LG Köln, Urteil vom 15.12.2016 - 14 O 302/15
Fundstelle
openJur 2019, 6563
  • Rkr:
Tenor

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 17.11.2015, Az. 14 O 302/15, wird insoweit bestätigt, als der Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde,

1. den "Renewal Assessment Report, Glyphosate Addendum I to RAR, Assessment of IARC Monographies Volume 112 (2015): Glyphosate " vom 31. August 2015, wie dem Beschluss der erkennenden Kammer vom 17.12.2015, Az.: 14 O 302/15, beigefügt als Anlage ASt 1,

ohne Zustimmung des Verfügungsklägers jeweils ganz oder in Teilen im Internet öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen und/oder zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen

und/oder

2. die "Stellungnahme des BfR zur IARC-Monographie über Glyphosat" vom 4. September 2015, wie dem Beschluss der erkennenden Kammer vom 17.12.2015, Az.: 14 O 302/15, als Anlage ASt 2 beigefügt,

ohne Zustimmung des Verfügungsklägers jeweils ganz oder in Teilen im Internet zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen und/oder zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen,

wenn dies geschieht wie unter http://www.anonym1.html (Stand: 22. Oktober 2015).

Im Übrigen wird festgestellt, dass das Verfahren erledigt ist.

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Verfügungskläger macht gegen die Verfügungsbeklagte urheberrechtliche Unterlassungsansprüche geltend in Zusammenhang mit zunächst unveröffentlichten Bewertungsberichten des Verfügungsklägers, das Herbizid Glyphosat betreffend, die der Verfügungsbeklagten auf unbekanntem Wege zugespielt und auf deren Internetseite zum Download bereitgehalten wurden.

Der Verfügungskläger ist eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Der Aufgabenbereich des Verfügungsklägers ist in § 2 Abs. 1 BfRG (Gesetz über die Einrichtung eins Bundesinstitutes für Risikobewertung) umschrieben und umfasst u.a. die Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, die wissenschaftliche Beratung des Bundesministeriums und anderer Bundesbehörden, die Zusammenarbeit mit Dienststellen der Europäischen Gemeinschaft, auch auf dem Gebiet der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Unterrichtung der Öffentlichkeit auf seinen Tätigkeitsgebieten.

Die Verfügungsbeklagte ist eine öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt, errichtet auf Grundlage des Staatsvertrages über den N- Rundfunk (N). Gemäß § 5 des Staatsvertrages erfüllt die Verfügungsbeklagte ihre Aufgaben auf der Grundlage der verfassungsrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit. Ihr Programm soll gemäß § 6 Abs. 1 StV u.a. der Information und Bildung dienen sowie der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung.

Die Verfügungsbeklagte produziert unter anderem das politische Magazin G für die ARD. Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Webseite, www.anonym.de, auf deren Unterseite www.anonym1.html weiterführende und ergänzende Informationen zu den Sendungen abrufbar sind.

Das Herbizid Glyphosat ist seit 2002 in der Europäischen Union als Pflanzenschutzmittel amtlich zugelassen. Es handelt sich um ein hochwirksames Pflanzengift, welches weltweit am häufigsten als Herbizid eingesetzt wird. In den vergangenen Jahren berichteten Medien wiederholt über den Verdacht, dass Glyphosat ursächlich für schwere gesundheitliche Schäden beim Menschen, beispielsweise Krebserkrankungen und Missbildungen Neugeborener, sei (vgl. Anlage AG 5-16, Bl. 439 - 503 GA).

Seit 2013 läuft eine routinemäßige Neubewertung dieses Wirkstoffes in der EU. Berichterstattender Mitgliedsstaat ist die Bundesrepublik Deutschland. Die Werkstoffprüfung wird in der Bundesrepublik Deutschland vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) koordiniert und unter fachlicher Beteiligung des Verfügungsklägers durchgeführt.

Der Verfügungskläger führte Dezember 2013 einer Risiko-Neubewertung durch. Diese gelangte zu der Einschätzung, dass die Analyse zahlreicher neuer Dokumente keinen Hinweis auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung ergebe und es keinen Anlass gebe, die bisherigen Grenzwerte wesentlich zu verändern. (Mitteilung des Verfügungsklägers vom 05.12.2013, Anlage AG 17, Bl. 504 ff GA). Eine Überarbeitung dieses Entwurfs, ergänzt durch eine Version vom 01.04.2015, übergab der Verfügungskläger an das BVL zur Weiterleitung an die EFSA (Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit). Diese Folgeberichte wurden von der EFSA nicht veröffentlicht.

Im März 2015 erfolgte eine Pressemitteilung des IARC (International Acency for Research on Cancer), eines Instituts der Weltgesundheitsorganisation WHO, welche das Pflanzenschutzmittel Glyphosat als "probably carcinogenic to humans (Group 2A)", "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" einstufte (Anlage AG 18, Bl. 506-509 GA).

Die Verfügungsbeklagte kündigte am 23.03.2015 an, die Einstufung des IARC zu prüfen nach Vorliegen der vollständigen Bewertung. Im Juli 2015 erschien die Monographie der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC).

Die EFSA verweigerte die Veröffentlichung ihrer vorläufigen Einschätzungen. Beteiligten Industrieunternehmen wurde im Neuzulassungsverfahren Zugang zu dem revidierten Bewertungsbericht des Verfügungsklägers vom 29.01.2015 gewährt.

Im Hause des Verfügungsklägers wurde in der Folge ein umfangreicher, wissenschaftlicher Bewertungsbericht vom 31.08.2015 "Renewal Assessment Report, Glyphosate Addendum I to RAR, Assessment of IARC Monographies Volume 112 (2015): Glyphosate" (nachfolgend: Addendum) erstellt. Dieser besteht aus umfangreichen englischsprachigen textlichen Darstellungen und Beschreibungen zur Datenlage bei Krebsstudien sowie tabellarisch aufbereiteten Vergleichen und Bewertungen.

Ferner ließ der Verfügungskläger eine Zusammenfassung des Addendums erstellen mit dem Titel: " Stellungnahme des BfR zur IARC- Monographie über Glyphosat" vom 04.09.2015 (nachfolgend: Zusammenfassung), welche die wesentlichen Inhalte des Addendums in deutscher Sprache wiedergibt.

Die Verfügungsbeklagte sendete am 20.10.2015 im Rahmen der Sendung "G" einen 5:30 Minuten langen Fernsehbeitrag "Glyphosat: Bundesinstitut hat falsch informiert" (Anlage AG 4, CD Bl. 438 GA). Im Rahmen dieses Fernsehbeitrag wird die Vermutung geäußert, der Verfügungskläger habe für frühere Bewertungsberichte Industriestudien "blind" übernommen, da erstmals in dem Addendum der Verfügungskläger zu dem Ergebnis komme, dass in 5 Studien aus den vergangenen Jahren zum Krebsrisiko bei Mäusen unter Glyphosatgabe signifikante Steigerungen von Krebserkrankungen feststellbar seien. Dies wird in dem ausgestrahlten Fernsehbeitrag anhand einer selbst erstellten Grafik erläutert. Während des Berichts wurden das Deckblatt des Addendums sowie eine Seite des Addendums an zwei Stellen des Fernsehbeitrages für einige Sekunden gezeigt. Am Ende des Fernsehbeitrags erfolgte Hinweis, dass der "Text mit der Neubewertung" im Internet auf der Webseite der Verfügungsbeklagten abrufbar sei, "damit Sie sich selber informieren können".

Am 20.10.2015 stellte die Verfügungsbeklagte den Text des Addendums (ohne Literaturverzeichnis) teils geschwärzt wie aus Anlage Ast 1 (Bl. 60-154 GA) ersichtlich und den Text der Zusammenfassung (Anlage Ast 2, Bl. 155-160 GA) auf ihrer Webseite unter der URL www.anonym1.html als pdf-Dateien zum Download bereit.

Die Verfügungsbeklagte stellte ferner auf ihrer Internetseite www.anonym.de den Fernsehbeitrag ein, abrufbar auf unterschiedlichen Unterseiten sowohl als Video als auch als wörtliche Vertextung. Über Links war auch die Unterseite www.anonym1.html abrufbar. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 07.04.2016 (Bl. 411 f GA) sowie die Anlagen AG 1 - 3 (Bl. 432 - 437 GA) Bezug genommen.

Der Verfügungskläger mahnte die Verfügungsbeklagte außergerichtlich mit Schreiben vom 23.10.2015 (Anlage Ast 5, Bl. 170 - 173 GA) vergeblich ab.

Der Verfügungskläger behauptet, das Addendum sowie die Zusammenfassung seien ausschließlich von hauptamtlich tätigen, in der Antragsschrift namentlich benannten Beamten und Tarifbeschäftigten des Verfügungsklägers als Mitautoren im Rahmen ihres Aufgabenbereichs erstellt worden. Zur Glaubhaftmachung nimmt der Verfügungskläger Bezug auf die eidesstattliche Versicherung des Leiters der Abteilung 6 (Sicherheit von Pestiziden) im Bundesinstitut für Risikobewertung, Herrn Dr. T, vom 06.11.2015 (Anlage ASt 3, Bl. 161-163 GA) sowie des Leiters der Fachgruppe 63 im Institut für Risikobewertung, Dr. Q, vom 11.11.2015 (Anlage Ast 7, Bl. 186 f GA) und die "Hausverfügung Nr. 14 Wissenschaftliche Publikationen" (Anlage Ast 10, Bl. 223f GA). Bei dem Addendum handele es sich ein eigenständiges, urheberrechtlich schutzfähiges Werk, das zwar frühere Bewertungsberichte thematisch ergänze, jedoch eine inhaltliche neue Auseinandersetzung mit der Monographie des IARC enthalte.

Das Addendum habe entsprechend seiner Zwecksetzung als interne Bewertung im Rahmen eines europäischen Prüfungsverfahrens jedenfalls zum Zeitpunkt der Nutzung von Seiten der Verfügungsbeklagten vertraulichen Charakter gehabt. Es habe sich um ein Arbeitspapier gehandelt, über dessen Veröffentlichung hinsichtlich Zeitpunkt und Umfang die EFSA habe verantwortlich entscheiden sollen. Während des formalisierten Anhörungsverfahrens zu Gunsten der Genehmigungsuchenden sei gemäß Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 unbedingt Vertraulichkeit zu wahren. Erst im Anschluss daran sei es Aufgabe der EFSA als "Behörde" im Sinne der Verordnung, einen Bewertungsbericht der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es habe nicht dem Willen des Verfügungsklägers entsprochen, das Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, bevor dies durch die EFSA geschehe.

Die Zusammenfassung gebe die wesentlichen Inhalte des Addendums in knapper, konzentrierter und leicht verständlicher Form wieder mit dem Ziel, ein schnelles, einfaches Verständnis auch durch fachlich wenig geschulte Leser zu ermöglichen.

Der Verfügungskläger behauptet weiter, auch die Zusammenfassung habe internen und vertraulichen Charakter gehabt, weil sie das wesentliche Ergebnis des Addendums vorweggenommen habe. Die Zusammenfassung sei nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern zur Unterrichtung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgesehen gewesen.

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die Verfügungsbeklagte sei zur Nutzung der streitgegenständlichen Texte nicht berechtigt gewesen, da es sich nicht um amtliche Werke im Sinne von § 5 Abs. 2 UrhG handele. Die Texte seien vielmehr allein für den behördeninternen Gebrauch gedacht und nur hierfür erstellt worden. Für solche behördeninternen Werke folge bereits aus der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 2 UrhG (BT-Drucks. 4/270, S. 39), dass der Urheberrechtsschutz "voll erhalten" bleiben solle. Auch verkenne die Verfügungsbeklagte, dass eine Veröffentlichung im amtlichen Interesse nur vorliege, wenn diese darauf gerichtet sei, die Verwertung der Leistungen, welche die Information vermittele, für jedermann freizugeben und das amtliche Interesse die möglichst weite und ungehinderte Verbreitung der genannten Werke erfordere. Dies sei in Bezug auf die streitgegenständliche Texte gerade nicht der Fall.

Auch nach Veröffentlichung des Addendums von Seiten der EFSA sei die Verfügungsbeklagte zur Nutzung (öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung) des Addendums, wie es die Verfügungsbeklagte auf ihrer Internetseite eingeblendet habe, nicht berechtigt, weil - insoweit unstreitig- die zu einem späteren Zeitpunkt (geschwärzt) von der EFSA veröffentlichte Fassung nicht identisch mit der Fassung sei, die die Verfügungsbeklagte genutzt habe.

Der Verfügungskläger ist weiter der Ansicht, die Verfügungsbeklagte verkenne, dass nicht die Gefährlichkeit von Glyphosat oder das Verhalten des Verfügungsklägers Gegenstand des Verfahrens sei, sondern ausschließlich die urheberrechtswidrige Veröffentlichung, Vervielfältigung und Zugänglichmachung des Addendums sowie der Zusammenfassung als pdf-Dateien zum Download auf der Webseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html. Insbesondere sei nicht streitgegenständlich die (Fernseh-) oder sonstige Berichterstattung der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsbeklagte sei in ihrem Recht zur Berichterstattung nicht eingeschränkt, da es ihr unbenommen bleibe, die wesentlichen Inhalte des Addendums mit eigenen Worten zusammenzufassen und die Fernsehberichterstattung nicht angegriffen werde. Aus dem Bereitstellen der Volltexte folge kein greifbarer Erkenntniswert für die Öffentlichkeit.

Auf ein Zitatrecht könne sich die Verfügungsbeklagte bereits deshalb nicht berufen, da eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den streitgegenständlichen Texten auf der Webseite, auf der diese zum Download vorgehalten würden, gerade nicht erfolge. Eine solche sei auch weder in dem Fernsehbeitrag, noch in der Zusammenfassung des Fernsehbeitrages, eingeblendet auf der Webseite der Verfügungsbeklagten, zu erkennen. Thematisiert werde lediglich, dass der Verfügungskläger Studien aus den vergangenen Jahren zur Kanzerogenität des Pflanzenschutzmittels Glyphosat bislang nicht zutreffend gewürdigt habe. Hierzu bedürfe es jedoch nicht der vollständigen Einblendung der streitgegenständlichen Texte, zumal die Ergebnisse der Studien aus den Vorjahren, sowie der Monographie des IARC zuvor bereits bekannt gewesen seien. Mit dem eigentlichen Inhalt des Addendums setze sich der Fernsehbeitrag gerade nicht auseinander.

Auf Antrag des Verfügungsklägers hat die erkennende Kammer mit Beschluss vom 17.11.2015 (Bl. 279-381 GA) der Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

1. den "Renewal Assessment Report, Glyphosate Addendum I to RAR, Assessment of IARC Monographies Volume 112 (2015): Glyphosate " vom 31. August 2015, wie dem Beschluss beigefügt als Anlage ASt 1

und/oder

2. die "Stellungnahme des BfR zur IARC-Monographie über Glyphosat" vom 4. September 2015, wie dem Beschluss als Anlage ASt 2 beigefügt

ohne Zustimmung des Verfügungsklägers jeweils ganz oder in Teilen im Internet zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen und/oder zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen,

wenn dies geschieht wie unter http://www.anonym1.html (Stand: 22. Oktober 2015).

Das Addendum wurde am 19.11.2015 von der EFSA auf deren Internetauftritt (Anlage AG 42, Bl. 623) als Teil eines mehr als 4300 Seiten umfassenden Berichts, teils geschwärzt, veröffentlicht (Inhaltsverzeichnis Anlage Ast 13, Bl. 673 ff).

Die einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer wurde am selben Tage, zeitlich später, der Verfügungsbeklagten zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 07.04.2016 hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.

Der Verfügungskläger beantragt nunmehr sinngemäß,

1. festzustellen, dass die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 17.11.2015, Az. 14 O 302/15, erledigt ist, soweit dem Verfügungsbeklagten untersagt worden ist, das Addendum ganz oder in Teilen im Internet zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen;

2. im Übrigen beantragt der Verfügungskläger, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 17.11.2015, Az. 14 O 302/15, zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 17.11.2015, Az. 14 O 302/15, aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei unzulässig, da er inhaltlich unbestimmt sei. Das Verbot der Nutzungen "in Teilen" sei zu unbestimmt, da die streitgegenständlichen Ausarbeitungen auch Teile enthielten, die als solche nicht zu Gunsten des Verfügungsklägers urheberrechtlich schutzfähig seien, wie Tabellen mit Messwerten und Forschungsergebnissen Dritter.

Auch meint die Verfügungsbeklagte, der Tenor der einstweiligen Verfügung gehe zu weit, da von vornherein nur urheberrechtlich relevante Verwertungshandlungen verboten werden könnten.

Die Verfügungsbeklagte ist weiter der Ansicht, das Addendum sei urheberrechtlich nicht schutzfähig, weil es sich lediglich um eine Ergänzung früherer Berichte handele.

Die Verfügungsbeklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Verfügungsklägers und behauptet, an dem Addendum hätten weitere, namentlich nicht benannte Autoren mitgewirkt, darunter der Mitarbeiter des Verfügungsklägers, Dr. O.

Aktivlegitimiert sei der Verfügungskläger auch deshalb nicht, weil es sich bei der Erstellung des Addendums um eine Auftragsarbeit für die EFSA gehandelt habe. Sämtliche ausschließlichen Nutzungsrechte habe der Verfügungskläger spätestens mit Weiterleitung des Addendums der EFSA eingeräumt. Dies gelte insbesondere für das Veröffentlichungsrecht gemäß § 12 UrhG, wie bereits aus dem Vortrag des Verfügungsklägers folge.

Die Verfügungsbeklagte vertritt ferner die Auffassung, die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Texte durch die Verfügungsbeklagte sei nicht rechtswidrig, sondern als Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG gerechtfertigt gewesen. § 50 UrhG sei im Lichte des Grundrechts der Presse- bzw. Rundfunkfreiheit dahin auszulegen, dass vorliegend die Veröffentlichungsinteressen der Verfügungsbeklagten, die die Interessen der Allgemeinheit wahrnehme, gegenüber den vom Verfügungskläger geltend gemachten urheberrechtlichen Nutzungsrechten vorrangig seien. Denn der Verfügungskläger benutze das Urheberrecht bzw. daraus abgeleitet Nutzungsrechte rechtsmissbräuchlich nur als Mittel zum Zweck, um die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten zu behindern. Auch lasse Art. 10 EMRK nach der Rechtsprechung des EGMR "kaum Raum für Einschränkung der Meinungsfreiheit bei politischen Diskussionen" zu.

Die Verfügungsbeklagte behauptet, es habe sich vorliegend um einen äußerst brisanten Sachverhalt gehandelt. Der Verfügungskläger habe den Verdacht der gesundheitsschädigenden Wirkungen von Glyphosat in seinen Berichten stets verharmlost. Hingegen habe die Industrie den ihr gewährten Wissensvorsprung ausgenutzt, indem sie darauf zugeschnittene Gutachten vorgelegt habe, um die Ansicht des IARC zu widerlegen. Die Zulassungsbehörden und auch der Verfügungskläger stünden wegen ihrer Industrienähe oder gar -abhängigkeit schon seit längerem in der Kritik. Im Rahmen des Neubewertungsprozesses von Glyphosat habe sich im Sommer und Herbst 2015 gezeigt, dass die Sorgen begründet gewesen seien. Dies folge insbesondere daraus, dass - insoweit unstreitig - sowohl die EFSA als auch die Europäische Kommission Anfang Oktober 2015 Anträge auf Einsicht in die revidierten Bewertungsberichte verneint hätten.

Im Zeitpunkt der öffentlichen Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Texte sei zu befürchten gewesen, dass es zu einer einseitigen Beeinflussung der Behördenentscheidungen komme, ohne dass die (Fach-)Öffentlichkeit auch nur die Chance einer Reaktion gehabt hätte. Es hätten alle Anzeichen am 20.10.2015 dafür gesprochen, dass eine hinreichende wissenschaftliche und neutrale Bewertung durch die Zulassungsbehörden nicht gegeben gewesen sei. Auch habe das Addendum wissenschaftliche Informationen enthalten, die der (Fach-)Öffentlich noch völlig unbekannt gewesen seien. Die nach EU-Rechtslage vorgeschriebene Konsultation der Öffentlichkeit im Jahr 2014 sei damit auf völlig unzutreffender Basis erfolgt. Da das Addendum dennoch erst im Zusammenhang mit der Empfehlung der EFSA, der Grundlage für die Entscheidung der EU-Kommission, habe veröffentlicht werden sollen, habe sich die Verfügungsbeklagte zur Veröffentlichung entschlossen. Es sei die einzige Chance gewesen, Meinungen aus dem öffentlichen Raum der kritischen Fachwelt überhaupt noch zum Tragen zu bringen. In der Folge sei auch eine breite Resonanz der Fachwelt auf die Berichterstattung der Verfügungsklägerin erfolgt.

Die Verfügungsbeklagte meint weiter, aufgrund veränderter Umstände bestehe jedenfalls kein Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers mehr. Denn das Addendum sei seit Veröffentlichung von Seiten der EFSA als amtliches Werk im Sinne von § 5 Abs. 2 UrhG einzustufen, zur Nutzung damit jedermann berechtigt.

Die Verfügungsbeklagte ist ferner der Ansicht, eine Erledigung des Antrags in der Alternative "Unterlassung der Veröffentlichung des Addendums" sei nicht eingetreten. Maßgeblich hierfür sei der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der einstweiligen Verfügung durch Zustellung an die Verfügungsbeklagte, der aber, insoweit unstreitig, zeitlich nach Veröffentlichung des Addendums durch die EFSA gelegen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.

Gründe

Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die einstweilige Verfügung der Kammer zu bestätigen, soweit der Verfügungskläger nicht Feststellung der Erledigung derselben beantragt hat, da der Widerspruch der Verfügungsbeklagten nicht begründet ist.

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

1.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Köln folgt aus § 32 ZPO.

Der Verfügungskläger macht Ansprüche aus Urheberrechtsverletzungen gegen die Verfügungsbeklagte geltend. Diese zählen zu den unerlaubten Handlungen im Sinne von § 32 ZPO. Eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 32 ZPO ist sowohl am Handlungsort als auch am Erfolgsort begangen, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder in das Rechtsgut eingegriffen worden ist. Zur Begründung der Zuständigkeit reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt. (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2013 - I ZR 133/12, GRUR 2014, 601 - englischsprachige Pressemitteilung; BGH, Urteil vom 21.04.2016 - I ZR 43/14, WRP 2016,1114 ff. - An Evening with Marlene Dietrich - zitiert nach juris Rn. 17 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln begründet, da der Internetauftritt der Verfügungsbeklagten, mittels welchem die antragsgegenständlichen Verletzungshandlungen begangen wurden, sich mit dem Ziel der Aufklärung und Information der Bevölkerung an die Öffentlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland und damit an alle Internetnutzer, auch solche wohnhaft in Köln, richtet.

2.

Der Verfügungsantrag genügt den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen.

Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 323 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH, Urteil vom 14.12.1998 -II ZR 330/97-juris Rz. 7 m.w.N.; BGH, Urteil vom 28.11.2002, I ZR 168/00 -P-Vermerk, juris Rz 46; OLG Köln, Urteil vom 12.06.2015 - 6 U 5/15 - Afghanistan-Papiere, zitiert nach juris Rn. 21). Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstandes in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt jedoch auch ab von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 4.7.2002-I ZR 38/00-, WRP 2002, 1269 (1271) - Zugabenbündel, m.w.N.; BGH, Urteil vom 22.11.2007-I ZR 12/05-Planfreigabesystem, juris Rz 23f). Diese Grundsätze gelten ebenso für das einstweilige Verfügungsverfahren.

Der Unterlassungsantrag des Verfügungsklägers genügt diesen gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen, insbesondere ist der Antrag, gerichtet auf die Unterlassung der Nutzung der streitgegenständlichen Werke "ganz oder in Teilen" nicht zu unbestimmt, wie die Verfügungsbeklagte meint.

Durch die Bezugnahme auf die konkreten Verletzungshandlungen (Anlagen Ast 1 und Ast 2, als Angebot zum Download auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html, Stand 22.10.2015) ist auch für die Verfügungsbeklagte klar erkennbar, was unter einer Nutzung "in Teilen" der streitgegenständlichen Werke zu verstehen ist. So ist aus der dem Antrag beigefügten Verletzungsform ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte das streitgegenständliche Addendum nicht vollständig auf ihrer Internetseite eingeblendet hat, sondern lediglich 95 Seiten des insgesamt 124 Seiten umfassenden Werkes. Die Untersagung der Nutzung der streitgegenständlichen Texte "in Teilen" ist entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten auch nicht zu weitgehend, da damit nicht jede Nutzung, sondern lediglich kerngleiche Verletzungshandlungen untersagt sind. Insbesondere ist durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung auch klargestellt, dass nicht die Nutzung des Addendums, wie sie im Rahmen des ausgestrahlten und gleichfalls auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten abrufbaren Fernsehbeitrages erfolgte (durch Zeigen einzelner Seiten), Gegenstand des Unterlassungsantrags ist.

II.

Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten gegen die einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 17.11.2015, Az. 14 O 302/15 ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen für den von dem Verfügungskläger gegen die Verfügungsbeklagte geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 12, 15 Abs. 2, 3, 16, 19 a UrhG sind gegeben.

1.

Die antragsgegenständlichen Texte (Addendum und Zusammenfassung) sind urheberrechtsfähige Sprachwerke im Sinne des §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG.

Sprachwerke sind alle persönlichen geistigen Schöpfungen, deren Inhalt durch eine Sprache als Ausdrucksmittel geäußert wird (BGH, Urteil vom 09.05.1985 - I ZR 52/83, BGHZ 94,276 Inkassoprogramm, m.w.N.). Bei Sprachwerken mit wissenschaftlichem und technischem Inhalt kann sich der Urheberrechtsschutz auf die individuelle Gedankenführung, die Auswahl und Anordnung der wissenschaftlichen und technischen Inhalte beziehen (BGHZ 141,329 - Tele-Info-CD; BGHZ 134, 250 - CB-Infobank I). Je länger ein Text ist, desto größer ist der Spielraum für Gestaltungsmöglichkeiten bei der individuellen Wortwahl und Darstellungsform, und kann deshalb umso eher eine hinreichende eigenschöpferische Prägung erkannt werden (OLG Köln, Beschluss vom 30.09.2011 - 6 U 82/11 - BeckRS 2011, 26662; OLG Köln, Urteil vom 12.06.2015 - 6 U 5/15 - Afghanistan-Papiere, zitiert nach juris Rn. 28 m.w.N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist von einer urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Texte auszugehen.

Das Addendum enthält eine Zusammenfassung und inhaltliche Auseinandersetzung mit der Monographie des IARC über Glyphosat, innerhalb derer einzelne wissenschaftliche Ergebnisse kritisch verglichen und gegenüber gestellt werden. Da die Monographie erst im Juli 2015 erschienen ist, ist auch ohne Kenntnis der früheren Bewertungsberichte, die von dem Verfügungskläger nicht vorgelegt wurden, davon auszugehen, dass es sich bei dem Addendum um ein thematisch selbstständiges Werk und nicht nur um eine Wiederholung früherer Texte handelt. Als eigenständige Darstellung einer wissenschaftlichen Auswertung ist das Addendum gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG urheberrechtlich schutzfähig.

Gleiches gilt für die streitgegenständliche Zusammenfassung. Die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG eigenschöpferische, schutzfähige Leistung liegt darin, dass ein umfangreiches wissenschaftliches Werk in einer prägnanten, auch für Laien verständlichen Weise zusammengefasst und nachvollziehbar dargestellt wurde, wie aus einem Vergleich mit dem Text des Addendums offensichtlich ist.

2.

Der Verfügungskläger ist aktivlegitimiert. Die ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Werken (Addendum und Zusammenfassung) liegen gemäß § 43 i.V.m. § 31 Abs. 5 UrhG bei dem Verfügungskläger. Es ist davon auszugehen, dass ein Beamter, der in Erfüllung seiner Dienstpflichten Werke geschaffen hat, seinem Dienstherrn stillschweigend sämtliche Nutzungsrechte einräumt, die dieser zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.

Die Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten und Stellungnahmen, die wissenschaftliche Beratung des Bundesministeriums und die Zusammenarbeit mit den Stellen der Europäischen Gemeinschaft sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1-3 BfRG Aufgaben des Verfügungsklägers. Sowohl die Erstellung des Addendums, als auch der Zusammenfassung unterfallen diesem Aufgabenbereich.

Die Beamten und Mitarbeiter der Klägerin haben die streitgegenständlichen Werke in Erfüllung ihrer Dienstpflicht geschaffen, weshalb die Nutzungsrechte an diesen Werken, die originär den Beamten bzw. Mitarbeitern als Schöpfern der Werkes gemäß § 7 UrhG zustanden, gemäß § 43 UrhG auf den Verfügungskläger übergegangen sind. Der Verfügungskläger hat substantiiert unter Aufführung der einzelnen Beteiligten vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung seines Leiters der Abteilung Sicherheit von Pestiziden, Dr. T, (Anlage ASt 3i, Bl. 161 - 163 GA) glaubhaft gemacht, dass an der Erstellung der streitgegenständlichen Werke ausschließlich Beamte und Mitarbeiter des Verfügungsklägers beteiligt waren. Dem ist die Verfügungsbeklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.

Wird die Urheberschaft substantiiert behauptet, muss der Verletzer seinerseits substantiiert darlegen, wer, wenn nicht der Anspruchsteller, weshalb Urheber sein soll (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.06.2015 -6 U 5/15 - Afghanistan-Papiere, juris Rn. 25 m.w.N.). Die Verfügungsbeklagte beschränkt sich indes auf den pauschalen Vortrag, weitere Autoren hätten an den streitgegenständlichen Werken mitgewirkt, ohne diese (mit Ausnahme eines Dr. O) zu benennen oder dazu vorzutragen, dass und in welchem Umfang sie urheberrechtlich schutzfähige Beiträge geleistet hätten. Hinzu kommt, dass der einzige von der Verfügungsbeklagten namhaft gemachte Autor, Herr Dr. O, nach dem unwidersprochenen Vortrag des Verfügungsklägers gleichfalls Mitarbeiter des Verfügungsklägers ist. Eine Beteiligung von Dr. O an den streitgegenständlichen Werken wäre insoweit gleichfalls im Rahmen seiner Dienstpflicht erfolgt, weshalb auch insoweit der Verfügungskläger gemäß § 43 UrhG Berechtigter und Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte wäre.

Die Berechtigung des Verfügungsklägers umfasst auch die Entscheidung über die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Texte.

Veröffentlicht im Sinne von § 12 Abs. 1 UrhG ist ein Werk, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist (§ 6 Abs. 1 UrhG). Das Veröffentlichungsrecht steht gemäß § 12 Abs. 1 UrhG dem Urheber zu und kann als Urheberpersönlichkeitsrecht nicht auf andere übertragen werden. Jedoch kann die Veröffentlichung selbst Dritten überlassen werden, insbesondere im Rahmen einer Nutzungsrechtseinräumung.

So erlangt der Arbeitgeber, dem nach § 43 UrhG die Nutzungsrechte eingeräumt wurden, spätestens mit Ablieferung des Werkes die Veröffentlichungsbefugnis, da diese Voraussetzungen für die Verwertung der eingeräumten Nutzungsrechte zum betrieblichen Zweck ist (vgl. Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014 § 12 Rn. 2; § 43 Rn. 87 m.w.N.). Entsprechendes gilt für Werke, die ein Beamter in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Dienstverhältnis schafft.

Demzufolge war auch der Verfügungskläger als Dienstherr der Verfasser des Addendums sowie der Zusammenfassung ausschließlich befugt, darüber zu bestimmen, ob und wie die streitgegenständlichen Texte zu nutzen, insbesondere auch zu veröffentlichen waren. Den streitgegenständlichen Text "Zusammenfassung" betreffend, stellt dies die Verfügungsbeklagte letztlich auch nicht in Abrede.

Für den Text "Addendum" gilt nichts anderes.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten war nicht die EFSA ausschließliche Inhaberin der Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Text "Addendum" im Zeitpunkt der Nutzung desselben durch die Verfügungsbeklagte.

Die Verfügungsbeklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Erstellung des Bewertungsberichtes "Addendum" auf Grundlage eines Auftragsverhältnisses im Sinne von § 43 UrhG erfolgte. Der Verfügungskläger war nicht Auftragnehmer der Europäischen Union, wie bereits aus § 2 Abs. 1 Nr. 1-3 BfRG folgt, wonach die Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten und Stellungnahmen sowie die Zusammenarbeit mit den Stellen der europäischen Gemeinschaft eigene Aufgaben des Bundesinstituts für Risikobewertung sind, die dieses in eigener Verantwortung und vorrangig im Interesse der Bundesrepublik Deutschland wahrnimmt.

Der Verfügungskläger hat auch nicht die ihm zustehenden ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Addendum bei Weiterleitung des Bewertungsberichtes auf die EFSA übertragen.

Die Einwilligung des Verfügungsklägers in eine Veröffentlichung des Addendums von Seiten der EFSA beinhaltete keine Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte zur öffentlichen Zugänglichmachung sowie Vervielfältigung an die EFSA.

Nach dem Übertragungszweckgedanken, wie er in § 31 Abs. 5 UrhG ihren Ausdruck findet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Urheber und Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte eine Rechteeinräumung nur in dem Umfang vornimmt, wie sie nach dem zu Grunde gelegten Vertragszweck unbedingt erforderlich ist.

Die EFSA benötigte zu Zwecken der öffentlichen Zugänglichmachung sowie Vervielfältigung jedoch nur die Einräumung einfacher Nutzungsrechte (§ 31 Abs. 2 UrhG). Der Vortrag des Verfügungsklägers, dass er die streitgegenständlichen Texte, auch das Addendum, weiterhin selbst habe nutzen wollen, weshalb der Europäischen Union (EFSA) keine ausschließlichen Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung eingeräumt worden seien, ist aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des BfRG bereits glaubhaft. Denn danach ist der Verfügungskläger unter anderem zur Beratung und Unterrichtung des Bundesministeriums verpflichtet sowie der Unterrichtung der Öffentlichkeit auf seinen Tätigkeitsgebieten (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 BfRG). Diese Aufgaben, insbesondere Information und Berichterstattung, kann der Verfügungskläger nur wahrnehmen, wenn er über entsprechende Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Texten weiterhin verfügt.

Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des Verfügungsklägers (Anlage Ast 3, eidesstattliche Versicherung Dr. T vom 06.11.2015, Bl. 161 - 163 GA) ist ferner mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Verfügungskläger sich die Befugnis vorbehalten wollte, gegen aus seiner Sicht unberechtigte Nutzungen vorgehen zu können, auch für die Zeit nach Veröffentlichung des Addendums seitens der EFSA. Denn der Verfügungskläger hat glaubhaft gemacht hat, dass aus seiner Sicht der Inhalt des Addendums (und damit auch der Zusammenfassung) vertrauliche Informationen enthielt, die nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt werden sollten, wie z.B. Informationen zu beteiligten Unternehmen. Der Verfügungskläger hat, insoweit unwidersprochen, vorgetragen, dass die Veröffentlichung des Addendums mit seiner Einwilligung nur von der EFSA, nicht etwa sonstigen Dritten erfolgen durfte und auch nur in dem Umfang, wie die EFSA für geboten erachtete, der Text öffentlich zugänglich gemacht werden sollte.

Da die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen grundsätzlich nur dem Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte zusteht, ist nach dem Übertragungszweckgedanken (§ 31 Abs. 5 S. 2 UrhG) aus diesem Grunde davon auszugehen, dass der Verfügungskläger mit Weiterleitung des Addendums der EFSA nur einfache Nutzungsrechte zur öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung einräumen wollte, die ausschließlichen Nutzungsrechte hingegen bei dem Verfügungskläger verbleiben sollten.

Dem ist die Verfügungsbeklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat die Verfügungsbeklagte nicht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass dennoch der Verfügungskläger entgegen der vorgetragenen Interessen sowie der gesetzlichen Aufgabenbestimmungen des § 2 Abs. 1 BfRG der EFSA das ausschließliche Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung sowie Vervielfältigung der streitgegenständlichen Texte eingeräumt habe.

Hierzu wäre die Verfügungsbeklagte indes verpflichtet gewesen, denn die Darlegungslast und Glaubhaftmachungslast hinsichtlich der Berechtigung zur Nutzung fremder Werke obliegt dem Nutzer, der sich auf eine solche Rechteeinräumung beruft (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.1995 - I ZR 215/93, BGHZ 131,8 (14) - Pauschale Rechtseinräumung; BGH, Urteil vom 15.08.2013 - I ZR 85/12 - Sharehosting-Dienst).

3.

Die Verfügungsbeklagte ist passivlegitimiert. Sie ist Betreiberin der Webseite www.anonym.de sowie der Unterseite www.anonym.de/ , auf welcher die streitgegenständlichen Texte am 22.10.2015 als PDF-Dateien zum Download bereitgehalten wurden.

4.

Die Verfügungsbeklagte hat in die dem Verfügungskläger zustehende Befugnis, über die Veröffentlichung der Zusammenfassung (§ 12 UrhG) zu entscheiden, eingegriffen, indem die Verfügungsbeklagte diesen der Öffentlichkeit zuvor nicht bekannten Text erstmals auf ihrer für die Allgemeinheit abrufbaren Internetseite www.anonym.de/ eingeblendet hat.

Zugleich hat die Verfügungsbeklagte in die dem Verfügungskläger als Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Texten Addendum und Zusammenfassung zustehenden Verwertungsrechte (§§ 16, 19 a UrhG) eingegriffen.

Das Speichern eines Textes auf einer Homepage stellt bereits eine eigene Vervielfältigungshandlung im Sinne von § 16 UrhG dar (vgl. OLG Köln, Urt.v. 12.06.2015 - Afghanistan-Papier, juris Rn. 15 mit weiteren Nachweisen).

Durch das Vorhalten der streitgegenständlichen Texte auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten www.anonym.de/ zum Download hat die Verfügungsbeklagte zugleich diese Texte öffentlich zugänglich gemacht im Sinne von § 19a UrhG, indem sie allen interessierten Internetnutzern nach deren Belieben den Zugriff ermöglichte.

5.

Die Verfügungsbeklagte handelte rechtswidrig.

Die Verfügungsbeklagte war (und ist) nicht gemäß § 5 Abs. 1,2 UrhG zur Nutzung des Addendums sowie der Zusammenfassung berechtigt.

a.

Der Urheberrechtsschutz an den streitgegenständlichen Texten "Addendum" und "Zusammenfassung", wie sie die Verfügungsbeklagte auf der Internetseite www.anonym.de/ genutzt hat, ist nicht gemäß § 5 UrhG ausgeschlossen, da es sich weder um amtliche Werke nach der abschließenden Aufzählung in § 5 Abs. 1 UrhG noch um Werke handelt, die nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 UrhG im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind.

Von § 5 Abs. 1 UrhG erfasst sind zum einen alle Rechtsnormen und regelnden amtlichen Äußerungen, die von einer Stelle stammen, die mit der Erfüllung öffentlicher hoheitlicher Aufgaben betraut sind; darunter zählen zum anderen behördliche und insbesondere gerichtliche Entscheidungen sowie amtlich verfasste Leitsätze zu Entscheidungen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.06.2015 - 6 U 5/15, Afghanistan-Papiere, juris Rn. 31).

Sowohl das Addendum als auch die Zusammenfassung fallen als reine Bewertungs- und Informationsmitteilungen, die vorrangig für die interne Abstimmung gedacht waren, mangels Regelungs- oder Entscheidungscharakter nicht unter die abschließende Aufzählung von § 5 Abs. 1 UrhG.

Gemäß § 5 Abs. 2 UrhG sind ferner solche Werke nicht urheberrechtlich geschützt, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind.

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Textes "Zusammenfassung" sind diese Voraussetzungen von vornherein nicht erfüllt. Es ist unstreitig, dass weder der Verfügungskläger noch ein sonstiger Berechtigter die Zusammenfassung im Sinne von § 12 UrhG veröffentlicht hat, sondern allein die Verfügungsbeklagte den ihr auf nicht mitgeteilte Art "zugespielten" Text tatsächlich der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht hat.

Dahinstehen kann, ob das Addendum in der Version, wie es von der EFSA veröffentlicht wurde, als amtliches Werk im Sinne von § 5 Abs. 2 UrhG einzustufen ist.

Das Addendum in der Version wie in Anlage AG 42, Bl. 623 und Anlage AST 13, Bl. 663 ff. aufgeführt (nachfolgend: EFSA-Version), ist am 19.11.2015 veröffentlicht worden im Sinne von § 12 Abs. 1 UrhG, da es mit Einwilligung des Berechtigten, hier des Verfügungsklägers, von der Europäischen Union (EFSA) erstmals der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht wurde.

Die Veröffentlichung des Addendums in der EFSA-Version führt entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten jedoch nicht zu einem Wegfall der dem Verfügungskläger zustehenden Unterlassungsansprüche wegen veränderter Umstände.

Zwar genießen amtliche Werke keinen Urheberschutz (§ 5 Abs. 1 und 2 UrhG). Die Verfügungsbeklagte hat jedoch, auch im Nachhinein betrachtet, kein amtliches Werk in diesem Sinne genutzt, denn die von der Verfügungsbeklagten genutzte Addendum-Version, deretwegen der Verfügungskläger einen Unterlassungsanspruch geltend macht, entspricht nicht der "EFSA-Version" des Addendums.

Amtliche Werke, die zwar urheberrechtlich schutzfähig sind, jedoch gemäß § 5 Abs. 1, 2 UrhG keinen Urheberrechtsschutz genießen, dürfen grundsätzlich von jedem genutzt werden, ohne hierfür eine Erlaubnis einholen zu müssen. Die Nutzung eines amtlichen Werkes im Sinne von § 5 Abs. 2 UrhG ist jedoch gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. 63 Abs. 1 S. 1, 39 Abs. 1 UrhG, vorbehaltlich des Eingreifens sonstiger Schranken, nur in unveränderter Form zulässig. Insoweit gilt für solche Werke das Änderungsverbot nach § 62 Abs. 1 - 3 UrhG (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl. 2015 § 62 Rn. 3, 25).

Der Verfügungsbeklagte hat das Addendum nicht in unveränderter Form in diesem Sinne genutzt.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Verfügungsbeklagte das Addendum nicht in der Fassung genutzt hat, wie es von der EFSA zeitlich später (teils zumindest geschwärzt) veröffentlicht worden ist.

Zwar hat auch die Verfügungsbeklagte nach eigenem Ermessen für notwendig erachtete Schwärzungen vorgenommen, bevor sie das Addendum in ihren Internetauftritt eingebunden hat. Die Verfügungsbeklagte behauptet aber selbst nicht, dass der Wortlaut des Addendums in der EFSA-Version vollständig mit dem übereinstimmt, wie er auf der Webseite der Verfügungsbeklagten abrufbar war. Da derjenige, der sich auf die Befugnis zur Nutzung eines amtlichen Werkes beruft, beweisen muss, dass die Voraussetzungen der gesetzlich gestatteten Benutzung erfüllt sind (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 62 Rn. 25), wäre es Sache der Verfügungsbeklagten gewesen, die Identität zwischen den beiden Addendum-Versionen vorzutragen und glaubhaft zu machen zum Nachweis des fehlenden Urheberschutzes.

Die Verfügungsbeklagte kann auch nicht unter Berufung auf gewichtige Interessen der Öffentlichkeit an einer Kenntnisnahme des Addendums die fehlende (vollständige) Veröffentlichung desselben gleichsam umgehen, indem sie sich interne Dokumente auf unbekanntem, auch von ihr nicht offengelegtem Wege verschafft und versucht, eine eigenmächtige Veröffentlichung über § 5 UrhG zu legitimieren; das entspricht nicht Sinn und Zweck des § 5 UrhG, der lediglich einen Schutz für von dem Berechtigten tatsächlich veröffentlichte und der Allgemeinheit bereits zugänglich gemachte amtliche Werke ausschließt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.06.2015, 6 U 5/15 - Afghanistan-Papiere, zitiert nach juris Rn. 33).

b.

Zur Nutzung des Addendums, soweit noch streitgegenständlich (öffentliche Zugänglichmachung und Vervielfältigung), sowie der Zusammenfassung war die Verfügungsbeklagte auch nicht aus sonstigen Gründen berechtigt.

Eine Zustimmung zur Nutzung hat der Verfügungskläger unstreitig nicht erteilt.

Die Verfügungsbeklagte kann sich auch nicht auf die Schrankenregelungen der §§ 50, 51 UrhG berufen. Deren Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Texte seitens der Verfügungsbeklagten war weder als Zitat noch als Berichterstattung über Tagesereignisse gerechtfertigt.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der Verfügungsbeklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG.

Die Einbindung der streitgegenständlichen Texte in den Internetauftritt der Verfügungsbeklagten genießt den Schutz der Rundfunkfreiheit. Es handelt sich nicht um "Presse" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, denn für diese ist wesensmäßig, dass ein körperliches Medium vorliegt, das zur Verbreitung bestimmt ist, maßgeblich ist insofern die Herstellung- und Vervielfältigungsmethode (vgl. BVerfGE, 25, 296 (307) = NJW 1969,1019 " Zeugnisverweigerungsrecht"; OLG Köln, Urteil vom 09.09.2009 - 6 U 48/09, zitiert nach juris Rn. 9). Einschlägig ist aber die Rundfunkfreiheit, die auch den Schutz von Online-Medien umfasst und sich nicht nur auf die Berichterstattung bezieht, sondern jede Vermittlung von Information und Meinung einschließt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 09.09.2009 - 6 U 48/09, zitiert nach juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 19.05.2011, I ZR 147/09 - Coaching-Newsletter, zitiert nach juris Rn. 9 m.w.N.).

Der Schutz der Rundfunkfreiheit besteht allerdings nicht schrankenlos, sondern findet seine Grenzen gemäß Art. 5 Abs. 2 GG insbesondere in den allgemeinen Gesetzen, die ihrerseits wiederum im Lichte der Verfassung, also so auszulegen sind, dass die verfassungsrechtlich geschützten Rechte zur Geltung kommen.

Neben der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Vorschriften bedarf es keiner gesonderten Grundrechtsabwägung der von der Verfügungsbeklagten geltend gemachten Grundrechte der Meinungs- und Rundfunkfreiheit gegen die gleichfalls in Art 14 GG grundrechtlich geschützten urheberrechtlichen Nutzungsrechte des Verfügungsklägers. Vielmehr hat die Abwägung im Rahmen der Auslegung und Anwendung der Schrankenregelungen der §§ 50, 51 UrhG zu erfolgen (vgl. OLG Köln, Urt.v. 12.06.2015 6 U 5/15, Afghanistan-Papiere, zitiert nach juris Rn. 38 f). Bei der Gewichtung der Meinungsäußerungsfreiheit ist zu berücksichtigen dass je mehr das Interesse des sich Äußernden auf politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit gerichtet ist, desto eher seine Äußerung in Abwägung mit anderen Belangen gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG GRUR 2008, 81 (83); BGH, Urteil vom 19.05.2011, I ZR 147/09 - Coaching-Newsletter, zitiert nach juris Rn. 33).

Gemäß § 50 UrhG ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Tagesereignis ist jedes aktuelle Geschehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist, wobei ein Geschehen so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird (BGH, Urteil vom 17.12.2015, I ZR 69/14 - Exklusivinterview, zitiert nach juris Rn. 14 m.w.N.).

Die Schrankenregelung des § 50 UrhG dient der Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Sie soll die Aktualität der Berichterstattung erleichtern, indem sie die Nutzung geschützter Werke, die im Verlauf solche Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender Nutzungsrecht und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt. Hierauf kann sich auch die Verfügungsbeklagte berufen, die den Schutz der Rundfunkfreiheit genießt (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG).

Ist dem Berichterstatter oder seinem Auftraggeber aber möglich und zumutbar, vor dem Abdruck oder der Sendung des Berichts die Zustimmung des Rechtsinhabers einzuholen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, sich über die Belange des Berechtigten hinwegzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2007, I ZR 42/05 - TV-Total, zitiert nach juris Rn. 49; BGH, Urt. v. 27.03.2012 - KZR 108/10, - Elektronischer Programmführer, zitiert nach juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 17.12.2015, I ZR 69/14 - Exklusivinterview, zitiert nach juris Rn. 16).

Der Verfügungsbeklagten ist zuzugestehen, dass nach dem damaligen Kenntnisstand der Versuch, eine Einwilligung des Rechteinhabers, des Verfügungsklägers oder der EFSA einzuholen, von vornherein aussichtslos erscheinen musste. Denn unwidersprochen trägt der Verfügungsbeklagte vor, dass die EFSA zuvor Anträge auf Mitteilung von Bewertungsberichten abgelehnt habe. Auch ist in den Fernsehbericht eine Stellungnahme des Leiters des Verfügungsklägers, Prof. Hensel, zu vernehmen, wonach dieser ankündigt "in wenigen Tagen" werde das Addendum von Seiten der EFSA der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht, ersichtlich der Verfügungskläger selbst jedoch nicht beabsichtigte, zuvor der Öffentlichkeit hiervon Kenntnis zu geben.

Zu Gunsten der Verfügungsbeklagten greift jedoch nicht die Schutzschranke des § 50 UrhG ein, da es sich bei den streitgegenständlichen Texten nicht um solche urheberrechtlich geschützte Leistungen handelt, die im Verlauf eines Tagesereignisses, über das berichtet worden ist, wahrnehmbar geworden sind.

§ 50 UrhG unterscheidet dem Wortlaut nach zwischen dem Tagesereignis und dem im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar werdenden, urheberrechtlich geschützten Werk. Nicht privilegiert ist eine Berichterstattung, die das Werk oder die urheberrechtlich geschützte Leistung selbst zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2015, I ZR 69/14, Exklusivinterview, zitiert nach juris Rn. 19 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch im Rahmen einer Sendung (§ 87 Abs. 4 i.V.m. § 50 UrhG). Das Werk muss vielmehr bei einem anderen Ereignis in Erscheinung treten. Daraus ergibt sich, dass das Addendum nicht als aktuelles Tagesereignis im Sinne von § 50 UrhG in Betracht kommt, nur weil die Verfügungsbeklagte einzelne Blätter des Addendums in der Fernsehsendung "G" gezeigt hat. § 50 UrhG rechtfertigt nicht die Berichterstattung, die sich ihr Tagesereignis selbst erst schafft und urheberrechtlich geschützte Werke, die bis dahin nicht veröffentlicht wurden, erstmals der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt. Aus diesem Grund ist die Einblendung des Addendums in den Internetauftritt der Verfügungsbeklagten als vollständige PDF-Datei nicht nach § 50 UrhG zulässig. Erst recht gilt dies für den Text der Zusammenfassung, die in der Berichterstattung der Verfügungsbeklagten nicht einmal erwähnt wird.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Verletzungshandlung, dem Angebot der Texte Addendum und Zusammenfassung zum Download auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html, fehlt es zudem an einem Berichterstattungselement im Sinne von § 50 UrhG, da die Texte als PDF-Dateien auf einer eigenen Unterseite, nicht als Teil eines Bericht erstattenden Textes, vorgehalten wurden und eine Verbindung zu berichterstattenden Kommentaren nur über gestufte Links erfolgte. Der Abruf der streitgegenständlichen Texte war damit auch unabhängig von einer Kommentierung, und losgelöst von der Berichterstattung der Verfügungsbeklagten zum Thema "Glyphosat", für Internetnutzer möglich.

Hieran ändert nichts, dass in dem ausgestrahlten Fernsehbeitrag "G" am Ende der Sendung der Zuschauer darauf hingewiesen wurde, dass der entscheidende Text mit der Neubewertung auf der Website der Verfügungsbeklagten eingeblendet sei, "damit sie sich selbst informieren machen können" und weitere Links zu dem streitgegenständlichen Download-Angebot der Verfügungsbeklagten auf Unterseiten gesetzt waren, die sich mit dem Thema "Glyphosat" befassten. Denn der Nutzer war nach der Gestaltung der Webseite der Verfügungsbeklagten nicht gezwungen, zunächst diese Berichterstattungen zur Kenntnis zu nehmen.

Unter der URL www.anonym1.html waren aber die Texte des Addendums sowie der Zusammenfassung als solche, ohne weitere berichterstattendenende Elemente wie Kommentierungen, erläuternde Hinweise, Einschätzungen abrufbar. Vielmehr wird der Nutzer mit der Information "allein" gelassen. Dies war Verfügungsbeklagten ersichtlich beabsichtigt, wie aus dem Hinweis in dem ausgestrahlten Fernsehbeitrag "damit Sie sich selbst informieren können" zu entnehmen.

Der Umstand allein, dass der Text des Addendums geeignet sein konnte, die Authentizität der ausgestrahlten Fernsehsendung "G" zu belegen, rechtfertigt nicht die konkrete Art der Nutzung eines isolierten Vorhaltens der streitgegenständlichen Texte als Dateien zum Download. Insbesondere ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die konkrete Art der Nutzung geeignet war, dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu dienen. Denn die Einblendung eines umfangreichen, in englischer Fachsprache gehaltenen Textes dürfte ohne zugleich zur Verfügung gestellte Erläuterungen für die allgemeine Öffentlichkeit keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn beinhalten. An solchen mangelte es jedoch im Rahmen des Download-Angebotes. Auch im Rahmen der auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten vorgehaltenen Fernseh-Sendung waren keine Hinweise enthalten, wo und in welcher Form in dem Addendum zu dem Thema "neue Erkenntnisse zu Krebserkrankungen bei Mäusen, hervorgerufen durch Glyphosat" Informationen zu finden seien, wie diese Erkenntnisse in Zusammenhang mit früheren Bewertungsberichten des Verfügungsklägers zu setzen sein, welche weiteren Forschungsergebnisse ausgewertet worden waren, sodass auch dem Nutzer, der die (ausgestrahlte oder vertextete) Fernsehsendung der Verfügungsbeklagten zunächst zur Kenntnis genommen und dann erst den Link zu der Seite www.anonym1.html aufgerufen hatte, es selbst überlassen blieb, das Addendums und/oder die Zusammenfassung inhaltlich zu erfassen.

Die Einblendung des Addendums sowie der Zusammenfassung in den Internetauftritt der Verfügungsbeklagten sind auch nicht als zulässiges Zitat im Sinne von § 51 UrhG gerechtfertigt.

Gemäß § 51 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.

Das Wesen des Zitats ist dadurch gekennzeichnet, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke oder Werkteile hinzugefügt werden. Das Zitat darf demgegenüber nicht die Hauptsache des aufnehmenden Werkes darstellen. Auch darf die Hinzufügung nicht allein zum Ziel haben, dem Endbenutzer das übernommene Werk leichter zugänglich zu machen (vgl. OLG München, AfP 2012, 395 - Mein Kampf; KG, GRUR 1970, 616 (618) - Eintänzer, erkennende Kammer, Urt.v. 02.10.2014,14 O 333/13, Afghanistan Papier, zitiert nach juris Rn. 67 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der streitgegenständlichen Texte, wie sie von der Verfügungsbeklagten genutzt wurden, ersichtlich nicht gegeben. Weder die Zusammenfassung, noch das Addendum, wie sie auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html vorgehalten wurden, sind mit Zustimmung des Berechtigten veröffentlicht worden (s.o.). Angesichts der Entscheidung des Gesetzgebers, das Erstveröffentlichungsrecht des Urhebers - abgesehen von §§ 45, 57 UrhG - uneingeschränkt zu schützen, kann die Meinungs- und Presse- bzw. Rundfunkfreiheit einen Eingriff allenfalls ganz ausnahmsweise rechtfertigen (vgl. KG Berlin, Urteil vom 27.11.2007 - 5 U 63/07 - Günther-Grass-Briefe, zitiert nach juris Rn. 21).

Auch werden im Rahmen der streitgegenständlichen Nutzung weder das Addendum noch die Zusammenfassung als Zitate im Sinne von § 51 UrhG genutzt.

Die Zitatfreiheit gestattet nicht, ein fremdes Werk oder ein urheberrechtlich geschütztes Leistungsergebnis nur um seiner selbst willen zur Kenntnis der Allgemeinheit zu bringen. Ebenso wenig reicht es aus, dass ein solches Werk oder ein solches Leistungsergebnis in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt wird (BGH, Urteil vom 17.12.2015 - I ZR 69/14 - Exklusiv-Interview, zitiert nach juris Rn. 25). Die Verfolgung des Zitatzwecks im Sinne des § 51 UrhG erfordert vielmehr, dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk oder der urheberrechtlich geschützten Leistung und den eigenen Gedanken hergestellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige Ausführungen des Zitierenden erscheint. Nicht erforderlich hingegen ist, dass sich der Zitierende in erheblichem Umfang mit dem übernommenen Werk auseinandersetzt. An einer inneren Verbindung fehlt es jedoch regelmäßig, wenn das Zitat ausschließlich eine informierende Berichterstattung bezweckt (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.2011 - I ZR 212/10 - Blühende Landschaften, zitiert nach juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 17.12.2015 - I ZR 69/14 - Exklusiv-Interview, zitiert nach juris Rn. 25, 31 m.w.N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Vorhalten der streitgegenständlichen Texte Addendum und Zusammenfassung zum Download auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html nicht vom Zitatzweck erfasst, da die Texte auf der Webseite www.anonym.de/ .html völlig unkommentiert eingeblendet und gerade nicht in eine Sendung oder einen Text zum Beleg (Zitatzweck) eingebunden sind, nicht einmal an einen Text, welcher sich mit dem Inhalt des Addendum auseinandersetzt, "angehängt" sind. Zwar verweisen mehrere Links auf unterschiedlichen Unterseiten des Internetauftritts der Verfügungsbeklagten auf die Webseite www.anonym.de/.1138.html, jedoch sind aus vorstehenden Gründen diese für den Nutzer des Internetauftritts nicht zwingend der Kenntnisnahme des Addendums bzw. der Zusammenfassung vorgeschaltet. Zudem ist, wie bereits ausgeführt, die Einblendung der Texte zum Download gerade nach der Gestaltung des Fernsehbeitrages nicht zu einer Auseinandersetzung der Verfügungsklägerin mit dem Inhalt der zum Download angebotenen Texte und zum Beleg der eigenen Wertung gedacht. Vielmehr soll sich der Nutzer "selbst informieren", damit selbst die eigene geistige Auseinandersetzung leisten. Das unkommentierte Vorhalten der vollständigen Texte Addendum und Zusammenfassung auf der Webseite www.anonym.de/.1138.html unterlässt damit die für die Verfolgung des Zitatzwecks im Sinne von § 51 UrhG erforderliche innere Auseinandersetzung mit dem urheberrechtlich geschützten Werk, diese wird stattdessen vollständig dem Nutzer überbürdet.

Zu Recht weist der Verfügungskläger darauf hin, dass nicht streitgegenständlich die Berichterstattung der Verfügungsklägerin als solche zum Thema "Glyphosat" ist, weder der von der Verfügungsbeklagten in diesem Zusammenhang ausgestrahlte Fernsehbeitrag im Rahmen der Sendung "G" (Anlage AG 4) sowie die darin gezeigten und kommentierten Teile des Addendum, noch die von der Verfügungsbeklagten auf ihrer Internetseite eingestellten, von ihr verfassten Textbeiträge. Auch sind nicht streitgegenständlich die von der Verfügungsbeklagten eindringlich vorgetragenen und glaubhaft gemachten gesundheitlichen Risiken für den Menschen in Zusammenhang mit der Verwendung des Herbizids "Glyphosat" sowie die Bewertungen des Verfügungsklägers, die die Verfügungsbeklagte zu ihrer Berichterstattung nachvollziehbar veranlasst haben.

Streitgegenständlich allein ist die konkrete Art der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Texte Addendum und Zusammenfassung seitens der Verfügungsbeklagten durch Einblendung der unkommentierten Volltexte zum Download auf der Webseite www.anonym.de/.html. Die ohne weitere Hinweise isoliert abrufbaren Volltexte lassen jegliche journalistische Aufarbeitung vermissen.

Aus diesem Grund steht nicht zur Entscheidung an, ob und in welchem Umfang aufgrund der Bedeutung des Themas für die Gesundheit der Allgemeinheit das Grundrecht der Rundfunkfreiheit die Verfügungsbeklagte berechtigt gewesen wäre, die Zusammenfassung und/oder das Addendum oder Teile hieraus, eingebunden in einen Fernsehbeitrag oder ihre sonstige Berichterstattung zu nutzen. Denn eine solche Einbindung liegt aus vorstehenden Gründen nicht vor.

Im Rahmen der Auslegung und Anwendung der Schrankenregelungen der §§ 50, 51 UrhG ist auch keine weite Auslegung der Schrankenbestimmungen und insbesondere eine Ausweitung des § 51 UrhG im Informationsinteresse der Allgemeinheit geboten, wenn, wie vorliegend die Verfügungsbeklagte, vorgetragen wird, das Geheimhaltungsinteresse werde nur vorgeschoben. Im Ergebnis ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, aufgrund des von ihr vorgetragenen, überragenden Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit sei auf einen Zitatzweck im Sinne von § 51 UrhG gänzlich zu verzichten und die Einblendung urheberrechtlich geschützter Volltexte auf einer Webseite auch unkommentiert zulässig.

Dem ist nicht zu folgen. Auch wenn man - im Ansatz mit der Verfügungsbeklagten - die Meinungs- und Rundfunkfreiheit weit auslegt und auch ein Berufen auf die Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berücksichtigt, und selbst wenn diese Grundrechte im Wege verfassungskonformer Auslegung der urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen in einen Ausgleich zu den gleichfalls grundrechtlich geschützten Verwertungs- und Geheimhaltungsinteressen der Klägerin zu bringen sind, überwiegen die Grundrechte der Verfügungsbeklagten gegenüber denjenigen, auf die sich die Klägerin berufen kann, nicht in dem Sinne, dass auch die Veröffentlichungen der gesamten und ungekürzten streitgegenständlichen Texte von dem Zweck der urheberrechtlichen Schrankenregelung des Zitatrechts gedeckt sind (siehe auch OLG Köln, Urteil vom 12.06.2015, 6 U 5/15 - Afghanistan-Papiere, zitiert nach juris Rn. 40).

Denn die Eignung der unkommentierten Einblendung der streitgegenständlichen Texte auf der Webseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html zur Information der Allgemeinheit ist auch auf Grundlage des Vorbringens der Verfügungsbeklagten zweifelhaft. Die Verfügungsbeklagte räumt selbst ein, dass der Text des in englischer (Fach-) Sprache gehaltenen Addendums der allgemeinen Öffentlichkeit allenfalls schwer zugänglich sein dürfte und deshalb auch der Text der (in deutscher Sprache verfassten) Zusammenfassung zum Download vorgehalten wurde. Der (Fach-) Öffentlichkeit hingegen, die das Addendum inhaltlich zur Kenntnis nehmen und werten kann, dürfte auch die gleichfalls in englischer Sprache zuvor veröffentlichte IARC- Monographie zugänglich gewesen sein, deren Ergebnisse das Addendum zusammenfasst. Unstreitig ist die Studie des IARC, welche gesundheitliche Risiken für den Menschen bei dem Einsatz von Glyphosat unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Studien erörtert ("wahrscheinlich krebserregend"), seit Frühjahr 2015 in der Öffentlichkeit bekannt.

Die Nutzung der streitgegenständlichen Texte auf der Webseite der Verfügungsbeklagten www.anonym1.html ist entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten auch nicht unter Berücksichtigung der europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gerechtfertigt.

Zwar kann dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch grundsätzlich das durch Art. 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung entgegenstehen (vgl. Kammer, Urt.v. 02.10.2014, 14 O 333/13 - Afghanistan Papier, zitiert nach juris Rn. 70 ff.). Dabei hat eine Abwägung der vom Urheber oder seinem Werknutzungsberechtigten verfolgten Interessen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung zu erfolgen. Die Rechtfertigung eines Eingriffs setzt insbesondere voraus, dass das Grundrecht ohne den Eingriff nicht oder nur unzulänglich ausgeübt werden kann. Auch muss sich derjenige, der in ein fremdes Urheberrecht eingreift, inhaltlich mit jenem Werk auseinandergesetzt haben, dessen Vervielfältigung der Urheber beanstandete (vgl. Kammer, Urt.v. 02.10.2014, 14 O 333/13 - Afghanistan Papier, zitiert nach juris Rn. 72). Nichts anderes folgt aus der von der Verfügungsbeklagten zitierten Entscheidung (EGMR, Urt. v. 10.01.2013 - 36769/08 - Ashby Donald u.a. gegen Frankreich). Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist aus dieser Entscheidung nicht abzuleiten, dass die Trennlinie zwischen zulässiger und unzulässiger Veröffentlichung allein darin liege, ob es um rein kommerzielle Verwertung oder um einen publizistischen Wert geht, sondern auch die Gesamtumstände der Veröffentlichung sind zu berücksichtigen. Vorliegend ist gerade nicht ersichtlich, dass ein "dringendes soziales Bedürfnis" für die konkrete Verletzungshandlung, die Einblendung der streitgegenständlichen Texte Addendum und Zusammenfassung, isoliert abrufbar als PDF-Dateien, zur Information der Öffentlichkeit erforderlich gewesen wäre. Dagegen spricht gerade die Fassung des Addendum, welches in englischer (Fach)Sprache einen wissenschaftlichen Sachverhalt diskutiert, der ohne weitere Erläuterung gerade nicht geeignet erscheint, zur Information der allgemeinen Öffentlichkeit beizutragen (s.o.). Soweit die Verfügungsbeklagte auf das Informationsbedürfnis von Fachkreisen abstellt, hat sie nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass diese einer weiteren Information, nach Vorliegen der Monographie des IARC überhaupt bedurften.

Gleiches gilt für die Zusammenfassung.

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit, wie es nach dem Grundgesetz und auch nach der europäischen Menschenrechtskonvention geschützt ist, soll dazu dienen, politischen Diskussionen möglichst freien Raum zu geben. Es soll und kann jedoch nicht dazu dienen, dem Grundrechtsträger unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 GG bzw. Art. 10 EMRK die eigene Anstrengung und Schaffung einer eigenen geistigen Leistung zu ersparen durch Rückgriff auf vorhandene, urheberrechtlich geschützte Werke. Insbesondere im Hinblick auf die Zusammenfassung hat die Verfügungsbeklagte nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass sie ihr Informationsziel nicht durch eigene geistige Anstrengung, einer eigenen Zusammenfassung des wesentlichen Inhaltes des Addendums mit eigenen Worten, hätte erreichen können.

5.

Auf ein Verschulden kommt es für den Unterlassungsanspruch nicht an, so dass schon unerheblich ist, ob der Verfügungsbeklagte davon ausging, berechtigten Anlass zur Veröffentlichung, öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung der streitgegenständlichen Texte zu haben.

6.

Es ist auch eine Wiederholungsgefahr gegeben. Allein die Einstellung des verletzenden Verhaltens lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Durch eine begangene Rechtsverletzung wird vielmehr eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr begründet, die regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 219/05 - Clone-CD; BGH, Urteil vom 06.02.2014 - I ZR 86/12 - Peter Fechter). Eine solche Erklärung hat die Verfügungsbeklagte jedoch nicht abgegeben. Sie vertritt vielmehr die Ansicht, zur Nutzung der streitgegenständlichen Texte berechtigt zu sein.

7.

Der Verfügungsgrund ist gegeben.

Das Erfordernis der Dringlichkeit stellt unter anderem einen Ausgleich für die nur eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeiten des Antragsgegners im Verfahren des anteiligen Rechtsschutzes dar; dieses Verfahren soll nur in wirklich eilbedürftigen Fällen zur Anwendung kommen. Maßgeblich für den Beginn der Dringlichkeitsfrist ist die Kenntnis des Antragstellers von den relevanten Umständen, die einen Rechtsverstoß begründen (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 13.05.2016 - 6 W 61/16). Auch wenn in diesem Bereich bestimmte Frist nur als Anhaltspunkt dienen können, ist in der Regel von fehlender Dringlichkeit auszugehen, wenn der Unterlassungsgläubiger ohne zwingende Gründe ein Zeitraum von mehr als ein Monat bis zur Antragstellung verstreichen lässt (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.01.2010 - 6 W 149/09 - Ausgelagerte Rechtsabteilung; OLG Köln, Beschluss vom 18.06.2015 - 6 W 64/15).

Der Verfügungskläger hat binnen eines Monats nach Kenntnis der Rechtsverletzung die einstweilige Verfügung beantragt.

III.

Das Verfahren ist im Übrigen erledigt.

1.

Die einseitig gebliebene Erledigungserklärung des Verfügungsklägers ist dahingehend auszulegen, dass von dem Verfügungskläger insoweit die Feststellung der Erledigung des Verfahrens begehrt wird.

2.

Das Verfahren ist, soweit es den Antrag betrifft, der Verfügungsbeklagten die Veröffentlichung des Addendums zu verbieten, erledigt.

Eine Erledigung im prozessrechtlichen Sinne liegt vor, wenn ein Ereignis eintritt, das den ursprünglich zulässigen und begründeten Antrag nachträglich unzulässig oder unbegründet macht.

a.

Der Antrag des Verfügungsbeklagten auf Unterlassung der Veröffentlichung des Addendums war ursprünglich zulässig und begründet. Wegen der die Zulässigkeit wird auf die Ausführungen unter Ziffer I. Bezug genommen.

Der Antrag war auch begründet.

Aus vorstehenden Gründen zu II.2 war der Verfügungskläger bis zur Veröffentlichung des Addendums von Seiten der EFSA aktivlegitimiert, von der Verfügungsbeklagten eine Unterlassung der Veröffentlichung des Addendums zu verlangen. Die Einwilligung des Verfügungsklägers in eine Erstveröffentlichung des Addendums durch die EFSA schließt die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegenüber Dritten, die unberechtigt das Werk der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringen, nicht aus. So wie der Inhaber umfassender ausschließlicher Nutzungsrechte an einem Werk aufgrund seiner dinglichen Rechtsstellung befugt ist, die Vervielfältigung und Verbreitung einer unfreien Bearbeitung des Werkes zu untersagen, auch wenn ihm selbst eine Werknutzung in dieser Form untersagt ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.1999, I ZR 65/96, BGHZ 141,267 ff. - Laras Tochter) ist derjenige, dem die Ausübung des Rechts zur Erstveröffentlichung zusteht und diese (nur) einem von ihm Bestimmten überlassen hat, befugt, gegen unberechtigte Veröffentlichungen von dritter Seite vorzugehen.

Das Veröffentlichungsrecht hat damit den Charakter eines Einmalrechts, welche sich durch Ausübung verbraucht (vergleiche statt aller Dustmann in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, § 12 Rn. 9 mit weiteren Nachweisen; LG Köln, Urteil vom 26.11.2015 14 O 333/14). Mit Veröffentlichung des Addendums von Seiten der EFSA am 19.11.2015 war damit der auf §§ 6, 12 UrhG gestützte Unterlassungsanspruch entfallen, der Unterlassungsantrag unbegründet geworden.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist für die Beurteilung, ob eine Erledigung durch nachträglichen Wegfall der Begründetheit des Antrags eingetreten ist, nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Verfügungsbeklagte abzustellen. Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht. Denn im einstweiligen Verfügungsverfahren tritt mit Anhängigkeit des Gesuchs zugleich Rechtsähnlichkeit ein (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016 § 261 Rn. 2, Zöller/Vollkommer, aaO, vor §§ 916 Rn. 5). Ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wie hier, im Zeitpunkt der Einreichung des Antrags bei Gericht zulässig und begründet, so tritt Erledigung ein, wenn nachträglich der Anspruch unbegründet wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung (§§ 936, 929 Abs. 1 ZPO) und ist daher mit der Verkündung sofort vollstreckbar, auch wegen der Kosten (vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 925 Rn. 9). Im Übrigen beruht die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 EUR

Das Vorbringen in den Schriftsätzen des Verfügungsklägers vom 10.10.2016 und der Verfügungsbeklagten vom 12.10.2016 war nicht zu berücksichtigen, da sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen sind, § 296 a ZPO. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO kommt im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit des Verfahrens nicht in Betracht (vergleiche Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage 2016 § 922 Rn. 2).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.