Hessisches LAG, Urteil vom 07.05.2015 - 9 Sa 1036/14
Fundstelle
openJur 2019, 36440
  • Rkr:

In Deutschland tätige Arbeitnehmer einer selbständigen Schweizer Niederlassung, für deren Arbeitsverträge die Geltung Schweizer Rechts vereinbart ist, sind bei der Berechnung der Mindestbeschäftigtenzahl des § 23 Abs. 1 KSchG nicht mitzuzählen, auch wenn die Rechtswahl angesichts der Kündigungsfreiheit in der Schweiz bei ordentlichen Kündigungen gem. Art. 30 Abs. 1 EGBGB (Art. 8 Rom I-VO) partiell unwirksam ist und auf diese Arbeitsverhältnisse § 1 KSchG Anwendung findet.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. April 2014 - 17 Ca 7907/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses und einen Wiedereinstellungsanspruch.

Der am xx.xx.1969 geborene Kläger war seit 1. Juli 2007 als Sales- und Marketingmanager bei der AXXX GmbH, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde ab dem 1. Juli 2009 mit der Beklagten fortgeführt. Er verdiente EUR 7.900 brutto im Monat. Auf den Arbeitsvertrag vom 22. Dez. 2009 wird Bezug genommen (Bl. 25 ff. d. A.).

Mit Schreiben vom 28. Okt. 2013 (Bl. 34 ff. d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis dem Kläger gegenüber zum 31. Dez. 2013.

Im Jahre 2009 erwarb die Beklagte von ihrer Schwestergesellschaft AXXX GmbH mit Hauptsitz in BXXX die Sparte Industriestoffe. Zum Zeitpunkt des Erwerbs beschäftigte diese mindestens 14 Personen, außer dem Kläger Herrn CXXX bis zum 30. April 2009, Herrn DXXX bis zum 31. Jan. 2011, Herrn EXXX bis zum 31. Dez. 2011, Frau FXXX , Frau GXXX bis zum 30. Okt. 2010, Frau HXXX bis zum 30. Nov. 2011, Herrn IXXX bis zum 30. Juni 2010, Frau JXXX bis zum 31. Dez. 2011, Frau KXXX bis zum 30. Okt. 2010, Frau LXXX bis zum 30. April 2013, Frau MXXX , Herrn NXXX und Herrn OXXX. Die Beklagte erwarb auch die Niederlassung der AXXX GmbH in der Schweiz. Diese ist als selbständige Niederlassung PXXX GmbH in das Handelsregister des Kantons Genf eingetragen. Sie wird vom Niederlassungsleiter QXXX geleitet, der allein verantwortlich für die Einstellung und Entlassung von Personal in der Niederlassung ist. Neben ihm sind noch weitere elf Arbeitnehmer beschäftigt. Ihre Gehälter werden von der schweizer Niederlassung gezahlt, die eine eigene Lohnbuchhaltung und Verwaltung hat. Die bei der schweizer Niederlassung angestellten Mitarbeiter NXXX und MXXX sind als Kostenstelle der schweizer Niederlassung zugeordnet (cost center 51xxx und 55xxx).

Die Beklagte beschäftigte zum Kündigungszeitpunkt in ihrem Betrieb in Deutschland außer dem Kläger jedenfalls neun Arbeitnehmer (R, F, S, T, U, V, W, X, Y). Die Herren ZXXX und AA waren als Geschäftsführer eingetragen.

Der Kläger ist mit seiner am 30. Okt. 2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Kündigungsschutzklage der Auffassung gewesen, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung. Der Kläger hat hierzu gemeint, aus den Geschäftsberichten 2009 bis 2012 (2010 Bl. 61 ff., 2012 Bl. 81 ff. d. A.) ergebe sich eine durchschnittliche Mitarbeiterzahl von mehr als 26. Bei der Bemessung der Betriebsgröße seien auch die Arbeitnehmer der schweizer Niederlassung zu berücksichtigen. Er hat behauptet, Herr NXXX und Frau MXXX würden in der Hauptniederlassung der Beklagten in BXXX beschäftigt und würden von Deutschland aus den gesamten europäischen Markt bearbeiten. Vor dem Hintergrund einer Stellenanzeige der Beklagten (Bl. 90 ff. d. A.) für einen Sales Assistent habe er jedenfalls einen Anspruch auf Wiedereinstellung.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 28. Okt. 2013 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat;

2.

die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als Sales & Marketing Manager zu beschäftigen;

3.

für den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung mit Wirkung ab dem 1. Jan. 2014 als Sales Assistent zu den bei der Beklagten üblichen Arbeitsbedingungen mit einer Jahresvergütung in Höhe von EUR 95.000 unter Anrechnung einer Betriebszugehörigkeit seit dem 1. Juli 2007 anzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Mitarbeiter der schweizer Niederlassung, der auch Frau MXXX und Herr NXXX angehörten, seien nicht in die Berechnung der Beschäftigtenzahl mit einzubeziehen. Beide erhielten ihre Arbeitsanweisungen vom Leiter der schweizer Niederlassung und würden von dieser vergütet. Es komme hin und wieder vor, dass die beiden Mitarbeiter wie auch andere Mitarbeiter der schweizer Niederlassung den Betrieb der Beklagten in BXXX z.B. im Rahmen von Meetings oder Präsentationen aufsuchten. Sie würden aber nicht von Deutschland aus den europäischen Markt bearbeiten. Ihre Wohnsitze lägen in Deutschland. Die Darstellung zur Mitarbeiterzahl in den Jahresabschlüssen sei insoweit nicht aussagekräftig, weil dort auch die Geschäftsführer und die Mitarbeiter der schweizer Niederlassung einbezogen worden seien.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 23. April 2014 - 17 Ca 7907/13 - abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung sei nicht unwirksam, weil nicht festgestellt werden könne, dass das KSchG Anwendung finde. Dies gehe zu Lasten des Klägers. Die Mitarbeiter der übernommenen AXXX GmbH seien überwiegend bis auf die noch im Betrieb der Beklagten in B beschäftigten Arbeitnehmer ausgeschieden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür und der Kläger habe auch keine vorgetragen, dass die Mitarbeiterzahl in Zukunft über zehn ansteigen würde. Die Mitarbeiter der schweizer Niederlassung seien nicht einzubeziehen. Diese Arbeitsverhältnisse unterlägen einer anderen Rechtsordnung und könnten nicht zum Zwecke der Eröffnung des Anwendungsbereichs des in Deutschland geltenden KSchG berücksichtigt werden. Für einen Gemeinschaftsbetrieb mit der schweizer Niederlassung gebe es keine Anhaltspunkte. Soweit sich der Kläger auf Frau MXXX und Herrn NXXX beziehe, habe er nicht dargelegt, dass diese deutschem Recht unterfielen. Ein Wiedereinstellungsanspruch scheitere schon daran, dass das KSchG auf das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Anwendung finde.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 18. Juli 2014 zugestellte Urteil per Telefax am 8. Aug. 2014 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. Okt. 2014 an diesem Tag per Telefax begründet.

Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht sei ohne ausreichende Tatsachengrundlage davon ausgegangen, dass die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter MXXX und NXXX schweizerischem Recht unterlägen. Er habe erstinstanzlich jedoch bestritten, dass diese Mitarbeiter der schweizer Niederlassung angehörten und in der Schweiz beschäftigt würden. Es komme nicht darauf an, ob alle Mitarbeiter der schweizer Niederlassung dem Betrieb der Beklagten zuzurechnen seien oder ein Gemeinschaftsbetrieb vorliege. Mit den Mitarbeitern MXXX und NXXX beschäftige die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer. Die Beklagte habe außerdem ihre Beschäftigtenzahl nur vorübergehend abgesenkt. Vor dem Hintergrund, dass der Betrieb der Beklagten in Deutschland Teil eines Konzerns sei, wäre die Anwendung der Kleinbetriebsklausel zudem verfassungswidrig. Schließlich seien im Ausland angestellte Mitarbeiter ausnahmsweise dann mitzuzählen, wenn sie deutschem Recht unterlägen. Das sei bei Herrn NXXX der Fall, weil die arbeitsvertragliche Rechtswahl unwirksam sei, da es in der Schweiz keinen Kündigungsschutz hinsichtlich ordentlicher Kündigungen gebe und insoweit Kündigungsfreiheit bestehe. Er habe sein home office, von dem aus er arbeite, in Deutschland. Der Vertrag von Frau MXXX sei in Wahrheit ein Arbeitsvertrag.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. April 2014 abzuändern und nach seinen Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet, nach Ausscheiden des Klägers sei die Mitarbeiterzahl auf neun abgesunken. Für den Kläger sei im Übrigen kein neuer Mitarbeiter eingestellt worden, der Bereich Werbefolien, für den der Kläger zuständig gewesen sei, sei von der Beklagten aufgegeben worden. Das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiter MXXX und NXXX habe mit der schweizer Niederlassung bestanden. Abgesehen davon sei Frau MXXX nach deutschen Maßstäben als freie Mitarbeiterin in der schweizer Niederlassung tätig gewesen. Auf den Vertrag zwischen Frau MXXX und der schweizer Niederlassung vom 23. Nov. 2007 mit der AXXX GmbH wird Bezug genommen (Bl. 189 ff. d. A., Übersetzung Bl. 219 ff. d. A.). Sie hätte die Aufgabe gehabt, Abnehmer für den Mineralwerkstoff BB in Spanien und in Deutschland zu finden und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Sie habe ihre Rechnungen (Bl. 196 d. A.) an die schweizer Niederlassung gestellt und von dort Bezahlung erhalten. Sie habe das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 21. Mai 2014 (Bl. 197 d. A., Übersetzung Bl. 227 d. A.) zum 21. Juni 2014 gekündigt. Auch Herr NXXX sei von der schweizer Niederlassung angestellt worden. Auf seinen Arbeitsvertrag mit der CC wird verwiesen (Bl. 198 ff. d. A., Übersetzung Bl. 229 ff. d. A.). Er arbeite im home office. Die CC habe ihr Vermögen auf die AXXX GmbH übertragen und diese auf die neu gegründete schweizer Niederlassung der Beklagten. Auf das Business Transfer Agreement wird Bezug genommen (Bl. 204 ff. d. A., Übersetzung Bl. 237 ff. d. A.). Damit seien auch die Arbeitsverhältnisse übergegangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 15. Jan. und 7. Mai 2015 verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist statthaft, §§ 8 Abs.2 ArbGG, 511 ZPO, 64 Abs. 2 c) ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO, und damit insgesamt zulässig.

Die Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Kündigungsschutzklage ist nicht begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 28. Okt. 2013 ist wirksam. Sie ist auf ihre soziale Rechtfertigung nicht zu überprüfen, da das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien keine Anwendung fand. Im Betrieb der Beklagten waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, so dass nach § 23 Abs. 1 KSchG die Vorschrift des § 1 KSchG keine Anwendung findet. Der Beschäftigte NXXX ist in die Berechnung der Mindestbeschäftigtenzahl ebenso wenig einzubeziehen wie Frau MXXX , unterstellt sie hätte einen Arbeitsvertrag.

Beide Personen haben einen Arbeitsvertrag mit der selbständigen schweizer Niederlassung der Beklagten, der PXXX GmbH. § 23 Abs. 1 KSchG erfasst jedoch nur Betriebe, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen (BAG Urteil vom 8. Okt. 2009 - 2 AZR 654/08 - ; BAG Urt. vom 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - ; BAG Urt. vom 17. Jan. 2008 - 2 AZR 902/06 - ; LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16. Nov. 2010 - 7 Sa 1354/10 - ; a.A. LAG Hamburg Urteil vom 2. März 2011 - 1 Sa 2/11 - ). Das Bundesarbeitsgericht ist der Auffassung, die unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstehenden Arbeitsverhältnisse der beiden Personengruppen könnten nicht zum Zwecke der Eröffnung des Anwendungsbereichs einzelner Gesetze des jeweils anderen Rechts zusammengerechnet werden. Der Begriff des Betriebes im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG erfasse nur solche organisatorischen Einheiten, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Jan. 2008 (a.a.O.) nicht angenommen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 12. März 2009 - 1 BvR 1250/08 - [...]).

Das Bundesarbeitsgericht hat es in diesem Zusammenhang allerdings dahinstehen lassen, ob eine Zusammenrechnung stattzufinden hat, wenn die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen nach Art. 27 EGBGB deutschem Recht unterfallen (BAG Urt. vom 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - ; BAG Urt. vom 17. Jan. 2008 - 2 AZR 902/06 -). Das BVerfG (a.a.O.) hat dies für den Fall offengelassen, dass die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers eines ausländischen Unternehmens in Deutschland erbracht wird (BVerfG Beschluss vom 12. März 2009 - 1 BvR 1250/08 - [...]).

Der Mitarbeiter NXXX und Frau MXXX , bei der streitig ist, ob sie Arbeitnehmerin ist, unterfallen nach ihren Verträgen jedoch schweizer Recht. Die Arbeitsvertragsparteien haben nach Art. 27 ff. EGBGB, die hier angesichts des vor dem 17. Dez. 2009 geschlossenen Arbeitsvertrages gemäß Art. 28 der VO EG Nr. 593/2008 (ABl. L 177 vom 4. Juli 2008) Anwendung finden, eine eindeutige Rechtswahl getroffen. Im Vertrag des Herrn N heißt es unter Ziff. XV (übersetzt, Bl. 233 d. A.):

"Geltendes Recht

Dieser Vertrag und die Beziehung zwischen den Parteien werden nach Schweizer Recht vom Gericht in Genf geregelt."

Der Vertrag von Frau MXXX lautet unter Ziff. 1 d) (übersetzt, Bl. 223 d. A.):

"Dieser Vertrag wird nach Schweizer Recht ausgelegt und geregelt."

Die Art. 27 bis 37 EGBGB sind zwar zum 17. Dezember 2009 durch die Bestimmungen der Verordnung Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht abgelöst worden (Rom I-VO). Nach Art. 28 Rom I-VO finden aber die Regelungen des EGBGB auf Vertragsverhältnisse, die vor dem 17. Dezember 2009 begründet worden sind, weiterhin Anwendung (vgl. BAG Urteil vom 23. Aug. 2012 - 8 AZR 394/11 - ; BAG Urteil vom 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - , Rz. 40; LAG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 3. April 2014 - 4 Sa 57/13 -).

Daran ändert es nichts, dass auf das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters NXXX partiell deutsches Recht Anwendung findet. Er hätte nach § 30 Abs. 1 EGBGB gegen ordentliche Kündigungen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG, auch wenn § 1 KSchG keine Eingriffsnorm im Sinne des Art. 34 EGBGB ist (Hess. LAG Urteil vom 24. Nov. 2008 - 17 Sa 682/07 - ). Durch die Rechtswahl wird ihm der Kündigungsschutz, den er nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB ohne die Rechtswahl hätte, entzogen. Nach Art. 30 Abs. 1 EGBGB darf die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Abs. 2 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. Nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB unterliegen Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung seines Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dies entspricht auch der nach dem 17. Dez. 2009 geltenden Rechtslage nach Art. 8 der Verordnung Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO). Der Mitarbeiter hat seinen gewöhnlichen Arbeitsort im Sinne des Art. 30 Abs. 2 EGBGB in Deutschland, wo er wohnt und ein home office unterhält. Er hatte seinen Wohnsitz bei Vertragsschluss zwar in Belgien, sollte aber nach Anhang I des Arbeitsvertrages (Übersetzung Bl. 234 d. A.) nach sechs Monaten umziehen und dort von einem home office aus arbeiten. Für seinen Dienstwagen musste er nach deutschem Steuerrecht ein Nutzungsentgelt zahlen.

Im Rahmen des Art. 30 Abs. 1 EGBGB findet ein Günstigkeitsvergleich statt. Anzuwenden ist das Recht, das den Arbeitnehmer stärker schützt. Anders als in Deutschland besteht in der Schweiz gemäß Art. 335 OR der Grundsatz der Kündigungsfreiheit und eine Kündigung bedarf nicht der sozialen Rechtfertigung. Untersagt ist nach Art. 336 OR lediglich eine missbräuchliche Kündigung. Demgegenüber ist die Anwendung von § 1 KSchG für den Arbeitnehmer günstiger. Die deutsche Vorschrift des § 1 KSchG ist gemäß Art. 30 Abs. 2 EGBGB zwingendes Recht (vgl. Staudinger-Ulrich Magnus 13. Aufl. Art. 30 EGBGB Rz. 68; Münch Komm-Martiny Rz. 40, 100 zu Art. 8 Rom I-VO). Damit unterfällt der Mitarbeiter NXXX jedoch nicht generell deutschem Recht. Die Rechtswahl ist nur insoweit unwirksam, als dadurch zwingende Bestimmungen der gemäß Art. 30 Abs. 2 EGBGB maßgebenden Rechtsordnung verdrängt werden (vgl. Staudinger-Ulrich Magnus 13. Aufl. Art. 30 EGBGB Rz. 68; Münch Komm-Martiny Rz. 40, 100 zu Art. 8 Rom I-VO). Im Rahmen eines Günstigkeitsvergleiches ist das Recht anzuwenden, das den Arbeitnehmer stärker schützt. Das Bundesarbeitsgericht hat indessen die Frage der Zusammenrechnung nur für den Fall offen gelassen, dass der Arbeitnehmer der ausländischen Niederlassung insgesamt deutschem Recht unterliegt, nicht nur punktuell wegen § 1 KSchG aufgrund eines Günstigkeitsvergleiches gem. Art. 30 Abs. 1 und 2 EGBGB bei sonstigem Bestehenbleiben der Rechtswahl und der Anwendung schweizer Rechts auf das Arbeitsverhältnis.

Die Berufung hat auch hinsichtlich der Klage auf Weiterbeschäftigung keinen Erfolg. Ein Beschäftigungsanspruch des Klägers aus §§ 611, 242 BGB, Art. 1 und 2 GG besteht nicht, da mit Abweisung der Kündigungsschutzklage die Interessen der Beklagten an der Nichtbeschäftigung die Interessen des Klägers an der Beschäftigung überwiegen.

Schließlich ist die Berufung gegen die Abweisung der klageweisen Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruchs unwirksam, weil die im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes anerkannten Grundsätze des Wiedereinstellungsanspruchs außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung finden (etwa LAG Hamm Urteil vom 26. Februar 2004 - 8 Sa 2016/03 -, ; Bader u.a. § 1 KSchG Rz. 70 c).

Die Kosten seiner erfolglosen Berufung hat der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Zulassung der Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage der Berücksichtigung von Arbeitnehmern einer ausländischen Niederlassung, die partiell deutschem Recht unterfallen, bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG gesetzlich veranlasst, § 72 Abs. 2 ArbGG.