin zu 2).

Die Kläger zu 3) und 4) sind gemeinsame Inhaber der Gemeinschafts-Wortmarke EM ...#/... "S" (im Folgenden: Klagemarke 1), die am 29.11.2006 angemeldet und am 15.04.2008 u.a. für "zahnärztliche Apparate mit Ausnahme von Dosiersystemen zur Dosierung und Dokumentation von Substitutionsmedikamenten im Rahmen der Substitutionsbehandlung" eingetragen wurde. Die Eintragung der Marke wurde am 21.04.2008 veröffentlicht (Anlage K 4).

Die Kläger zu 3) und 4) sind außerdem gemeinsame Inhaber der Internationalen Registrierung 561055 "S" (im Folgenden: Klagemarke 2) mit Schutzerstreckung auf die Bundesrepublik Deutschland (Anlage K 5). Die Wortmarke wurde am 18.09.1990 angemeldet, am 18.01.1991 veröffentlicht und genießt Schutz u.a. für "séparateurs pour mélanges de liquides et mélanges de matières solides" (zu Deutsch: Abscheider für Gemische von Flüssigkeiten und Gemische von festen Stoffen).

Die Klägerinnen zu 1) und 2) sind zudem Inhaberinnen von Unternehmenskennzeichenrechten gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG an dem Firmenschlagwort "S", die dadurch entstanden sind, dass sie die Bezeichnung seit 1989 bzw. 1991 im geschäftlichen Verkehr in Deutschland für ihre auf die Herstellung und den Vertrieb von Amalgam-Abscheidern und Amalgamabscheider-Behältern bzw. die Entsorgung der Behälter gerichteten Geschäftsbetriebe benutzen.

Die Klägerin zu 1) vertreibt u.a. den Amalgamabscheider MST 1 in Deutschland, bei dem die abgeschiedenen Amalgam-Rückstände in einem Sammelbehälter aufgefangen werden. Die farbliche Gestaltung der Sammelbehälter variiert seit dem Beginn des Vertriebs. Ursprünglich waren die Behälter transparent, später kamen grüne und gelbe und seit dem Jahr 2010 auch orangefarbenen Behälter hinzu. Die farbigen Behälter und jedenfalls die in jüngerer Zeit - nach Behauptung der Klägerin alle - produzierten und vertriebenen transparenten Behälter sind als Einmalprodukte mit der Aufschrift "Einwegbehälter" bzw. bzw. "Einwegbehälter / singleuse container" gekennzeichnet. In der Einbauanleitung (Anlage K 23), die auch bereits den älteren, transparenten Behältern beigegeben war, steht in Fettdruck: "Der Sammelbehälter ist aus technischen und hygienischen Gründen zur einmaligen Verwendung konzipiert." Für eine mehrfache Verwendung ist der MST 1-Abscheider-Behälter nicht zertifiziert. Auf den seit dem Jahr 2010 vertriebenen orangefarbenen Behältern ist zusätzlich das in der Medizintechnik international gebräuchliche Symbol einer durchgestrichenen 2 abgedruckt, wie aus nachfolgend wiedergegebener ersten Seite der Anlage K 8 ersichtlich:

Die Beklagte ist ein Unternehmen für Dental-Entsorgung und -Wiederaufbereitung. Sie nimmt zahnmedizinischen Praxen Amalgam-Abfälle ab, bereitet sie auf und verwertet die dabei gewonnenen Rohstoffe. Dazu bietet sie Zahnärzten den kostenlosen Austausch gefüllter Amalgamabscheider-Behälter gegen eine entsprechende Anzahl geleerter, gereinigter und desinfizierter Auffangbehälter gleichen Typs an, wie aus den in Anlage K 9 wiedergegebenen Screenshots von der Internetseite der Beklagten ersichtlich.

Die Beklagte gab jedenfalls bis Juni 2014 das mit "Der medentex N-Weg - S MST 1" überschriebene Informationsblatt gemäß Anlage K 10 in der Bundesrepublik Deutschland aus, in dem gezeigt wurde, wie der Zahnarzt einen S MST 1-Abscheidebehälter für die Abholung durch die Beklagte vorbereiten sollte, wie nachfolgend wiedergegeben:

Auf der Rückseite des Informationsblatts befand sich ein Formularvordruck für einen Abholauftrag von S-Amalgamabscheider-Behältern (Anlage K 11), den die Beklagte an Zahnärzte ausgab und auf dem es u.a. hieß:

"Hiermit beauftragen wir (Praxis), die Firma medentex GmbH in Bielefeld als zugelassener Entsorger, die beigefügten S-Amalgam-Auffangbehälter einer gesetzeskonformen Verwertung zuzuführen."

Der Kunde konnte sodann durch Ankreuzen zwischen der Rücklieferung eines neuen Behälters oder eines recycelten Behälters wählen, wobei letzterer mit dem Sternchenhinweis erläutert wurde:

"Sie erhalten von medentex einen geleerten, gereinigten und desinfizierten Auffangbehälter in entsprechender Stückzahl zurück."

Anlage K 11 wird nachfolgend wiedergegeben:

Auf die Abmahnung durch die Kläger verpflichtete sich die Beklagte - wie aus Anlage K 13 ersichtlich - am 07.08.2014 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht strafbewehrt, es zu unterlassen,

- im geschäftlichen Verkehr auf dem als Anlage K 10 vorgelegten Informationsblatt den Markennamen "S", sowie jedwede Abbildung eines Amalgamabscheider-Behälters mit der Aufschrift "S" zu verwenden;

- den Markennamen "S" auf dem als Anlage K 11 vorgelegten Abholauftrag zu verwenden;

- zu behaupten, das Recycling von S Amalgamabscheider-Behältern stelle eine gesetzeskonforme Verwertung dar.

Die Kläger nahmen die Erklärung an und forderten die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 1. bzw. 15.09.2015 zur Erfüllung der Folgeansprüche auf Ersatz der Abmahnkosten, Auskunft, Schadensersatz und Beseitigung auf, worauf die Beklagte nicht reagierte.

Die Kläger behaupten, die Beklagte betreibe ihr Recycling-Modell mit Amalgamabscheider-Behältern des Typs S MST 1 sämtlicher Farbgestaltungen, die ausdrücklich zur einmaligen Verwendung vorgesehen seien. Soweit die Beklagte behaupte, sie tausche nur transparente Behälter ohne Einwegkennzeichnung, sei dies eine bloße Schutzbehauptung, wie der Umstand zeige, dass sie auf ihrer Website hinter dem Schlagwort "Mehrwegfähige Abscheider-Systeme" die Behälter in allen vier Farben zeige (Anlage K 9, Seite 4 und Anlage K 16, Seite 1). Sie, die Kläger, hätten mehrfach transparente Behälter mit Einwegkennzeichnung zugesandt erhalten, die zwischenzeitlich durch die Hände der Beklagten gegangen und dort mit deren Adressaufkleber und der Aufschrift "Recycling & Service" bzw. "kostenloser Abholservice" versehen worden seien (Anlage K 22). Ohnehin produziere die Klägerin zu 1) seit 2004 keine transparenten Behälter mehr. Im Übrigen komme es nicht auf die Produkt-Kennzeichnung, sondern auf die Zweckbestimmung an, also auf die Verwendung, für die das Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien bestimmt sei.

Sie sind der Ansicht, die Beklagte habe gegen die §§ 3, 5 Abs. 1 UWG verstoßen, mit der Folge, dass den Klägerinnen zu 1) und 2) wettbewerbsrechtliche Ansprüche zustünden. Durch den als Anlage K 11 vorgelegten Abholauftrag, der nicht nur an Bestandskunden der Beklagten, sondern auch an andere Teile der beteiligten Verkehrskreise gelangt sei, und überdies - jedenfalls in aktualisierter Version - zum Download auf der Website bereitstehe, habe die Beklagte den Eindruck erweckt, ihr Recycling stelle eine "gesetzeskonforme Verwendung" von Amalgamabscheider-Behältern des Typs S MST 1 dar. Dies sei eine objektiv falsche Werbeaussage, da das Recycling nicht gesetzeskonform sei. Die zum Abscheider-System MST 1 gehörenden Sammelbehälter seien Zubehör i.S.d. § 3 Nr. 9 des Medizinproduktegesetzes (im Folgenden: MPG) bzw. Art. 1 Abs. 2 lit. b) der Medizinprodukte-Richtlinie (im Folgenden: MPRL), welches als eigenständiges Medizinprodukt behandelt werden müsse. Gemäß § 2 Abs. 1 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (im Folgenden: MPBetreibV) dürfe ein Medizinprodukt nur seiner Zweckbestimmung entsprechend betrieben, angewendet und instandgehalten werden, also entsprechend der Verwendung, für die das Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien nach den Angaben des Herstellers bestimmt sei. Da die Behälter ausdrücklich als Einwegbehälter in den Verkehr gebracht würden, sei eine Aufbereitung und Wiederverwendung ausgeschlossen. Eine Mehrfachverwendung sei überdies von der dem MST 1-System erteilten CE-Zertifizierung nicht erfasst. Außerdem genüge der von der Beklagten durchgeführte Aufbereitungsprozess auch nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 1, 2 MPBetreibV. Schließlich liege auch dann schon eine Irreführung vor, wenn man die Rechtslage - wie die Beklagte - für umstritten halte, da eine vermeintlich bestehende Rechtssicherheit vorgespiegelt werde.

Die Irreführung sei von wettbewerblicher Relevanz, da sie dazu geeignet sei, Zahnärzte zu veranlassen, den kostenlosen Austausch der Behälter bei der Beklagten zu beauftragen, anstatt neue Behälter der Klägerin zu 1) im Fachhandel zu bestellen. Auch mit Bestandskunden werde die Geschäftsbeziehung durch die Übermittlung der Abholaufträge erhalten und vertieft. Hierdurch erleide die Klägerin zu 1) Verkaufseinbußen und wertvolle Rohstoffe in Form von Amalgamrückständen gelangten nicht an die Klägerin zu 2) zurück. Mit dem Schadensersatzanspruch der Klägerinnen zu 1) und 2) gehe ein Auskunfts- und ein Beseitigungsanspruch einher. Es bedürfe insbesondere auch nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung noch eines Widerrufs gegenüber allen Kunden, die einen Abholauftrag gemäß Anlage K 11 erhalten haben, da die Abholaufträge noch bei den Zahnärzten vorhanden seien und sich ihr Inhalt im Gedächtnis der Zahnärzte etabliert habe. Der Widerruf sei auch zumutbar, da sich die Beklagte vorsätzlich über die Herstellerangabe der Einwegnutzung hinweggesetzt habe.

Ferner bestünden aufgrund der Verwendung des Informationsblattes gemäß Anlage K 10 kennzeichenrechtliche Ansprüche. Im Hinblick auf die Kläger zu 3) und 4) ergäben sich diese aufgrund der Verletzung der Klagemarke zu 1., hilfsweise beschränkt auf die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Verletzung der Klagemarke zu 2. Bezüglich der Klägerinnen zu 1) und 2) folgten sie aus der Verletzung ihrer Unternehmenskennzeichen "S". Die Beklagte habe auf dem Informationsblatt gemäß Anlage K 10 ohne Zustimmung der Kläger zu 3) und 4) die Marke "S" für identische Waren benutzt und das Firmenschlagwort der Klägerinnen zu 1) und 2) in verwechslungsfähiger Weise verwandt. Eine Privilegierung nach § 23 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 12 lit. c) GMV greife nicht ein und auch eine Erschöpfung gemäß § 24 Abs. 2 MarkenG bzw. Art. 13 Abs. 2 GMV sei nicht gegeben.

Sowohl hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen als auch hinsichtlich der marken- und kennzeichnungsrechtlichen Ansprüche bestehe ein Anspruch auf Kostenerstattung aus § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG bzw. aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Schließlich hätten die Klägerinnen zu 1) und 2) - wie nach erfolgloser Abmahnung klageerweiternd geltend gemacht - auch einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nebst Folgeansprüchen, weil die Beklagte auf ihrer Internetseite www.medentex.eu Amalgamabscheider-Behälter des Typs S MST 1 und S Compact als "mehrwegfähig" bezeichne, wobei sie auch Behälter in den Farben Grün, Gelb und Orange abbilde.

Die Kläger beantragen,

I. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen jeden Schaden zu ersetzen, welcher den Klägerinnen zu 1) und 2) dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte behauptet hat, der Austausch von gefüllten Amalgamabscheider-Behältern der Marke S, die von der Klägerin zu 1) zum einmaligen Gebrauch in Verkehr gebracht worden sind, gegen geleerte, gereinigte und desinfizierte Auffangbehälter gleichen Typs sei eine "gesetzeskonforme Verwertung", wie geschehen auf dem der Klageschrift als Anlage K 11 beigefügten Formularvordruck für einen Abholauftrag;

hilfsweise, dass die Beklagte das durch diese Handlungen Erlangte an die Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen herauszugeben hat;

II. die Beklagte zu verurteilen, den Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen in Form einer geordneten Darstellung Auskunft zu erteilen über Dauer und Umfang ihrer Handlungen gemäß Ziffer I., nämlich Auflagenzahlen, Abrufzahlen im Internet, Verbreitungsmedien und Verbreitungsgebiete sowie Verbreitungszeiträume des Formularvordrucks für einen Abholauftrag gemäß Anlage K 11;

III. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber den Adressaten, an die sie den der Klageschrift als Anlage K 11 beigefügten Formularausdruck ausgegeben hat, schriftlich zu erklären, dass der Austausch von gefüllten Amalgamabscheider-Behältern der Marke S, die von der Klägerin zu 1) zum einmaligen Gebrauch in Verkehr gebracht worden sind, gegen geleerte, gereinigte und desinfizierte Auffangbehälter gleichen Typs keine gesetzeskonforme Verwertung darstellt;

IV. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern als Gesamtgläubigern jeden Schaden zu ersetzen, welcher den Klägerinnen zu 1) und 2) in der Bundesrepublik Deutschland, den Klägern zu 3) und 4) in der Europäischen Union dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte die Bezeichnung "S" im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union und in der Bundesrepublik Deutschland für Amalgamabscheider-Behälter sowie für auf die Abholung, Aufbereitung und Auslieferung solcher Behälter gerichtete Dienstleistungen verwendet hat, wie geschehen in dem der Klageschrift als Anlage K 10 beigefügten Informationsblatt;

hilfsweise, dass die Beklagte das durch diese Handlungen Erlangte an die Kläger als Gesamtgläubiger herauszugeben hat;

V. die Beklagte zu verurteilen, den Klägern als Gesamtgläubigern in Form einer geordneten Darstellung darüber Auskunft zu erteilen, über welchen Zeitraum und in welchem Umfang sie im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union das der Klageschrift als Anlage K 10 beigefügte Informationsblatt verwendet hat, und zwar unter Vorlage einer geordneten, nach Kalendervierteljahren gegliederten Aufstellung, aus der hervorgeht, zu welchen Zeiten, in welchen Stückzahlen und auf welchen Vertriebswegen sie dieses Informationsblatt verbreitet hat, sowie die während dieses Zeitraums mit der Verwertung von Amalgamabscheider-Behältern der Marke S (einschließlich der darin enthaltenen Amalgam-Rückstände) erzielten Umsätze und Gewinne;

VI. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 4.448,60 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. August 2014 zu bezahlen.

Die Klägerinnen zu 1) und 2) beantragen klageerweiternd darüber hinaus,

VII. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder in einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, in Bezug auf die Amalgamabscheider-Systeme S MST 1 und/oder S Compact zu behaupten, diese seien "mehrwegfähig", insbesondere indem die Beklagte

1. in der Werbung Abbildungen von Amalgamabscheider-Behältern des Typs S MST 1 und/oder S Compact neben der Überschrift "Mehrwegfähige Abscheider-Systeme" verwendet

und/oder

2. in der Werbung behauptet, "[M]ehrwegfähige Systeme sind die Amalgamabscheider-Behälter S MST 1, S Compact";

VIII. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen jeden Schaden zu ersetzen, welcher den Klägerinnen zu 1) und 2) durch die im Klageantrag zu VII. beschriebenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird;

hilfsweise, dass die Beklagte das durch diese Handlungen Erlangte an die Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen herauszugeben hat;

IX. die Beklagte zu verurteilen, den Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen in Form einer geordneten Darstellung Auskunft zu erteilen über Dauer und Umfang ihrer im Klageantrag zu VII. beschriebenen Handlungen, nämlich die Verbreitungsmedien und deren Verbreitungsgebiete, Auflagenzahlen bzw. Abrufzahlen im Internet sowie die Verbreitungszeiträume zu benennen, in denen die genannten Werbeaussagen getätigt wurden;

X. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 2.423,90 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. September 2014 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt den geltend gemachten Ansprüchen entgegen.

Die Beklagte behauptet, ausschließlich nicht als Einmalprodukte gekennzeichnete, transparente Sammelbehälter zu recyceln. Soweit transparente Behälter mit Einmalprodukt-Kennzeichnung im Umlauf seien, die ihre Aufkleber trügen, müsse es sich um neue, nicht aufbereitete Behälter handeln, die sie zugekauft habe. Solche Behälter würden nach wie vor geliefert, möglicherweise aus Lagerbeständen der freien Handelsdepots.

Sie ist der Ansicht, ihr Recycling sei jedenfalls gesetzeskonform, weshalb die Angaben auf dem Abholauftrag, den überdies nur Bestandskunden erhielten, zutreffend sei. Denn der Amalgamabscheider sei kein Medizinprodukt, da er keinem der in § 3 Nr. 1 lit. a) bis d) MPG aufgeführten medizinischen Zwecken diene, insbesondere nicht (Zahn-) Krankheiten zu lindern oder zu behandeln. Selbst wenn man den Amalgamabscheider als Medizinprodukt einstufe, nehme der Auffangbehälter nicht am Schutz durch das MPG teil, da er kein Zubehör sei.

Aber auch wenn man entgegen ihrer Auffassung den Auffangbehälter als Zubehör eines Medizinproduktes ansehe, so sei jedenfalls die Kennzeichnung als Einwegbehälter unzulässig, da sie in keiner Weise fachlich gerechtfertigt sei. Überdies gehe auch die Rechtsprechung zutreffend davon aus, dass Medizinprodukte, die von ihrem Hersteller als Einmalmedizinprodukte klassifiziert werden, bei Einhaltung der fachlichen Sorgfalt wiederverwendet werden dürfen.

Der Begriff der Verwendung in § 3 Nr. 10 MPG bzw. Art. 1 Abs. 2 S.9 MPRL umfasse nur den Anwendungsbereich, nicht aber die Häufigkeit der Verwendung eines Produktes. Die Bezeichnung des Herstellers als Einwegprodukt sei daher keine Bestimmung der Verwendung in diesem Sinne. Vielmehr sehe § 4 Abs. 1 MPBetreibV ausdrücklich die Möglichkeit zur Aufbereitung von Medizinprodukten vor. Der Patient komme zudem mit dem Auffangbehälter nicht in Kontakt. Die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten werde durch die Wiederaufbereitung nicht gefährdet. Schließlich werde durch die CE-Kennzeichnung bei den Kunden keine Fehlvorstellung hervorgerufen, da sie sich ersichtlich nur auf die Einmalverwendung erstrecke und die Kennzeichnung bei der Wiederaufbereitung nicht angetastet werde.

Da ihr Recycling gesetzeskonform sei, dürfe sie die Behälter als mehrwegfähig bezeichnen. Die Klägerin versehe sie zu Unrecht mit einer Einmalkennzeichnung.

Den marken- und kennzeichenrechtlichen Ansprüchen stünden die Art. 12 lit.c, 13 Abs. 2 GMV bzw. §§ 23, 24 MarkenG entgegen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlungen haben die Kläger beantragt, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorzulegen, ob der Begriff der Zweckbestimmung im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. g) der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (Medizinprodukte-Richtlinie) nur auf den Anwendungsbereich eines Medizinprodukts Bezug nimmt oder ob der Begriff der Zweckbestimmung auch die Frage mit einschließt, ob ein Produkt vom Hersteller zum einmaligen oder zum mehrfachen Gebrauch in Verkehr gebracht wurde. Die Beklagte ist dem entgegengetreten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadenersatz gem. § 9 S. 1 i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG wegen einer irreführenden, wettbewerbswidrigen Behauptung (Klageantrag I.). Die im Abholauftrag verwandte Behauptung, der Amalgamabscheide-Behälter werde einer gesetzeskonformen Verwertung zugeführt, ist nicht objektiv falsch und irreführend.

Die streitgegenständlichen Amalgamabscheider-Behälter stellen zwar medizinisches Zubehör und somit Medizinprodukte i.S.d. MPG dar. Die Deklarierung der Amalgamabscheider-Behälter als "Einmalprodukte" und der Aufbereitungsprozess der Beklagten stehen der Aufbereitung aber nicht entgegen, weshalb die Beklagte angeben darf, diese einer gesetzeskonformen Verwertung zuzuführen.

1.

Die streitgegenständlichen Amalgamabscheider-Behälter sind medizinisches Zubehör gem. § 3 Nr. 9 MPG und somit gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG selbst als Medizinprodukte anzusehen.

Ob ein Amalgam-Abscheider selbst als Medizinprodukt einzustufen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Zwar sprechen die gängige Zertifizierungs-Praxis, die Einordnung durch die beteiligten Fachkreise (Normenausschuss Dental (NADENT), Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt)) und der Wettbewerber der Klägerin zu 1) für ein solches Verständnis, jedenfalls handelt es sich bei einem Amalgam-Abscheider um medizinisches Zubehör gem. § 3 Nr. 9 MPG.

Nach dieser Vorschrift ist die Zubehöreigenschaft i.S.d. MPG gegeben für Geräte, die selbst keine Medizinprodukte sind, aber vom Hersteller dazu bestimmt sind, mit einem Medizinprodukt verwendet zu werden, damit dieses entsprechend der von ihm festgelegten Zweckbestimmung des Medizinproduktes angewendet werden kann. Aus Gründen des Patientenschutzes ist hierbei die Zubehördefinition weit auszulegen.

Die zahnärztliche Behandlungseinheit als Ganzes verfolgt hierbei jedenfalls einen medizinischen Zweck gem. § 3 Nr. 1 MPG, nämlich die Behandlung und Linderung von Zahnerkrankungen. Die Absaugschläuche der Behandlungseinheit sind notwendigerweise mit dem Amalgam-Abscheider funktionell verbunden, um mit Keimen und Schadstoffen belastetes Wasser aus der Mundhöhle des Patienten abzusaugen. Hierbei ist es auch irrelevant, ob der Amalgam-Abscheider in die Behandlungseinheit integriert ist oder außerhalb dieser platziert ist. Ohne funktionierenden Amalgam-Abscheider könnte die gesamte zahnärztliche Behandlungseinheit nicht betrieben werden. Ist ein Produkt C einer Apparatur, die unzweifelhaft medizinischen Zwecken dient, und übernimmt es für das Funktionieren dieser Gesamteinheit eine wesentliche Funktion, rechtfertigt dies die Einordnung des Geräts als medizinisches Zubehör.

Der Amalgam-Abscheider selbst benötigt zwingend einen Sammelbehälter, der als trennbares Produkt mit eigener Funktionalität als Sammelbehälter seinerseits als medizinisches Zubehör anzusehen ist und nicht etwa als bloßes Ersatzteil ohne Zubehöreigenschaft. Ohne einen solchen kann der Amalgam-Abscheider seine Funktion nicht erfüllen, denn der Wasserkreislauf wäre unterbrochen und dem Gerät könnten die abgeschiedenen Stoffe nicht entnommen werden. Das Wasser aus den Absaugschläuchen würde unkontrolliert in die Behandlungseinheit und/oder in den Behandlungsraum auslaufen.

2.

Die Deklarierung der Amalgamabscheider-Behälter als "Einmalprodukte" durch die Klägerin zu 1) steht einer Aufbereitung nicht entgegen.

Nach § 2 Abs. 1 MPBetreibV dürfen Medizinprodukte, mithin auch die Amalgamabscheider-Behälter, nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend und nach den Vorschriften der MPBetreibV, den allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie den Arbeitschutz- und Unfallverhütungsvorschriften errichtet, betrieben, angewendet und in Stand gehalten werden. § 3 Nr. 10 MPG definiert die Zweckbestimmung als Verwendung, für die das Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien nach den Angaben des Herstellers bestimmt ist.

Hinsichtlich der Bestimmung zur Einmalverwendung kommt es demnach nicht darauf an, ob transparente Sammelbehälter existieren, die nicht als Einmalprodukt gekennzeichnet sind und welche Behälter die Beklagte tatsächlich recycelt. Denn sie ist der Behauptung der Klägerinnen nicht entgegengetreten, dass die Einbauanleitungen seit dem Beginn des Vertriebs der Sammelbehälter durch die Klägerin zu 1) den Hinweis enthalten, dass es sich um Produkte für die einmalige Verwendung handele.

In Rechtsprechung und Literatur ist es indes umstritten, ob die Angabe des Herstellers, das Produkt sei nur zur einmaligen Anwendung bestimmt, Teil der Zweckbestimmung ist.

Eine Ansicht bejaht dies und beruft sich hierbei auf den Wortlaut der Vorschrift des § 3 Nr. 10 MPG, das vorrangige Ziel des Patientenschutzes, das Zertifizierungsverfahren sowie europarechtliche Vorgaben (Böckmann in Anhalt/Dieners, Hdb. des Medizinprodukterechts, 1. Aufl. 2003, § 9 Rn. 53 ff.; Wagner in Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 33; Lücker in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 3 MPG Rn. 14a; Heil/Klümper, MPR 2008, 85, 87).

Die Gegenauffassung verneint dies und beruft sich auf die Systematik und den gesetzgeberischen Willen (OLG Koblenz, Urt. v. 30.08.2005 - 4 U 244/05, GRUR-RR 2006, 141, 142 (Laryngialmasken); Linnemann/Buck, StoffR 2008, 90, 91; Großkopf/ Jäkel, RDG 2007, 94, 97; Weller, MPR 2012, 82, 83).

Die Kammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Weder das deutsche noch das europäische Recht enthalten ein explizites Verbot der Aufbereitung von medizinischen Einmalprodukten. Der Wortlaut des § 3 Nr. 10 MPG ist nicht eindeutig. Ihm kann nicht entnommen werden, ob neben dem Anwendungsbereich auch die Häufigkeit der Verwendung eine Zweckbestimmung darstellen soll oder nicht (so auch OLG Koblenz, Urt. v. 30.08.2005 - 4 U 244/05, GRUR-RR 2006, 141, 142 - Laryngialmasken).

Systematisch nimmt die Vorschrift Bezug auf § 3 Nr. 1 MPG. Diese Vorschrift definiert Medizinprodukte im Hinblick auf ihren Zweck, wobei mit Zweck hier allein der Anwendungsbereich gemeint ist, was bereits nahelegt, den in Nr. 10 definierten Begriff der Zweckbestimmung als Bestimmung des Anwendungsbereichs zu verstehen.

Das durch das MPG intendierte hohe Maß an Produktsicherheit und des Patientenschutzes spricht nicht gegen die Zulässigkeit der Aufbereitung von Einmalprodukten. Denn die Produktsicherheit ist nicht davon abhängig, ob ein Mehrwegprodukt oder ein Einwegprodukt aufbereitet wird, sondern davon, dass die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden, was durch die Vorgaben MPBetreibV sichergestellt werden soll. Gerade § 4 MPBetreibV zeigt, dass die Aufbereitung nur erfolgen darf, sofern der Prozess ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet.

Der deutsche Gesetzgeber geht ebenfalls von der Zulässigkeit der Aufbereitung von medizinischen Einmalprodukten aus (Beschlussempfehlung und Bericht des Gesundheitsausschusses zum 2. MPG-ÄndG, BT-Drucks. 14/7331, S. 46; Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen zur Aufbereitung von medizinischen Einmalprodukten, BT-Drucks. 14/8750 sowie 17/6174).

Schließlich wurde auch in der Entscheidung des OVG NRW, Beschluss vom 09.11.2007 - Az. 13 B ...#/..., nicht etwa die Wiederaufbereitung der im Streit stehenden elektrophysiologischen Katheter als grundsätzlich unzulässig angesehen, weil es sich um Einwegprodukte handelt. Vielmehr setzte sich das OVG mit den Anforderungen des § 4 Abs. 1 MBetreibV auseinander und konnte im Streitfall eine ordnungsgemäße Aufbereitung nicht feststellen.

Sofern behauptet wird, die gebotene richtlinienkonforme Auslegung führe zur Unzulässigkeit der Aufbereitung von Einwegprodukten (siehe etwa Böckmann in Anhalt/Dieners, Hdb. des Medizinprodukterechts, 1. Aufl. 2003, § 9 Rn. 56), vermag die hierfür herangezogene Antwort der EU-Kommission (ABl. C 174 E v. 19.6.2001, S. 244) dafür nur schwache Argumente zu liefern, die unter Berücksichtigung der vorgenannten Argumente nicht zu überzeugen vermögen.

Zu berücksichtigen ist, dass schon die Frage an die Kommission nicht darauf gerichtet war, ob eine Aufbereitung von Einwegprodukten überhaupt zulässig sei, sondern ob eine Aufbereitung von Einwegprodukten nicht aus wirtschaftlichen Gründen zu fördern sei. Zwar wird in der Antwort dann im ersten Satz die Häufigkeit der Anwendung dem Verwendungszweck durch den Hersteller zugewiesen. Doch in den nächsten beiden Sätzen wird daraus lediglich die Schlussfolgerung gezogen, dass bei Mehrwegprodukten eine Anleitung zur Wiederverwendung vorliege, während bei Einwegprodukten der Hersteller keine Verantwortung bei einer Wiederverwendung übernehmen könne. Von einer Unzulässigkeit der Wiederverwendung ist hier nicht die Rede. Vielmehr heißt es im Folgenden, dass sich die Kommission der Möglichkeit der Wiederverwendung von Einwegprodukten bewusst sei. Sie weist dann darauf hin, dass nicht klar sei, welche Einsparungen dadurch erzielt werden könnten und erwägt letztlich zu diskutieren, ob man gesetzlich vorschreibt, dass Einwegprodukte nach Möglichkeit zu Mehrwegprodukten mit genauen Anwendungsbedingungen des Herstellers gemacht werden.

Der europäische Gesetzgeber hat sich auch nicht gehalten gesehen, im Hinblick auf die in der Literatur diskutierte Problematik und die unterschiedliche Praxis in den verschiedenen Ländern bei einer ihrer Überarbeitungen des MPG eine Klarstellung zulasten der Wiederverwertung von Einwegprodukten vorzunehmen. Vielmehr wurde nunmehr eine Revision der MPRL geplant (EU-Kommission COM (2012) 542 final, S. 7), in der die Aufbereitung von Einmalprodukten explizit geregelt werden soll. Nach dem geplanten Art. 15 der Richtlinie soll die Aufbereitung von Medizinprodukten grundsätzlich erlaubt sein, wobei einzelne Produkte aufgrund ihres Gefährdungspotenzials hiervon auszunehmen seien. Soweit es in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments heißt, dass die gegenwärtige Möglichkeit, als Einmalprodukte gekennzeichnete Medizinprodukte wiederaufzubereiten, aus rechtlichen Gründen inakzeptabel sei, ergibt sich daraus, dass das Parlament sie zwar für möglich und mithin rechtlich zulässig aber eben im Sinne einer vernünftigen Kennzeichnung und angestrebten Mehrfachverwendung für inakzeptabel hält, so dass entsprechender Regelungsbedarf besteht.

Die Kammer erkennt im vorliegenden Fall auch kein zwingendes Bedürfnis, das gegen die Aufbereitung von Amalgamabscheider-Behältern sprechen würde. Im Gegenteil, es spricht gerade in Zeiten schwindender Ressourcen der Schutz dieser für eine Aufbereitung von unkritischen Medizinprodukten. Der Schutz der Ressourcen hat als Staatszielbestimmung Verfassungsrang, Art. 20a GG, wobei die Kammer sich nicht über eine gesetzgeberische Entscheidung hinwegsetzt (Scholz in Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 75. EL, Sept. 2015, Rn. 58). Der Gesetzgeber geht, wie aufgezeigt, gerade von der Möglichkeit der Aufbereitung auch von medizinischen Produkten, die vom Hersteller für die einmalige Verwendung gekennzeichnet wurden, aus.

Die Kennzeichnung der Amalgamabscheider-Behälter durch die Klägerin zu 1) steht der Aufbereitung durch die Beklagte demnach nicht entgegen.

Insoweit bedurfte der Rechtsstreit schließlich auch nicht der nach der mündlichen Verhandlung beantragten Aussetzung und Vorlage der Auslegungsfrage an den EuGH. Zwar hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von dieser Frage ab. Indes ist die Kammer der Auffassung, dass die Auslegung ein eindeutiges Ergebnis hervorbringt.

Demzufolge war auch die mündliche Verhandlung im Hinblick auf den Aussetzungsantrag und die rechtlichen Ausführungen der Parteien nicht wiederzueröffnen, worüber nach Abordnung der Richterin am Landgericht Pastohr an das Oberlandesgericht die verbliebenen Kammermitglieder zu entscheiden hatten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. § 309, Rn. 4).

3.

Der Aufbereitungsprozess der Amalgamabscheider-Behälter der Beklagten begegnet nach Ansicht der Kammer keinen Bedenken.

Die Aufbereitung von medizinischen Produkten richtet sich sowohl von N-Weg- als auch, wie gesehen, von Einmalprodukten in Deutschland nach § 4 MPBetreibV. Nach Absatz 1 der Vorschrift ist die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Nach Absatz 2 wird eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermutet, sofern eine gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird.

Der Definition des § 4 Abs. 1 MPBetreibV ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass es auch Medizinprodukte gibt, die nicht bestimmungsgemäß keimarm und steril zur Anwendung gelangen (so ausdrücklich auch Lücker in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 3 MPG Rn. 19). Um ein solches Produkt handelt es sich bei den Amalgamabscheider-Behältern. Diese sind bei der Erstanwendung in der Zahnarztpraxis nicht steril oder keimarm. Im Rahmen seiner Anhörung hat der Kläger zu 3) mitgeteilt, dass die Sammelbehälter nach der Produktion ohne besondere Vorkehrungen von den Mitarbeitern verpackt werden und keine spezielle, sondern eine Standardverpackung erhalten. Daraus ergibt sich, dass sie bei Auslieferung weder keimarm noch steril sind, wofür auch kein Bedürfnis besteht. Demnach kann dahinstehen, ob die Beklagte sämtliche Vorgaben der gemeinsamen Empfehlung nach § 4 Abs. 2 MPBetreibV einhält, was zwischen den Parteien streitig ist.

Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass die von der Beklagten durchgeführte Aufbereitung nicht den Anforderungen für die Sicherheit und den Schutz der Patienten, Anwender und Dritter genügt. Sie haben lediglich dargelegt, warum das Verfahren nach ihrer Auffassung nicht den Anforderungen nach § 4 Abs. 2 MPBetreibV genügt.

Es ist nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten beschriebene Aufbereitungsverfahren der Amalgamabscheider-Behälter, bestehend aus einer Tauchdesinfektion mit anschließender Flächendesinfektion der Arbeitsplätze, periodischer und ereignisbezogener Verfahrensprüfung, festgelegten Zuständigkeiten der Mitarbeiter und einer visuellen Endkontrolle, unzureichend wäre. Dabei übersieht die Kammer nicht, dass stark abgenutzte Sammelbehälter durchaus ein Risiko für die genannten Personen darstellen können. Hierbei ist gerade der Umstand problematisch, dass die Beklagte nicht nachvollziehen kann, wie oft ein Sammelbehälter bereits aufbereitet wurde. Dieses Risiko minimiert die Beklagte allerdings durch eine visuelle Endkontrolle der aufbereiteten Sammelbehälter, wobei im Zweifel, bei starker Abnutzung, Sammelbehälter nicht mehr zurück auf den Markt gelangen und einer anderweitigen Verwertung zugeführt werden. Tatsächlich aufgetretene Probleme mit aufbereiteten Sammelbehältern der Beklagten haben die Kläger nicht dargelegt.

4.

Abschließend ist das Informationsblatt der Beklagten auch nicht schon deshalb als irreführende Werbung anzusehen, weil die CE-Kennzeichnung auf Basis der Einmalverwendung vorgenommen wurde und deswegen die Wiederverwertung die Kunden in die Irre führen würde und deshalb nicht gesetzeskonform wäre. Die Kunden wissen, dass sie ein Produkt erwerben, das der Hersteller als Einmal-Produkt gekennzeichnet hat. Damit entsteht bezüglich der CE-Kennzeichnung nur die Erwartung, dass sie auf Grundlage der vorgesehenen Einmalverwendung erfolgt ist, und mithin keine Fehlvorstellung (vgl. OLG Koblenz, a.a.O., 143).

II.

Die auf den Schadenersatz-Feststellungsanspruch zu Ziffer I. gestützten Folgeanträge zu Ziffer II., III. und VI. (Auskunfts-, Beseitigungs- und Aufwendungsersatzanspruch) haben somit ebenfalls keinen Erfolg.

III.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen der Verwendung des Zeichens S in dem Informationsblatt gem. Anlage K 10 (Klageantrag IV.).

Weder steht den Klägern zu 3) und 4) ein Anspruch aus § 14 Abs. 6 i.V.m. 125b Nr. 2 MarkenG wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke noch aus § 14 Abs. 6 i.V.m. §§ 107,119 MarkenG wegen Verletzung des deutschen Teils ihrer international registrierten Marke zu. Auch haben die Klägerinnen zu 1) und 2) keinen Anspruch aus § 15 Abs. 5 i.V.m. § 14 Abs. 6 MarkenG.

Den geltend gemachten Ansprüchen steht § 23 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 12 lit. c) GMV entgegen, denn die Nennung der Marke S ist als Hinweis auf die Bestimmung der Behälter des konkreten Amalgamabscheider-Systems notwendig.

Nach der Rechtsprechung des EuGHs ist die Verwendung einer Marke nur dann notwendig, wenn der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung ohne Benutzung der Marke praktisch nicht übermittelt werden kann und somit das einzige Mittel darstellt, um eine solche Information zu liefern. Mögliche Alternativen stellen hierbei beispielsweise die Nennung technischer Standards oder Normen dar, die allerdings für die fragliche Warenart allgemein verwendet und dem Zielpublikum auch bekannt sein müssen (EuGH, Urt. v. 17.3.2005 - C-228/03, Tz. 35, 36 - Gilette). Wird die Bestimmung gerade auf Produkte einer bestimmten Marke ausgerichtet, wird die Notwendigkeit der Nennung dieser Marke zwangsläufig gegeben sein (EuGH, Urt. v. 23.2.1999 - C-63/97, Tz. 60 - BMW/Deenik).

Die Beklagte muss zur Identifizierung in ihrem Informationsblatt die in Bezug genommenen Amalgamabscheider-Behälter, die sie aufbereitet, bezeichnen. Ohne die Nennung der konkreten Produkte wäre es Zahnärzten nicht möglich zu erkennen, ob ihre Sammelbehälter von der Beklagten aufbereitet werden. Da aus dem Schreiben zweifelsfrei ersichtlich wird, von wem die angebotene Leistung, also der Austausch des Behälters, angeboten wird, ist auch die beschreibende Funktion der Herstellermarke zu erkennen, die allein auf das ursprüngliche Objekt hinweist, auf das die Leistung der Beklagten bezogen ist. Bereits damit ist mit Blick auf die Funktionen der Marke klar, dass die Beklagte keine Leistung der Klägerinnen bewirbt und dass etwaige Veränderungen der Behälter, worin diese im Einzelnen auch bestehen mögen, allein von der Beklagten zu verantworten sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2015, I ZR 147/13 - Tuning, zitiert nach juris, Rn. 29 ff.).

Schließlich ist die Nennung der Marke S nicht deshalb unlauter, weil der Markt von einer Handelsbeziehung zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten ausginge. Eine solche Annahme ist fernliegend. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin zu 1) bei der Auslieferung der Amalgam-Abscheider die Entsorgung durch die Klägerin zu 2) empfiehlt, die ersichtlich in den klägerischen Konzern eingebunden ist. Zudem kennzeichnet die Klägerin zu 1) ihre Sammelbehälter gerade als Einmalprodukte und bietet selbst, über die Klägerin zu 2), keine Aufbereitung der Sammelbehälter an.

IV.

Die auf den Schadenersatz-Feststellungsanspruch gestützten Folgeanträge V. und VI. (Auskunfts- und Aufwendungsersatzanspruch) haben somit ebenfalls keinen Erfolg.

V.

Den Klägerinnen zu 1) und 2) steht schließlich kein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 UWG im Hinblick auf die Bezeichnung der Abscheider-Systeme als "mehrwegfähig" zu (Klageantrag VII.). Wie bereits oben festgestellt, sind die streitgegenständlichen Amalgamabscheider-Behälter der Aufbereitung und Wiederverwendung zugänglich. Die Bezeichnung "mehrwegfähig" ist somit nicht irreführend.

VI.

Folglich haben auch die auf den Unterlassungsanspruch gestützten Folgeanträge VIII., IX. und X. (Schadenersatz-Feststellungs-, Auskunfts- und Aufwendungsersatzanspruch) keinen Erfolg.

VII.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: bis 200.000 Euro