LG Köln, Urteil vom 29.03.2017 - 13 S 38/16
Fundstelle
openJur 2019, 6115
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 26 C 67/15
Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 03.02.2016 (Az. 26 C 67/15) teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Klageantrag ist dem Grunde nach im Hinblick auf die Rechnungen der Klägerin vom 28.06.2011 (Trinkwasser), vom 14.10.2011 (Abwasser), vom 19.12.2011 (Trinkwasser) und vom 19.12.2011 (Abwasser) gerechtfertigt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wegen der Höhe der Ansprüche der Klägerin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Brühl zurückverwiesen, welches auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

3. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 08.03.2016 wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen. Von der Darstellung des Berufungsvorbringens wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a, 542, 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 517, 519 ZPO) und begründete (§ 520 ZPO) Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg. Sie führt gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO zur teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung sowie, im Umfang der Abänderung, zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Brühl, weil das angefochtene Urteil teilweise auf einer Rechtsverletzung (§§ 513, 546 ZPO) zulasten der Klägerin beruht.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach aus den §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB (berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag) einen Anspruch auf den Ersatz erforderlicher Aufwendungen für die Wasserlieferung zu dem Hausgrundstück der Beklagtenseite (H-Straße, ...# G) und die Entsorgung des Abwassers. Hiernach kann, wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, den Ersatz von zum Zwecke der Ausführung des Geschäfts gemachten Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, wenn die Übernahme des Geschäfts dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Diese Voraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt:

a) Die Klägerin hat durch die Lieferung von Frischwasser auf das Grundstück und die Entsorgung des Abwassers ein fremdes Geschäft, jedenfalls ein sogenanntes auchfremdes Geschäft, für die Beklagten als Eigentümer des Grundstücks und Bewohner des hierauf erbauten Wohnhauses übernommen. Die Klägerin leitete das Frischwasser, das sie von der J GmbH & Co. KG L KG erhalten hatte, durch eine in ihrem Eigentum stehende Wasserleitung an die Beklagte weiter und erbrachte gegenüber der Beklagtenseite Leistungen der Abwasserversorgung, die durch die Stadtwerke G direkt gegenüber der Klägerin erbracht worden waren. Dies folgt aus dem (auf Antrag der Klägerin berichtigten) Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, dem nach § 314 S. 1 ZPO eine positive Beweiskraft zukommt und der einer Korrektur im Rahmen des § 529 ZPO nicht zugänglich ist (BGH, Urt. v. 01.12.2008 - II ZR 102/07, Tz. 16; Urt. v. 08.01.2007 - II ZR 334/04, Tz. 11, jew. zit. nach juris; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 529 Rn. 2; Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 529 Rn. 2 a.E.; Stöber, MDR 2006, 5 f.).

b) Von einem Fremdgeschäftsführungswillen der Klägerin ist auszugehen. Bei einem auchfremden Geschäft wird der Wille, ein fremdes Geschäft (mit-)zubesorgen, vermutet, insbesondere, wenn das Interesse des anderen an der Vornahme der Handlung im Vordergrund steht (BGH, Urt. v. 27.05.2009 - VIII ZR 302/07, Tz. 18 m.w.N., zit. nach juris; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 677 Rn. 6 m.w.N.). Umstände, die diese Vermutung widerlegen würden, sind nicht ersichtlich. Der Fremdgeschäftsführung steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin womöglich aufgrund einer von ihr angenommenen Realofferte in einem Vertragsverhältnis mit den Beklagten gewähnt hat. Der Umstand, dass sich der Geschäftsführer zur Leistung verpflichtet hält, hindert den Rückgriff auf die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht (BGH, Urt. v. 26.01.2005 - VIII ZR 66/04, Tz. 23 ff., zit. nach juris).

c) Die Klägerin handelte ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung seitens der Beklagten. Die Kammer teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass zwischen den Parteien kein Vertrag über die Lieferung von Frischwasser und die Entsorgung des Abwassers zustande gekommen ist. Es fehlt an einem Angebot der Klägerin auf Abschluss eines solchen Vertrages. Im Einzelnen:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen. Diese wird von demjenigen konkludent angenommen, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Dieser Rechtsgrundsatz, der in § 2 Abs. 2 der Verordnungen über die Allgemeinen Bedingungen für die (Grund-)Versorgung mit Energie und Wasser (StromGVV, GasGVV, AVBWasserV, AVBFernwärmeV) lediglich wiederholt wird, trägt der Tatsache Rechnung, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden. Er zielt darauf ab, einen ersichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei den zugrunde liegenden Versorgungsleistungen zu vermeiden, und berücksichtigt die normierende Kraft der Verkehrssitte, die dem sozialtypischen Verhalten der Annahme der Versorgungsleistungen den Gehalt einer echten Willenserklärung zumisst. Aus Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich typischerweise die Vorhaltung der Energie und die Möglichkeit der Energieentnahme an den ordnungsgemäßen Entnahmevorrichtungen nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als Leistungsangebot und damit als Vertragsangebot dar. Die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen beinhaltet - auch bei entgegenstehenden ausdrücklichen Äußerungen - die schlüssig erklärte Annahme dieses Angebots, weil der Abnehmer weiß, dass die Lieferung nur gegen eine Gegenleistung erbracht zu werden pflegt (statt aller BGH, Urt. v. 02.07.2014 - VIII ZR 316/13, Tz. 10 m.w.N.; zum Wasserversorgungsvertrag BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VII ZR 279/02, Tz. 11 ff., jew. zit. nach juris; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Einf. v. § 145 Rn. 27 m.w.N.; Busche, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 145 Rn. 16). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt:

Einem Vertragsschluss durch beiderseits schlüssiges Verhalten steht zwar nicht bereits entgegen, dass die Beklagten nicht um die Existenz der Klägerin und die Eigentumsverhältnisse am Leitungsnetz wussten. Eine solche Kenntnis ist nicht erforderlich. Vertragspartner ist in solchen Fällen, wer die Anlage betreibt (BGH, Urt. v. 26.01.2005 - VIII ZR 66/04, Tz. 19 zu einem Stromlieferungsvertrag; BGH, Urt. v. 10.10.1991 - III ZR 100/90, Tz. 13, jew. zit. nach juris, zu einer Abwasserbeseitigungsanlage).

Auch kann dahinstehen, ob ein konkludenter Vertragsschluss, wie vom Amtsgericht ausgeführt, ausgeschlossen ist, weil aus Sicht der Beklagten verschiedene Lieferanten als Vertragspartner in Betracht kamen. Der Bezug von Leistungen als solcher kann zwar nicht als Erklärung des Inhalts gewertet werden, der Abnehmer wolle in jedem Fall (auch) mit dem tatsächlichen Lieferanten kontrahieren, solange er nicht weiß und nicht wissen muss, dass sein ausdrücklich gewählter Vertragspartner die Lieferung eingestellt hat (BGH, Urt. v. 26.01.2005 - VIII ZR 66/04, Tz. 20, zit. nach juris). Kommen als Lieferanten und Vertragspartner auch andere Personen als der jeweilige Netzbetreiber in Betracht mit der Folge, dass unter ihnen Konkurrenz besteht, gewinnt die Identität des Lieferanten und Vertragspartners für den Abnehmer entscheidende Bedeutung. Er hat ein Interesse daran, zum einen seinen Vertragspartner unter den verschiedenen Anbietern auszuwählen und zum andern das Entstehen gleichzeitiger vertraglicher Bindungen an verschiedene Lieferanten zu verhindern. Offen bleiben kann, ob der zu entscheidende Fall im Zeitpunkt der Wasserlieferung eine solche Unsicherheit über den Vertragspartner bestand, obschon letztlich nur die Klägerin als Lieferantin in Betracht kam, weil die Lieferung des Wassers und die Abführung des Abwassers durch die Klägerin erfolgte, in deren Eigentum die Wasserleitungen stehen und die ihrerseits das Wasser von Dritter Seite bezogen hat.

Ein Vertragsschluss durch die Entgegennahme einer Realofferte der Klägerin scheitert jedenfalls daran, dass es sich bei der Klägerin nicht um ein Versorgungsunternehmen im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt. Die Rechtsprechung zur Realofferte hat lediglich Versorgungsleistungen durch öffentliche oder private Versorgungsunternehmen im Massengeschäft zum Gegenstand; in aller Regel ist es der Grundversorger im Sinne des § 36 EnWG bzw. ein Wasserversorgungsunternehmen, der bzw. das Leistungen erbracht hat (oder, wie der Entscheidung des OLG Koblenz vom 02.02.2006 - 6 U 1179/05 zugrundeliegend, ein Unternehmen, das flächendeckend Energie liefert). Es macht zwar im Grundsatz keinen Unterschied, ob ein Energie- oder Wasserversorger mit dem Zweck der Daseinsvorsorge oder eine private Gesellschaft mit einem anderen Gesellschaftszweck - hier der Vermietung und Verpachtung von Wohnimmobilien - das Wasser liefert. Es erfolgt jeweils eine Vorhaltung von Wasser und besteht die Möglichkeit der Wasserentnahme für den Grundstücksnutzer. Allerdings ist im Falle der Klägerin jedenfalls für den streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum nicht ersichtlich, was der Inhalt eines solchen Vertrages sein sollte. Anders als bei (öffentlichen) Wasserversorgungsunternehmen gibt es hier keine in irgendeiner Form bekanntgegebenen allgemeinen Versorgungsbedingungen, zu denen durch ein faktisches Verhalten beider Parteien ein Versorgungsvertrag zustande gekommen wäre. Im Massengeschäft hingegen hat ein Wasserversorgungsunternehmen nach § 1 Abs. 4 AVBWasserV seine allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörenden Preisregelungen und Preislisten in geeigneter Weise öffentlich bekanntzugeben (vergleiche auch § 36 Abs. 1 S. 1 EnWG für Energieversorgungsunternehmen). Vorliegend liegt kein solches Massengeschäft vor, sondern es ist lediglich eine überschaubare, zwischenzeitlich in Grundstücke parzellierte Wohnsiedlung in G betroffen. Anders als die Klägerin meint, kann auch nicht der vollständige Vertragsinhalt anhand von § 315 Abs. 1 BGB durch sie, die Klägerin, bestimmt werden. Richtig ist zwar, dass hierdurch im Massengeschäft beim Vertragsschluss durch sozialtypisches Verhalten Lücken geschlossen werden können. Hier würde aber soll keine Lücke geschlossen, sondern der gesamte Vertragsinhalt bestimmt werden.

Soweit die Klägerin nunmehr vorgetragen hat, es sei "für ihre Leistungserbringung [...] eine Vergütung vereinbart in Höhe der durch [sie] an die Vorlieferanten gezahlten Beträge", beruft sie sich darauf, dass das gerichtliche Verfahren bereits seit dem Jahr 2014 laufe und die Beklagten in Kenntnis des Vortrags im Verfahren weiter ihre, der Klägerin, Leistungen beziehen würden. Es kann zur Entscheidung dieses Rechtsstreits dahinstehen, ob es hierdurch zu einem Vertragsschluss der Parteien gekommen ist. Jedenfalls für den Zeitraum, der Streitgegenstand dieses Rechtsstreits ist, lag kein Vertrag vor.

Soweit die Klägerin schließlich der Ansicht ist, das Landgericht Limburg habe in einem gleich gelagerten Fall angenommen, die Eigentümerin der Leitungen, und nicht die Stadtwerke seien Vertragspartner der Abnehmer, entspricht dies nicht den Ausführungen des Landgerichts Limburg (Urt. v. 22.05.2006 - 2 O 437/05). Dieses hat lediglich ausgeführt, die Stadtwerke seien nicht Lieferant, wenn noch ein Eigentümer weiterer Rohre zwischengeschaltet ist (LG Limburg, aaO, Tz. 22, zit. nach juris). Ob mit diesem Lieferanten ein Vertrag kraft sozialtypischen Verhaltens geschlossen wird, hatte das Gericht hingegen nicht zu entscheiden.

d) Die Übernahme der Geschäftsführung durch die Klägerin entsprach auch dem Interesse und dem hieraus abzuleitenden mutmaßlichen Willen der Beklagtenseite, weil diese das durch die Klägerin gelieferte Frischwasser genutzt hat.

e) Ansprüche der Klägerin sind nicht verwirkt. Verwirkt ist ein Recht unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB), wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die spätere Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt; zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH, Urt. v. 27.09.2013 - V ZR 52/12, Tz. 24; Urt. v. 16.03.2012 - V ZR 279/10, Tz. 24, jew. zit. nach juris; Schubert, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 356). Für eine Verwirkung fehlt es hier jedenfalls an einem Umstandsmoment. Die Klägerin hat zunächst lediglich keinen Zahlungsanspruch geltend gemacht.

f) Die Ansprüche der Klägerin sind nur hinsichtlich ihrer Rechnungen vom 28.06.2011 (Trinkwasser), vom 14.10.2011 (Abwasser), vom 19.12.2011 (Trinkwasser) und vom 19.12.2011 (Abwasser) durchsetzbar, insbesondere sind die Beklagten insoweit nicht nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern. Diese Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt. Der Einrede des § 214 Abs. 1 BGB unterliegen hingegen die Ansprüche aus der Rechnung vom 28.06.2011über 615,37 €. Diese Ansprüche für die Abwasserentsorgung der Jahre 2007 bis 2009 sind verjährt. Im Einzelnen:

Ansprüche aus den §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB unterliegen der Regelverjährung der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Hiernach beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden, insbesondere auch fällig ist, und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Unerheblich für den Lauf der Verjährungsfrist ist entgegen der Ansicht der Klägerin, wann sie den Beklagten Rechnungen erteilt hat. Ein Sonderfall, in der die Erteilung der Rechnung fälligkeitsbegründend ist (hierzu Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 199 Rn. 6), liegt nicht vor. Zwar ist dies bei einem Entgelt- bzw. Nachforderungsanspruch eines Versorgungsunternehmens der Fall (BGH, Urt. v. 22.10.1986 - VIII ZR 242/85, Tz. 30 ff. mit Verweis auf § 27 Abs. 1 AVBGasV; Urt. v. 08.07.1981 - VII ZR 222/80, Tz. 20 ff. mit Verweis auf dort streitgegenständliche AVB, jew. zit. nach juris). Dem ist der vorliegende Fall aber nicht vergleichbar, weil die Klägerin, wie ausgeführt, gerade nicht als Versorgungsunternehmen nach einer vertraglichen Abschlagszahlung Entgeltforderungen oder Nachforderungen, sondern lediglich einen Aufwendungsersatzanspruch nach den §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB geltend machen kann.

Entstanden und fällig sind die Ansprüche der Klägerin zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Aufwendungen getätigt hat, indem sie an die J GmbH & Co. KG L KG sowie an die Stadtwerke G auf deren Rechnungen Leistungen erbracht hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin auch Kenntnis der Klägerin sowohl von den anspruchsbegründenden Umständen als auch von der Person der Schuldner. Hieraus folgt:

Durch die auf Antrag der Klägerin vom 24.12.2014 erfolgte Zustellung der Mahnbescheide am 10.01.2015 ist gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB die Verjährung hinsichtlich der Ansprüche, die Gegenstand der Rechnungen der Klägerin vom 28.06.2011 (Trinkwasser), vom 14.10.2011 (Abwasser), vom 19.12.2011 (Trinkwasser) und vom 19.12.2011 (Abwasser) sind, gehemmt worden.

aa) Zahlungen an die J GmbH & Co. KG L KG hat die Klägerin am 04.02.2011 (Rechnung vom 28.06.2011, Frischwasser) und am 17.02.2012 (Rechnung vom 19.12.2012, Frischwasser) erbracht.

Hinsichtlich der Rechnung vom 19.12.2012 (Frischwasser) wäre mit Ablauf des 31.12.2015 Verjährung eingetreten; die Zustellung der Mahnbescheide am 10.01.2015 hat die Verjährung gehemmt.

Hinsichtlich der Rechnung vom 28.06.2011 (Frischwasser) wäre mit Ablauf des 31.12.2014 Verjährung eingetreten. Die Zustellung der Mahnbescheide am 10.01.2015 hat die Verjährung gehemmt, weil gemäß § 167 ZPO auf den Eingang der entsprechenden Anträge am 24.12.2014 abzustellen ist. Die Hemmung endete nicht nach § 204 Abs. 2 S .1, 2 BGB. Hiernach endet die Hemmung, wenn das Verfahren dadurch in Stillstand geraten ist, dass die Parteien es nicht betreiben, sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die am 28.09.2015 bei Gericht eingegangene Anspruchsbegründung beendete den Stillstand vor Ablauf von sechs Monaten. Hiervor war die letzte Verfahrenshandlung die gerichtliche Aufforderung gemäß § 697 Abs. 1 S. 1ZPO, den Anspruch zu begründen, die der Klägerin am 26.03.2015 zugegangen war. Der Zugang der gerichtlichen Verfügung setzte die Frist in Gang, weil § 204 Abs. 2 ZPO eine wirksame Prozesshandlung voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.1997 - VII ZR 227/96, Tz. 13 ff., zit. nach juris; Grothe, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 204 Rn. 82 m.w.N.). Hiernach wären sechs Monate am 26.09.2015 abgelaufen. Weil es sich hierbei um einen Samstag handelte, lief die Frist nach § 193 BGB allerdings erst am darauffolgenden Montag, dem 28.09.2015 ab, so dass die Klägerin das Verfahren durch Einreichen der Anspruchsbegründungsschrift vor Ablauf von sechs Monaten im Sinne des § 204 Abs. 2 S. 3 BGB weiterbetrieben hat.

Soweit die Klägerin zu Zahlungen für den Frischwasserverbrauch im Jahr 2012 vorgetragen hat, ist dieser nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung.

bb) Zahlungen an die Stadtwerke G hat die Klägerin mit folgenden Auswirkungen auf den Lauf der Verjährung erbracht:

Am 16.03.2012 leistete die Klägerin eine Zahlung, die die Rechnung vom 19.12.2012 (Abwasser) betrifft. Verjährung wäre mit Ablauf des 31.12.2015 eingetreten; die Zustellung der Mahnbescheide am 10.01.2015 hat die Verjährung gehemmt.

Am 28.10.2011 leistete die Klägerin eine Zahlung, die die Rechnung vom 14.10.2011 (Abwasser) betrifft. Verjährung wäre mit Ablauf des 31.12.2014 eingetreten. Die Zustellung der Mahnbescheide am 10.01.2015 hat die Verjährung gehemmt, weil gemäß § 167 ZPO auf den Eingang der entsprechenden Anträge am 24.12.2014 abzustellen ist und die Hemmung nicht nach § 204 Abs. 2 BGB geendet ist. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Rechnung vom 28.06.2011 (Frischwasser) Bezug genommen.

Bereits am 27.12.2010 leistete die Klägerin eine Zahlung, die die Rechnung vom 28.06.2011 (Abwasser) betrifft. Diesbezüglich ist mit Ablauf des 31.12.2013 Verjährung eingetreten. Die Einleitung des Mahnverfahrens am 24.10.2014 vermochte keine Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB mehr zu bewirken.

2. Der Zinsanspruch folgt jeweils aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

3. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin besteht weder hinsichtlich der Versorgung der Beklagtenseite mit Frischwasser noch im Hinblick auf die Entsorgung von Abwasser.

a) Ein Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB scheitert, wie bereits ausgeführt, am Fehlen eines auf eine Realofferte der Klägerin geschlossenen Vertrages zwischen den Parteien.

b) Auch ein weitergehender Anspruch aus §§ 433 Abs. 2, 398 S. 2 BGB besteht nicht. Zwar hat die J GmbH & Co. L KG einen etwaigen Anspruch aus der Lieferung von Frischwasser an die Beklagtenseite durch Vertrag vom 06./11.04.2016 (Anl. K11, Bl. 199 d.A.) an die Klägerin abgetreten. Der Vortrag zur Abtretung ist im Berufungsverfahren als neue Tatsache nach den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen. Jedoch fehlt es nach eigenem Vortrag der Klägerin an einem abzutretenden Anspruch der J GmbH & Co. L KG. Diese habe die Wasserbelieferung nicht vorgenommen. Alleine mit der Ansicht, entweder die Klägerin oder die Streithelferin müsse einen vertraglichen Anspruch haben, dringt die Klägerin nicht durch. Denn wie dargestellt scheitert ein vertraglicher Anspruch der Klägerin, weil es nicht zu einem Vertragsschluss kraft sozialtypischem Verhalten gekommen ist. Das bedeutet dann aber nicht, dass die J GmbH & Co. L KG - von der unstreitig gar keine Realofferte ausgegangen ist - Vertragspartnerin der Beklagten geworden wäre.

4. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 Abs. 1 ZPO liegen vor. Die Forderungen der Klägerin sind nach Grund und Höhe streitig. Während die geltend gemachten Ansprüche, wie ausgeführt, bestehen, soweit nicht Verjährung eingetreten ist, kann die Kammer über die Höhe der nicht verjährten Ansprüche noch nicht befinden. Der Höhe nach ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif.

Nach den §§ 683 S. 1, 670 BGB hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Maßgeblich ist nach einem subjektivobjektiven Maßstab, ob die Klägerin (freiwillige) Vermögensopfer erbringt, die nach ihrem verständigen Ermessen zur Verfolgung des Auftragszwecks geeignet sind, notwendig erscheinen und in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Geschäftsführung für den Geschäftsherrn stehen (BGH, Urt. v. 08.05.2012 - XI ZR 437/11, Tz. 21, zit. nach juris). Hierbei ist nicht auf eine übliche Vergütung abzustellen, die die Klägerin berechnen könnte, wenn sie ein Energieversorgungsunternehmen gewesen wäre. Denn eine solchermaßen durchgeführte Berechnung des Aufwendungsersatzanspruchs ist nur möglich, wenn die auftragslose Besorgung eines fremden Geschäfts im Rahmen des Berufs oder des Gewerbes des Geschäftsführers erfolgt (BGH, Urt. v. 26.01.2005 - VIII ZR 66/04, Tz. 29 m.w.N., zit. nach juris).

Als erforderlich zu ersetzen sind die den Beklagten durch die Klägerin in Rechnung gestellten Beträge, wenn und soweit die Rechnungen der J GmbH & Co. KG L KG für das Frischwasser sowie der Stadtwerke G für das Abwasser rechnerisch zutreffend sind. Dies ist der Fall, wenn die Menge des tatsächlich verbrauchten Frischwassers unter Berücksichtigung des von der J GmbH & Co. KG L KG selbst genutzten Wassers und möglicher Leitungsverluste sowie die Menge des abgeführten Abwassers, gegebenenfalls im Einklang mit dem zugeführten Frischwasser, zutreffend errechnet worden ist.

Eine Schätzung nach § 287 ZPO ist der Kammer bei derzeitigem Sachvortrag der Klägerin nicht möglich. Eine richterliche Schadensschätzung ist unzulässig, wenn sie im Ergebnis mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde. Der Tatrichter überschreitet die seinem Ermessen gesetzten Grenzen, wenn er zu einer Schätzung greift, ohne für sie eine tragfähige Grundlage zu haben (vgl. statt aller BGH, Urt. v. 17.01.1995 - VI ZR 62/94, Tz. 17, zit. nach juris). Dies ist hier mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen der Fall. Insbesondere ist nicht, wie die Klägerin meint, pauschal ein Abschlag von 15 % von ihren Rechnungen vorzunehmen. Die Schätzung des Anspruchs anhand eines Abschlags setzt voraus, dass den Rechnungen eine hinreichende Tatsachengrundlage zugrunde liegt.

Eine Preisermittlung nach den §§ 315, 316 BGB, wie die Klägerin sie - pauschal -heranziehen will, ist im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht möglich, weil die Klägerin gerade nicht wie ein Versorgungsunternehmen "ihre" Preise bestimmen kann, sondern lediglich im Wege des Aufwendungsersatzes erhält, was sie für das gelieferte Wasser aufgewendet hat.

Es wird vor diesem Hintergrund aufzuklären sein, in welchem Umfang die Klägerin gegenüber den Beklagten Aufwendungen für die Frischwasserlieferung und, damit zusammenhängend, die Abwasserentsorgung erbracht hat. Die Klägerin hat zu den Ablesungen des Wasserzählers und zur Ermittlung der Verbrauchswerte Zeugenbeweis angeboten. Auf den erstmals im angefochtenen Urteil erfolgten Hinweis, die Klägerin habe zu den Differenzen der Verbrauchswerte, die die J GmbH & Co. KG L KG ermittelt hat, und die sie, die Klägerin, zugrundegelegt hat, näher vorzutragen, hat die Klägerin dargelegt, dass diese Unterschiede ihre Ursache darin haben können, dass die Einzelzähler und der Zähler am Übergabepunkt von der J GmbH & Co. KG L KG an sie, die Klägerin, eine unterschiedliche Messgenauigkeit aufweisen. Hierzu hat die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt (Bl. 185 d.A.). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hat die Klägerin ferner zu dem durchschnittlichen Verbrauch eines Zweipersonenhaushalts beantragt (Bl. 186 d.A.). Dieser Beweisantritt ist nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil das Amtsgericht vor Erlass des angefochtenen Urteils entgegen § 139 Abs. 1, 2 ZPO nicht darauf hingewiesen hat, dass die vorhandenen Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung der Höhe der Forderung derzeit nicht ausreichen.

Die Kammer verkennt nicht, dass auch nach einer Sachaufklärung Unsicherheiten hinsichtlich des verbrauchten und abgeleiteten Wassers verbleiben können, zumal es zwischen den Parteien streitig ist, ob und inwieweit es zu erheblichen Sickerverlusten gekommen ist und wie sich der Ablauf der Eichfrist an den Wasserzählern der Beklagten auswirkt. Nach einer Sachaufklärung kann aber eine hinreichende Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO vorliegen, zumal es, wie ausgeführt, zwischenzeitlich unstreitig ist, dass die Beklagten überhaupt Leistungen der Klägerin bezogen haben.

Soweit die Klägerin mit der Berufung vorträgt, sie halte sich "bei der Ermittlung der Vergütung an die Berechnungsgrundlagen eines öffentlichen Versorgungsunternehmens", ist dies ohne näheren Vortrag zu diesen Berechnungsgrundlagen nicht nachvollziehbar. Hierauf kommt es auch nicht an, weil im Rahmen des Anspruchs aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB darzulegen und zu beweisen ist, welche Aufwendungen die Klägerin getätigt hat und inwiefern sie diese für erforderlich halten durfte. Rechtsprechung aus dem Mietrecht zur Nebenkostenabrechnung ist nicht, wie die Klägerin meint, entsprechend heranzuziehen, weil die Interessenlage zwischen Vermieter und Mieter eine andere ist als zwischen dem Geschäftsführer einer Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Geschäftsherrn.

5. Die Kammer macht von dem ihr durch § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 2. Alt. ZPO eingeräumten Ermessen Gebrauch, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Hiernach darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, und eine Partei die Zurückverweisung beantragt.

Die Voraussetzungen einer Zurückverweisung sind gegeben. Die Klägerin hat, ebenso wie die Beklagten, die Zurückverweisung beantragt. Der Anspruch der Klägerin ist nach Grund und Höhe streitig und das Amtsgericht hat die Klage bereits dem Grunde nach abgewiesen bzw., im Hinblick auf nichtvertragliche Ansprüche, eine Haftung dem Grunde nach jedenfalls nicht bejaht. Der Streit über den Betrag des Anspruchs ist, wie ausgeführt, nicht entscheidungsreif.

Eine Zurückverweisung (im Umfang der Aufhebung) erscheint unter dem Gesichtspunkt der Instanzwahrung sachgerecht. Ein Anspruch der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist vom Amtsgericht nicht erwogen worden. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Neufassung von § 538 ZPO Instanzwahrungsgesichtspunkten gegenüber Gesichtspunkten der Prozesswirtschaftlichkeit nur noch eine untergeordnete Bedeutung zuerkannt, jedoch erscheint im vorliegenden Fall gleichwohl dieser Gesichtspunkt bedeutsam, zumal die Klärung des Betrages in erster Instanz nicht langsamer oder ineffektiver zu bewerkstelligen ist als vor der Kammer und beide Parteien übereinstimmend die Zurückverweisung beantragt haben.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Auch wenn das Urteil selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, da das angefochtene Urteil gemäß § 717 Abs. 1 ZPO bereits mit der Verkündung des aufhebenden Urteils außer Kraft tritt, ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung bereits eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nur durch Vorlage eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils bewirkt werden kann, §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO (OLG Brandenburg, Urt. v. 28.11.2016 - 1 U 6/16, Tz. 37 m.w.N., zit. nach juris).

7. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zulassung der Revision ist auch nicht gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da nicht über streitige oder zweifelhafte Rechtsfragen zu entscheiden war. Der Rechtsstreit betrifft lediglich die Anwendung für sich genommen gesicherter Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall; entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige abstraktgenerelle Rechtsfragen zeigen die Parteien demgemäß auch nicht auf.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.010,83 €