VG Köln, Urteil vom 01.12.2016 - 13 K 4127/14
Fundstelle
openJur 2019, 5975
  • Rkr:
Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2014 verpflichtet, dem Kläger den von ihm begehrten Informationszugang zu gewähren, insbesondere Auskunft darüber zu erteilen, ob, und wenn ja, welche bei den Musikverlagen L. , T. und G. verlegten Werke der Komponisten Felix Draeseke (1835-1913), Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 - 1847) sowie Joachim Raff (1822-1882) im Notenarchiv des Beklagten vorhanden sind,

sowie

dem Kläger die Musiknoten der 3. Symphonie d-moll von Samuel Jadassohn op. 50 (Partitur und Stimmen) im Original vorzulegen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist persönlich haftender Gesellschaft des 1823 in Leipzig gegründeten und 1943 ausgebombten Musikverlages "L. & T. ". Zum Geschäftsfeld des Verlags gehört auch das Vermieten von Noten für Orchester. Die Musikverlage L. , T. und G. sind zum Musikverlag L. & T. verschmolzen worden. Nach eigenen Angaben hat sich der Kläger seit Jahren intensiv mit der Historie des Verlages befasst und bereitet eine Festschrift vor, die zum 200. Gründungsjahr im Jahr 2023 veröffentlicht werden soll. Er bemüht sich seit Jahren - teils als Rechtsanwalt, teils als Geschäftsführer des Verlages - um Auskünfte betreffend das Notenarchiv des Beklagten, unter anderem um dem illegalen Verkauf von Originalnoten des Verlages nachzuspüren.

Unter dem 4. April 2014 beantragte der Kläger als persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer der L. & T. gemäß §§ 809, 810 BGB, ihm die Symphonien von Wetz op. 48, Jadassohn op. 50 (jeweils Klavierauszug, Partitur und Stimmen) vorzulegen sowie mitzuteilen, ob sich Werke von Felix Draeseke im Notenarchiv des Beklagten befänden. Dies lehnte der Beklagte ab und wies darauf hin, dass sein Notenarchiv dem Begehren des Klägers in der Vergangenheit entgegengekommen sei und ihm etwa Scans des kompletten im WDR vorhandenen Materials von der 3. Sinfonie op. 50 von Jadassohn habe zukommen lassen. Weitere Rechercheleistungen seien mit Blick auf den damit verbundenen personellen Aufwand nicht möglich; der vom Kläger ins Gespräch gebrachte persönliche Zugang zu dem internen Notenarchiv könne nicht gewährt werden.

Der Kläger beantragte daraufhin unter dem Briefkopf " B. , ... C. ... Rechtsanwälte B. " am 12. Mai 2014, ihm nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - möglichst durch schriftliche Auskunft oder Akteneinsicht -

1. mitzuteilen, ob sich Werke von Felix Draeseke (1835 - 1913), Felix Mendelssohn-Bartholdy sowie Joseph Joachim Raff (1822 - 1882) aus dem Musikverlag L. & T. (ehemals M. ) im Notenarchiv des Beklagten befinden,

2. die Symphonie Jadassohn op. 50 (jeweils Klavierauszug, Partitur und Stimmen) sowie die Korrespondenz des Beklagten mit " L. & T. ", M. , (bzw. G1. und D. M1. und/oder L1. N. ) vorzulegen.

Das Informationszugangsbegehren sei lediglich auf Informationen hinsichtlich des konkreten Archivbestandes gerichtet. Der journalistischredaktionelle Bereich sei nicht betroffen, Versagungsgründe nach § 8 und 9 IFG NRW seien nicht einschlägig.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2014 lehnte der Beklagten den Informationszugang ab: Zwar finde das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen gemäß § 55a WDR-Gesetz grundsätzlich Anwendung, es sei jedoch der in dieser Norm ausdrücklich vom Informationszugangsanspruch ausgenommene Bereich der journalistischredaktionellen Informationen betroffen. Dies seien jedwede Informationen, die Einblick in die dem Redaktionsgeheimnis unterfallende Informationsgewinnung, Informationsverarbeitung oder Informationsverbreitung ermöglichten. Hierzu seien auch die angeforderten Notenmaterielaien zu zählen, da die Archivbestände der Informationsgewinnung dienten.

Dagegen legte der Kläger am 3. Juli 2014 Widerspruch ein und machte geltend, der begehrte Informationszugang betreffe keine journalistischredaktionellen Informationen. Es gehe gerade nicht um geschützte Redaktionsgeheimnisse im Zusammenhang mit der Programmgestaltung, sondern um eine reine Bestandsauskunft - Auskunft werde nur über das Vorhandensein, nicht über etwaige Quellen begehrt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus: Der Kläger habe auch die Vorlage der Symphonie von Wetz op. 48 begehrt und zudem den Antrag als Geschäftsführer einer juristischen Person gestellt, der nach § 4 Abs. 1 IFG NRW kein Anspruch zustehe. Der Kläger als natürliche Person sei nunmehr nur vorgeschoben, es sei von einer Antragstellung durch die juristische Person auszugehen. Dies folge aus dem Schreiben unter dem Briefkopf des Verlags. Überdies stehe die Ausschlussregel des § 55a WDRG der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes NRW entgegen. Es seien journalistischredaktionelle Informationen betroffen. Bei verfassungskonformer Auslegung gehöre zum journalistischredaktionellen Bereich, der nicht dem Informationszugang unterliege, jede Information, die Einblicke in die dem Redaktionsgeheimnis unterfallende Informationsgewinnung, -verarbeitung oder -verbreitung ermögliche oder deren Veröffentlichung auf andere Weise eine fremde Einflussnahme auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung der Programme konkret befürchten lasse. Das WDR-Notenarchiv diene ausschließlich programmlichen Zwecken, in dem es Notenmaterial allein für Produktionen der WDR-Klangkörper vorhalte, bestelle und archiviere. Eine Herausgabe von Informationen insbesondere von vorgehaltenem und archiviertem Notenmaterial sowie die Bedingungen des seinerzeitigen Erwerbs lasse Rückschlüsse auf die Programmgestaltung in der Vergangenheit, aber auch in der Zukunft zu. Insoweit gehöre auch diese akzessorische Hilfstätigkeit zum geschützten Bereich journalistischredaktioneller Informationen. Überdies seien die Informationen im WDR-Notenarchiv nicht vorhanden. Denn nur ein Teil der Bestände sei elektronisch erfasst, ein großer Teil befinde sich im Zettelkatalog. Dies bedeute, dass erst mit großem Rechercheaufwand und Auswertungen der vorhandenen Dateien eine Aussage darüber getroffen werden könnte, ob die Musikwerke, die Gegenstand des Auskunftsanspruchs seien, sich überhaupt bzw. in einer bestimmten Weise im Bestand des WDR-Notenarchivs finden würden. Die Informationen müssten also durch Recherche erst ermittelt und geschaffen werden. Das WDR-Notenarchiv sei kein öffentliches Archiv, so dass sich auch kein Anspruch nach dem Archivgesetz NRW ergebe.

Am 31. Juli 2014 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er vor, er habe den Antrag auf Informationszugang als natürliche Person gestellt; dass er gleichzeitig Geschäftsführer eines Verlages in Form einer KG sei, ändere daran nichts. Der Beklagte sei informationspflichtig, die Noten würden für Aufführungen der WDR-Klangkörper (Sinfonieorchester, Chor und Bigband) für öffentliche Auftritte und Sendungen benutzt. Der journalistischredaktionelle Bereich sei nicht betroffen, es gehe lediglich um Mitteilung des Vorhandenseins von Werken der drei genannten Komponisten. Auch seien die Informationen vorhanden, wie sich aus den Ausführungen des Beklagten ergebe, dass ein Zettelkatalog existiere. Die mangelnde Digitalisierung könne nicht zum Nachteil des Klägers gereichen. Es handele sich auch nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zumal allein die Einsichtnahme, nicht aber die Überlassung begehrt werde.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit sie auf die Umstände des Erwerbs der Symphonie Nr. 3 dmoll op. 50 von Samuel Jadassohn gerichtet war.

Der Kläger beantragt,

1.

den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2014 zu verpflichten, dem Kläger den von ihm begehrten Informationszugang zu gewähren, insbesondere Auskunft darüber zu erteilen, ob, und wenn ja, welche bei den Musikverlagen L. , T. und G. verlegten Werke der Komponisten Felix Draeseke (1835-1913), Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 - 1847) sowie Joachim Raff (1822-1882) im Notenarchiv des Beklagten vorhanden sind.

2.

den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Musiknoten der 3. Symphonie dmoll von Samuel Jadassohn op. 50 (Partitur und Stimmen) im Original vorzulegen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen aus den angegriffenen Bescheiden. Darüber hinaus führt er aus, der Kläger verfolge offenkundig eine Neuedition der von dem Informationszugangsbegehren betroffenen Werke der genannten Komponisten; für diese Werke sei der urheberrechtliche Schutz erloschen. Als Antragsteller sei nicht der Kläger als natürliche Person, sondern aufgrund der Chronologie der Informationsgewinnungsversuche der Verlag anzusehen, dem als juristische Person kein Zugangsanspruch zustehe. Im Übrigen sei der journalistischredaktionelle Bereich betroffen: Das WDR-Notenarchiv diene ausschließlich den Belangen WDR-eigener Produktionen, in dem es Notenmaterial für Produktionen der WDR-Klangkörper vorhalte, bestelle und archiviere. Auch würden hierüber in Auftrag gegebene Bearbeitungen von Noten und Arrangements für geplante Produktionen der WDR-Klangkörper abgewickelt. Hierbei handele es sich zum Teil um Material, das noch nicht gesendet worden sei. Archiviert werde nur gekauftes Aufführungsmaterial, sog. Kaufmaterial im Gegensatz zu sog. Leihmaterial. Mit dem Kauf des Aufführungsmaterials erwerbe der Beklagte die Aufführungsrechte auf Dauer. Im WDR-Notenarchiv dauerhaft archiviert werde nur Material, das im Musikalienhandel rechtmäßig erworben worden sei. Würden entsprechende Auskunftsansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz bestehen, insbesondere im Hinblick auf vorgehaltenes und archiviertes Notenmaterial sowie die Bedingungen des seinerzeitigen Erwerbs, ließe dies Rückschlüsse auf die Programmgestaltung in der Vergangenheit, im Hinblick auf eingesendetes Material, d. h. für die Klangkörper in Auftrag gegebene Arrangements etc., aber auch Rückschlüsse auf die Programmgestaltung in der Zukunft zu. Dies würde jedoch die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundrechtlich geschützte Programmautonomie unmittelbar berühren, denn bei einem bestehenden Anspruch müsste der Beklagte seine Programmplanungen für seine Klangkörper offenlegen. Dies könnten beispielsweise auch Konkurrenten durch entsprechende Anfragen von möglicherweise in deren Auftrag handelnder natürlicher Personen nutzen. Insoweit sei auch der Betrieb des Notenarchivs unmittelbar programmakzessorisch und gehöre damit zum geschützten Bereich journalistischredaktioneller Informationen. Die Informationen seien zudem - wie im Widerspruchsbescheid im Einzelnen dargelegt - nicht vorhanden. Durch eine Recherche in der Datenbank des WDR-Notenarchivs habe festgestellt werden können, dass in den letzten 20 Jahren keine vom Verlag L. & T. verlegten Aufführungsmaterialien angekauft worden seien. Für Bestände, die über diese Zeit hinaus im Bestand des WDR-Notenarchivs vorhanden sein mögen, könnten überhaupt keine Aussagen mehr getroffen werden, da gemäß § 257 HGB die Aufbewahrungsfrist für Kaufbelege und Inventare 10 Jahre betrage, so dass keine Belege mehr vorhanden seien. Mithin könnten auch die vom Kläger darauf bezogenen Auskünfte nicht erteilt werden. Schließlich handele sich bei der Frage, über welche Bestände das WDR-Notenarchiv verfüge, auch um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die zulässige Klage hat im Übrigen Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Zugang zu den im Einzelnen im Tenor aufgeführten Informationen; der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 12. Juni 2014 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Anspruch ergibt sich aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622). Nach § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den bei der (öffentlichen) Stelle vorhandenen Informationen.

Die Anwendbarkeit des IFG NRW, die im Hinblick auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Rundfunkfreiheit durch § 55a des Gesetzes über den "Westdeutschen Rundfunk Köln" (WDR-Gesetz - WDRG) eingeschränkt ist, ist hier gegeben. Der Beklagte hat nach § 4 Abs. 2 Satz 3 WDRG Beiträge zur Kultur und Kunst anzubieten. Weiter hat er nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WDRG sicherzustellen, dass die Vielfalt der bestehenden künstlerischen Richtungen im Gesamtprogramm der Anstalt in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet.

Die Einschränkung des § 55a WDRG steht hier dem Informationszugangsanspruch nicht entgegen. Danach findet das IFG NRW auf den Beklagten Anwendung, es sei denn, dass journalistischredaktionelle Informationen betroffen sind. Die Abgrenzung von danach vom Informationszugang ausgenommenen Bereich zu denjenigen Bereichen der Tätigkeit des Beklagten, für die grundsätzlich der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes gegeben ist, unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung,

vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 28. Juni 2016 - 5 A 987/14 -, juris Rn. 175.

Die Voraussetzungen der Nichtanwendungsklausel sind nicht erfüllt. Ausgeschlossen sind nach dem Willen des Gesetzgebers nur solche Informationen, die dem Kernbereich der journalistischen redaktionellen Arbeit und dem verfassungsrechtlich geschützten Bereich der Programmgestaltung zuzuordnen sind,

vgl. LTDRucks 14/9393, S. 188.

Journalistisch bedeutet die Tätigkeit des Journalismus, verstanden als Tätigkeiten, durch die aktuelle Informationen für die Öffentlichkeit inhaltlich gestaltet werden,

vgl. zum Vorstehenden Brockhaus 19. Aufl., Band 11 1990, Stichwort Journalismus.

Als Redaktion bezeichnet man zum einen die Gesamtheit der angestellten journalistischen Mitarbeiter einer Hörfunkhauptabteilung, die die vom jeweiligen Medium verbreiteten Aussagen beschafft, auswählt, gestaltet und die Ereignisse im Rahmen gegebener Richtlinien kommentiert. Insofern gilt das sog. Redaktionsgeheimnis, was mit dem Pressegeheimnis gleichgesetzt wird. Das Pressegeheimnis bezeichnet das Zeugnisverweigerungsrecht von Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung (u. a. Redakteure) von Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken (oder mitgewirkt haben) über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen (und Unterlagen), soweit es sich um den redaktionellen Teil handelt - so auch § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO,

vgl. zum Vorstehenden Brockhaus 19. Aufl., Band 18, 1992, sowie Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl. Band 19, 1977 Stichworte "Redaktion" und "Redaktionsgeheimnis".

Die Pressefreiheit umfasst den Schutz vor dem Eindringen des Staates in die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit sowie in die Vertrauenssphäre zwischen den Medien und ihren Informanten,

Bundesverfassungsgericht (BVerfG), 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 13. Juli 2015 - 1 BvR 2480/13 -, juris Rn. 16.

Geschützt durch das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO ist auch das Vorbereiten, d. h. das Stadium der Informationsbeschaffung,

vgl. Schmitt, in Meyer/Goßner, Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen, 59. Aufl. 2016, § 53 Rn. 32.

Die Rundfunkfreiheit dient der Meinungsbildung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Meinungsbildung vollzieht sich nicht nur durch Nachrichtensendungen u. ä, sondern ebenso in musikalischen Darbietungen,

vgl. BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 -, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 73, 118 (152).

Rundfunkfreiheit ist vor allem Programmfreiheit. Sie gewährleistet, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können. Es ist der Rundfunk selbst, der aufgrund seiner professionellen Maßstäbe bestimmen darf, was der gesetzliche Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt,

BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 -, BVerfGE 97, 298 (310), sowie Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60 (87), und vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 -, BVerfGE 73, 118 (182 f.).

Unter Programm wird herkömmlich eine auf längere Dauer angelegte, planmäßige und strukturierte Abfolge von Sendungen oder Beiträgen verstanden. Als Veranstalter eines solchen Programms ist anzusehen, wer seine Struktur festlegt, die Abfolge plant, die Sendungen zusammenstellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung dem Publikum anbietet. Durch diese auf das gesamte Programm bezogenen Tätigkeiten unterscheidet er sich vom bloßen Zulieferer einzelner Sendungen oder Programmteile. Nicht notwendig ist dagegen, dass der Veranstalter das Programm selbst ausstrahlt oder die einzelnen Sendungen selbst produziert. Ob jemand ein Programm in dem genannten Sinn veranstaltet und folglich den Schutz des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genießt, beurteilt sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Denn das Bedürfnis nach Schutz vor Einflussnahmen auf die Programmgestaltung besteht dort, wo diese der Sache nach stattfindet,

BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 -, BVerfGE 97, 298 (310).

Der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit ist am Programmbezug der jeweiligen Tätigkeiten ausgerichtet; diese müssen zur inhaltlichen Gestaltung des Rundfunks beitragen. Von einem Schutz, der undifferenziert die gesamte Tätigkeit der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalt erfasst, geht die Rechtsprechung nicht aus,

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 30.12 -, juris Rn. 16 - zu § 55a WDRG und der Frage, ob ein presserechtlicher oder IFG-basierter Auskunftsanspruch hinsichtlich der Auftragsvergabe im nicht redaktionelljournalistischen Bereich besteht, z. B. für Reinigungsdienstleistungen oder Beschaffung von Büromaterial oder sonstige Gegenstände, die üblicherweise in Verwaltungen oder Unternehmungen verwendet werden.

In verfassungskonformer Auslegung gehört zu dem journalistischredaktionellen Bereich, der nicht dem Informationszugang nach § 4 Abs. 1 IFG NRW i. V. m. § 55a WDRG unterliegt, jede Information, die Einblicke in die dem Redaktionsgeheimnis unterfallende Informationsgewinnung, -verarbeitung oder -verbreitung ermöglicht oder deren Veröffentlichung auf andere Weise eine fremde Einflussnahme auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung der Programme konkret befürchten lässt. Demgegenüber unterliegen solche Informationen nicht dem Redaktionsgeheimnis, die in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der Programmgestaltung und -produktion stehen. Hierzu gehört etwa die Vergabe von Aufträgen, die keine Rückschlüsse auf spezifisch redaktionelle Tätigkeiten zulassen,

vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 -, juris Rn. 78 ff.

Daran gemessen ist hier eine Zuordnung der geltend gemachten Informationszugangsbegehren zum journalistischredaktionellen Bereich ersichtlich nicht gegeben: Es handelt sich um die alleinige Auskunft dazu, ob und gegebenenfalls welche Werke der drei Komponisten im WDR-Notenarchiv vorhanden sind, die bei den Musikverlagen L. , T. und G. verlegt worden sind. Allein die Frage, welches Werk vorhanden ist, hat nichts mit der Programmgestaltung zu tun. Die Programmgestaltung beginnt frühestens dort, wo die vorhandenen Werke - etwa der drei genannten Komponisten - zu einer Abfolge kombiniert werden. Die Frage, wo der Beklagte diese erworben hat, ist nicht mehr gestellt - es geht nur um das Vorhandensein. Im Ergebnis nichts anderes gilt von dem Begehren, dem Kläger Partitur und Stimmen der 3. Symphonie dmoll op. 50 von Samuel Jadassohn im Original vorzulegen, auch insoweit ist ein Bezug zur Programmgestaltung nicht erkennbar oder dargelegt. Allein die Möglichkeit, dass der Beklagte dieses Notenmaterial hat und irgendwann einmal zur Programmgestaltung benutzen wird, ist so weit von diesem geschützten Bereich der Rundfunkfreiheit entfernt, dass die Sperrklausel des § 55a WDRG nicht greift. Erst recht gilt dies für die Vergangenheitsbetrachtung des Beklagten, insoweit ist die Rundfunkfreiheit und das oben skizzierte Pressegeheimnis nicht mehr existent, die Programmgestaltung für die Vergangenheit ist allgemein bekannt.

Auch die Anspruchsvoraussetzungen des danach Anwendung findenden IFG NRW sind gegeben.

Der Beklagte ist eine informationspflichtige Stelle i. S. d. § 4 Abs. 2 IFG NRW i. V. m. § 2 Abs. 1 IFG NRW und § 55a WDRG. Der Beklagte übt im Zusammenhang mit dem Vorhalten und Ordnen des Notenarchivs Verwaltungstätigkeit i. S. v. § 2 Abs. 1 IFG NRW aus,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 -, juris Rn. 50 und 53, zur allgemeinen Auftragsvergabe.

Der Kläger ist auch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW als natürliche Person anspruchsberechtigt. Soweit sich der Widerspruchsbescheid des Beklagten dazu verhält, dass nicht der Kläger als natürliche Person, sondern er als Geschäftsführer der juristischen Person L. & T. den Antrag gestellt habe, verkennt der Beklagte bereits den Sachverhalt. Der Kläger ist auch nicht nur in einer rechtlich missbilligenswerten Weise vorgeschoben,

zu einer solchen Konstellation vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Mai 2006 - 26 K 721/05 -, juris, Rn. 17 ff. - Antrag einer natürlichen Person als Vorstandsvorsitzender einer juristischen Person; zudem in der zweiten Instanz korrigiert. Vgl. weiter - die Korrektur in der zweiten Instanz begrüßend - Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 85.

Aus dem Antrag ergibt sich eindeutig, dass der Kläger hier als Rechtsanwalt und Naturalpartei den Antrag stellt. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten, an das hohe Anforderungen zu stellen sind,

vgl. Schoch, wie vor,

bestehen keine Anhaltspunkte.

Auch die vom Beklagten geltend gemachten Hinderungsgründe bzw. Anspruchsausschlüsse, die eng auszulegen sind,

vgl. dazu im Einzelnen Schoch, a.a.O., Vorb §§ 3 - 6 Rn. 65 ff,

sind nicht gegeben.

Die gilt zunächst hinsichtlich des Einwands, die Informationen seien nicht vorhanden. Insofern trägt der Beklagte vor, wegen der erforderlichen Suche im Zettelkatalog mangels Digitalisierung des gesamten Notenarchivs sollen die Informationen nicht vorhanden sein. Damit wird eine Anspruchsvoraussetzung des § 4 Abs. 1 IFG NRW verneint. Eine informationspflichtige Stelle verfügt jedoch auch dann über eine Information, wenn diese erst aus bereits vorhandenen Informationen zusammengestellt werden muss,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. März 2011 - 8 A 3358/08 -, juris, Rn. 124; Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 13 K 5055/06 -, juris, Rn. 45 (jeweils zum Umweltinformationsgesetz), dazu Berufungsurteil des OVG NRW vom 1. März 2011 - 8 A 357/08 -, juris Rn. 104.; Urteil vom 23. Januar 2014 - 13 K 3710/12 -, nicht veröffentlicht (zum IFG NRW).

Zwar ist es grundsätzlich nicht Aufgabe der Behörde, Daten nach bestimmten vom Antragsteller gewünschten Kriterien aufzubereiten. Vielmehr besteht in erster Linie ein Anspruch auf Zugang zu den Informationen, so wie sie bei der Behörde vorliegen ("vorhanden" sind); der Antragsteller muss sich im Regelfall aus den übermittelten Informationen die von ihm gewünschten selbst heraussuchen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn mit dem Herausfiltern der begehrten Informationen ein großer Aufwand verbunden ist.

Dass die Bereitstellung der hier verlangten Informationen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand darstellen würde, wird schon seitens des Beklagten nicht substantiiert dargelegt. Insofern hat die Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass der erwähnte Zettelkatalog zumindest teilweise nach anerkannten bibliographischen Kriterien geführt worden ist resp. wird. Zu den Kernangaben eines jeden Katalogs einer Bibliothek gehört auch die Angabe des Verlags des Werks - hier die seitens des Klägers genannten drei Verlage - und die "Zettelangaben" sind nur für drei Komponisten zu durchsuchen, von denen zwei (Draeseke und Raff) ein eher überschaubares Gesamtwerk haben. Bei Mendelssohn-Bartholdy ist der Werkumfang sicherlich merklich größer, aber ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand wurde nicht dargelegt. So hat die Bibliothekarin des Notenarchivs des Beklagten, Frau M2. , abstrakt angegeben, dass verschiedene (bis zu 18) Systematiken in der Vergangenheit verwendet worden sind, je nachdem ob es sich um große Dirigentenpartituren, kleine Taschenpartituren oder andere Formate handelt. Diese unübersichtliche Organisation des Notenarchivs kann aber zunächst schon nicht zu Lasten des Informationszugangsbegehrenden gehen. Nichts anderes gilt für die Angabe, dass nicht immer bei mehrfach vorhandenen Einzelwerken auf den Karten des Katalogs der Verlag angegeben ist und daher ein Aufsuchen des Standorts der Werke erforderlich sein mag. Abgesehen davon, dass dies nur abstrakt und nicht in Bezug auf die hier in Rede stehenden Werke von Mendelssohn-Bartholdy, Draeseke und Raff behauptet worden ist, folgt daraus kein unzumutbarer Aufwand. So haben die Beklagtenvertreter auf die Anregung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, mit der Zusammenstellung gegebenenfalls einen Praktikanten zu beauftragen, nur pauschal geantwortet, diese hätten anderes zu tun. Nichts anderes gilt für die die Korrespondenz des Beklagten mit " L. & T. ", M. , (bzw. G1. und D. M1. und/oder L1. N. ). Weder ist substantiiert dargelegt worden, dass das Heraussuchen einen unzumutbaren Aufwand darstellen würde, noch für den Zeitraum von vor mehr als 20 Jahren im Einzelnen behauptet worden, solche Korrespondenz sei nicht (mehr) vorhanden. Insofern hat sich der Beklagte mit dem Hinweis auf allgemeine handelsrechtliche Aufbewahrungsfristen begnügt.

Des Weiteren sind die Informationen - soweit die 3. Symphonie dmoll op. 50 von Jadassohn in Rede steht - dem Kläger nicht bereits zur Verfügung gestellt worden. Nach § 5 Abs. 4 erste Alternative IFG NRW kann der Antrag abgelehnt werden, wenn die Information dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist. Insoweit fehlt bereits eine entsprechende Ermessensentscheidung im Verwaltungsverfahren, die im Gerichtsverfahren nicht erstmals getroffen werden kann. Zudem kommt es dem Kläger auf das Originalmaterial an, das er in Augenschein nehmen möchte. Hinsichtlich Partitur und Stimmen der 3. Symphonie dmoll op. 50 von Samuel Jadassohn hat er dargelegt, das seinem Informationszugangsbegehren durch die Übersendung der kompletten Scans des vorhandenen Notenmaterials nicht Genüge getan ist, da es ihm vor allem auf die Provenienz des Materials ankommt, die sich nur durch Inaugenscheinnahme des Originalmaterials gegebenenfalls feststellen lässt. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf nach § 5 Abs. 1 Satz 5 IFG NRW eine andere Art nur bestimmt werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt. Einen solchen wichtigen Grund hat der Beklagte jedoch nicht dargelegt.

Auch handelt es sich nicht um schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu denen nach § 8 Satz 1 IFG NRW der Informationszugang gesperrt ist, wenn dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Insofern ist schon der letztgenannte Umstand nicht ansatzweise substantiiert seitens des Beklagten vorgetragen - zumal der Kläger nicht die Überlassung des Notenmaterials begehrt, sondern nur erfahren will, ob bei dem Verlag verlegtes Notenmaterial dreier Komponisten vorhanden ist, bzw. nur die Vorlage der 3. Symphonie dmoll von Jadassohn op. 50 in Form von Partitur und Stimmen begehrt. Die Befürchtung des Beklagten, der Kläger würde in seinem Musikverlag die entsprechenden Werke, die nach Ablauf des urheberrechtlichen Schutzes 70 Jahre nach Tod der Komponisten gemeinfrei sind, verlegen wollen, gehen daher fehl.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der durch Klagerücknahme weggefallene Teil des Informationszugangsbegehrens fällt gegenüber dem dem Kläger zu gewährenden Informationszugang kostenmäßig nur geringfügig ins Gewicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Anlass, die Berufung zuzulassen, bestand nicht, § 124a Abs. 1 VwGO; die maßgeblichen Fragen sind durch die Entscheidung des OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 -, juris, geklärt.

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