BGH, Beschluss vom 08.01.2019 - 3 StR 548/18
Fundstelle
openJur 2019, 2193
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 4. Juli 2018 wird verworfen.

2. Der Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Trier vom 29. Oktober 2018, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen worden ist, wird auf seine Kosten verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.

1. Nachdem der Verteidiger des Angeklagten für diesen fristgerecht Revision eingelegt hatte, ist ihm das Urteil am 15. August 2018 zugestellt worden. Als bis zum 29. Oktober 2018 eine Revisionsbegründung nicht eingegangen war, hat das Landgericht mit Beschluss von diesem Tag die Revision nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen; dem Beschluss ist eine Belehrung über das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde angefügt. Die Vorsitzende der Strafkammer hat am selben Tag die Zustellung des Beschlusses an den Verteidiger des Angeklagten und die formlose Übersendung an den Angeklagten persönlich verfügt; die Verfügung ist am 31. Oktober 2018 ausgeführt worden. Mit beim Landgericht am 5. November 2018 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat der Verteidiger "sofortige Beschwerde" eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. November 2018, eingegangen beim Landgericht am 10. Dezember 2018, hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Revision mit der allgemeinen Sachrüge begründet.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, weil er nicht die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO erfüllt. In Fällen, in denen die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs, dass der Antragsteller mitteilt, wann das Hindernis weggefallen ist, das der Fristwahrung entgegenstand; dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2016 - 4 StR 452/15, juris Rn. 2 f.; vom 26. Juni 2018 - 3 StR 197/18, juris Rn. 3 f.; LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 27. Aufl., § 45 Rn. 15).

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist hier lediglich behauptet worden, die Fristversäumnis beruhe auf einem Fehler der Kanzlei des Verteidigers, weil eine Wiedervorlage unterblieben sei. Wann der Angeklagte Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss des Landgerichts erhalten hat, ist dem Gesuch dagegen nicht zu entnehmen. Die Mitteilung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung durch den Angeklagten ist auch nicht - ausnahmsweise - entbehrlich. Aus den Akten geht nicht offensichtlich hervor, dass der Wiedereinsetzungsantrag mit Blick auf diesen Zeitpunkt innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO gestellt worden wäre. Die von der Vorsitzenden am 29. Oktober 2018 verfügte formlose Übersendung des Beschlusses an den Angeklagten ist am 31. Oktober 2018 ausgeführt worden. Angesichts der üblichen Postlaufzeit ist es jedenfalls ohne weiteres möglich, dass der Angeklagte den Beschluss bereits am 3. November 2018 erhalten hat und zur Kenntnis hätte nehmen können. In diesem Fall - selbst bei einem Zugang einige Tage danach - wäre das am 10. Dezember 2018 angebrachte Wiedereinsetzungsgesuch deutlich verspätet beim Landgericht eingegangen.

Ein fehlendes Verschulden des Angeklagten an der Fristversäumnis ist auch nicht deshalb evident, weil - wie im Rechtsmittelschriftsatz vom 5. November 2018 vorgetragen worden ist - dem Verteidiger nicht das Hauptverhandlungsprotokoll zur Einsichtnahme übersandt worden war. Eine solche unterbliebene Akteneinsicht stand jedenfalls der Erhebung der Sachbeschwerde nicht entgegen. Gegebenenfalls wäre der Angeklagte dann gehalten gewesen, Wiedereinsetzung in einzelne Verfahrensrügen zu beantragen (s. hierzu KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 345 Rn. 26 mwN).

3. Nach Maßgabe des erkennbaren Anfechtungswillens des Angeklagten ist die "sofortige Beschwerde" mit Verteidigerschriftsatz vom 5. November 2018 als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Trier auszulegen, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Falschbezeichnung ist offenkundig durch die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung veranlasst worden.

Dieser Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist unbegründet. Denn eine den Anforderungen an die Form des § 345 Abs. 2 StPO noch genügende Revisionsbegründung ist beim Landgericht erst am 10. Dezember 2018 und damit nach Ablauf der gemäß § 345 Abs. 1 StPO bis zum 17. September 2018 laufenden Revisionsbegründungsfrist eingegangen, ohne dass - wie dargelegt - gegen die Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer die Revision des Angeklagten daher zu Recht nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.

Schäfer Spaniol RiBGH Dr. Tiemann ist erkrankt und deshalb gehindert zu unterschreiben.

Schäfer Berg Hoch