OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2017 - 13 U 78/11
Fundstelle
openJur 2019, 6199
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 18 O 5/09
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das 03.03.2011 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Beträge leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld anlässlich eines Verkehrsunfalles in Anspruch, der sich am 22.10.1986 in I an der Einmündung der Straße J in die B XX ereignete.

Die Klägerin, die zum Unfallzeitpunkt als Fachleiterin an einem Studienseminar für Lehrerausbildung und -fortbildung (Besoldungsstelle einer Konrektorin) tätig war und daneben an einer Grundschule unterrichtete, befuhr am Unfalltag gegen 13.50 Uhr die Straße J und beabsichtigte im Kreuzungsbereich nach links auf die B XX abzubiegen. Wegen einer die B XX überquerenden Person musste sie anhalten. Der Versicherungsnehmer der Beklagten, der Zeuge C, der ebenfalls von der Straße J nach links auf die B XX abbiegen wollte, erkannte dies zu spät und fuhr auf das vor ihm befindliche Fahrzeug der Klägerin auf.

Nach Abschluss der polizeilichen Unfallaufnahme fuhr die Klägerin mit ihrem PKW zum St. T Hospital in I, wo sie untersucht und - nachdem sich röntgenologisch kein Hinweis auf eine Knochen- oder Gelenkverletzung ergeben hatte - wieder nach Hause entlassen wurde.

Weitere Vorstellungen im St. T Hospital und dortige ambulante Behandlungen fanden anschließend bis zum 02.12.1986 statt; wegen der näheren Einzelheiten wird auf den von Dr. A gefertigten Unfallbericht vom 21.01.1987 (Bl. 68 ff GA) verwiesen.

Am 04.12.1986 stellte die Klägerin sich in der neurochirurgischen Abteilung des D N, dort Prof. Dr. X, vor, der - ausgehend von den von der Klägerin geschilderten Beschwerden und den erhobenen Befunden, bezüglich deren näherer Einzelheiten auf den Arztbrief vom 11.12.1986 (Bl. 1652 f GA) und den Unfallbericht vom 27.01.1987 (Bl. 71 f + 46 GA) Bezug genommen wird - eine Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik I bei Herrn Dr. Q in C empfahl.

Dort erfolgte vom 30.12.1986 bis 04.02.1987 eine stationäre Behandlung der Klägerin, im Rahmen derer u.a. krankengymnastische Bewegungsübungen, Injektionsbehandlungen und Hochvolttherapien erfolgten.

Bereits zuvor - im Rahmen der ambulanten Behandlungen - waren der Klägerin diverse Schmerzmittel sowie das Tragen einer Cervikalstütze und Krankengymnastik verordnet worden. Die Klägerin suchte darüber hinaus diverse Male den Heilpraktiker/Chiropraktiker und Osteopathen M auf.

Eine weitere stationäre Behandlung der Klägerin fand sodann vom 04.02.1988 - 26.02.1988 in der Klinik für manuelle Therapie in I statt.

Seit dem Unfalltag befindet sich die Klägerin, die über umfängliche gesundheitliche Beschwerden wie etwa totale körperliche Schwäche, insbesondere Kopfhalteschwäche, extreme Geräusch- und Lichtempfindlichkeit, starke Schmerzen beim Bewegen des Kopfes, Bewusstseinsstörungen, Gangunsicherheiten etc. klagt, in ständiger ambulanter medizinischer Behandlung bei Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen; insoweit wird auf die von der Klägerin während des Verfahrens zur Akte gereichten ärztlichen Stellungnahmen, Untersuchungsberichte sowie Privatgutachten Bezug genommen.

Die Beklagte, die die 100 %-ige Einstandspflicht ihres Versicherungsnehmers für das Unfallgeschehen anerkannte, regulierte vorprozessual den unfallbedingten Sachschaden am PKW der Klägerin (entsprechend dem von dieser eingeholten Privatgutachten I / Bl. 75 ff GA) i.H.v. 3.574,40 DM.

Darüber hinaus zahlte die Beklagte an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 DM.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 50.000,00 € sowie den Ausgleich weiterer Sachschäden i.H.v. 438.583,99 €. Sie war zum 31.08.1991 vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden und stritt in zwei verwaltungsgerichtlichen Verfahren (1 K 3997/90 und 1 K 3995/90 VG Gelsenkirchen) langjähriger Dauer mit dem Land NRW um die Erstattung diverser Heilbehandlungskosten sowie um die Zahlung eines Unfallausgleiches nach § 35 BeamtVG, wobei sie in beiden Verfahren nach einer in der Berufungsinstanz erfolgten Einholung interdisziplinärer medizinischer Sachverständigengutachten (Prof. Dr. M / orthopädisches Universitätsklinik im Evang. Krankenhaus Essen-Werden, Prof. Dr. K / Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Essen und Dr. L1 / neurologische Universitätsklinik und Poliklinik Essen u.a.) schlussendlich in allen Instanzen unterlegen war.

Wegen der genauen Zusammensetzung des vorliegend streitgegenständlichen Schadensersatzbetrages wird auf die in der Klageschrift enthaltene Aufstellung (Bl. 5 f GA) Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, sie habe unfallbedingt eine traumatische Rotationsverletzung im Kopfgelenksbereich erlitten, aus der sich nachfolgend eine Vielzahl von Funktionsstörungen der Kopfsinne entwickelt habe.

Allein der Unfall vom 22.10.1986 - bei dem sie sich in einer extremen "outofposition"-Haltung bei Linksdrehung des Oberkörpers und des Kopfes, um der Fußgängerin zu signalisieren, sie könne ihren Weg ungehindert fortsetzen, und zugleich durchgestrecktem Bein auf der Bremse befunden habe - habe die von ihr seit 1986 beklagten, durch diverse ärztliche Atteste und Bescheinigungen belegten, über die Jahre hinweg zunehmenden diversen gesundheitlichen Beschwerden, wie Kopfhalteschwäche, Fallneigung, Seh- und Hörstörungen, Verlust kognitiver Kompetenzen etc., verursacht.

Zwar sei die Klägerin unstreitig bereits vor dem streitgegenständlichen Unfall in zwei Unfälle verwickelt gewesen.

Diese Unfälle (am 14.03.1979 erlitt die Klägerin einen Auffahrunfall, welcher als Dienstunfall mit der Folge "cervical-Neuralgie infolge Schleudertrauma der Halswirbelsäule und Intercostal-Neuralgie infolge Thoraxprellung" anerkannt wurde;

am 22.06.1984 kam es zu einem weiteren Auffahrunfall, bei dem der Dienstherr ein "HWS-Schleudertrauma" als Unfallfolge anerkannte) habe sie aber beschwerdefrei überstanden; dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen seien daraus nicht verblieben.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 438.538,99 € nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.01.2004 zu zahlen

2. die Beklagte zu verurteilen, ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 22.10.1986 bis zum 15.10.2003 aus dem Unfall vom 22.10.1986 nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 28.01.2004 zu zahlen

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - soweit sie nach Klagezustellung entstehen - aus dem Unfall vom 22.10.1986 zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, die sowohl den von den Klägerin behaupteten Unfallhergang als auch die Unfallbedingtheit sämtlicher von dieser geklagten Beschwerden bestritten hat, ist ihrer Inanspruchnahme entgegengetreten. Die auf den Körper der Klägerin anlässlich des Unfallereignisses einwirkenden Kräfte seien so gering gewesen, dass eine Verletzung der Klägerin weder sicher noch wahrscheinlich sei.

Dessen ungeachtet stehe bereits nicht fest, dass die Klägerin vor dem 22.10.1986 vollkommen beschwerdefrei gewesen sei.

Im Übrigen dürfte der Klägerin der von ihr geschuldete Nachweis einer unfallbedingten Verletzung kaum gelingen, nachdem der Unfall mittlerweile mehr als 18 Jahre zurückliege und es an einer lückenlosen Dokumentation des Gesundheitszustandes der Klägerin fehle.

Desweiteren hat die Beklagte vorsorglich die Einrede der Verjährung gegenüber der Klageforderung erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags wird ergänzend auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht Essen, das über Art, Ausmaß und Dauer der unfallbedingten Verletzungen der Klägerin Beweis erhoben hat durch Einholung zweier medizinischer Sachverständigengutachten (Prof.Dr. I, seinerzeit Leiter der Abtl. für Phoniatrie, Pädaudiologie und Neurootologie des Universitätsklinikums N und Prof. Dr. L, Chefarzt der Augenklinik des St.-K-Hospital E), hat die Klage - nach mündlicher Gutachtenerläuterung durch beide bestellte Sachverständigen - mit Urteil vom 03.03.2011 abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei der Klägerin nicht der Nachweis gelungen, dass es sich bei den von ihr angeführten gesundheitlichen Beschwerden um unfallbedingte Verletzungen des Geschehens vom 22.10.1986 handele, für die die Beklagte nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 BGB i.V.m. § 3 PflVG einzustehen habe.

Nach den überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. I sei - unter Berücksichtigung der zeitnah gefertigten ärztlichen Befundberichte - lediglich davon auszugehen, dass die Klägerin unfallbedingt ein HWS-Trauma 1. Grades erlitten habe. Dieses habe aber lediglich zu einer funktionellen Störung der HWS geführt und keine strukturellen Schäden der HWS nach sich gezogen. Aufgrund dessen seien die von der Klägerin geklagten Beschwerden wie etwa Schwindel und Sehstörungen aus medizinischer Sicht nicht nachvollziehbar.

Insoweit könne dahinstehen, ob auf den strengen Beweismaßstab des § 286 ZPO abzustellen sei oder zugunsten der Klägerin § 287 ZPO eingreife.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Die Klageabweisung sei rechtsfehlerhaft erfolgt. Denn nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I stehe zumindest ein HWS-Trauma der Stufe 1 ohne strukturelle Verletzung als unfallbedingte Primärverletzung fest. Sei dies aber so, so gelte für die von der Klägerin geklagten weiteren Verletzungsfolgen, bei denen es sich dann allesamt um sog. Sekundärverletzungen handele, nicht der strenge Beweismaß des § 286 ZPO. Vielmehr beurteile sich die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität allein nach § 287 ZPO. Diesem Maßstab habe die Klägerin aber - entgegen den insoweit unzutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil - genügt; denn selbst Prof. Dr. I habe diverse Beeinträchtigung der körperlichen Integrität der Klägerin in Bezug auf deren Hörvermögen sowie die Gang- und Standsicherheit (= Gleichgewicht) und die Sehkraft festgestellt, dann aber zu Unrecht, weil auf der Grundlage eines falschen Beweismaßstabes, deren Unfallbedingtheit verneint. Bei richtiger Wertung sei die unfallbedingte Entstehung der behaupteten Beschwerden wahrscheinlicher als ihre unfallunabhängige Entstehung, was eine erneute Beweisaufnahme, die zwingend geboten sei, bestätigen werde.

Das angefochtene Urteil könne desweiteren auch deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht verpflichtet gewesen wäre, in Anbetracht der Ausführungen beider Gutachter - die übereinstimmend angegeben hätten, der von der Klägerin geklagte Verlust von Wissensgebieten, die sprachlichen Fehlleistungen und die Schwächen beim Kurzzeitgedächtnis seien mit ihrem medizinischen Fachwissen nicht erklärbar - fachübergreifend ein neurologisches/psychiatrisches und psychosomatisches Zusatzgutachten einzuholen. Prof. Dr. I habe insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Störung, die bis zur Bewusstlosigkeit und zu Artikulationsstörungen führe, neurologischerseits und psychiatrischerseits beurteilt werden müsse.

Dessen ungeachtet könne den Ausführungen von Prof. L nicht gefolgt werden. Er habe weder Befundberichte der Vorbehandler beachtet und gewürdigt noch - unter Berücksichtigung des § 287 ZPO - dazu Stellung genommen, ob die von ihm diagnostizierten Beschwerden der Klägerin, nämlich Weitsichtigkeit beidseits, Hornhautverkrümmung beidseits und Linsentrübung beidseits, auf das Unfallereignis vom 22.10.1986 zurückzuführen seien.

Schlussendlich werde äußerst hilfsweise und vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Beeinträchtigungen der Klägerin neben der festgestellten HWS-Verletzung 1. Grades auf seelisch bedingten Folgeschäden aufgrund des Schadensereignisses vom 22.10.1986 beruhten, die ihrerseits auf einer psychischen Prädisposition oder einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhten. Selbst wenn sich damit in einer weiteren, zwingend gebotenen Beweisaufnahme - jenseits des HWS-Traumas der 1. Stufe - keine physischen / organischen Beeinträchtigung aufgrund des Unfalls vom 22.10.1986 ergeben sollten, so seien jedenfalls die sich als physische Beeinträchtigung auswirkenden Beschwerden psychischen Ursprungs unfallkausal und damit im Ergebnis - abweichend von der Entscheidung des Landgerichts - eine Einstands- und Zahlungspflicht der Beklagten zu bejahen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen landgerichtlichen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 438.538,99 € nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.01.2004 zu zahlen

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 22.10.1986 bis zum 15.10.2003 aus dem Unfall vom 22.10.1986, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 50.000,00 € nicht unterschreiten sollte, zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 28.01.2004

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden - soweit sie nach Klagezustellung entstehen - aus dem Unfall vom 22.10.1986 zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind

hilfsweise (für den Fall, dass das erkennende Gericht die Anträge zu Ziffer 2 und Ziffer 3 wegen darin enthaltener zeitlicher Begrenzungen zum Schmerzensgeld / immateriellen Schaden für unzulässig erachten sollte) hierzu wie folgt zu erkennen

2. a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 50.000,00 € nicht unterschreiten sollte, zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.01.2004

3. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und sämtliche zukünftigen immateriellen Schäden zu zahlen, die der Klägerin infolge des Verkehrsunfalls vom 22.10.1986 entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Nach den erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten sei lediglich eine unfallbedingte Verletzung in Form eines HWS-Traumas 1. Grades festgestellt worden und zwar in Form einer funktionellen Störung ohne strukturelle Schädigung. Insoweit blieben sämtliche weitergehenden behaupteten Beschwerden und Beschwerdebilder der Klägerin bestritten.

Die Klägerin sei darlegungs- und beweisbelastet für deren Vorliegen und deren Unfallbedingtheit und übersehe in diesem Zusammenhang gänzlich, dass bereits der Radiologiebericht des Clemens-Hospitals vom 10.12.1986 von degenerativen Veränderungen der HWS berichte.

Im Übrigen habe die Beklagte das Vorliegen einer Primärverletzung keinesfalls anerkannt; sie habe lediglich die Feststellungen des Sachverständigen hingenommen. Die Beklagte halte daher ihr Bestreiten eines unfallursächlichen Primärschadens insbesondere der HWS umfassend aufrecht.

Ungeachtet dessen seien die Berufungsangriffe der Klägerin nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung zu Fall zu bringen. Die Klägerin verkenne, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen I gerade keine unfallbedingte strukturelle Schädigung der HWS der Klägerin habe festgestellt werden können, sondern allenfalls eine leichtgradige funktionelle Beeinträchtigung. Aus einer lediglich funktionellen Beeinträchtigung könnten aber keine weiteren physischen Schäden, wie von der Klägerin ausdrücklich behauptet werden, entstehen. Ein medizinischnaturwissenschaftlicher Zusammenhang bestehe nicht. Mangels struktureller unfallbedingter Schädigung könne auch nicht die Rechtsprechung zur Anwendung des § 287 ZPO in den Fällen, in denen körperliche Primärschäden unstreitig oder nachgewiesen sein, angewandt werden. Die weitergehenden Beeinträchtigungen und insbesondere auch etwaige psychische Beeinträchtigungen, die die Klägerin bislang nur angedeutet habe, ohne substantiiert vorzutragen, habe die Klägerin damit ebenso wie ihre Unfallbedingtheit nach dem Beweismaß des § 286 ZPO darzulegen und zu beweisen. Hieran fehle es nach wie vor.

Die Klägerin blende zudem bei ihrem Vorbringen komplett aus, dass es nicht Sache des Schädigers sei, Ursachen für die vom Geschädigten geklagten Beschwerden aufzuzeigen. Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der behaupteten Beschwerden und deren Kausalität sei vielmehr der Geschädigte. Sollten sich die Ursachen für geklagte Beschwerden nicht feststellen lassen, ginge dies zu seinen Lasten. Beweisrechtlich unzulässig sei dagegen der der Klägerin offenbar vorschwebende Rückschluss, aus angeblich fehlenden Feststellungen zu Alternativursachen auf die Ursächlichkeit des Unfalles zu folgern.

Letztlich könne die Frage, welcher Beweismaßstab zur Anwendung komme - ungeachtet dessen, dass es sich bei dieser Frage um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage handele - sogar dahinstehen.

Denn auch auf der Grundlage des § 287 ZPO sei eine Unfallbedingtheit der von der Klägerin geklagten Beschwerden zu verneinen. Auch im Rahmen des § 287 ZPO reiche nämlich die bloße Möglichkeit nicht aus; es müsse vielmehr eine überwiegende Wahrscheinlichkeit bestehen; eine solche sei weder dargetan noch nachgewiesen.

Mit den beiden erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten sei davon auszugehen, dass die vielfache Symptomatik der Klägerin auf eine zentrale und zerebrale Schädigung hinweise, die sich im Laufe der Jahre entwickelt habe und die keinesfalls mit einem HWS-Schleudertrauma ohne primär erkennbare strukturelle Verletzungen zu erklären sei.

Soweit die Klägerin im Übrigen erstmals zweitinstanzlich behaupte, die im Einzelnen von ihr angegebenen Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität seien - neben der HWS-Verletzung 1. Grades - als seelisch bedingte Folgeschäden aufgrund des Schadensereignisses entstanden, die auf einer psychischen Prädisposition oder einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhten, sei das Vorbringen unsubstantiiert und zudem entsprechend § 531 ZPO als verspätet zurückzuweisen.

Äußerst vorsorglich werde insoweit ein Zurechnungszusammenhang bestritten. Denn es fehle ersichtlich an der notwendigen objektiven Vorhersehbarkeit psychischer Beeinträchtigungen für den Unfallverursacher.

Wie der BGH mehrfach entschieden habe, hafte ein Schädiger zwar grundsätzlich auch für eine psychische Fehlverarbeitung auf Seiten des Geschädigten. Dies gelte aber nur dann, wenn eine hinreichende Gewissheit dafür bestehe, dass die Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre und der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang bejaht werden könne. Beides werde vorliegend ausdrücklich bestritten.

Insoweit dürfe nicht verkannt werden, dass der BGH insbesondere eine haftungsrechtliche Zurechnung dann ausschließe, wenn das schädigende Ereignis im Sinne einer Bagatelle nur ganz geringfügiger Natur sei.

Vorsorglich werde in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass die Beschwerden der Klägerin auf einer Begehrensneurose beruhten; insoweit belege der gesamte Verfahrensgang deutliche Aggravationstendenzen.

Schlussendlich bleibe es bzgl. der Beanstandungen zur Schadenshöhe und zum Verjährungseinwand bei den Ausführungen in erster Instanz.

Nachdem der Senat unter dem 01.07.2013 einen umfänglichen Hinweis-, Auflagen- und Beweisbeschluss (Bl. 1136 ff GA) erlassen hatte, auf dessen nähere Einzelheiten hiermit verwiesen wird, haben beide Parteien ihr Vorbringen wie folgt ergänzt:

Die Klägerin hat betont, dass - entgegen der Ansicht der Beklagten - das (hilfsweise) Vorbringen zu den seelisch bedingten Folgeschäden nicht neu sei. Schließlich hätten sich Anhaltspunkte für eine psychische Fehlverarbeitung bereits in den zur Akte gereichten Berichten des Dr. Q und im Zusatzgutachten Dr. X des beigezogenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens befunden.

Im Übrigen dürfe bei der Beurteilung der unfallbedingten Verletzungen der Klägerin deren Sitzposition/Körperhaltung zum Unfallzeitpunkt nicht außer Acht gelassen werden. Diese sei von der Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung nachvollziehbar und plausibel geschildert worden und entspreche der damaligen Verkehrssituation - querende Radfahrerin -, wie sie auch der Zeuge C bestätigt habe.

Generell halte die Klägerin daran fest, dass es unfallbedingt zu einer nicht knöchernen Strukturverletzung der Kopfgelenke unter Einschluss der HWS mit der primären Folge einer dauerhaften funktionellen Instabilität der HWS und einer dadurch bedingten Störung der versorgenden Bahnsysteme zwischen Körper und Kopf und den sich daraus ergebenden unmittelbaren Folgeerscheinungen gekommen sei. Lediglich hilfsweise werde davon ausgegangen, dass unfallbedingt entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen Prof. I ein HWS-Syndrom aufgetreten sei, das dann wiederum die weitergehenden, umfassend ärztlich dokumentierten und erfassten Beschwerden und Beeinträchtigungen verursacht habe. Fälschlich habe der gerichtliche Sachverständige jedoch das HWS Syndrom dem Schweregrad 1 zugeordnet; es habe sich keinesfalls um eine Bagatellverletzung gehandelt.

Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, die Verspätungsrüge zu psychisch vermittelten Unfallfolgen werde aufrechterhalten. Desweiteren bleibe auch die angebliche Outofposition-Haltung der Klägerin zum Unfallzeitpunkt bestritten; belegt sei diese nicht.

Soweit die Klägerin vornehmlich als primäre Unfallfolge eine nicht knöcherne Strukturverletzung der Kopfgelenke behaupte, werde ein entsprechender Primärschaden und dessen Unfallbedingtheit bestritten. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. I folge ein derartiger Schaden nicht; insoweit gehe auch der Versuch der Klägerin, den vom Sachverständigen benannten Schweregrad anzugreifen, fehl; für eine abweichende Klassifizierung bestehe kein Anlass.

Im Übrigen dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin mittlerweile in zwei weitere Unfälle - Verkehrsunfall vom 07.08.2007 (Verfahren 4 O 5/11 LG Münster = 6 U 170/14 OLG Hamm); Verkehrsunfall vom 06.12.2010 (Verfahren 12 O 138/16 LG Münster) - verwickelt gewesen sei, bei denen sie eigenen Angaben zufolge jeweils eine HWS-Distorsion erlitten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen - insbesondere die zahlreich in den gesonderten Anlagenbänden (AK I - AK XIII) vorhandenen ärztlichen Untersuchungsberichte, Stellungnahmen und Privatgutachten - Bezug genommen.

Der Senat hat in Ausführung des Hinweis-, Auflagen- und Beweisbeschlusses vom 01.07.2013 - dort Ziffer III 1 und 2 - zum Unfallhergang den Fahrer des gegnerischen Unfallfahrzeugs - den Zeugen C - vernommen und ein unfallanalytisches Gutachten des Sachverständigen Prof. T eingeholt, welches dieser im Verhandlungstermin vom 11.11.2013 in Erläuterung der zur Akte gereichten Anlagen - vgl. Anlagenband Gutachten - mündlich erstattet hat.

Desweiteren hat der Senat sowohl zum Unfallhergang als auch zu den von der Klägerin nach dem Unfallereignis beklagten gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Klägerin mehrfach persönlich angehört.

Zu den von der Klägerin im Einzelnen beklagten, von ihr mit Schriftsatz vom 06.09.2013 näher dargelegten und präzisierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat der Senat darüber hinaus die Zeugen Q, C1 und G sowie den Zeugen C vernommen.

Wegen der Ergebnisse dieser persönlichen Parteianhörungen und der durchgeführten Beweisaufnahmen wird auf die Berichterstattervermerke vom 11.11.2013 (Bl. 1283 ff GA), 30.01.2014 (Bl. 1358 ff GA) und 16.01.2017 (Bl. 1743 f GA) sowie auf die ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen Prof. T vom 12.08.2014 (Bl. 1406 ff GA) - entsprechend dem Senatsbeschluss vom 10.03.2014 (Bl. 1396 GA) - verwiesen.

Die Akten 1 K 3995/90 und 1 K 3997/90 - jeweils Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (= 6 A 4067/92 und 6 A 4069/92 - OVG Münster) - sowie die Prozessakten 12 O 138/16 LG Münster und 4 O 5/11 LG Münster (= 6 U 170/14 OLG Hamm) sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 22.02.2017 hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten zu den rechtlichen Erörterungen und den im Zuge des Senatstermins vom 11.01.2017 erteilten Hinweisen wie folgt Stellung genommen:

Falls - was vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen sei - sie durch die beiden früheren Unfälle Vorschädigungen davon getragen haben sollte, seien diese symptomatisch folgenlos ("stumm") geblieben und somit für die vom Senat zu beurteilende Kausalitätsfrage ohne rechtliche Relevanz.

Die für die Bejahung selbiger notwendige, aber auch ausreichende überwiegende Wahrscheinlichkeit könne bei gebotener Gesamtabwägung und Berücksichtigung sämtlicher vorgelegter ärztlichen Untersuchungsbefunde und der mit dem Unfalltag einsetzenden progredienten Symptomentwicklung der Klägerin nicht ernsthaft verneint werden.

Entgegen der im Termin geäußerten vorläufigen Einschätzung des Senats sei die Sache keinesfalls entscheidungsreif. Denn die gutachterlichen Feststellungen, die im erstinstanzlichen Verfahren getroffen wurden, könnten nicht als Grundlage einer Entscheidung des Senats herangezogen werden. So stamme das Gutachten des Prof. Dr. I aus dem Jahr 2007 und habe somit auch den wissenschaftlichen Stand dieses Jahres. Die Medizin habe sich aber fortentwickelt, so dass es zwingend geboten sei, die anlässlich des Unfallgeschehens erhobenen Befunde retrospektiv erneut einer wissenschaftlichen Begutachtung auf dem Stand 2017 zuzuführen. Ohne weitergehende medizinische Aufklärung sei eine Entscheidung nicht möglich.

Die Beklagte ist diesen Ausführungen mit Schriftsatz vom 21.03.2017 entgegen getreten: Es bleibe dabei, dass auch unter Berücksichtigung des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. I eine unfallbedingte (Primär)Verletzung - wie von diesem im Sinne einer funktionellen Beeinträchtigung im HWS-Bereich bejaht - weiterhin bestritten werden müsse. Sowohl nach der vom Sachverständigen Prof. T ermittelten kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung als auch nach dem vom Zeugen C bekundeten Unfallhergang sei eine Unfallverletzung der Klägerin nicht nachgewiesen.

Die von der Klägerin erstmals im Verhandlungstermin vom 11.01.2017 behauptete Beule am Kopf werde - ungeachtet dessen, dass das Vorbringen der Klägerin zum Unfallgeschehen und den erlittenen Verletzungsfolgen zumindest teilweise widersprüchlich sei - bestritten.

Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin das Beweismaß des § 287 ZPO zugrundelege, habe diese den Nachweis der Unfallbedingtheit der beklagten Beschwerden nicht geführt. Insoweit verkenne die Klägerin, dass allein die bloße Möglichkeit einer unfallbedingten Verletzung nicht ausreichend sei; erforderlich sei vielmehr eine überwiegende Wahrscheinlichkeit.

Schlussendlich seien entgegen der Ansicht der Klägerin alle zulässigen Beweismittel vollständig erhoben; eine erneute Begutachtung allein wegen Zeitablaufs sei nicht geboten. Insoweit trage die Klägerin bereits nicht vor, welche wissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten eine andere Beurteilung der zeitnah erhobenen und bereits sachverständig ausgewerteten Befunde rechtfertigten.

Mit nicht nachgelassenem, von der Klägerin selbst verfassten Schriftsatz vom 05.03.2017 - eingegangen beim Oberlandesgericht am 08.03.2017 - formuliert diese Anträge auf gesamtschuldnerische Haftung, (weiteren) Schriftsatznachlass und Vervollständigung des Gerichtsprotokolls vom 11.01.2017 und des Berichterstattervermerks; sie verlangt zudem "Abklärung der krassen Widersprüche einerseits zu den mit lückenlosem Brückenschlag bis zum Verkehrsunfall 86 zurückzuführenden Befunden, gesicherten Diagnosen, unfallbezogenen Behandlungen, unfallbezogenen Gutachten, gutachterlichen Stellungnahmen, Befundberichten, radiologischen Befunden und den Befunden der Nuklearmedizin und den andererseits den im Urteil des Landgerichts Essen zugrunde gelegten angedachten Unfallhergang, den falschen Ausgangstatsachen, den Ergebnissen unzureichender Diagnostik und fehlerhafter Beurteilung der Professoren I und L durch das Landgericht Essen".

Mit weiterem Schriftsatz der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22.03.2017 (eingegangen am 24.03.2017) hat die Berufungsführerin einen "ergänzenden Hinweis" dazu formuliert, in welcher Weise die Klägerin sich durch eine erneute medizinische Begutachtung Aufklärung der medizinischen Zusammenhänge verspreche.

Bezüglich der Einzelheiten des schriftsätzlich nachgereichten Parteivortrags wird im Übrigen auf den Inhalt der nach dem letzten Senatstermin eingereichten Schriftsätze verweisen.

II.

1. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Der Klägerin steht aufgrund des Verkehrsunfalls vom 22.10.1986 kein über den vorprozessual gezahlten Betrag von 4.000 DM hinausgehender Schmerzensgeldanspruch aus §§ 823, 847 BGB, § 3 Zif. 1 PflVG (jeweils a.F.) oder anderen Rechtsgrundlagen zu. Gleiches gilt, soweit die Klägerin von der Beklagten den Ersatz bezifferter materieller Schäden als Folge des genannten Unfallereignisses fordert und die Einstandspflicht der Beklagten für weitere materielle sowie zukünftige immaterielle Schäden festgestellt wissen möchte.

Das Ergebnis der in beiden Instanzen durchgeführten Beweisaufnahme rechtfertigt die mit den Berufungsanträgen weiter verfolgten Klageforderungen nicht.

Der Klägerin ist es nicht gelungen zu beweisen, dass der von dem Haftpflichtversicherungsnehmer der Beklagten verursachte Verkehrsunfall vom 22.10.1986 bei ihr weitergehende Körperschäden oder Gesundheitsbeeinträchtigungen verursacht hat, als sie der Sachverständige Prof. Dr. I in seinen erstinstanzlich erstatteten Gutachten mit einem HWS-Trauma der Stufe 1 bestätigt hat (umschrieben als traumabedingte funktionelle Störung der HWS-Muskulatur mit evtl. leichteren strukturellen Läsionen und einer Ausheilung ohne besondere Behandlungsbedürftigkeit); der erlittene Körperschaden einer erstgradigen HWS-Distorsion ist indes von der Beklagten vorprozessual mit Zahlung eines Schmerzensgeldes von 4.000 DM ausreichend entschädigt worden.

2. Der Senat hat für das zu entscheidende Berufungsverfahren in (beweis-)rechtlicher Hinsicht folgende Maßstäbe zugrunde gelegt:

a) Im Falle strittiger Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden unterliegt der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität - wie etwa derjenige einer durch den Unfall unmittelbar herbeigeführten HWS-Distorsion sowie ggf. weiterer Primärverletzungen - zunächst den strengen Anforderungen des Beweises nach § 286 ZPO. Es ist insoweit die volle Überzeugung des Gerichts erforderlich, dass der Anspruchsteller die behaupteten Verletzungen bei dem Unfall erlitten hat. Hierfür genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, NJW 2003, 1116; KG Berlin, KG Report 2006, 126; KG Berlin, Urteil vom 04.06.2007 - 12 U 173/12).

b) Für behauptete weitere Unfallschäden gilt sodann die Beweiserleichterung des § 287 ZPO.

Mit dem Nachweis etwa einer unfallbedingten HWS-Distorsion und damit einer Körperverletzung steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Klägers ursächlich ist, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gemäß § 287 ZPO beurteilt (BGH, VersR 2003, 474 ff. - Juris-Rz. 7). Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter also nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st. Rspr. des BGH; vgl. BGH, VersR 2003, 474 ff. - Juris-Rz. 7). m. w. N.).

Zwar kann der Tatrichter auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. Im Rahmen der Beweiswürdigung gemäß § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt. Hier genügt, je nach Lage des Einzelfalls, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (BGH, aaO).

So kann das Gericht etwa im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Feststellung gelangen, dass als einzig realistische Ursache für die nach einem Unfall geklagten Beschwerden eben dieser Unfall in Betracht kommt (vgl. BGH, NJW 2003, 1116; KG Berlin, aaO).

Die Haftung erstreckt sich darüber hinaus grundsätzlich auch auf die aus einer Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung resultierenden Folgeschäden, ohne dass erforderlich ist, dass die Auswirkungen eine organische Ursache haben. Es genügt, wenn die Beeinträchtigungen psychisch vermittelt sind (vgl. BGH, NJW 1996, 2425; Saarländisches OLG, OLG-Report Saarbrücken 2006, 761; KG Berlin, Urteil vom 04.06.2007 - 12 U 173/12). Dies gilt - bis zur Grenze der sogenannten Begehrensneurose - auch dann, wenn eine psychische Fehlverarbeitung des Geschädigten hinzutritt (vgl. BGH, DAR 2005, 441; KG Berlin, Urteil vom 04.06.2007 - 12 U 173/12). Dabei kommt es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Entscheidend ist, ob die psychisch bedingten Folgen ohne den Unfall nicht aufgetreten wären.

In jedem Fall kann die Mitverursachung einer Verschlechterung im Befinden ausreichen, um die volle Haftung auszulösen. Auf eine schon vor dem schädigenden Ereignis bestehende konstitutionelle Schwäche oder gesundheitliche Vorschäden kommt es nicht an (vgl. BGH, NJW 1996, 2425; KG Berlin, Urteil vom 04.06.2007 - 12 U 173/12).

c) Vorliegend geht der Senat aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die Klägerin durch den Verkehrsunfall vom 22.10.1986 einen körperlichen Primärschaden erlitt - und zwar in Form der von Prof. Dr. I bejahten HWS-Distorsion 1. Grades mit rein (muskel-)funktionellen Einschränkungen und einer Ausheilung ohne besonderen Behandlungsbedarf.

Für seine Berufungsentscheidung kann der Senat - entsprechend der Rechtsmittelbegründung - unterstellen, dass die mit dem Rechtsmittel geltend gemachten weitergehenden HWS-Schädigungen (nichtknöcherne Strukturverletzungen) und die hilfsweise aus der erlittenen HWS-Distorsion hergeleiteten Folgebeeinträchtigen (v.a. Sinnesstörungen im weitesten Sinne) lediglich den Umfang des erlittenen Körperschadens betreffen und insoweit zur Gänze der (der Klägerin im Ausgangspunkt günstigere) Beweismaßstab des § 287 ZPO gilt.

Denn auch nach diesem Maßstab hat die Klägerin die mit ihrer Berufung geltend gemachten (weitergehenden) Körper- und Gesundheitsschäden - deren unfallbedingtes Vorhandensein die Beklagte (insbesondere vor dem Hintergrund der Arztbegutachtungen des "abgewarteten" verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) durchgängig in Abrede gestellt hat - nicht beweisen können.

3. Es ist aus Sicht des Senates nach dem Gesamtergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme - unter Berücksichtigung der zusätzlichen Erkenntnisse aus den (mehrfach) durchgeführten persönlichen Anhörungen der Klägerin und den beigezogenen verwaltungsgerichtlichen wie zivilprozessualen Verfahrensakten - nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 22.10.1986 zusätzlich zu einer HWS-Distorsion ersten Grades auch nichtknöcherne Strukturverletzungen der Kopfgelenke oder (infolge einer schwerwiegenderen HWS-Distorsion) die mit Schriftsatz vom 06.09.2013 zu III 2. aufgelisteten Folgebeschwerden (GA 1186 ff.) zu verzeichnen hat.

Hierauf kommt es für den Erfolg des Rechtsmittels indes entscheidend an; denn die Klägerin hatte - auf die Fragen des Senates vom 01.07.2013 hin - ihren Sachvortrag zu den dem Unfallereignis zugeschriebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne eines Haupt- und Hilfsvorbringens mit Schriftsatz vom 06.09.2013 zu III 1. (GA 1183 ff.) entsprechend präzisiert.

a) Zu Recht hat das Landgericht zunächst den medizinischen Ausführungen der beiden Sachverständigen Prof. Dr. I und Prof. Dr. L entnommen, dass die von der Klägerin für die Zeit nach dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis behauptete gesundheitliche Symptomatik - soll sie somatische Folge des Unfallgeschehens vom 22.10.1986 sein - entweder eine traumabedingte strukturelle Schädigung der HWS oder eine entsprechende cerebrale Primärschädigung erfordern würde; für eine solche gibt es nach sachverständiger Auswertung aller von der Klägerin präsentierter Befunde jedoch keinen hinreichenden - i.S.v. überwiegend wahrscheinlichen - Anhalt. Zutreffend hat das angefochtene Urteil weiter darauf abgehoben, dass der zur Abklärung ophtalmologischer Ursachen der behaupteten Seh- und Leseschwächen hinzugezogene Gutachter Prof. Dr. L es (nach Untersuchung der Klägerin und Auswertung der erhobenen wie mit den Akten zugänglich gemachten Befunde) für überwiegend wahrscheinlich hielt, dass die vorhandenen ophtalmologischen Defizite altersbedingte bzw. altersadäquate Erscheinungen seien.

b) Der gerichtlich zugezogene Sachverständige Prof. Dr. I hat im Zuge seiner erstinstanzlichen Befassung anhand der ihm - von der Klägerin - zur Verfügung gestellten Untersuchungsbefunde aus der Zeit nach dem Unfallereignis vom 22.10.1986 überzeugende Gesichtspunkte dafür aufgezeigt, dass es bei diesem Ereignis zu keiner (nennenswerten) strukturellen Verletzung der HWS-Weichteile (einschließlich der Kopfgelenkskapsel) gekommen war und dass die vorhandene HWS-Distorsion der 1. Stufe nicht Ursache der beklagten (vielfältigen) Beschwerden sein könne. Er hat dazu auf mündliches Befragung durch die Kammer des Landgerichts klargestellt, dass das von ihm bejahte HWS-Trauma der 1. Stufe lediglich die Möglichkeit leichterer struktureller Läsionen einschließe, die allerdings ebenso wie funktionelle HWS-Störungen in der ganz überwiegenden Anzahl aller Fälle ohne weiteres verheilten (GA 872).

Eine unfallbedingte primär zentrale cerebrale Schädigung hatte die Klägerin selbst unter fortwährendem Hinweis darauf in Abrede genommen, sie habe bei dem Unfall vom 22.10.1986 eine (schwerwiegende) cervikale Schädigung mit konsekutiver Hirnstammbetroffenheit durch Störung der den Kopf versorgenden Bahnsysteme erlitten. Dies entspricht auch ihrer - auf die Nachfrage des Senates erfolgten - Darstellung im Berufungsrechtszug mit Schriftsatz vom 06.09.2013.

c) Die mit der Berufung der Klägerin zum Beweis der behauptetermaßen am 22.10.1986 erlittenen - gravierenden - Weichteilverletzung im Bereich der HWS (einschließlich Kopfgelenken) angeführten Befunde der von ihr konsultierten zahlreichen Ärzte rechtfertigen aus Sicht des Senates nicht den überwiegend wahrscheinlichen Schluss auf unfallursächliche strukturelle HWS-Verletzungen in den nichtknöchernen Anteilen; insoweit stehen dem Senat zur Klärung der medizinischen Fachfragen im Rahmen der Kausalitätsbeurteilung umfangreiche Ausführungen der hinzugezogenen Sachverständigen im vorliegenden Prozess wie in den beigezogenen Verwaltungsgerichts- und Zivilverfahren zur Verfügung; sie ziehen die abweichenden eigenen Interpretationen der Klägerin bzgl. der in den Prozess eingeführten Befunderhebungen und diejenigen der von ihr angeführten anderweitig konsultierten Ärzte plausibel in Zweifel.

aa) Der Senat übersieht nicht, dass der Neuroradiologe Dr. W in L bei der Klägerin erstmals im Oktober 1997 nach durchgeführter MRT-Funktionsstudie die klinische Diagnose einer "A. Ruptur der Ligamenta alaria" stellte, weil er dem radiologischen MRT-Befund "deutliche Zeichen einer Traumatisierung der Kopfgelenksbänder im Rahmen einer Rotationsbeschleunigungsverletzung" entnahm.

Die äußerst eingeschränkte Aussagekraft dieser Befundung mit Blick auf die strittigen körperlichen Folgen des Unfallereignisses vom Oktober 1986 ergibt sich indes schon daraus, dass sie erst elf Jahre nach dem hier fraglichen Unfallereignis erfolgte und die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt unstreitig insgesamt drei Verkehrsunfälle mit HWS-Distorsionen erlitten hatte (1979, 1984, 1986). Hinzu kommt, dass Dr. W die traumabedingte Verletzung der Kopfgelenksbänder unter Hinweis auf die Biomechanik der Kopfhaltung beim Beschleunigungsimpuls begründete, wobei die Kopfgelenksebene "für asymmetrische hochbeschleunigte Impulse im Rahmen einer Fremdeinwirkung" ausgeprägt vulnerabel sei.

Indes ist vorliegend nicht zu klären, ob es bei dem Unfallereignis von 1986 zu eben solchen biomechanischen Einwirkungen kam (vgl. dazu nachfolgend).

Unklar ist auch, welchen anderen - ggfls. schädigenden - Einwirkungen die HWS der Klägerin in den elf Jahren vom 22.10.1986 bis zu den genannten MRT-Aufnahmen und Befundungen durch Dr. W ausgesetzt war.- Beispielsweise hat die Klägerin im vorliegenden Prozess auf potentielle Schadensereignisse anderer Art verwiesen, indem sie über diverse Stürze ihrerseits nach dem Unfall vom 22.10.1986 berichtete; diese "Stürze" sind aus Sicht des Senates keineswegs ihrerseits als (wahrscheinliche) Unfallfolge anzusehen: So ist etwa den beigezogenen Verwaltungsakten durchaus zu entnehmen, dass die Klägerin schon vor dem Oktober 1986 gelegentlich gestürzt war (etwa 1980 im Rahmen eines - weiteren - Dienstunfalls in der Schule). Nicht nur theoretisch denkbar kommen auch weitere zwischenzeitliche Schädigungsmechanismen in Betracht (vgl. dazu unten).

Den von der Klägerin für maßgeblich erachteten radiologischen Befunderhebungen Dr. W aus den Jahren 1993 und (insb.) 1997 ist damit keineswegs als einzig realistische Einwirkung auf den HWS-Bereich eine unfallbedingte "Rotationsbeschleunigungsverletzung vom 22.10.1986" vorausgegangen.

bb) Die genannten Bedenken gegen einen verlässlichen Erkenntnisgewinn für die erforderliche Kausalitätsbeurteilung stehen erst recht den von der Berufung weitergehend angeführten Befunden über (nichtknöcherne) Weichteilverletzungen der HWS aus noch späterer Zeit entgegen.

Dies betrifft insbesondere die mit Schriftsatz vom 02.01.2017 überreichten Berichte des Dr. T1 / L zur funktionellen Kernspinntomographie des kraniozervikalen Übergangs vom 27.08.2015 und des Dr. I / F vom 14.07.2016 zur PET-CT-Untersuchung - welche im Übrigen Befunderhebungen betreffen, nachdem die Klägerin 2007 und 2010 weitere verkehrsunfallbedingte HWS-Traumatisierungen erlitten hatte.

Der Senat misst solchen teils Jahrzehnte nach dem hier fraglichen Unfallereignis erhobenen Befunden nicht zuletzt deshalb keine tragfähige Aussagekraft für die hier zu beurteilende Kausalität bei, weil die Klägerin selbst in den beigezogenen Zivilverfahren LG Münster 12 O 138/16 und 4 O 5/11 vortragen ließ, die Unfälle von 2007 und 2010 hätten ihren Gesundheitsschaden wesentlich bzw. richtungsweisend verschlimmert.

cc) Schon der vom Landgericht hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. I hatte bei seiner mündlichen Gutachtenerläuterung während des Kammertermins am 06.01.2011 (GA 874) konstatiert, die durchgeführten MRT-Bildgebungen aus den Jahren 1993 und 1997 seien aus medizinischer Sicht zur Beurteilung der Kausalität (des Unfallereignisses aus 1986) hinsichtlich der beklagten Beschwerden ohne Relevanz.

Prof. Dr. I hat sodann bei seiner erstinstanzlichen Befragung (GA 875) weitere Bedenken dagegen geäußert, dass der Unfall vom Oktober 1986 - wie in Dr. W späteren Befundungen nahegelegt - bei der Klägerin einen Kopfgelenkskapselriss bewirkt haben könnte.

Abgesehen davon, dass der Sachverständige bereits bezweifelt hat, ob Dr. W im Jahr 1997 mit der MRT-Untersuchung tatsächlich (schon) einen Riss der Kopfgelenkskapsel durch Nachweis einer entsprechenden Vernarbung habe dokumentieren können, wäre - so Prof. Dr. I - eine derartige Weichteilverletzung der Kopfgelenkskapsel nicht mit dem (aktenkundig gemachten) Ergebnis der manualtherapeutischen Untersuchungen und Behandlungen nach dem Unfall von 1986 in Einklang zu bringen. Die behandelnden Manualtherapeuten der Klägerin hätten nämlich ausweislich ihrer Berichte keine Zerstörungen des Bandapparates im Kopfgelenksbereich festgestellt, obschon dieser Punkt regelmäßig vor einer entsprechenden manualtherapeutischen Behandlung untersucht werde (sodass er dementsprechend habe erkannt werden müssen).

Im Einklang damit hat der im Zivilprozess zum Unfall am 07.08.2007 (LG Münster - 4 O 5/11) befasste Sachverständige Dr. Hein in seinem Gutachten vom 31.05.2013 unter ausdrücklicher Auseinandersetzung mit den Ausführungen Prof. Dr. Is ausgeführt, dass es bei dem Vorunfall von 1986 nicht zu einer ausgeprägten strukturellen Schädigung der HWS der Klägerin gekommen sei. Aus orthopädischtraumatologischer Sicht teilt Dr. I1 vielmehr die Einschätzung von Prof. Dr. I, wonach die vielfältige Symptomatik der Klägerin nach dem Unfall von 1986 auf eine zentrale oder cerebrale Schädigung hinweise, die sich im Laufe der Jahre entwickelt habe. Der explizit zu den Auswirkungen des "Vorunfalls vom 22.10.1986" befragte Sachverständige Dr. I2 hat in dem genannten Zivilverfahren 4 O 5/11 - LG Münster ausgeführt, dass es aus orthopädischer Sicht und grundsätzlichen Erwägungen heraus sehr unwahrscheinlich sei, dass es seinerzeit bei der Klägerin zu einer Verletzung der Ligamenta alaria gekommen sein könnte (Anm.: wie von Dr. W attestiert). So kämen intraligamentäre Risse ohne knöcherne Beteiligung in diesem Bereich praktisch nicht vor; auch seien sie im Falle knöcherner Ausrissbeteiligung regelmäßig nicht mit dem Leben zu vereinbaren.

Zudem sei im Bereich der computertomographischen oder kernspinntomographischen Diagnostik von Verletzungen der Flügelbänder des Kopfgelenkes eine adäquate Abbildung wegen zu großer Schichtdicken bedingt durch Anschnittphänomene problematisch und würden Schäden der Ligamenta alaria darstellungsmäßig entsprechend nur vorgetäuscht. Interdisziplinäre Untersuchungen und Studien hätten zwischenzeitlich die Schwierigkeiten in der zuverlässigen kernspinntomographischen Darstellung möglicher Verletzungen der Ligamenta alaria des Kopfgelenks herausgearbeitet. Es gebe "gute Gründe anzunehmen, dass es bei der Klägerin tatsächlich bei dem Vorunfall aus dem Jahr 1986 nicht zu einer Verletzung der ligamenta alaria gekommen ist".

Gestützt werden diese Ausführungen auch durch die Schlussfolgerungen des Prof. Dr. M, der im Zuge der verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung vor dem OVG Münster (6 A 4069/92) im Rahmen der dortigen interdisziplinären Begutachtung zu den Vorhalten der Klägerin aus den Befundungen des Dr. W und der Frau Dr. D mit Datum vom 18.09.2000 unter Bezugnahme auf eingeholte Zusatzgutachten der HNO-ärztlichen und neurologischen Fachrichtungen (Prof. Dr. K und PD Dr. L1) ergänzend orthopädisch Stellung nahm.

Prof. Dr. M hat zu der Befundung Dr. W aus dem Jahr 1997 (S. 34 Stellungnahme vom 18.09.2000) eindeutig ausgeführt, dass "Kernspinnaufnahmen des Kopfgelenksbereiches über 9 Jahre nach dem maßgeblichen Unfallereignis vom 22.10.1986 infolge möglicher Artefakte, falsch positiver wie falsch negativer Befunde sowie der Variationen infolge des veränderlichen Flüssigkeitsgehaltes der Gewebe zu einer eindeutigen Unterscheidung alter geringgradiger Gewebsverletzungen von chronischen degenerativen Umbauveränderungen nicht geeignet seien. Die nachträgliche Betrachtung des (von Dr. W dokumentierten) Kernspinnbefundes führe den medizinischen Laien mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung. Als Orthopäde komme er bei nachträglicher Würdigung der von Dr. W erhobenen Befunde zu der Beurteilung, dass die beschriebenen Signalveränderungen (insb. im Bereich der HWK 5/6 Region) nicht mit Wahrscheinlichkeit eine Kausalität mit dem maßgeblichen Unfallereignis vom 22.10.1986 begründen (könnten). Dies hat Prof. Dr. M in der genannten Stellungnahme vom September 2000 umfangreich medizinisch begründet, indem er die Grenzen und Schwierigkeiten der Kernspinndiagnostik in der Beurteilung der Kausalität langjährig zurückliegender potentiell traumatisierender Unfallereignisse aufgezeigt und darauf hingewiesen hat, dass solche radiologische Befunde allein keinen geeigneten Kausalitätsnachweis führen könnten.

Mit den von der Klägerin gemachten Vorhalten aus den Bewertungen Dr. W und Dr. D könne - so Prof. Dr. M (S. 12 der Stellungnahme) - "ein Kausalzusammenhang zwischen dem maßgeblichen Unfallereignis vom 22.10.1986 und den von ihr beklagten Erscheinungen nicht beweiskräftig belegt, nicht einmal wahrscheinlich gemacht werden".

Auch vor dem Hintergrund dieser Aussage eines weiteren medizinischen Sachverständigen, der sich umfassend mit den vorliegend strittigen Kausalitätsfragen zu befassen hatte, vermag der Senat den mit der Berufungsbegründung und den nachfolgen Schriftsätzen eingereichten Befunden, die (radiologisch) den Nachweis einer am 22.10.1986 erlittenen nichtknöchernen Verletzung im Kopfgelenks- und/oder angrenzenden HWS-Bereich erbringen sollen, keinen Aussagegehalt zu entnehmen, der überwiegend wahrscheinliche Schlussfolgerungen zulässt.

Lediglich ergänzend ist zu dem von der Klägerin angeführten vermeintlichen Beweisen für eine Weichteilverletzung im Kopfgelenksbereich (Flügelbänder, Kapselriss) durch die eingereichten (radiologischen) Befunde Dr. W u.a. darauf hinzuweisen, dass der in den beigezogenen Zivilverfahren eingereichte Kernspinn-Tomographie-Befund aus dem T Hospital vom 06.09.2011 sogar Nachweise solcher Verletzungen ausdrücklich verneint hat. Danach haben sich im Bereich der Kopfgelenke (C 0 / C 1 und C 1 / C 2) keine pathologischen Befunde erheben lassen und zeigten die ligamenta alaria beidseits keine Auffälligkeit.

d) Die Klägerin hat den ihr unter Anlegung des Maßstabs aus § 287 ZPO obliegenden Beweis, es sei zu einer nichtknöchernen Strukturverletzung der Kopfgelenke unter Einschluss der HWS - hilfsweise zu den aufgelisteten körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen als Folge der von Prof. Dr. I bejahten HWS-Distorsion 1. Grades - gekommen, auch nicht durch (weitere) Indizien führen können.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass etwaigen Beweisschwierigkeiten einer Prozesspartei zu strittigen Unfallfolgen - je nach den Umständen des Falles - durch angemessene Anforderungen an den Sachvortrag des Geschädigten, durch Ausschöpfung der angebotenen Beweismittel und sorgfältige, lebensnahe Würdigung der erhobenen Beweise Rechnung zu tragen ist (BGH, VersR 2004, 118).

Auch unter diesen erleichterten Voraussetzungen kann sich der Senat von einer Unfallursächlichkeit der von der Klägerin angeführten Beschwerdesymptomatik nicht (überwiegend wahrscheinlich) überzeugen.

Entgegen der im Berufungsrechtszug vorgebrachten mehrschrittigen Indizien-Argumentation ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass die Klägerin bzgl. der mit Schriftsatz vom 06.09.2013 unter Zif. III. 2. präzisierten Symptomatik (GA 1186 ff.) bis zum Unfall vom 22.10.1986 völlig beschwerdefrei war, dass sie sodann ab dem Unfall entsprechende (traumatypische) Beschwerden zu verzeichnen hatte und schließlich andere mögliche Ursachen (realistischerweise) ausscheiden (dazu jeweils nachfolgend unter bb). Der Senat kann zudem nicht davon ausgehen, dass die Klägerin den von ihr behaupteten besonderen biomechanischen Auswirkungen im Rahmen eines Rotationstraumas ausgesetzt war (vgl. nachfolgend unter aa).

aa) Es steht unter Berücksichtigung des im Laufe der mehrjährigen Prozessdauer mehrfach ergänzten Prozessvorbringens der Klägerin nicht fest, dass sie im Moment der Auffahrkollision am 22.10.1986 eine nach links gewendete Kopf- und Oberkörperhaltung (bei gleichzeitiger Kopfneigung) einnahm, die Hand vom Steuer genommen hatte und der rechte Fuß mit durchgedrücktem Bein auf der Bremse stand. Eine outofposition-Haltung der Klägerin und/oder ein kollisionsbedingter Anprall des Kopfes der Klägerin bleiben letztlich offen und können keinesfalls der Kausalitätsbeurteilung als feststehend zugrundegelegt werden. Unklar bleibt zudem, welcher kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung die Klägerin im Zuge der aufprallbedingten Fahrzeugbeschleunigung ihres Peugot ausgesetzt war.

All diese Faktoren sind indes - wie die Klägerin in der Berufungsinstanz zutreffend vertieft hat - deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die biomechanischen Kräfte und daraus resultierenden unphysiologischen Auswirkungen des Unfallvorgangs die Plausibilität des Schadensereignisses vom 22.10.1986 als Ursache der behaupteten gravierenderen Schädigungen im HWS-Bereich betreffen. Nach Darstellung der Klägerin sollen zudem gerade die ihrerseits eingenommene Körperhaltung und die Heftigkeit eines "Schrägaufpralls" von hinten maßgeblich die gravierenden dauerhaften Gesundheitsschäden infolge struktureller (Weichteil-)Verletzungen der HWS (einschließlich der Kopfgelenke) bewirkt haben.

Der Senat hat im Zuge der erweiterten Sachverhaltsaufklärung ganz wesentliche Faktoren des Unfallgeschehens vom 22.10.1986 nicht klären können, obschon die Klägerin mehrfach intensiv persönlich angehört worden ist (§ 141 ZPO), der Zeuge C (Fahrer des auffahrenden PKW) vernommen und ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten des Prof. T eingeholt wurde.

(1) Der Zeuge C hat - im Haftungsprozess erstmals 27 Jahre nach dem Unfallereignis vernommen - lediglich bekundet, er sei "leicht schräg" mit der linken vorderen Ecke seines Fahrzeugs mittig auf das Heck des Klägerfahrzeugs aufgefahren; der Peugot der Klägerin sei relativ mittig getroffen und im Bereich der Heckklappe leicht verformt gewesen. Insoweit habe er die an den beiden unfallbeteiligten Fahrzeugen entstandenen Schäden in einem geringeren Ausmaß in Erinnerung, als sie bei den vom Sachverständigen Prof. T präsentierten Fotos der typgleichen PKW aus den Crashtest-Versuchen zur Unfallrekonstruktion (im "Anlagenband Gutachten") ersichtlich seien. Auf die Position der Klägerin am Steuer ihres Fahrzeugs und ihre Kopfhaltung beim Aufprall habe er nicht geachtet; ob die - das Abbremsen der der Klägerin veranlassende - Fußgängerin von rechts oder links gekommen sei (was ggfls. Rückschlüsse auf die Kopfausrichtung der Klägerin ermöglicht hätte), habe er als Abbieger wegen der Fokussierung auf möglichen Gegenverkehr nicht gesehen. Er sei "bremsbereit" mit einer Geschwindigkeit unterhalb 20 km/h auf das Klägerfahrzeug aufgefahren; bei seinem PKW sei das Kotflügelblech leicht eingedrückt und der Scheinwerfer beschädigt gewesen; das sei für ca. 1.500 DM repariert worden. Unterlagen oder Fotos zum Schadensbild gebe es nicht.

Damit sind die Bekundungen des Zeugen C zur Klärung der bestrittenen Kopf- und Körperhaltung der Klägerin sowie der ebenfalls bestrittenen Heftigkeit des Anstoßes mit seitlich versetzenden Krafteinwirkungen unergiebig geblieben. Sie deuten - vorbehaltlich der nach so langer Zeit ohnehin gebotenen Zurückhaltung bzgl. des Beweiswertes - eher auf ein weniger gravierendes Unfallgeschehen hin.

(2) Der Sachverständige Prof. T hat zur Erstellung eines unfallanalytischen Gutachtens im November 2013 weder Bildmaterial von den seinerzeitigen Unfallspuren im Kreuzungsbereich, noch von den beteiligten Fahrzeugen zur Verfügung gehabt und lediglich anhand der Reparaturkalkulation des Kfz-Sachverständigen I2 vom 24.10.1986 für das von der Klägerin gefahrene Fahrzeug vom Typ Peugot sowie aus deren Schilderungen in der Prozessakte unter Verwendung baugleicher PKW mit Dummy-Einsatz eine Unfallrekonstruktion versucht. Diese Versuche mit (zur Verursachung annähernd kompatibler Fahrzeugschäden) unterstellten Auffahrgeschwindigkeiten von 18,2 km/h und 12,3 km/h haben kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderungen auf den platzierten Dummy mit Werten Delta-V² = 9,4 km/ bzw. 6,7 km/h ergeben; eher sei - so Prof. T - der geringere dieser beiden Werte zutreffend. Eine nennenswerte Veränderung der Kopfposition im Sinne einer Rotation - wie von der Klägerin behauptet - habe trotz vorgegebener Kopfdrehung des Dummy in der lichtbildtechnischen Darstellung des Versuchsablaufes nicht beobachtet werden können.

Den vorgenannten Ergebnissen des eingeholten unfallanalytischen Gutachtens ist die Klägerin - u.a. mit Hinweisen auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten des Dipl.-Ing. T1 vom 09.01.2014 (GA 1339 ff.) - entgegen getreten. Danach sei die tatsächliche Kollisionsgeschwindigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit im mittleren Bereich der beiden von Prof. T durchgeführten Versuche gelegen, habe bereits der Dummy eine deutlich sichtbare Kopfrotation aufgewiesen und falle eine solche beim Menschen wesentlich stärker aus.

Die Klägerin hat insoweit aus Sicht des Senates zu Recht kritisiert, dass die zur Klärung des Unfallgeschehens veranlasste "verkehrstechnische Begutachtung auf Vermutungen, Annahmen und Spekulationen basierte, da wesentliche gesicherte Anknüpfungspunkte fehlen" (GA 1469). Die geäußerte Kritik der Klägerin beanstandet zutreffend, dass weder Fotos der bei dem Unfall verursachten Fahrzeugschäden, noch genaue Schadensbeschreibungen des beteiligten Audi existieren, auch keine genaueren Erkenntnisse zum Anstoßwinkel, keine Aufzeichnungen zur Fahrzeugposition nach der Kollision oder weitere Erkenntnisse zur Auffahrgeschwindigkeit vorhanden sind. Der - entsprechend dem ausdrücklichen Berufungsverlangen (GA 968) - veranlasste Versuch einer unfallanalytischen Bewertung als Grundlage und Anknüpfung für medizinische Kausalitätsbewertungen ist damit gescheitert: Erkenntnisse, die es rechtfertigen könnten, den Unfall vom 22.10.1986 wegen damit einhergehender unphysiologischer Belastungen der Klägerin als (überwiegend) wahrscheinliche Ursache der behaupteten Verletzungsfolgen erscheinen lassen, hat der Senat nach alledem nicht gewinnen können.

Der aus der vorgelegten Reparaturkalkulation des unfallbeschädigten Klägerfahrzeugs ersichtliche Austausch von Fahrzeugteilen (Stoßstange, Heckklappe, Abschlussblech) lässt schließlich für sich genommen keinen Rückschluss auf eine bestimmte Aufprallgeschwindigkeit und Stoßrichtung und damit auf die Krafteinwirkungen zu, der die Klägerin am 22.10.1986 kollisionsbedingt ausgesetzt war.

(3) Soweit im Rahmen des Beurteilungsmaßstabs aus § 287 ZPO die forensische Überzeugung von einer zu beweisenden Tatsache im Grundsatz auch auf glaubhafte und plausible Parteiangaben nach § 141 ZPO gestützt werden kann (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2013,1112 f. - Juris-Rz. 67 m.w.N.), sieht sich der Senat ebenfalls mit massiv eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten konfrontiert, die im Ergebnis zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin gehen:

Es ist zunächst festzuhalten, dass die Angaben der Klägerin - auch bei Anlegung des Beweismaßstabs aus § 287 ZPO - unter Berücksichtigung ihres gesamten Prozessvortrages in dem seit 2004 laufenden Haftungsverfahren auf ihre Glaubwürdigkeit und Plausibilität hin zu prüfen sind; zudem können ihre Darstellungen in der vor- und außergerichtlichen Korrespondenz sowie in den beigezogenen Prozessakten (soweit sie das hier gegenständliche Unfallgeschehen tangieren) nicht unberücksichtigt bleiben.

Im Rahmen dieser Gesamtprüfung fällt ins Auge, dass die Darstellung der Klägerin zu ihrer Körperposition und den erlebten Unfallabläufen im Laufe der Jahre variiert und in Detailfragen an Präzision zugenommen hat; dies betrifft vor allem die "verdrehte Körperhaltung" / outofposition-Haltung mit einem ca. 45 ° nach links geneigten Kopf, einem nach links gedrehten Oberkörper und einem zum (freundlichen) Zunicken geneigten Kopf. Beispielsweise war noch in erster Instanz bei der schon äußerst detaillierten Schilderung im Schriftsatz vom 26.02.2009 (GA 556) nur von einem "Fuß auf dem Bremspedal" - nicht aber von dem später referierten "durchgedrückten rechten Bein", erst recht nicht von einem "abspringenden Fuß" - die Rede.

Ohne jede Nachvollziehbarkeit hat die Klägerin sodann über 30 Jahre nach dem Unfall und annähernd 13 Jahre nach Prozessbeginn im Januar 2017 erstmals anwaltlich vortragen lassen und bei ihrer persönlichen Anhörung bekräftigt, sie habe am 22.10.1986 infolge des Anstoßes einen Kopfkontakt mit dem Seitenholm bzw. linken Fenster erfahren, welcher eine - noch heute vorhandene - Beule hinterlassen habe, und der Fuß sei ihr nach links vom Pedal abgesprungen.

Bereits diese "Entwicklungen" der Klägerangaben veranlassen aus Sicht des Senates - gepaart mit Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des menschlichen Erinnerungsvermögens nach so langer Zeit angesichts von insgesamt 5 Verkehrsunfällen unter HWS-Beteiligung - zur Zurückhaltung. Nimmt man den jahrzehntelangen Kampf der Klägerin um die Anerkennung der vermeintlichen Folgen des (Dienst-)Unfalls vom 22.10.1986, ihre vertieften medizinischen Studien von Fachveröffentlichungen und ausgedehnten ärztlichen Konsultationen in den Blick, liegt aus Sicht des Senates nahe, dass sie sukzessive Erkenntnisse über mögliche Schädigungsmechanismen gewonnen hat, die sie in ihrem Falle (subjektiv überzeugt) für gegeben erachtet; hierbei mögen angesichts der Intensität der Auseinandersetzung mit möglichen Schädigungsursachen auf Seiten der Klägerin retrospektive Deutungen des Geschehens ihre tatsächlichen Erinnerungen überlagert haben - ohne dass der Klägerin bewusst unwahrer Vortrag unterstellt werden soll. Jedenfalls ist vor dem aufgezeigten Hintergrund äußerste Zurückhaltung veranlasst, was die Zugrundelegung von Unfallschilderungen seitens der Klägerin betrifft.

Hinzu kommt noch ein gravierender Gesichtspunkt, der es im vorliegenden Fall nicht gestattet, den Angaben der Klägerin zum Unfallgeschehen unbedenklich zu folgen:

Die Klägerin selbst behauptet seit mittlerweile über 30 Jahren durchgängig, sie leide an multiplen Beeinträchtigungen ihrer Kopfsinne, was ihre Wahrnehmungen, deren Verständnis und eine korrekte Wiedergabe beeinträchtige. So hatte sie bereits mit der Klageschrift vorgetragen, ihr seien ganze Wissensgebiete abhanden gekommen; im November 2006 (GA 372) ließ sie vortragen, es komme immer noch vor, dass sie ohne Absicht und Willen "ja" und "nein" verwechsele und Worte bzw. Sätze ausspreche, die sie nicht meine; dieses Versagen sei ihr nicht immer bewusst. Im September 2013 (GA 1193 ff.) ließ sie vortragen, es habe sich ca. 2 Wochen nach dem Unfall ein Hirnleistungsabbau bemerkbar gemacht (u.a. sprachliche Fehlleistungen, Gedächtnisschwäche), wobei die Gedächtnisdefizite schon bei ganz alltäglichen Geschäften eine erhebliche Beeinträchtigung bedeuteten. Es komme vor, dass sie - die Klägerin - Worte sage, die sie kognitiv gar nicht gedacht habe bzw. die überhaupt nicht in den Zusammenhang passen. Zwar hätten sich die kognitiven Leistungen im Laufe der Jahre relativ verbessert, indes sei das nach wie vor vorhandene Defizit im Alltag erschwerend. Auch im Senatstermin am 11.11.2013 (GA 1283 ff.) hatte die Klägerin mitgeteilt, sie verstehe krankheitsbedingt die Fragen nicht mehr richtig und habe Probleme mit der Gedächtnisleistung. Ihr virtuelles Gedächtnis spiele zum Teil nicht mehr mit, Erinnerungen vermischten sich. Zu den vom Sachverständigen Prof. T vorgelegten Schadensbildern hatte die Klägerin sodann exemplarisch mit Schreiben vom 27.11.2014 an den Senat (GA1467) erklärt, sie habe sich "nicht mit einer Gewissheit geäußert, sondern aus der Erinnerung nach 27 Jahren mit dem Aussagewert einer Annahme".

Derart gravierende Einschränkungen im Verständnis und in der Wiedergabe von Sachverhalten schilderte die Klägerin auch schon dem Neuropsychologen Dr. X, der sie in seinem für das OVG Münster erstatteten Gutachten vom 20.10.1996 (Beiakte 1 K 3997/90 VG Gelsenkirchen = 6 A 4069/92 OVG Münster Bl. 292) referierte, wenngleich er die Beeinträchtigungen der Gedächtnisfunktionen und Störungen der Aufmerksamkeitsfunktionen mit den eingesetzten psychometrischen Verfahren nicht hat objektivieren können.

Angesichts der mit dem gehaltenen Prozessvortrag eingeführten gesundheitlichen Sinneseinschränkungen der Klägerin sieht sich der Senat außerstande, seine Überzeugungsbildung zu den für die Kausalitätsbewertung maßgeblichen Umständen des Unfalls auf ihre Angaben zu stützen - sei es auch nur mit dem Maßstab des § 287 ZPO .

bb) Auch die weiteren von der Berufungsführerin geltend gemachten Indizien für die strittige Schädigungsfolge einer nichtknöchernen Weichteilverletzung der HWS (vor allem im Kopfgelenksbereich) bzw. - hilfsweise - einer auf der HWS-Distorsion 1. Grades beruhenden Symptomatik nach Maßgabe der Klarstellungen des Schriftsatzes vom 06.09.2013 zu III. vermag der Senat nicht festzustellen.

(1) Entgegen dem Argumentationsansatz der Berufung ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin bzgl. der mit Schriftsatz vom 06.09.2013 unter Zif. III. 2. präzisierten Symptomatik (GA 1186 ff.) bis zum Unfall vom 22.10.1986 völlig beschwerdefrei war

Die "völlige Beschwerdefreiheit" hinsichtlich der HWS und der nach Darstellung der Klägerin massiv beeinträchtigten Kopfsinne war und ist zunächst im vorliegenden Prozess keineswegs unstreitig. Der beklagte Haftpflichtversicherer hat vielmehr vor dem Hintergrund der bereits in den Jahren 1979 und 1984 erlittenen "einschlägigen" Verkehrsunfälle der Klägerin und angesichts der nach Medizinstudien in der Bevölkerung verbreitet vorhandenen degenerativ bedingten HWS-Schäden eben diese vorherige Beschwerdefreiheit - prozessual zulässig - bestritten. Der Senat ist - unter Berücksichtigung aller nach Aktenlage verfügbaren Erkenntnisse - auch nicht von ihr überzeugt.

Der beigezogenen Akte des OVG Münster - 6 A 4069/92 (Bl. 275) ist zu entnehmen, dass die Klägerin am 14.03.1979 am Steuer ihres Fahrzeugs von einem Auffahrunfall betroffen war, wobei dieser Unfall nach längerem Schriftwechsel 1980 als Dienstunfall u.a. mit der Unfallfolge "cervikale Neuralgie infolge Schleudertrauma der HWS" anerkannt wurde, wobei - nach dem Ergebnis einer amtsärztlichen Untersuchung - erwerbsmindernde Folge nicht zurückgeblieben seien. Der genannten Beiakte ist ferner zu entnehmen, dass die Klägerin wiederum am 22.06.1984 am Steuer ihres Fahrzeugs ein Heckanprall-Trauma erlitt; insofern wurde "ärztlicherseits ein Druckschmerz im oberen Anteil der HWS mit enggradiger Bewegungseinschränkung des Kopfes" festgehalten; der Dienstunfall wurde mit der Folge "HWS-Schleudertrauma" anerkannt und im März 1985 sodann das Fehlen erwerbsmindernder Folgen konstatiert.

Angesichts dieser deutlichen Hinweise auf konkrete frühere Schadenseinwirkungen im HWS-Bereich der Klägerin infolge zweier (als solcher nicht strittiger) Unfallereignisse überzeugen die von der Klägerin präsentierten Belege für ihre Beschwerdefreiheit vor dem 22.10.1986 nicht. Die Bescheinigung der (privaten) W Krankenversicherung vom 23.03.1994 (AK IX 1), es hätten nach den dortigen Unterlagen "während der Zeit von 1984 bis 22.10.1986 keine Krankheiten in Bezug auf HWS-Schleudertrauma bzw. auf ein Schädel-Hirn-Trauma bestanden" mag die Aktenlage der Krankenkasse zutreffend referieren; sie belegt indes angesichts der vorstehenden Vorschädigungen der HWS nur, dass die Krankenkasse ersichtlich über Unfallschäden der Klägerin unvollständig informiert war. Entsprechendes gilt für die hausärztliche Bescheinigung des Dr. E ohne Datum (AK IX 2), wonach die Klägerin vor dem 22.10.1986 "vonseiten der gesamten WS absolut beschwerdefrei" war. Überdies hat der Hausarzt ausweislich des weiteren Inhaltes dieser Bescheinigung keinerlei Diagnostik der Wirbelsäule durchgeführt, sodass auch deshalb verlässliche hausärztliche Aussagen zum Zustand der HWS ausscheiden.

Die weitergehend vorgelegte Bescheinigung des Schulamtes des Kreises S vom 13.05.2008 (AK XI 1), wonach es bei den Dienstunfällen 1979 und 1984 "zu keinen dienstunfähigen Erkrankungen" der Klägerin gekommen sei, besagt - abgesehen von der sprachlich missglückten und die Aussagekraft beeinträchtigenden Formulierung - nichts dazu, ob bei der Klägerin gesundheitliche Beeinträchtigungen aus den einschlägigen Verkehrsunfällen der Jahre 1979 und 1984 verblieben waren; insoweit kann eine Dienstfähigkeit als Lehrerin keinesfalls mit dem Fehlen von Wirbelsäulen- und/oder Kopfgelenksschäden gleichsetzt werden. Immerhin hatten die Vorunfälle zu ärztlichen Diagnosen, amtsärztlichen Nachuntersuchungen und - jedenfalls in 1979 - auch zu chiropraktischen Behandlungen der Klägerin geführt.

Soweit der Ehemann der Klägerin im Januar 2014 als Zeuge für ihren (unbeeinträchtigten) gesundheitlichen Zustand vor dem 22.10.1986 vernommen worden ist, hat dieser im Wesentlichen bekundet, seine Frau habe vor dem Unfall im Jahr 1986 "quasi im Haus alles gemacht", nach dem Unfall sei alles anders gewesen. Sodann hat er diverse nach dem Unfall vorhandene Beschwerden seiner Ehefrau geschildert.

Auf den angesichts von 5 erlittenen Verkehrsunfällen gehaltenen Vorhalt, ob seine Frau sich (auch) nach den anderen Unfällen verändert habe, bestätigte der Zeuge dies mit den Worten "ja sicher", konnte sodann aber "nicht sagen, worauf das beruht", es "könne mit dem Zeitablauf zusammenhängen".

Zu möglichen Entwicklungen der Beschwerdesymptomatik befragt erklärte der Zeuge einerseits, die Beschwerden seiner Frau seien "insgesamt seit 1986 nahezu gleich geblieben" ("ohne nennenswertes Auf und Ab"), "nur das Gehen sei schlechter geworden"; andererseits hatte er - nach einem Blick in den mitgeführten Notizzettel - zuvor geäußert, die Kopfhalteschwäche seiner Frau sowie Schwierigkeiten beim Knien und Stehen hätten (erst) "nach dem Aufenthalt in C" angefangen; dort hatte sich die Klägerin vom 30.12.1986 - 04.02.1987 zu einer stationären orthopädischen Behandlung bei Dr. Q aufgehalten.

Der Senat vermag den Bekundungen des Zeugen G1 angesichts dieser medizinisch unspezifischen und zum Teil widersprüchlichen Äußerungen keinen verlässlichen Aussagegehalt zuzumessen.

Ob wirklich das Verkehrsunfallgeschehen vom 22.10.1986 oder ein mögliches anderes zeitnahes Ereignis die Zäsur für den Beginn einer massiv verschlechterten Befindlichkeit der Klägerin setzte, lässt sich daher anhand der im Berufungsrechtszug angebotenen und vom Senat erhobenen Beweise letztlich nicht hinreichend zuverlässig beurteilen.

Die sehr ausgiebigen eigenen Angaben der Klägerin im Laufe ihrer mehrfachen persönlichen Anhörungen bzgl. der "völligen Beschwerdefreiheit" vor dem Schadensereignis bieten aus den vorstehend unter 3) d) aa) (3) und den nachfolgend unter 4 b) dargestellten Gründen für den Senat keinen verlässlichen Anhalt für Feststellungen. Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung der Klägerin nach §§ 447, 448 ZPO liegen auch insoweit nicht vor.

Im Übrigen hat der Sachverständige Prof. Dr. I erstinstanzlich auf Befragen mitgeteilt, dass der den Zustand der Klägerin vor dem Schadensereignis vom Oktober 1986 betreffende medizinische Befund nicht in medizinischseriöser Weise rekonstruierbar sei (GA 870). Vor diesem Hintergrund wäre es nicht erfolgversprechend, der Klägerin dazu ein weiteres Beweisanerbieten aufzugeben.

(2) Der Senat kann sodann - unter Zugrundelegung der hinzugezogenen Sachverständigenbewertungen - auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin beginnend mit dem Unfall vom 22.10.1986 (fortlaufend) Befunde einer strukturellen HWS-Weichteilverletzung (insb. des Kopfgelenks) aufwies oder Beschwerden im Sinne der mit Schriftsatz vom 06.09.2013 unter III. aufgelisteten Beschwerdesymptomatik zu verzeichnen hatte.

(a) Die von der Klägerin zum Beweis ihrer nach dem Unfall vom 22.10.1986 vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen benannten Zeugen des nichtmedizinischen persönlichen Umfelds - deren antragsgemäße Vernehmung durch den Senat erfolgt ist - haben im Ergebnis keine wesentlichen Feststellungen zu einer mit dem Kollisionsgeschehen beginnenden Symptomatik ermöglicht.

Der am Unfallort anwesende Zeuge C hat nach der Kollision mit der Klägerin gesprochen und keine Auffälligkeiten an ihr oder ihrem Verhalten festgestellt. Es ist überdies unstreitig, dass die Klägerin in der Lage war, ihr Fahrzeug zum Krankenhaus und dann nach Hause zu fahren. Der von der Klägerin eingereichte Zeitungsbericht (AK VIII 3) spricht lediglich (unspezifisch) davon, dass "die Fahrerin leicht verletzt" wurde, was nicht annähernd der beklagten schweren Symptomatik entspricht.

Die weiter vernommenen Mitpatienten Q und C1 hatten die Klägerin erstmals mehr als 2 Monate nach dem Unfall während des Reha-Aufenthaltes in der Klinik I kennengelernt und konnten somit erst für diesen späteren Zeitraum gesundheitliche Einschränkungen bestätigen. Ihre Angaben zu einer konkret vorhandenen Symptomatik in der ersten Zeit nach dem Unfall blieben - ebenso wie diejenigen des Ehemannes und Zeugen G1 - eher vage und medizinisch laienhaft. Sie sind dem Senat zudem angesichts der bis zur gerichtlichen Zeugenvernehmung verstrichenen Zeit von 3 Jahrzehnten zu wenig verlässlich, um daran medizinische Feststellungen zum Auftreten typischer traumabedingter Symptome ab dem 22.10.1986 anzuknüpfen.

Auch die nach § 141 ZPO erlangten Angaben der Klägerin zu der nach dem Unfall vom 22.10.1986 aufgetretenen Symptomatik und ihrer Fortentwicklung selbst bieten - soweit sie sich nicht mit den ärztlich dokumentierten Befunden der ersten Wochen decken - keine hinreichende Grundlage, da die Klägerin - wie dargestellt - geltend macht, seit 30 Jahren unter massiven (Sinnes-)Beeinträchtigungen zu leiden, die ihr die zuverlässige Wahrnehmung und korrekte Wiedergabe von Geschehnissen und Erlebtem erschweren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch auf die nachfolgenden Darstellungen unter 4 b) Bezug genommen.

(b) Grundlegend hat zudem der Sachverständige Prof. Dr. I im Zuge der erstinstanzlichen Gutachtensergänzung und -erläuterung (GA 462 und 871) darauf hingewiesen, dass für die Frage von etwaigen über eine rein funktionelle Störung der HWS hinausgehenden unfallbedingten (strukturellen) HWS- Schädigungen die Ergebnisse der ersten fachärztlichen Untersuchungen entscheidend seien.

Zutreffend verweist die Berufungsbegründung der Klägerin deshalb darauf, dass maßgebliche Anknüpfungspunkte dem Inhalt der ärztlichen Befundberichte und Atteste des Chirurgen Dr. A / St. T Hospital (GA 68 ff.), des Prof. Dr. X / Neurochirurgie D N (GA 71 f. sowie GA 1652/1653), des Radiologen Dr. N / D N (AK III 8) und des Dr. Q / Kurklinik I (GA 45 - 48) zu entnehmen seien; dies sind die Mediziner, bei denen sich die Klägerin in den ersten Wochen und Monaten nach dem Unfall vom 22.10.1986 zur Diagnostik vorstellte und behandeln ließ.

Keiner dieser konsultierten Ärzte hat indes - das ist unstreitig - bei der Klägerin die von ihr als weitere Unfallfolge postulierten strukturellen Verletzungen der Kopfgelenken einschließlich Wirbelsäule in den Weichteilen festgestellt und festgehalten. Auch Prof. Dr. I hat nach Sichtung der von der Klägerin bereits erstinstanzlich vorgelegten ärztlichen Unterlagen konstatiert, dass bzgl. der HWS nach dem Unfall vom 22.10.1986 keine strukturelle Schädigung dokumentiert wurde. Er hatte bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom April 2007 (S. 15) darauf verwiesen, dass die Klägerin in den ersten Monaten nach dem Unfall sowohl unfallchirurgisch, als auch neurologisch als auch orthopädisch befundet wurde und trotz intensiver Untersuchungen eine gravierende Strukturschädigung mit Beteiligung knöcherner HWS-Elemente oder discoligamentären HWS-Elemente nicht nachgewiesen werden konnte. Nach der Schulmedizin sei aber - so Prof. Dr. I im Zuge der mündlichen Gutachtenserläuterung - lediglich anerkannt, solche Traumafolgen einem Unfallgeschehen zuzuschreiben, die bis zu 1 - 2 Tage nach dem Vorfall einträten (GA 871).

Entsprechende Dokumentationen zu strukturellen HWS-Weichteilverletzungen aus den ersten Wochen und Monaten nach dem Unfall vom 22.10.1986 hat auch die Berufung nicht angeben können; sie finden in dem mit Schriftsatz vom 02.01.2017 als Anlage A 4 (GA 1652 f.) nachgereichten Bericht des Prof. Dr. X an den Hausarzt Dr. E vom 11.12.1986 ebenfalls keine Erwähnung .

Dass für die unmittelbare Zeit nach dem Unfallgeschehen vom Herbst 1986 mit Blick auf Kopfgelenksverletzungen / strukturelle Weichteilverletzungen der HWS in ihrem Fall diagnostische Lücken bestehen, hat die Klägerin im Prozessverlauf mehrfach selbst beanstandet und beklagt:

So hat sie geltend gemacht, ihre vermeintliche Kopfgelenksverletzung habe erstmals aufgrund verbesserter radiologischer Diagnosetechniken in den 1990-er Jahren (insb. durch Dr. W) nachgewiesen werden können. Hervorgehoben hat die Klägerin unter Einreichung entsprechender Fachveröffentlichungen (W, I, X u.a.) ferner, dass sie nach dem Unfallgeschehen vom 22.10.1986 von den erstbehandelnden Ärzten unzureichend auf Hinweise zu vorhandenen strukturellen Weichteilschäden der HWS untersucht worden sei. So habe Dr. A zwar vom 22.10. - 02.12.1986 chirurgisch untersucht, jedoch in dieser Zeit weder die von Fachleuten der Neurootologie für erforderlich erachteten MRT-Untersuchungen veranlasst noch eine gezielte neurootologische und korrekte manualmedizinische Untersuchung vorgenommen; auch Prof. Dr. X und Dr. Q hätten die von Fachleuten geforderten zielführenden Untersuchungen der genannten Art nicht durchgeführt bzw. sogar verweigert (GA 412 ff.).

Im Ergebnis geht das von der Klägerin so angesprochene Fehlen von Nachweisdiagnostik struktureller Weichteilverletzungen der HWS (einschl. Kopfgelenken) prozessual zu ihren Lasten.

Sie selbst machte diesbezüglich schon vor dem Landgericht unter Hinweis auf Lehrbuchveröffentlichungen Dr. W (GA 288) geltend, dass bei traumatischen Strukturverletzungen des craniozervikalen Übergangs die exakte Befunderhebung und - dokumentation von Beschwerden und Ausfällen (verschiedener Fachgebiete) "unabdingbar" sei - und zwar vom Tage des Unfalls an bis zum Stillstand der klinischen Symptome. Eben diese Dokumentation steht hier nicht zur Verfügung und kann im Zuge der Indizienbeweisführung nach § 287 ZPO deshalb nicht zugunsten der Klägerin herangezogen werden.

(c) Auch die von der Klägerin aus späteren Zeitabschnitten eingereichten Atteste oder Befundbeurteilungen machen die behaupteten Weichteilschädigungen der HWS (einschließlich Kopfgelenken) als (weitere) Unfallfolge nicht überwiegend wahrscheinlich.

Ihnen kommt zunächst ein tendenziell eher eingeschränkter Beweiswert zur Ursachenklärung zu; denn der ärztliche Auftrag besteht - wie in der Rechtsprechung anerkannt und von dem Sachverständigen Prof. Dr. I vorliegend explizit erläutert (GA 871) - primär in der Diagnosestellung und Anordnung therapeutischer Maßnahmen; die Ursachenklärung obliegt dem behandelnden Arzt indes regelmäßig nicht; ärztlichen Kausalitätsaussagen in Kontext einer Diagnostik oder Behandlungssituation ist deshalb mit der gebotenen Zurückhaltung zu begegnen (vgl. dazu auch: KG Berlin, NZV 2010, 624 - Juris-Rz. 16 m.w.N.).

In tatsächlicher Hinsicht vermögen die von der Klägerin vorgelegten diversen Atteste und Stellungnahmen konsultierten Ärzte mit Aussagen zur angeblichen Verursachung von strukturellen Weichteilschäden im cervikalen / craniocervikalen Bereich durch den Verkehrsunfall vom 22.10.1986 nicht zu überzeugen.

Die von der Klägerin zum Beleg der vermeintlichen Unfallfolgen des 22.10.1986 vorgelegten Arztbescheinigungen und Privatgutachten kranken ohne Ausnahme daran, dass sie bereits in der ärztlicherseits zum Ausgangspunkt genommenen Anamnese von unzutreffenden - weil eben keineswegs feststehenden oder sogar falschen - Anknüpfungspunkten ausgehen: So finden sich dort ungesicherte bis inhaltlich falsche "Vorgaben" etwa in der Weise, dass - angeblich - die Klägerin bis zum 22.10.1986 beschwerdefrei gewesen sei, dass sie an diesem Tag einen "Erstunfall mit HWS-Distorsion" erlitten habe, dass sie zusätzlich eine commotio cerebri bzw. eine Peitschenhiebverletzung bzw. Rotationsverletzung erlitt; z.T. wurde falsch unterstellt, dass Klägerfahrzeug sei hinten links angestoßen worden und / oder die Klägerin habe sofort nach dem Unfall bestimmte subjektive Beschwerden beklagt (die aber in den Befunden der Erstbehandler gerade nicht verzeichnet sind). In Einklang damit hatte schon Prof. Dr. M bei seiner Vernehmung durch das OVG Münster im Juli 2002 herausgestellt, dass die späteren von der Klägerin beigebrachten Stellungsnahmen und (Privat-)Gutachten die Ausgangssituation nicht hinreichend berücksichtigt hätten (Bl. 991 der Beiakte OVG Münster - 6 A 4069/92), was insbesondere für die Ausführungen Prof. X und der Frau Dr. D gelte.

Der (nach Angaben der Klägerin mittlerweile verstorbene) Lehrbeauftragte für manuelle Medizin Dr. H.-D. X hat in seinem von ihr zitierten "wissenschaftlich begründeten Gutachten" vom 15.03.1993 (AK I 33 ff.) als Anknüpfungstatsachen seiner Ausführungen festgehalten, die Klägerin habe vor dem Unfall vom 22.10.1986 keinerlei Beschwerden gekannt, die der seither bestehenden Symptomatik entsprechen, zwei vorherige Kfz-Aufprallunfälle hätten keine maßgeblichen Beeinträchtigungen hinterlassen, bei diesem Unfall habe der Insult ihren Wagen links hinten getroffen, wobei ihr Kopf im Aufprallaugenblick nach links gedreht und nach vorne geneigt gewesen sei. Bereits diese Ausführungen enthalten - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - in vier Punkten ungesicherte oder sogar falsche Anknüpfungen.

Weiter legt Dr. X dem genannten Privatgutachten zugrunde, dass sich "im unmittelbaren und mittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall" eine aus 13 Punkten bestehende Schmerz- und Beeinträchtigungssymptomatik eingestellt habe. Diese hat der Privatgutachter - der die Klägerin ab August 1992 wiederkehrend behandelte - ersichtlich den Angaben der Patientin selbst entnommen und seinen Schlussfolgerungen zugrunde gelegt, ohne den aufgezeigten Bedenken gegen die Zuverlässigkeit dieser Angaben und dem Fehlen diagnostischer Hinweise aus der ersten Zeit hinreichend Rechnung zu tragen.

Selbst Dr. X verzeichnet indes seitens der Patientin "akzentuiert dargestellte Beschwerden"; auch wenn der Privatgutachter diese als behandelnder Mediziner angesichts der Leidensgeschichte bei "situationsadäquatem Gesamtverhalten" für "verständlich" hielt (AK I 141), kann ein solcher Hinweis für die prozessuale Beweiswürdigung nicht ohne Beachtung bleiben. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass der Senat eine deutliche Diskrepanz zwischen den Angaben der Klägerin zu ihren (vermeintlich traumabedingten) Wortfindungs- und Formulierungsschwierigkeiten (vgl. etwa GA 1194) und den Angaben des Dr. X in dessen weiterer gutachterlicher Stellungnahme vom 05.07.2002 (AK I 64 ff.) sieht: Danach beherrsche sie als Patientin "von Beruf her einen großen Wortschatz und Formulierungskunst", mithilfe dessen sie "mehrfach alle Varianten des zervikoenzephalen Syndroms bis ins Detail geschildert habe".

Soweit die Berufung sich sodann für das Vorhandensein traumatisch bedingter Weichteilschäden des craniocervikalen Übergangs ganz wesentlich auf diverse neurootologische Stellungnahmen der Frau Dr. D aus den Jahren 1992 - 2001 stützt (vgl. u.a. AK I 6 ff.), überzeugen diese den Senat sämtlich nicht.

Zwar will diese Gutachterin bei der Klägerin multisensorische, neurootologische Funktionsstörungen i.S.v. kombinierten peripheren und zentralen Gleichgewichtsstörungen sowie eine Hochtonschwerhörigkeit mit Hörbahnverlangsamung diagnostiziert haben, die "mit sehr hohen Graden der Wahrscheinlichkeit als durch das Unfallereignis vom 22.10.1986 hervorgerufen und verursacht" seien. Dieser medizinische Bewertung fehlt schon deshalb die Überzeugungskraft, weil Frau Dr. D in ihren Begutachtungen stets an ein von der Patientin als "Vorgeschichte" mitgeteiltes Unfallgeschehen vom Oktober1986 anknüpft, bei dem diese eine "Peitschenhiebverletzung und commotio cerebri" erlitten habe: Insofern hat die Privatgutachterin Dr. D einen in keinster Weise feststehenden Pathomechanismus zum Ausgangspunkt ihrer medizinischen Wahrscheinlichkeitsbewertungen genommen.

Darauf hatte schon der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugezogene neurologische Sachverständige Prof. Dr. L1 bei der mündlichen Gutachtenerläuterung vom 11.07.2002 (Bl. 994 der Beiakte 1 K 3997/90) hingewiesen. Danach habe die Klägerin bei dem Unfall vom 22.10.1986 eine sog. noncontact-Schleuderverletzung erlitten, eine Gehirnerschütterung sei definitiv auszuschließen, wie sich schon aus den anamnestischen Erhebungen der Erstbehandler ergebe. Auch der erstinstanzlich befasste Sachverständige Prof. Dr. I hatte betont, dass aus den niedergelegten umfangreichen Befunden der Erstbehandler nach dem Unfall vom 22.10.1986 kein Kontakttrauma ersichtlich sei, eine commotio cerebri sei nicht beschrieben oder angenommen worden, auch keine direkte Prellmarken im Bereich des Schädels (Seite 14 und 33 des Gutachtens vom 05.04.2007).

Soweit die Klägerin bei ihrer letzten Anhörung durch den Senat im Januar 2017 erstmals für das Unfallereignis von 1986 ein Anpralltrauma mit Gehirnerschütterung geschildert hat, kann dies aus den bereits dargelegten Gründen nicht überzeugen. Den neurootologischen Anknüpfungen der Frau Dr. D fehlt vielmehr - wie auch den übrigen privatgutachterlichen Kausalitätsbewertungen - die notwendige Tatsachengrundlage.

Nach alledem sieht sich der Senat außerstande, aus den mit der Rechtsmittelbegründung angeführten privatgutachterlichen Stellungnahmen Schlussfolgerungen darauf zu ziehen, dass nach dem Auffahrunfall vom 22.10.1986 bei der Klägerin die (primär) behauptete Unfallfolge einer strukturellen Weichteilverletzung der HWS (insb. der Kopfgelenke) zutage getreten sei.

(d) Entgegen der Berufungsargumentation zu einer gelungenen Indizienbeweisführung der Klägerin kann der Senat auch nicht davon ausgehen, dass die hilfsweise als Folge der erlittenen HWS-Distorsion geltend gemachte Symptomatik entsprechend den Darstellungen des Schriftsatzes vom 06.09.2013 unter III. 2. unmittelbar nach dem Unfall vorhanden war oder sich lückenlos zeitnah entfaltete.

Den vorgelegten ärztlichen Befunderhebungen und -berichten aus den Wochen nach dem 22.10.1986 sind die aufgelisteten körperlichen und geistigen Einschränkungen (Bewegungsschmerz mit Schwindel / Erbrechen, rezidivierende Bewusstlosigkeiten und Bewusstseinsstörungen, Konzentrationsstörungen, Abbau der Hirnleistungsfähigkeit, Kopfhalteschwäche, körperliche Schwäche - bes. in den Armen, Gleichgewichtsstörungen mit Gangunsicherheit, Nystagmus / Augapfelzittern, Tinnitus, Schluck- und Atembeschwerden, Lumbalbeschwerden, Kiefergelenkblockade, Schlafstörungen) nicht annähernd zu entnehmen.

Es ist aus Sicht des Senates gänzlich unverständlich, weshalb eine derartig massive - dem Unfallereignis vom 22.10.1986 zugeschriebene - Gesamtsymptomatik beispielsweise in dem mit Schriftsatz vom 02.01.2017 eingereichten grundlegenden Bericht des Chefarztes Prof. Dr. X vom 11.12.1986 an den Hausarzt und an den Folgebehandler Dr. Q (GA 1652) nicht ansatzweise Erwähnung findet; dort ist ausschließlich von seit dem Unfall verspürten Schmerzen tief im Nacken, ausstrahlend zum Hinterkopf bis zum Scheitel sowie seitlich über die Ohren bis zur Schläfenregion und seltenen Schmerzausstrahlungen in den rechten Arm die Rede. Das sind indes Beschwerden, die - wie Prof. Dr. I in seinem Gutachten vom April 2007 (Seite 14/15) dargelegt hat -, den primären klinischen Symptomen einer HWS-Distorsion ersten Grades entsprechen.

Es wäre zu erwarten gewesen, dass zumindest die nach Darstellung der Klägerin (GA 1182) schon zwei Stunden nach dem Unfall bemerkten Sehstörungen und eine bei der Heimkehr aufgetretene Bewusstlosigkeit, die die späteren Sinnesstörungen eingeleitet haben sollen, in dem genannten wegweisenden Bericht des Chefarztes Prof. Dr. X vom 11.12.1986 Erwähnung finden - zumal die Klägerin ihn wegen anhaltend beklagter Beschwerden als Zweitarzt konsultierte und er die Gefahr "verschleppter HWS-Traumen" ausdrücklich thematisierte.

Hinweise auf massivere gesundheitliche Probleme der Klägerin finden sich indes erstmals in dem Untersuchungsbericht der Ende Dezember 1986 aufgesuchten Klinik I des Dr. Q. Zu diesem Zeitpunkt lag das in Rede stehende Unfallgeschehen allerdings bereits mehr als 2 Monate zurück. Von einer zeitnahen ärztlichen Dokumentation des Auftretens der beklagten Beschwerdesymptomatik kann nach alledem nicht die Rede sein.

(3) Als unzutreffend erweist sich des Weiteren der Berufungsansatz, dass andere mögliche Ursachen als der Unfall vom 22.10.1986 für die mit Schriftsatz vom 06.09.2013 unter III. präzisierten Folgeschäden (realistischerweise) ausscheiden.

(a) Soweit die Klägerin auch im Berufungsrechtszug auf entsprechende Aussagen ihrer privatärztlichen Behandler und Sachverständigen rekurriert, kranken diese an den bereits erörterten Defiziten in der Anknüpfung der medizinischen Beurteilungen. Lediglich exemplarisch sei insoweit auf die mit Schriftsatz vom 02.01.2017 eingereichten Stellungnahmen des Privatgutachters Dr. N1 (Anlagen A 6 und A 24) verwiesen.

Für die Stellungnahme vom 21.02.2009 (GA 1655 ff.) ist schon unklar, ob von Vorerkrankungen des HWS-Bereich der Klägerin ausgegangen werden soll oder nicht (S. 3 unten); jedenfalls wird ein - nach dem Vorgesagten nicht feststehendes - "beschwerdefreies Vorleben" der Klägerin zugrunde gelegt. Der Privatgutachter konstatiert im Weiteren einen - so nicht gesicherten - Beginn des Beschwerdebildes mit Nackenschmerzen und neurootologischen Ausfällen (Sehstörungen).

Soweit der Dr. N1 in der Stellungnahme vom Februar 2009 schließlich folgert, wegen der Korrelation von erhobenen Befunden und beklagten Beschwerden "ergebe sich, dass das Beschwerdebild nicht anders (gemeint: als durch den Unfall vom 22.10.1986) zu begründen ist", lässt das jede Auseinandersetzung mit Differentialdiagnosen und Alternativursachen vermissen.

Als unbrauchbar zur gerichtlichen Überzeugungsbildung erweist sich auch die aktuellere Stellungnahme des Dr. N1 vom 31.08.2016 (GA 1703 ff.). Dort findet sich (S. 5) bereits ein gänzlich anderer Unfallhergang, wonach die Klägerin als Linksabbiegerin einem anderen Fahrzeug aufgefahren sei. In der Nacht nach dem Unfallereignis seien - so Dr. N1 weiter - schon Sehstörungen in Form greller Blitze aufgetreten; hingegen hat die Klägerin ein erstmaliges Auftreten von Sehstörungen etwa 2 Stunden nach dem Unfall beim Erkennen von Verkehrsschildern geschildert. Überdies geht der Privatgutachter ohne hinreichende Grundlage von "lückenlos beschriebenen Brückensymptomen" und wegen immer wieder konsultierter Ärzte von einer feststehenden "durchgehenden Erkrankung" der Klägerin aus und stützt darauf - nicht überzeugend und unpräzise - seine Aussage fehlender vernünftiger Zweifel an der Ursächlichkeit des Unfalls von 1986 für "den Erstkörperschaden" der Klägerin. Der Privatgutachter Dr. N1 hat sich schließlich ganz offensichtlich nicht ernsthaft mit Alternativursachen für die von der Klägerin auf den Unfall vom Oktober 1986 zurückgeführte Beschwerdesymptomatik auseinander gesetzt: Anders lässt sich die Aussage seiner medizinischen Stellungnahme vom August 2016 (S. 8), es erübrige sich eine Differenzierung der Folgen des Erst- und Drittunfalls, "weil derselbe Versicherungsträger kostenpflichtig sei", nicht deuten.

(b) Vorliegend hat die erstinstanzliche Beweisaufnahme mit Befassung der Sachverständigen Prof. Dr. I und Prof. Dr. L durchaus greifbare Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die von der Klägerin beklagte Beschwerdesymptomatik anderweitige Ursachen als den Verkehrsunfall - insb. die dabei erlittene HWS-Distorsion 1. Grades oder ein (zeitweilig von der Klägerin angesprochenes) cervikoencephales Syndrom - haben kann:

Prof. Dr. I hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten darauf verwiesen, dass die in der Klinik I beobachtete Schwindelneigung der Klägerin von einer Kreislaufschwäche nach stattgehabter Immobilisierung herrühren könne. Wenn bei der Klägerin - entsprechend Ausführungen des Dr. X aus 1993 - eine Beschwerdeproblematik aus stark funktionell geschädigter HWS in Rede stehe, sei an (degenerative) Vorschädigungen dieses Bereiches aus den Unfällen der Jahre 1979 und 1984 zu denken. Aus den Befunden Dr. D und Dr. W hat der Prof. Dr. I Hinweise auf eine mögliches zentrales und cerebrales Geschehen ohne Hinweise auf einen Unfallzusammenhang des Jahres 1986 abgeleitet. Weiter hat er der geschilderten Symptomatik - bestätigt durch die augenärztliche Befundung Dr. S im Jahr 1993 - Hinweise auf eine unfallunabhängige vertebrobasiläre Insuffizienz entnommen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom August 2007 hat der Sachverständige die vorgenannten Aspekte bestätigt und vertieft; er hat auch auf die Vielfältigkeit der Ursachen Hör-, Gleichgewichts- und andere Sinnesstörungen verwiesen. Diesen Aspekt bestätigt nicht zuletzt auch die von der Klägerin erstinstanzlich eingereichte Fachveröffentlichung des Prof. Dr. D (DAR 2001, 337, 340 - AK IV 22). Dort heißt es: In der Differentialdiagnostik von Patienten nach HWS-Schleudertrauma mit nachweisbaren neurologischen Funktionsstörungen müssten "etwa 300 weitgefächerte Krankheiten des Kopfinnensystems, des Gehirns und des Halses i.S.e. möglichen konkurrierenden Kausalität mit erwogen und abgegrenzt werden". Auch andere von der Klägerin eingereichte Fachveröffentlichungen (insb. des Dr. X - AK VIII 7) enthalten Ausführungen dazu, die chronifizierten Folgen eines HWS-Schleudertraumas müssten von degenerativen Vorschäden, von (häufigen) psychischen Störungen (mit oder ohne Komorbidität zu somatischen Unfallfolgen) und von denkbaren Verletzungen der Ligamenta alaria als schweren Verletzungen mit heftigen initialen Symptomen differentialdiagnostisch abgeklärt werden.

Auch Prof. Dr. L hat im Einzelnen dargelegt und - auf die Einwendungen der Klägerin - erläutert, dass die beklagten Sehstörungen, Photopsien und der schwankende Visus durch altersentsprechende nicht unfallassoziierte Augenerkrankungen bedingt sein könnten und hier am ehesten altersbedingt entstanden seien.

4. Weitere Beweiserhebungen sind zur Herbeiführung der Entscheidungsreife des Rechtsstreites nicht veranlasst.

Soweit die Klägerin im Berufungsrechtszug beantragt hat, es möge - insb. vor dem Hintergrund der heutigen verbesserten Medizindiagnostik - zum Beweis für eine zumindest gegebene Mitursächlichkeit des Verkehrsunfalls vom 22.10.1986 hinsichtlich der mit der Berufungsbegründung behaupteten und mit Schriftsatz vom 06.09.2013 unter III. auflagegemäß präzisierten Körper- und Gesundheitsschäden eine ergänzende medizinische Begutachtung durch geeignete Sachverständige weiterer Fachrichtungen angeordnet werden, ist dem nicht zu entsprechen.

Eine neue oder weitere Begutachtung durch dieselben oder andere Sachverständige hat das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen dann anzuordnen, wenn es das oder die erstatteten Gutachten für ungenügend hält (§ 412 Abs. 1 ZPO). Ein Gutachten ist insbesondere ungenügend, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder sonst nicht überzeugend ist, wenn es von unzutreffenden Tatsachen ausgeht, wenn der befasste Sachverständige nicht die erforderliche Sachkunde besaß oder sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben haben (vgl. Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 412 ZPO, Rz. 1).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

a) Die von dem Gericht des ersten Rechtszuges zur Klärung der strittigen Kausalität des Unfallereignisses vom 22.10.1986 für die beklagte (umfangreiche anhaltende) Symptomatik eingeholten medizinischen Gutachten des Prof. Dr. I und des Prof. Dr. L waren nicht ungenügend in dem vorstehenden Sinne.

aa) Ohne Erfolg rügt die Berufungsbegründung, dass die vom Landgericht hinzugezogenen Sachverständigen zweier Fachrichtungen, ihren gutachterlichen Ausführungen "den falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt" hätten.

Zwar trifft es zu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (etwa: BGH, R+S 2005, 219 f.) ein zu Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität eingeholtes medizinisches Gutachten dann als Grundlage gerichtlicher Feststellungen unzureichend ist, wenn der Sachverständige sich nicht mit der Frage der überwiegenden Wahrscheinlichkeit befasst, sondern nur mit der naturwissenschaftlichen Beweisbarkeit. Zutreffend ist weiter, dass der Sachverständige Prof. Dr. I in seiner Gutachtenserläuterung vom August 2009 (GA 463) davon gesprochen hat, dass "keine ausreichende Wahrscheinlichkeit" dafür bestehe, dass "auf dem HNO-ärztlichen Fachgebiet eine versicherungsrechtlich relevante Störung ... auf das angeschuldigte Ereignis vom 22.10.1986 ... zurückgeführt werden kann" (GA 463); auch hat er an anderer Stelle seiner Erläuterungen (GA 461) davon gesprochen, ein "primärer kausaler Zusammenhang" mit einem HWS-Schleudertrauma sei "medizinisch nicht nachvollziehbar zu belegen".

Hieraus folgt indes nicht, dass die erstinstanzlich - nach mehrfachen umfangreichen Einwendungen der Klägerin - schriftlich wie mündlich ergänzten medizinischen Darlegungen des Prof. Dr. I auch noch nach dessen Erläuterungen und Klarstellungen keine brauchbaren Angaben zur Frage der "überwiegenden Wahrscheinlichkeit" des Unfallereignisses als Ursache der beklagten Schäden und Symptomatiken beinhaltet hätten.

Gleiches gilt für die gutachterlichen Ausführungen des augenärztlichen Sachverständigen Prof. Dr. L, der z.T. Ausführungen dahin machte, dass die bei der Klägerin diagnostizierten Symptome "nicht sicher auf einen HWS-Defekt zurückzuführen sind" (so etwa GA 881).

Beide vom Landgericht hinzugezogenen Sachverständigen haben nämlich auf Vorhalte und Nachfragen ihre Angaben zu der möglichen Verursachung der klägerseits beklagten Beeinträchtigungen durch den Verkehrsunfall vom 22.10.1986 so präzisiert, dass dem hinreichende Ausführungen zur Wahrscheinlichkeit der Unfall(mit)ursächlichkeit zu entnehmen sind.

So hat Prof. Dr. L im Zuge der mündlichen Gutachtenserläuterung im Januar 2011 resümiert (GA 881), dass die von ihm diagnostizierte Symptomatik der Klägerin (reduzierte Sehschärfe, ausgeprägte Linsentrübung, tränendes Auge) "am ehesten altersbedingt" entstanden sei. Die bei ihr nach durchgeführter Diagnostik eindeutig vorhandene Trübung im Linsenzentrum sei "gerade nicht typisch für einen traumatischen Charakter" (GA 882). Die bei der Klägerin nicht (mehr) vorhandene Akkomodationsfähigkeit (Fähigkeit zur Scharfabbildung fixierter Gegenstände) entspreche angesichts ihres Lebensalters dem physiologischen Normalzustand (GA 883). Dass eine HWS-Traumabedingte Mitochondropathie negative Auswirkungen auf die Sehkraft haben könne (wie die Klägerin vermutet), entspreche nicht schulmedizinischem Erkenntnisstand (GA 883).

Hieraus erschließt sich, dass Prof. Dr. L sich sehr wohl damit befasst und Aussagen dazu getroffen hat, ob die von der Klägerin als anhaltende Unfallfolge beklagten Sehstörungen - soweit verifizierbar - überwiegend wahrscheinlich Folgen des Primärschadens einer HWS-Distorsion 1. Grades sind. Er hat eben dies mit den genannten Aussagen in der Sache klar verneint.

Auch Prof. Dr. I hat sich - nach intensiver und umfassender Auseinandersetzung mit den (in der Berufung wiederholten) Vorhalten der Klägerin - nicht nur zur "naturwissenschaftlichen Beweisbarkeit" einer unfallbedingten Schädigung des Kopfgelenkes und der (weiteren) HWS in den nichtknöchernen Strukturen geäußert, sondern nachvollziehbar herausgearbeitet, dass durchaus unfallunabhängige Ursachen für die beklagte Gesamtsymptomatik in Betracht kommen; er hat zudem ausgeführt, dass und weshalb das umfassende Erkrankungsbild - insb. aber die beklagte gravierende Hör- und Gleichgewichtsstörung -, nicht "stimmig" der beim Unfall erlittenen Primärverletzung einer rein funktionellen HWS-Distorsion zugeschrieben werden könne. Erklärbar seien aus einer (traumabedingten) funktionellen Störung im cervikalen Bereich lediglich knapp geringgradige Hörstörungen und/oder Gleichgewichtsstörungen (sog. Afferentationsstörungen), weil insoweit nur diskrete (neurale) Verbindungen zwischen Kopfgelenk und Hörkerngebiet bestünden (GA 461). Der von der Klägerin präsentierte Katalog mit 26 Beschwerdekomplexen weise demgegenüber sicher auf eine andere Ursache in Form einer (zentralen) cerebralen Störung oder auf eine erhebliche psychosomatische Störung hin (GA 462). Die von der Klägerin als anhaltend beschriebene Fallneigung mit gelegentlichen Blackouts sei wegen der Schwere dieser Symptomatik nicht mit einer Afferentationsstörung aus dem cervikalen Bereich vereinbar.

Auch dass der Augenarzt Dr. S - wie von der Klägerin explizit geltend gemacht - Durchblutungsstörungen für die beklagten Sehstörungen verantwortlich machte, hat den Sachverständigen Prof. Dr. I dazu veranlasst, nicht das Unfallgeschehen, sondern eine selbständige strukturelle Schädigung als Ursache der beklagten Symptomatik zu sehen (GA 873).

Schließlich hat Prof. Dr. I - wie bereits ausgeführt - den von der Klägerin als Unfallfolge reklamierten Riss der Kopfgelenkkapsel (strukturelle Weichteilverletzung) als "unvereinbar" mit den unstrittig von ihr in Anspruch genommenen manualtherapeutischen Behandlungen (zunächst durch den Heilpraktiker M und sodann ab 1987 in der Manualtherapeutischen Klinik I) beurteilt, weil in diesem Falle "eine lebensbedrohliche Situation entstanden wäre" und "in der Regel von Manualtherapeuten vor Behandlungsbeginn untersucht werde, ob eine Zerstörung des Bandapparates vorliegt" (GA 875).

Im Ergebnis hat nach alledem auch Prof. Dr. I mit seinen Ausführungen zu medizinischen Unstimmigkeiten zwischen beklagter Symptomatik und behaupteter unfallbedingter Körperverletzung geeignete Aussagen zur Unfallursächlichkeit i.S.e. überwiegenden Wahrscheinlichkeit getroffen.

Demzufolge beruhen die erstatteten medizinischen Gutachten (unter der gebotenen Berücksichtigung sämtlicher erfolgten Erläuterungen und Ergänzungen - vgl. dazu: KG Berlin, U.v. 04.06.2007 - 12 U 173/02 - Juris-Rz. 101) - nicht auf fehlenden oder unrichtigen Wahrscheinlichkeitseinschätzungen.

bb) Den erstinstanzlich hinzugezogenen Sachverständigen mangelte es nicht an einer zur Klärung der strittigen Unfallkausalität erforderlichen medizinischen Fachkompetenz.

Beide hinzugezogene Gutachter waren im Zeitpunkt ihrer Befassung in leitender Position von Fachkliniken (Prof. Dr. I als leitender Abteilungsarzt Phoniatrie des Uniklinikums N, Prof. Dr. L als Chefarzt) tätig und entsprechend erfahren; etwaige Defizite in der Fachkompetenz bzgl. von ihnen vertretenen medizinischen Richtungen sind nicht erkennbar und werden mit der Rechtsmittelbegründung auch nicht geltend gemacht.

Ohne Erfolg rügt die Berufung - dem Sinne nach -, dass der in erster Instanz zugezogene Sachverständige Prof. Dr. I aus dem Fachbereich der HNO-Kunde die in Rede stehenden cervikalen Schädigungen und ihre Unfallursächlichkeit nicht ausreichend habe beurteilen können (sondern - ggfls. ergänzend - Orthopäden, Neurologen und Angehörige anderer medizinischer Fachausrichtungen hinzuzuziehen seien).

Zunächst hatte die Klägerin selbst in erster Instanz - nach Erfahrungen mit einer umfassenden interdisziplinären Begutachtung im Verwaltungsprozess - nachhaltig darauf gedrungen, "wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten" zu den in Rede stehenden HWS-Schleudertraumafolgen keinen Orthopäden oder Neurologen zu beauftragen; für sie komme - so die Klägerin erstinstanzlich - als Sachverständiger nur ein Manualmediziner, Neurootologe, Neurochirurg oder Neuroradiologe in Betracht. Dem hatte das Landgericht mit der Ernennung Prof. Dr. I schließlich entsprochen. Schon vor dem OVG Münster und in dem Verfahren 4 O 5/11 - LG Münster / 6 U 170/14 OLG Hamm hatte die Klägerin bis zuletzt geltend gemacht , die Kausalität und Folgen der bei den Verkehrsunfällen von 1986 und 2007 erlittenen HWS-Verletzungen könnten letztlich nur von einem Neurootologen fachgerecht erkannt und beurteilt werden.

Obschon in der obergerichtlichen Rechtsprechung beanstandet wird, dass die Neurootologie als medizinische Fachdisziplin keine verlässlichen Aussagen über die Ursachen der von ihr erforschten Störungen der Kopfsinne liefert (vgl. dazu etwa : Beschlüsse des 6. Zivilsenates in dem beigezogenen Verfahren OLG Hamm - 6 U 170/14 vom 01.08.2016 (S. 9) und vom 20.10.2016 (S. 3) m.w.N. zur Rspr.), rechtfertigt das aus Sicht des Senates nicht, dem in erster Instanz zugezogenen Prof. Dr. I für die Beurteilung der strittigen Unfallfolgen cervikaler Verortung unzureichende Sachkunde zu unterstellen.

Offensichtlich hat sich Prof. Dr. I im Rahmen seiner Habilitation mit Schleudertraumata der HWS befasst (GA 872). Wie bereits seiner Stellungnahme zur Frage der fachmedizinischen Begutachtungskompetenz vom 13.03.2006 vor der eigentlichen Gutachtenserstellung zu entnehmen war (GA 321), ist Prof. Dr. I Co-Autor von medizinischen Fachbüchern zum "Craniozervikalen Übergang" und zur "Oberen HWS, Pathophysiologie und Klinik".

Die Klägerin selbst hatte ihn infolge von einschlägigen medizinischen Fachveröffentlichungen (die sie u.a. zu den Akten reichte) und wegen seiner Zusammenarbeit mit dem von ihr geschätzten Manualmediziner Dr. X als geeigneten Gutachter vorgeschlagen. Der Sachverständige hat sodann im Zuge seines schriftlichen Gutachtens weiter erläutert, dass die Neurootologie Hör- und Gleichgewichtsstörungen untersuche und über den Ort der Schädigung (Innenohrbereich oder Gehirn oder HWS) die Ursachen dieser Störungen ermittle.

Da vorliegend als Unfallfolgen gerade massive Sinnesbeeinträchtigungen der Klägerin im Fokus der beklagten Gesamtsymptomatik stehen und eine traumatisch bedingte cervikale Lokation dieser Sinneswahrnehmungen mithilfe der Sachverständigenbegutachtung zu klären war, vermag der Senat für das vorliegende Verfahren eine unzureichende Fachausrichtung und Qualifikation Prof. Dr. I nicht zu bezweifeln.

cc) Die Gutachten der erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen sind auch ansonsten überzeugend. Sie haben umfassend die zur Verfügung stehenden Informationsquellen ausgewertet (vor allem die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen und Befunde), haben die Klägerin in sachgerechter Weise untersucht und die dabei gewonnenen Erkenntnisse in Anwendung ihrer eigenen fachlichen (sowie langjährigen) Erfahrungen in nachvollziehbarer Weise begründet.

Die Berufungsrüge, wonach Prof. Dr. L sich mit den vorhandenen augenärztlichen Befundungen gar nicht auseinander gesetzt und die Unfallursächlichkeit der Sehbeschwerden gar nicht überprüft habe, trifft nach Aktenlage nicht zu. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass er - entsprechend seinen näheren Erläuterungen vor dem Landgericht (GA 880 f.) - Teile der augenärztlichen (Vor-)Untersuchung der Klägerin seinen zuvor ein- und angewiesenen Assistenzärzten übertragen hatte; die Gesamtverantwortlichkeit für die Begutachtung und die maßgebliche wissenschaftliche Auswertung der ophtalmologischen Erhebungen zur Klärung der strittigen Unfallkausalität für die beklagten Sehstörungen hat Prof. Dr. L ersichtlich nicht entgegen § 407 a ZPO aus der Hand gegeben.

b) Der Senat ist auch nicht - wegen einer nach dem neuesten Medizinstand verbesserten Fachkompetenz gegenüber den beiden erstinstanzlich befassten Sachverständigen Prof. Dr. I und Prof. Dr. L - von Amts wegen gehalten, weitere Begutachtungen zur Klärung der (Mit-)Ursächlichkeit des streitgegenständlichen Geschehens vom 22.10.1986 für die im Berufungsrechtszug geltend gemachten somatischen Unfallfolgen (nichtknöcherne Strukturverletzungen der Kopfgelenke unter Einschluss der HWS, hilfsweise die im Schriftsatz vom 06.09.2013 aufgelisteten Erkrankungsfolgen infolge eines HWS-Syndroms) anzuordnen. Die entsprechenden Ausführungen der Schriftsätze der Klägerbevollmächtigten vom 22.02.2017 und vom 22.03.2017 veranlassen nicht zu einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung (§ 156 ZPO). Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen unter Zif. 9 verwiesen. Des Weiteren gilt:

Die Annahme, andere Gutachter würden aufgrund besserer Methoden oder (medizin)technischer Möglichkeiten zu "richtigeren Ergebnissen" gelangen, ist aus Sicht des Senates nicht gerechtfertigt.

Weitere Sachverständigenbefassungen vermögen vorliegend nämlich keine verbesserte Wahrscheinlichkeitsbeurteilung der strittigen Kausalitätsfragen herbeizuführen, weil es an hinreichend verlässlichen Anknüpfungspunkten zu einer weiteren medizinischen Begutachtung fehlt - sowohl was das Unfallgeschehen vom 22.10.1986 selbst, als auch was die medizinischen Ausgangsbefunde mit Blick auf die Person der Klägerin betrifft.

Insoweit hat das Gericht gemäß § 404 a ZPO die Tätigkeit des (medizinischen) Sachverständigen zu leiten. Es hat bei streitigem Sachverhalt zu bestimmen, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll. Soweit erforderlich, kann das Gericht hierzu bestimmen, in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Sachfrage befugt ist.

Vorliegend ist es dem Senat indes - unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse anhand des gesamten Parteivorbringens einschließlich der Ergebnisse aller Parteianhörungen der Klägerin (§ 141 ZPO), der erhobenen Beweise und des Inhaltes der beigezogenen Zivilprozess- sowie Verwaltungsgerichtsakten - bereits nicht möglich, das klägerseits als medizinisch entscheidend behauptete und von der Beklagten durchgängig bestrittene Unfallgeschehen mit einer outofposition Haltung im Moment des Anstoßimpulses für eine (weitere) Sachverständigenbegutachtung vorzugeben.

Angesichts der dezidiert bestrittenen Symptomatik nach dem Unfall und der ebenfalls bestrittenen "Beschwerdefreiheit" der seinerzeit 45-jährigen Klägerin vor dem Ereignis ist der Senat ebenso wenig gehalten, einem medizinischen Sachverständigen als Anknüpfungspunkt das Fehlen von (ggfls.) für die Kausalitätsbeurteilung relevanten Vorschäden oder das Vorhandensein von nicht durch die Erstbehandler dokumentierten Befunden an die Hand zu geben. Dies gilt gerade auch unter umfassender Würdigung der Gesamtumstände aus Prozessvortrag und Parteianhörungen, eingereichten ärztlichen Befunden nebst Befundbeurteilungen, Ergebnissen erhobener Beweise und Inhalten beigezogener Akten.

Erst recht nicht sind die in den Schriftsätzen der Klägervertreter des Berufungsrechtszugs als (vermeintlich eindeutig) feststehend bezeichneten Anknüpfungstatsachen in ihrer Gesamtheit für etwaige Sachverständigenbegutachtungen zugrunde zu legen.

In welcher Sitzposition mit welcher Kopf- und Körperhaltung sich die Klägerin am Steuer ihres seinerzeitigen Fahrzeugs befand, als sich der Unfall vom 22.10.1986 ereignete, vermag der Senat nicht - auch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - festzustellen. Der hierzu im Rahmen des über 12-jährigen Zivilprozesses gehaltene Vortrag der Klägerin sowie ihre Angaben im Zuge der mehrfach erfolgten Parteianhörungen nach § 141 ZPO waren - wie bereits ausgeführt - keineswegs einheitlich, auch zu den Angaben in der vorgerichtlichen Korrespondenz und im beigezogenen verwaltungsgerichtsverfahren haben sich "Entwicklungen" gezeigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Für den Senat erscheint weder plausibel noch lebensnah, dass die nun 76-jährige Klägerin - 30 Jahre nach dem Unfallgeschehen und nach weiteren erlittenen Verkehrsunfällen mit HWS-Betroffenheit- erst in ihren späteren gerichtlichen Anhörungen die zutreffenden Fakten (vollständig) mitteilte. Nicht nachvollziehbar ist die Begründung für den gewandelten Vortrag, die Klägerin habe lediglich "die zuvor jeweils zum Unfallhergang gemachten Angaben hinsichtlich solcher Details weiter präzisiert, zu denen sie zu diesem Zeitpunkt festgestellt hatte, dass diese offensichtlich keinem der Beteiligten in der Form vor Augen standen, wie sie sich tatsächlich beim Unfall ereigneten".

Dem steht schon entgegen, dass die Klägerin frühere Angaben zum Unfallhergang mit außerordentlicher Präzision und in schriftlicher Form ohne Druck oder denkbare Irritationen im Rahmen einer mündlichen Anhörung vor Gericht hat machen können, denen es gerade an "Details" fehlte, die sie später im Prozess behauptet hat und die sie dementsprechend nun einer Sachverständigenbewertung zugrunde gelegt haben möchte.

Was die Frage von zusätzlichen medizinischen Fachbegutachtungen betrifft, sieht sich der Senat weiter gehindert, als Anknüpfungspunkt potentieller Sachverständigenbeurteilungen ein Fehlen von maßgeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin vor dem Unfall vom 22.10.1986 vorzugeben; dasselbe gilt für die von der Klägerin geschilderten, jedoch bei den ärztlichen Behandlern Dr. A und Prof. X unstreitig nicht festgehaltenen körperlichen Symptome (etwa zum Auftreten von Sehproblemen ca. 2 Std. nach dem Unfall und von kognitiven Einbußen der i.e. geschilderten Art ca. 2 Wochen später); diese wären nicht - ganz oder teilweise - gemäß § 404 a III ZPO einer Neubegutachtung zugrunde zu legen. Denn auch insoweit hat der Prozessvortrag der Klägerin Wandlungen unterlegen, die noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat anhielten (etwa das Bemerken einer Beule am linken Kopf im Haarbereich nach dem Unfall vom 22.10.1986, die heute noch vorhanden sei).

Der Senat hat zudem nicht zu vernachlässigende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin vorhandene gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht aktenkundig gemacht hat, welche Hinweise auf ein nicht unfallassoziiertes (parallel ablaufendes) Geschehen bzgl. der mit der Berufung (als Unfallfolge) geltend gemachten somatischen Beeinträchtigungen beinhalten könnten und die deshalb einem medizinischen Sachverständigen zur Beurteilung der Kausalitätsfragen auf einer (möglichst) vollständigen Erkenntnisgrundlage an die Hand zu geben wären.

So hat die Klägerin im Zuge der rechtlichen Erörterungen am 11.01.2017 - anlässlich der von der Vorsitzenden aus den Akten referierten Daten zu den chiropraktischen Behandlungen - spontan widersprochen und dazu erklärt, sie sei vor ihrer Erstvorstellung bei Prof. Dr. X am 04.12.1986 durchaus mehr als die referierten zwei Male in chiropraktischer Behandlung bei Herrn M gewesen (wobei der aktenkundig gemachte chiropraktische Behandlungsbeginn vom 29.10.1986 nur eine Woche nach dem Unfallereignis liegt); die Frage der Senatsvorsitzenden nach etwaigen Schädigungsmöglichkeiten im Zuge stattgehabter chiropraktischer Manipulationen an ihrer HWS hat die Klägerin mit der Bemerkung abgetan, es könne nicht sein, dass der konsultierte Chiropraktiker bei der Behandlung ihres Halses "etwas Falsches" gemacht habe, weil ihr seinerzeit Prof. Dr. X dessen Eigenschaft als guter Therapeut bestätigt habe. - Diese spontanen Äußerungen der Klägerin im letzten Verhandlungstermin, lassen den Senat zweifeln, ob nicht schon vor dem Unfallereignis und unabhängig davon chirotherapeutischer Behandlungsbedarf der Klägerin im Bereich der HWS bestanden hatte und dementsprechend bei ihr chiropraktische Manipulationen mit Schädigungspotential erfolgten. Zugestanden hat die Klägerin solche Behandlungen ihrer HWS in der Folge des 1979 erlittenen ersten Unfalls mit HWS-Trauma, ohne allerdings darzustellen, wie oft und wie lange sie sich vor dem Unfall vom 22.10.1986 bei dem Heilpraktiker M chiropraktischen Eingriffen an der HWS unterzog. Welche Folgen solche Behandlungen für die Strukturen der betroffenen HWS nebst Kopfgelenken gehabt haben mögen, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Indes sind erhebliche Schädigungsmöglichkeiten des HWS-Bereiches auch bei fachgerechter chirotherapeutischer Behandlung in Betracht zu ziehen (vgl. etwa: OLG Oldenburg, NJW-RR 2009, 1106; OLG Frankfurt, B.v. 13.01.2015 - 8 U 141/13).

Der Senat sieht sich auch aus einem weiteren Grund nicht in der Lage, für die weitere medizinische Begutachtung eine "Beschwerdefreiheit" der Klägerin zu unterstellen - die ggfls. unfallunabhängige Alternativursachen ausschließen soll. Auffällig ist insofern, dass die Klägerin während der mittlerweile 12-jährigen Prozessdauer sowie im langjährigen Verwaltungsgerichtsstreit zwar außerordentlich detailreich zu ihrer körperlichen Befindlichkeiten vortrug, sich indes vorliegend zu ihrem Gesundheitszustand vor dem Ereignis vom 22.10.1986 geradezu stereotyp eingelassen hat, sie sei "beschwerdefrei" bzw. "dienstfähig und gesund" gewesen; es wäre vor dem Hintergrund des beklagtenseitigen Bestreitens einer "Vorschadensfreiheit" zu erwarten gewesen, dass die Klägerin in zumindest annähernd präziser Weise ihren gesundheitlichen Vorzustand referiert; das ist indes während des gesamten Rechtsstreits unterblieben trotz der 1979 und 1984 unstrittig im Zuge weiterer Dienstunfälle erlittenen HWS-Schleudertraumata, die - zeitweiligem - Klägervortrag zufolge "lediglich kurzzeitige (chiropraktische) Behandlungen durch K. M zur Folge gehabt" haben sollen (so etwa: GA 205, noch ohne diesen Zusatz: GA 197).

Das durchgängige Beharren der Klägerin auf einem angeblich unbeeinträchtigten Gesundheitszustand vor dem Unfall vom 22.10.1986 mag zutreffend sein, weil sie tatsächlich trotz zweier einschlägiger Unfälle mit HWS-Beteiligung und ungeachtet ihrer anstrengenden zweigleisigen Lehrertätigkeit mit Belastungen durch Kopfzwangshaltungen völlig gesund war.

Indes kann der Senat hiervon nicht mit einiger Sicherheit oder gar überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgehen; denn es fehlt grundsätzlich an der erforderlichen Zuverlässigkeit des Klägervortrags, weil die mitgeteilten massiven, seit 30 Jahren anhaltenden Sinnesstörungen - die sowohl das zutreffende Erfassen von Abläufen, wie die Wiedergabe von Gedanken seitens der Klägerin betreffen und die sich zudem noch als stark schwankend darstellen - jedwede richterliche Überzeugungsbildung entscheidend erschweren.

Der Senat kann vor dem Hintergrund der durchgängig beklagten vielfachen Beeinträchtigungen nicht beurteilen, in welcher "Sinnesverfassung" die Klägerin während der mittlerweile 12-jährigen Prozessdauer ihren jeweiligen Sachvortrag gehalten hat oder in welcher "Sinnesverfassung" sie ihren jeweiligen Prozessbevollmächtigten zum Zwecke des Anwaltsvortrags Informationen an die Hand gab.

Demgemäß kann der Senat nicht entscheiden, welche Angaben zum Unfallgeschehen und dessen (vermeintlichen) Folgen die Klägerin tatsächlich gemeint und welche sie - krankheitsbedingt - irrig gemacht oder missverständlich formuliert hat. Nach dem Eindruck der Senatsmitglieder schien die Klägerin in den Senatsterminen zuzeiten ihrer persönlichen Anhörungen zwar geistig präsent, voll orientiert sowie spontan und zielgerichtet argumentierend zu sein. Gleichwohl hat sie selbst während dieser Termine wiederholt geäußert, durch die Befragung des Gerichts überfordert zu sei, Entsprechendes ist auch dem anwaltlichen schriftsätzlichen Vorbringen für sie zu entnehmen (vgl. etwa: Schriftsatz vom 02.01.2017 - Seite 5).

Angesichts dieses massiven Unsicherheitsfaktors scheidet für den Senat der Klägervortrag zur gesundheitlichen Symptomatik vor und unmittelbar nach dem Unfallereignis als Auskunftsquelle zur (sachverständigen) Beurteilung der strittigen Kausalitätsfragen aus; dies gilt jedenfalls für den Vortrag, der nicht unstreitig ist oder durch die vorgelegten ärztlichen bzw. sonstigen Berichte urkundlich dokumentiert ist bzw. von Zeugen hinreichend zu eruieren war.

Vor diesem Hintergrund erscheint es - ungeachtet etwaiger zusätzlicher verfahrensrechtlichen Grenzen für neuen Sachvortrag im Berufungsrechtszug - auch nicht ansatzweise erfolgversprechend, der Klägerin weiteren Sachvortrag zu Anknüpfungspunkten für weitere medizinische Begutachtungen aufzugeben. Der Senat müsste befürchten, dass die Klägerin bei jedweden darauf beruhenden weiteren Feststellungen im Nachhinein - unwiderlegbar - geltend macht, sie sei im Moment der Informationserteilung krankheitsbedingt nicht (oder nicht in allen Punkten) richtig verstanden worden. Ein Erkenntnisgewinn ist für den Senat so nicht zu erzielen.

Hinzu kommt mit Blick auf die Veranlassung zu weiteren medizinischer Begutachtungen, dass die Klägerin für den Zustand unmittelbar nach dem Unfallereignis geltend macht, es sei seitens der Erstbehandler (Dr. A und Dr. X) während der beiden Folgemonate nach dem Unfall vom 28.10.1986 die adäquate und vollständige Feststellung aufgetretener Unfallauswirkungen (Symptomatiken) versäumt worden; gerade die vermeintlich versäumten ärztlichen Feststellungen der ersten Wochen und Monate lassen indes für einen Sachverständigen - so die Klägerin selbst - die entscheidenden Hinweise auf den unfallinduzierten Eintritt der mit der Berufungsbegründung behaupteten und mit Schriftsatz vom 06.09.2013 präzisierten Körper- und Gesundheitsschäden erwarten. Beide genannten Behandler haben nach den eingehenden erstinstanzlichen Darlegungen des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 30.07.2007 (GA 412 f, 420) weder die von fachkundigen Medizinern zum Nachweis gravierender HWS-Traumaschäden erforderten MRT - Aufnahmen veranlasst noch gezielte neurootologische wie manualmedizinische Untersuchungen angestellt, um zielführende Hinweise auf das eingetretene Verletzungsbild zu erlangen.

Entgegen dem anwaltlichen Berufungsvortrag der Klägerin kann infolgedessen - bei nach dem Unfallereignis ärztlich gar nicht untersuchten Symptomen und nicht erhobenen Befunden - keine Rede davon sein, dass geeignete Anknüpfungstatsachen vorhanden wären, die der Senat gemäß § 404 a III ZPO einer medizinischen Begutachtung vorzugeben hätte.

Das Zivilprozessrecht gestattet es schließlich nicht - und zwar auch nicht im Rahmen erleichterter Beweisführung nach § 287 ZPO -, einem medizinischen Sachverständigen zur Beurteilung der strittigen Unfallkausalität für behauptete Schadensfolgen mehrere denkbare Varianten des Unfallgeschehens und einer zeitnah aufgetretenen Beschwerdesymptomatik gleichsam optional "zur Auswahl" zu unterbreiten, um sodann - nach erfolgter Sachverständigenbegutachtung - diejenigen Fakten für "überwiegend wahrscheinlich" zu halten, die dem Klägeranliegen auf Schadensersatzleistung im Ergebnis am ehesten entspricht.

Einer zusätzlichen Sachverständigenbegutachtung zu den behaupteten körperlichen Unfallfolgen jenseits der HWS-Distorsion erster Stufe fehlt nach alledem die notwendige Anknüpfungsgrundlage.

5. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung unter IV. (GA 978 ff.) im Berufungsrechtszug "vorsorglich und hilfsweise" neu geltend gemacht hat, die neben der erstinstanzlich festgestellten HWS-Verletzung 1. Grades vorhandenen und i.e. dargestellten Beeinträchtigungen ihrer körperlichen Integrität seien "seelisch bedingte Folgeschäden aufgrund des Schadensereignisses, die auf einer psychischen Prädisposition oder einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen", ist sie mit diesem neuen Tatsachenvorbringen im Berufungsrechtszug gemäß § 531 II ZPO ausgeschlossen. Entsprechendes gilt für die dazu gehörigen Beweisanerbieten dahin, es müsse den Ursachen der körperlichen Beschwerden der Klägerin in Form einer psychischen oder psychosomatischen (Fehl-)Verarbeitung des Unfallgeschehens vom 22.10.1986 durch Einholung entsprechender Fachgutachten psychiatrischer, psychologischer oder neurologischer Sachverständiger etc. nachgegangen werden.

Neue Angriffsmittel sind im Berufungsrechtszug nur zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht (§ 531 II 1 Zif. 3 ZPO). Insoweit muss die Klägerin sich hier entgegenhalten lassen, dass sie erstinstanzlich entschieden in Abrede gestellt hatte, der besagte Verkehrsunfall habe bei ihr eine zentrale cerebrale Schädigung oder eine psychische Fehlverarbeitung respektive psychosomatische Prozesse bewirkt.

Weil - wie die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 06.09.2013 (GA 1177) zu Recht ausführen - schon mit den klägerseits im ersten Rechtszug angeführten Arztberichten und Begutachtungen durchaus Hinweise auf ein psychiatrisches oder psychosomatisches Geschehens diskutiert worden waren, hätte es der Prozessförderungspflicht entsprochen, das Klagebegehren (auch) auf solche Kausalitätsverläufe zu stützen, sofern sie - hilfsweise - als Gegenstand gerichtlicher Beurteilung und Entscheidung unterbreitet werden sollten. Dies hat die Klägerin vorliegend mit ihrem vehementen Aufbegehren dagegen, dass ihr Beschwerdebild womöglich auf andere als somatische Ursachen im Zuge einer unfallbedingten HWS- (incl. Kopfgelenks-)Verletzung zurück zu führen sei, unterlassen.

Angesichts der erstinstanzlichen Prozessführung der Klägerin, die unter keinen Umständen "in die psychische Ecke gestellt werden" wollte, war kein Prozesssachverhalt gegeben, bei dem das befasste Eingangsgericht davon hätte ausgehen müssen, die Klägerin mache sich anderweitige Krankheitsverläufe infolge des Unfallgeschehens hilfsweise zu Eigen (vgl. zu solchen Konstellationen OLG Frankfurt, OLGR 2005, 746 oder OLG Celle, SVR 2011, 215).

Das Gericht des ersten Rechtszuges hat deshalb weder prozessordnungswidrig entsprechenden Klagevortrag übergangen noch weitere gebotene Sachverständigenbefassungen versäumt. Die Präklusionsvorschrift des § 531 II ZPO steht mithin der Notwendigkeit entsprechender Sachverständigenbegutachtungen in zweiter Instanz entgegen.

Entsprechendes gilt schließlich für den Berufungsangriff, wonach das Landgericht versäumt habe, den Hinweisen von Prof. Dr. I auf ein zentrales cerebrales Geschehen als (Primär-)Ursache der Symptomatik durch Einholung eines neurologischen Gutachtens nachzugehen. Abgesehen davon, dass die Klägerin - auf ausdrückliche Nachfrage des Senates - keinen solchen Primärschaden im Berufungsrechtszug behauptet hat (sondern Schädigungen der HWS einschließlich der Kopfgelenke - d.h. cervikaler Lokation), war sie in erster Instanz den Sachverständigenausführungen Prof. Dr. I zu einer zentralen cerebralen Schädigung als (Alternativ-)Ursache der beklagten Symptomatik entgegen getreten; vielmehr hatte sie - an einer unfallbedingten cervikalen Schädigung festhaltend - Überlegungen zur denkbaren Ätiologie ihrer Beschwerden im rein cerebralen Bereich vehement in Abrede gestellt. Das schließt nun die Berücksichtigung eines Beweisverlangens zu einer entsprechenden (neurologischen) Abklärung im Berufungsverfahren gemäß § 531 II ZPO aus.

Das Gericht muss im Rahmen eines Haftungsprozesses nicht jedwede denkbaren pathologischen Prozesse für eine beklagte Symptomatik aufklären, sondern nur diejenigen Krankheitsursachen, die nach ordnungsgemäßem Prozessvortrag der klagenden Partei aus dem Haftungsereignis resultieren.

6. Der Senat war schließlich nicht gehalten, jedenfalls die von der Klägerin im Berufungsrechtszug aufgelisteten ärztlichen Diagnostiker und Behandler als (sachverständige) Zeugen zu vernehmen, um sich nach dem Maßstab des § 287 ZPO von dem Vorhandensein der behaupteten weiteren unfallbedingten Schäden (nichtknöcherne Strukturverletzung der HWS, Symptomatik kombinierter Kopfsinnesstörungen und weiterer Körperbeschwerden z.B. im Lumbal- und Kiefergelenksbereich) zu überzeugen. Die Berufung rügt zu Unrecht (GA 973), es habe "zu den fortlaufenden Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität ab dem Schadensereignis Beweis durch Vernehmung der einzelnen Behandler erhoben werden müssen".

Der sachverständige Zeuge ist ein Zeuge, der sein Wissen von bestimmten Tatsachen oder Zuständen bekundet, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war. Aufgabe eines medizinisch sachverständigen Zeugen ist entsprechend die Bekundung bestimmter vom ihm wahrgenommener, die Gesundheit oder Krankheit eines Menschen betreffender Befunde, nicht indes eine medizinische Schlussfolgerung mit Blick auf ihre Ursachen bzw. Auswirkungen; dies obliegt zivilprozessual allein dem (medizinischen) Sachverständigenbeweis i.S.d. §§ 402 ff. ZPO. Die von einem Unfallgeschädigten konsultierten Ärzte haben zur Aufgabe, die geschilderten Beschwerden mit dem Ziel der Heilung oder zumindest Linderung zu behandeln; ihnen obliegt nicht die Klärung, ob diese Beschwerden auf ein bestimmten Unfallereignis zurückzuführen sind (vgl. KG Berlin, NZV 2010, 624 - Juris-Rz. 16 m.w.N.).

Dass die von der Klägerin der Berufungsbegründung sowie den weiteren Schriftsätzen des Berufungsrechtszuges angesprochenen Behandler die in den vorgelegten Berichten dokumentierten Untersuchungen durchgeführt und deren Ergebnisse in der dort niedergelegten Weise (medizinisch) gedeutet haben, kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden. Die erstinstanzlich eingereichten Atteste und gutachterlichen Stellungnahmen der von der Klägerin konsultierten Ärzte haben den hinzugezogenen Sachverständigen vorgelegen und sind von diesen bei der sachverständigen Beurteilung in dem gebotenen Umfang verwertet worden - was spätestens auf die erstinstanzlichen Beanstandungen der Klägerin hin bei den mündlichen Sachverständigenanhörungen hat geklärt werden können.

Das Beweisanerbieten der Berufungsführerin, einzelne Behandler als Zeugen zu vernehmen, zeigt nicht auf, welche bedeutsamen Tatsachen die von ihr konsultierten Ärzte noch hätten bekunden können, die über den Aussagegehalt der vorgelegten schriftlichen Berichte und Stellungsnahmen hinausgehen. Insbesondere sind weitergehende objektivierbare Befunde, die von benannten ärztlichen Zeugen erhoben worden wären und im Falle ihrer Vernehmung geeignete Schlussfolgerungen auf das fragliche Unfallereignis zulassen könnten, nicht ersichtlich (vgl. dazu: KG Berlin, aaO).

Das Gericht ist prozessual nicht gehalten, die von der Klägerin im Laufe der letzten 3 Jahrzehnte konsultierten Ärzte als sachverständige Zeugen zur Ausforschung der Ursachen ihrer gesundheitlicher Beschwerden mit Blick auf das Schadensereignis vom 22.10.1986 zu vernehmen.

7. Bei Gesamtwürdigung aller im Rahmen des vorliegenden Zivilprozesses verfügbaren Erkenntnisse und nach Ausschöpfung aller prozessual erheblichen Beweisangebote bleibt schlussendlich selbst bei Anlegung des Beweismaßes aus § 287 ZPO unklar, ob der Unfall vom 22.10.1986 als einzig realistische oder doch überwiegend wahrscheinliche Möglichkeit für die Beschwerden der Klägerin in Betracht kommt.

Für den Senat ist offen, ob die mit der Berufung geltend gemachten Gesundheits- und Körperschäden - soweit sie über ein HWS-Syndroms der Stufe 1 hinausgehen - überhaupt durch das Verkehrsunfallgeschehen vom 22.10.1986 zumindest mitverursacht wurden oder ob sie sich mit lediglich zufälliger zeitlicher Nähe nach dem 22.10.1986 schicksalhaft und gänzlich ohne jede Unfallassoziation ergaben. Dies gilt umso mehr, als mit psychischen oder rein cerebralen Ursachen gänzlich unfallunabhängige Ätiologien für die aufgetretene Symptomatik massiver Sinnesstörungen in Rede stehen.

Dass die Klägerin die mit Blick auf die umfangreiche Störung ihrer Kopfsinne eingetretene Gesamtsymptomatik in der Zeit vor dem 22.10.1986 nicht in der später aufgetretenen Ausprägung und Schwere aufgewiesen hat (wovon der Senat angesichts der bescheinigten vorherigen Dienstfähigkeit ausgeht) und es sich nicht lediglich um einen Bagatellunfall handelte, mag allenfalls "gefühlsmäßige Wertungen" rechtfertigen, dass beide Ereignisse irgendwie miteinander im Zusammenhang stehen. Angesichts der aufgezeigten verbleibenden Unklarheiten bzgl. der für die Kausalitätsbeurteilung maßgebenden Umstände vermag der Senat indes nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine alleinige oder kumulative Verursachung der - über ein HWS-Syndrom der Stufe I hinausgehend - beklagten körperlichen Beschwerden aufseiten der Klägerin zu bejahen.

8. Die mit der Berufung weiter verfolgten Klageanträge bleiben deshalb, soweit sie nicht schon wegen unzulässiger Begrenzung des Schmerzensgeld- und Feststellungsverlangens auf vergangene Zeitabschnitte der Abweisung unterliegen (vgl. dazu die Senatshinweise vom 01.07.2013 (GA 1134 f.), insgesamt ohne Erfolg.

Ungeachtet der unfallbedingt erlittenen HWS-Distorsion 1. Stufe steht der Klägerin weder ein weiteres Schmerzensgeld noch der geltend gemachte materielle Schadensersatz zu - da diese Zahlungsverlangen gerade auf immaterielle und finanzielle Nachteile wegen weitergehender Schädigungen gestützt werden.

Auch bleibt der hilfsweise zur Entscheidung gestellte Feststellungsantrag ohne Erfolg, weil ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 ZPO nicht nachgewiesen ist.

Sofern die Klage bei der Verletzung eines absoluten Rechtsgutes die Einstandspflicht bzgl. künftiger Schadensfolgen betrifft, ist ein Feststellungsinteresse nachgewiesen, wenn der Eintritt künftiger Schadensfolgen möglich (nicht notwendigerweise wahrscheinlich) ist (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2013, 1112 ff. - Juris-Rz. 120 m.w.N.). Dieser Schluss ist indes vorliegend nicht gerechtfertigt. Bei verständiger Würdigung besteht kein Grund, noch mit dem Eintritt weiterer unfallbedingter Schäden aus dem Unfallereignis vom 22.10.1986 zu rechnen; Spätfolgen aus der geringgradigen HWS-Distorsion ersten Grades - die sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. I gerade durch ein Ausheilen ohne besondere Behandlungsbedürftigkeit auszeichnet - sind nicht zu erwarten. Soweit psychisch vermittelte Unfallschäden - auf Dauer - vorhanden sein mögen, ist die Klägerin wegen der o.g. Präklusion des entsprechenden Vortrags aus § 531 Abs. 2 ZPO auch gehindert, ihr Feststellungsbegehren darauf zu stützen.

9. Schließlich vermag auch das nach Ablauf der Frist aus § 139 Abs. 5 ZPO eingereichte Vorbringen der Klägerin und ihrer Verfahrensbevollmächtigten der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO ist nicht veranlasst.

a) § 156 ZPO ist Ausdruck der Grundsätze der Verfahrenskonzentration sowie der Prozessökonomie. Einmal soll mit jedem Rechtsstreit Schluss sein. Dementsprechend ist von der Befugnis des Gerichts, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, nach Maßgabe des geltenden Prozessrechtes nur ausnahmsweise Gebrauch zu machen.

b) Zwingend geboten ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach Maßgabe des § 156 Abs. 2 ZPO,- etwa dann, wenn sich nach deren Schluss aus neuem Vorbringen ergibt, dass in der letzten mündlichen Verhandlung bei sachgemäßem Vorgehen Veranlassung zur Ausübung des Fragerechts oder zur Erteilung von Hinweisen bestand,- darüber hinaus dann, wenn durch Versäumnisse oder Ungeschicklichkeiten des Gerichts oder durch andere Umstände im Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine vollständige und sachgerechte Erklärung der Parteien unterblieb.

All dies ist vorliegend nicht der Fall: Entsprechend den vorstehenden Ausführungen sind vielmehr nach einer Prozessdauer von insgesamt fast 13 Jahren unter Berücksichtigung der prozessualen Darlegungs- und Beweislast sowie des geltenden Berufungsverfahrensrechtes alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft. Die Sache war und ist - entsprechend den vom Senat dezidiert erteilten Hinweisen im Termin vom 11.01.2017 - nunmehr entscheidungsreif. Die anwaltlich vertretene Klägerin - der im Anschluss an die rechtlichen Erörterungen im Termin vom 11.01.2017 gemäß § 139 Abs. 5 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22.02.2017 eingeräumt wurde - ist (insbesondere auch unter Berücksichtigung der von ihr beschriebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ihrer Beanspruchung durch diverse Zivilverfahren) angemessen und umfassend gehört worden; der Senat hat ihren gesamten Prozessvortrag nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch mit dem dargestellten Ergebnis umfassend gewürdigt. Der Prozessablauf offenbart weder Verfahrensfehler zu ihren Lasten noch weiteren Erörterungsbedarf i.S.v. § 156 Abs. 2 Zif. 1 ZPO; auch sonst ist kein zwingender Wiedereintrittsgrund gegeben.

c) Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schreiben und Schriftsätze bieten auch im Rahmen des richterlichen Ermessens nach § 156 Abs. 1 ZPO keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der Verhandlung:

Es ist insoweit kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen erfolgt, sodass eine Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 1 ZPO ausscheidet (vgl.: BGH, NJW 2002, 1426 f., Juris-Rz. 16; MDR 2016, Juris-Rz. 13).

Für den nicht nachgelassenen persönlichen Schriftsatz der Klägerin vom 05.03.2017 gilt dies bereits deshalb, weil er den vor dem OLG bestehenden Anwaltszwang nach § 78 ZPO missachtet, der alle Prozesshandlungen und somit auch die von der Klägerin angekündigten Anträge erfasst (vgl. hierzu Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 78 Rn. 16); hierauf sind die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter unverzüglich hingewiesen worden.

Soweit anwaltlich mit den Schriftsätzen vom 22.02. und 22.03.2017 die Auffassung der Klägerin vertieft worden ist, dass - vor dem Hintergrund der langjährigen Verfahrensdauer - die heutigen Erkenntnismöglichkeiten medizinischer Sachverständiger zwischenzeitlich bessere Feststellungen mit Blick auf die streitigen gesundheitlichen Unfallfolgen ermöglichen könnten, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit dieses Einwandes.

Die Klägerin möchte letztlich - unter Nutzung aller etwaigen Erkenntnisse im Zuge der allgemeinen medizinischen Fortentwicklung - eine Fortführung der Beweisaufnahme,- solange bis diese den von ihr behaupteten Schadensverlauf und die Ursächlichkeit des Unfallereignisses vom 22.10.1986 für die von ihr beklagten Beschwerden mit der prozessual erforderlichen Wahrscheinlichkeit bestätigt. Eine derartige Fortsetzung der Beweisaufnahme ist aber wegen der - auch mit den nachgereichten Schriftsätzen nicht ausgeräumten - Hindernisse für zusätzliche Begutachtungen (unzureichende Anknüpfungstatsachen nach § 404 a Abs. 3 ZPO, z.T. Präklusion neuen Vortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO) nicht angezeigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu vollumfänglich auf die obigen Darlegungen verweisen.

10. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen; die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Rechtsfortbildung noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).