VG Minden, Beschluss vom 14.11.2017 - 10 L 992/17
Fundstelle
openJur 2019, 3558
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller studiert im Studiengang Maschinenbau im 15. Fachsemester.

Am 23. Januar 2017 stellte er einen Antrag auf Wechsel seines bisherigen Studiengangs Maschinenbau in ein höheres Fachsemester des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaftslehre.

Mit Bescheid vom 20. April 2017 in Gestalt des Bescheids vom 4. Mai 2017 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag mit folgender Begründung ab: Der Einschreibung in den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre stehe § 50 Abs. 1 Nr. 2 Hochschulgesetz entgegen. Danach sei die Einschreibung zu versagen, wenn der Studienbewerber in dem gewählten Studiengang eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden habe. Der Antragsteller sei in dem Studiengang Maschinenbau eingeschrieben. Er habe zudem Leistungen aus dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre erbracht, wovon er mindestens ein Modul endgültig nicht bestanden habe. Gemäß § 20 Abs. 1 der Prüfungsordnung des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaftslehre könne eine nicht bestandene Modulprüfung zweimal wiederholt werden. Der Antragsteller habe nach seinem Transcript of Records die Module "Rechnungswesen 2" und "Produktion und Absatz" (richtig wohl: "Produktionsmanagement 1") endgültig nicht bestanden. Somit habe er in diesen Modulen sein Recht auf Ableistung einer Wiederholungsprüfung voll ausgeschöpft.

Gegen den Bescheid hat der Antragsteller am 16. Mai 2017 Klage (- 10 K 4536/17 -) erhoben und um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.

Ihm sei von dem zuständigen Fachpersonal der Antragsgegnerin versichert worden, dass er in das 5. Fachsemester des Studiengangs Betriebswirtschaftslehre wechseln könne, wenn er 16 Prüfungsleistungen dieses Studiengangs bestanden haben. Weitere Beschränkungen bestünden nicht. Seine bestandenen Prüfungsleistungen würden als Fremdleistungen betrachtet und Fehlversuche nicht angerechnet.

Auch § 50 Abs. 1 Nr. 2 Hochschulgesetz sei nicht anwendbar. Sehe die Prüfungsordnung vor, dass das endgültige Nichtbestehen durch Verwaltungsakt festgesetzt werde, komme es neben der Feststellung auf dessen Vollziehbarkeit an. Ein vollziehbarer Verwaltungsakt über das endgültige Nichtbestehen der Prüfung sei ihm nicht bekannt gegeben worden. Zudem finde die Norm keine Anwendung, weil er weder in dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre eingeschrieben gewesen sei, noch der Studiengang Maschinenbau eine erhebliche inhaltliche Nähe mit dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre aufweise.

Er beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig im 5. Fachsemester zum Wintersemester 2017/2018 in den Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) einzuschreiben.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.

Ein Einschreibungshindernis bestehe jedenfalls deshalb, weil der Antragsteller die Module "Rechnungswesen 2" und "Produktionsmanagement 1" endgültig nicht bestanden habe. Es sei die Prognose gerechtfertigt, dass der Antragsteller nicht über die erforderliche Eignung für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre verfüge. Die Vorschriften des Hochschulgesetzes, insbesondere dessen §§ 50 ff. dienten auch dem finanzpolitischen Ziel, die bildungsbezogenen Ressourcen der Hochschulen dann nicht einzusetzen, wenn eine sehr schlechte Prognose über den Studienerfolg gegeben sei. Es sei sinnwidrig und mit dem Gesamtcharakter des Hochschulgesetzes nicht vereinbar, jemandem, der bereits in zwei Modulen eines Studiengangs endgültig gescheitert sei, den Wechsel in diesen Studiengang zu erlauben, damit er dann wieder "bei Null" anfangen könne. Wäre der Antragsteller tatsächlich in diesem Studiengang eingeschrieben gewesen, so wäre er längst exmatrikuliert.

Das Tatbestandsmerkmal des § 50 Abs. 1 Nr. 2 Hochschulgesetz "in dem gewählten Studiengang" sei auslegungsfähig. Es sei nicht allein dann erfüllt, wenn ein Student in einem Studiengang eingeschrieben sei, sondern könne auch erfüllt sein, wenn er jahrelang in diesem Studiengang studiere. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei "gewählt" derjenige Gegenstand, zu dessen Gunsten eine freiverantwortliche Wahlentscheidung getroffen worden sei. Diese Wahlentscheidung bedürfe einer objektiv wahrnehmbaren Manifestation, die auch im tatsächlichen Verfolgen von Studien gesehen werden könne. Für diese Sichtweise spreche nicht nur das bereits benannte finanzpolitische Ziel, es würde auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, wenn sich das Einschreibungshindernis nur auf eingeschriebene Studierende beziehen würde. Denn demjenigen, der in einem Modul eines Studiengangs, ohne in diesen eingeschrieben gewesen zu sein, bereits drei Fehlversuche erbracht habe und damit eigentlich gescheitert wäre, würde die Möglichkeit von drei weiteren Prüfungsversuchen zugebilligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 10 K 4536/17 und 10 L 992/17 sowie den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin (zwei Hefter) Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Antragsteller hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf vorläufige Einschreibung in das 5. Fachsemester des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaftslehre im Wintersemester 2017/2018 zusteht.

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 16. September 2014 (HG NRW) wird eine Studienbewerberin oder ein Studienbewerber für einen oder mehrere Studiengänge eingeschrieben, wenn sie oder er die hierfür erforderliche Qualifikation und die sonstigen Zugangsvoraussetzungen nachweist und kein Einschreibungshindernis vorliegt. Die Einschreibung wird in der Einschreibungsordnung geregelt.

§ 50 Abs. 1 Nr. 2 HG NRW bestimmt, dass die Einschreibung außer im Falle der fehlenden Qualifikation oder fehlender Nachweise gemäß § 48 Absatz 1 zu versagen ist, wenn die Studienbewerberin oder der Studienbewerber in dem gewählten Studiengang an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hat; dies gilt entsprechend für Studiengänge, die eine erhebliche inhaltliche Nähe zu dem bisherigen Studiengang aufweisen, soweit dies in Prüfungsordnungen bestimmt ist.

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Einschreibungsordnung der Fachhochschule Bielefeld vom 11. Juli 2016 in der Fassung der Änderung vom 30. Januar 2017 und vom 18. Mai 2017 (Einschreibungsordnung) ist die Einschreibung zu versagen, wenn die Studienbewerberin oder der Studienbewerber in dem gewählten Studiengang an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hat.

Eine nicht bestandene Modulprüfung kann zweimal wiederholt werden, § 20 der Prüfungsordnung des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaftslehre vom 9. Juni 2011 in der Fassung der Änderung vom 27. Juli 2017 (BPO BWL).

Gemessen daran steht der Einschreibung des Antragstellers das Einschreibungshindernis nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW entgegen. Er hat in dem von ihm gewählten Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes - hier der Fachhochschule Bielefeld - eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung - hier die Prüfung für das Pflichtmodul "Rechnungswesen 2" - endgültig nicht bestanden.

§ 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW gilt grundsätzlich auch für solche Studienbewerber, die sich in ein höheres Fachsemester einschreiben wollen.

Vgl. z. B. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27. Juli 2011 - 4 L 501/11 -, nrwe Rn. 20 ff.

Die Auslegung dieser Norm ergibt, dass ein Einschreibungshindernis auch dann begründet wird, wenn der Studienbewerber in dem Zeitraum, in dem er die nach der Prüfungsordnung erforderlichen Prüfungen ablegt und diese (endgültig) nicht besteht, in einem anderen als dem der Prüfung zugeordneten Studiengang eingeschrieben ist (1). Nach dieser Maßgabe sind die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW erfüllt (2). Der Anwendung dieser Norm steht im konkreten Fall nicht entgegen, dass das endgültige Nichtbestehen des Moduls "Rechnungswesen 2" (noch) nicht durch Verwaltungsakt festgesetzt worden ist (3). Der Antragsteller kann seinen Anspruch auch nicht auf eine von der Antragsgegnerin erteilte Zusicherung stützen (4).

(1) Der Anwendung des § 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW steht nicht entgegen, dass der Antragsteller in dem Zeitraum, in dem er die Prüfungen im Modul "Rechnungswesen 2" abgelegt und (endgültig) nicht bestanden hat, im Studiengang Maschinenbau eingeschrieben war, statt in dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre, dem das Modul zugeordnet ist.

Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut von § 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW nicht ohne weiteres, dass Negativleistungen auch im Rahmen eines faktischen Studiums zu berücksichtigen sind. Die Norm ist aber insoweit auslegungsfähig, als das für ein solches Gesetzesverständnis sowohl die Motive des Gesetzgebers (a) als auch eine teleologische Auslegung unter Heranziehung der Normen über die Studierfreiheit (b) sprechen. Auf die Frage, ob ein solches Einschreibungshindernis auch im Wege der Rechtsfortbildung durch eine Analogie begründet werden kann, kommt es daher nicht an (c).

Die Formulierung in § 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW, die den "gewählten Studiengang" in Bezug nimmt, scheint zunächst dafür zu sprechen, dass der Einschreibung nur solche endgültig nicht bestandenen Prüfungen entgegenstehen können, die der Studienbewerber in dem Studiengang abgelegt hat, in dem er zum Zeitpunkt der Ablegung der Prüfungsleistung eingeschrieben war. Für eine solche Auslegung könnte die Annahme sprechen, dass der Gesetzgeber eine Gesetzesformulierung regelmäßig im gesamten Gesetzestext gleichbedeutend verwendet. In diesem Sinne hat er in § 59 Abs. 1 und § 62a Abs. 4 HG NRW ausdrücklich zwischen Veranstaltungen des gewählten Studiengangs und Veranstaltungen außerhalb des gewählten Studiengangs differenziert und in §§ 49 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, Abs. 9, 62a Abs. 4 HG NRW Einschreibungsmodalitäten für den "gewählten Studiengang" festgelegt, so dass eine Auslegung unter Berücksichtigung der weiteren hochschulrechtlichen Normen für das beschriebene Gesetzesverständnis sprechen könnte.

Eine nähere Betrachtung des § 50 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 HG NRW zeigt aber, dass bei der Prüfung, ob ein Einschreibungshindernis vorliegt, zwei Ebenen zu unterscheiden sind. Auf der ersten Stufe muss festgestellt werden, in welchen Studiengang der Studienbewerber eingeschrieben werden will. Auf dieser Prüfungsebene wird die Formulierung "gewählter Studiengang" mit der Einschreibung verbunden. Auf der zweiten Stufe muss festgestellt werden, ob der Studienbewerber in genau diesem Studiengang bereits eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hat. Bei diesem Schritt entkoppelt sich die Prüfung von der Frage, in welchem Studiengang der Bewerber vormals eingeschrieben war. Denn die Frage, ob jemand eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hat, ist unabhängig davon zu beantworten, ob er auch in dem zur Prüfung gehörenden Studiengang eingeschrieben war.

(a) Dafür sprechen zunächst die Motive des Gesetzgebers. Dieser hat bei Erlass der Neufassung des § 50 Abs. 1 Nr. 2 HG NRW ausgeführt:

"Die Neuregelung in Nummer 2 dient sowohl dem Schutz der grundrechtlich geschützten Bildungsinteressen der Studienbewerberinnen und -bewerber als auch dem finanzpolitischen Ziel, die bildungsbezogenen Ressourcen der Hochschule dann nicht einzusetzen, wenn eine sehr schlechte Prognose über den Studienerfolg gegeben ist.

Wenn in einem Studiengang eine erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden ist, trägt dies eine schlechte Prognose für den erfolgreichen Abschluss des Studiengangs auch dann, wenn dieser Studiengang an einer anderen Hochschule innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes fortgeführt werden soll."

Vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 16/5410, S. 347.

Der Gesetzgeber wollte durch diese Schutzvorschrift also die Einschreibung von Studienbewerbern verhindern, für die auf Basis der zuvor gezeigten Leistungen eine sehr schlechte Prognose für den erfolgreichen Abschluss des Studiengangs besteht. Eine solche schlechte Prognose besteht aber nicht nur bei Studenten, die unter Beibehaltung ihres Studiengangs die Hochschule wechseln wollen, obwohl sie eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden haben, sondern auch bei denjenigen, die ein Studium - wie der Antragsteller - zunächst faktisch betreiben und dann durch einen Studiengangwechsel als ordentlicher Student fortführen wollen. Auch Letztere haben durch ihre Negativleistungen gezeigt, dass eine schlechte Prognose für den Studienerfolg besteht.

(b) Daneben sprechen auch die Regelungen über die Studierfreiheit für die benannte Auslegung. Nach § 4 Abs. 2 HG NRW i. V. m. § 59 Abs. 1 HG NRW besteht für immatrikulierte Studierende grundsätzlich das Recht zum Besuch von Lehrveranstaltungen außerhalb des von ihnen gewählten Studiengangs. Dieses Recht kann durch den Fachbereich beschränkt werden, wenn ohne die Beschränkung eine ordnungsgemäße Ausbildung der für einen Studiengang eingeschriebenen Studierenden nicht gewährleistet werden kann. Diese Freiheit gilt auch für Studiengänge mit Numerus clausus.

Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 13 B 1893/08 -, juris Rn. 4.

Die Studierfreiheit erfasst, solange sie nicht wie vorstehend beschrieben eingeschränkt wurde, auch die Möglichkeit, an Prüfungen teilzunehmen.

Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 13 B 1893/08 -, juris Rn. 10 ff.; von Coelln/Schemmer, Beck'scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 59 Rn. 5; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage 2007, Rn. 227 ff.

In diesem Sinne legt § 63 Abs. 1 Satz 1 HS 1 HG NRW fest, dass der Studienerfolg durch Hochschulprüfungen, staatliche oder kirchliche Prüfungen festgestellt wird, die studienbegleitend abgelegt werden sollen und setzt dabei in § 63 Abs. 1 Satz 1 HS 2 HG NRW (nur) voraus, dass die Studierenden während der Prüfungen eingeschrieben sein müssen. Dabei ist der Hinweis auf die Einschreibung als eine "Einschreibung an der Hochschule" und nicht als eine "Einschreibung in dem Studiengang" zu verstehen. Das ergibt sich daraus, dass § 59 HG NRW einen Prüfungsanspruch auch für Prüfungsleistungen in studiengangfremden Lehrveranstaltungen vermittelt.

Vgl. von Coelln/Schemmer, Beck’scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 63 Rn. 11a und § 59 Rn. 4.1.

Nach diesen Vorschriften eröffnet der Gesetzgeber den Studierenden im Rahmen der Studierfreiheit grundsätzlich die Möglichkeit, auch außerhalb ihres eigenen Studiengangs Prüfungen abzulegen, um sich diese z. B. bei einem späteren Studiengangwechsel anrechnen zu lassen. Gleichzeitig bringt er aber mit § 63 Abs. 1 HG NRW zum Ausdruck, dass diese Freiheit nur innerhalb der prüfungsrechtlichen Grenzen gewährleistet wird, denen auch die in diesem Studiengang eingeschriebenen Studierenden unterliegen. Es ist zudem nicht ersichtlich und unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten auch nicht zu rechtfertigen, dass die Studierfreiheit zu einer Besserstellung derjenigen führen soll, die ein Studium nur "faktisch" betreiben.

Vgl. ähnlich bei der Anrechnung von negativen Leistungen bei einem Hochschulwechsel ohne Studiengangwechsel: von Coelln/Schemmer, Beck'scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 63 Rn. 12.

(c) Ist § 50 Abs. 1 Nr. 2 HG NRW wie vorstehend dargelegt auszulegen, kommt es auf die Frage, ob ein solches Einschreibungshindernis auch im Wege der Rechtsfortbildung durch einen Analogieschluss begründet werden könnte, nicht an.

Dass die Beantwortung dieser Frage nicht ohne eingehende Prüfung möglich erscheint, dürfte sich daraus ergeben, dass der einfachgesetzliche Immatrikulationsanspruch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 HG NRW durch das Recht des Studienbewerbers auf Zugang zum Studium seiner Wahl grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG ergänzt wird

- vgl. von Coelln/Schemmer, Beck'scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 48 Rn. 4 -

und die Regelungen über den Zugang zum Beruf nicht nur anhand des einfachen Gesetzesvorbehalts nach Art. 12 Abs. 2 GG zu überprüfen sind, sondern auch am Maßstab der "Wesentlichkeit" zu messen sind, wonach staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert werden muss.

Vgl. z. B. zum gesetzgeberischen Regelungserfordernis beim Zugang zu einem Beruf: BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1986 - 1 BvR 787/80 -, juris Rn. 38; OVG Hamburg, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 3 Bs 227/11 -, juris Rn. 20 f.; VG Bremen, Beschluss vom 5. Mai 2010 - 6 V 293/10 -, juris Rn. 12 f.; auch unter Berücksichtigung der Intensität, mit der die Grundrechte des Regelungsadressaten durch die jeweilige Maßnahme betroffen sind, z. B.: BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 -, juris Rn. 132; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2015 - 3 Nc 55/14 -, juris Rn. 22 f.

Zwar bedeutet das Fehlen einer ausdrücklichen normativen Regelung nicht notwendig, dass eine die Berufsfreiheit einschränkende Gerichtsentscheidung

- vgl. zum Einschreibungshindernis, wenn ein Studienbewerber eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hat, als grundsätzlich verfassungsgemäße subjektive Zulassungsbeschränkung: BVerwG, Urteil vom 27. November 1981 - 7 C 66/78 -, juris Rn. 15; Hessischer VGH, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 11 B 2590/10 -, juris Rn. 6 -

den Anforderungen des Art. 12 GG widerspricht.

Vgl. z. B. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Mai 2014 - 1 BvR 3572/13 -, juris Rn. 28, vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 2738/08 -, juris Rn. 25, vom 31. August 2009 - 1 BvR 3275/07 -, juris Rn. 22, vom 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 -, juris Rn. 37, vom 8. April 1998 - 1 BvR 1773/96 -, juris Rn. 35, und vom 4. Juli 1989 - 1 BvR 1460/85 -, juris Rn. 35 f., sowie Urteil vom 1. Juli 1980 - 1 BvR 23/75 -, juris Rn. 29.

Denn aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes folgt kein Verbot für den Richter, gegebenenfalls vorhandene gesetzliche Lücken im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu schließen.

Vgl. z. B. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Mai 2014 - 1 BvR 3572/13 -, juris Rn. 28, vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 2738/08 -, juris Rn. 23, vom 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 -, juris Rn. 37, vom 8. April 1998 - 1 BvR 1773/96 -, juris Rn. 36.

Auch in Bereichen, in denen der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen muss, soweit sie einer gesetzlichen Regelung zugänglich sind, müssen sich die erforderlichen Vorgaben nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben. Es genügt (jedenfalls), dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung.

Vgl. z. B. BVerfG, Beschlüsse vom 22. April 2014 - 1 BvR 2160/11 -, juris Rn. 20, vom 17. Oktober 2007 - 2 BvR 1095/05 -, juris Rn. 81, vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 -, juris Rn. 65, vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82 -, juris Rn. 58; BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - 6 CN 1/11 -, juris Rn. 19; Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, 74 EL. Juli 2017, Art. 12 Rn. 176.

Ob eine Lücke im grundrechtswesentlichen Bereich auch im Wege der Rechtsfortbildung durch die Gerichte geschlossen werden darf,

- vgl. dazu kritisch: OVG NRW, Urteil vom 8. Juni 2015 - 12 A 2590/12 -, juris Rn. 141 zur teleologischen Reduktion; Thüringer OVG, Urteil vom 4. Juni 2004 - 4 KO 1093/03 -, juris Rn. 54 zur Analogie; Wiedemann, Richterliche Rechtsfortbildung, in: NJW 2014, 2407 (2412); Baumann, Die Vereinigungs- und Berufsfreiheit der juristischen Personen, in: BB 1997, 2281 (2287); Gern, Analogie im Verwaltungsrecht, in: DÖV 1985, 558 (558, 562); Ipsen, Verfassungsrechtliche Schranken des Richterrechts in: DVBl. 1984, 1102 (1105) -,

ist hier, wegen der vorstehend dargelegten Auslegung des § 50 Abs. 1 Nr. 2 HG NRW aber nicht mehr zu vertiefen.

(2) Der Antragsteller hat im Studiengang Betriebswirtschaftslehre eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden.

Eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung ist endgültig nicht bestanden, wenn die Prüfung sowie sämtliche nach der Prüfungsordnung möglichen Wiederholungsprüfungen nicht bestanden wurden. Auf den Grund des Nichtbestehens kommt es nicht an.

Vgl. von Coelln/Schemmer, Beck'scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 50 Rn. 7.

In diesem Sinne bestimmt § 20 BPO BWL, dass eine nicht bestandene Modulprüfung zweimal wiederholt werden kann.

Erforderlich ist zudem, dass eine für den Studienabschluss erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden wurde, also eine Prüfung von deren Bestehen die Prüfungsordnung den Studienabschluss in zulässiger Weise abhängig macht.

Vgl. von Coelln/Schemmer, Beck'scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 50 Rn. 8.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei der Klausur im Anschluss an die Lehrveranstaltung "Rechnungswesen 2" handelt es sich um eine solche Prüfung. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 7 BPO BWL in Verbindung mit dem Studienverlaufsplan unter Ziffer 1 der Anlage 1 zur BPO BWL und der Anlage 2 zur BPO BWL, in der die Lehrveranstaltung "Rechnungswesen 2" als Pflichtmodul bezeichnet ist. Der Antragsteller hat die Prüfung in dem Modul "Rechnungswesen 2" nach seinem Transcript of Records drei Mal mit der Note 5.0 (Status: NB) und damit endgültig nicht bestanden (Status: ENB). Ob der Antragsteller sich im vorliegenden Verfahren gegen die Bewertung dieser Prüfungsleistungen wenden könnte, braucht nicht entschieden werden, weil er keine Einwendungen erhoben hat.

(3) Der Annahme eines Einschreibungshindernisses steht nicht entgegen, dass das endgültige Nichtbestehen (bisher) nicht durch einen vollziehbaren Verwaltungsakt festgesetzt worden ist.

Zwar ist richtig, dass § 50 Abs. 1 Nr. 2 HG NRW nach der vom Antragsteller zitierten Kommentarliteratur

- vgl. von Coelln/Schemmer, Beck'scher Onlinekommentar, Hochschulrecht NRW, 4. Edition, Stand: 1. August 2017, § 50 Rn. 7; wohl auch: Jeremias, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage 2014 Rn. 152 -,

in dem Fall, dass die Prüfungsordnung vorsieht, dass das endgültige Nichtbestehen durch Verwaltungsakt festgestellt werden muss, nur dann ein Einschreibungshindernis begründet, wenn der Verwaltungsakt auch vollziehbar ist.

Die maßgebliche Prüfungsordnung im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre sieht aber den Erlass eines solchen Feststellungsverwaltungsaktes nicht vor. In §§ 9 Abs. 4, 10 Abs. 4, 11 Abs. 6, 12 Abs. 5 und 13 Abs. 5 BPO BWL wird für die einzelnen Prüfungsarten festgelegt, dass die Bekanntmachung der Prüfungsbewertung durch Aushang oder die Bekanntgabe des Ergebnisses der jeweiligen Prüfungsleistung innerhalb einer bestimmten Frist nach Bewertung der Prüfungsleistung zu erfolgen hat. Diese Vorschriften gelten auch im Falle der Prüfungswiederholung, bei deren endgültigem Nichtbestehen keine Ausgleichsmöglichkeit besteht, wie sich daraus ableiten lässt, dass für diesen Fall (vgl. §§ 9 Abs. 3, 10 Abs. 4, 12 Abs. 4 und 13 Abs. 4 BPO BWL) keine Sonderregelung normiert worden ist. Lediglich für den besonderen Fall der Bewertung der Bachelorarbeit ist vorgesehen, dass neben der Bekanntmachung durch Aushang (§ 27 Abs. 3 BPO BWL) im Falle des Nichtbestehens ein Bescheid zu erteilen ist, der mit einer Belehrung über den Rechtsbehelf zu versehen ist (§ 28 Abs. 3 BPO BWL).

Eine solche Verpflichtung kann auch nicht aus der Einschreibungsordnung abgeleitet werden. Zwar bestimmt § 12 Abs. 9 Var. 1 Einschreibungsordnung, dass eine nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 Einschreibungsordnung i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 HG NRW vorgesehene Exmatrikulation erst nach Bestandskraft des Bescheids, wonach die oder der Studierende in einem Studiengang eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hat, erfolgen kann. Diese Regelung ist aber nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zum einen handelt sich bei dieser Vorschrift nach ihrem Wortlaut und ihrer Stellung innerhalb der Einschreibungsordnung nicht um eine allgemein anwendbare Generalklausel. Zum anderen trifft die Einschreibungsordnung in §§ 4 ff. detaillierte Regelungen über die Einschreibung und in § 13 ebenso umfassende Regelungen über die Exmatrikulation, so dass angesichts dieser Regelungsdichte davon auszugehen ist, dass die Antragsgegnerin von einer Regelung über einen vollziehbaren oder bestandskräftigen Bescheid über das endgültige Nichtbestehen einer nach der Prüfungsordnung erforderlichen Prüfung i. S. d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Einschreibungsordnung bewusst abgesehen hat.

(4) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer dem Antragsteller erteilten Zusicherung (§ 38 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn unabhängig davon, ob ihm von dem zuständigen Fachpersonal der Antragsgegnerin versichert wurde, dass er in das 5. Fachsemester des Studiengangs Betriebswirtschaftslehre wechseln könne, wenn er 16 Prüfungsleistungen des Studiengangs bestanden habe, weitere Beschränkungen nicht bestünden und seine bestandenen Prüfungsleistungen als Fremdleistungen betrachtet sowie Fehlversuche nicht anerkannt würden, bedarf die Zusicherung, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form, § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Dass der Antragsteller unabhängig vom Vorliegen dieser Voraussetzungen einen Anspruch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten herleiten könnte, ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. Ziffer 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai / 1. Juni 2012 und 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (abgedruckt bei: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017).

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