LG Paderborn, Urteil vom 12.05.2016 - 3 O 290/15
Fundstelle
openJur 2019, 2891
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten auf Ersatz entstandener Verluste beim G.

Der Kläger traf im Juli 2013 gemeinsam mit seinem Bruder, dem Zeugen B (Kläger im Verfahren 3 O 289/15) auf Empfehlung der Finanzberaterin Frau X den Beklagten, der eine Wirtschaftsberatung als Einzelkaufmann betreibt. Ein weiteres Gespräch fand im Beisein des Schwiegersohns des Herrn B, des Zeugen E, am 03.10.2013 statt. Gegenstand der Gespräche war der Wunsch des Klägers und seines Bruders einen größeren Geldbetrag gewinnbringend anzulegen. Im Termin am 03.10.2013 überreichten der Kläger und sein Bruder dem Beklagten von ihnen am 24.09.2013 unterzeichnete Kontoeröffnungsanträge für ein Einzelkonto bei der T-Bank. Diese enthielten auf der Seite 2 Folgendes:

"Mit der Unterzeichnung dieser Kundevereinbarung erkläre ich mich mit folgenden Punkten einverstanden und bestätige:

Ich bin mindestens 18 Jahre alt;

Ich habe folgende Unterlagen und ihre Ergänzungen gelesen, verstanden und akzeptiert:

? AGB von B;

? Grundsätze der Auftragsausführung;

? Politik der Kunden-Vermögenspflege;

? Datenschutzrichtlinien

? Investitionsdienstleistungs- und Nutzungsbedingungen von der NTrader Handelsplattform;

? Risikowarnung beim Handeln mit Differenzkontrakten (CFDs), Indizes und Futures

[...]

Ich bin mir im Klaren darüber, dass der Handel mit Differenzkontrakten und anderen Finanzinstrumenten eine spekulative Tätigkeit ist und ein hohes Risiko beinhaltet: die Nutzung des Kredithebels und sehr volatile Märkte können zu einem großen Kapitalverlust bis hin zu Totalverlust führen. Handeln sie nur mit Geld, welches Sie im schlimmsten Fall auch verlieren könnten!

Ich verstehe und akzeptiere das Risiko des Handelns mit Differenzkontrakten bzw. des Devisenhandels;

[...]"

Im Übrigen wird auf den Inhalt des Kontoeröffnungsantrags vom 24.09.2013 (Anlage B1 im roten Anlagenband) verwiesen.

Bereits mit Email vom 09.08.2013 (Anlage B2 im roten Anlagenband) teilte der Beklagte dem Kläger mit:

"[...]

Wunschgemäß stellen wir Ihnen unseren o.g. EA für Ihr G-Trading zur Verfügung.

Es wurde die reine Anmietung der Software vereinbart.

Als monatliche gewinnabhängige Mietrate wurde folgendes vereinbart:

Der Gewinn pro Monat (lt. Historie Balance pro Monat) wird ein Verhältnis von 60/40 vereinbart. Die 40 (%) werden als Mietgebühr von Ihnen entrichtet.

[...]"

Zwischen den Parteien ist unter anderem besprochen worden, dass nach außen hin es sich um einen Handel des Klägers, mithin einen fiktiven Eigenhandel, handeln müsse, da alles andere nicht BaFin konform sei. Weitergehende Vereinbarungen und Gesprächsinhalte zwischen den Parteien sind streitig.

Der Kläger zahlte in der Folgezeit auf das bei der T-Bank neu eröffnete Konto einen Betrag in Höhe von 224.000,00 €; sein Bruder B zahlte auf sein Konto einen Betrag in Höhe von 256.000,00 €.

Im Anschluss wurde mit diesem Geld von dem Konto des Klägers bei der T-Bank unter Einschaltung eines Brokers, der Firma B, und Nutzung eines von dem Beklagten zur Verfügung gestellten Computerprogramms, eines Expert Advisor, Devisengeschäfte vorgenommen. Dazu öffnete und schloss der Expert Advisor unter Berücksichtigung der vorgenommenen Einstellungen verschiedene Positionen. Geschlossene Positionen realisierten in der Regel einen Gewinn. Die offenen Positionen, sogenannte Floating-Positionen, hatten sich noch nicht realisiert, es war auch noch nicht klar, ob sich diese positiv oder negativ entwickelten. Die Einstellungen und die Wartung des Expert Advisors übernahm der Beklagte; ihm waren die Kontodaten von dem Kläger mitgeteilt worden. Zugriff auf das Konto hatte neben dem Kläger lediglich der Expert Advisor; Auszahlungen konnten nur auf ein Konto des Klägers erfolgen. Ob auch durch den Beklagten unter Nutzung des Expert Advisors manuell getradet worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Über die Geschäfte ist monatlich abgerechnet worden. Dabei sind nur die geschlossenen Positionen zur Berechnung des "Gewinns" berücksichtigt worden; die Floating-Positionen blieben unberücksichtigt. Bereits nach Erhalt der ersten Abrechnung im November 2013 hat sich der Kläger an den Beklagten gewandt und ihn auf die Floating-Positionen angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt bestanden auf Seiten des Klägers bereits Überlegungen, die Vertragsbeziehungen zu beenden, da bei einer Realisierung der Floating-Positionen sich ein erheblicher Verlust einstellen könne bzw. werde. Tatsächlich kam es aber nicht zu einer Beendigung der Vertragsbeziehungen. Ohne Berücksichtigung der offenen Floating-Positionen ergab sich insgesamt ein "Gewinn" in Höhe von 88.480,00 € bis zum Ende des Jahres 2014. Davon erhielt der Beklagte gemäß seiner Email vom 24.09.2013 40 %, mithin einen Betrag in Höhe von 35.392,00 €. Dem Kläger wurden 53.088,00 € ausgezahlt. Die Devisengeschäfte endeten mit dem Jahr 2014. Das Konto des Klägers wies zum damaligen Zeitpunkt noch einen positiven Betrag in Höhe von 11.638,37 € auf.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.12.2014 (Anlage K1, Bl. 26 dA) forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 170.912,00 € bis zum 07.01.2015 auf. Ferner erklärte er die Anfechtung der Geschäftsbeziehung wegen arglistiger Täuschung. Eine Zahlung des Beklagten erfolgte nicht.

Der Kläger meint, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nichtig sei.

Dies ergebe sich zum einen aus § 134 BGB, da der Beklagte nicht über eine notwendige Erlaubnis gemäß § 32 KWG verfügt habe. Eine solche habe er jedoch benötigt, da er allein die Einstellungen an dem Expert Advisor vorgenommen habe. Auch sei es später zu einem massiven manuellen Traden des Beklagten gekommen; eine Zustimmung dazu habe er, der Kläger, zu keinem Zeitpunkt erteilt. Von ihm selbst sei nicht auf die Software oder das Konto zugegriffen worden; dies sei ihm auch vom Beklagten untersagt worden.

Des Weiteren sei der Vertrag aufgrund der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung von Anfang an nichtig. Hintergrund sei, dass der Beklagte ihm und seinem Bruder gegenüber verschiedene Zusagen gemacht habe, die er allesamt nicht eingehalten habe. So habe er - unter Bezugnahme auf seine Erfahrungswerte - hohe Renditen zugesagt, von 20 bis 30% monatlich. Diese hohen Erträge habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Es seien vielmehr massive Verluste entstanden. Bei Vertragsabschluss hätten die von dem Beklagten in Aussicht gestellten Sicherungsvorkehrungen für ihn im Vordergrund gestanden und seien ausschlaggebend gewesen. Der Beklagte habe zwar auch erklärt, dass es beim G-Trading grundsätzlich zu Verlusten kommen könne; seine Software würde jedoch dazu führen, dass die positiven Trades die negativen Trades per Saldo immer überwiegen würden. Der Beklagte habe auch zugesichert, dass nach dem Eingang der Gelder die B Markets einen Bonus von rund 10 % zahlen werde; dies sei an keinerlei Bedingungen geknüpft gewesen. Zumindest zunächst hätten die Tradings nur mit diesem Bonus und mit den ersten zu erwartenden Gewinnen erfolgen sollen; ein solcher Bonus sei nicht gezahlt worden. Der Beklagte habe zudem erklärt, dass mit maximal 6-10 % des eingesetzten Kapitals gehandelt werde und er zur Vermeidung von Verlusten mit einer engen Stop-Loss-Setzung handeln werde; auch dies sei erst bei einigen wenigen letzten Transaktionen erfolgt. Der Beklagte habe außerdem zugesichert, dass er, der Kläger, das Kapital ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist jederzeit ungekürzt wieder entnehmen könne; auch der Bonus könne behalten werden. Zu den an den Beklagten geleisteten Beträgen sei es nur deshalb gekommen, weil die Positionen, denen ein Verlust drohte, nicht frühzeitig geschlossen und mit den erzielten Gewinnen verrechnet worden waren; nur so habe der Beklagte hohe Provisionszahlungen erhalten.

Der Beklagte habe auch nicht offenbart, dass gegen ihn ein Insolvenzverfahren laufe; er habe dazu erklärt, dass es sich um ein solches seines Schwiegervaters handele bzw. er nur für dessen Schulden hafte. Wäre ihm dies bekannt gewesen, hätte er dem Beklagten die streitgegenständlichen Vermögenswerte nicht an die Hand gegeben.

Aus vorgenannten Gründen stehe ihm, dem Kläger, auch ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Klageforderung zu, da der Beklagte ihn insofern nicht hinreichend aufgeklärt habe. Wäre er ordnungsgemäß aufgeklärt worden, wäre es nicht zum Abschluss des Vertrages mit dem Beklagten gekommen, so dass ihm auch der eingesetzte Geldbetrag in voller Höhe verblieben wäre.

Da dem Beklagten die notwendige Erlaubnis gemäß § 32 KWG für das Handeln mit dem klägerischen Vermögen gefehlt habe, ergebe sich auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 32 KWG.

Die Höhe des Rückzahlungsanspruchs berechne sich aus dem geleisteten Betrag in Höhe von 224.000,00 € abzüglich der an ihn erfolgten Auszahlung mit 53.088,00 € sowie unter Abzug eines restlichen Guthabens auf dem Tradingkonto mit 11.000,00 €. Die Verluste allein durch das manuelle Trading des Beklagten beliefen sich auf 71.000,00 €.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 159.912,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2014 zu zahlen,

und

den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.438,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass er dem Kläger lediglich die Software, den Expert Advisor, vermietet habe. Mit dieser sei das Trading erfolgt. Die Software sei von ihm installiert und hinsichtlich ihrer ordnungsgemäßen Funktion und eines ordnungsgemäßen Verlaufs überwacht worden; auch seien Updates zur Verfügung gestellt worden. Er habe auch darauf hingewiesen, dass ein manuelles Trading nicht vorgesehen sei und im Regelfall auch nicht stattfinde. Unter Nutzung der überlassenen Software habe der Kläger völlig eigenmächtig und eigenverantwortlich gehandelt. Er, der Beklagte, habe für den Kläger keine manuellen Trades betrieben; er habe allenfalls solche auf ausdrückliche Anweisung vorgenommen. In diesem Zusammenhang sei jedoch kein Schaden entstanden.

Zusagen oder Garantien habe er nicht gegeben. So habe er lediglich darauf hingewiesen, dass mit der von ihm überlassenen Software hohe Renditen erzielt werden könnten. Eine Zusicherung hinsichtlich eines Bonus habe es weder in Höhe von 10 % noch in Höhe von insgesamt 50.000,00 € gegeben; von ihm übermittelte Angebote auf Auszahlung eines Bonus seien von dem Kläger nicht angenommen worden. Weder habe er erklärt, dass nur mit dem Bonus und den ersten zu erwartenden Erträgen gehandelt werde, noch dass dies lediglich mit 6-10 % des eingesetzten Kapitals erfolge. Das Setzen eines Stop-Loss sei bei Nutzung seines Expert Advisors schon nicht vorgesehen; dies sei auch nicht Gegenstand der Gespräche zwischen den Parteien gewesen. Er habe auch nicht zugesichert, dass der Kläger und sein Bruder jederzeit das eingelegte Kapital ohne Kündigungsfrist ungekürzt zurückerhalten könnten. Insgesamt habe er auf die Risiken des Tradens hingewiesen, auch auf ein mögliches Totalverlustrisiko. Er habe auch nicht nur Gewinne realisiert und die Verluste als "Sonderposten" weiterlaufen lassen; es liege in der Natur der Sache, dass Gewinne realisiert und Floating-Positionen gehalten werden, bis auch diese sich in Gewinnen realisieren. Solange die offenen Positionen nicht geschlossen seien, lasse sich auch nicht sagen, ob sie positiv oder negativ abgeschlossen werden.

Das Insolvenzverfahren über sein Vermögen sei dem Kläger bekannt gewesen.

Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus einer fehlenden Erlaubnis gemäß § 32 KWG. Die Vermietung der Börsenhandelssoftware sei nicht erlaubnispflichtig im Sinne des KWG. Auch hinsichtlich möglicher manueller Trades sei eine solche nicht gegeben. Es handele sich nicht um eine regelmäßige, gewerbsmäßige oder sonstige Tätigkeiten in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Zudem fehle es an einem konkreten Vortrag, welche Geschäfte angeblich fehlerhaft ausgeführt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben, durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen B und E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 21.01.2016 und 21.04.2016 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache ist sie jedoch nicht begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Betrages oder eines Teils davon zu.

1.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag bzw. einem Vertrag sui generis mit überwiegenden mietvertraglichen Elementen in Verbindung mit den §§ 280, 311 Abs. 2 BGB.

a)

Zwischen den Parteien bestand ein Schuldverhältnis dahingehend, dass der Beklagte dem Kläger eine Software, einen sogenannten Expert Advisor, zur Verfügung stellt und die Vornahme der Einstellungen und Wartung übernimmt und dafür einen monatlich zu entrichtenden Betrag in Höhe von 40 % der erzielten Gewinne laut Historie BalanceBalance / Gewinne pro Monat erhält. Insofern kann an dieser Stelle dahinstehen, welche weitergehenden Vereinbarungen die Parteien getroffenen haben; die mietvertraglichen Elemente der Vertragsgestaltung überwiegen jedenfalls.

b)

Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist nicht nichtig gemäß § 134 BGB. Danach sind Rechtsgeschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Soweit vorliegend seitens des Klägers dem Beklagten ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht des § 32 KWG vorgeworfen wird, führt eine solche unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen der Erlaubnispflicht jedenfalls nicht zur Nichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages. Bei § 32 KWG handelt es sich nicht um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Die Erlaubnispflicht des § 32 KWG richtet sich nur gegen eine der Parteien, nämlich hier - wenn man den Vortrag und die Wertung des Klägers als gegeben unterstellt - den Beklagten. Dementsprechend ist auch die Strafbarkeit, die sich aus § 54 KWG ergibt, nur auf Seiten einer Partei bestimmt. Zudem handelt es sich bei der Erlaubnispflicht nur um eine gewerbepolizeiliche Vorschrift, bei der sich das in der Erlaubnispflicht liegende Verbot von Bankgeschäften ohne Erlaubnis nicht gegen die rechtliche Wirkung dieser Geschäfte richtet, sondern die öffentliche Ordnung stützen soll (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2011, XI ZR 256/10, zitiert nach juris; so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2006, 1 U 34/06 in WM 2007 S. 350).

c)

Eine Nichtigkeit des Vertrages folgt auch nicht aus der seitens des Klägers erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.

Eine arglistige Täuschung setzt eine vorsätzliche Täuschung zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus; sie kann durch positives Handeln oder Unterlassen geschehen (vgl. Ellenberger in Palandt, Kommentar zum BGB, § 123 Rdnr. 2). Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen kommt allerdings nur in Betracht, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht (so Ellenberger in Palandt, Kommentar zum BGB, § 123 Rdnr. 5). Arglistig ist die Täuschung, wenn der Handelnde die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt oder für möglich hält (vgl. Ellenberger in Palandt, Kommentar zum BGB, § 123 Rdnr. 11). Die Beweislast für die Voraussetzungen des § 123 BGB trägt der Kläger als Anfechtender (vgl. Ellenberger in Palandt, Kommentar zum BGB, § 123 Rdnr. 30).

(1)

Auch nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme vermochte die Kammer nicht zu ihrer Überzeugung festzustellen, dass der Beklagte den Kläger im Rahmen der Anbahnung des Vertrages bzw. beim Abschluss des Vertrages arglistig getäuscht hat.

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Dabei verweist § 286 ZPO auf das subjektive Kriterium der freien Überzeugung des Richters und schließt objektive Kriterien - insbesondere die naturwissenschaftliche Wahrheit als Zielpunkt - aus (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.07.2014, 3 Sa 234/14, zitiert nach juris). Bezugspunkt der richterlichen Würdigung ist nicht nur das Ergebnis der Beweisaufnahme, sondern der gesamte Inhalt der mündlichen Verhandlung (vgl. Prütting in Münchener Kommentar zum BGB, § 286 Rdnr. 1 ff.). Das Gesetz setzt eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraus. Vielmehr kommt es auf die eigene Überzeugung des entscheidenden Richters an. Der Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 17.02.1970, III ZR 139/67, zitiert nach juris). Vom Richter wird letztlich verlangt, dass er die volle Überzeugung erlangt, dass er eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr erachtet. Diese Überzeugung kann und darf er nicht gewinnen, wenn für die streitige Behauptung nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht, vielmehr muss für die behauptete Tatsache eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit sprechen, damit der Richter die Tatsache für wahr erachtet (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.07.2014, 3 Sa 234/14, zitiert nach juris).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Zwar haben die Zeugen B und E den klägerischen Vortrag hinsichtlich der Erklärungen des Beklagten, dass der Kläger einen Bonus in Höhe von 10 % erhalte, lediglich mit diesem und einem sehr geringen Teil des eingesetzten Kapitals getradet werde, das Kapital jederzeit in voller Höhe entnommen werden könne, mit Stop-Loss gearbeitet werde und eine Rendite in Höhe von 20 bis 30 % erzielt werden könne sowie, dass das Insolvenzverfahren sich auf den Schwiegervater des Beklagten beziehe, im Rahmen ihrer Aussagen im Wesentlichen bestätigt.

Insofern erscheint es der Kammer zwar durchaus möglich zu sein, dass der Beklagte im Rahmen der zwischen den Parteien geführten Gespräche Zusagen und Garantien abgegeben hat, die später nicht eingehalten worden sind, wobei dem Beklagten dies von Beginn an bekannt gewesen ist. Es erscheint der Kammer aber auch möglich, dass der Kläger und die beiden Zeugen die sich ihnen durchaus bekannten, sich aber jedenfalls aufdrängenden Risiken, die bei einer - jedenfalls nach dem schriftsätzlichen Vortrag - garantierten monatliche Rendite in Höhe von 20-30 % für jedermann erkennbar auf der Hand lagen, ausgeblendet haben, und nach den eingetretenen Verlusten unter Berücksichtigung einer im Nachhinein erhaltenen "Prozedur" nunmehr Punkte herausgesucht haben, um ihre Verluste zu begrenzen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung war zu berücksichtigen, dass dem Zeugen B nur formal die Stellung eines Zeugen zugewiesen ist. Seine Interessenlage entspricht jedoch vielmehr der einer Partei. Er hat ein immanentes Interesse am Ausgang des Verfahrens, klagt er doch im Parallelverfahren ebenfalls gegen den Beklagten aufgrund des gleichzeitig mit seinem Bruder, dem hiesigen Kläger, geschlossen Vertrags mit dem Beklagten hinsichtlich des GTradings.

Auch auf die Angaben des Zeugen E vermochte die Kammer eine Überzeugung vom klägerischen Vortrag nicht zu stützen. Dieser hat ebenfalls ein Interesse am Ausgang des Verfahrens. Dieses folgt nicht allein aus der verwandtschaftlichen Beziehung zum Zeugen B, sondern auch aus der Tatsache, dass er selbst mit einer Einlage in Höhe von 100.000,00 €, wobei er diesen Betrag teilweise aus einem Darlehensvertrag aufgebracht hat, an dem G Trading des Zeugen B beteiligt gewesen ist. Dies ist erst auf eher zufällige Frage des Prozessbevollmächtigten des Beklagten offenbart worden, wobei der Zeuge B im Rahmen seiner Zeugenaussage angegeben hat, dass ihm das Geld vom Zeugen E nur geliehen worden sei. Der Zeuge E hat jedoch selbst angegeben, am Gewinn beteiligt gewesen zu sein. Die Rückzahlung des Geldbetrags an ihn erfolgte - nach den Angaben des Zeugen B - zudem unter Berücksichtigung der Gewinne und Verluste. Die Angaben des Zeugen E können daher nicht unabhängig von seiner Beteiligung gesehen werden.

Selbst wenn die durch den Kläger eingereichten "Prozeduren" (Anlage K3 im blauen Anlagenband) vor dem streitgegenständlichen Vertragsabschluss übergeben worden sind, reicht auch dies im Zusammenhang mit den Angaben der Zeugen nicht aus, der Kammer die notwendige Überzeugung zu verschaffen. Diese weisen lediglich eine mögliche Rendite von 20-30 % aus; eine solche wird gerade nicht zugesichert oder garantiert. Auch ein möglicher Bonus ist nicht garantiert, sondern noch auszuhandeln. Die Möglichkeit der Setzung von Stop-Loss oder aber eines verlustfreien Ausstiegs wird nicht erwähnt.

Soweit der Beklagte in einer Email vom 24.11.2013 gegenüber dem Kläger erklärt, dass mit einem möglichen Floating von 10 % gerechnet werden müsse und der monatliche Durchschnitt bei 6 % liege, so begründet dies jedenfalls nicht den Vorwurf der arglistigen Täuschung, da auch insofern lediglich von Möglichkeiten die Rede ist.

Hinzu kommt schließlich noch, dass im Rahmen des Kontoeröffnungsantrags (Anlage B1 im roten Anlagenband) auf der zweiten Seite auf die Risiken des Geschäfts hingewiesen wird. Eine plausible Erklärung, aus welchem Grund die dort eröffneten Risiken für das streitgegenständliche Geschäft nicht gelten sollten, lässt der klägerische Vortrag vermissen.

(2)

Die Möglichkeit der Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung scheidet des Weiteren - jedenfalls teilweise - auch aus anderen Gründen aus.

So fehlt es im Hinblick auf die unterlassene bzw. nach den Behauptungen des Klägers falschen Angaben hinsichtlich des gegen den Beklagten geführten Insolvenzverfahrens an der notwendigen Kausalität, da ein solches für den Kläger nach seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2016 im Oktober 2013 zwar bekannt, aber nicht wichtig gewesen sei. Eine jederzeit mögliche Rückfrage beim Beklagten zu diesem Thema erfolgte ebenfalls nicht.

Die Tatsache, dass bei der Berechnung des Anteils des Beklagten in Höhe von 40 % offene Positionen nicht einberechnet wurden, sondern der Anteil nur von den geschlossenen Positionen gezogen wurde, rechtfertigt ebenfalls keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Insofern ergibt sich aus den Vertragsdokumenten bereits eindeutig, dass das Verhältnis von 60 zu 40 % sich auf die Historie Balance pro Monat bezieht, was jedenfalls die Möglichkeit naheliegt, dass damit nicht der wirkliche Gewinn gemeint ist. Ferner war dies dem Kläger spätestens im November 2013 bekannt, ohne dass er weitere Schritte unternommen hat. Die erklärte Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung ist damit verfristet, § 124 BGB.

d)

Aus vorgenannten Gründen ist, soweit Aufklärungspflichten seitens des Beklagten bestanden haben mögen, eine Pflichtverletzung im Rahmen des Vertragsschlusses bzw. im vorvertraglichen Bereich ebenfalls nicht zur Überzeugung der Kammer festzustellen.

2.

Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 32 KWG.

a)

Die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, die eine schriftliche Erlaubnis für die Vornahme von Bankgeschäften / Finanzdienstleistungen voraussetzt, ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (so BGH, Urteil vom 21.04.2005, III ZR 238/03 in NJW 2005 S. 2703).

b)

Im Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit nachgegangen ist, ohne über eine solche Erlaubnis zu verfügen.

In Betracht als erlaubnispflichtige Tätigkeit kommen die Finanzportfolioverwaltung gemäß § 1 Abs. 1a) Nr. 3 KWG sowie eine Anlageverwaltung gemäß § 1 Abs. 1a) Nr. 11 KWG. Voraussetzung beider Tatbestände ist ein Entscheidungsspielraum auf Seiten des Beklagten.

Unter Berücksichtigung des grundsätzlich zwischen den Parteien vereinbarten Geschäftsmodells dürfte ein Entscheidungsspielraum des Beklagten im Sinne der vorgenannten Vorschriften nicht gegeben sein. Insofern übernimmt er lediglich die allgemeinen Einstellungen der Software, den Expert Advisor; das Öffnen und das Schließen einzelner Positionen erfolgt dann durch den Expert Advisor.

In Betracht käme eine Erlaubnispflicht unter dem Gesichtspunkt eines manuellen Tradens durch den Beklagten, da er insofern eigenen Entscheidungsspielraum in Bezug auf die das Öffnen und Schließen der Positionen und der jeweiligen Zeitpunkte ausüben würde.

Dieses bedarf allerdings aus nachstehenden Gründen keiner vertieften Erörterung.

c)

Denn es fehlt jedenfalls an einer Kausalität eines - ebenfalls nicht hinreichend dargelegten - Schadens zur fehlenden Erlaubnis.

Grundsätzlich kann bei Verstößen gegen die Beratungs- und Aufklärungspflicht vor Vertragsschluss von der Vermutung ausgegangen werden, dass sich der Geschädigte bei vertragsgerechtem Handeln beratungsgemäß verhalten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2011, VI ZR 367/09 in NJW-RR 2011 S. 1661 m.w.N.). Dies gilt auch im Fall einer unterlassenen Aufklärung hinsichtlich einer fehlenden Erlaubnis nach dem KWG (so auch LG Bonn, Urteil vom 30.05.2007, 7 O 225/06 und LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.09.2014, 6 O 2947/14, jeweils zitiert nach juris). Dieser Grundsatz kommt aber nur dann zu Anwendung, wenn eine bestimmte Entschließung des zutreffend informierten Vertragspartners im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2011, VI ZR 367/09 in NJW-RR 2011 S. 1661).

Es kann dahinstehen, ob vorliegend eine Vermutung zugunsten des Klägers greift, denn eine solche ist nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme jedenfalls erschüttert.

Im Hinblick auf eine grundsätzliche Erlaubnispflichtigkeit des Geschäftsmodells hat der Beklagte den Kläger im Rahmen der zwischen ihnen geführten Gespräche bereits darauf hingewiesen, dass es nach außen hin so aussehen müsse, als würde der Kläger einen Eigenhandel betreiben; nur so sei das Modell BaFin konform. Mit diesen Angaben und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger erklärt hat, dass er selbst Einstellungen und Wartungen am Programm vornehme und es dem Kläger untersagt sei, selbst in das Programm einzugreifen, musste der Kläger zwingend davon ausgehen, dass grundsätzliche Bedenken hinsichtlich des Geschäftsmodells bestehen. Trotzdem hat er sich auf dieses eingelassen.

Insofern verfängt auch seine jetzige Behauptung, dass hätte er gewusst, dass jedenfalls für das manuelle Trading eine Erlaubnis nötig gewesen sei, er dieses untersagt hätte, nicht. Entscheidend war für den Kläger die mögliche Rendite, was die Kammer positiv feststellen konnte. Daneben mag möglicherweise auch der Aspekt der Sicherheit der Geldanlage eine Rolle gespielt haben, was die Kammer jedoch letztlich nicht sicher festzustellen vermochte. Demgegenüber war eine mögliche fehlende Erlaubnis der BaFin zur Durchführung derartiger Geschäfte für den Kläger weder ausschlaggebend noch von Wichtigkeit, hat er doch trotz Aufdrängens der - nach seiner Wertung von Beginn an - fehlenden Erlaubnis nicht Abstand genommen. Wenn der Kläger sich bereits trotz sich aufdrängender Bedenken gegen das grundsätzliche Geschäftsmodell im Hinblick auf die BaFin für die Durchführung entscheidet, so erscheint es wenig glaubhaft, dass er bei Kenntnis der möglicherweise erlaubnispflichtigen Tätigkeit des manuellen Tradens von diesem Abstand genommen hätte.

Weil die Vermutung nicht greift, hat der Kläger nachzuweisen, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die fehlende Erlaubnis sich beratungsgemäß verhalten und das Geschäft insgesamt nicht abgeschlossen bzw. vom manuellen Trading Abstand genommen hätte. Dies ist ihm unter Berücksichtigung von Vorstehendem zur Überzeugung der Kammer nicht gelungen.

II.

Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen oder außergerichtlichen, nicht anrechenbaren Rechtsanwaltskosten zu.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 159.912,00 € festgesetzt.