VG Minden, Urteil vom 03.11.2015 - 10 K 710/13
Fundstelle
openJur 2019, 3442
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am .. B. 1988 geborene Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus der Bundeswehr.

Er leistete ab dem 1. Juli 2008 einen neunmonatigen Grundwehrdienst ab. In der Folgezeit wurde er nacheinander zum Gefreiten und zum Obergefreiten ernannt. Mit Bescheid vom 11. März 2009 berief das Kreiswehrersatzamt I. den Kläger auf dessen Antrag hin im Anschluss an seinen Grundwehrdienst zu einem freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst von 14 Monaten ein. Mit Wirkung vom 1. Juli 2009 wurde er zum Hauptgefreiten ernannt. Am 6. B. 2009 erklärte er, mit einer Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit einverstanden zu sein und sich zu verpflichten, vier Jahre Wehrdienst zu leisten. Mit Wirkung ab dem 1. November 2009 wurde er zum Soldaten auf Zeit ernannt. Unter dem 28. Oktober 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass seine Dienstzeit auf vier Jahre, beginnend mit dem 1. November 2009, festgesetzt werde; die Dienstzeit werde - unter Anrechnung des bis dahin geleisteten Grundwehrdienstes und freiwilligen Wehrdienstes - mit Ablauf des 30. Juni 2012 enden. Am 22. Juli 2011 wurde er zum Stabsgefreiten ernannt.

Bereits am 19. April 2011 war gegen den Kläger eine Disziplinarbuße von 300,00 € verhängt worden, und zwar mit der Begründung, dass er dem Dienst in seiner Dienststelle - ... - entgegen dem Dienstplan am 28. Februar 2011 ab 13.00 Uhr, am 1. März 2011 ab 12.00 Uhr und am 2. März 2011 ab 13.00 Uhr bis zum Dienstbeginn am jeweils folgenden Tag unerlaubt fern geblieben sei. Gegen die Disziplinarmaßnahme erhob der Kläger keine Beschwerde.

Am 15. März 2012 wurde gegen den Kläger eine weitere Disziplinarmaßnahme in Form einer Ausgangsbeschränkung von vier Tagen verhängt: Er habe am 14. Februar 2012 um 7.15 Uhr, am 15. Februar 2012 um 7.30 Uhr, am 1. März 2012 um 7.10 Uhr und am 5. März 2012 um 8.00 Uhr seinen Dienst entgegen dem Routinedienstplan, der einen Dienstbeginn jeweils um 6.40 Uhr vorgesehen habe, verspätet angetreten. Auch gegen diese Disziplinarmaßnahme erhob der Kläger keine Beschwerde.

Unter dem 21. Mai 2012 beantragte der zuständige Kompaniechef, Hauptmann T. , nachdem dieser umfangreiche Ermittlungen - u.a. in Form von Zeugenvernehmungen - durchgeführt hatte (vgl. dazu im Einzelnen die Blätter 8 bis 79 der Beiakte Nr. 1), bei der ... in I. die vorzeitige Entlassung des Klägers: Ihm werde zur Last gelegt, am 1. Dezember 2011 in der ...-Kaserne in N Forderungsnachweise für die Zahlung einer Vergütung für Dienst zu ungünstigen Zeiten (Formular Bw-2161/F-01.11) für die Monate September 2011, Oktober 2011 und November 2011 eingereicht und auf diesen mindestens acht vergütungspflichtige Sonderdienste am 8. September 2011, am 27. September 2011, am 29. September 2011, am 11. Oktober 2011, am 15. November 2011, am 17. November 2011, am 22. November 2011 und am 24. November 2011 angegeben zu haben, obwohl er an jenen Tagen "krank zu Hause" gestellt gewesen sei und mithin keinen Dienst geleistet habe. Ferner existierten auch für neun weitere Tage, für die vergütungspflichtige Sonderdienste geltend gemacht würden, nämlich den 6. September 2011, den 21. September 2011, den 5. Oktober 2011, den 7. Oktober 2011, den 25. Oktober 2011, den 27. Oktober 2011, den 2. November 2011, den 8. November 2011 und den 10. November 2011, keine Belege in Form entsprechender Diensteinteilungen oder UvD- bzw. Wachbucheinträge; auf diese Weise habe der Kläger sich die Auszahlung von insgesamt 17 Vergütungen erschlichen. Außerdem habe er am 7. Mai 2012 in der ...-Kaserne in N während einer Vernehmung Drohungen in Bezug auf den Oberfeldwebel C. ausgestoßen. Ein Verbleib des Soldaten in der Bundeswehr sei nicht mehr tragbar. - Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte, Oberstleutnant L. , schloss sich dieser Einschätzung an.

Ebenfalls am 21. Mai 2012 wurde dem Kläger eröffnet, dass seine Entlassung aus der Bundeswehr gemäß § 55 Abs. 5 Soldatengesetz (SG) beantragt werde. Am selben Tag äußerte sich die gemäß § 27 Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) angehörte Vertrauensperson, Hauptgefreiter N. : Der Kläger habe offensichtlich Dienste abgerechnet, die er nie geleistet habe. Jedoch sei es ihm offenbar nicht klar gewesen, dass er dadurch eine Straftat begehe. Er habe die durch den Oberstabsgefreiten N1. erstellten Antragsunterlagen ohne eigene Prüfung unterschrieben. Zudem sei davon auszugehen, dass der Kläger zwar die ihm vorgeworfene Bedrohung tatsächlich ausgesprochen, aber nicht vorgehabt habe, diese auch zu verwirklichen. Dennoch halte er - Hauptgefreiter N1. - die beabsichtigte Entlassung des Klägers für angemessen, auch wenn die Bedrohung eher Ausdruck seiner Wut in der konkreten Situation sei.

Am 25. Mai 2012 setzte der zuständige Kompaniechef die Staatsanwaltschaft C1. schriftlich über die dem Kläger vorgeworfene Abrechnung von Zulagen für tatsächlich nicht geleisteten Dienste sowie eine Bedrohung zum Nachteil eines Kameraden in Kenntnis und legte ihr die Ergebnisse der durchgeführten Ermittlungen vor. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges ein; das Verfahren wurde im weiteren Verlauf mit Zustimmung des Amtsgerichts N gemäß § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) wegen Geringfügigkeit der in Rede stehenden Vergehen eingestellt.

Am 31. Mai 2012 erklärte der Kläger zu der beabsichtigten Entlassung: Er empfinde den Vorwurf des Betruges als ungerechtfertigt. Er könne keine eigene Schuld erkennen. Er habe seinem Kameraden, Oberstabsgefreiter N1. , vertraut. Dass er jemanden bedroht haben solle, bestreite er.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2012 entließ der Kommandeur der ... den Kläger unter Hinweis auf § 55 Abs. 5 SG aus dem Dienst, und zwar mit Ablauf des Tages der Zustellung des Bescheides. Zur Begründung verwies der Kommandeur auf das durch Disziplinarmaßnahmen vom 19. April 2011 und 15. März 2012 geahndete unerlaubte Fernbleiben vom Dienst sowie eine Geltendmachung von Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten, die tatsächlich nicht abgeleistet worden seien. Die entsprechenden Forderungsnachweise und Anträge, die sich auf insgesamt 17 Tage in den Monaten September bis November 2011 bezögen, seien durch den Oberstabsgefreiten N1. vorbereitet und vom Kläger am 1. Dezember 2011 unterzeichnet worden. Er habe erkannt, dass darin wahrheitswidrig angegeben worden sei, dass er an den betreffenden Tagen Dienst zu ungünstigen Zeiten, nämlich jeweils in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr, geleistet habe. Gleichwohl habe er die Unterlagen in der Absicht eingereicht, sich die ihm nicht zustehenden Zulagen auszahlen zu lassen. Ferner habe er am 7. Mai 2012 während der Unterbrechung einer Vernehmung in Bezug auf den Oberfeldwebel C. geäußert: "Dieses fette Schwein, ich werde mich um ihn kümmern." Durch sein Verhalten habe er seine dienstlichen Pflichten aus § 7, § 13 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verletzt und schwerwiegende Dienstvergehen begangen. Angesichts des Unrechtsgehalts der Dienstpflichtverletzungen würde sein weiteres Verbleiben in der Bundeswehr die militärische Ordnung ernstlich gefährden. Zur Abwehr dieser Gefährdung und der gegebenen Wiederholungsgefahr sei eine mildere Maßnahme als die Entlassung nicht geeignet. - Der Bescheid wurde dem Kläger am 19. Juni 2012 gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt.

Am 27. Juni 2012 erhob der Kläger Beschwerde: Die Entlassung sei nicht gerechtfertigt. Sein Verbleiben im Dienst bedeute weder eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung noch eine solche des Ansehens der Bundeswehr. Eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung komme zum einen in Betracht bei Dienstverletzungen im militärischen Kernbereich; darum gehe es vorliegend jedoch nicht, weil die in Rede stehenden Vorwürfe - unterstellt diese träfen zu - nicht die Einsatzbereitschaft der Truppe berührten. Zum anderen könne eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung gegeben sein bei Straftaten von erheblichem Gewicht, wenn eine Wiederholungsgefahr zu sehen sei oder die Tat Ausdruck einer Disziplinlosigkeit sei, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung gelte oder um sich zu greifen drohe (Nachahmungsgefahr). Auch dies treffe hier nicht zu. Das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst sei bereits disziplinarisch geahndet worden und rechtfertige auch unabhängig hiervon keine Entlassung aus dem Dienst. Soweit ihm die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche vorgeworfen werde, sei das gesamte Handeln von dem Oberstabsgefreiten N1. ausgegangen, der ihn - den Kläger - lediglich in die Schreibstube gerufen habe, damit er dort "etwas unterschreiben" solle. Aus Dummheit bzw. Naivität habe er dies auch getan. Er hätte selbstverständlich die Unterlagen durchsehen müssen, habe dies jedoch unterlassen. Zuvor habe er Anträge auf Zulagen stets zusammen mit einem Kameraden ausgefüllt und eingereicht. Einzig im hier diskutierten Fall habe Oberstabsgefreiter N2. , dessen Einlassungen im Verwaltungsverfahren im Übrigen widersprüchlich seien, die Ausfüllung der betreffenden Vordrucke übernommen. Er - der Kläger - habe dann die in Rede stehenden Zulagen überwiesen bekommen, ohne dass er hiervon etwas bemerkt habe. Er habe nicht vorsätzlich gehandelt und sich somit auch nicht strafbar gemacht. Doch selbst bei einem vollendeten Betrug läge keine Straftat von erheblichem Gewicht vor, die eine Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen könne. Er habe im Übrigen mehrere SMS von Herrn N2. erhalten, die belegten, dass dieser ihn zu Falschaussagen habe anstiften wollen und er - N1. - sich für das Geschehene entschuldigen wolle. - Eine Abschrift der in Bezug genommenen SMS legte der Kläger der Beklagten vor.

Weiter machte der Kläger zur Begründung seiner Beschwerde geltend: Soweit ihm eine Bedrohung bzw. Beleidigung vorgeworfen werde, sei auch dies nicht zutreffend. Während in den Vernehmungen noch davon gesprochen worden sei, er habe gegenüber dem Stabsunteroffizier B1. eine Beleidigung bzw. Bedrohung sowohl in Bezug auf den Oberfeldwebel C. als auch auf den Oberstabsgefreiten N1. ausgesprochen, werde die Entlassung darauf gestützt, dass dies nur in Bezug auf den Oberfeldwebel C. geschehen sei. Weder das eine noch das andere treffe indessen zu. Der Oberstabsgefreite N1. sei bei der betreffenden Vernehmung anwesend gewesen, so dass er ihn direkt hätte ansprechen können, ohne den Umweg über den Stabsunteroffizier B1. nehmen zu müssen. Zu entsprechenden Bedrohungen/Beleidigungen sei es aber tatsächlich nicht gekommen. Doch selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte dies keine Entlassung rechtfertigen, weil eine aufgeladene, angespannte Situation vorgelegen habe, in der Truppe ohnehin ein vergleichsweise rauer Umgangston herrsche und mit einem möglichen Beleidigungsdelikt bzw. einer Bedrohung im Übrigen keine besonders schwere Straftat in Rede stehe. Letztlich sehe er - der Kläger - auch keine Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr. Eine Wiederholungsgefahr sei schon deshalb nicht gegeben, weil sein Dienst mit dem 30. Juni 2012 geendet hätte. Zudem hätten disziplinarische Maßnahmen genügt, um ihm seine Dummheit bzw. Naivität im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der vom Oberstabsgefreiten N1. vorbereiteten Unterlagen vor Augen zu führen. Auch angesichts der nur noch geringen Restdienstzeit zum Zeitpunkt der Entlassung wären disziplinarische Maßnahmen das mildere Mittel gegenüber der Entlassung, die mit einem Verlust sämtlicher Leistungsansprüche einhergehe, gewesen. Unabhängig hiervon lasse es sich nur schwer begründen, dass gegen ihn - den Kläger - vorgegangen werde, während sich der Oberstabsgefreite N1. , der für die Fälschung der Antragsunterlagen verantwortlich sei, noch im Dienst befinde.

Mit Beschwerdebescheid vom 23. Januar 2013 wies das Kommando Heer - Kommandeur Einsatz - die Beschwerde des Klägers als unbegründet zurück und vertiefte dabei die im Entlassungsbescheid vom 18. Juni 2012 angestellten Erwägungen; dabei setzte es sich auch mit einer inzwischen vorliegenden Aussage des Oberstabsgefreiten N1. vom 27. B. 2012 auseinander. - Zugleich wurde die sofortige Vollziehung des Entlassungsbescheides angeordnet.

Am 20. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er seine im Beschwerdeverfahren gemachten Ausführungen bekräftigt und sich darauf beruft, dass die Staatsanwaltschaft C2. das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt habe. Weiter legt er dar, dass für seine Klage- u.a. mit Blick auf die bei einer Entlassung entfallenden Ansprüche auf Übergangsgebührnisse und Übergangsbeihilfen - ein Rechtsschutzinteresse gegeben sei.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

1. den Bescheid des Kommandeurs der ... vom 18. Juni 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Kommandos Heer - Kommandeur Einsatz - vom 23. Januar 2013 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seine Dienstbezüge für die Zeit von der Entlassung aus dem Dienst bis zum 30. Juni 2012 nachzuzahlen, und

3. die Beklagte zu verpflichten, ihm die im Soldatenversorgungsgesetz vorgesehenen Versorgungsleistungen bei Dienstende (Übergangsgebührnisse, Übergangsbeihilfen) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft die in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen. Darüber hinaus macht sie geltend, dass die Klage mangels Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig sei, weil das Dienstverhältnis des Klägers ohnehin mit Ablauf des 30. Juni 2012 geendet hätte und er somit selbst bei einem Obsiegen im vorliegen Verfahren nicht mehr in den Dienst als Soldat auf Zeit zurückkehren könne. Auch eine Weiterführung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage sei nicht möglich. Es sei im Übrigen darauf zu verweisen, dass auch gegen den Oberstabsgefreiten N1. disziplinarische Vorermittlungen aufgenommen worden seien; eine Entlassung sei im Falle Herrn N3. nicht mehr möglich gewesen, da dies nur in den ersten vier Dienstjahren in Betracht komme, Herr N1. sich zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Taten aber bereits im siebten Dienstjahr befunden habe.

Mit Beschluss vom 4. September 2013 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die durch die Beklagte übermittelten Verwaltungsvorgänge (zwei Hefte), die über den Kläger geführte Personalakte (ein Heft) sowie die Akte der Staatsanwaltschaft C2. zum Verfahren 201 Js 1201/12 (ein Heft) Bezug genommen.

Gründe

A. Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Soweit der Kläger die Aufhebung des Entlassungsbescheides des Kommandeurs der ... vom 18. Juni 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Kommandos Heer - Kommandeur Einsatz - vom 23. Januar 2013 begehrt (Klageantrag zu 1.), ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

1. Insoweit ist die Klage als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft. Auch im Übrigen ergeben sich keine Zweifel an der Zulässigkeit. Namentlich fehlt es dem Kläger - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Ein solches ist im Hinblick auf die begehrte Aufhebung des Entlassungsbescheides in der Gestalt des Beschwerdebescheides nicht etwa deshalb entfallen, weil die Dienstzeit des Klägers ohne die streitgegenständliche Entlassung mit Ablauf des 30. Juni 2012 geendet hätte. Hierin liegt keine Erledigung der Entlassung (§ 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -). Eine solche ist nämlich dann nicht gegeben, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtlich noch irgendeine unmittelbar belastende Wirkung für den Betreffenden entfaltet. Eine solche Fortwirkung kann auch darin bestehen, dass der Verwaltungsakt die Grundlage für einen anderen Verwaltungsakt bildet oder als Rechtsgrund und Rechtfertigung eingetretener Rechtswirkungen fortwirkt, indem er z.B. Erstattungs- oder Beseitigungsverlangen entgegensteht bzw. sich auf sonstige Weise noch belastend auf den Betreffenden auswirkt, weil sein Regelungsgehalt nicht erschöpft ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 05. März 2009 - 1 A 107/07 -, m.w.N., NZWehrR 2009, 214.

So liegt der Fall auch hier. Die Entlassung des Klägers durch Bescheid vom 18. Juni 2012 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 23. Januar 2013 bildet zum einen den Rechtsgrund für die vorzeitige Einstellung seiner Bezüge (vgl. § 56 Abs. 3 SG). Zum anderen steht die Entlassung der Gewährung von Übergangsgebührnissen und Übergangsbeihilfen (§§ 11 und 12 Soldatenversorgungsgesetz - SVG -) entgegen.

Vgl. zum letztgenannten Aspekt den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2001 - 3 B 96.2208 -, juris (Rdnr. 13 ff.).

Ein Rechtsschutzinteresse ist danach unzweifelhaft gegeben

- ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall VG Minden, Urteil vom 4. November 2011 - 10 K 180/10 -, juris (Rdnr. 51 ff.) -.

2. Die danach zulässige Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet, da der Bescheid vom 18. Juni 2012 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 23. Januar 2013 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der genannte Bescheid ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Insbesondere wurde die Vertrauensperson angehört (§ 27 SBG). Darüber hinaus ist der Bescheid auch materiell rechtmäßig. Er findet seine rechtliche Grundlage in § 55 Abs. 5 SG. Danach kann ein Soldat auf Zeit während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt:

a) Der Kläger ist noch innerhalb der ersten vier Dienstjahre entlassen worden. Diese Frist wäre erst mit Ablauf des 30. Juni 2012 verstrichen gewesen. Der Entlassungsbescheid vom 18. Juni 2012 wurde dem Kläger bereits am 19. Juni 2012 bekanntgegeben und hat somit an diesem Tag Wirksamkeit erlangt (§ 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG).

b) Der Kläger hat auch seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt:

aa) Im Zentrum steht dabei der Vorwurf, der Kläger habe einen Betrug zu Lasten der Beklagten begangen, indem er im Zusammenwirken mit dem Oberstabsgefreiten N1. inhaltlich unrichtige Antragsunterlagen eingereicht und sich hierdurch die Auszahlung von ihm nicht zustehenden Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten (§§ 3 bis 6a der Erschwerniszulagenverordnung - EzulV -) erschlichen habe. Insoweit hat der Kommandeur Einsatz des Kommandos Heer in seinem Beschwerdebescheid vom 23. Januar 2013 - gerichtet an den Kläger - ausgeführt (vgl. die Seiten 5 und 6 des Bescheides):

"Meine Feststellungen (...) beruhen auf den Aussagen der Zeugen OStGefr N1. , StGefr K. , OStGefr T1. und - soweit Ihnen gefolgt werden konnte - Ihren eigenen Einlassungen sowie den streitgegenständlichen Urkunden, insbesondere den von Ihnen unterzeichneten Forderungsnachweisen, die Inhalt der Akte sind. Soweit Sie darlegen, Sie hätten die Ihnen von dem OStGefr N1. vorgelegten Unterlagen ungeprüft in gutem Glauben auf deren Richtigkeit unterschrieben und später auch nicht die zusätzliche Vergütung bemerkt, handelt es sich um eine Schutzbehauptung. Der OStGefr N1. sagt in seiner Vernehmung am 27.08.2012 ausdrücklich aus, dass er Sie bei Vorlage der Formulare darauf hingewiesen habe, dass es sich um unrechtmäßige Forderungsnachweise handelte. Diese Aussage wird gestützt durch die Aussagen der Zeugen OStGefr T1. und StGefr K. vom 10.05.2012, welche berichten, dass Sie Ihnen Anfang Mai 2012 im persönlichen Gespräche erzählten, Sie hätten auf Vorschlag von OStGefr N1. unberechtigte Forderungsnachweise unterschrieben. OStGefr N1. habe auf diese Weise Schulden bei Ihnen zurückzahlen wollen. Im Übrigen ist Ihre Aussage, Sie hätten die vorgelegten Unterlagen gutgläubig unterschrieben[,] bereits deshalb unglaubwürdig, weil mit den unterzeichneten sechs Formularen über drei Monate ausschließlich Vergütungen für nicht geleistete Dienste geltend gemacht werden. Es war also mit anderen Worten nicht so, dass unter tatsächlich geleisteten Diensten, für welche ein Vergütungsanspruch bestand, auch Termine für nicht geleistete Dienste gemischt wurden, was bei einer nur oberflächlichen Prüfung vielleicht unbemerkt bleiben könnte. Für einen erfahrenen Soldaten - wie Sie es waren - war daher auf den ersten Blick ersichtlich gewesen, dass die Formulare manipuliert waren. Im Übrigen haben Sie in Ihrer Vernehmung am 09.05.2012 zugegeben, dass der OStGefr N1. Ihnen im November 2011 angeboten habe, Forderungsnachweise zu schreiben, für die Sie keine Dienste geleistet haben. Da Sie dies - Ihrer Einlassung zufolge - (zunächst) ablehnten, ist es unglaubwürdig und widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass Sie kurz darauf am 01.12.2011 gutgläubig von dem OStGefr N1. ausgefüllte Forderungsnachweise unterschrieben haben wollen. Schließlich gibt es auch ein plausibles Motiv für Ihr betrügerisches Zusammenwirken mit OStGefr N1. , denn dieser schuldete Ihnen Geld, welches er mittels der Betrügerei zurückzahlen wollte. Die (...) vorgelegten SMS des OStGefr N1. sind dagegen zu unbestimmt, um Ihre Einlassung, Sie hätten die von Ihnen von dem OSGefr N1. vorgelegten Forderungsnachweise unwissentlich unterzeichnet, zu belegen. Im Kontext der übrigen Ermittlungen weisen sie vielmehr darauf hin, dass die Initiative für die Einreichung unberechtigter Forderungsnachweise - wie Sie selbst am 09.05.2012 ausführten - von dem OStGefr N1. ausging. Obwohl Sie offensichtlich zunächst zögerten, haben Sie mit Ihren Unterschriften unter die fingierten Formulare am 01.12.2011 bewusst an dem von dem OStGefr N1. initiierten Betrug in der Absicht mitgewirkt, die unrechtmäßig erlangten Vergütungen für sich zu behalten."

Diese Feststellungen erachtet das Gericht im Wesentlichen für zutreffend. Das Gericht geht ebenso wie die Beklagte davon aus, dass bereits im Vorfeld der Unterzeichnung unzutreffend ausgefüllter Antragsunterlagen am 1. Dezember 2011 zwischen dem Kläger und dem Oberstabsgefreiten N1. darüber gesprochen worden ist, einen Betrug zu Lasten des Dienstherrn zu begehen. Dies räumt auch der Kläger selbst ein, der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2015 - wie bereits in Vernehmungen durch seinen Kompaniechef, Hauptmann T. , im Mai 2012 - erklärt hat, sein Kamerad N1. habe ihm vorgeschlagen, bei der Abrechnung von Diensten zu ungünstigen Zeiten zu betrügen. Ob der Kläger dieses Ansinnen - wie von ihm behauptet - (zunächst) zurückgewiesen hat, mag offen bleiben. Jedenfalls geht der Einzelrichter davon aus, dass der Kläger am 1. Dezember 2011 vorsätzlich eine Täuschungshandlung durch Unterzeichnung von Anträgen über tatsächlich nicht geleistete Sonderdienste begangen und den Dienstherrn insoweit zu einer Vermögensverfügung, nämlich der Auszahlung von dem Kläger nicht zustehenden Zulagen nach der Erschwerniszulagenverordnung, veranlasst hat. Das Vorliegen des betreffenden objektiven Tatbestand, namentlich des Umstands, dass der Kläger die Auszahlung von Zulagen für tatsächlich nicht geleisteten Dienst zu ungünstigen Zeiten durch die Beklagte veranlasst hat, ergibt sich bereits aus den in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Formularen und sonstigen Unterlagen (vgl. Blatt 25 ff. der Beiakte Nr. 1) und wird überdies vom Kläger selbst nicht in Zweifel gezogen. Der Einzelrichter hat darüber hinaus aber auch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Kläger insoweit vorsätzlich und zudem mit der Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern, gehandelt hat. Eines Rückgriffs auf die im Verwaltungsverfahren getätigten Aussagen der Oberstabsgefreiten N1. und T1. sowie des Stabsgefreiten K. bedarf es dabei - entgegen der Auffassung der Beklagten - zu Lasten des Klägers nicht. Vielmehr lässt sich der Schluss auf Vorsatz und Bereicherungsabsicht schon allein aus dem nachgewiesenen äußeren Geschehensablauf und den Einlassungen des Klägers ableiten.

Vgl. zur Zulässigkeit eines Schlusses vom äußeren Geschehensablauf auf das Vorliegen eines Vorsatzes im Rahmen des Betrugstatbestandes des § 263 StGB etwa BGH, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 StR 314/14 -, juris (Rdnr. 9 ff.).

Denn - wie ausgeführt - haben der Kläger und der Oberstabsgefreite N1. , was vom Kläger selbst zugestanden wird, im Vorfeld der Geschehnisse vom 1. Dezember 2011 über das Begehen eines Betruges zu Lasten des Dienstherrn gesprochen. Vor diesem Hintergrund musste der Kläger zumindest geahnt haben, dass es am 1. Dezember 2011, als N1. ihn in das Geschäftszimmer rief, um die Unterzeichnung inhaltlich unrichtiger Antragsunterlagen ging, die durch N1. vorbereitet worden waren. Diese Ahnung, die nach der dargestellten Vorgeschichte - mindestens - beim Kläger vorhanden gewesen sein muss, hat sich zur Überzeugung des Einzelrichters sodann im Zuge der Vorlage der Antragsunterlagen durch den Kameraden N1. und die Leistung der notwendigen Unterschriften durch den Kläger zu der Gewissheit verdichtet, dass eine Täuschung zu Lasten des Dienstherrn begangen werde. Diese Feststellung beruht - neben der angesprochenen Vorgeschichte - darauf, dass die in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten vorhandenen Antragsunterlagen eindeutig als Vordrucke zur Abrechnung von zulagenpflichtigen Diensten zu erkennen sind, die betreffenden Monate September bis November 2011, in denen der Kläger tatsächlich keinerlei entsprechende Dienste geleistet hatte, dort verzeichnet waren sowie dem Kläger überdies - wie sich aus seinen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung ergibt - das Aussehen der betreffenden Vordrucke bekannt gewesen sein musste und bekannt war, weil er nach eigenem Bekunden bereits zu einem früheren Zeitpunkt eigenhändig (wenigstens) ein Formular zur Abrechnung von Dienst zu ungünstigen Zeiten ausgefüllt hatte. Der Kläger hatte überdies ein Motiv zur Begehung eines Betruges zu Lasten seines Dienstherrn, das sich aus dem Plan, eine bewusst falsche Abrechnung von Sonderdiensten zum Zwecke der "Tilgung" von Schulden des Oberstabsgefreiten N1. beim Kläger vorzunehmen, ergibt. Aus dem geplanten - und im Folgenden auch Realität gewordenen - Geschehensablauf, wonach der Dienstherr auf den inhaltlich falschen Antrag hin nicht geschuldete Zulagen an den Kläger auszahlen würde, lässt sich darüber hinaus die im Rahmen des Betrugstatbestandes nach § 263 Abs. 1 StGB erforderlich Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ableiten.

Soweit der Kläger demgegenüber - insbesondere in seinen Vernehmungen durch Hauptmann T. am 9. Mai 2012 und am 15. Mai 2012 sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. November 2015 - geltend gemacht hat, er habe nicht gewusst, dass es sich bei den am 1. Dezember 2011 von ihm unterzeichneten Unterlagen, die durch den Oberstabsgefreiten N1. vorbereitet worden waren, um Antragsunterlagen für ihm - dem Kläger - nicht zustehende Zulagen handelte, so dass ihm kein vorsätzliches Handeln vorgeworfen werden könne, kann das Gericht dem nicht folgen. Der vom Kläger beschriebene Geschehensablauf ist vollkommen lebensfremd. Wenn tatsächlich bereits im zeitlichen Vorfeld über die "Rückzahlung" von Schulden N3. beim Kläger durch einen Abrechnungsbetrug gesprochen worden ist, so hätte der Kläger in der konkreten Situation am 1. Dezember 2011, wenn er den Plan N3. nicht hätte verwirklichen wollen, Verdacht geschöpft und die Unterlagen nicht unbesehen unterschrieben, zumal davon auszugehen ist, dass ein Soldat, der bereits weit über drei Jahre im Dienst ist - wie seinerzeit der Kläger - weiß, wie ein Forderungsnachweis für Zulagen gemäß § 3 ff. EZulV aussieht und der Kläger einen solchen Nachweis - wie ausgeführt - auch tatsächlich schon vor dem 1. Dezember 2011 eigenhändig ausgefüllt hatte. Es handelt sich bei den betreffenden Vordrucken um unverwechselbare, tabellenartig aufgebaute Formulare, in welche die abzurechnenden Dienste einzutragen sind. Vor diesem Hintergrund ist seine Einlassung, ihm sei nicht aufgefallen, dass es sich um (falsche) Nachweise für September bis November 2011 handelt, vollkommen unglaubhaft. Es mag ferner zutreffen, dass der Kläger - wie von ihm u.a. in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist - gewöhnlich zur Unterzeichnung in das Geschäftszimmer gerufen worden ist, um Unterlagen zu unterzeichnen, ohne dass ihm dabei Gelegenheit gegeben worden ist, eingehender zu prüfen, worum es im Einzelnen ging. Diese Praxis kann ihn in Bezug auf die Vorkommnisse des 1. Dezember 2011 aber nicht entlasten, weil er schon angesichts der geschilderten Vorgeschichte von dem Plan des Kameraden N1. wusste, seine Schulden mittels Abrechnungsbetruges zu "tilgen", und ihm angesichts des Aussehens der Formulare bekannt sein musste und auch bekannt war, welchen Inhalts die von ihm zu unterzeichnende Unterlagen waren. Angesichts dessen erscheint es geradezu absurd, dass er sorglos die bereits von N1. vorbereiteten Formulare unterschrieben haben will, ohne sich konkrete Vorstellungen von der Bedeutung seiner Unterschrift zu machen. Weiter ist es - auch unter Berücksichtigung des Klägervortrags, wonach auch sein Vater Zugriff auf sein Girokonto hatte - vollkommen lebensfremd, dass ein anschließender Geldzufluss von mehr als 800,00 € nicht bemerkt wird, was umso mehr gilt, als dieser Betrag gerade im Verhältnis zur monatlichen Besoldung eines Zeitsoldaten im Rang eines Stabsgefreiten (Besoldungsgruppe A 5 BBesO) durchaus erheblich ist. Der weitere Einwand des Klägers, er hätte doch kurz vor Dienstende im Juni 2012 nicht seine Ansprüche riskiert, nur um unberechtigte Zulagen zu erhalten, verfängt nicht, da die in Rede stehende Manipulation bereits im Dezember 2011 stattfand und nach Lage der Akten nur erst viel später, nämlich im April 2012, aufgefallen ist. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht darauf hingewiesen hat, dass der Kläger am 1. Dezember 2011 mehrere Arten von Formularen unterzeichnet hat, kann auch dies den Kläger nicht entlasten, weil ihm - wie ausgeführt - angesichts der Vorgeschichte und des Aussehens der von N1. vorbereiteten inhaltlich unrichtigen Vordrucke klar sein musste und auch klar war, dass es bei der hier diskutierten Handlung um einen Betrug zu Lasten des Dienstherrn ging. Aus diesem Grund ist es im Übrigen auch unerheblich, ob der Oberstabsgefreite N1. den Kläger bei den Vorgängen im Geschäftszimmer am 1. Dezember 2011 - wie von N1. behauptet und vom Kläger bestritten worden ist - noch einmal gesondert darauf hingewiesen hat, dass es um den besagten Betrug gehen sollte.

Nach alledem hat der Einzelrichter keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Annahme der Beklagten, der Kläger habe einen Betrug zu ihren Lasten begangen (§ 263 Abs. 1 StGB), zutrifft.

bb) Des Weiteren ist der Kläger am 28. Februar 2011 ab 13.00 Uhr, am 1. März 2011 ab 12.00 Uhr und am 2. März 2011 ab 13.00 Uhr bis zum Dienstbeginn am jeweils folgenden Tag unerlaubt dem Dienst ferngeblieben und hat diesen am 14. Februar 2012 um 7.15 Uhr, am 15. Februar 2012 um 7.30 Uhr, am 1. März 2012 um 7.10 Uhr und am 5. März 2012 um 8.00 Uhr jeweils verspätet angetreten, da er an jenen Tagen gemäß dem Routinedienstplan jeweils um 6.40 Uhr seinen Dienst hätte aufnehmen müssen. Das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst an insgesamt sieben Tagen wurde durch bestandskräftig gewordene Disziplinarverfügungen vom 19. April 2011 und vom 15. März 2012 geahndet. Die betreffenden Vorkommnisse werden vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Er hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht lediglich ausgeführt, dass er seinerzeit familiäre bzw. persönliche Probleme gehabt habe und insoweit bei seinen Vorgesetzten nicht auf Verständnis getroffen sei. Das unerlaubte Fernbleiben während der genannten Dienststunden ist von ihm jedoch - weder persönlich in der mündlichen Verhandlung noch schriftsätzlich - bestritten worden.

cc) Etwas anderes gilt jedoch für den Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe anlässlich einer Vernehmung zu dem unter aa) behandelten Vorwurf am 7. Mai 2012 gegenüber dem Stabsunteroffizier B1. habe eine Beleidigung bzw. Bedrohung in Bezug auf den Oberfeldwebel C. ausgesprochen. Insoweit hat Stabsunteroffizier B1. in einer Vernehmung durch Oberleutnant H. am 15. Mai 2012 bekundet, der Kläger habe "allgemeine Beleidigungen" wie "Hurensöhne, Wichser" vor sich hin gesagt und außerdem in Bezug auf den Oberfeldwebel C. geäußert: "Dieses fette Schwein, ich werde mich um ihn kümmern." Der Kläger bestreitet dies. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. November 2015 hat er erklärt:

"Zu dem Vorwurf, ich hätte einen Kameraden beleidigt oder sogar bedroht, möchte ich Folgendes sagen: Ich habe bei der Vernehmung damals im Mai 2012 sicherlich vor mich hin geflucht, d.h. vor mich hin irgendwelche Schimpfwörter gesagt, weil ich mit der Situation unzufrieden war. Ich habe aber tatsächlich nie jemanden beleidigt oder bedroht.

Vor allem trifft es nicht zu, dass ich in Bezug auf den Oberfeldwebel C. gesagt hätte: ‚Dieses fette Schwein, den nehme ich mir vor!‘ So etwas habe ich nicht gesagt."

Welche der beiden Versionen zutrifft, lässt sich anhand der zur Verfügung stehenden Ermittlungsergebnisse nicht abschließend klären. Das über die Vernehmung des Stabsunteroffiziers B1. gefertigte Protokoll dürfte in diesem Zusammenhang nicht zu Lasten des Klägers verwertet werden können, weil dieser bei der Vernehmung des Stabsunteroffiziers nicht zugegen war, um seine Rechte zu wahren, und somit vieles dafür spricht, dass einer Verwertung das Unmittelbarkeitsprinzip des § 96 VwGO entgegenstehen würde.

Vgl. zu dieser Problematik BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 28.10 -, juris (Rdnr. 20 ff.).

Das Gericht lässt diese Frage jedoch offen. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers einmal unterstellt, er habe anlässlich der Vernehmung vom 7. Mai 2012 tatsächlich keine Beleidigung bzw. Drohung der ihm vorgeworfenen Art ausgesprochen, würde dies seiner Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG nicht entgegenstehen, weil diese - wie noch zu zeigen sein wird - bereits durch die vorstehend unter aa) und bb) behandelten (berechtigten) Vorwürfe getragen wird.

dd) In dem vorstehend unter aa) und bb) behandelten Fehlverhalten des Klägers liegen (zumindest) Verletzungen der Dienstpflichten aus § 7 SG zum treuen Dienen, der Wahrheitspflicht aus § 13 SG und der Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 SG.

Vgl. zu entsprechenden Fällen etwa VG Regensburg, Urteil vom 5. März 2003 - RO 1 K 02.1393 -, m.w.N., juris (Rdnr. 20), und VG Münster, Urteil vom 6. Juli 2007 - 11 K 996/06 -, juris (Rdnr. 33, 35).

c) Das Verbleiben des Klägers im Soldatenverhältnis auf Zeit hätte aufgrund dieser Dienstpflichtverletzungen voraussichtlich die militärische Ordnung ernstlich gefährdet.

§ 55 Abs. 5 SG dient ausschließlich dem Schutz der Bundeswehr und soll künftigen Schaden für sie verhindern; eine disziplinare Sanktion ist nicht Zweck der fristlosen Entlassung. Es kommt daher entscheidend auf den Ernst der der militärischen Ordnung oder dem Ansehen der Bundeswehr ohne die fristlose Entlassung in Auswirkung der Dienstpflichtverletzung drohenden Gefahr an. Diese hat das Verwaltungsgericht in einer "objektiv nachträglichen Prognose" nachzuvollziehen. Mit dem Erfordernis, dass die Gefährdung der militärischen Ordnung oder des Ansehens der Bundeswehr ernstlich sein muss, entscheidet das Gesetz zudem selbst die Frage der Angemessenheit der fristlosen Entlassung im Verhältnis zu dem erstrebten Zweck und konkretisiert so den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16. B. 2010 - 2 B 33.10 -, NVwZ-RR 2010, 896.

Eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung wäre bei einem Verbleib des Klägers im Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit in der Bundeswehr voraussichtlich zu befürchten gewesen.

Unter "militärischer Ordnung" ist der Inbegriff der Elemente zu verstehen, die die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen erhalten. In der Rechtsprechung haben sich Fallgruppen herausgebildet, bei denen eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung im Sinne des § 55 Abs. 5 SG regelmäßig anzunehmen ist. Dies gilt vor allem für Dienstpflichten im militärischen Kernbereich, die unmittelbar die Einsatzbereitschaft beeinträchtigen. Bei Dienstpflichtverletzungen außerhalb dieses Bereichs, also im Randbereich des Militärischen, kann ebenfalls regelmäßig auf eine ernstliche Gefährdung geschlossen werden, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder es sich um eine Disziplinlosigkeit handelt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr).

Vgl. erneut BVerwG, Beschluss vom 16. B. 2010 - 2 B 33/10 -, a.a.O.

Für das vorliegende Verfahren gilt insoweit Folgendes:

aa) Soweit eine Manipulation der Abrechnungen von Zulagen in Rede steht, ist die Tat des Klägers - wie dargelegt - als Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu werten, da der Kläger vorsätzlich eine Täuschung seines Dienstherrn durch Abgabe fehlerhafter Antragsunterlagen begangen hat, um sich einen nicht rechtgefertigten Vermögensvorteil in Form der ihm nicht zustehenden Auszahlung von Zulagen nach der Erschwerniszulagenverordnung zu verschaffen. Dieses Verhalten begründet zur Auffassung des Gerichts - bereits für sich genommen - eine ernstliche Gefahr für die militärische Ordnung, und zwar unabhängig davon, ob man die genannte Verfehlung des Klägers dem Kernbereich oder dem Randbereich des Militärischen zuordnet. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers von Letzterem ausgeht, begründen Schwere und Tragweite der Tat eine ernstliche Gefahr in dem genannten Sinne.

Denn die strafrechtlich als Betrug zu wertende vorsätzlich Bereicherung zu Lasten des Dienstherrn stellt eine in höchstem Maße verwerfliche Tat dar. Die Bundeswehr ist auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Soldaten im Umgang mit öffentlichen Mitteln in hohem Maße angewiesen, weil sie ihre Angehörigen nicht ständig und überall überwachen kann. Sie muss gerade bei solchen Vorgängen, die erfahrungsgemäß schwer kontrolliert werden können, weil es sich um Massenverfahren handelt, bei denen eine lückenlose Kontrolle von Angaben naturgemäß auf Schwierigkeiten stößt, auf die Einhaltung besonderer Genauigkeit bestehen. Erfüllt ein Soldat diese Erwartungen nicht, sondern täuscht er - wie der Kläger - aus eigennützigen Beweggründen vorsätzlich seinen Dienstherrn, um ungerechtfertigt Zuwendungen zu erhalten, so stört er das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn nachhaltig und begründet ernsthafte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, Integrität und Treuebereitschaft. Erschwerend ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger in seinen am 1. Dezember 2011 gestellten - von dem Oberstabsgefreiten N1. vorbereiteten - Anträgen die Richtigkeit seiner Angaben ausdrücklich versichert hat. Die Wahrheitspflicht hat gerade im militärischen Bereich besondere Bedeutung. Sie bezieht sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 13 Abs. 1 SG auf "dienstliche Angelegenheiten" schlechthin, also nicht nur auf den eigentlich militärischen Bereich, sondern auch auf alle mit dem Dienst zusammenhängenden Vorgänge, beispielsweise Zahlungsvorgänge im Rahmen der besoldungsrechtlichen Nebenalimentation. Das kommt schon darin zum Ausdruck, dass die in keinem anderen gesetzlichen Pflichtenkatalog ausdrücklich normierte Wahrheitspflicht für Soldaten gesetzlich geregelt ist. Eine militärische Einheit kann nämlich nicht geführt werden, wenn die Führung sich nicht auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen verlassen kann. Denn auf ihrer Grundlage müssen im Frieden und erst Recht im Verteidigungsfall gegebenenfalls Entschlüsse von erheblicher Tragweite gefasst werden. Ein Soldat, der gegenüber Vorgesetzten und Dienststellen der Bundeswehr unwahre Erklärungen abgibt, büßt jedoch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein. Gerade die auch für das Dienstverhältnis aller Soldaten grundlegende Treuepflicht gebietet u.a. jedem Zeitsoldaten, im Dienst und außerhalb des Dienstes nach besten Kräften zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr beizutragen und alles zu unterlassen, was diese in ihrem durch die Verfassung festgelegten Aufgabenbereich - auch in finanzieller Hinsicht - nur im geringsten schwächen könnte. Die Nachahmungsgefahr bei einer solchen oftmals als "Kavaliersdelikt" angesehenen schweren Verfehlung ist - wie auch von der Beklagten im Beschwerdebescheid nachvollziehbar dargelegt worden ist - derart groß, so dass eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung angesichts des anzunehmenden Verbreitungsgrades zu bejahen ist. Dies macht deutlich, dass er sich gerade bei dieser Art von Dienstpflichtverletzung um das typische Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten handelt.

Da § 55 Abs. 5 SG allein dem Schutz der Bundeswehr dient und künftigen Schaden für sie verhindern soll, andererseits Zweck der fristlosen Entlassung nicht eine disziplinare Sanktion ist, war der Dienstherr im vorliegenden Fall zudem nicht gehindert, trotz des Verzichts auf disziplinarische Ahndung (vgl. Blatt 86 und 87 der Beiakte Nr. 1) die Entlassung auszusprechen. Es sind sogar Fälle denkbar, bei denen nicht jeder eine fristlose Entlassung rechtfertigender Sachverhalt zugleich auch eine Disziplinarmaßnahme angezeigt erscheinen lässt. Im vorliegenden Fall ist bei der gebotenen objektiv nachträglichen Prognose für das Gericht nicht erkennbar geworden, dass eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung gemäß § 55 Abs. 5 SG durch eine gegenüber dem Kläger ausgesprochene Disziplinarmaßnahme vermieden worden wäre, vor allem weil die Dienstpflichtverletzung - wie bereits festgestellt - als Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretende Meinung zur Disziplinlosigkeit anzusehen ist und insofern eine erhebliche Nachahmungsgefahr besteht.

Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Regensburg, Urteil vom 5. März 2003- RO 1 K 02.1393 -, m.w.N., juris (Rdnr. 21 ff.).

Zwar kann sich im Einzelfall ergeben, dass die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme zur Abwendung einer solchen Nachahmungsgefahr ausreichend sein kann. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die in Rede stehende Tat wegen der Geringfügigkeit des (angestrebten) Schadens als "minder schwerer Fall" zu beurteilen ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. B. 2010 - 2 B 33.10 -, juris (Rdnr. 9).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da es um einen Schaden von mehr als 800,00 € geht, der nach Auffassung des Einzelrichters nicht als "geringfügig" gelten kann, zumal nicht nur die Erschleichung einer Zulage für einen vergleichsweise geringen Zeitraum in Rede steht, sondern unberechtigte Zulagen für drei Monate (September bis November 2011).

Vgl. dazu auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 3. Februar 2010- 2 L 302/06 -, juris (Rdnr. 24), das einen "minder schweren Fall bei einem (angestrebten) Schaden von etwas mehr als 85,00 € (und dem Vorliegen weiterer entlastender Momente) angenommen hat.

Auch im Übrigen sind keine Umstände erkennbar, die das Verhalten des Klägers als "minder schweren Fall" einer Pflichtverletzung zu Lasten des Dienstherrn gelten lassen könnten. Namentlich hätte es auch angesichts der Gesamtpersönlichkeit des Klägers nicht genügt, der bestehenden Nachahmungsgefahr durch eine Disziplinarmaßnahme zu begegnen. Denn er war bereits zuvor (wegen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst) disziplinarrechtlich belangt worden und sowohl die Vertrauensperson als auch die Dienstvorgesetzten haben seine Entlassung aus dem Dienst befürwortet.

Vgl. zu einer im Einzelfall gebotenen Annahme eines "minder schweren Falles" aufgrund der Gesamtpersönlichkeit des betreffenden Soldaten etwa VG Minden, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 10 K 180/10 -, m.w.N., juris (86 ff.).

Ferner liegt zwischen dem Fehlverhalten des Klägers im Dezember 2011 und seiner Entdeckung sowie weiteren Aufklärung im April und Mai 2012 kein derart langer Zeitraum, dass allein deshalb von einer Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG unter dem Gesichtspunkt einer ernstlichen Gefährdung der militärischen Ordnung wegen Nachahmungsgefahr abzusehen gewesen wäre, zumal es allein der Aufmerksamkeit der Wehrbereichsverwaltung West und nicht etwa einer Mitwirkung des Klägers zu verdanken ist, dass die betreffenden Vorgänge überhaupt ans Licht gekommen sind.

Vgl. zum Aspekt des Zeitablaufs zwischen Tat und Entlassung erneut VG Minden, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 10 K 180/10 -, m.w.N., juris (Rdnr. 109).

Es bedeutete auch keine entscheidende Entlastung des Klägers, wenn man davon ausgeht, dass nicht er, sondern der Oberstabsgefreite N1. die treibende Kraft hinter der Begehung eines Betruges zu Lasten der Beklagten im Dezember 2011 war. Dafür, dass dem Oberstabsgefreiten N1. eine solche Rolle zukam, spricht der äußere Geschehensablauf, der dadurch gekennzeichnet ist, dass N1. die Antragsunterlagen mit den falschen Angaben zu geleisteten Sonderdiensten vorbereitet hat und es darum ging, mit dem Betrug Schulden des Oberstabsgefreiten zu "tilgen". Danach wäre die Tat bei rein wirtschaftlicher Betrachtung vorrangig im Interesse des Oberstabsgefreiten N1. begangen worden. Indizien dafür, dass dies der Fall war, bilden auch die vom Kläger vorgelegten Ausdrucke von SMS, die N1. an den Kläger gesandt hat (vgl. Blatt 106 der Beiakte Nr. 1). Diese entlasten den Kläger zwar nicht von dem Vorwurf, die falsche Angaben enthaltenden Antragsunterlagen in Kenntnis ihres Inhalts unterzeichnet zu haben. Die SMS sind aber doch ein Hinweis darauf, dass dem Oberstabsgefreiten die Verstrickung des Klägers in die Angelegenheit Leid tat, was wiederum auf seine Rolle als treibende Kraft hinweist. Dafür, dass diese Einschätzung zutrifft, spricht im Übrigen auch der persönliche Eindruck, den der Einzelrichter im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen hat. Dieser ist wiederholt von sich aus darauf zu sprechen gekommen, dass er es als erhebliche Ungerechtigkeit empfinde, wenn man ihn kurz vor dem regulären Dienstende entlasse, während N1. bislang nicht einmal disziplinarisch belangt worden sei. Der in unterschiedlichen Zusammenhängen sinngemäß immer wieder durchaus glaubhaft vom Kläger betonte Eindruck von "Ungerechtigkeit" stützt die Einschätzung, dass letztlich der mit Schulden belastete N1. als "wirtschaftlicher Nutznießer" des Betruges zu Lasten des Dienstherrn die treibende Kraft hinter dem Geschehen gewesen ist, während der Kläger möglicherweise eher aus Loyalität zu seinem Kameraden mitgewirkt hat und somit, auch wenn seine (Mit-) Täterschaft nicht in Frage steht, wohl nicht als "Drahtzieher" anzusehen ist. Doch selbst wenn dieser Eindruck des Einzelrichters zutreffend sein sollte, könnte dies den Betrug des Klägers nicht als "minder schweren Fall" erscheinen lassen, der - ausnahmsweise - keine Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG rechtfertigte. Denn der Kläger hätte die Loyalität zu seinem Kameraden eindeutig nicht über diejenige zu seinem Dienstherrn stellen dürfen, zumal es - wie vom Kläger auch erkannt worden ist - um rechtswidriges Handeln ging. Der Kläger hätte mit anderen Worten dem Ansinnen seines Kameraden N1. widerstehen müssen, um so eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung abzuwenden. Hierzu wäre er nach dem Eindruck des Einzelrichters auch ohne weiteres in der Lage gewesen. Namentlich ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger sich in einer Zwangslage befunden hätte, die sein Verhalten nachvollziehbar erscheinen lassen könnte. Der Kläger kann im Übrigen nichts daraus herleiten, dass sein früherer Kamerad N1. nicht ebenfalls gemäß § 55 Abs. 5 SG entlassen worden ist, denn dieser befand sich bereits seit dem 1. Januar 2005 in seinem Soldatenverhältnis (vgl. Blatt 10 der Beiakte Nr. 2), so dass die Voraussetzungen der genannten Rechtsgrundlage, die eine Entlassung nur innerhalb der ersten vier Dienstjahre erlaubt, in seinem Fall - anders als beim Kläger - nicht vorlagen. Bei dem Oberstabsgefreiten N1. bleibt daher nur eine disziplinarrechtliche Ahndung.

Der Kläger kann sich darüber hinaus nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die betreffenden Vorgänge nicht als Grundlage für eine Entlassungsentscheidung herangezogen werden könnten, weil die Staatsanwaltschaft C2. das gegen ihn wegen des Verdachts des Betruges geführte Strafverfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt hat. Die Verfahrenseinstellung steht einer Verwertung derjenigen Sachverhalte, welche bereits Gegenstand des Strafverfahrens waren, nicht entgegen. Zwar ist das Verwaltungsgericht keine Überprüfungsinstanz für strafgerichtliche Urteile. Eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils kommt allenfalls im Falle erheblicher Zweifel an deren Richtigkeit, d. h. nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen in Betracht. Strafgerichtliche Feststellungen sind daher für das Verwaltungsgericht auch dann bindend, wenn dieses aufgrund eigener Ermittlungen und Überlegungen abweichende Feststellungen für möglich hält.

Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 02. März 2007- 5 ME 252/06 -, NVwZ-RR 2007, 396.

Hier liegt jedoch kein rechtskräftiges Strafurteil vor, das den Kläger von dem in Rede stehenden Vorwurf, er habe einen Betrug zum Nachteil seines Dienstherrn begangen, entlastet. Wird das Verfahren - wie hier - gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt, so liegt hierin gerade kein Freispruch etwa aus Mangeln an Beweisen. Vielmehr dient die genannte strafprozessrechtliche Vorschrift der vereinfachten Verfahrenserledigung bei Vergehen. Andererseits ist die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland ist, bei einer solchen Verfahrenseinstellung nicht widerlegt. Es wird vielmehr mit der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 Abs. 1 StPO keine Feststellung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht. Daher obliegt es zunächst der zuständigen Dienststelle, den Sachverhalt selbst zu ermitteln, um auf dieser Basis eine Entscheidung nach § 55 Abs. 5 SG treffen zu können.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Juni 2006- 1 WB 8.06 -, juris (Rdnr. 25).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obliegt es sodann dem Gericht, im Rahmen seiner Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen ggf. entsprechende Ermittlungen anzustellen, was hier - u.a. durch Beiziehung und Auswertung der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - geschehen ist und den Einzelrichter - wie ausgeführt - zu der Überzeugung geführt hat, dass der Kläger im Dezember 2011 einen Betrug zum Nachteil seines Dienstherrn begangen hat. Die Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 1 StPO löst dabei nach dem soeben Gesagten keine einem strafgerichtlichen Freispruch entsprechende Bindungswirkung aus, welche das Gericht an der Verwertung der gewonnenen Ergebnisse hindern könnte.

Nach alledem liegt bereits aufgrund des Betruges zu Lasten des Dienstherrn eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung vor.

bb) Dieser Befund wird weiter gestützt und erhärtet durch das bereits disziplinarisch geahndete unerlaubte Fernbleiben vom Dienst im Februar/März 2011 und Februar/März 2012. Denn insbesondere für einen Soldaten, der wie der Antragsteller auf Grund freiwilliger Verpflichtung den Streitkräften angehört sind Anwesenheit und Dienstleistung fundamentale und zentrale Pflichten, deren strikte Erfüllung die Durchführung des militärischen Auftrages erst ermöglicht. Die Verletzung von Anwesenheits- und Dienstpflichten berührt nicht nur die Wurzeln der militärischen Ordnung und die Schlagkraft der Truppe, sondern erschüttert auch die Grundlage des Dienstverhältnisses.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1986 - 2 WD 48.85 -, juris (Rdnr. 21).

Die militärische Ordnung wäre daher vorliegend auch aufgrund des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst gefährdet gewesen, zumal bei einem Verbleib des Klägers in der Bundeswehr die begründete Befürchtung weiterer Pflichtverletzungen durch ihn bestand, die zugleich Nachahmungshandlungen anderer Kameraden hätten auslösen können, und durch die befehlswidrige Verletzung der Anwesenheitspflicht die Verteidigungsbereitschaft der Truppe in Frage gestellt wird. Es kommt wegen des Schutzzweckes des § 55 Abs. 5 SG, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu erhalten, für die Annahme einer ernstlichen Gefährdung der militärischen Ordnung nicht auf die im Einzelfall vielleicht nicht so schwer wiegende Nichtbefolgung von Befehlen und den dadurch hier entstandenen Schaden an, sondern vielmehr auf die Gefahr, die der Verteidigungsbereitschaft jeder einzelnen Einheit und der Bundeswehr im Ganzen droht, wenn zahlreiche derartige Verstöße vorkommen. Der Erhalt der Verteidigungsbereitschaft erfordert es, dass sich die Bundeswehr auf die strikte Erfüllung der Anwesenheits- und Dienstleistungspflicht eines jeden Soldaten verlassen kann. Das Verhalten des Klägers stellte seine für den militärischen Betrieb unverzichtbare Zuverlässigkeit grundlegend in Frage. Dass er während des in Rede stehenden Zeitraums fortlaufend entsprechende Pflichten verletzt hat und sich auch durch die disziplinarische Ahndung einiger Vorfälle durch Disziplinarverfügung vom 19. April 2011 nicht von der Begehung weiterer Verstöße gegen die Anwesenheitspflicht hat abhalten lassen, rechtfertigt die Feststellung, dass er auch im Folgenden seine Dienstpflichten entweder bewusst nicht erfüllt oder sich pflichtvergessen gezeigt hätte. Das Fehlverhalten des Klägers, auf dem diese Feststellung beruht, erscheint auch nicht allein deshalb in einem milderen Licht, weil er möglicherweise- wie er (u.a.) in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht geltend gemacht hat - während der in Rede stehenden Zeiträume persönliche bzw. familiäre Probleme hatte und sich von Vorgesetzten unverstanden fühlte. Darüber hinaus ist auf die Nachahmungsgefahr hinzuweisen; ein Verbleiben des Klägers im Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit hätte durchaus die Neigung zur militärischen Disziplinlosigkeit bei anderen Soldaten fördern können. Kommen zahlreiche Befehlsverweigerungen und Verstöße gegen Meldepflichten vor, gefährdet dies die Verteidigungsbereitschaft jeder einzelnen Einheit und der Bundeswehr im Ganzen. Die militärische Ordnung kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn für die Wahrung der militärischen Disziplin gesorgt wird. Dies kann aber nur dann gelingen, wenn nicht bei anderen Kameraden der Eindruck entsteht, die Bundeswehr gehe nicht konsequent gegen die Verletzung von Dienstpflichten vor und dulde damit letztlich vorschrifts- und befehlswidriges Verhalten.

Vgl. zum Ganzen VG Münster, Urteil vom 6. Juli 2007 - 11 K 996/06 -, juris (Rdnr. 42 ff.).

Allerdings geht das Gericht zu Gunsten des Klägers davon aus, dass das hier diskutierte Fernbleiben vom Dienst für sich genommen noch keine "ernstliche" Gefährdung der militärischen Ordnung dargestellt hätte, weil dieser Gefährdung - bei isolierter Betrachtung - letztlich nicht die Tragweite zukommt, die eine Entlassung rechtfertigen würde. Dies folgt daraus, dass der Kläger an den betreffenden sieben Tagen nicht vollständig unerlaubt dem Dienst ferngeblieben ist, was ohne weiteres die Annahme einer "ernstlichen" Gefahr für die militärische Ordnung begründet hätte, sondern zumeist "nur" einige Stunden, zum Teil sogar weniger als eine Stunde. Die Verstöße haben somit Gewicht, sind aber nach Bedeutung und Tragweite im Ergebnis nicht derart gravierend, dass allein aufgrund dieser Verfehlungen ein Verbleiben des Klägers im Dienst nicht mehr hingenommen werden könnte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst im Rahmen der hier zur gerichtlichen Überprüfung stehenden Entlassung aus dem Dienst als Zeitsoldat ohne jede Bedeutung wäre. Vielmehr erhärtet es, mag es auch für sich genommen eine Entlassung nicht rechtfertigen können, die sich schon aus dem im Dezember 2011 begangenen Betrug ergebende Feststellung, dass ein Verbleib des Klägers in der Bundeswehr nicht mehr tragbar gewesen ist und lässt eine Entlassung umso dringlicher erscheinen. Jedenfalls im Zusammenwirken mit der im Dezember 2011 begangenen Tat erscheint somit auch das hier thematisierte unerlaubte Fernbleiben vom Dienst als "ernstliche" Gefährdung der militärischen Ordnung.

Der Kläger kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst bereits durch die Disziplinarmaßnahmen vom 19. März 2011 und vom 15. März 2012 geahndet und damit nicht mehr Grundlage einer Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG sein könne. Das unerlaubte Fernbleiben in mehreren Fällen ist nicht durch die insoweit verhängten Disziplinarmaßnahmen "verbraucht". An Dienstpflichtverletzungen anknüpfende Disziplinarmaßnahmen und eine Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG unterscheiden sich voneinander nach Voraussetzungen und Zielen grundlegend und können rechtlich ohne weiteres nebeneinander stehen.

Vgl. etwa Bayer. VGH, Beschluss vom 26. November 2010 - 6 C 10.1980 -, juris (Rdnr. 5).

d) Die Voraussetzungen für eine Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit gemäß § 55 Abs. 5 SG liegen danach vor. Die Entlassungsentscheidung stand damit im Ermessen der Beklagten. Die hier getroffene Ermessensentscheidung, den Kläger aus der Bundeswehr zu entlassen, ist nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 55 Abs. 5 SG kein "umfassendes" Ermessen dergestalt einräumt, dass die Entlassungsbehörde ähnlich wie in einem Disziplinarverfahren alle für und gegen den Verbleib des Zeitsoldaten im Dienst sprechenden Gesichtspunkte einer Gesamtwürdigung unterziehen müsste. Dem steht die besondere Zweckbestimmung des § 55 Abs. 5 SG entgegen, eine - sich im Grunde bereits aus der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift ergebende - drohende Gefahr für die Bundeswehr abzuwenden. Deshalb ist das Ermessen der Behörde, beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 SG von einer Entlassung absehen zu können, im Sinne einer sog. "intendierten Entscheidung" auf besondere Ausnahmefälle zu beschränken, die der Gesetzgeber in seine vorweggenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht einbezogen hat, weil sie den in Rede stehenden Fall völlig atypisch prägen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2005 - 1 B 2009/04 -, m.w.N., juris (Rdnr. 36 ff.).

Solche außergewöhnlichen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Soweit der Kläger sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren sinngemäß geltend gemacht hat, die Entlassung aus dem Dienst stehe außer Verhältnis zu den in Rede stehenden Verfehlungen, ist dem entgegenzuhalten, dass hier für zusätzliche Erwägungen zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schon deshalb kein Raum ist, weil das Gesetz - wie ausgeführt - den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits im Tatbestand des § 55 Abs. 5 SG - durch das Merkmal "ernstlich" sowie die Begrenzung der Entlassung auf die ersten vier Dienstjahre - konkretisiert hat.

Unerheblich ist zudem der Umstand, dass der Kläger mit Bekanntgabe des Bescheides vom 18. Juni 2012 entlassen worden ist, seine Dienstzeit aber ohnehin mit Ablauf des 30. Juni 2012 geendet hätte. Das Gesetz hat mit der Begrenzung der Entlassungsmöglichkeit in § 55 Abs. 5 SG auf die ersten vier Jahre selbst die maßgebliche Grenzziehung vorgenommen, womit naturgemäß - ähnlich wie auch im Falle sog. Stichtagsregelungen - gewisse Härten verbunden sein können. Die Ausschöpfung dieser Frist durch die Bundeswehr bedarf hiervon ausgehend keiner besonderen Erwägungen

- vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 2009 - 1 A 2084/07 -, juris (Rdnr. 148) -

und begegnet auch unter Berücksichtigung der hier gegebenen Einzelfallumstände keinen durchgreifenden Bedenken. Dies gilt umso mehr, als die vorliegend im Zentrum der Betrachtung stehende Unterzeichnung inhaltlich unrichtiger Antragsunterlagen am 1. Dezember 2011 zum Zweck der Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils erst im April 2012 und somit vergleichsweise kurz vor dem regulären Dienstende bekannt geworden ist.

II. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihm die Bezüge für die Zeit von der Zustellung des Entlassungsbescheides bis zum regulären Ende der Dienstzeit, die ohne die Entlassung mit dem 30. Juni 2012 abgelaufen wäre, nachzuzahlen (Klageantrag zu 2.), ist seine Klage jedenfalls unbegründet, weil die Entlassung aus dem Dienstverhältnis als Soldat grundsätzlich - so auch hier - für den früheren Soldaten auf Zeit den Verlust seiner Ansprüche auf Dienstbezüge und Versorgung - mit Ausnahme einer Beschädigtenversorgung, die hier aber nicht in Rede steht - nach sich zieht (vgl. § 56 Abs. 3 SG). Aus diesem Grund ist die Klage auch insoweit unbegründet, als der Kläger Ansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz auf Dienstzeitversorgung, namentlich Übergangsgebührnisse (§ 11 SVG) und Übergangsbeihilfen (§ 12 SVG), begehrt (Klageantrag zu 3.).

B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).