BGH, Beschluss vom 19.12.2018 - VII ZR 288/17
Fundstelle
openJur 2019, 1999
  • Rkr:
Tenor

Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen das Senatsurteil vom 11. Oktober 2018 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist damit gegenstandslos.

Gründe

Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge, über die der Senat in seiner aktuellen, der Geschäftsverteilung entsprechenden Besetzung zu entscheiden hat (allg. Meinung, vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2007 - VI ZR 118/07 Rn. 1; Beschluss vom 28. Juli 2005 - III ZR 443/04, NJW-RR 2006, 63, juris Rn. 3; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 15. Aufl., § 321a Rn. 10; BeckOK ZPO/Bacher, Stand: 15. September 2018, § 321a Rn. 53), ist unbegründet. Der Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ist durch das Senatsurteil vom 11. Oktober 2018 nicht verletzt.

I.

1. Die Beklagte macht geltend, der Senat habe ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt, da er sie nicht auf seine Absicht hingewiesen habe, im angefochtenen Urteil die Frage zu entscheiden, ob die Beklagte bei der Zwangsvollstreckung domainvertraglicher Ansprüche Drittschuldnerin sei.

Diese Rüge greift nicht durch. Es bedurfte keines Hinweises des Senats, dass beabsichtigt war, über die in Rechtsprechung und Literatur vielfach diskutierte Frage der Drittschuldnereigenschaft der Beklagten bei der Pfändung der Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche des Domaininhabers aus dem Registrierungsvertrag zu entscheiden. Die Frage der Drittschuldnereigenschaft der Beklagten wurde bereits in den Vorinstanzen ausführlich erörtert. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung in erster Instanz auf 19 Seiten hierzu vorgetragen. Das Landgericht hat angenommen, dass die Beklagte Drittschuldnerin ist. Das Berufungsgericht hat die Drittschuldnereigenschaft der Beklagten ebenfalls bejaht und hierbei unter anderem auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. Juni 2017 (BFHE 258, 223) Bezug genommen. Unter diesen Umständen bedurfte es keines Hinweises des Senats. Daran ändert auch die diesbezügliche Bitte in der Revisionsbegründung nichts.

2. Die Beklagte rügt, die Annahme des Senats, der Überweisungsbeschluss sei nach § 857 Abs. 1, § 835 Abs. 3, § 829 Abs. 3 ZPO wirksam geworden, sei auch dann unzutreffend, wenn die Beklagte Drittschuldnerin wäre. Die Überweisung domainvertraglicher Ansprüche an Zahlungs statt erfolge nicht auf der Grundlage des § 835 ZPO, sondern stelle eine andere Art der Verwertung im Sinne von § 844 ZPO dar. Das habe der Senat in seiner Entscheidung vom 5. Juli 2005 (VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353) selbst so gesehen, weshalb ohne vorherigen Hinweis nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass er diese Auffassung nunmehr aufgebe.

Diese Rüge greift ebenfalls nicht durch. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Senat seine Rechtsprechung nicht geändert. Sowohl im Beschluss vom 5. Juli 2005 als auch in dem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Urteil wird ausgeführt, dass die Verwertung nach § 857 Abs. 1, § 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs statt zu einem Schätzwert erfolgen kann.

3. Die Beklagte meint, der Senat habe den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass ihr Vortrag zu dem Umstand ignoriert worden sei, wonach die Überweisung der gesamten gepfändeten domainvertraglichen Ansprüche des Pfändungsschuldners zu einer Übererfüllung der klägerischen Ansprüche gegen den Schuldner geführt habe. Der Beklagten sei es nicht um die Frage einer unklaren Formulierung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegangen, sondern um die mangelnde Bestimmtheit des Überweisungsbeschlusses im Hinblick auf eine gesetzeswidrige Übererfüllung.

Eine Gehörsverletzung durch den Senat liegt auch insoweit nicht vor. Der Senat hat die Angriffe der Revision auch hinsichtlich der Frage der Bestimmtheit des Überweisungsbeschlusses geprüft, sie indes sämtlich für nicht durchgreifend erachtet.

4. Schließlich sieht die Beklagte eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin, dass der Senat den Anspruch des Klägers auf seine Registrierung als Inhaber der Domain damit begründe, dass die Stellung als Partei des mit der Beklagten bestehenden Domainvertrags den Ansprüchen aus diesem Vertrag gleichsam folge und daher jemand, der Inhaber der domainvertraglichen Ansprüche geworden sei, auch Partei des Domainvertrags werde. Bei einem gebotenen Hinweis des Senats hätte die Beklagte dem Senat die weitreichenden Folgen seiner Rechtsansicht vor Augen geführt, die bedeute, dass auch jenseits der Zwangsvollstreckung die Übertragung einer Domain ohne Registrierung bei der Beklagten allein durch rechtsgeschäftliche Abtretung erfolgen könne.

Eine Gehörsverletzung scheidet bereits deshalb aus, weil der Senat nicht entschieden hat, dass die Stellung als Vertragspartei den Ansprüchen aus dem Domainvertrag folge und der Pfändungsgläubiger als Inhaber der domainvertraglichen Ansprüche Partei des zwischen dem Schuldner und der Beklagten geschlossenen Domainvertrags werde. Insbesondere hat der Senat nicht entschieden, dass unabhängig vom Zwangsvollstreckungsverfahren die Übertragung einer Domain ohne Registrierung bei der Beklagten allein durch rechtsgeschäftliche Abtretung erfolgen könne.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Da die erhobene Anhörungsrüge erfolglos bleibt, ist der Antrag der Beklagten gemäß § 707 ZPO auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Senatsurteil vom 11. Oktober 2018 gegenstandslos geworden.

Pamp Halfmeier Jurgeleit Graßnack Borris Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 24.08.2016 - 2/13 O 113/15 -

OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.11.2017 - 1 U 137/16 -