LG Düsseldorf, Schlussurteil vom 04.05.2017 - 14c O 146/12
Fundstelle
openJur 2019, 6649
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie im Geltungsbereich des bei dem DPMA mit der Register-Nr. DE 498 07 218-002 eingetragenen Geschmacksmuster zwischen dem 11.03.1999 und dem 22.09.2008,

1. Fassaden- und Dacheindeckungsplatten, insbesondere aus Schiefer, hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht, eingeführt, ausgeführt oder zu diesen Zwecken besessen hat und/oder hat herstellen, anbieten, vertreiben, einführen, ausführen oder zu diesen Zwecken hat besitzen lassen;

2. Dritten das Recht eingeräumt oder ihnen gestattet hat, Fassaden- und Dacheindeckungsplatten, insbesondere aus Schiefer, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen und/oder herstellen, anbieten, in Verkehr bringen oder gebrauchen zu lassen oder zu diesen Zwecken einführen oder besitzen zu lassen,

die in verschiedenen Flächenformaten nach Maßgabe folgender Abbildung gestaltet sind und somit folgende Gestaltungsmerkmale aufweisen:

(1) die Platten weisen die Form eines gleichseitigen Vierecks auf (Grundform), das im Wesentlichen als Quadrat ausgebildet ist;

(2) eine Ecke des Vierecks

(a) umschließt einen Winkel von etwa 90° und

(b) ist als die Rundung eines kreisförmigen Abschnitts ausgebildet (Eckabrundung);

(3) der Scheitelpunkt der Eckabrundung ist eckmittig angeordnet;

(4) der von der Eckabrundung umschlossene Winkel (Eckwinkel) wird symmetrisch von einer gedachten Diagonalen halbiert (winkelhalbierenden Diagonalen);

(5) die winkelhalbierende Diagonale durchläuft in etwa den Mittelpunkt der Platte;

(6) die Treffpunkte, an denen der Kreisbogen der Eckabrundung die den Eckwinkel umschließenden Viereckseiten schneidet, bilden Schnittpunkte (sogenannte Fersen);

und zwar unter Angabe

[I.] mit Bezug auf vorstehende Ziffer I. 1.

(a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

(b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der dafür bezahlten Preise, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

(c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen, geordnet nach Qualitäten, Größen, Gebindezusammenstellungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen der gewerblichen Abnehmer, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

(d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen, geordnet nach Qualitäten, Größen, Gebindezusammenstellungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

(e) der Werbung (einschließlich Bemusterungen), aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiten,

(f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

[II.] mit Bezug auf vorstehende Ziffer I. 2.

a) der Mengen der von Lizenznehmern (Nutzern) hergestellten Dach- und Fassadeneindeckungsplatten unter Angabe von Ort und Zeit der Herstellung, sofern es sich um Stücklizenzen gehandelt hat,

b) der Mengen der von Lizenznehmern (Nutzern) vertriebenen Dach- und Fassadeneindeckungsplatten, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Liefergegenstand, gegliedert nach Sortiment, Gebindegröße und Qualität, sofern es sich um Umsatzlizenzen gehandelt hat,

c) der Namen und Anschriften der Lizenznehmer (Nutzer),

d) der Art und Höhe der von Lizenznehmern (Nutzern) entrichteten/gezahlten Lizenzgebühren, aufgeschlüsselt nach

- Art der Lizenzen, insbesondere Umsatz-oder Stücklizenzen,

- (vereinbarten) Zahlungszeitpunkten oder -Zahlungszeiträumen,

- Höhe der Lizenzsätze;

wobei:

die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu [I.] b) und [I.] c) die entsprechenden Einkaufs- oder Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu [II.] die Auskünfte ihrer Lizenznehmer und die von ihr erstellten Lizenzabrechnungen in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der nichtgewerblichen Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger oder eine bestimmt bezeichnete Lieferung in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.allen Schaden zu erstatten, welcher der Klägerin zwischen dem 11.03.1999 und dem 22.09.2008 durch die vorstehend unter Ziffer I. 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird,

wobei für die Wahl der günstigsten Schadensberechnungsmethode festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen an die Klägerin

a) eine angemessene Lizenzgebühr in Höhe von vier Prozentpunkten des durch die Begehung dieser Handlungen erzielten Umsatzes zu bezahlen, welche kalenderjährlich zum 31.12. abzurechnen und zum 31.01. des Folgejahres fällig sowie bis zum 28.07.2014 mit fünf Prozentpunkten und ab dem 29.07.2014 mit neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.02. des Folgejahres zu verzinsen ist;

b) 100 % der Differenz herauszugeben zwischen dem Umsatz, den die Beklagte durch die Begehung dieser Handlung erzielt hat, und den Kosten, die diesen Handlungen unmittelbar zuzurechnen sind, welche (die Differenz) kalenderjährlich zum 31.12. fällig sowie mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.01. des Folgejahres zu verzinsen ist;

2.das Erlangte, insbesondere alle Entgelte, herauszugeben, das (die) die Beklagte durch Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I. 2. zwischen dem 11.03.1999 und dem 22.09.2008 erhalten hat.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die (unzulässige) Nebenintervention entstandenen Kosten werden der Beklagten auferlegt.

V. Das Urteil ist hinsichtlich der Vollstreckung der Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,- € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem eingetragenen Design sowie hilfsweise aus einem weiteren eingetragenen Design auf Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht für den im Zeitraum vom 09.12.1998 bis zum 22.09.2008 entstandenen Schaden, Herausgabe des durch die Rechteeinräumung an Dritte ungerechtfertigt Erlangten sowie Erstattung des durch die Einzahlung von Gerichtskosten entstandenen Zinsschadens in Anspruch.

Die Parteien sind im Bereich der Herstellung bzw. des Handels mit Schieferplatten für Fassaden- und Dacheindeckungen tätig.

Die Klägerin war bis zum 22.09.2008 Inhaberin der deutschen Designs Nummer 49807218-0002 und 49807218-0001, die am 21.07.1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt (im Folgenden: DPMA) angemeldet, am 09.12.1998 eingetragen und am 10.02.1999 veröffentlicht wurden. Im Register des DPMA ist für das Design mit den Endziffern -0002 folgende Abbildung hinterlegt (im Folgenden: Klagedesign 1, vgl. auch Anlage CBH 2):

49807218-0002

Für das Design mit den Endziffern -0001 ist nachfolgende Abbildung hinterlegt (im Folgenden: Klagedesign 2, vgl. auch Anlage CBH 2):

49807218-0001

Mit Wirkung zum 23.09.2008 übertrug die Klägerin die ihr zustehenden Rechte an den beiden Klagedesigns auf den Nebenintervenienten, der bis zur Auseinandersetzung der Gesellschafter im September 2008 jeweils zu 40 % an der Klägerin als Kommanditist und an deren Komplementär-GmbH beteiligt war. Grundlage der Rechteübertragung war der zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten am 20.09.2008 geschlossene notarielle Rechteübertragungsvertrag (Anlage A 3), in dem gleichzeitig der Klägerin und zwei weiteren Firmen nicht ausschließliche, nicht übertragbare, beschränkte und gebührenfreie Lizenzen an den übertragenen Rechten eingeräumt wurden. Ziffer VI. des Rechteübertragungsvertrag lautet:

„Abwehr Ansprüche Dritter

Werden die [vertragsgegenständlichen] Rechte [zu denen gemäß Ziffer I.3.a) auch die beiden Klagedesigns zählen] durch Dritte im Wege eines außergerichtlichen, gerichtlichen oder amtlichen Verfahrens bestritten oder sonst wie angegriffen, so hat [der Nebenintervenient] alles zu unternehmen, um die Rechte frei von Ansprüchen Dritter zu halten oder die Angriffe abzuwehren. (…)“

Entsprechend den vertraglichen Regelungen des Rechteübertragungsvertrags wurden die beiden streitgegenständlichen Designs am 25.02.2009 im Register des DPMA auf den Nebenintervenienten umgeschrieben.

Die beiden Klagedesigns stehen in Kraft. Sie und die aus ihnen hergeleiteten Rechte waren bereits mehrfach Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten; die beiden streitgegenständlichen Klagedesigns wurden bislang nicht für nichtig erklärt.

Die Beklagte hatte die beiden hier streitgegenständlichen Klagedesigns gegenüber der Klägerin mit einer Löschungsklage vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Köln (Az. 31 O 409/04, 6 U 216/04) angegriffen, die letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) zurückgewiesen wurde (Urteil vom 18.10.2007, Az. I ZR 100/05, GRUR 2008, 153 ff. – Dacheindeckungsplatten). In dem Revisionsurteil sprach der BGH den Klagedesigns insbesondere die erforderliche Neuheit und Eigentümlichkeit zu. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Rechtsgültigkeit der beiden Klagedesigns dadurch inter partes endgültig rechtskräftig feststeht.

Eine weitere nach Abschluss des Rechteübertragungsvertrags von der Firma T GmbH (im Folgenden: Fa. Henzler) gegen den Nebenintervenienten vor dem Landgericht Köln erhobene Löschungsklage gegen die beiden Klagedesigns (Az. 31 O 730/09) hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Die von der Fa. Henzler eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 24.02.2012 (Az. 6 U 111/11, siehe Bl. 1188 ff. der Beiakte), das sich u.a. mit der Entgegenhaltung der „Spezialfischschuppe“ auseinandergesetzt und deren Neuheitsschädlichkeit verneint hatte, wies der BGH mit Beschluss vom 27.03.2013 (Az. I ZR 45/12) zurück.

Den Klagedesigns entsprechend vertreibt die Klägerin die von ihr hergestellten Fassaden- und Dacheindeckungsplatten unter der Bezeichnung „Wario“.

Die Beklagte stellt her und vertreibt seit 2001 unter der Bezeichnung „Universal“ die im Tenor eingeblendete Fassaden- und Dacheindeckungsplatte aus Schiefer in drei verschiedenen Formaten (20 x 20 cm, 25 x 25 cm und 30 x 30 cm) wegen deren Gestaltung auf die Anlagen CBH 4 bis 6 sowie die als Anlagenkonvolute B 25 und A 34 vorgelegten Originalplatten Bezug genommen wird (im Folgenden: Verletzungsmuster).

Ein von der Beklagten für die angegriffene Ausführungsform angemeldetes Gebrauchsmuster DE 299 14 453 U1 (Anlage A 22), welches am 14.09.2000 eingetragen und am 19.10.2000 im Patentblatt veröffentlicht worden war, wurde auf Antrag der Klägerin mit Rücksicht auf die hier streitgegenständliche Klagedesigns gelöscht (im Folgenden: gelöschtes Gebrauchsmuster); die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 19.12.2007 (Az. 5 W (pat) 403/07) wurde vom BGH durch Beschluss vom 24.03.2009 (Az. X ZB 7/08) zurückgewiesen.

Das Verletzungsmuster war auch bereits Gegenstand designrechtlicher Auseinandersetzungen.

Eine mit dem Verletzungsmuster identische Dach- und Fassadenabdeckungsplatte war Gegenstand des von der Klägerin gegen die Nikolaus Theis Nachf. Y GmbH (im Folgenden: Fa. Y), einer Lizenznehmerin der Beklagten, geführten Verletzungsprozesses, in dem die Fa. Y durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23.03.2010 (Az. I-20 U 34/04, Anlage CBH 10), wegen Verletzung der beiden Klagedesigns rechtskräftig verurteilt wurde. In der Begründung seines Urteils führte das Oberlandesgericht Düsseldorf aus, die beiden Klagedesigns verfügten über die erforderliche Eigentümlichkeit und die angegriffene Ausführungsform erwecke keinen anderen Gesamteindruck. Die erste, zunächst klageabweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12.10.2004 war zuvor vom BGH, der die Schutzfähigkeit der Klagedesigns bejaht hatte, im Urteil vom 18.10.2007 (Az. I ZR 161/04) aufgehoben worden.

Bereits 2005 konfrontierte die Klägerin auch die Beklagte mit der hier in Rede stehenden Verletzung ihrer beiden Klagedesigns. Die Parteien einigten sich damals wegen parallel laufender Rechtsstreitigkeiten, das hiesige Verfahren zurückzustellen, weswegen die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 21.10.2005 (Anlage B 1) befristet auf die Einrede der Verjährung – soweit diese noch nicht eingetreten war – verzichtete. Letztmalig mit Schreiben vom 19.03.2012 (Anlage CBH 11) verlängerte die Beklagte gegenüber der Klägerin den Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum 30.06.2012.

Vor Einleitung des hiesigen Verfahrens nahm der Nebenintervenient die Beklagte in Anspruch und mahnte auch noch weitere Unternehmen ab, die seit mehreren Jahren Schieferplatten entsprechend der angegriffenen Ausführungsform angeboten hatten; er verlangte auch von diesen Lizenzzahlungen und Schadensersatz.

In dem vor der Kammer ab 2011 geführten Verfahren des Nebenintervenienten gegen die Beklagte wegen Verletzung der Klagedesigns auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung sowie Feststellung von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen gab die Kammer der Klage durch Urteil vom 20.03.2012 statt, soweit sich die Ansprüche auf den Zeitraum ab dem 23.09.2008 bezogen und eigene mithin Ansprüche des Nebenintervenienten betrafen (Az. 14c O 248/11). Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Klage nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Urteil vom 23.07.2013 (Az. I-20 U 66/12) ab. Die hiergegen vom Nebenintervenient zum BGH erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 12.06.2014 zurückgewiesen (Az. I ZR 154/13).

Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils in dem Verfahren vor der Kammer zum Az. 14c O 248/11 erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.06.2012, zugestellt am 10.07.2012, Klage, da sie der Ansicht ist, dass die Beklagte im Zeitraum vom 09.12.1998 (Eintragung der Designs) bis zum 22.09.2008 (Rechteübertragung auf den Nebenintervenienten) mit dem Vertrieb der angegriffenen Schieferdecksteine „Universal“ und der Lizensierung der vermeintlich hieran bestehenden Rechte ihr Klagedesign 1, hilfsweise ihres Klagedesigns 2, verletzt habe.

Der Einwand der Nichtigkeit der beiden Klagedesigns sei der Beklagten aufgrund des Urteils des BGH vom 18.10.2007 im Löschungsverfahren in Sachen „Dacheindeckungsplatten“ (Az. I ZR 100/05) verwehrt; die zwischen den Parteien ergangene rechtskräftige Entscheidung sei im hiesigen Verfahren bindend. Aber selbst wenn der Einwand der Nichtigkeit der beiden Klagedesigns noch zulässig sein sollte, seien beide Klagedesigns nach wie vor rechtsbeständig, da sie über die erforderliche Neuheit und Eigentümlichkeit verfügten.

Den beiden Klagedesigns komme angesichts des mit der Ecksymmetrie verbundenen neuen Gestaltungsschritts ein weiter Schutzbereich zu. Der Abstand zu den traditionellen Bogenschnittschablonen sei angesichts der zwei augenfälligen Fersen beträchtlich. Die von der Beklagten vorgebrachten Entgegenhaltungen seien nicht vorbekannt. Jedenfalls erweckten sie einen vollkommen anderen Gesamteindruck. Abbildungen wie in den Werbeanzeigen der Fa. F2 aus den Jahren 1961 bzw. 1964 und 1965 (siehe Anlagen B 11, 12 und 16 in schwarz/weiß sowie Anlage S 52 und Anlage A 20 in Farbe) sei die Gestaltung ihrer Muster nicht zu entnehmen. Die Aussagekraft der Abbildungen sei begrenzt, da es sich lediglich um eine kleine, stilisierte Darstellung einer eckgerundeten Platte handele, anhand derer noch nicht einmal sicher beurteilt werden könne, ob die Eckabrundung an seiner Seite nicht doch asymmetrisch ansetze. Überdies passe in Anlage S 52 das nebenstehende Bild, das ein Verlegungsbeispiel zeige, nicht zu einer symmetrischen, sondern zu einer asymmetrischen Eckabrundung einer klassischen Bogenschnittschablone. Die Werbeanzeigen ließen jedenfalls keinen Rückschluss darauf zu, dass die dort abgebildeten Platten jemals von der Firma F2 oder von der Fa. G4 hergestellt oder vertrieben worden seien. Beleg hierfür sei, dass die Beklagte keine Immobilien benannt oder aussagekräftige Lichtbilder von Dächern vorgelegt habe, die mit den angeblich vorbekannten Asbest- bzw. Faserzementplatten verkleidet seien. Auch in den Verlegeanleitungen sowie den Regeln für die Deckung mit Schiefer des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks aus dieser Zeit finde sich nirgends ein Hinweis auf quadratische Plattenformen mit ecksymmetrischen Abrundungen. Eine tatsächliche Vorbenutzung sei auch – wie das Oberlandesgericht indes verkannt habe – nicht durch die Bekundungen der Zeugen bewiesen. Schließlich sei die stilisierte Darstellung in der Werbeanzeige aus den 1960er Jahren jedenfalls im Zeitpunkt der Anmeldung der beiden Klagedesigns wieder vergessen gewesen. Nicht umsonst sei auch die Firma F2 neben anderen Firmen in der Branche über einen längeren Zeitraum hinweg Lizenznehmerin des Nebenintervenienten gewesen.

Die angegriffene Ausführungsform falle in den Schutzbereich der beiden Klagedesigns. Beide Klagedesigns wiesen – ebenso wie das Verletzungsmuster – zwei sog. Fersen auf, was daran erkennbar sei, dass der die Eckabrundung bildende Kreisbogen die Längsseiten schneide, wodurch an diesen Stellen eine Abrisskante bzw. ein Knick zu erkennen sei. Dass das BGH-Urteil in Sachen "Dacheindeckungsplatten" in der Randnummer 28 die Fersen nicht erwähne, stehe einer entsprechenden Feststellung nicht entgegen, da der BGH zusammenfassend die Merkmale (3) bis (6) beschrieben habe. Die geringfügigen Unterschiede führten in Anbetracht der besonderen Bedeutung der symmetrischen Eckabrundung für den Gesamteindruck das Verletzungsmuster nicht aus dem Schutzbereich der beiden Klagedesigns hinaus. Auch wenn die Fersen beim Klagedesign "eher unauffällig" seien, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinen Urteil vom 23.03.2010 und 20.03.2012 ausgeführt habe, so seien doch alle prägenden Merkmale übernommen.

Die im Klageantrag Ziffer II.1.a) angesetzte fiktive Lizenzgebühr von vier Prozent auf die von der Beklagten mit den angegriffenen Platten erzielten Umsätze sei in Anbetracht der Vorteile, die die Gestaltung der Schieferplatten bei der Produktion, Lagerung, Logistik und schließlich auch bei der Verlegung mit sich bringe, sowie angesichts deren Beliebtheit und der dominierenden Stellung der Beklagten im Markt, angemessen. Sie erhalte auf der Grundlage des mit der Fa. Bachl Baustoffe im Dezember 2002 geschlossenen Lizenzvertrags (Anlage CBH 7), in dem eine Lizenzgebühr von fünf Prozent vereinbart sei, tatsächlich angesichts der Zahlung von 2 Cent je Platte bei einem Verkaufspreis von 30 Cent sogar eine Lizenzgebühr von sechs Prozent. Dass die entsprechenden Lizenzverträge tatsächlich so gelebt würden, belegten die von dem Nebenintervenienten vorgelegten Abrechnungen und Werbeanzeigen (Anlage A 41 und 42). Selbst die Fa. F2 sei seit 2006 Lizenznehmerin der Beklagten bzw. des Nebenintervenienten gewesen; der Nebenintervenient habe bis zum Jahr 2013 die mit ihm im Oktober 2011 rückwirkend bis zum 23.09.2008 vereinbarten Lizenzbeträge in Höhe von pauschal 50.000 € auf 1.000.000 € Nettoumsatz, also fünf Prozent (und für den Mehrumsatz zwei Prozent) gezahlt (Anlage A 25).

Daneben sei die Beklagte zur Herausgabe der unberechtigt von Dritten von der Fa. Y vereinnahmten Lizenzgebühren für die Nutzung des gelöschten Gebrauchsmusters verpflichtet.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

wie erkannt zu verurteilen,

wobei im Klageantrag Ziffer I. eine Auskunftserteilung beginnend bereits mit dem 09.12.1998 bis zum 22.09.2008 und entsprechend im Klageantrag Ziffer II. die Feststellung der Schadensersatzpflicht für diesen insofern längeren Zeitraum begehrt wird und der Zinssatz im Rahmen des Klageantrags Ziffer II.1.a) bis zum 28.07.2014 acht Prozentpunkte und ab dem 29.07.2014 neun Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz beträgt.

Darüber hinaus beantragt sie im Klageantrag Ziffer III.,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bei der Gerichtskasse bis zum Tage des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu bezahlen.

Hilfsweise zu dem Klageantrag Ziffer II. 1. a) und b) beantragt die Klägerin,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.allen Schaden zu erstatten, welcher der Klägerin zwischen dem 09.12.1998 und dem 22.09.2008 durch die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

Hilfsweise zu dem Antrag Ziffer I. beantragt die Klägerin,

die Beklagte zu verurteilen, gemäß den Klageanträgen Ziffer I.1. und I.2. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen mit der Maßgabe, dass in beiden Ziffern nach den Worten „insbesondere aus Schiefer“ der weitere Passus „die im Rahmen der Deutschen Deckung zur Verlegung im Format Bogenschnitt bestimmt sind“, eingefügt wird.

Die Beklagte beantragt,

                            die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, ihr sei der Einwand der Nichtigkeit der beiden Klagedesigns trotz der BGH-Entscheidung in Sachen „Dacheindeckungsplatten“ nicht verwehrt. Die beiden Klagedesigns seien nicht rechtsbeständig, da sie X4 neu noch eigentümlich seien. Die ecksymmetrisch abgerundete Platte sei im Zeitpunkt der Anmeldung der beiden Klagedesigns vorbekannt gewesen. So habe nicht nur die Fa. Schieferwerk Lotharheil U Schieferzentrum e. K. (im Folgenden: Fa. U) unter der Bezeichnung „Spezialfischschuppe“ bzw. „Lotharheiler Fischschuppe“ bereits Mitte der 1980er Jahre, spätestens aber ab Anfang der 1990er Jahre eine ecksymmetrisch abgerundete Schieferplatte vertrieben, wie aus der als Anlage B 2 vorgelegten Abbildung ersichtlich. Die „Spezialfischschuppe“ sei u.a. auf der Messe „Dach + Wand“ in Hannover 1992 und in Berlin 1993 dem Fachpublikum gezeigt worden (vgl. hierzu die Anlagen B 30 und 31).

Auch die in Spanien ansässige Caborco Oscuro S.A. (im Folgenden: Fa. Caborco Oscuro) habe auf dem deutschen Markt unter der Bezeichnung „Assulo-Bogenschnittschablone“ die in dem in den 1990er Jahren erstellten, als Anlage B 5 vorgelegten Prospekt unter der Überschrift „Germany“ in der mittleren Reihe ganz rechts abgebildete Platte beworben und vertrieben. So habe die Fa. Y, welche die „Assulo-Bogenschnittschablone“ ihrerseits ebenfalls bereits in einer Preisliste aus dem Jahr 1984 beworben habe (siehe Anlage B 4), die Platten bei der Fa. Caborco Oscuro bezogen und in Deutschland in verschiedenen Größen vertrieben. Die Fa. Caborco Oscuro habe den als Anlage B 5 vorgelegten Prospekt mit der Abbildung der „Assulo-Bogenschnittschablone“ in den 1990er Jahren u.a. auch der Fa. VTS L GmbH & Co. U2 KG zur Verfügung gestellt (vgl. hierzu deren Schreiben vom 11.11.2009, Anlage B 6).

Darüber hinaus habe die Firma K & Backes in den Jahren 1986 und 1987 ebenfalls eine „Bogenschnitt-Schablone“ im Format 30 x 30 cm mit einer symmetrisch zur Winkelhalbierenden abgerundeten Ecke angeboten, wie sich aus dem als Anlage B 23 vorgelegten Anschreiben vom 08.12.2011 und den mitübersandten Preislisten aus den Jahren 1986 und 1987 ergebe.

Schließlich habe die Firma F2 bereits in den 1960er Jahren die in den Anlagen B 10 bis B 12 und B 16 abgebildete quadratische Asbestzementplatte – später Faserzementplatte – mit abgerundeter Ecke vertrieben (im Folgenden: „F2-Platte“). Hierzu legt die Beklagte in den genannten Anlagen Werbeanzeigen aus der Zeitschrift „Deutsches Dachdecker Handwerk“ und „Der Dachdeckermeister“ vor. Eine entsprechende ecksymmetrische Platte sei auch von der Firma G4 angeboten und bis in die 1970er Jahre vertrieben worden.

Selbst wenn aber von der Rechtsbeständigkeit der beiden Klagedesigns auszugehen sei, sei deren Schutzbereich unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen jedenfalls so eng, dass das Verletzungsmuster nicht in diesen hineinfalle. Unter Berücksichtigung des engen Gestaltungsspielraums bei Schieferplatten erweckten die beiden Klagedesigns und die angegriffene Ausführungsform beim informierten Benutzer nicht denselben Gesamteindruck, da die angegriffene Ausführungsform zwei sog. Fersen aufweise, während den beim DPMA hinterlegten Abbildungen der beiden Klagedesigns keine Fersen zu entnehmen seien. Bei den beiden Klagedesigns sei eine Ferse allenfalls angedeutet und unauffällig, weshalb die Platten anders als das Verletzungsmuster einen symmetrischgleichförmigen und damit harmonischen Eindruck vermittelten. Das Verletzungsmuster setze sich mit seinen beiden schroffen Richtungsänderungen im Bereich der Eckaussparung deutlich hiervon ab. Dementsprechend fehle es auch am Nachahmungstatbestand.

Auch ein Verschulden sei ihr, der Beklagten, nicht anzulasten, da die ursprüngliche Eintragung des zwischenzeitlich wieder gelöschten Gebrauchsmusters nach entsprechender Schutzrechtsrecherche des DPMA erfolgt sei und sie hierauf habe vertrauen dürfen.

Eine Auskunftserteilung sei ihr für die Zeit bis F 2001 überdies nicht mehr möglich, da nach Ablauf der entsprechenden gesetzlichen Aufbewahrungsfristen die Auskünfte nicht mehr erteilt werden könnten.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, die von der Klägerin geltend gemachte Lizenzgebühr von vier Prozent sei in Anbetracht der geringen Gewinnmarge überhöht. Die Platten hätten auch erst aufgrund ihrer wirtschaftlichen Anstrengungen, zu denen die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Überdies habe sie mit anderen Schieferunternehmen, u.a. den Firmen Theis-Y und Magog, keine Umsatzlizenzen, sondern jährlich zu zahlende Pauschalen in Höhe von 1.000,- bis 7.500,- € vereinbart; Umsatzlizenzen habe sie selbst gegenüber Dritten nur während der Zeit des Bestandes ihres Gebrauchsmusters geltend gemacht. Sie bestreite, dass der Lizenzvertrag mit der Fa. Bachl mit einer Lizenzhöhe von vier Prozent so tatsächlich gelebt werde und F2 die angegebenen Lizenzen bezahlt habe. Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seien ohnehin nicht zu zahlen, da es sich bei dem geltend gemachten Lizenzanspruch nicht um eine Entgeltforderung handele. Für einen Zinsanspruch auf verauslagte Gerichtskosten gebe es keine Grundlage.

Schließlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Auskunfts- und Schadensersatzansprüche für den Zeitraum vor dem 21.10.2005, da auf die Einrede der Verjährung nur insofern verzichtet worden sei, als Verjährung nicht schon eingetreten gewesen sei. Sie beruft sich ergänzend auf Verwirkung. Die Klägerin habe sich erst fünf Jahre nach der Veröffentlichung des gelöschten Gebrauchsmusters an sie, die Beklagte, gewandt, nachdem sie dieses über mehrere Jahre hinweg im Vertrauen auf dessen Bestand genutzt habe.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 06.01.2015 (Bl. 433 ff. GA) durch mündliche Vernehmung der Zeugen U (Bl. 481 ff. GA), Werner T4 (Bl. 559 ff. GA), Roman Y (Bl. 492 ff. GA), Jaime Nogueira Q (Bl. 487 ff. GA), Santiago Real B2 (Bl. 489 ff. GA), Christian H (Bl. 554 ff. GA), Josef K (Bl. 490 ff. GA), Uwe H2 (Bl. 616 ff. GA), Manfred B3 (Bl. 618 ff. GA), Albert L3 (Bl. 610 ff. GA), Uwe C2 (Bl. 1021 ff. GA), Christian X4 (Bl. 614 ff. GA), Armin G5 (Bl. 565 ff. GA), Herbert B (Bl. 606 ff. GA), E (Bl. 1256 ff. GA), Jörg L2 (Bl. 1017 ff. GA), Hans Wilhelm N3 (Bl. 1250 ff. GA), Manfred C3 (Bl. 1019 ff. GA), wobei die Zeugen E (Bl. 682/R GA), Jörg L2 (Bl. 691 GA), Hans Wilhelm N3 (Bl. 668 f. GA) und Manfred C3 (Bl. 681/R) bereits zuvor schriftliche Angaben als Zeugen gemacht hatten. Die Zeugen T2 (Bl. 679 GA) und Bernd Krefeld (Bl. 670/R GA) haben sich ebenfalls schriftlich geäußert.

Die Kammer hat ferner gemäß den Beweisbeschlüssen vom 24.07.2015 (Bl. 662 GA), 13.08.2015 (Bl. 684 GA), 29.09.2015 (Bl. 726 f. GA) und 02.10.2015 (Bl. 732 f. GA) Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der Zeugen G2 (Bl. 808 f. GA), Klaus M (Bl. 721 f. GA), Thomas N4 (Bl. 749 f., 907 und 911 GA), Paul G3 (Bl. 699 f. und 902 ff. GA), Hans S (Bl. 745 f. GA) und Gregor Vogt (Bl. 755/R GA), wobei die Zeugen M und S ergänzend auch mündlich (Bl. 810 ff. bzw. 821 ff. GA) und der Zeuge N5 ausschließlich mündlich vernommen worden ist (818 ff. GA). Der im Beweisbeschluss vom 29.09.2015 genannte Zeuge C ist verstorben und konnte daher X4 schriftlich noch mündlich vernommen werden. Auf die Vernehmung des Zeugen N2 hat die Klägerin im Schriftsatz vom 29.08.2016 (Bl. 960 GA) verzichtet.

Die Kammer hat ferner auf Antrag der Klägerin die Akten des Henzler-Verfahrens (Az. 31 O 730/09 des Landgerichts Köln = Az. 6 U 111/11 des Oberlandesgerichts Köln), die Verfahrensakten in Sachen „Dacheindeckungsplatten“ (Az. 31 O 409/04 des Landgerichts Köln = Az. 6 U 216/04 des Oberlandesgerichts Köln), die Verfahrensakten zu dem Az. 34 O 105/03 des Landgerichts Düsseldorf (= Az. I-20 U 34/04 des Oberlandesgerichts Düsseldorf) und die Verfahrensakten des Parallelverfahrens (Az. 14c O 248/11 des Landgerichts Düsseldorf = Az. I-20 U 66/12 des Oberlandesgerichts Düsseldorf) beigezogen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlungen gewesen.

Mit Schriftsatz vom 11.01.2013 (Bl. 85 ff. GA) ist der Nebenintervenient, Herr Dr. G, dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten. Die Kammer hat mit Zwischenurteil vom 26.06.2014 (Bl. 308 ff. GA) den Beitritt des Nebenintervenienten zurückgewiesen und diesem die Kosten des Zwischenstreits auferlegt. Der Prozessbevollmächtigte des Nebenintervenienten ist nach Erlass des Zwischenurteils als weiterer Prozessbevollmächtigter der Klägerin aufgetreten und hat erklärt, dass sich die Klägerin das Vorbringen des Nebenintervenienten vollumfänglich zu Eigen mache.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache weitestgehend Erfolg, da die angegriffene Gestaltung das Klagedesign 1 verletzt.

I.

Die Klage ist zulässig.

1.

Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß § 52 Abs. 1, Abs. 2 DesignG sachlich und nach §§ 12, 17 ZPO i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Zusammenfassung von Geschmacksmusterstreitsachen, Kennzeichenstreitsachen und Urheberrechtsstreitsachen vom 30. August 2011 (GV. NRW. S. 468/SGV. NRW. 301) auch örtlich zuständig, da die Beklagte im Landgerichtsbezirk Düsseldorf ihren Sitz hat.

2.

Auch das im Rahmen der Klageanträge zu Ziffer II.1. und II.2. gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.

a.

Zwar fehlt das Feststellungsinteresse regelmäßig dann, wenn der Kläger statt einer Feststellungsklage sogleich eine entsprechende Leistungsklage erheben kann. Etwas anderes gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber dann, wenn – wie hier – die Schadensentwicklung im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen ist und der Schaden allenfalls teilweise beziffert werden kann (BGH, GRUR 2001, 1177 f. - Feststellungsinteresse II; GRUR 2003, 900 Rn. 16 - Feststellungsinteresse III). Die für die Schadensberechnung erforderlichen Voraussetzungen werden zudem in der Regel erst durch die Erfüllung des Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung geschaffen (BGH, GRUR 1965, 198, 202; Eichmann, in: Eichmann/von Falckenstein/Kühne, 5. Aufl., § 42, Rn. 35). Dabei entfällt das Feststellungsinteresse auch nicht wegen der Möglichkeit zur Erhebung einer Stufenklage (BGH, GRUR 2003, 900 Rn. 16 - Feststellungsinteresse III). Schließlich genügt es, dass die Entstehung eines Schadens wahrscheinlich ist, d.h. zumindest denkbar und möglich ist. Dass durch Herstellung und Vertrieb von rechtsverletzenden Erzeugnissen ein Schaden entstanden ist, entspricht dabei der Lebenserfahrung, so dass – insbesondere bei Vorliegen eines direkten Wettbewerbsverhältnisses – die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts regelmäßig keinem Zweifel unterliegt (BGH, GRUR, 2001, 503, 506 – Sitz-Liegemöbel sowie Eichmann, in: Eichmann/von Falckenstein/Kühne, a.a.O.).

Der Klägerin ist die Bezifferung der (hypothetischen) Lizenzgebühren nicht möglich, da diese in der Branche üblicherweise umsatzbezogen anhand eines zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Prozentsatzes ermittelt werden, ihr der von der Beklagten mit der Universalplatte erzielte Umsatz indes unbekannt ist.

b.

Die vorstehenden Grundsätze zum Vorliegen des Feststellungsinteresses gelten entsprechend auch für den Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung (Eichmann, in: Eichmann/von Falckenstein/Kühne, a.a.O.).

3.

Ob im Hinblick auf den Klageantrag Ziffer III. das erforderliche Feststellungsinteresse ebenfalls gegeben ist (ablehnend insofern BGH, Urt. v. 18.2.2015, Az. XII ZR 199/13, Rn. 32, zitiert nach juris), kann hier dahinstehen, weil der geltend gemachte Feststellungsantrag jedenfalls unbegründet ist (wie unten unter Ziffer V. ausgeführt werden wird). Denn das Nichtvorhandensein des Feststellungsinteresses steht nur einer dem Kläger günstigen Sachentscheidung entgegen (Greger, in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256, Rn. 7).

II.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte der in dem Klageantrag zu Ziffer II.1. geltend gemachte Schadensersatzfeststellungsanspruch für den Zeitraum vom 11.03.1999 bis 22.09.2008 gemäß § 42 Abs. 2 DesignG in Verbindung mit § 38 Abs. 1 DesignG wegen Verletzung des Klagedesigns 1 zu.

Das Klagedesign ist rechtsbeständig (dazu unter II.2.). Die von der Beklagten vertriebene Schieferplatte „Universal“ verletzt das Klagedesign 1, da sie beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt als (siehe II.3.). Schließlich steht der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu, wobei auch die weitergehende Konkretisierung des Feststellungsantrages der Höhe nach auf einen Betrag von 4 Prozent des durch die Zuwiderhandlungen erzielten Umsatzes zulässig und begründet ist (dazu unter II.4.).

1.

Das Klagedesign 1 zeigt eine Schiefer- oder Natursteinplatte, die folgende Gestaltungsmerkmale aufweist:

(1)        die Platten weisen die Form eines gleichseitigen Vierecks auf (Grundform) welches im Wesentlichen als Quadrat ausgebildet ist;

(2)        eine Ecke des Quadrats

a. umschließt einen Winkel von etwa 90° und

b. ist als die Rundung eines kreisförmigen Abschnitts ausgebildet (Eckabrundung);

(3)        der Scheitelpunkt der Eckabrundung ist eckmittig angeordnet;

(4)        der von der Eckabrundung umschlossene Winkel (Eckwinkel) wird symmetrisch von einer gedachten Diagonalen halbiert (winkelhalbierende Diagonale);

(5)        die winkelhalbierende Diagonale durchläuft den Mittelpunkt der Platte;

(6)        die Treffpunkte, an denen der Kreisbogen der Eckabrundung, der einen gegenüber einer vollkommenen Eckabrundung (Viertelkreis) leicht vergrößerten Radius hat, die den Eckwinkel umschließenden Viereckseiten schneidet, bilden Schnittpunkte (sog. Fersen)

(7)        und liegen auf den Viereckseiten so, dass weit mehr als die Hälfte der Viereckseite als gerade Kante verbleibt.

Auf der beim DPMA hinterlegten Abbildung des Klagedesigns 1, wie sie dem Registerausdruck gemäß der Anlage CBH 2 und der gesonderten Geschmacksmusterakte aus dem Verfahren vor dem Landgericht Köln zum Az. 31 O 730/09 mit seinen farbigen Lichtbildern zu entnehmen ist, kann man das Merkmal (6) trotz der bei dem natürlichen Werkstoff Schiefer infolge des Behauens stets an den Kanten vorhandenen Unregelmäßigkeiten auch mit bloßem Auge erkennen. Dieses Merkmal ist für die Kammer jedenfalls auf dem auf der Internetseite des DPMA hinterlegten Lichtbild, das eine entsprechende Vergrößerung zulässt, hinreichend deutlich sichtbar. Der Hinzuziehung der Registerakten bedurfte es daher nicht.

Die unstetige Ausbildung des Übergangsbereichs vom bogenförmigen zum geraden Verlauf – vom Bundespatentgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2007 als plötzliche Richtungsänderung des bogenförmigen Verlaufs in Form einer als Knick und Ecke augenfälligen Stelle bezeichnet (BPatG, Beschluss vom 19.12.2007, Az. 5 W (pat) 403/07, Rn. 62 f., zitiert nach juris) – ergibt sich aus der Geometrie der Platte selbst. Sie resultiert daraus, dass die Bogenform nicht tangential in die Seitenlinie übergeht, sondern signifikant darüber hinausläuft, was eine Unebenheit in diesem Bereich zur Folge hat. Diese nimmt der informierte Benutzer nicht nur in technischer Hinsicht wegen ihrer Funktion bei der gezielten Wasserabführung (sog. hängende Ferse oder „Tropfnase“) und als Anhaltspunkt für eine gleichmäßige Verlegung der Platten, sondern gerade auch in ästhetischer Hinsicht als Ferse in dem hier beschriebenen Sinne wahr (LG Düsseldorf, Urt. v. 22.03.2012, Az. 14c O 248/11, Rn. 48, juris).

Der ästhetische Gesamteindruck des Klagedesigns 1 wird indes maßgeblich durch das Zusammenspiel der zwei, in den Merkmalen (1) bis (5) und (7) beschriebenen Gestaltungselemente geprägt. Zum einen weisen die Platten die Grundform eines gleichseitigen Vierecks in Form eines Quadrats auf, dessen eine äußere Ecke abgerundet ist (Eckabrundung, Merkmale (1) bis (3) und (7)). Zum anderen bildet diese Eckabrundung den Ausschnitt eines Kreisbogens. Die Rundung verläuft symmetrisch zu einer gedachten eckhalbierenden Diagonalen (symmetrische Eckabrundung, Merkmale (4) und (5)). Die Kombination dieser Elemente betont das Quadratische und verleiht gleichzeitig dem Gesamtbild einen symmetrischgleichförmigen und damit harmonischen Eindruck (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007, Az. I ZR 100/05, Rn. 28, zitiert nach juris – Dacheindeckungsplatten; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 62).

Das Merkmal (6), die Fersen, tritt demgegenüber etwas in den Hintergrund und bleibt eher unauffällig (so auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 49, 63 und Urt. v. 23.03.2010, Az. I - 20 U 34/04, Anlage CBH 10, S. 19; vom BGH wird dieses Merkmal in der Entscheidung „Dacheindeckungsplatten“ nicht erwähnt, a.a.O., Rn. 28). Auch wenn der informierte Benutzer um die Bedeutung der Fersen für den Wasserablauf weiß, handelt es sich optisch nicht um ein Merkmal, das sogleich ins Auge springt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 63). Nach Ansicht der Kammer kann indes dahinstehen, ob man das Merkmal stark untergewichten will (so zumindest in der Tendenz OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.03.2010, Az. I - 20 U 34/04, Anlage CBH 10, S. 19) oder ihm eine stärkere Bedeutung zumisst. Denn dies wirkt sich im Streitfall – wie sich aus der Verletzungsprüfung ergibt – für die Frage des übereinstimmenden Gesamteindrucks nicht aus.

2.

Das Klagedesign 1 ist aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen in dem Urteil des BGH vom 18.10.2007 in Sachen „Dacheindeckungsplatten“ rechtsbeständig.

Die Schutzfähigkeit des am 09.12.1998 eingetragenen Klagedesigns 1, das der früheren gesetzlichen Terminologie entsprechend bei seiner Anmeldung noch Geschmacksmuster genannt wurde, bestimmt sich gemäß § 72 Abs. 2 S. 1 DesignG nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften über die Voraussetzungen der Schutzfähigkeit, mithin nach dem Geschmacksmustergesetz in der vor dem Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes (BGBl. 2004 I S. 390) am 01.06.2004 geltenden Fassung (BGH, Urt. v. 28.01.2016, Az. I ZR 40/14, Rn. 19, zitiert nach juris – Armbanduhr; BGH, Urt. v. 07.04.2011, Az. I ZR 56/09, Rn. 24, zitiert nach juris - ICE). Folglich finden im Rahmen der Prüfung der Schutzfähigkeit hier die Vorschriften des Geschmacksmustergesetzes von 1986, insbesondere § 1 Abs. 2 GschmMG a.F., Anwendung.

Allerdings ist die Beklagte – wie von der Kammer bereits im Urteil vom 22.03.2012 (Az. 14c 248/11) entschieden und insoweit vom OLG Düsseldorf im Urteil vom 23.07.2013 auch bestätigt worden ist – mit dem Einwand fehlender Neuheit und Eigentümlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG a. F. bereits deshalb ausgeschlossen, weil ihre gegen die Klägerin gerichtete Löschungsklage vom BGH in Sachen „Dacheindeckungsplatten“ mit Urteil vom 18.10.2007 letztinstanzlich abgewiesen worden ist (BGH, Urt. v. 18.10.2007, Az. I ZR 100/05, zitiert nach juris). Dadurch ist im Verhältnis zwischen den Parteien eine eigenständige, für sie gültige materielle Rechtslage geschaffen worden, die der Rechtsgültigkeit des eingetragenen Designs entspricht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, Az. I-20 U 66/12, Rn. 46 zitiert nach juris).

Der in den §§ 322, 325 ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke ist dabei auch für die Beurteilung der Wirkungen einer im Löschungsverfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidung heranzuziehen. Der Sinn dieser Regelungen liegt in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteienstreits, der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden soll (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 47 unter Hinweis auf BGH, GRUR 2010, 231 Rn. 18 - Legostein). Daher entspricht es dem Normzweck der §§ 322, 325 ZPO im vorliegenden kontradiktorischen Verfahren der Parteien, beliebige Wiederholungen des Streits über ein und denselben Streitstoff auszuschließen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 47 unter Hinweis auf BGH GRUR 1993, 969, 971 – Indorektal II). Dass es im vorangegangenen Löschungsverfahren nicht um die Durchsetzung eines individuellen Anspruchs ging, ändert daran nichts, da das konkrete, auf einen bestimmten Löschungsgrund gestützte Löschungsverlangen einem prozessualen Streitgegenstand hinreichend vergleichbar ist, um die entsprechende Anwendung des nebisinidem-Grundsatzes zu rechtfertigen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 47).

Der Umstand, dass gegebenenfalls eben der Löschungsgrund, der dem weiteren Streit der Parteien entzogen sein soll, Gegenstand einer erneuten Überprüfung im Amtslöschungsverfahren ohne Beteiligung derselben Parteien werden kann, steht der Anwendbarkeit dieses Gebots im konkreten Parteienverhältnis nicht entgegen, denn auch ein im Verhältnis zweier Parteien prozessual geprüfter und rechtskräftig verneinter Klagegrund – etwa ein Wettbewerbsverstoß der beklagten Partei und ein darauf gestütztes Unterlassungsbegehren – kann aufgrund der Klage einer anderen Partei einer erneuten Überprüfung unterzogen werden (BGH GRUR 1993, 969, 971 - Indorektal II). Dagegen spricht nicht die Intention des Gesetzgebers, den Bestand des Geschmacksmusters an der materiellen Rechtslage auszurichten. Die rechtskräftige Abweisung der Löschungsklage entfaltet ihre Wirkung nur im Verhältnis der Parteien; Klagen oder Einwendungen Dritter werden hierdurch nicht ausgeschlossen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 47 unter Hinweis auf BGH, GRUR 2010, 231 Rn. 20 - Legostein).

Hinzu kommt, dass die Rechtskraft einer in einem Vorprozess der Parteien ergangenen Entscheidung nicht nur bei Identität der Streitgegenstände in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist, sondern auch dann, wenn eine für den nachfolgenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Frage im Vorprozess rechtskräftig entschieden wurde (LG Düsseldorf, Urt. v. 22.03.2012, Az. 14c O 248/11 unter Hinweis auf BGH NJW 2008, 1227, 1228 und Vollkommer, in: Zöller, ZPO 31. Aufl. 2016, vor § 322 Rn. 24 m.w.N.). Vorliegend ist die Frage der Rechtsgültigkeit des Klagegeschmacksmusters im Verletzungsprozess als Zweitprozess als Vorfrage zu prüfen. Gerade diese Frage ist aber Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung im Löschungsverfahren gewesen und damit bindend.

3.

Das angegriffene Verletzungsmuster erweckt beim informierten Benutzer denselben Gesamteindruck wie das Klagedesign 1.

Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 DesignG (sowie nach der Vorgängervorschrift § 38 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG 2004) erstreckt sich der Schutz aus einem eingetragenen Design (bzw. Geschmacksmuster) auf jedes Design (bzw. Muster), das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt.

Die Schutzwirkungen bei einem vor dem 28.10.2001 eingetragenen Geschmacksmuster bestimmen sich – wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 72 Abs. 2 S. 1 DesignG ergibt – grundsätzlich nach geltendem Recht (BGH, Urt. v. 28.01.2016, Az. I ZR 40/14, Rn. 28, zitiert nach juris – Armbanduhr; BGH, Beschl. v. 17.08.2010, Az. I ZR 97/09, GRUR 2011, 423 – Baugruppe II; BGH, Az. I ZR 263/02, GRUR 2006, 143 – Catwalk), mithin nach dem Designgesetz in der heute geltenden Fassung.

Für die Prüfung, ob ein angegriffenes Design in den Schutzbereich des eingetragenen Designs eingreift, ist der Schutzumfang des eingetragenen Designs zu bestimmen und sein Gesamteindruck mit dem Gesamteindruck des angegriffenen Musters zu vergleichen (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2016, I ZR 40/14, Rn. 29, zitiert nach juris – Armbanduhr; BGH, GRUR 2011, 1117, Rn. 34 – ICE).

a.

Bei der Beurteilung des Schutzumfanges des Klagedesigns ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung eines Designs zu berücksichtigen, § 38 Abs. 2 S. 2 DesignG. Zwischen dem Gestaltungsspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Musters besteht dabei eine Wechselwirkung. Eine hohe Musterdichte und ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers können zu einem engen Schutzumfang des Musters mit der Folge führen, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen, während umgekehrt eine geringe Musterdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers einen weiten Schutzumfang zur Folge haben können, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer keinen unterschiedlichen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 31 m.w.N. - Kinderwagen II). Darüber hinaus wird der Schutzumfang des Verfügungsgeschmacksmusters auch durch seinen Abstand vom vorbekannten Formenschatz bestimmt. Je größer der Abstand des Verfügungsgeschmacksmusters zum vorbekannten Formenschatz ist, desto größer ist auch dessen Schutzumfang (vgl. BGH a.a.O., Rn. 32).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht die Kammer von einem engen Schutzbereich des Klagedesigns 1 aus.

aa.

Bei der Gestaltung von Decksteinen besteht funktionsbedingt mit Rücksicht auf eine größtmögliche Materialausbeute und die Fachregeln des Dachdeckerhandwerks ein verhältnismäßig enger Gestaltungsspielraum (so bereits BGH, Urt. v. 18.10.2007, Az. I ZR 100/05, Rn. 33 – Dacheindeckungsplatten; dem folgend OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, Az. I-20 U 66/12, 20 U 66/12, Rn. 64, zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund ist die gegebene Musterdichte als hoch zu bewerten (a.a.O.).

bb.

Unstreitig existiert neben der klassischen Schuppenschablone seit 1950 eine in der Grundform quadratische Bogenschnittschablone, die bereits eine – wenn auch asymmetrisch – abgerundete Ecke und eine deutlich ausgeprägte Ferse aufweist (a.a.O.).

Auch Platten mit symmetrisch abgerundeter Ecke waren zum Anmeldezeitpunkt des Klagedesigns 1 vorbekannt. So zeigt die nachfolgend eingeblendete Figur 1 des deutschen Gebrauchsmusters 256 490 vom 10.05.1967 (Anlage A 64) einen Deckstein mit quadratischer Grundform und vier symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen abgerundeten Ecken, bei der eine Ecke zum Einhängen in die Dachsparren nach unten abgewinkelt ist (siehe OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O. Rn. 64):

Zu diesen beiden Platten hält das Klagedesign 1 einen erheblichen Abstand. Die quadratische Bogenschnittschablone weist keine symmetrische Eckabrundung auf. Das Gebrauchsmusters 256 490 verfügt nicht nur über eine, sondern über vier symmetrische Eckabrundungen und keine oder allenfalls ganz gering ausgeprägte Fersen. Schließlich achten die hier maßgebenden Fachkreise angesichts der Gestaltungsdichte in diesem Bereich erfahrungsgemäß auch auf gestalterische Feinheiten.

Weiterhin unterstellt die Kammer zugunsten der Beklagten, dass eine sog. „Spezialfischschuppe“ mit einer großen Eckabrundung vorbekannt war. Dass es ein solches Erzeugnis gegeben hat, legen die Zeugenaussagen und die vorgelegten Unterlagen nahe. Einer solchen „Spezialfischschuppe“ mit großer Eckabrundung fehlt es indes an den Merkmalen (6) und (7) mit der Folge, dass sie eher fächerförmig als quadratisch wirkt.

Die Vorbekanntheit einer „Spezialfischschuppe“ mit einer kleinen Eckabrundung konnte dagegen – wie nachstehend ausgeführt wird – nicht festgestellt werden.

Den deutlichen Abstand zu den beiden unstreitig vorbekannten Mustern berücksichtigend und die Vorbekanntheit einer „Spezialfischschuppe“ mit großer Eckabrundung unterstellend, ist der Schutzbereich des Klagedesigns 1 eng, allerdings nicht nur sehr klein und im Wesentlichen auf identische Nachahmungen beschränkt.

cc.

Die Vorbekanntheit der „F2-Platte“, der „Spezialfischschuppe“ mit kleiner Eckabrundung, der „Assulo-Bogenschnittschablone“ der Fa. Caborco Oscuro sowie der „Bogenschnitt-Schablone“ der Fa. K & Backes konnte nicht festgestellt werden und deshalb diese Platten bei der Bestimmung des Schutzbereichs nicht als vorbekannter Formenschatz berücksichtigt werden.

Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer, weil sie nach umfangreicher Beweisaufnahme im Rahmen der Beweiswürdigung anders als das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 23.07.2013 nicht zu der Überzeugung gelangt ist, dass den Fachkreisen im Anmeldezeitpunkt des Klagedesigns 1 auch bereits quadratische Dach- oder Fassadenplatten mit einer kleinen Eckabrundung bekannt gewesen sind, die den Schutzbereich des Klagedesigns 1 auf identische Nachahmungen einschränken (so aber das OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, Az. I-20 U 66/12, Rn. 68 und 109 f., zitiert nach juris).

(1)

Dabei ist der Beklagten die Berufung auf die von ihr ins Feld geführten Entgegenhaltungen nicht bereits deshalb verwehrt, weil die Kammer auch insoweit an die Feststellungen des BGH im Urteil in Sachen „Dacheindeckungsplatten“ gebunden ist. Denn die Bindungswirkung gemäß §§ 322, 325 ZPO erstreckt sich nur auf den Bestand, nicht aber auf den Schutzumfang des Geschmacksmusters (vgl. BGH, GRUR 1971, 597, 599 - Schienenschalter II zum Gebrauchsmusterrecht; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2013, a.a.O., Rn. 48). Auch die Gründe eines klageabweisenden Urteils im Nichtigkeitsverfahren bzw. Löschungsverfahren sind für den Verletzungsrichter nicht bindend (BGH, GRUR 1988, 444, 445 - Betonstahlmattenwender). Der vorbekannte Formenschatz kann daher im Verletzungsprozess uneingeschränkt berücksichtigt werden, gleich ob es sich um neue oder im Löschungsverfahren bereits vorgelegte Entgegenhaltungen handelt, und zur Verneinung der Verletzung führen, solange das Verletzungsmuster nicht mit dem Klagedesign identisch ist (BGH, GRUR 1971, 597, 599 – Schienenschalter II; OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 48).

Eine solche Identität der Muster ist hier erkennbar nicht gegeben, da das Verletzungsmuster im Bereich der Eckabrundung (insbesondere bei der Ausprägung der Fersen) Unterschiede zum Klagedesign 1 aufweist.

(2)

Zur Überzeugung der Kammer steht die Vorbekanntheit der hier streitgegenständlichen Entgegenhaltungen – mit Ausnahme der bei der Schutzbereichsbestimmung berücksichtigten – nicht fest.

(a)

Zum vorbekannten Formenschatz zählen sämtliche Muster, die im Zeitpunkt der Anmeldung des Klagedesigns 1 bereits offenbart waren. Offenbart ist ein Muster gemäß § 5 S. 1 DesignG, wenn es bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, es sei denn, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Sektors im normalen Geschäftsverlauf vor dem Anmeldetag des Musters nicht bekannt sein konnte. Zu den Fachkreisen gehören diejenigen Personen, die innerhalb des maßgeblichen Wirtschaftszweigs mit der Mustergestaltung sowie der Entwicklung oder Herstellung mustergemäßer Erzeugnisse befasst sind. Hierzu zählen nicht nur die Designer selbst, sondern auch die Personen im Unternehmen, die für den Einkauf und Verkauf zuständig sind, weil sie aufgrund ihrer Marktkenntnis und aufgrund ihrer Aufgabenstellung in der Lage sind, Anregungen für Neugestaltungen oder Modifizierungen zu geben (BGH, GRUR 2012, 1253 Rn. 19 - Gartenpavillon). Zum normalen Geschäftsverlauf der Fachkreise jedes Wirtschaftszweigs zählen Maßnahmen der Marktbeobachtung, um die Konkurrenzlage und neue Tendenzen bei der Entwicklung der eigenen Erzeugnisse zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2012, 1253 Rn. 21 – Gartenpavillon; OLG Düsseldorf, Urt. vom 23.07.2013, Az. I-20 U 66/12, Rn. 104, zitiert nach juris).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine der genannten Platten zum vorbekannten Formenschatz gehört, trifft dabei denjenigen, der sich auf die Entgegenhaltung beruft. Davon umfasst ist zum einen die Offenbarungshandlung selbst und die Gestaltungsmerkmale der Entgegenhaltung (Ruhl, a.a.O., Art. 7 Rn. 42). Die Beweislast dafür, welche Abbildung, welches Modell oder welches Original tatsächlich offenbart wurde, liegt ebenfalls bei demjenigen, der die Offenbarung behauptet (Ruhl, a.a.O., Art. 7 Rn. 44; Eichmann, in: Eichmann/von Falckenstein/Kühne, 5. Aufl., § 5 Rn. 20 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 09.06.2004, Az. I ZR 70/02, GRUR 2004, 939, 941 - Klemmhebel). Dasselbe gilt für den Zeitpunkt der Offenbarung.

Dabei reicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO die bloße – auch naheliegende – Wahrscheinlichkeit nicht aus, sondern das Gericht muss aufgrund der Beweisaufnahme die Behauptung für wahr halten, wofür eine hinreichende Gewissheit erforderlich ist, die zwar keine von allen Zweifeln freie Überzeugung, indes einen hinreichenden Grad von Gewissheit voraussetzt, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, NJW 1970, 946).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Beklagten ein solcher Nachweis eines vorbekannten Musters im Sinne der gesicherten tatsächlichen Offenbarung einer in seinen Gestaltungsmerkmalen hinreichend bestimmten Fassaden- und Dacheindeckungsplatte, das darüber hinaus auch geeignet ist, im gerichtlichen Verfahren als Vergleichs- und Beurteilungsmaßstab zu dienen, nicht gelungen. Daher kommt es hier nicht darauf, ob den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Sektors im normalen Geschäftsverlauf das Muster vor dessen Anmeldetag bekannt sein konnte.

(b)

Nach erneuter Einvernahme der vor dem OLG Düsseldorf im Parallelverfahren bereits gehörten Zeugen sowie der Vernehmung weiterer Zeugen ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass eine „F2-Platte“ mit symmetrisch zur eckhalbierenden Diagonalen abgerundeter Ecke, wie sie sich aus der Werbeanzeige der Fa. F2 (Anlagen B 11 und B 12) ergeben soll, bereits in den 1960er Jahren existierte:

(aa)

Die Werbeanzeige der Fa. F2 aus den 1960er Jahren reicht jedenfalls für sich betrachtet nicht aus, um die Existenz einer bestimmten „F2-Platte“ zu beweisen.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass nach der Rechtsprechung des BGH die bloße Veröffentlichung eines Musters in den Fachkreisen zugänglichen Publikationen – auch in Werbeanzeigen – als hinreichende Offenbarungshandlung angesehen werden kann (BGHZ 50, 340, 356 –Rüschenhaube; BGH, Urt. v. 13.07.2000, Az. I ZR 219/98, GRUR 2000, 1023, 1026 – 3-Speichen-Felgenrad und BGH, Urt. v. 29.01.2004, Az. I ZR 164/01 Computergehäuse). Allerdings ist die streitgegenständliche, halbseitige Werbeanzeige, wie nachfolgend eingeblendet, allein nicht geeignet, die exakte Gestaltung der „F2-Platte“ festzulegen bzw. wiederzugeben.

Die dort in der dritten Reihe von oben in der rechten Spalte zu sehende Dachplatte wird lediglich in einer stilisierten, orangeschwarzen Zeichnung wiedergegeben, der man eine gesicherte Formgestaltung – auch bei einer entsprechenden, in der folgenden Abbildung vorgenommenen Vergrößerung – nicht entnehmen kann:

Wegen des links daneben abgebildeten Verlegebildes (Deutsche Deckung mit Bogenschnittschablonen) werden die Fachkreise der stilisierten Darstellung gerade keine damals neue Formgestaltung entnommen haben, sondern davon ausgegangen sein, dass dort eigentlich eine Bogenschnittschablone hätte gezeigt werden sollen und es sich insofern um eine ungenaue oder schematisierte Darstellung handelt. Dafür spricht auch, dass in dem Begleittext zu der Anzeige eben die vier Deckungsarten aufgezählt werden, die darüber in den Lichtbildern in der linken Spalte der Werbeanzeige tatsächlich auch gezeigt werden (von oben nach unten sind dies: die Doppeldeckung, die Schablonendeckung, die deutsche Deckung und die waagrechte Deckung). Anhaltspunkte dafür, dass eine zuvor unbekannte Platte mit symmetrischer Eckabrundung gezeigt werden sollte, ergeben sich X4 aus der Werbeanzeige (ein Hinweis auf eine etwaige „neue Form“ einer Fassaden- und Dacheindeckungsplatte, die neben die bekannte Bogenschnittschablone tritt, findet sich dort gerade nicht), noch haben die vernommenen Zeugen zu erklären vermocht, weshalb das Verlegebild in der dritten Reihe von oben – anders als in den übrigen drei Reihen – nicht zu der nebenstehenden stilisierten Darstellung der Platte passt.

Angesichts der zum danebenstehenden Verlegebild in Widerspruch stehenden, stilisierten Darstellung und Offenbarung hätte es insofern der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten oblegen, nachzuweisen, dass es sich nicht um eine ungenaue, schematische Darstellung einer Bogenschnittplatte, sondern um eine bewusste Darstellung einer quadratischen Platte mit symmetrischer Eckabrundung handelt und die Fachkreise dies zu erkennen vermocht hätten. Der Werbeanzeige allein kann damit jedenfalls keine wirksame Offenbarung einer ecksymmetrischen Platte aus dem Hause F2 entnommen werden

(bb)

Von der Vorbekanntheit der in der Werbeanzeige abgebildeten „F2-Platte“ kann auch unter ergänzender Berücksichtigung der Aussagen der von der Kammer vernommenen Zeugen nicht ausgegangen werden.

Zwar haben die Zeugen M, L3 und X4 auf Vorhalt der Werbeanzeige oder in Kenntnis derselben im Rahmen ihrer gerichtlichen Vernehmungen bestätigt, dass die Fa. F2 in den 1960er Jahren eine quadratische Platte mit symmetrischer Eckabrundung hergestellt und zumindest auch in geringem Umfang vertrieben hat. Hierbei haben sie im Rahmen der Beschreibung des Aussehens der früheren F2-Platte im Wesentlichen auf die F2-Werbeanzeige verwiesen.

Der Zeuge Prof. Dr. M hat bekundet, dass es sich bei der fraglichen Platte in der F2-Werbeanzeige um eine symmetrische Platte handelt, die nicht zu dem daneben gezeigten Verlegebild passe. Bereits zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Fa. F2 im Jahr 1966 sei über symmetrische Platten gesprochen worden. Die symmetrische Platte sei von der Fa. F2 in dieser Zeit auch tatsächlich hergestellt worden. Er habe im Laufe seiner Tätigkeit bei der Fa. F2 symmetrische Platten selbst in den Händen gehalten und auch verlegt. Die Fa. F2 habe in Berlin über ein großes Versuchsgelände mit entsprechenden Musterbereichen verfügt, dort hätten nicht nur Betriebsangehörige, sondern auch Externe diese Platten verlegen können. In welchem Umfang die symmetrische Platte tatsächlich vertrieben worden ist, vermochte der Zeuge M indes nicht zu sagen. Zur Gestalt der symmetrischen Platten der Fa. F2 hat der Zeuge M angegeben, dass bei diesen die Gerade übergangslos in die Rundung übergegangen sei. Auf Vorhalt der F2-Werbeanzeige konnte der Zeuge M nicht sagen, ob die Größe des Bogens genauso war wie dort gezeigt. Insofern hat er lediglich bekundet, dass er meine, der abgerundete Teil sei im Vergleich dazu größer gewesen. Die Gründe dafür, weshalb die stilisierte Darstellung der Platte in der Werbeanzeige nicht dem nebenstehenden Verlegebild entspricht, konnte der Zeuge M ebenfalls nicht nennen.

Der Zeuge L3 hat bekundet, dass die F2-Werbeanzeige eine Platte mit rundem Bogenschnitt zeige, wohingegen auf dem daneben abgebildeten Verlegebild eine Deckung mit einer asymmetrische Bogenschnittplatte zu sehen sei. Auf Vorhalt der F2-Werbeanzeige hat der Zeuge L3 berichtet, dass ihm in den 1960er Jahren – zu Beginn seiner Tätigkeit in dem Dachdeckerbetrieb seines Schwiegervaters ab 1965 – eine entsprechende Musterplatte und ein Prospekt von einem Mitarbeiter der Fa. F2, der Fa. G4 oder einer anderen Firma gezeigt worden sei. Gut möglich sei, dass es sich um einen Mitarbeiter der Fa. F2 gehandelt habe und dass ihm vergleichbare Abbildungen wie in der F2-Werbeanzeige vorgelegt worden seien. Der Zeuge L3 erinnerte sich daran, dass irgendwann – möglicherweise 1968 – jemand vorbeigekommen sei, der eine solche Platte vorgestellt habe, die man – anders als die ihm damals bereits bekannten Platten mit asymmetrischem Bogenschnitt – nach beiden Seiten habe verlegen können. Er habe die damit verbundenen Vorteile nicht zuletzt wegen seiner als Quereinsteiger anderen Herangehensweise gleich erkannt. Zur Gestalt der früheren symmetrischen Platte der Fa. F2 hat der Zeuge L3 auf Vorhalt der Anlagen A 24, A 34 und der aktuell vertriebenen „F2-Platte“ (die im Termin am 28.05.2015 vom Klägervertreter überreicht worden ist) angegeben, dass letztere der früheren „F2-Platte“ am nächsten komme. Auch der Bogen der Schieferplatte gemäß Anlage A 34 entspreche im Wesentlichen dem der früheren „F2-Platte“. Möglicherweise sei die Rundung bei der „F2-Platte“ damals etwas stärker ausgeprägt gewesen, so dass der Übergang weniger eckig gewesen sei. Die Schieferplatte gemäß Anlage A 24 zeige demgegenüber einen deutlich größeren Bogen.

Der Zeuge X4, der ab 1965 bei der Firma N GmbH in Achim tätig war, hat bekundet, dass er sich noch erinnere, F der sechziger Jahre dort mit einem Kollegen Inventur gemacht zu haben, bei der zwei bis drei Jahre zuvor eingekaufte F2-Dachplatten aufgetaucht seien, die nicht wie üblich einen asymmetrischen Bogenschnitt aufgewiesen hätten, sondern im 90-Grad-Winkel gerundet und symmetrisch gewesen seien. Die „F2-Platte“ von damals habe ausgesehen wie die in der vorgehaltenen F2-Werbeanzeige abgebildete Platte; sie habe über eine stärkere Rundung wie die dem Zeugen vorgehaltene, aktuell vertriebene F2-Platte (überreicht vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2015) verfügt. Auch der Zeuge X4 erkannte auf Vorhalt der F2-Werbeanzeige sogleich, dass das Verlegebild in der Werbeanzeige nicht zu der daneben skizzierten Platte passt.

Zwar waren die Zeugen M, L3 und X4 glaubwürdig und haben erkennbar entsprechend ihrem Erinnerungsvermögen ausgesagt, für eine Überzeugungsbildung der Kammer reichen die Aussagen dennoch nicht. Denn die Richtigkeit der Angaben der Zeugen lässt sich X4 durch Unterlagen aus dieser Zeit (mit aussagekräftigeren Skizzen o.ä.) noch anhand von – verbauten – Originalplatten belegen. Weitere objektive Anhaltspunkte für die Existenz der „F2-Platte“ aus der fraglichen Zeit existieren nicht. Insofern bestehen Zweifel, ob die „F2-Platte“ in den 1960er Jahren tatsächlich offenbart und vertrieben worden ist und wie sie gegebenenfalls genau ausgestaltet war.

Trotz intensiver, mehrjähriger Recherche der Beklagten und der von ihr benannten Zeugen ist außer der F2-Werbeanzeige wie in der Anlage B 11 kein einziges weiteres schriftliches Dokument aus dem Hause F2 aufgetaucht , das die genaue Gestalt einer „F2-Platte“ mit symmetrischer Eckabrundung belegen könnte und auch keine „F2-Platte“ bei der Fa. F2 oder ihren Händlern aufgefunden wurde. Dies verwundert, weil einmal auf dem Markt eingeführte Produkte üblicherweise nicht spurlos verschwinden, selbst wenn die Produktion eingestellt wird. Dies dürfte auch für die einzelnen im Laufe der Zeit produzierten Platten und ihre unterschiedlichen Formen und Gestaltungen gelten, zumal es sich bei Asbestzementplatten um langlebige Produkte handelt, auch wenn viele aufgrund ihrer Umweltunverträglichkeit inzwischen vernichtet worden sein dürften. Auch nach der Einstellung der Produktion gibt es für Hersteller und Händler üblicherweise eine Reihe von Gründen, weiterhin Restbestände oder Rückstellmuster vorzuhalten, z.B. um Gewährleistungsfälle abzuwickeln oder Nachlieferungen für einen bestimmten Zeitraum zu garantieren, auch wenn der Zeuge N3 in seiner Vernehmung bekundet hat, dass dies bei der Fa. F2 selbst nicht üblich gewesen sei. Selbst wenn Originalplatten nach Ablauf von über 40 Jahren als Anschauungsobjekte nicht mehr vorhanden sein sollten, ist es äußerst ungewöhnlich, dass das Unternehmen nicht zumindest entsprechende schriftliche Unterlagen für etwaige spätere Rechtsstreitigkeiten (wie z.B. Produkthaftungsfälle) aufbewahrt hat, auch wenn – was die Kammer nicht verkennt – die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten für Geschäftsunterlagen schon längst abgelaufen sind. Dabei hätte im vorliegenden Fall mit Blick auf die anfängliche Verwendung von krebserregendem Asbest in den Asbestzementplatten und der F der 1970/Anfang der 1980er Jahre aufkommenden Diskussion über die Gesundheitsgefahren ein weiterer Grund bestanden, die entsprechenden Unterlagen trotz erfolgter Unternehmensumzüge noch nicht zu vernichten. In dieses Bild passt schließlich auch die Feststellung, dass die streitgegenständliche „F2-Platte“ auch in der Fachliteratur und den unternehmenseigenen Veröffentlichungen der Fa. F2 (wie z.B. in dem F2 Handbuch von 1968, Anlage S 25, und dem Platten-F2-Handbuch von 1972, Anlage S 28) keine Erwähnung gefunden hat, wie der Zeuge M, ein promovierter Bauingenieur, der bei der Fa. F2 ab 1966 tätig war, bekundet hat. Er vermochte sich insofern nur an ein einziges Dokument, eine Art Merkblatt in DIN A4-Format erinnern, dessen genauen Inhalt er nicht wiederzugeben vermochte.

Hinzu kommt, dass auch kein Beleg für einen tatsächlichen Vertrieb und eine Marktpräsenz feststellbar ist. Obwohl es sich bei Asbestzementplatten ohne Zweifel um langlebige Produkte handelt, ist es der Beklagten im Rahmen ihrer Recherchen nicht gelungen, einzelne Objekte ausfindig zu machen, die noch heute mit der streitgegenständlichen „F2-Platte“ gedeckt sind. Auch die vom Gericht vernommenen Dachdecker konnten sich an solche Objekte, nicht erinnern. Die Zeugen L3, H2, B und X4 haben übereinstimmend angegeben, dass die Eternitplatte nicht gut gelaufen sei bzw. dass das Interesse an ihr nicht groß gewesen sei. Sie vermochten aber anzugeben, dass die „F2-Platten“ nicht zur Eindeckung ganzer Dächer verwandt worden seien, sondern nur auf kleineren Flächen, wie z.B. an Attiken, Schornsteinen, Traufen, Giebeln und Gauben, zum Einsatz gekommen seien. Insoweit ist aber unerklärlich und spricht gegen jeglichen Vertrieb der „F2-Platte“, dass trotz der langandauernden Rechtsstreitigkeiten, die in Dachdecker kreisen auch bekannt sind, nicht ein einziges Objekt gefunden werden konnte. Auch der Zeuge M, der kurz nach Veröffentlichung der F2-Werbeanzeige ins Unternehmen eingetreten war, konnte zum Umfang des Vertriebs aus der Sicht der Fa. F2 keine Angaben machen. Er hat angegeben, die „F2-Platte“ sei zumindest in Berlin auf einem Versuchsgelände verlegt worden, zu dem nicht nur Betriebsangehörige, sondern auch Dachdecker Zugang gehabt hätten. Indes hat die Kammer auch insoweit Zweifel, ob der Zeuge dies zutreffend erinnert und vermag insbesondere der Aussage keine gesicherte Angabe darüber zu entnehmen, wie die Platten konkret ausgestaltet waren. Auch dem Zeugen M waren keine Objekte bekannt, die mit der „F2-Platte“ eingedeckt worden sind und an denen man die Originalplatten noch heute finden könnte. Er mutmaßte lediglich, dass in Österreich einzelne Häuser damit eingedeckt worden seien, weil dort umfangreiche Versuche durchgeführt worden seien und ein großes Interesse an den symmetrischen Platten bestanden habe. Benennen konnte die Beklagte solche Objekte auch nach Kenntnisnahme der Zeugenaussage nicht.

Gegen eine Marktpräsenz spricht schließlich auch der Umstand, dass eine Platte mit symmetrischer Eckabrundung, die in Links- wie in Rechtsdeckung verlegt werden kann, X4 in den Fachregeln für die Deckung mit Asbestzement, aufgestellt vom Zentralverband des Dachdeckerhandwerks e.V. (im Folgenden: ZVDH), vom Oktober 1960 (Anlage A 47) noch in den später veröffentlichten Fachregeln für die Deckung mit Asbestzement aus Januar 1972 (Anlage A 48) und Januar 1974 (Anlage A 49) noch in den Fachregeln für Dachdeckungen mit Faserzement-Dachplatten von Juni 2001 (Anlage A 50) erwähnt wird. In den hier für den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Werbeanzeige maßgeblichen Fachregeln von 1960 (A 47) werden lediglich diejenigen Deckungsarten beschrieben, die auch in der Werbeanzeige der Firma F2 bildlich beworben werden (nämlich die Doppeldeckung, Schablonendeckung, Deutsche Deckung und Waagrechte Deckung). Eine Erwähnung der „Universalplatte“ wäre im Falle ihrer Existenz u.a. auch deswegen angezeigt gewesen, weil die damals im Bereich Asbestzement verwandten Bogenschnittschablonen nach den Fachregeln bei der Deutschen Deckung immer mit Fersenversatz und Fersendurchhang zu verlegen waren, was letztlich die Existenz einer Ferse voraussetzt, welche die Universalplatte gerade nicht aufweist. Auch in den ebenfalls vom ZVDH im Jahr 1958 aufgestellten Regeln für Deckung mit Schiefer (Anlage A 46) werden „Universalplatten“ nicht erwähnt. Erwähnung (in textlicher, nicht in bildlicher Hinsicht) finden die „Universalplatten“ dort erst seit 2016.

Überdies haben vier ehemalige Mitarbeiter der Fa. F2, die Zeugen L2, S, N3 und E2, angegeben, dass sie die „F2-Platte“ mit der ecksymmetrischen Rundung aus den 1960er Jahren – wie in der Werbeanzeige dargestellt – nicht kennen. Der Zeuge L2, der seit 1976 bei der Fa. F2 tätig ist, hat bekundet, dass er die dort abgebildete Dachplatte mit dem kreisrunden Bogen erst aus der Zeit nach 2000 kenne und es die Platte seines Wissens in der Zeit zuvor nicht gegeben habe, auch wenn er eine frühere Produktion der Platte durch die Fa. F2 nicht ausschließen könne, da er bis Anfang der 1980er Jahre innerhalb des Unternehmens nicht im Bereich Dachplatten tätig gewesen sei. Auch der Zeuge S hat – jedenfalls für die Zeit nach 1970 – einen Vertrieb der „F2-Platte“ ausgeschlossen. Für die Zeit davor, also insbesondere für die 1960er Jahre, aus denen die Werbeanzeigen stammen, vermochte er dies zwar nicht; er hat aber insofern bekundet, dass ihm eine solche Platte mit einem Rundbogen auch ab 1970 hätte auffallen müssen. Der Zeuge N3, der seit 1975 bei der Fa. F2 tätig ist und insbesondere in den 1990er Jahren im Rahmen seiner Außendiensttätigkeit im Bereich Hochbau mit Faserzementplatten in Berührung gekommen ist, hat unter Bezugnahme auf sein ihm vorgehaltenes Schreiben vom 13.04.2006 (Anlage A 17) und den von der Fa. F2 stammenden Innovationsbericht (Anlage A 18) bekundet, dass das „Neue“ an der 2006 von der Fa. F2 eingeführten Platte die Formgebung, nämlich die gleichmäßige Rundung der Platte an einer Ecke gewesen sei, die sich von der herkömmlichen Bogenschnittplatte abgehoben habe. Der Zeuge E2, der in der Zeit von 1981 bis F September 1996 und ab Mitte/F 1999 bis 2015 bei der Fa. F2 (davon die letzten zehn Jahre als Vertriebsleiter für Dachprodukte) beschäftigt war, hat als Zeuge ebenfalls angegeben, dass die „schön gerundete“ Platte, die für die Rechts- und Linksdeckung geeignet gewesen sei, erst 2006 von der Fa. F2 eingeführt worden sei. Er sei damals im Zuge der Markteinführung der aus dem Recherchebericht gemäß Anlage A 24 ersichtlichen Dachplatte auch von keinem Kollegen darauf hingewiesen worden, dass es entsprechende Formen bei Dachplatten von der Fa. F2 bereits gegeben habe.

Die glaubhaften Aussagen der Zeugen L2, S, N3 und E2 sprechen nach Ansicht der Kammer gegen eine Marktpräsenz der „F2-Platte“ vor 2006, weil sie sich mit den noch vorhandenen schriftlichen Originalunterlagen der Fa. F2 decken. Sowohl aus dem Schreiben des Zeugen N3 vom 13.04.2006 (Anlage A 17) als auch aus dem Innovationsbericht der Fa. F2 (Anlage A 18) ergibt sich, dass es sich bei der 2006 vorgestellten Platte mit symmetrischer Eckabrundung um eine „Neuheit“ bzw. „Innovation“ handelt. Ferner deckt sich dies mit dem äußeren Umstand, dass die Fa. F2 Lizenznehmerin des Nebenintervenienten und der Klägerin war. Einer solchen Lizenz für die „Universalplatte“ hätte es nicht bedurft, wenn sich die Fa. F2 insofern gegenüber den beiden Klagedesigns auf ihre alte, vorbekannte Gestaltung der „F2-Platte“ hätte berufen können.

Auch die weiteren vom Gericht vernommenen Zeugen, insbesondere die Zeugen G3, N4, G2, Vogt, Krefeld, T2 und N5, vermochten die Existenz der „F2-Platte“ nicht zu bestätigen. Der Zeuge G3 hat in seiner ersten schriftlichen Stellungnahme vom 19.10.2015 (Bl. 756 f. GA) erkennbar nur auf die klassische Bogenschnittschablone Bezug genommen und in der ergänzenden schriftlichen Zeugenaussage vom 17.02.2016 (Bl. 903 f. GA) auch nur Ausführungen zu Dachplatten mit (kurzem und verlängerten) Bogenschnitt gemacht, wobei er vorangestellt hat, dass ihm die Bezeichnung „symmetrische Eckabrundung“ nicht bekannt sei. Auch die Aussage des Zeugen N4, der von 1962 bis 1968 Mitarbeiter im technischen Dienst und anschließend Leiter der Werbeabteilung bei F2 gewesen ist, ist nicht ergiebig. Er hat zwar in seiner ersten schriftlichen Zeugenaussage vom 15.10.2015 (Bl. 750 GA) ausgeführt, dass er sich erinnern könne, dass die in der Anlage zu dem gerichtlichen Anschreiben (wie Anlage B 11) abgebildete quadratische Asbestzementplatte mit abgerundetem Eck im Lieferprogramm der Fa. F2 gewesen sei. Dabei bleibt aber offen, ob er sich der Frage der Symmetrie überhaupt bewusst war. Möglicherweise stand für ihn die quadratische Ausgestaltung einer Platte mit Eckabrundung im Vordergrund. Denn in seinen ergänzenden schriftlichen Zeugenaussagen vom 01.02.2016 (Bl. 911 GA) und vom 12.03.2016 (Bl. 907 GA) hat der Zeuge N4 nach Erhalt der Farbkopie der F2-Werbeanzeige (wie Anlage S 52) angegeben, dass er keine Angaben zur Entwicklung einer quadratischen Dachplatte mit symmetrischer Eckabrundung machen könne und sich auch der Vertrieb einer solchen Platte seiner Kenntnis entziehe. Er habe lediglich ihm vorgegebene Daten in Prospekten übernommen. Die Zeugen G2, Vogt, Krefeld und T2 haben in ihren schriftlichen Zeugenaussagen jeweils mitgeteilt, dass sie keine Angaben zu der Beweisfrage machen können. Der Zeuge C3 hat zwar bekundet, eine Dachplatte in der in Anlage B 11 gezeigten Form zu kennen, er vermochte sie aber zeitlich nicht einzuordnen. Der Zeuge N5 konnte als Zeuge vom Hörensagen, der für die Beklagte den Kontakt zu dem Zeugen M hergestellt hat, keine über die Kontaktaufnahme und die damalige spontane Aussage des Zeugen M hinausgehenden Angaben aus eigener Wahrnehmung machen.

Jedenfalls kann eine in der Werbeanzeige aus den 1960er Jahren beworbene Platte von der Fa. F2 deshalb nicht dem vorbekannten Formenschatz zugerechnet werden, weil sich den Zeugenaussagen keine einheitliche Gestaltung der Entgegenhaltung entnehmen lässt. Insbesondere dann, wenn die Gestaltung von Entgegenhaltungen allein oder im Wesentlichen aufgrund von Zeugenaussagen zu bestimmen ist, bestehen in praktischer Hinsicht Schwierigkeiten, daraus eine einheitliche Gestaltung der Entgegenhaltung abzuleiten (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.1984, Az. 20 U 119/83, GRUR 1985, 545, 546 – Schlüsselanhänger, vgl. hierzu auch Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 20.11.2012, Az. I-20 U 66/12, Anlage B 29). Zwar haben einzelne der vernommene Zeugen ein relativ einheitliches Bild von der „F2-Platte“ gezeichnet, indem sie bekundet haben, dass die Platte so oder so ähnlich wie die stilisierte Darstellung in der Werbung ausgesehen habe. Bei genauerem Hinsehen haben sie indes voneinander abweichende Angaben zur Gestalt der „F2-Platte“ gemacht. Teils haben sie lediglich Bezug genommen auf die stilisierte Darstellung in der Werbeanzeige, ohne weitere Details zu erwähnen (wie z.B. der Zeuge B), teils aber auch ausdrücklich auf die stilisierte Darstellung und nicht auf die Gestaltung der vorgehaltenen Platten gemäß den Anlagen A 24 und A 34 sowie der aktuell von der Fa. F2 vertriebenen, ecksymmetrischen Platte verwiesen (wie der Zeuge X4 und der Zeuge M, wobei letzterer meinte sich daran zu erinnern, dass der abgerundete Teil im Vergleich zur Darstellung in der Werbung größer gewesen sei), teils haben sie sich indes in Abgrenzung zu der stilisierten Darstellung in der Werbung auf die Gestalt der aktuell vertriebenen „F2-Platte“ berufen (wie z.B. der Zeuge L3, wobei dieser einschränkend angeführt hat, dass die Rundung etwas stärker ausgeprägt und der Übergang somit weniger eckig gewesen sei). Diejenigen Zeugen, die sich zum Vorhandensein einer Ferse geäußert haben, haben eine übergangslose Rundung beschrieben (wie z.B. der Zeuge M).

Auch der Zeuge C2 hat im Rahmen seiner Vernehmung keine detaillierten Angaben zu der Gestalt der Platten gemacht, die er 2003 von dem Dach seines Elternhauses entfernt hatte. Er vermochte X4 zu sagen, dass es sich bei den entfernten Platten um solche der Fa. F2 handelte, noch hat er Details zur genauen Ausgestaltung der Eckabrundung bekundet. Er hat angegeben, dass im Jahr 1967, als er fünf oder sechs Jahre alt gewesen sei, sein Elternhaus neu eindeckt worden sei. Die seinerzeit verlegten Asbestzementplatten, deren Hersteller ihm nicht bekannt sei, hätten 2003 dem Anblick beim Abdecken nach zu urteilen einen symmetrischen, runden Bogen gehabt. Der Bogen sei ohne Ferse in die Gerade übergegangen. Originalplatten oder Bilder vom Dach des Elternhauses mit den zwischenzeitlich entfernten Asbestzementplatten hat der Zeuge C2 nicht vorgelegt, so dass keine weiteren objektiven Anhaltspunkte für die Gestaltung der Asbestzementplatten vorliegen.

Schließlich kann auch den Aussagen der Zeugen H und Y kein Nachweis für die Existenz der „F2-Platte“ entnommen werden. Zur Überzeugung der Kammer steht nicht fest, dass die von dem Vater des Zeugen H gefertigten Musterplatten (vom OLG Düsseldorf im Parallelverfahren als „Schieferplatte H“ bezeichnet) Anfang der 1980er Jahre nach dem Vorbild der „F2-Platte“ hergestellt worden sind. Die beiden Zeugen H und Y vermochten X4 die genaue Gestaltung der „Schieferplatte H“ noch die der „F2-Platte“ zu beschreiben. Der Zeuge H hat angegeben, die Platten hätten in etwa so ausgesehen wie die in der F2-Werbeanzeige abgebildete Platte mit symmetrischer Eckabrundung, allerdings mögen die Geraden noch etwas länger gezogen und der Radius etwas kleiner gewesen sein. Der Zeuge Y hat insofern lediglich bekundet, dass es sich dabei um eine quadratische Platte gehandelt habe, bei der eine Ecke abgerundet gewesen sei, so dass sie insgesamt symmetrisch gewesen sei. Zudem existieren – abgesehen von den beiden Zeugenaussagen (insbesondere der Aussage des Zeugen H) – keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die „F2-Platte“ – wie vom OLG Düsseldorf angenommen – als Vorbild für die „Schieferplatte H“ gedient haben soll. Der Zeuge H hat insofern lediglich bekundet, sein Vater habe ihm damals erzählt, dass er sich bei der Herstellung der Vorlage an die Eternitplatten mit symmetrischem Rundbogen angelehnt habe. Soweit die Zeugen H und Y in ihrer Vernehmung vor dem OLG Düsseldorf und der Kammer zum weiteren Geschehensablauf – unabhängig voneinander – eine in der Tat erstaunliche Koinzidenz geschildert haben, wonach von dem Vater des Zeugen H im Beisein seines damals 11 oder 12 Jahre alten Sohnes rund 100 Platten im eigenen Pkw nach Spanien zu der Fa. Ampeal verbracht worden seien, dort angesichts des nicht zustande gekommenen Geschäftsabschlusses zurückgelassen worden seien und anschließend von dem Vater des Zeugen Y dort vorgefunden und zu der in der Nähe gelegenen Fa. Caborco Oscuro gebracht worden seien, welche daraufhin ab ...#/... mit der Produktion der Schieferplatten für die Fa. Theis-Y begonnen habe, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, gerade die „F2-Platte“ habe damals als ursprüngliche Vorlage zur Herstellung der „Schieferplatte H“ gedient. Denn gegen die Verwendung der „F2-Platte“ als Vorlage spricht auch, dass dann auch die nach dem Vorbild der „Schieferplatte H“ ab ...#/... von der Fa. Caborco Oscuro gefertigte Platte über eine kleine Eckabrundung hätte verfügen müssen. Die Existenz solcher Schieferplatten mit kleiner Eckabrundung konnte aber nicht, wie noch ausgeführt werden wird, zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden.

Soweit die Zeugen H2 und B3 in ihren Vernehmungen vor der Kammer angegeben haben, dass die Betriebe, in denen sie seinerzeit tätig gewesen seien, nicht von der Fa. F2, sondern von einem damaligen Wettbewerber, der Fa. G4, beliefert worden seien, sich die Produkte der beiden Firmen aber geähnelt hätten, lassen sich ihren Aussagen X4 konkrete Anhaltspunkte für die Offenbarung der „F2-Platte“ noch die genaue Gestalt einer gesonderten Entgegenhaltung entnehmen, da die Zeugen letztlich keine hinreichend detaillierten Angaben zu der Gestaltung der „G4-Platte“ machen konnten. Der Zeuge B3 hat auf Vorhalt der Schieferplatte gemäß Anlage A 24 mit der lang gezogenen Eckabrundung, der Schieferplatte gemäß Anlage A 34 mit der kurzen Eckabrundung und der aktuell vertriebenen „F2-Platte“, angegeben, dass die damaligen, seiner Erinnerung nach von der Fa. G4 bezogenen Platten recht genau der aktuell vertriebenen F2-Platte entsprachen, er jedoch keine genaueren Angaben zum Verlauf des Rundbogens mehr machen könne. Auch der Zeuge H2 hat sich im Rahmen seiner Vernehmung bei der Beschreibung der Gestalt der Platte mit symmetrischer Eckabrundung – in Abgrenzung zur Schieferplatte gemäß Anlage A 24 – auf die ihm vorgehaltene aktuelle F2-Platte bezogen und bekundet, die damals bei der Fa. G4 bezogene Platte habe in etwa so ausgesehen. Allerdings wies der Zeuge H2 auf eine „ein wenig picklige“, raue Oberfläche hin, während der Zeuge B3 bekundete, die Platten seien glatt mit einer ganz feinen Gitterstruktur gewesen. Auch konnten beide Zeugen sich nicht an konkrete Bauvorhaben erinnern. Letztlich bleibt damit die genaue Ausgestaltung und die konkrete Offenbarung einer Entgegenhaltung „G4-Platte“ offen.

Der Beklagten ist damit X4 der Nachweis der Vorbekanntheit der „F2-Platte“ noch der „G4-Platte“ gelungen.

(c)

Zur Überzeugung der Kammer steht auch nicht fest, dass die weitere Entgegenhaltung in Gestalt der „Spezialfischschuppe“, wie sie aus der nachfolgend eingeblendeten Anlage B 2 (dem zum Henzler-Verfahren gelangten Muster mit der Bezeichnung „Lotharheiler Fischschuppe 20/20 90°“) ersichtlich ist, vorbekannt ist:

Zu der genauen Gestaltung der von der Fa. U auch unter der Bezeichnung „Lotharheiler Fischschuppe“ hergestellten Schieferplatte vermochte die Kammer keine eindeutigen Feststellungen zu treffen.

Zur Überzeugung der Kammer steht nicht fest, dass diese „Spezialfischschuppe“ erstmals bereits Anfang der 1980er Jahren hergestellt worden ist und danach durchgängig eine gleichbleibende Gestaltung im Bereich der symmetrischen Eckabrundung aufwies. Im Gegenteil hat die Beweisaufnahme ergeben, dass unter den von der Fa. U geprägten Namen „Spezialfischschuppe“ gleich mehrere Gestaltungen mit unterschiedlich stark ausgeprägter symmetrischer Eckabrundung fallen.

Der Zeuge U hat bekundet, es habe „Spezialfischschuppen“ mit kleineren (wie bei der Anlage B 2 und Anlagenkonvolut B 25) und mit größeren Rundbögen (wie bei der Anlage A 9) gegeben. Die Eckabrundung habe sich entweder in einem weiten Bogen komplett von einer Ecke bis zur anderen erstreckt oder es sei nur eine kleine Ecke weggenommen gewesen. In den ersten Jahren sei es ganz überwiegend üblich gewesen, die Rundung nach unten zu legen. Erst als der Rundbogen Mitte bis F der 1990er Jahre kleiner geworden sei, sei die Platte auch gedreht worden, mithin für die Links- oder Rechtsdeckung verwandt worden. Die häufigste Gestaltung der „Spezialfischschuppe“ sei die gewesen, bei der die Rundung jeweils auf der Mitte der Seiten ansetze.

Diese Angaben im hiesigen Verfahren decken sich insoweit mit seinen früheren Zeugenaussagen, insbesondere in der Vernehmung vom 24.03.2011 vor dem Landgericht Köln (siehe Anlage B 3), wonach es „im Laufe der Zeit verschiedene Bogennuancen gegeben habe“ und es „100te von verschiedenen Formen“ gegeben habe.

Damit hat der Zeuge U bereits selbst nicht bekundet, sogleich beginnend ab ...#/... die oben wiedergegebene „Spezialfischschuppe“ oder eine solche mit noch kleinerer Eckabrundung hergestellt zu haben. Vielmehr bleibt letztlich unklar, zu welchen Zeitpunkten welche Platten hergestellt und vertrieben wurden.

Dass jedenfalls in den ersten Jahren mit Platten mit großer Eckabrundung begonnen wurde, deckt sich im Übrigen auch damit, dass der Zeuge F 2003 noch vor Beginn der gerichtlichen Auseinandersetzungen zu den beiden Klagedesigns auf Nachfrage des Nebenintervenienten diesem lediglich die Muster gemäß den Anlagen A 9 und A 10, mithin Originalplatten mit einer lang gezogenen, symmetrischen Eckabrundung übergeben hat. Auch in dem Fax des Zeugen U an den Nebenintervenienten aus dem November 2003 (Anlage A 10) ist eine solche „Spezialfischschuppe“ mit lang gezogener symmetrischer Eckabrundung zu sehen. Wenn der Zeuge U bereits damals schon „Spezialfischschuppen“ mit einer deutlich kleineren symmetrischen Eckabrundung hergestellt haben sollte, hätte es insofern nahegelegen, dass auch hierzu entsprechende Muster übersandt worden wären.

Auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben des Zeugen H, der bekundet hat, er habe bei der Fa. U ab 1995 „Spezialfischschuppen“ bezogen, die im Wesentlichen so ausgesehen hätten wie eine dem Gericht von dem Zeugen U überreichte Schablone aus Pressspanplatte, es aber auch sein könne, dass sie an den gerundeten Seiten zunächst etwas länger gerade verlaufen und dann erst in den Rundbogen übergegangen sei, ließen sich die Gestaltungsmerkmale der hier interessierenden Version der „Spezialfischschuppe“ nicht bestimmen. Auch das Schreiben des Zeugen H vom 05.05.2009 (Anlage A 12) und die als Anlage beigefügte Preisliste vom 22.06.1999 lassen im Hinblick auf die konkrete Gestaltung der Entgegenhaltung keine Rückschlüsse zu, weil sie keine Abbildung der „Spezialfischschuppe“ enthalten und zudem aus der Zeit nach der Anmeldung der Klagedesigns stammen.

Mithin steht nicht fest, dass die hier interessierende Version der „Spezialfischschuppe“ vor der Anmeldung des Klagedesigns 1 tatsächlich offenbart worden ist. Soweit der Zeuge H angegeben hat, dass er die von der Fa. U gelieferten „Spezialfischschuppen“ an eine Vielzahl von Dachdeckerbetrieben verkauft habe und sich die Platten anschließend zu einem „Renner“ entwickelt hätten, lässt sich seine Aussage zeitlich nicht exakt einordnen. Für die tatsächliche Verwendung der „Spezialfischschuppe“ in Form der Anlage B 2 oder mit einer Eckabrundung, die kleiner als bei der in Anlage B 2 wiedergegebenen Platte ist, gibt es keine gesicherten Nachweise.

Die insoweit angeführten Objekte betreffen das Haus des Zeugen U auf dem Firmengelände des Schieferwerks Lotharheil, das 1984 von ihm selbst eingedeckt worden ist, ein auf der Website des Zeugen abgebildetes Haus und ein Haus in Saalburg-Ebersdorf (vgl. hierzu jeweils die von dem Zeugen U überreichten drei ausgedruckten Fotos in dem Umschlag „Anlagen zum Sitzungsprotokoll vom 03.02.2015“ ohne Beschriftung und diejenigen mit der Bildunterschrift „Fassadenverkleidung mit unserer Spezialfischschuppe (in Lotharheil zugerichtet!!!“) und denjenigen mit dem Zusatz „DD Jahn Saalburg-Ebersdorf, 1995“) sowie laut der Aussage des Zeugen H, das ihm 1994 in Friesau, einem Stadtteil von Saalburg-Ebersdorf, bei Arbeiten an der Fassade aufgefallene Objekt (siehe Lichtbilder Bl. 1241 f. GA).

Die Lichtbilder des Hauses des Zeugen U zeigen nicht die einzelnen Platten. Das Verlegebild zeigt lediglich Platten mit einer großen Rundung, bei denen es sich sogar um die klassischen Fischschuppen handeln könnte. Gleiches gilt auch für die Bilder auf der Website („Fassadenverkleidung mit unserer Spezialfischschuppe (in Lotharheil zugerichtet!!!“) und die Lichtbilder des Hauses in Friesnau. Die Fotos des Hauses in Saal-Ebersdorf („DD Jahn“) lassen die Gestaltung der Eckrundung schon nicht genau erkennen. Auch ist nicht gesichert, ob die zeitliche Einordnung des Objekts (1995) zutreffend ist. Schließlich lässt die Verwendung von Platten an einem Einzelobjekt noch keinen Rückschluss auf eine Offenbarung zu, die es den Fachkreisen ermöglichte überhaupt Kenntnis zu nehmen, da es sich nach dem Deckungsbild auch um die klassische Fischschuppe handeln könnte.

Auch der weiterhin vorgelegte Prospekt des Dachdeckers Nietner lässt die hier angeführte Spezialfischschuppe nicht erkennen.

(d)

Auch hinsichtlich der Gestalt der „Assulo-Bogenschnittschablone“ ließen sich keine eindeutigen Feststellungen treffen.

Eine hinreichende Offenbarung der „Assulo-Bogenschnittschablone“ vor Anmeldung der Klagedesigns 1 ist nicht bereits aufgrund der nachfolgend eingeblendeten, stark verkleinerten Darstellung in dem Prospekt der Fa. Caborco Oscuro erfolgt (siehe Anlage B 5, dort unter der Überschrift „Germany“ in der mittleren Reihe ganz rechts):

Bei dieser Darstellung handelt es sich wie bei der Werbeanzeige für die „F2-Platte“ lediglich um eine stilisierte Darstellung, der nicht die Aussagekraft einer technischen Zeichnung zukommt. Auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Zeugenaussagen lässt sich deren genaue Gestalt nicht hinreichend sicher feststellen.

Die Aussagen der Zeugen B2 und Q sind zwar ergiebig, aber nicht glaubhaft.

Die Zeugen Q und B2 haben in ihrer Aussage vor dem OLG Düsseldorf am 19.03.2013 übereinstimmend die oben eingeblendete stilisierte Darstellung einer Platte als „media luna“ (span. für Halbmond) bezeichnet. Sie haben ferner übereinstimmend bekundet, dass es diese Platte in unterschiedlichen Ausführungen gegeben habe, u.a. mit einer Abrundung links und einer Abrundung rechts. Der Zeuge B2 hat im Rahmen seiner Zeugenaussage vor dem OLG Düsseldorf auf Nachfrage des Gerichts, ob es eine Symmetrie rechts und links der gedachten Diagonale gebe, erklärt, dass er die Frage nicht verstehe und insofern darauf verwiesen, dass die Platten so ausgesehen hätten wie in dem Prospekt gemäß Anlage B 5. Soweit der Zeuge Q in seiner Zeugenaussage vor dem OLG Düsseldorf auf die Frage nach einer eventuell bei der Platte vorhandenen Symmetrieachse und nach Veranschaulichung des Hintergrunds der gestellten Frage anhand eines geknickten Papiers, gegenüber dem Gericht bestätigt hat, dass „das das Ziel [gewesen sei]“, ist seine Aussage schwammig geblieben.

Demgegenüber haben die Zeugen B2 und Q bei der Vernehmung durch die Kammer bekundet, dass „media luna“ nur eine asymmetrische Platte bezeichne und in der Anlage B 5 ein symmetrische Platte abgebildet sei. Eine besondere Bezeichnung hatten sie für die symmetrische Platte nicht, was verwundert, da der Zeuge Y seinerseits bekundet hat, die deutsche Bezeichnung „Spezialfischschuppe“ sei jedenfalls seit den 1990er Jahren auch bei den Produzenten in Spanien üblich und von diesen auf Rechnungen genannt worden.

Zweifel an der Richtigkeit der Aussage, dass die Anlage B 5 (ausschließlich) eine symmetrische Platte zeige, bestehen auch deshalb, weil dann in dem Prospekt gemäß der Anlage B 5 die gängigen Bogenschnittplatten (rechts/links), die nach Bekundungen des Zeugen Y durchgängig vertrieben wurden, fehlten.

Die Kammer geht davon aus, dass der Prospekt gemäß Anlage B 5 vielmehr die bekannte Bogenschnittplatte in stilisierter Form – und deshalb ohne deutliche rechts-/links-Ausrichtung – zeigt. Dafür spricht auch die Aussage, die der Zeuge Y einer vergleichbaren schematischen Darstellung in der Anlage B 4 gemacht hat. Die Überzeugung, dass in Anlage B 5 eine symmetrische Platte abgebildet ist und von der Fa. Caborco Oscuro vertrieben wurde, vermochte die Kammer daher nicht zu gewinnen.

Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung der Aussagen der Zeugen Y und G5.

Der Zeuge Y hat zwar in seiner Vernehmung vor der Kammer bekundet, dass er den Prospekt von Caborco Oscuro (Anlage B 5) in den 1990er Jahren einmal erhalten habe und dass es sich bei der sechsten Platte, die dort für Deutschland angeboten wird, um eine Spezialfischschuppenform handele. Obwohl dort nur eine schematische Zeichnung abgedruckt sei, sei klar erkennbar, dass die Platte symmetrisch sei. Insoweit setzt er sich allerdings in Widerspruch zu seiner weiteren Bekundung, dass die schematische Darstellung in Anlage B 4 gerade kein Hinweis auf eine asymmetrische Platte sei, sondern lediglich eine stilisierte Darstellung der herkömmlichen Bogenschnittplatten. Wieso er dies bei Anlage B 5 anders sieht, ist nicht ersichtlich.

Soweit der Zeuge weiter erklärt, dass die Fa. Theis-Y Platten in der Spezialfischschuppenform in den Jahren 1985 und 1986 von der Fa. Caborco Oscuro bezogen habe, ist unklar, wie diese genau ausgestaltet gewesen sein soll. Zwar hat der Zeuge Y darauf verwiesen, dass die Fa. Theis-Y – anders als die Fa. U – stets nur Platten mit einer bestimmten ecksymmetrischen Rundung verwendet habe. Allerdings ist unklar, ob sich diese Aussage schon auf die von der Fa. Caborco Oscuro bezogene Platte bezieht.

Soweit der Zeuge Y weiter erklärt, die von Theis-Y verwandten Platten hätten eine solche Gestaltung aufgewiesen, wie sie auf den von ihm überreichten Fotos von der aus dem Bauvorhaben Rohrbach im Zuge der Rechtsstreitigkeiten ausgebauten Platte zu sehen sei (siehe Anlage zum Protokoll vom 03.02.2015), und weiter ausführt, diese sei im Vergleich zu der in der Anlage B 8 in einer schematischen Zeichnung abgebildeten Spezialfischschuppe der Fa. VTS im Bogen etwas runder gewesen, ermöglicht auch diese Aussage keine gesicherte Feststellung. Zwar stimmt diese Beschreibung auf den ersten Blick mit der Aussage des Zeugen T4 überein, der bekundet hat, die von Theis-Y vertriebene Spezialfischschuppe habe so ausgesehen wie die Schablone der Fa. U (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 03.02.2015, überreicht vom Zeugen U). Dem steht aber die Aussage des Zeuge G5 entgegen, der nicht weniger glaubhaft bekundet hat, die Platten seien ähnlich wie die Anlage A 34 gestaltet, also nur mit einer kleinen Eckabrundung versehen gewesen. Unerklärlich bleibt auch bei den von Theis-Y angeblich vertriebenen Platten, wieso sich keine weiteren konkreten Objekte benennen lassen.

(e)

Zu der entgegengehaltenen Platte der Fa. K & Backes gibt es X4 eine Darstellung in einem Prospekt o.ä. noch andere aussagekräftige schriftliche Dokumente aus der damaligen Zeit. Auch übereinstimmende Zeugenaussagen zu deren genauer Gestalt liegen nicht vor. Der Zeuge Y hat im Rahmen seiner Vernehmung die Platte lediglich erwähnt, ohne sie genauer zu beschreiben. Der Zeuge T4 hat erklärt, dass sie der Universalplatte glich. Die Platte ist nur von dem Zeugen K insofern etwas genauer beschrieben worden, als er eine Schablone aus Metall vorgelegt hat und bekundet hat, diese stamme aus den 80er Jahren und er habe die damit gefertigten Platten an eine Kundin vertrieben. Allerdings vermochte die Aussage des Zeugen K die Kammer nicht zu überzeugen. Zum einen blieb die Aussage sehr vage, da der Zeuge X4 den genauen Zeitraum des Vertriebs an die Fa. Haberkamp noch konkrete Objekte, bei denen die Platten verlegt worden sein sollen, benennen konnte. Dies überrascht, da der Zeuge bereits einmal vor dem OLG Düsseldorf vernommen worden war und sich entsprechend der Bedeutung seiner Aussage bewusst sein musste. Zum anderen steht sie sogar jedenfalls teilweise im Widerspruch zu der Aussage vor dem OLG Düsseldorf vom 19.03.2013. Denn während er vor der Kammer ausgesagt hat, es seien jährlich 4000 bis 5000 Quadratmeter dieser Platten an die Fa. Haberkamp verkauft worden, heißt es in dem Protokoll vom 19.03.2013, diese Menge sei in zwei, drei Jahren abgesetzt worden.

b.Unter Zugrundelegung eines engen Schutzbereichs erzeugt das Verletzungsmuster denselben Gesamteindruck wie das Klagedesign 1.

Bei der Prüfung, ob der Gesamteindruck des angegriffenen Musters beim informierten Benutzer den gleichen Gesamteindruck wie das Geschmacksmuster erweckt, sind sowohl die Übereinstimmungen als auch die Unterschiede der Muster zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 30 - Kinderwagen II). Die Gewichtung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Merkmalen ist danach vorzunehmen, ob sie aus der Sicht des informierten Benutzers für den Gesamteindruck von vorrangiger Bedeutung sind oder in den Hintergrund treten (BGH, Urt. v. 28.01.2016, I ZR 40/14 – Armbanduhr, juris).

Maßgeblich ist die Sicht eines informierten Benutzers, § 38 Abs. 2 S. 1 DesignG. Die Benutzereigenschaft setzt voraus, dass die Person das Produkt, das das Geschmacksmuster verkörpert, zu dem für dieses Produkt vorgesehenen Zweck verwendet (BGH, Urt. v. 28.01.2016, Az. I ZR 40/14, Rn. 34, zitiert nach juris – Armbanduhr; EuG, GRUR-RR 2010, 425, Rn. 46 – Shenzhen Taiden und Bosch Security Systems bzw. GRUR Int 2014 2014, 494, Rn. 23 – El Hogar Perfecto del Siglo XXI). Als „informiert“ wird ein Benutzer bezeichnet, der verschiedene Geschmacksmuster kennt, die es in dem betreffenden Wirtschaftszweig gibt, gewisse Kenntnisse über die Elemente besitzt, die die Geschmacksmuster regelmäßig aufweisen, und die Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit verwendet. Seine Kenntnisse und der Grad der Aufmerksamkeit sind zwischen denen eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers und denen eines Fachmanns anzusiedeln (EuGH, Urteil vom 20.11.2011, Az. C-281/10, GRUR 2012, 506, Rn. 59 – PepsiCo/Grupo Promer; BGH, a.a.O., Rn. 55).

Dies berücksichtigend gilt Folgendes:

Die Merkmale (1) bis (5) und (7) werden von der angegriffenen Ausführungsform identisch übernommen. Das Merkmal (6) wird ebenfalls übernommen, wobei die sog. Ferse bei der angegriffenen Ausführungsform geringfügig stärker ausgeprägt ist als beim Klagedesign 1. Insoweit ist der Übergang von den Längsseiten zur Eckabrundung beim Klagedesign 1 sanfter und runder ausgestaltet als bei dem Verletzungsmuster. Letzteres verfügt zudem über ausgeprägtere Fersen. Diesem Unterschied kommt indes aus Sicht des informierten Benutzers kein erhebliches Gewicht zu, da die Platte funktionell in gleicher Weise (nämlich für die Links- und Rechtsverlegung sowie die Verlegung „nach unten“ verwandt werden kann). Die Abweichung in diesem Merkmal ist damit so unbedeutend, dass diese selbst bei einem äußerst engen Schutzbereich des Klagedesigns 1 für den informierten Benutzer nicht aus dem übereinstimmenden Gesamteindruck herausführen würde (so LG Düsseldorf, 14c O 248/11).

c.

Das Verletzungsmuster verletzt das Klagedesign 1 auch dann, wenn die beanstandeten Dachplatten vor dem 28.10.2001 vermarktet worden sind. Gemäß § 72 Abs. 2 S. 2 GeschmMG 2004 bzw. § 72 Abs. 2 S. 2 DesignG können Rechte aus vor dem 28.10.2001 angemeldeten oder eingetragenen Geschmacksmustern bzw. eingetragenen Designs nicht geltend gemacht werden, soweit sie vor diesem Tag begonnene Handlungen betreffen, die der Verletzte nach den Bestimmungen des Geschmacksmustergesetzes in der bis zum 31.05.2004 geltenden Fassung nicht hätte verbieten können.

Dass es sich objektiv um eine Nachbildung im Sinne von § 5 GeschmMG aF handelt, folgt hier bereits daraus, dass das Verletzungsmuster alle prägenden Merkmale des Klagedesigns 1 übernimmt und keine wesentlichen Gestaltungsmerkmale aufweist, die dem Klagedesign 1 fehlen (so auch OLG Düsseldorf a.a.O. zu einer identischen angegriffenen Ausführungsform). Die angegriffene Ausführungsform stellt auch subjektiv eine Nachbildung dar. Bei wesentlichen Übereinstimmungen zwischen dem geschützten Muster und der angegriffenen Gestaltung – wie vorliegend – spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Nachbildung (vgl. Eichmann/von Falckenstein, GeschmMG, 2. Aufl. 1996, § 14 a Rn. 63 m.w.N.). Die Beklagte, die zur Frage der subjektiven Nachahmung nichts vorgetragen hat, hat den Anscheinsbeweis nicht erschüttert.

4.

Die Beklagte handelte zumindest fahrlässig und damit schuldhaft, weil sie ihre Obliegenheit zur Überwachung der Schutzrechtslage nicht genügt hat, was bereits den Verschuldensvorwurf begründet.

Die Beklagte ist aufgrund der begangenen Verletzungshandlungen in der Zeit von 11.03.1999 bis 22.09.2008 der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist. Die Beklagte trifft als Herstellerin der Universalplatte eine Obliegenheit zur Prüfung der Schutzrechtslage. Wer dieser Obliegenheit nicht Rechnung trägt, handelt in der Regel grob fahrlässig (BGH, GRUR 2010, 718 – Rn. 64 – Verlängerte Limousinen).

Der Umstand, dass die Schutzrechtslage vom DPMA vor der Eintragung des zwischenzeitlich gelöschten Gebrauchsmusters geprüft worden ist, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn ein Verletzer genügt seiner Sorgfaltspflicht nicht bereits allein dadurch, dass er sich von rechtskundigen Personen beraten lässt (vgl. BGH, GRUR 1963, 642).

Der Beklagten kommt in zeitlicher Hinsicht zugute, dass einem Unternehmen nach der Veröffentlichung des Schutzrechtes ein Prüfungszeitraum von einem Monat zugestanden wird (vgl. Ruhl, Art. 89, Rn. 91; Eichmann, in: Eichmann/von Falckenstein/Kühne, 5. Aufl., § 42 Rn. 20; BGH, GRUR 1986, 803, 806 – Formstein für das Patentrecht). Als Beginn ist daher nicht auf den 09.12.1998, sondern auf den Zeitpunkt einen Monat nach Veröffentlichung des Klagedesigns 1, mithin auf den 11.03.1999 abzustellen.

5.

Die Klägerin hat den Feststellungsantrag gemäß dem Klageantrag Ziffer II.1 dahingehend konkretisiert, dass sie eine fiktive Lizenz in Höhe von 4 Prozent zuzüglich des dadurch entstandenen Zinsschadens geltend macht. Dies ist gerechtfertigt.

a.Die Lizenzanalogie ist seit Jahrzehnten als Methode der Schadensschätzung gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. BGHZ 99, 244). Bei der Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung einer Benutzungsbefugnis ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die künftige Entwicklung und namentlich den Umfang der Verletzungshandlungen vorausgesehen hätten (BGH GRUR 1966, 375; LG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012, Az. 14c O 248/11). Aufgrund des hypothetischen Ausgangspunktes der Lizenzanalogie kann die Höhe der im Einzelfall angemessenen Lizenz in der Regel nicht exakt errechnet werden, sondern ist aufgrund einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles vom Gericht gemä?§ 287 Abs. 1 ZPO nach freier Überzeugung zu bestimmen (LG Düsseldorf a.a.O.). In Ermangelung anderer Anhaltspunkte können dabei auch in vergleichbaren Fällen gezahlte Lizenzen der Schätzung zugrunde gelegt werden (vgl. Eichmann, in: Eichmann/von Falckenstein/Kühne, 5. Aufl., § 42 Rn. 27 m.w.N.).

Vorliegend erachtet das Gericht den von der Klägerin geltend gemachten Lizenzsatz von 4 Prozent für angemessen. Es ist davon auszugehen, dass der durch die Nutzung der geschützten Gestaltungsform erzielte betriebliche Nutzen, der gerade auf der Formgebung (Reduzierung auf eine Kernform, die sowohl die Links- als auch die Rechtsdeckung ermöglicht) beruht, hoch ist (Vorteile bei Produktionskosten, Lagerhaltung, Handling und Logistik) und durch den von der Klägerin im Einzelnen vorgetragenen wirtschaftlichen Erfolg der Gestaltung belegt wird. Die Klägerin hat durch Vorlage des Lizenzvertrages mit der Fa. Bachl Baustoffe vom 10./13.12.2002 (Anlage CBH 7) auch belegt, dass sie der Fa. Bachl Baustoffe eine einfache Lizenz für die Nutzung des Klagegeschmacksmuster zur Herstellung von Faserzementplatten zu einer Lizenzgebühr in Höhe von 5 % des erzielten Verkaufserlöses erteilt hat (siehe dort § 3). Weiterhin hat die Klägerin durch Vorlage der Lizenzvereinbarung vom 10.10.2011 mit der Fa. F2 (Anlage A 25), die mit der zwischenzeitlich in FibreCem Deutschland umbenannten Fa. Bachl Baustoffe verbunden ist, belegt, dass sie der Fa. F2 eine nicht ausschließliche Lizenz an den beiden Klagedesigns für den Produktions- und Vertriebsbereich Faserzement erteilt hat, und zwar gegen Zahlung einer pauschalen Lizenz von 50.000,-- EUR auf einen Nettoumsatz bis 1 Mio. EUR, mithin 5 %, und 2 % auf den 1 Mio. EUR übersteigenden Mehrumsatz (siehe dort Ziffer 2.). Soweit die Beklagte den Abschluss der Lizenzverträge und die inhaltlichen Vereinbarungen zur Lizenzhöhe bestritten hat, ist ihr Bestreiten nicht hinreichend substantiiert, da die Klägerin die beiden fraglichen von den Vertragsparteien jeweils unterschriebenen Lizenzverträge ebenso wie Lizenzabrechnungen aus dem Jahr 2012 (Anlage A 40) in Kopie vorgelegt hat.

Das Gericht geht davon aus, dass die vereinbarten Lizenzsätze von 5 %, im Falle F2 bei einem Umsatz von über 1 Mio. EUR reduziert auf 2 %, diejenigen sind, die vernünftige Vertragsparteien unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes des Geschmacksmusters zugrunde gelegt hätten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass schon bei Abschluss der Verträge diese nach dem Willen der Parteien nicht hätten umgesetzt werden sollen, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Vielmehr spricht die Regelung in Ziffer 4 des Lizenzvertrages mit der Fa. F2 AG, nach der für die Vergangenheit näher ausgewiesene Lizenzen gezahlten werden sollen, dafür, dass die Firma F2 AG die beiden Klagedesigns bereits genutzt hat. Die Umsatzerwartungen für diesen Vertrag sind auch ersichtlich nicht unerheblich, wie sich der gestaffelten Vereinbarung der Lizenzgebühr entnehmen lässt. Dass die vorgelegten Lizenzverträge deshalb keine Rückschlüsse auf eine angemessene Lizenzgebühr zuließen, weil sie sich auf Faserzementplatten und bestimmte Formate bezögen, hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan. Die bereits dargestellten Vorteile der beiden Klagedesigns, die maßgeblich für die Bemessung der fiktiven Lizenzgebühr sind, bestehen gerade unabhängig von Material und Größe der Platten.

Allein die von der Klägerin und dem Nebenintervenienten bereits abgeschlossenen Lizenzverträge rechtfertigen es, die Lizenz, die vernünftige Vertragspartner vereinbart hätten, mit mindestens 4 Prozent anzusetzen. Denn es ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte regelmäßig jährliche Umsätze im Bereich von deutlich über einer Million mit nach den Klagedesigns gefertigten Produkten erzielen würde und deshalb die im Vertrag mit der F2 AG vorgesehene Staffelung der Lizenzhöhe zu einer 5 % deutlich untersteigenden Lizenz führen würde. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob auf die Lizenz von 4 % noch weitere lizenzerhöhende Aufschläge von jeweils 0,5 % vorzunehmen wären, etwa wegen des fehlenden Bucheinsichtsrechts des Rechtsinhabers oder der durch den rechtskräftigen Abschluss des von der Beklagten angestrengten Löschungsverfahrens gewonnenen Rechtssicherheit im Hinblick auf die Rechtsgültigkeit des Klagedesigns (vgl. hierzu LG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012, Az. 14c O 248/11und Landgericht Düsseldorf, Urt. v. 20.05.1999, Az. 4 O 295/95 – Teigportioniervorrichtung).

b.Da die Parteien eines hier hypothetisch anzunehmenden Lizenzvertrags im Zweifel eine Abrechnung über die Lizenzgebühren innerhalb eines Monats ab Schluss eines jeden Kalenderjahres vereinbart hätten, verbunden mit einer Fälligkeit der Lizenzgebührenansprüche zum 01.02. des Folgejahres (vgl. § 284 Abs. 2 BGB), ist der Klägerin als Teil der Schadensersatzlizenz ein Zinsanspruch zuzuerkennen, der ab dem 01.02. des Folgejahres für die im vergangenen Kalenderjahr entstandenen Lizenzgebühren zu zahlen ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 239 – BTK, LG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012, Az. 14c O 248/11 und Kühnen, in: Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rn. 1970).

6.

Der Feststellungsanspruch ist auch X4 verjährt noch verwirkt.

a.

Auf die ab 1998 entstandenen Ansprüche finden im Grundsatz die Regeln des neuen Verjährungsrechts Anwendung, denn diese waren am Stichtag dem 01.01.2002 noch nicht verjährt, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Da die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 01. Januar 2002 geltenden Fassung von drei Jahren, § 195 BGB, kürzer ist als die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F., wird die kürzere Frist vom 01.01.2002 an berechnet. Läuft jedoch die längere Frist nach altem Recht früher ab als die im Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung bestimmte Frist, ist die Verjährung mit Ablauf der „alten“ Verjährungsfrist vollendet, Art. 229 Abs. 4 EGBGB. Welche der beiden Fristen im konkreten Fall als erste abläuft, ist demnach unter Berücksichtigung der subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 BGB n.F. zu beurteilen. Da diese Vorschrift auch auf die sog. Überleitungsfälle Anwendung findet, beginnt die (kürzere) Verjährungsfrist nach neuem Recht nur dann am 01.01.2002 zu laufen, wenn der Gläubiger schon zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen hatte (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.04.2012 – I-6 U 7/11, 6 U 7/11, Rn. 77 f.). Selbst wenn der Klägerin noch im Laufe des Jahres 2002 Anhaltspunkte für die hier dargelegte Schutzrechtsverletzung bekannt geworden sein sollten, wären etwaige Schadensersatzansprüche erst mit Ablauf des 31.12.2005 verjährt gewesen. Da hier die Verjährungsverzichtvereinbarung schon am 21.10.2005 getroffen worden ist, sind die hier zugesprochenen Schadensersatzforderungen ab dem 11.03.1999 nicht verjährt.

b.

Der Feststellungsanspruch ist auch nicht verwirkt. Die Beklagte hat zum erforderlichen Umstandsmoment, also dazu, weshalb die Beklagte davon ausgehen durfte, dass die Klägerin ihre Rechte nicht mehr geltend machen würde, keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen

III.

Der Klägerin steht darüber hinaus der mit dem Klageantrag Ziff. II.2. geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe des von der Beklagten durch die Vergabe von Lizenzen an dem gelöschten Gebrauchsmusterrechts vereinnahmten Lizenzgebühren gemäß §§ 677, 684 S. 1 BGB i.V.m. §§ 812, 818 BGB bzw. aus §§ 812, 818 BGB (Eingriffskondiktion) zu.

Soweit die Beklagte für den Gegenstand des Klagedesign 1 Lizenzen vergeben und vereinnahmt hat, hat sie im Verhältnis zur Klägerin ein objektiv fremdes Geschäft geführt, dass ihr nicht zustand. Sie hat damit rechtswidrig in eine der Klägerin zustehende, durch das Klagedesign 1 vor den Eingriffen Dritter gesicherte Rechtsposition eingegriffen und dadurch ihr nicht gebührende Nutzungsvorteile in Form von Lizenzeinnahmen auf Kosten der Klägerin erlangt. Das so Erlangte hat die Beklagte – soweit sie es auf Kosten der Klägerin erlangt hat – an die Klägerin herauszugeben. Soweit die Beklagte – von der Klägerseite mit Nichtwissen bestritten – eingewandt hat, Lizenzgebühren nur während der Zeit des Bestandes des gelöschten Gebrauchsmusters geltend gemacht zu haben, so schließt dies nicht aus, dass der Beklagten gleichwohl noch Entgelte aus unstreitig erteilten Lizenzen zugeflossen sind. Es hindert damit die Entstehung des Feststellungsanspruches dem Grunde nach nicht.

IV.

Der Auskunftsanspruch beruht auf § 46 DesignG § 242 BGB.

Die Auskunft ist auch erforderlich zur Ermittlung des Schadensersatzanspruchs und des Anspruchs auf Herausgabe des durch ungerechtfertigte Bereicherung Erlangten.

Er bezieht sich auf die Auskünfte, die zur Ermittlung des Schadensersatzanspruches und des Anspruches auf Herausgabe des durch ungerechtfertigte Bereicherung Erlangten erforderlich sind. Dem trägt der Klageantrag Rechnung.

Eine teilweise objektiv unmögliche Leistung im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB liegt nicht bereits deshalb vor, weil die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen für einen Teil des betroffenen Zeitraums bereits abgelaufen sind (gemäß der AO und des HGB). Denn dies allein besagt nicht, dass der Beklagten gar keine Auskunft für den Zeitraum vor F 2001 mehr möglich ist.

V.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Feststellungsanspruch gemäß dem Klageantrag Ziffer III. zur Verzinsung des von ihr eingezahlten Gerichtskostenvorschusses (§ 12 GKG) nicht zu.

Eine Verzinsung des Anspruchs auf Erstattung des Gerichtskostenvorschusses kommt nicht in Betracht.

Schadensbegründend ist vorliegend nicht die Unterlassung der rechtzeitigen Zahlung einer Geldforderung durch den Schuldner, deren Geldwert damit dem Gläubiger nicht zur Verfügung steht und Verzugszinsfolgen auslöst. Für diese „Geldschuld“ bildet § 288 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 2 BGB die Rechtsgrundlage für einen gesetzlich pauschalierten Schadensersatz in Höhe eines bestimmten Zinssatzes.

Die Klägerin begehrt hier Verzugszinsen nicht auf die verzugsauslösende Geldschuld, sondern für ihre Geldaufwendungen als Gläubigerin, die sie getätigt hat, um mit gerichtlicher Hilfe eine nach ihrer Ansicht berechtigte Geldforderung durchzusetzen; sie macht mithin einen Rechtsverfolgungsschaden geltend. In Fällen dieser Art kann zur Schadensbemessung nicht auf die abstrakte Regelung des § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückgegriffen werden. Der Schaden kann allenfalls in einer konkreten Aufwendung von Zinsen (z. B. durch Kreditaufnahme oder Kontoüberziehung) oder in dem Verlust einer Zinsanlagemöglichkeit für den als Gerichtskostenvorschusses eingezahlten Geldbetrag liegen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.07.2012, Az. 8 U 66/11, Rn. 50). Entsprechendes ist hier X4 vorgetragen noch ersichtlich.

VI.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 06.12.2016 und 28.12.2016 gaben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 ZPO), da sie keinen entscheidungserheblichen neuen Tatsachenvortrag enthielten.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 101, 100 ZPO. Über die Kosten der unzulässigen Nebenintervention ist bereits im Zwischenurteil vom 26.06.2014 entschieden worden. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert: 335.000,- €