OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2016 - 10 W 37/16
Fundstelle
openJur 2019, 3811
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 11 Lw 11/15

1.

Verpachtet ein 86-jähriger Hofeigentümer seinen Hof für die Dauer von 10 Jahren an einen Verwandten, der zum Kreis der gesetzlichen Hoferben gehört, kann hierin eine formlos bindende Hoferbenbestimmung gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HöfeO liegen.

2.

Weist ein mit Hofvermerk im Grundbuch eingetragener Hof zum Zeitpunkt des Erbfalls den nach § 1 Abs. 1 S. 3 HöfeO vorausgesetzten Wirtschaftwert auf, kommt es für die Hofeigenschaft nicht zusätzlich darauf an, ob der Betrieb noch rentabel zu bewirtschaften war.

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Lennestadt vom 19.11.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden dem Beteiligten zu 2. auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 34.484,- € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um die Hoferbfolge bezüglich des im Grundbuch von S Bl. ..., Amtsgericht Lennestadt, eingetragenen Hofes "I" nach dem am ... geborenen und am ...2014 verstorbenen Erblasser G I.

Der Erblasser war Alleineigentümer des seit dem ...1949 als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragenen Anwesens. Er war ledig und hatte keine Abkömmlinge. Zum Zeitpunkt des Erbfalls hatte er drei Brüder und eine Schwester, nämlich den Beteiligten zu 2. und die Beteiligte zu 3. sowie Herrn B I und den Vater des Beteiligten zu 1., Herrn H I. Eine weitere Schwester des Erblassers ist unverheiratet und ohne Hinterlassung von Abkömmlingen vorverstorben.

Zum Zeitpunkt des Erbfalls umfasste der landwirtschaftliche Betrieb eine Fläche von etwa 24 Hektar, davon 8 Hektar Wald, im Übrigen Grün- und Ackerland sowie die Hofstelle.

Der Erblasser hat den Hof bis zum Jahr 2013 selbst bewirtschaftet. Bis zum Jahr 1983 hat er Milchwirtschaft betrieben. Im Jahr 1985 hat er 8,3 Hektar Grünland sowie die Milchquote mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2021 fremdverpachtet. Er selbst hat auf dem Hof seitdem Rinder zur Fleischproduktion gehalten. Zum Zeitpunkt des Erbfalls gab es einen Bestand von ca. 10 Rindern sowie einer Milchkuh für den Eigenbedarf und das Tränken der Kälber. Die maschinelle Ausrüstung bestand aus zwei älteren Traktoren sowie kleineren Maschinen zur Grasernte und zur Grünlandpflege. Der Wirtschaftswert des Hofes betrug laut letztem verfügbaren Einheitswertbescheid des Finanzamtes P vom 22.Juni 1998 16.862,- DM (= 8.621,- €), der Wohnungswert des im Jahr 1990 nach einem Brand neu errichteten Wohnhauses 18.089,47 DM (= 9.249,- €). Flächenveränderungen nach dem Bewertungsstichtag hat es nicht gegeben.

Der am ...1965 geborene Beteiligte zu 1. und Antragsteller ist ein Neffe des Erblassers, nämlich ein Sohn des Bruders H I, der seinerseits mit Erklärung vom 17.02.2015 die Erbschaft ausgeschlagen hat (Beiakte Amtsgericht Lennestadt, 2 VI .../..., Bl. 2 ff.). Er hat keine landwirtschaftliche Ausbildung, sondern einen Gesellenabschluss als Maschinenschlosser. In diesem Beruf arbeitet er seit seinem 21. Lebensjahr, seit 2010 ist er als Lagerist bei einer Spedition in B1 tätig. Auf dem Hof des Erblassers hat er seit seiner Jugendzeit mitgearbeitet, in welchem Umfang ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit schriftlichem Pachtvertrag vom 10.05.2013 (Kopie Bl. 130 ff. der Gerichtsakte) hat der Erblasser den Hof für einen Zeitraum von 10 Jahren zu einer jährlichen Pacht von 1.000,- € an Antragsteller verpachtet. Die laufenden Verpachtungen wurden gemäß § 20 Nr.2 des Vertrages als Unterverpachtung fortgeführt. Im Übrigen bewirtschaftet der Antragsteller seither den Betrieb mit der Kälberwirtschaft selbständig im Nebenerwerb. Er hat zudem weitere Flächen aus eigenen Mitteln zugekauft, die er ebenfalls bewirtschaftet.

Mit notarieller Urkunde vom ...2015 (UR Nr. .../... des Notars A in P) hat der Beteiligte zu 1. die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses beantragt. Er hat gemeint, aufgrund der Überlassung des Betriebes an ihn mit Pachtvertrag vom 10.05.2013 sei er gemäß § 6 Abs.1 Nr.1 HöfeO als Hoferbe berufen. Er sei auch wirtschaftsfähig im Sinne des § 6 Abs.7 HöfeO. Hierzu hat er behauptet, er sei seit seinem 12. Lebensjahr mit dem Hof vertraut und habe dem Erblasser durchgehend bei der Bewirtschaftung des Hofes geholfen und so Einblick in alle Einzelheiten der Bewirtschaftung erhalten. Insbesondere die Düngung der Weiden einschließlich des Einkaufs des Düngers sowie das Einfahren des Heus habe er schon lange Jahre vor Abschluss des Pachtvertrages übernommen. Auch sei er mit allen Maschinen und Werkzeugen bestens vertraut und als gelernter Maschinenschlosser in der Lage, diese fachgerecht zu warten und zu reparieren.

Die Beteiligten zu 2. und zu 3. haben der Erteilung des beantragten Hoffolgezeugnisses widersprochen. Sie haben die Auffassung vertreten, der landwirtschaftliche Betrieb habe zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr den Anforderungen an einen Hof im Sinne der Höfeordnung entsprochen. Die Hofeigenschaft sei "außerhalb des Grundbuchs" verloren gegangen. Nach Aufgabe der Milchwirtschaft und Verpachtung der wesentlichen Weideflächen im Jahr 1985 sei die Landwirtschaft allenfalls noch hobbymäßig betrieben worden. Eine leistungsfähige Wirtschaftseinheit habe nicht mehr bestanden. Weder die Betriebsgröße noch die Ausstattung und die wirtschaftliche Situation des Hofes rechtfertigten es, das Iecht anzuwenden. Es bestehe auch keine realistische Möglichkeit, den Hof in absehbarer Zeit wieder zu einer leistungsfähigen Wirtschaftseinheit zu machen. Des Weiteren haben die Beteiligten zu 2. und zu 3. die Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten zu 1. bestritten. Er habe auf dem Hof allenfalls sporadisch ausgeholfen und sei - was unstreitig ist - dort nicht angestellt gewesen und habe dort auch nicht gelebt.

Das Landwirtschaftsgericht hat die Beteiligten persönlich angehört und eine schriftliche Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, Kreisstelle P, eingeholt. Nach dem Inhalt dieser Stellungnahme erfüllte der Betrieb zum Zeitpunkt des Erbfalls die Anforderungen der Höfeordnung. Der Wirtschaftswert einschließlich des Wohnungswertes habe über 10.000,- € gelegen. Da viele Stallarbeiten noch in Handarbeit zu erledigen gewesen seien, sei der Maschinenbesatz der Größe des Hofes angemessen gewesen. Dass nicht in neue Traktoren etc. investiert worden sei, habe einer rationalen Einschätzung der wirtschaftlichen Ertragskraft des Nebenerwerbsbetriebs entsprochen. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1. sei auch als wirtschaftsfähig für den von ihm bereits durch Pacht übernommenen Betrieb anzusehen. Er habe zwar keine formale landwirtschaftliche Ausbildung. Die Anforderungen an die Bewirtschaftung eines Nebenerwerbsbetriebes in dieser Größe mit ausschließlich Grünland und Mutterkuhhaltung und angeschlossenem Forstbetrieb seien aber bereits durch mehrjährige Mitarbeit im Betrieb zu erwerben. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller diese Anforderungen erfülle. Im Gespräch habe er seine betrieblichen Entscheidungen, vor allem auch hinsichtlich möglicher Investitionen, ausführlich und nachvollziehbar erläutern können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Vertreters der Landwirtschaftskammer, Dr. H, vom 15.06.2015, Bl. 68 ff. der Gerichtsakte, Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landwirtschaftsgericht die Tatsachen, die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1. beantragten Hoffolgezeugnisses erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Gemäß § 352 Abs.2 FamFG hat es die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Hoffolgezeugnisses bis zur Rechtskraft des Beschlusses ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es gehe nach Anhörung der Parteien davon aus, dass der Hof seine Hofeigenschaft nach der Höfeordnung nicht verloren habe und dass der Antragsteller für diesen Hof auch wirtschaftsfähig nach der Höfeordnung sei. Durch den Pachtvertrag habe der Erblasser eine formlos bindende Hoferbenbestimmung hinsichtlich des Antragstellers getroffen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2., der geltend macht, das Landgericht habe die Hofeigenschaft zu Unrecht bejaht. Es habe verkannt, dass der Wirtschaftswert des Hofes laut Bescheid des Finanzamtes bei 8.621,- € und damit unter 10.000,- € gelegen habe. Der Wohnungswert sei nicht zu berücksichtigen. Ferner habe das Landwirtschaftsgericht verkannt, dass der Hof schon zu Lebzeiten des Erblassers nicht mehr wirtschaftlich leistungsfähig gewesen sei. Damit sei die Hofeigenschaft "außerhalb des Grundbuchs" verloren gegangen. Die Privilegierungen der Höfeordnung dürften nach dem Sinn und Zweck des Iechts sowie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für wirtschaftlich nicht leistungsfähige Betriebe gelten. Auch die Feststellungen zur Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers seien nicht tragfähig. Eine ausreichende Fähigkeit des Antragstellers zur ordnungsgemäßen Feldbestellung, artgerechten Haltung des Viehbestandes und Unterhaltung und Wartung der Gerätschaften und des Gebäudes sei nicht nachvollziehbar festgestellt. Ebenso wenig organisatorische und kalkulatorische Fähigkeiten des Antragstellers. Der Umstand, dass der Antragsteller den Hof bereits als Pächter bewirtschaftet habe, sei nicht aussagekräftig, da die erforderlichen Arbeiten überwiegend von seinem Vater ausgeführt worden seien.

Der Beteiligte zu 2. beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Antrag des Beteiligten zu 1. auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er stellt schon die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2. in Abrede. Im Übrigen verteidigt er die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat in seiner Sitzung vom 05.07.2016 die Beteiligten zu 1. und 2. persönlich angehört und den Zeugen H I vernommen. Ferner hat der Vertreter der Landwirtschaftskammer, Herr Dr. H, seine Stellungnahme vom 15.06.2015 mündlich ergänzt und erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berichterstattervermerk zu der Sitzung Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Die Beschwerde ist gemäß § 1 Abs.1 S.1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 58 Abs.1 FamFG statthaft und nach Maßgabe der §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt worden.

Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1. ist der Beschwerdeführer auch beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 Abs.1 FamFG, da er für sich ein von dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses abweichendes Erbrecht nach den allgemeinen Vorschriften des BGB in Anspruch nimmt.

Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass dem Erbprätendenten gegen den Feststellungsbeschluss gemäß § 352 Abs.1 und 2 FamFG die Beschwerde zusteht, wenn das von ihm geltend gemachte Erbrecht in dem nach dem Beschluss zu erteilenden Erbschein nicht oder nach seinem Vortrag nicht richtig aufgeführt ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz, 18. Aufl., § 59 FamFG Rn.79 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für einen Feststellungsbeschluss bezüglich des Hoffolgezeugnisses als gegenständlich beschränkter Erbschein (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2011, 23 WLw 3/11 - juris Rn.5).

Anderes gilt nur, wenn der Erbschein bzw. das Hoffolgezeugnis bereits erteilt worden ist, § 352 Abs.3 FamFG, was hier aber nicht der Fall ist.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat in dem angefochtenen Beschluss die Tatsachen, die zur Erteilung des beantragten Hoffolgezeugnisses für den Beteiligten zu 1. erforderlich sind, im Ergebnis zu Recht für festgestellt erachtet.

Der Beteiligte zu 1. ist Hoferbe im Sinne des § 4 HöfeO nach dem am 01.12.2014 verstorbenen Landwirt G I. Weder das Vorbringen des Beschwerdeführers noch die ergänzenden Feststellungen durch den Senat rechtfertigen eine andere Beurteilung.

1.

Der Hof "I" war zum Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof im Sinne des § 1 HöfeO.

a)

Unproblematisch handelte es sich um eine im Alleineigentum einer natürlichen Person - nämlich des Erblassers - stehende, in Nordrhein-Westfalen belegene Besitzung, die land- und forstwirtschaftlich genutzt wurde.

b)

Der Hof verfügte auch über eine Hofstelle im Sinne des § 1 HöfeO.

Hierunter ist eine mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden bebaute Grundfläche zu verstehen, von der aus die Bewirtschaftung der zum Hof gehörenden Grundstücke durchgeführt wird (Brinkmann in Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, 11. Aufl., § 1 HöfeO Rn.17 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier ohne weiteres erfüllt. Ausweislich der Feststellungen der Landwirtschaftskammer, die deren Vertreter Dr. H im Anhörungstermin vor dem Senat nachvollziehbar erläutert und ergänzt hat, bestand und besteht die im Jahr 1990 neu errichtete Hofstelle aus einem separaten Wohnhaus und einem Stall mit angeschlossener Futterscheune. Der Stall wurde zur Rinderhaltung genutzt. Zwei ältere, aber funktionsfähige Traktoren und kleinere Maschinen zur Grasernte und Grünlandpflege befanden sich auf dem Betrieb und wurden zur Bewirtschaftung des nicht verpachteten Teiles der Grün- und Ackerfläche genutzt.

c)

Der Hof "I" hat zum Zeitpunkt des Erbfalles auch den nach § 1 HöfeO vorausgesetzten Wirtschaftswert aufgewiesen.

Maßgebend ist der von dem zuständigen Finanzamt gemäß § 46 BewG ermittelte Wirtschaftswert. Nach § 1 Abs.1 S.1 HöfeO ist eine landwirtschaftliche Besitzung, soweit sie die übrigen Voraussetzungen erfüllt, ein Hof im Sinne der HöfeO, wenn sie einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000,- € hat; eine Besitzung, die einen Wirtschaftswert von weniger als 10.000,- €, mindestens jedoch von 5.000,- € hat, wird gemäß § 1 Abs.1 S.3 HöfeO Hof, wenn der Eigentümer erklärt, dass sie Hof sein soll, und wenn der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird. Gemäß § 1 Abs.3 HöfeO verliert eine Besitzung die Eigenschaft als Hof, wenn keine der in Absatz 1 aufgezählten Eigentumsformen mehr besteht oder eine der übrigen Voraussetzungen auf Dauer wegfällt. Der Verlust der Hofeigenschaft tritt jedoch erst mit der Löschung des Hofvermerks im Grundbuch ein, wenn lediglich der Wirtschaftswert unter 5.000,- € sinkt.

Nach dieser Maßgabe verfügte der Hof zum Zeitpunkt des Erbfalls über den erforderlichen Wirtschaftswert. Denn nach dem letzten Festsetzungsbescheid des Finanzamtes vom 22.06.1998 lag der reine Wirtschaftswert der Besitzung ohne den Wohnwert des Wohnhauses bei 8.621,- € und damit über dem nach § 1 Abs.1 S.3 HöfeO maßgeblichen Mindestbetrag von 5.000,- €. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Wirtschaftswert nach Erlass des letzten Feststellungsbescheides verändert haben könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind unstreitig keine Flächenabgänge zu verzeichnen. Im Übrigen stünde die Eigenschaft als Hof im Sinne der Höfeordnung selbst dann, wenn der Wirtschaftswert nach dem 22.06.1998 unter den Mindestwert von 5.000,- € gesunken wäre, allein aufgrund dieses Umstandes nicht in Frage, da zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers - wie auch bis heute- der Hofvermerk eingetragen war.

d)

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführer kommt es neben dem in § 1 HöfeO vorausgesetzten Wirtschaftswert nicht zusätzlich noch darauf an, ob der Betrieb zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers rentabel zu bewirtschaften war. Feststellungen zu dieser Frage waren daher nicht zu veranlassen.

Ein solches weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 1 HöfeO wird zwar von Teilen der Literatur postuliert. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung - auch des Senats - ist solches jedoch abzulehnen, da die Leistungsfähigkeit des Betriebes nach der gesetzlichen Konzeption eben nicht individuell, sondern in typisierender, genereller Weise anhand des Mindestwirtschaftswertes zu beurteilen ist (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 07.06.2011, 10 W 123/10 - juris Rn. 58 f.; Beschluss vom 22.07.2010, 10 W 11/10 - juris Rn.36; bzgl. weiterer Nachweise vgl. Brinkmann in Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, 11. Aufl., § 1 HöfeO Rn.38).

Der Senat sieht keinen Anlass zu einer Abkehr von diesem Grundsatz. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers folgt insbesondere auch aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine abweichende Beurteilung dieser Rechtsfrage. Im Gegenteil hat der Bundesgerichtshof auch in der von dem Beschwerdeführer zitierten Entscheidung (Beschluss vom 25.04.2014, BLw 6/13, NJW-RR 2014, 1112) die Hofeigenschaft und damit die Anwendung der HöfeO ausdrücklich bejaht und sie gerade nicht im Hinblick auf die in einem anderem Zusammenhang angestellten Erwägungen zur individuell fehlenden Leistungsfähigkeit des Betriebes in Frage gestellt (näher hierzu: Brinkmann in Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, 11. Aufl., § 1 HöfeO Rn.39).

e)

Die Hofeigenschaft ist auch nicht durch dauerhaften Wegfall der Betriebseinheit "außerhalb des Grundbuchs" verloren gegangen.

Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass bei einer dauerhaften Einstellung des auf der Besitzung vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebes die Hofeigenschaft entfällt und die HöfeO unanwendbar ist, auch wenn die sonstigen Hofvoraussetzungen des § 1 HöfeO gegeben sind und weiterhin ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen ist (vgl. zuletzt grundlegend BGH, Beschluss vom 29.11.2013, BLw 4/12 - NJW-RR 2014, 243).

Anhaltspunkte für eine vom Willen des Erblassers getragene dauerhafte Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs sind jedoch von keinem der Beteiligten vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Der Erblasser hat auf dem Hof vielmehr unstreitig bis zum Jahr 2013 selbst Rinderhaltung betrieben und den Betrieb dann zur Fortführung der Landwirtschaft an den Beklagten zu 1. verpachtet. Auch befand sich die Hofstelle nach den Feststellungen der Landwirtschaftskammer in gutem Zustand. Das für einen Nebenerwerbsbetrieb erforderliche Inventar war vorhanden und zwar alt, aber funktionstüchtig.

2.

Der Beteiligte zu 1. ist gemäß § 6 Abs.5 S.1 i.V.m. Abs.1 Nr.1 HöfeO zum Hoferben berufen.

a)

Der Beteiligte zu 1. gehört als Neffe des Erblassers zu den gesetzlichen Erben der 4. Ordnung gemäß § 5 Nr.4 HöfeO. Er ist durch seinen noch lebenden Vater von der Erbfolge nicht ausgeschlossen, da dieser die Erbschaft ausgeschlagen hat. Noch lebende Erben der 1. bis 3. Ordnung waren zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht vorhanden.

b)

Für die Rangfolge innerhalb der 4. Ordnung - also im Verhältnis zu den noch lebenden Geschwistern des Erblassers - gilt die Regelung des § 6 Abs.5 i.v.m. Abs.1 HöfeO.

Wie schon das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zutreffend festgestellt hat, ist der Beteiligte zu 1. durch formlos bindende Hoferbenbestimmung gemäß § 6 Abs.1 Nr.1 HöfeO als Hoferbe berufen.

Nach § 6 Abs.1 Nr.1 HöfeO ist in erster Linie der Miterbe als Hoferbe berufen, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist.

Hier hat der Erblasser dem Beteiligten zu 1. die Bewirtschaftung des Hofes durch den Pachtvertrag vom 10.05.2013 mit einer Pachtzeit von 10 Jahren überlassen. Angesichts des Umstandes, dass der Erblasser bei Vertragsschluss bereits 86 Jahre alt war, kann angenommen werden, dass er davon ausgegangen ist, dass die Überlassung nicht vor seinem Tod enden wird. Vor diesem Hintergrund kann von einer dauerhaften Überlassung der Bewirtschaftung ausgegangen werden (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, 11. Aufl., § 6 HöfeO Rn.23 m.w.N.).

Eine Vorbehaltserklärung bei der Bewirtschaftungsübertragung im Sinne des § 6 Abs.1 Nr.1 a.E. HöfeO ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob der Erblasser sich - wie der Beteiligte zu 2. behauptet - zu einem späteren Zeitpunkt gegenüber einem Dritten einmal dahingehend geäußert hat, der Beteiligte zu 1. solle den Hof nicht übertragen bekommen, ist unerheblich und braucht daher nicht aufgeklärt zu werden.

c)

Der Beteiligte zu 1. scheidet auch nicht gemäß § 6 Abs.6 S.1 HöfeO als Hofeerbe aus, weil er nicht wirtschaftsfähig wäre. Der Senat ist vielmehr nach einer Gesamtwürdigung der festgestellten Tatsachen davon überzeugt, dass die Voraussetzung der Wirtschaftsfähigkeit in Bezug auf den Beteiligten zu 1. erfüllt ist.

Wirtschaftsfähig ist gemäß § 6 Abs.7 HöfeO, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften.

Abzustellen ist dabei konkret auf die Art und Struktur der Bewirtschaftung des zu übernehmenden Hofes. Dabei sind zunächst die landwirtschaftlichtechnischen Fähigkeiten zu berücksichtigen, die erforderlich sind, um den Betrieb ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Dazu müssen noch organisatorischkalkulatorische Fähigkeiten des Hoferbens treten. Hierbei geht es etwa um die Fähigkeit, die Entnahmen für die betrieblichen und privaten Zwecke in ein betriebswirtschaftlich vertretbares Verhältnis zu den Betriebseinnahmen zu bringen, laufende Verbindlichkeiten zu begleichen, Wirtschaftspläne aufzustellen, Fördergelder zu beantragen und gebotene Investitionsentscheidungen zu treffen. Schließlich muss ein Hofanwärter den Hof jeder Zeit in Eigenbewirtschaftung übernehmen können, auch wenn die konkrete Absicht, den Hof selbst zu bewirtschaften, nicht zu fordern ist. Allein die Fähigkeit, für eine gehörige Verpachtung zu sorgen und die Rechte und Pflichten eines Verpächters wahrzunehmen, reicht insoweit nicht aus. An die Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit sind aus verfassungsrechtlichen Gründen und bei Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Hoferbfolge nach der Höfeordnung strenge Maßstäbe anzulegen, da bei mangelnder Wirtschaftsfähigkeit kein Anlass besteht, die nach bürgerlichem Gesetzbuch berufenden Erben gegenüber einem vermeintlichen Erben nach der Höfeordnung zurückzusetzen (s. dazu Senat, Beschluss vom 15.11.2013 - 10 W 48/13; Lütke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl., § 6 HöfeO, Rdnr. 89 ff.; Wörmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 6 HöfeO, Rdnr. 94 ff.; jeweils m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erfüllt der Beteiligte zu 1. die Voraussetzung der Wirtschaftsfähigkeit. Er hat zwar keine Berufsausbildung im landwirtschaftlichen Bereich. Nach den Feststellungen des Senats hat er sich jedoch aufgrund einer langjährigen praktischen Mitarbeit auf dem zu vererbenden Hof unter Anleitung des Erblassers und seines Vaters die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten angeignet. Zudem hat er in der Zeit, in der er den Hof als Pächter selbständig bewirtschaftet hat,

unter Beweis gestellt, dass er den Hof erfolgreich in Eigenbewirtschaftung führen kann. Dies steht nach dem Ergebnis der Anhörung der Beteiligten, der Vernehmung des Zeugen Georg I sowie der schriftlichen Stellungnahme der Landwirtschaftskammer und deren Erläuterung und Ergänzung im Senatstermin zur Überzeugung des Senates fest.

Der Beteiligte zu 1. hat spätestens nach der Beendigung seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser regelmäßig und in erheblichem Umfang auf dem zu vererbenden Hof mitgearbeitet. Hierbei ist er vom Erblasser und von seinem Vater zunächst an alle landwirtschaftlichtechnischen Aufgaben herangeführt worden, die sich in dem konkreten Betrieb stellten. Insbesondere ist er - im Laufe der Zeit zunehmend selbständig - mit der Versorgung des Viehbestandes und der Bewirtschaftung des Weidelandes betraut worden. Hilfreich für die selbständige Bewältigung dieser Aufgaben waren auch die technischen Kenntnisse und Fertigkeiten, die er aus seiner Berufsausbildung mitbrachte und die er bei der Wartung und Pflege von Haus und Hof sowie der vorhandenen Landmaschinen einsetzen konnte. Dass der Beteiligte zu 1. über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im landwirtschaftlichtechnischen Bereich verfügt, hat auch der Vertreter der Landwirtschaftskammer überzeugend bestätigt. Er hat bekundet, er habe das fachliche Wissen des Beteiligten zu 1. bei der Begehung des Betriebes eingehend abgefragt. Dieser habe über alle fachlichen Dinge, die er gefragt worden sei, zufriedenstellend Auskunft geben können. Er habe alles gewusst, was er zur Führung des Nebenerwerbsbetriebes wissen musste. Die Antworten auf seine Fragen seien auch nicht etwa durch den Vater des Beteiligten zu 1. vorgegeben worden, sondern von dem Beteiligten zu 1. selbständig erfolgt.

Ab der Übernahme des Hofes im Wege der Pacht im Jahr 2013 ist der Beteiligte zu 1. auch an die Verwaltung des Hofes herangeführt worden. Hierbei hat er sich die für die Führung des Nebenerwerbsbetriebes erforderlichen organisatorischkalkulatorischen Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet. Ab diesem Zeitpunkt hat er - wenn auch Anfangs noch beraten durch den Erblasser und seinen Vater - die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen, wie z.B. die Anschaffung und Veräußerung des Viehbestandes, den Einkauf der Betriebsmittel sowie die Beantragung der Fördergelder, selbständig getroffen und ausgeführt. Auch in diesem Bereich hat der Vertreter der Landwirtschaftskammer die Kenntnisse und Fähigkeiten des Beteiligten zu 1. überprüft und für zureichend befunden. Er hat hierzu ausgeführt, der Beteiligte zu 1. habe seine betrieblichen Entscheidungen, vor allem auch hinsichtlich möglicher Investitionen, ausführlich und nachvollziehbar erklären können. Er habe realistische Einschätzungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betriebes abgegeben. Die Förderanträge seien ordnungsgemäß gestellt und verwaltet worden.

Dass der Beteiligte 1. über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten in den genannten Bereichen verfügt, ist zudem dadurch belegt, dass er den Betrieb bereits erfolgreich als Pächter geführt hat. Der Vertreter der Landwirtschaftskammer hat überzeugend bestätigt, dass er den Betrieb in einem Zustand ordnungsgemäßer Bewirtschaftung vorgefunden habe und Defizite weder bei der Tierhaltung noch bei der Weidebewirtschaftung oder der Organisation des Betriebs festzustellen gewesen seien. Dass der Betrieb seit der Anpachtung durch den Beteiligten zu 1. von diesem persönlich selbständig geführt wird und nicht etwa - wie der Beschwerdeführer mutmaßt - von dessen Vater, steht nach dem Ergebnis der Anhörung der Beteiligten und der Vernehmung des Zeugen H I zur Überzeugung des Senats fest. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Beteiligten zu 1. und der Bekundungen des Zeugen sind für den Senat nicht ersichtlich. Die Angaben und Bekundungen stehen zudem im Einklang mit dem von dem Vertreter der Landwirtschaftskammer gewonnenen Gesamteindruck.

III.

Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus §§ 44 Abs. 1, 45 LwVfG. Dem Beteiligten zu 2. waren die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach billigem Ermessen aufzuerlegen, weil seine Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren war gemäß § 48 GNotKG auf das vierfache des vom Finanzamt festgesetzten Einheitswertes festzusetzen (8.621,- € x 4 = 34.484,- €).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben (§§ 9 LwVfG, 70 Abs. 2 FamFG).

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte