OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2018 - 10 W 63/17
Fundstelle
openJur 2019, 3823
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 40 Lw 10/16

Bei der Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zu einem mit Hofvermerk im Grundbuch eingetragenen landwirtschaftlichen Besitz hat das Nachlassgericht zu prüfen, ob es sich bei dem vom Erblasser hinterlassenen landwirtschaftlichen Besitz um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt oder ob die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen und damit die Verbotsvermutung von § 5 Höfeverfahrensordnung widerlegt ist. Eine Hoferbenbestimmung kann bedeuten, dass ein zum Hoferben bestimmter Rechtsnachfolger Alleinerbe des Erblassers werden soll, wenn der landwirtschaftliche Betrieb die Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung verliert. (redaktionelle Leitsätze der Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm).

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 30.01.2017 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Paderborn vom 19.09.2016 abgeändert:

Das Amtsgericht wird angewiesen, einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass Herr G, geboren am ...1955, wohnhaft Y-Weg, Z, Erbe des am ...2016 in Z, seinem letzten Wohnsitz, verstorbenen X3, geboren am ...1922 in A, ist.

Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin und der weitergehende Antrag des Antragstellers werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in beiden Instanzen nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 556.498,94 EUR

festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses.

Der Erblasser war Eigentümer des im Grundbuch von Z verzeichneten Hofes i.S.d. Höfeordnung. Seine Ehe mit der vorverstorbenen Frau X1 ist kinderlos geblieben. Auch sonst hat der Erblasser keine leiblichen Abkömmlinge. Zum Hof gehörte ursprünglich eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 100 ha, auf der der Erblasser vorwiegend Ackerbau betrieb. Seit den neunzehnhundertsiebziger Jahren verkaufte der Erblasser in großem Umfang Ackerflächen, so dass derzeit nur noch 12,86 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und ca. 7,5 ha Forst zum Betrieb gehören. In dieser Zeit stellte er die Produktion zunächst auf Viehwirtschaft und sodann seit den neunzehnhundertachtziger Jahren auf den Anbau von Sonderkulturen um. Seit dem Jahr 2000 ist die gesamte landwirtschaftliche Betriebsfläche an den Antragsteller verpachtet. Lebendes oder totes Inventar ist auf dem Betriebsgelände nicht mehr vorhanden. Die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Gebäude mit Ausnahme der Betriebsleiterwohnung sind gewerblich fremdvermietet. Die große Diele des Wohnhauses baute der Erblasser zu einem Veranstaltungsraum für Festlichkeiten um und verpachtete diesen an ein örtliches Catering-Unternehmen. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Erblasser im Wesentlichen aus den Miet- und Pachteinnahmen.

Der Erblasser vermachte durch notariellen Erbvertrag vom 15.12.2005 seinen Geschwistern, Frau T und Herrn X2, das Miteigentum an zwei Baugrundstücken. Der Erblasser und der Antragsteller schlossen am 30.4.2007 einen notariellen Erbvertrag. Darin setzte der Erblasser den Antragsteller zum Hoferben ein. In der Vorbemerkung zum Erbvertrag heißt es: „Da er keinen Hoferben aus der näheren Verwandtschaft hat und Wert auf die Weiterführung des Hofes durch einen mit der Familie X verwandten, erfahrenen Landwirt legt, soll der vorgenannte Betrieb nach seinem Tode auf den Sohn seines verstorbenen Vetters G1, Herrn G, übergehen.“ Der Antragsteller verpflichtete sich, an den Erblasser ab dem 01.05.2007 eine monatliche Rente in Höhe von 850 EUR zu zahlen. Der Antragsteller ist ausgebildeter Landwirt und selbst Inhaber eines benachbarten Hofs im Sinne der Höfeordnung, der von ihm und seiner Familie betrieben wird. Die Antragsgegnerin ist die Nichte des Erblassers. Außer ihr sind noch fünf weitere Nichten und Neffen des Erblassers vorhanden.

Der Antragsteller hat vorgetragen, ein Wiederanspannen des Hofes sei unproblematisch möglich. Er beabsichtige, auf dem Hof einen Pferdepensionsbetrieb einzurichten. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber vorgetragen, die Hofeseigenschaft des Besitztums sei bereits vor einiger Zeit erloschen. Die vom Hofvermerk im Grundbuch ausgehende Vermutung, dass der landwirtschaftliche Betrieb noch immer ein Hof im Sinne der Höfeordnung sei, werde durch zahlreiche Indizien widerlegt. Die über Jahre hinweg andauernde Bewirtschaftungsaufgabe durch den Erblasser, der Wegfall einer geeigneten Hofstelle, der Zustand der Wirtschaftsgebäude, das Fehlen lebenden und toten Inventars, die langfristige parzellenweise Verpachtung der Ländereien und die Vermietung der Gebäude zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken stünden der Annahme entgegen, dass es sich noch um einen Hof handelte. Diese objektiven Indizien ließen auch darauf schließen, dass der Erblasser den Willen gehabt habe, den landwirtschaftlichen Betrieb endgültig einzustellen.

Das Landwirtschaftsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags auf Erteilung des begehrten Hoffolgezeugnisses erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, der Antragsteller sei mit dem Erbvertrag vom 30.04.2007 wirksam zum alleinigen Hoferben berufen worden. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt des Todes des Erblassers ein Hof i.S.d. Höfeordnung vorgelegen, so dass sich die Erbfolge nach der HöfeO und nicht nach den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Rechts richte. Dafür spreche bereits eine Vermutung, da im Zeitpunkt des Todes ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen gewesen sei. Das Gericht könne nicht feststellen, dass die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs durch eine endgültige Betriebsaufgabe verloren gegangen sei. Insbesondere sei dies nicht im Zusammenhang mit der um das Jahr 2000 erfolgten Aufgabe der Eigenbewirtschaftung geschehen. Angesichts des Alters des Erblassers spreche einiges dafür, dass die Aufgabe aus Altersgründen erfolgt sei. Die landwirtschaftlichen Flächen seien komplett an den Antragsteller verpachtet worden. Dies spreche dafür, dass der Erblasser die Bewirtschaftung nicht endgültig und dauerhaft habe einstellen wollen. Aus der teilweisen Veräußerung des Inventars ergebe sich nichts anderes, da dies nicht mehr benötigt worden sei. Der Umbau und die Nutzung der Diele als Veranstaltungsort deute nicht auf die endgültige Aufgabe der Bewirtschaftung hin. Auch aus der Fremdvermietung zum Unterstellen von landwirtschaftlichen Geräten werde keine endgültige Nutzungsänderung deutlich, die auf eine dauerhafte Betriebseinstellung hinweise. Die vermieteten Gebäude seien nicht mehr benötigt worden. Schließlich sei der Erblasser in der Vorbemerkung zum Erbvertrag selbst von einer Fortführung des Betriebes ausgegangen. Nach den Feststellungen des Vertreters der Landwirtschaftskammer sei ein Wiederanspannen des Betriebes durchaus möglich. Nach der HöfeO sei der Antragsteller aufgrund des Erbvertrages als Erbe berufen. Er sei als Landwirt schließlich auch wirtschaftsfähig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, Bl. 184 ff. d.A., Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin. Sie trägt vor, das Landwirtschaftsgericht habe zu Unrecht die Hofeigenschaft bejaht und einen lediglich ruhenden Betrieb angenommen. Der im Grundbuch eingetragene Hofvermerk begründe lediglich die widerlegbare Vermutung der Hofeigenschaft. Damit habe sich das Gericht nicht auseinandergesetzt. Zum Zeitpunkt des Erbfalls habe kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr vorgelegen. Der Erblasser habe die Betriebseinheit dauerhaft aufgelöst, sodass die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen sei. Nur durch die Vorbemerkung im Erbvertrag habe der Erblasser den bereits „toten“ Betrieb nicht wiederbeleben können. Der Erblasser habe die Bewirtschaftung der land-, und forstwirtschaftlichen Flächen im Jahr 2000 aufgegeben und die gesamte landwirtschaftliche Fläche an den Antragsteller verpachtet. Der Erblasser habe alle Einrichtungen und sämtliches Inventar endgültig verkauft. Dies sei nicht nur aus Altersgründen erfolgt. Dem stehe nicht entgegen, dass der Erblasser die Hoffnung gehegt haben mag, der Antragsteller werde die Bewirtschaftung des Betriebes wiederaufnehmen. Es fehle aber auch an einer geeigneten Hofstelle. Der Betrieb verfüge nach dem Verkauf landwirtschaftlicher Nutzfläche nur noch über eine absolut unterdurchschnittliche und keineswegs auskömmliche Ausstattung mit Ländereien. Außerdem fehle es an einer funktionsfähigen Betriebsleiterwohnung. Die Gebäude seien vermietet und würden gewerblich genutzt. Die gewerbliche Vermietung des Festsaales sei die einzige namhafte Einnahmequelle des Erblassers gewesen. Auch der Antragsteller plane die Vermietung des Festsaals in der großen Diele als seine Haupteinnahmequelle ein und nicht die Landwirtschaft. Der Erblasser habe die Landwirtschaft auch deshalb aufgegeben, weil sie sich mit dem Festbetrieb nicht vertragen habe. Die Gebäudeversicherung habe verlangt, dass vom gesamten Gelände sämtliche brennbaren Materialien, insbesondere Stroh, entfernt werde. Mit Ausnahme der großen Scheune und des ehemaligen Hühnerstalls befänden sich sämtliche Wirtschaftsgebäude in einem maroden Zustand, insbesondere die Dächer seien undicht. Die Gebäude entsprächen schon lange nicht mehr dem Stand der Technik. Der Erblasser habe auch nicht in neues landwirtschaftliches Inventar investiert. Da es sich um einen „toten“ Betrieb handele, sei auch entgegen der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer ein Wiederanspannen nicht möglich. Dies sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht weder im Hauptnoch im Nebenerwerb sinnvoll.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Paderborn vom 19.9.2016 das Antragsbegehren des Antragstellers auf Erteilung des Hoffolgezeugnisses zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

1. unter Zurückweisung der Beschwerde den Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 19.9.2016 aufrechtzuerhalten und dem Antragsteller das begehrte Hoffolgezeugnis gemäß Antrag vom 16.9.2016 zu erteilen.

2. hilfsweise, einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass Herr G, geboren am ...1955, wohnhaft Y-Weg, Z, Erbe des am ...2016 in Z, seinem letzten Wohnsitz, verstorbenen X3, geboren am ...1922 in A, ist.

Der Antragsteller trägt vor, die durch die Eintragung des Hofes in die Höferolle bestehende gesetzliche Vermutung der Hofeigenschaft werde durch das Vorbringen der Antragsgegnerin nicht widerlegt. Die Hofeigenschaft sei nicht entfallen, weil der Erblasser lediglich aus Altersgründen den landwirtschaftlichen Betrieb eingeschränkt habe. Nach der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer sei ein Wiederanspannen jederzeit möglich. Die Betriebsleiterwohnung sei bis zu seinem Tod vom Erblasser benutzt worden. Die Lebensgefährtin des Erblassers habe das ihr per Vermächtnis eingeräumte Wohnrecht am Wohngebäude wahrnehmen wollen. Die gewerbliche Umnutzung der Diele stehe der beabsichtigten Bewirtschaftung als Pferdepension nicht entgegen. Bei dem Hühnerstall sei von dem außerordentlichen Kündigungsrecht des Rechtsnachfolgers Gebrauch gemacht worden.

Die Antragsgegnerin hat der Erteilung eines Erbscheins im Beschwerdeverfahren widersprochen. Sie meint, der Senat sei dafür unzuständig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Verfahrensstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Beteiligten und die Vertreter der Landwirtschaftskammer angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll des Anhörungstermins nebst Berichterstattervermerk Bezug genommen.

II.

Die gem. § 9 LwVG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin hat nur zum Teil Erfolg. Der Antragsteller kann zwar nicht die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses, wohl aber die Erteilung eines Erbscheins nach allgemeinem Recht verlangen.

1.

Der auf Erteilung des Hoffolgezeugnisses gerichtete Hauptantrag des Antragstellers ist unbegründet. Ein Hoffolgezeugnis kann nur erteilt werden, wenn das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrages erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet (§§ 2359 BGB, 352 e Abs. 1 FamFG, 9 LwVG). Dazu gehört nach der Sonderregel des § 4 HöfeO auch die Feststellung, dass es sich bei dem vom Erblasser hinterlassenen landwirtschaftlichen Besitz um einen Hof i.S.d. § 1 HöfeO handelt, oder ob – was hier zwischen den Beteiligten in Streit steht - die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen und damit die Vermutung des § 5 HöfeVfO widerlegt ist. Dies ist im Verfahren auf Erteilung des Hoffolgezeugnisses zu prüfen und ggf. inzidenter festzustellen (OLG Hamm, Beschluss vom 18. Dezember 2012 – 10 W 142/12 –, juris). Das Nachlassgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Hofeigenschaft des zum Nachlass gehörenden landwirtschaftlichen Betriebs festgestellt.

a)

Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 HöfeO ist Hof im Sinne des Gesetzes u.a. eine land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle. Für den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Besitz ist zwar nach wie vor der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen, der die widerlegbare Vermutung der Hofeigenschaft der Besitzung begründet (§ 5 HöfeVfO). Diese Eintragung steht einem Verlust der Hofeigenschaft aber nicht entgegen. Die Hofeigenschaft kann nämlich gem. § 1 Abs. 3 HöfeO auch dann entfallen, wenn keine landwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist, ohne dass es auf die Löschung des Hofvermerks im Grundbuch ankommt, § 1 Abs. 3 S. 2 HöfeO.

So ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass bei einer dauerhaften Einstellung des auf der Besitzung vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebes die Hofeigenschaft entfällt, auch wenn die sonstigen Hofvoraussetzungen des § 1 HöfeO gegeben sind und weiterhin ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen ist (vgl. zuletzt grundlegend: BGH, Beschluss vom 29.11.2013, BLw 4/12NJW-RR 2014, 243 – juris Rn.39). Maßgeblich ist hierbei, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war. Von einem Hof im Sinne der Höfeordnung kann demnach unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der höferechtlichen Sondererbfolge und deren verfassungsrechtlicher Rechtfertigung nur dann ausgegangen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wiederhergestellt werden kann. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der Höfeordnung nicht mehr vorhanden. (so schon Senat, AuR 2006, 391 – juris Rn.27 m.w.N.; vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2012 – 23 WLw 7/12 – juris Rn.10; OLG Schleswig, RdL 2014, 245 – juris Rn.38 f.). Die Frage der Hofeigenschaft ist hierbei nach objektiven und subjektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen (BGH, a.a.O. Rn. 44).

Als wesentliche Indizien für die Auflösung der Betriebseinheit gelten insbesondere eine Aufgabe der Bewirtschaftung durch den Erblasser, das Fehlen einer für den landwirtschaftlichen Betrieb geeigneten Hofstelle, das Fehlen von lebendem und totem Inventar, eine langfristige parzellierte Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen und/oder die Vermietung von Gebäuden zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken und die fehlende Möglichkeit, den Hof aus eigenen Erträgen wieder anzuspannen (BGH AgrarR 2000, 227; OLG Hamm AgrarR 1999, 179).

Ein maßgeblicher Gesichtspunkt ist dabei der Wille des Hofeigentümers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll (vgl. BGH a.a.O. Rn.45) Ein solcher Wille kann ggfls. durch eine Gesamtschau der objektiven Umstände indiziert sein. Allerdings kann der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft objektiv entfallen sind und im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Betrachtung keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Betrieb in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte. Die dauernde Betriebsstillegung ist demgegenüber abzugrenzen von der nur vorübergehenden Aufgabe der Bewirtschaftung. In diesem Fall ist dann noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung gegeben, wenn eine Wiedervereinigung der Hofstelle mit dem gesamten oder nahezu gesamten Land in absehbarer Zeit realistisch erwartet werden kann, ein Wiederanspannen des Hofes als Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb sinnvoll erscheint und der hierfür erforderliche Kapitaleinsatz aus den Erträgen des Hofes selbst beglichen werden kann, ohne dessen Existenz in Frage zu stellen (BGH a.a.O.).

b)

Gemessen an diesen Kriterien geht der Senat hier davon aus, dass die Hofeigenschaft aufgrund der dauerhaften Betriebseinstellung durch den Erblasser entfallen ist.

Bei der Frage, ob die Betriebseinheit als aufgelöst angesehen werden kann, kommt zwar dem Willen des Hofeigentümers maßgebliche Bedeutung zu. Insoweit stellt die Vorbemerkung in § 1 des Erbvertrages mit dem Antragsteller ein deutliches Indiz dafür dar, dass der Erblasser den Willen hatte, den Hof nicht aufzulösen, sondern durch die Erbeinsetzung das Wiederanspannen des Hofes zu ermöglichen. In dem Erbvertrag heißt es: „Da er keinen Hoferben aus der näheren Verwandtschaft hat und Wert auf die Weiterführung des Hofes durch einen mit der Familie X verwandten, erfahrenen Landwirt legt, soll der vorgenannten Betrieb nach seinem Tode auf den Sohn seines verstorbenen Vetters G1, Herrn G, übergehen.“ Allerdings kann der Erblasser, wenn er im Zusammenhang mit der Aufgabe der Bewirtschaftung seinen dahingehenden Willen einmal geäußert hat und so die Hofeigenschaft der Besitzung beseitigt hat, durch eine entgegenstehende spätere Willensäußerung die Hofeigenschaft nicht ohne weiteres wieder aufleben lassen (vgl. OLG Hamm AuR 2006, 234 f.). Dies ist hier aber der Fall, denn der Erblasser hatte schon einige Jahre vor Abschluss des Erbvertrages mit dem Antragsteller im Jahr 2007 die Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes endgültig aufgegeben.

Die Eigenbewirtschaftung des Hofes hat der Erblasser nach dem übereinstimmenden  Vorbringen der Beteiligten spätestens im Jahr 2000 endgültig aufgegeben. Dass der Erblasser die Viehhaltung schon in den neunzehnhundertachtziger Jahren komplett eingestellt hatte, besagt noch nichts, denn er hatte anschließend auf den Anbau von Sonderkulturen umgestellt. Allerdings hat der Erblasser dann im Jahr 2000 sämtliche landwirtschaftlichen Nutzflächen an den Antragsteller verpachtet. Auch wenn dies nicht parzelliert erfolgt ist, sondern eine geschlossene Verpachtung an den Antragsteller vorgenommen wurde, spricht die Vorgehensweise des Erblassers für eine endgültige Betriebsaufgabe. Der Erblasser hatte die zum Hof gehörenden landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Verkäufe seit den siebziger Jahren ständig verkleinert hat. Zum Zeitpunkt des Erbfalls verfügte der Betrieb nur noch über 12,86 ha Nutzfläche und 7,5 ha Forst, so dass schon zweifelhaft ist, ob der Betrieb überhaupt noch zur gewinnbringenden Bewirtschaftung geeignet war. Dass der 78 Jahre alte Erblasser im Jahr 2000 die Eigenbewirtschaftung des Betriebs lediglich vorübergehend aus Altersgründen aufgegeben und dadurch den Hof zum Ruhen gebracht hat, erscheint hingegen ausgeschlossen. Der Erblasser hat nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Eigenbewirtschaftung im Jahr 2000 bis zu seinem Tod für die Dauer von 16 Jahren seine überwiegenden Einkünfte nur noch aus der Vermietung der Betriebsgebäude zu gewerblichen Zwecken erzielt. Seine Haupteinnahmequelle bestand seit dieser Zeit in der landwirtschaftsfremden Nutzung der großen Diele des Wohngebäudes als Räumlichkeit für die Ausrichtung von Feierlichkeiten. Der Antragsgegnerin ist darin Recht zu geben, dass sich die Nutzung der Diele als sog. eventlocation kaum mit einer landwirtschaftlichen Nutzung in Einklang bringen lässt, so dass auch deshalb die Wiederaufnahme der Landwirtschaft fraglich erscheint. Es kann allerdings dahinstehen, ob dem Vorbringen der Antragsgegnerin auch darin zu folgen ist, dass eine geeignete Hofstelle nicht mehr vorhanden sein soll. Die vorgelegten Lichtbilder, der Internetauftritt zur „C“ unter www...#.de und die darin enthaltenen Fotos der Baulichkeiten sowie der Umstand, dass der Antragsteller seiner erbvertraglichen Verpflichtung zur Instandhaltung nachkommt, ohne dass es offenbar bisher zu Beanstandungen seitens der Mieter gekommen ist, sprechen eher dagegen. Indiz für die endgültige Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs ist indessen sicherlich die Tatsache, dass unstreitig das gesamte lebende und tote Inventar seit langer Zeit nicht mehr vorhanden ist.

Vorliegend kommt es demnach nicht darauf an, ob dem Antragsteller ein Wiederanspannen des Betriebes nach einer Übernahme als Hoferbe möglich ist. Insoweit ist die Einschätzung des vom Amtsgericht angehörten Vertreters der Landwirtschaftskammer, nach der ein Wiederanspannen des Betriebes jederzeit möglich sei, nicht erheblich für die Frage der Hofeigenschaft des Betriebes. Auch ist die Absicht des Antragstellers, die Vermietung der „C“ weiter betreiben und auf dem Hof einen Pferdepensionsbetrieb errichten zu wollen, in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Ein Wiederanspannen des Hofes durch den Antragsteller kommt nämlich schon deshalb nicht mehr in Betracht, weil der Erblasser den landwirtschaftlichen Betrieb im Jahr 2000 und der folgenden Zeit nicht nur zum vorübergehenden Ruhen gebracht, sondern endgültig aufgegeben hat. Da aber nur ein „ruhender Betrieb“ wieder in Gang gesetzt werden kann (Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 9. Aufl., § 1 Rn. 142), hat der landwirtschaftliche Betrieb des Erblassers seine Hofeigenschaft i.S.d. § 1 HöfeO endgültig verloren.

2.

Der Hilfsantrag des Antragstellers hat hingegen Erfolg, so dass das Nachlassgericht den beantragten Erbschein, der den Antragsteller als Alleinerben des Erblassers ausweist, zu erteilen hat.

a)

Ein Erbschein ist gemäß § 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG zu erteilen, wenn das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen als festgestellt erachtet. Das bedeutet, dass der Senat den beantragten Erbschein zwar nicht selbst erteilen, jedoch das Nachlassgericht zur Erteilung des Erbscheins anweisen kann (Palandt-Weidlich, BGB, § 2353 Rn. 56; Keidel-Zimmermann, FamFG, § 352 e Rn. 130). Es entfällt trotz des Widerspruchs der Antragsgegnerin aber der in § 352 e Abs. 2 FamFG vorgesehene Erlass eines Feststellungsbeschlusses, weil die Entscheidung des Senats unanfechtbar ist (Keidel-Zimmermann, a.a.O., Rn. 134).

b)

Der Erblasser hat den Antragsteller in § 2 des notariellen Erbvertrages vom 30.04.2017 zu seinem Alleinerben eingesetzt. Nach dem Wortlaut der erbvertraglichen Regelung hat der Erblasser zwar ausdrücklich allein die Bestimmung des Antragstellers als Hoferben vorgesehen. In der erbvertraglichen Regelung heißt es, dass der Erblasser als Hofeserben für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb den Antragsteller einsetzt. Diese Hoferbenbestimmung i.S.d. § 7 Abs. 1 HöfeO ist jedoch nach der Überzeugung des Senats dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller Rechtsnachfolger des Erblassers auch für den Fall werden sollte, dass der landwirtschaftliche Besitz die Hofeigenschaft i.S.d. § 1 HöfeO verliert.

Es ist anerkannt, dass eine letztwillige Verfügung durchaus dahin ausgelegt werden kann, dass der Bedachte die Besitzung unabhängig von ihrer höferechtlichen Einordnung in ihrer Vermögenssubstanz erhalten soll, wenn der Hofeigentümer einen Hoferben bestimmt hat und die Hoferbfolge deshalb nicht eintreten kann, weil die Besitzung inzwischen die Hofeigenschaft verloren hat (Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 9. Aufl., § 7 Rn. 70 m.w.Nw.). Gemäß § 133 BGB ist bei der Auslegung der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und auch in den Fällen "klaren und eindeutigen" Wortlauts nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Die Auslegung beschränkt sich deshalb nicht auf eine Analyse des Wortlauts, sondern zieht auch alle außerhalb der Urkunde liegenden Umstände mit heran. Der wirkliche Wille des Erblassers hat Vorrang vor dem Wortlaut der Erklärung (BGH,

AgrarR 1983, 159).

Hier sprechen die gesamten Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses dafür, die Erbeinsetzung des Antragstellers auch für den Fall anzunehmen, dass der Erblasser den Wegfall der Hofeigenschaft seines landwirtschaftlichen Besitzes erkannt und bei dem Abschluss des Erbvertrages bedacht hätte. Schon die Formulierung in der Vorbemerkung § 1 des Erbvertrages, wonach der Erblasser Wert auf die Weiterführung des Hofes legt, zeigt, dass sein Wille dahin ging, seinen Nachlass im Ganzen zu erhalten und auf jeden Fall so zu regeln, dass eine Zerschlagung des Hofes infolge des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge durch seine sechs Neffen und Nichten verhindert wird. Durch Erbvertrag vom 15.12.2005 hatte der Erblasser auch nicht seine beiden Geschwister X2 und T, geb. X zu Erben eingesetzt, sondern für sie lediglich ein Vermächtnis ausgesetzt. Wie die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 23.08.2016 unwidersprochen vorgetragen hat, hatte der Erblasser zunächst unter seinen engeren Verwandten nach einem geeigneten Hofnachfolger gesucht. Dass er seinem Neffen T1 ursprünglich den Hof zukommen lassen wollte, spricht nach Auffassung des Senats ebenfalls dafür, dass es dem Erblasser in erster Linie daran gelegen war, den Hof zu erhalten und den Nachlass nicht zu zersplittern. Offenbar erst als diese Versuche scheiterten, hat sich der Erblasser an den Antragsteller gewandt.

Im Rahmen der Auslegung der erbvertraglichen Regelungen ist gem. § 157 BGB auch der Vertrauensschutz zu berücksichtigen, den der Antragsteller als Vertragspartner für sich in Anspruch nehmen kann (Palandt-Weidlich, BGB § 2084 Rn. 1). Für den Erblasser klar erkennbar, durfte der Antragsteller darauf vertrauen, im Todesfall dessen Rechtsnachfolge anzutreten, denn in § 6 des mit dem Erblasser abgeschlossenen Erbvertrages hatte sich der Antragsteller zu umfangreichen Gegenleistungen verpflichtet. Vertragsgemäß hat er von Mai 2007 bis zum Tod des Erblassers die vereinbarte monatliche Zahlung in Höhe von 850,00, mithin insgesamt mehr als 88.000 EUR, im Vertrauen auf die vorgesehene Erbfolge erbracht. Darüber hinaus hatte der Erblasser den Antragsteller dazu verpflichtet, die Hofstelle instand zu halten. Schließlich ist es nach Auffassung des Senats ein wichtiges Indiz für den Willen des Erblassers, den Antragsteller als seinen Alleinerben zu bedenken, dass diesem erbvertraglich die Bestattung und Grabpflege aufgetragen worden ist (vgl. Palandt-Weidlich, BGB, § 2087 Rn. 2).

Auch wenn man nach dem Wortlaut keine Erbeinsetzung des Antragstellers annehmen wollte, ist nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB  davon auszugehen, dass der Antragsteller Alleinerbe des Erblassers werden sollte. Nach dieser Bestimmung ist eine Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser sein Vermögen dem Bedachten zuwendet. Die Zuwendung eines Gegenstandes kann danach eine Erbeinsetzung bedeuten, wenn entweder der Nachlass dadurch erschöpft wird oder wenn sein objektiver Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich übersteigt, dass der Erblasser ihn offensichtlich als seinen wesentlichen Nachlass angesehen hat. Dies gilt vor allem bei der Zuwendung von Immobilien. Hat demnach also der Erblasser wertmäßig den Hauptgegenstand seines Vermögens einer Person zugewandt, ist es naheliegend, diese als Alleinerben anzusehen (Palandt-Weidlich, BGB, § 2087 Rn. 5 m.w.Nw.). So liegt der Fall auch hier. Laut § 2 des Erbvertrages sollte dem Antragsteller der gesamte landwirtschaftliche Betrieb, bestehend aus den Betriebsgrundstücken mit allen Gebäuden und dem dazugehörigen landwirtschaftlichen Inventar zugedacht werden. Zum Inventar sollten das Mobiliar der Wohnräume, der evtl. noch vorhandene PKW sowie alle Einrichtungsgegenstände gehören. Demgegenüber hat der Erblasser – wie bereits erwähnt – zugunsten seiner Geschwister und gem. § 3 des Erbvertrages zugunsten seiner Lebensgefährtin lediglich Vermächtnisse ausgesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser über den landwirtschaftlichen Besitz hinaus über nennenswertes Vermögen verfügte, sind auch nicht ersichtlich.

Dass der Wille des Erblassers dahin ging, den Antragsteller zum Alleinerben zu bestimmen, wird schließlich nicht durch die Regelung in § 7 des Erbvertrages in Frage gestellt. Darin stellt der Erblasser eine gesonderte letztwillige Verfügung für das hoffreie Vermögen in Aussicht. Ungeachtet dessen, dass nach dem Vorbringen der Beteiligten und dem Ergebnis der Verhandlungen nicht ersichtlich ist, dass nennenswertes hoffreies Vermögen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorhanden gewesen ist, hat der Erblasser die beabsichtigte letztwillige Verfügung auch nicht errichtet.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Aspekte kann bei der gem. § 2084 BGB gebotenen wohlwollenden Auslegung des Erbvertrages nur angenommen werden, dass der Erblasser den Antragsteller auch bei Fortfall der Hofeigenschaft der landwirtschaftlichen Besitzung zu seinem Alleinerben bestimmen wollte. Jedenfalls kann entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin nicht davon ausgegangen werden, dass das Hofgrundstück als hoffreies Vermögen einer anderen Erbfolge unterliegt als der übrige landwirtschaftliche Besitz. Anhaltspunkte, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Der Senat hat es für sachgerecht erachtet, die Gerichtskosten beider Instanzen zwischen den Beteiligten hälftig zu teilen und die Erstattung außergerichtlicher Auslagen nicht anzuordnen, da die getroffene Entscheidung im allseitigen Interesse liegt.

4.              Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.