I.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 10.077,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage abgewiesen.
II.
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 50 %, die Beklagte zu 1) zu 42 % und die Beklagte zu 2) zu 8 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 2) zu 8 % und im Übrigen die Klägerin selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen die Klägerin und die Beklagte zu 2) jeweils zur Hälfte. Die Beklagte zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin, ein in der Textilbranche tätiges Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, macht gegen die Beklagte zu 2) einen Schadensersatzanspruch im Wege der Gewinnherausgabe bzw. hilfsweise einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch sowie einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten wegen der Verletzung des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. ...#/...-0001 geltend.
Eingetragene Inhaberin des vorbezeichneten, am 17.03.2005 angemeldeten und eingetragenen sowie am 17.05.2005 veröffentlichten Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist die türkische xxx, deren ausschließliche Lizenznehmerin die Klägerin als deren Tochtergesellschaft ist. Wegen der Einzelheiten des für Ziernähte auf Jeanstaschen angemeldeten Klagegeschmacksmusters wird auf die als Anlage K 5 vorgelegte Eintragungsurkunde Bezug genommen.
Im Januar 2006 erwarb die Klägerin im Rahmen eines Testkaufes in einer Filiale der Beklagten zu 1) eine Jeans zum Preis von 24,99 €, die dieser von der Beklagten zu 2) geliefert worden war und wegen deren Einzelheiten auf die Abbildung in Anlagenkonvolut K 10 Bezug genommen wird. Die Beklagte zu 2) wurde von den damaligen anwaltlichen Vertretern der Klägerin daraufhin am Morgen des 02.02.2006 per Telefax abgemahnt. Am Abend des 02.02.2006 gab die Beklagte zu 2) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung im Hinblick auf die streitgegenständlichen Jeanshosen ab. Sie erteilte in der folgenden Korrespondenz Auskunft dergestalt, dass sie insgesamt 17.940 Hosen zu einem Einkaufspreis von 95.782,24 € erworben haben; hinzuzurechnen seien Gestehungskosten von 13.573,63 € und Finanzierungskosten von 2.155,10 €. Dem Gesamt-Einkaufspreis von 111.510,97 € stehe ein Verkaufspreis von 134.550,-- € gegenüber, so dass sich ein Gewinn in Höhe von 23.039,03 € errechne. Die Beklagte zu 2) machte eine allgemeine Verwaltungspauschale von 6,5 % in Höhe von 15.790,82 € als abziehbaren Posten geltend.
Nach Beendigung des Mandats der Kanzlei xxx glich die Klägerin die angefallenen Abmahnkosten in Höhe von jeweils 3.078,-- € zzgl. 20,-- € Auslagenpauschale aus.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe Anspruch auf Schadensersatz zu, da die Beklagte zu 2) vorsätzlich gehandelt habe. Der erlangte Gewinn sei – wie klageweise geltend gemacht - jedenfalls zu 2/3 herauszugeben, da zumindest dieser Betrag auf der Benutzung des Klagegeschmacksmusters beruhe. Eine Verwaltungskostenpauschale sei als Gemeinkostenanteil nicht berücksichtigungsfähig. Neben dem Schadensersatz (2/3 von 23.039,03 Euro) verlangt sie Erstattung ihrer Abmahnkosten in Höhe von 3.098,00 Euro.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
1.
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 88.100,72 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2008 zu zahlen.
2.
die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 18.457,35 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2008 zu zahlen.
Die Klägerin und die Beklagte zu 1) haben, wie durch Beschluss vom 11.11.2008 (Bl. 119 f. GA) festgestellt, einen Teilvergleich geschlossen, nach dem die Beklagte zu 1) zur Abgeltung sämtlicher etwaiger Ansprüche betreffend die streitgegenständlichen Jeanshosen an die Klägerin 42.000,-- € zahlt. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sollten gegeneinander aufgehoben werden.
Die Klägerin beantragt nunmehr noch, die Beklagte zu 2), die im Verhandlungstermin am 11.11.2008 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumig gewesen ist, gemäß dem Klageantrag zu 2) im Wege des Versäumnisurteils zu verurteilen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
I.
Die Klage ist nur teilweise schlüssig, so dass die Beklagte zu 2) wie geschehen teilweise im Wege des Versäumnisurteils zu verurteilen und die Klage im Übrigen durch unechtes Versäumnisurteil gegenüber der Klägerin abzuweisen war.
1.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz im Wege der Gewinnherausgabe aus Art. 89 Abs. 1 d), 10, 19 GGV i.V.m. § 42 Abs. 2 S. 1 GeschmMG ist nur in Höhe eines Betrages von 7.679,68 € schlüssig vorgetragen.
Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach hat die Klägerin schlüssig vorgetragen. Die Rechtsgültigkeit des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 00310750-0001 wird gemäß Art. 85 Abs. 1 GGV vermutet. Es liegt eine Verletzung vor, da die Stickerei auf der vorgelegten Jeans denselben Gesamteindruck erweckt wie das Klagegeschmacksmuster. Es variiert ausschließlich die farbliche Gestaltung, prägend für den Gesamteindruck ist aber die zentral aufgestickte Blume in Verbindung mit den in gleicher Weise geschwungenen Linien.
Die Beklagte zu 2) hat auch jedenfalls fahrlässig gehandelt. Die Maßstäbe an die Sorgfaltspflichtverletzung sind streng. Grundsätzlich ist beim Vorliegen einer Schutzrechtsverletzung vom Verschulden auszugehen, wenn nicht besondere Umstände vorliegen (Ruhl, GGV, Art. 89 Rz. 85 a.E. m.w.N.). Den Hersteller trifft wie den Importeur eine Überprüfungspflicht; grundsätzlich muss er Schutzrechtsrecherchen durchführen (Ruhl, a.a.O., Art. 89 Rz. 86 m.w.N.). Dass die Beklagte zu 2) eine Schutzrechtsrecherche durchgeführt hätte, ist nicht ersichtlich.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Verletzergewinn aber nur insoweit herauszugeben, als er auf der Rechtsverletzung beruht (BGH WRP 2001, 276, 278 – Gemeinkostenanteil; BGH GRUR 2007, 431, 434 f. - Steckverbindergehäuse). Maßgeblich ist dabei, inwieweit beim Vertrieb der nachgeahmten Produkte die Gestaltung als Imitat für die Kaufentschlüsse ursächlich gewesen ist oder ob andere Umstände eine wesentliche Rolle gespielt haben (BGH a.a.O., BGHZ 119, 20, 29 - Tchibo/Rolex). Die Höhe des Anteils ist nach § 287 ZPO in tatrichterlichem Ermessen zu schätzen (BGH a.a.O.). Vorliegend ist neben der Gestaltung des Stitchings auf der Gesäßtasche bei der ansonsten nicht durch ungewöhnliche Designmerkmale geprägten Jeans für den Kaufentschluss auch der Schnitt der Jeans und deren farbliche Gestaltung, insbesondere die Waschung, von wesentlicher Bedeutung. Schnitt, farbliche Gestaltung und Stitching sind nach Auffassung der Kammer als etwa gleichbedeutend für die Kaufentscheidung anzusehen, so dass die Rechtsverletzung nur zu einem Drittel, und nicht - wie von der Klägerin geltend gemacht - zu zwei Dritteln auf dem Stitching beruht.
Mit den streitgegenständlichen Jeans hat die Beklagte zu 2) insgesamt einen Verletzergewinn von 23.039,03 € erzielt. Eine sog. Verwaltungspauschale ist hiervon nicht zum Abzug zu bringen. Denn nach Sinn und Zweck des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzersgewinns ist es grundsätzlich gerechtfertigt, bei der Ermittlung des Verletzergewinns von den erzielten Erlösen nur die variablen (d.h. vom Beschäftigungsgrund abhängigen) Kosten für die Herstellung und den Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände abzuziehen, nicht auch Fixkosten, d.h. solche Kosten, die von der jeweiligen Beschäftigung unabhängig sind wie Mieten, zeitabhängige Abschreibungen etc. (BGH WRP 2001, 276, 278 – Gemeinkostenanteil).
Nach alledem ist ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe des Verletzergewinns nur in Höhe von einem Drittel von insgesamt 23.039,03 €, mithin in Höhe von 7.679,68 € schlüssig vorgebracht worden.
2.
Auch der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten aus Art 90 Abs. 1 d) GGV i.V.m. § 42 Abs. 2 S. 1 GschmMG bzw. den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag ist nur in Höhe von 2.397,50 € schlüssig vorgetragen.
Die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten waren nur nach einem Gegenstandswert von 150.000,-- € zu bemessen. Maßgebend bei der Bemessung des Streitwertes, der durch den die übrigen Ansprüche übersteigenden Anspruch auf Unterlassung geprägt wird, ist das Interesse der Klägerin an der Verhinderung künftiger Verletzungshandlungen. Für die Bewertung ist dabei die wirtschaftliche Bedeutung des Klagegeschmacksmusters in Relation zur Intensität der Verletzungshandlung zu setzen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Geschmacksmuster nicht ein Bekleidungsstück als solches schützt, sondern nur ein ornamentales Detail, das nur zu einem Drittel für die zu erwartenden Umsätze der Klägerin mit mustergeschützten Erzeugnissen maßgeblich ist, ist unter Berücksichtigung der Verletzung durch den einmaligen Einkauf und Verkauf von 17.940 Jeans ein Streitwert von 150.000,-- € angemessen, aber auch ausreichend.
3.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Kostenregelung im Teilvergleich vom 11.11.2008 betraf die Kostentragung nur im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 1).
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlagen in den §§ 708 Nr. 2, Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert:
Bis zum 10.11.2008: 100.362,07 €
Seitdem: 15.359,35 €.