BAG, Urteil vom 22.10.2015 - 6 AZR 758/14
Fundstelle
openJur 2019, 1221
  • Rkr:
Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 3. Juli 2014 - 8 Sa 170/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung des von einem Konto des Sohnes des späteren Schuldners gezahlten Arbeitsentgelts im Wege der Insolvenzanfechtung.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem auf Antrag vom 18. Februar 2009 am 22. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des U (Schuldner), der bereits im Jahr 2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Der Schuldner betrieb in den Jahren 2008 und 2009 ein Baueinzelunternehmen und beschäftigte dafür den Beklagten. Dieser ist nunmehr Rentner und bezieht eine monatliche Rente von 772,97 Euro.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wickelte der Schuldner seinen geschäftlichen Zahlungsverkehr über ein Bankkonto seines Sohnes M ab. Dies geschah im Wege des Onlinebanking, für das ihm sein Sohn die erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt hatte. Der Schuldner zog eigene Forderungen auf dieses Konto ein, indem er seine Kunden seit Einrichtung des Kontos anwies, Zahlungen auf dieses Konto zu leisten, und beglich hiervon auch seine eigenen Verbindlichkeiten. Der Sohn des Schuldners nutzte das Konto selbst nicht. Er erhielt weder Kontoauszüge noch holte er solche ab noch nahm er irgendwelche Verfügungen über das Konto vor. Vielmehr wurden über dieses Konto ausschließlich Umsätze für den Schuldner abgewickelt.

Der Beklagte erhielt von dem Konto des Sohnes des Schuldners am 4. Dezember 2008, am 12. Januar 2009 und am 5. Februar 2009 insgesamt 3.264,35 Euro gezahlt. Dabei handelte es sich jeweils um das Entgelt für den der Zahlung vorhergehenden Monat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war für den Beklagten anhand von Kontoauszügen erkennbar, dass die Zahlungen von einem Konto des Sohnes des Schuldners erfolgten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die streitbefangenen Zahlungen seien iSv. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO und § 133 InsO anfechtbar erlangt. Dadurch, dass ihm sein Sohn die Daten für das Onlinebanking zur Verfügung gestellt habe, sei der Schuldner bevollmächtigt worden, über die Guthaben auf diesem Konto zugunsten seiner Gläubiger zu verfügen. Dadurch sei zugleich seine Forderung auf Auszahlung der Kontogutschriften gegen seinen Sohn erloschen. Der Schuldner sei deshalb jeweils einerseits Anweisender, andererseits (als bevollmächtigter Vertreter seines Sohnes als Kontoinhaber) Empfänger der Zahlungsanweisung gewesen. Aus den Bankkontoauszügen des Beklagten lasse sich nicht ersehen, dass er bereits vor den streitbefangenen Zahlungen Überweisungen vom Konto des Sohnes des Schuldners erhalten habe. Der Beklagte behaupte auch nicht, dass er eine Vereinbarung über den gewählten Zahlungsweg mit dem Schuldner getroffen habe. Damit liege eine inkongruente Direktzahlung vor. Ohnehin seien Zahlungen über das Konto eines Dritten inkongruent, wobei es keine Rolle spiele, ob eine einmal erteilte Vollmacht vorliege oder laufend Vollmachten erteilt würden.

Der Kläger hat behauptet, der Schuldner sei bereits vor dem 1. November 2008 wegen Verbindlichkeiten von mehr als 3.000.000,00 Euro zahlungsunfähig gewesen. Es liege auf der Hand, dass er durch die Nutzung des Bankkontos seines Sohnes dieses Konto dem Gläubigerzugriff habe entziehen wollen. Die Inkongruenz sei ein starkes Beweisanzeichen sowohl für den von § 133 InsO vorausgesetzten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch für die diesbezügliche Kenntnis des Beklagten.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.264,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 23. April 2009 zu zahlen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe

I. Die Revision ist entgegen der Auffassung des Beklagten zulässig.

1. Der Beklagte rügt zwar zu Recht, dass in der Revisionsbegründung selbst keine ausreichende Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erfolgt ist (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen BAG 29. Januar 2014 - 6 AZR 943/11 - Rn. 16). Gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO genügt jedoch die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, sofern diese den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspricht und die Bezugnahme innerhalb der Zweimonatsfrist des § 72a Abs. 6 Satz 3 iVm. § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG erfolgt (vgl. BAG 8. Mai 2008 - 1 ABR 56/06 - Rn. 6, BAGE 126, 339). Das ist hier der Fall. In der von ihm fristgerecht in Bezug genommenen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hatte der Kläger substantiiert ausgeführt, dass und inwieweit das Landesarbeitsgericht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abgewichen sei, weil es die Inkongruenz im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit und die subjektiven Vorstellungen des Beklagten bestimmt habe.

2. Der Beklagte rügt auch zu Unrecht, dass der Revision das Rechtsschutzinteresse fehle. Mit dem Erfordernis der Beschwer ist im Allgemeinen gewährleistet, dass ein Rechtsmittel nicht ohne ein sachliches Bedürfnis eingelegt wird. Darum ist das Rechtsmittel nur dann ausnahmsweise mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der vom Gesetz vorgesehene Rechtsmittelweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (BAG 24. September 2015 - 6 AZR 497/14 - Rn. 13). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

II. Die Revision ist unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig. Das für jede, auch für die Leistungsklage, erforderliche Rechtsschutzinteresse ist entgegen der Auffassung des Beklagten ungeachtet der aktuell angesichts der geringen Höhe der Renteneinkünfte des Beklagten zweifelhaften Vollstreckungsaussichten nach einem obsiegenden Urteil gegeben.

a) Dem Rechtsuchenden kann nur unter ganz besonderen Umständen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte verwehrt werden. Es kann dahinstehen, ob das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn eine Klage objektiv schlechthin sinnlos ist, weil der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Das ist hier nicht der Fall. Das Rechtsschutzbedürfnis folgt daraus, dass der obsiegende Kläger einen Titel erhält, der seine etwaigen Ansprüche gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB für die nächsten 30 Jahre vor der Verjährung bewahrt. Es ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass er in dieser Zeit Gelegenheit findet, aus dem Titel erfolgreich zu vollstrecken (vgl. BAG 30. Mai 1963 - 5 AZR 326/62 - zu III der Gründe; BGH 14. August 2013 - I ZB 76/10 - Rn. 10).

b) Für das Rechtsschutzinteresse nicht von Bedeutung ist, ob und nach welchen Maßstäben der Insolvenzverwalter den Insolvenzgläubigern nach § 60 InsO haftet, wenn er einen Anfechtungsprozess führt, bei dem wegen der wirtschaftlichen Situation des Arbeitnehmers von vornherein klar ist, dass unter normalen Umständen eine Vollstreckung zur Masse auch bei Obsiegen des Insolvenzverwalters nicht zu erwarten ist, oder wenn dies während des Verfahrens deutlich wird und gleichwohl weitere Prozesskosten veranlasst werden (vgl. zur Haftung des Insolvenzverwalters für das schuldhafte Führen eines aussichtslosen Prozesses und der bei der Abwägung der Erfolgsaussicht der Klage erforderlichen Berücksichtigung auch der Vollstreckungsaussicht Bork ZIP 2005, 1120, 1121 f.; vgl. für den umgekehrten Fall der Haftung des Insolvenzverwalters für das Unterlassen eines Anfechtungsprozesses LG Krefeld 6. Februar 2014 - 3 O 271/13 - Rn. 18 mwN).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht erkannt.

a) Die am 5. Februar 2009 sowie am 4. Dezember 2008 und 12. Januar 2009 erfolgten Entgeltzahlungen sind nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO bzw. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Beklagte diese Zahlungen "in der Art", wie sie erfolgten, zu beanspruchen hatte. Sie wurden vom Schuldner als Arbeitgeber selbst erbracht und erfolgten in der vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an üblichen Weise über das Konto des Sohnes des Schuldners. Dieses Konto war aufgrund einer stillschweigend getroffenen dreiseitigen Abrede das Geschäftskonto des Schuldners, über das er seine Zahlungen einschließlich der angefochtenen Entgeltzahlungen regelhaft abwickelte. Diese Zahlungen waren deshalb nicht inkongruent, auch wenn es sich bei dem Geschäftskonto um das Konto eines Dritten handelte (vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 869/13 - Rn. 18; im Ergebnis ebenso Oberhofer jurisPR-ArbR 9/2015 Anm. 4 zu C).

aa) Inkongruenz liegt vor, wenn die konkrete Deckungshandlung vom Inhalt des Schuldverhältnisses abweicht, das zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner besteht, sofern die Abweichung von der nach dem Inhalt des Anspruchs typischen und gesetzmäßigen Erfüllung mehr als geringfügig ist und nicht mehr der Verkehrssitte oder Handelsbräuchen entspricht. Für die Beurteilung, ob dies der Fall ist, kommt es allein darauf an, ob die konkrete Deckungshandlung objektiv vom Inhalt des Schuldverhältnisses abweicht (BAG 13. November 2014 - 6 AZR 869/13 - Rn. 14, 27). Das setzt die rechtlich genaue Bestimmung voraus, wer die geschuldete Leistung in welcher Weise zu erbringen hat (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 15, BAGE 146, 323). Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht kommt es für die Feststellung der Kongruenz oder Inkongruenz von Entgeltzahlungen allerdings nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch darauf hat, dass die Zahlung gerade über das Konto erfolgt, über das das Entgelt geflossen ist. Anderenfalls wären mit Ausnahme der wenigen Fälle, in denen ein Konto des Arbeitgebers vereinbart ist, von dem das Entgelt zu zahlen ist, alle Entgeltzahlungen inkongruent und damit in der Krise unter den erleichterten Voraussetzungen des § 131 InsO anfechtbar.

bb) Hat der Gläubiger keinen Anspruch darauf, dass seine Forderung in der gewählten Art durch einen Dritten erfüllt wird, liegt darin im Regelfall eine nicht unerhebliche Abweichung vom üblichen Erfüllungsweg. Weist der Schuldner einen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, ist eine solche Direktzahlung deshalb im Allgemeinen dem Empfänger gegenüber als inkongruente Deckung anfechtbar (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 13, BAGE 146, 323).

cc) Allerdings ist - entgegen der Annahme des Klägers - nicht jede Entgeltzahlung, die über das Konto eines Dritten erfolgt, inkongruent. Liegt ihr eine insolvenzfeste dreiseitige Abrede zugrunde, ist sie in der Regel kongruent (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 14, BAGE 146, 323). Ob eine Entgeltzahlung inkongruent ist, bestimmt sich nämlich nicht nach der Zahlungsweise oder der Erfüllungsart, die im Arbeitsleben "normal" oder "üblich" sind (insoweit unklar Oberhofer jurisPR-ArbR 9/2015 Anm. 4 zu C). Maßgeblich ist vielmehr allein, was die Parteien tatsächlich vereinbart haben und ob eine Abweichung von dieser für das konkrete Arbeitsverhältnis vereinbarten Erfüllungsart oder Zahlungsweise vorliegt. Erst wenn das der Fall ist, kommt es darauf an, ob die Abweichung nach der Verkehrssitte oder den Handelsbräuchen gering ist. Ist das der Fall, ist die Befriedigung ungeachtet der Abweichung kongruent. Ist die Abweichung dagegen mehr als geringfügig, liegt eine inkongruente Deckung vor.

dd) Nach diesen Maßstäben waren die streitbefangenen Zahlungen kongruent.

(1) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nutzte der Schuldner das nicht erst zeitnah vor der Insolvenz eingerichtete Konto seines Sohnes - offenkundig ausschließlich im Wege des Onlinebanking - allein. Er legte dieses Konto im Geschäftsverkehr offen, indem er seine Kunden seit Einrichtung des Kontos anwies, Zahlungen auf dieses zu leisten, und zog so eigene Forderungen, die aus der Geschäftstätigkeit des von ihm betriebenen Baueinzelunternehmens resultierten, darauf ein. Er beglich allein aus diesen Guthaben seine aus der Geschäftstätigkeit herrührenden Verbindlichkeiten. Der Kläger hat nicht behauptet, dass der Schuldner daneben zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Geschäftstätigkeit in den Jahren 2008 und 2009, die zu den angefochtenen Entgeltzahlungen führte, noch andere Geschäftskonten unterhielt. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Schuldner seinen gesamten geschäftlichen Zahlungsverkehr seit Beginn seiner der vorliegenden Anfechtung zugrunde liegenden Geschäftstätigkeit in den Jahren 2008 und 2009 über dieses Konto abwickelte. Sein Sohn nahm auf dieses Konto keinerlei Zugriff. Dieser erhielt nicht einmal Auszüge über die auf diesem Konto erfolgten Bewegungen. Ob und welche Zahlungsflüsse über dieses Konto erfolgten, entzog sich damit seinem Wissen und Einfluss. Er war an den darüber fließenden Zahlungen - über die Einrichtung des Kontos hinaus - nicht mehr beteiligt. Diese Zahlungen erfolgten vielmehr ausschließlich auf Veranlassung des Schuldners und allein in dessen Interesse sowie aus dessen im Rahmen seines Geschäftsbetriebs erwirtschafteten Einkünften, ohne dass dafür jeweils oder jemals eine Weisung des Sohnes als Kontoinhaber vorlag. Darin liegt der Unterschied zu einem sog. "verdeckten Geschäftskonto" (dazu Spiekermann NZI 2014, 1030, 1033), bei dem der Schuldner nur (einzelne) Zahlungseingänge auf das Konto einer ihm nahestehenden Person umleitet, von dem dann Auszahlungen an einzelne Gläubiger erfolgen.

(a) Durch diese Handhabung wurde das auf den Namen des Sohnes eingerichtete Konto zwar nicht zu einem sog. Fremdkonto, bei dem die Einlageforderung dem Schuldner als Kontoinhaber zugestanden hätte, während sein Sohn lediglich verfügungsberechtigt gewesen wäre (vgl. BGH 12. Oktober 1987 - II ZR 98/87 - zu II 2 der Gründe). Kontoinhaber ist, wer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach dem für die Bank erkennbaren Willen desjenigen, der das Konto eröffnet, in Rechtsbeziehungen zu der Bank treten soll. Wird dabei der Wille, dass das Konto als Geschäftskonto eines Dritten dienen soll, für die Bank nicht erkennbar, ist dieser Wille für die Bestimmung des Kontoinhabers unerheblich. Unerheblich ist auch, ob die Bank nach Vertragsschluss erkennen kann und erkennt, dass über das Konto tatsächlich und ausschließlich Zahlungen für einen Dritten abgewickelt werden. Für die Bestimmung des Kontoinhabers sind grundsätzlich nur solche Umstände bedeutsam, die zur Zeit des Vertragsschlusses, dh. der Kontoeröffnung, vorliegen (BGH 9. Dezember 1993 - IX ZR 100/93 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 124, 298).

(b) Ungeachtet der danach bestehenden formalen Kontoinhaberschaft seines Sohnes war das Konto jedoch wirtschaftlich allein dem Schuldner zugeordnet, der über dieses Konto alle seinen Geschäftsbetrieb betreffenden Zahlungsvorgänge fließen ließ. Im Ergebnis trafen der Schuldner und sein Sohn die Abrede, dass letzterer ein Konto auf seinen Namen einrichtete, das er dem Schuldner zur ausschließlichen Nutzung für dessen Geschäftsbetrieb überließ und das dieser als Geschäftskonto nutzen sollte. Dadurch, dass die Zahlungen für den Beklagten erkennbar über ein Konto des Sohnes des Schuldners erfolgten, erklärte er sich - stillschweigend - mit einer derartigen Handhabung einverstanden, so dass letztlich eine dreiseitige Abrede vorlag, das Konto des Sohnes als Konto des Arbeitgebers zu nutzen, über das die Entgeltzahlungen regelhaft erfolgen sollten.

(c) Diese dreiseitige Abrede hat der Kläger nicht angefochten. Anfechtungsgründe sind nicht aufgezeigt und nicht ersichtlich. Durch die Abwicklung aller Zahlungsvorgänge seines Geschäftsbetriebs über das Konto seines Sohnes entzog der Schuldner - anders als beim Verschieben von Beträgen auf das Konto einer nahestehenden Person (vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 869/13 - Rn. 23) - seinen Gläubigern nicht gezielt noch liquide Geldmittel. Diese konnten den Auszahlungsanspruch gegen den Sohn als Kontoinhaber pfänden (vgl. BGH 4. Juli 2007 - VII ZB 15/07 - Rn. 9; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 829 Rn. 33 Stichwort: Kontoguthaben - Kontoleihe). In Betracht kam auch eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den Sohn (vgl. Gerhardt FS Lüke 1997 S. 121, 130 ff.). Der Schuldner ließ die über das Konto seines Sohnes fließenden Gelder auch nicht zielgerichtet bestimmten Gläubigern bzw. Gläubigergruppen zukommen. Er nutzte dieses Konto vielmehr offen vom Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftstätigkeit, aus der der angefochtene Entgeltanspruch resultiert, als (einziges) Geschäftskonto.

(2) Nach diesen Gesamtumständen fehlte es nicht nur an anfechtbaren Rechtshandlungen des Sohnes (vgl. dazu BGH 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13 - Rn. 16), sondern an jeglicher Einschaltung des Sohnes, die die angefochtenen Entgeltzahlungen als Direktzahlungen eines Dritten qualifizieren könnte. Insbesondere lagen die vom Kläger konstruierten wechselseitigen Weisungen des Schuldners und seines Sohnes, durch die die Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber seinen Gläubigern und damit zugleich die seines Sohnes gegenüber ihm beglichen worden wären, nicht vor. Es gab keine anfechtungsrechtlich beachtlichen Zahlungsanweisungen an den und von dem Schuldner, sondern nur dessen eigenverantwortliche Verfügungen über das ihm von seinem Sohn für seine Geschäftstätigkeit dauerhaft eingerichtete Konto. Die Entgeltforderungen des Beklagten wurden nicht durch den Sohn des Schuldners als Dritten auf Weisung des Schuldners aus eigenen oder fremden Mitteln von seinem eigenen Konto erfüllt (zu dieser zur Inkongruenz führenden Fallgestaltung vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 869/13 - Rn. 15 ff.; BGH 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13 - Rn. 11). Sie wurden vom Schuldner als Arbeitgeber selbst von seinem Geschäftskonto aus den von ihm im Rahmen seines Geschäftsbetriebs erwirtschafteten Mitteln und in der für das konkrete Arbeitsverhältnis üblichen Weise erbracht. Das führt zur Kongruenz der Entgeltzahlungen (vgl. Uhlenbruck/Ede/Hirte 14. Aufl. § 131 InsO Rn. 57).

(3) Darauf, ob eine etwaige Änderungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Beklagten insolvenzfest wäre (vgl. dazu BAG 21. November 2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 14 ff., BAGE 146, 323; BGH 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13 - Rn. 18), kommt es nicht an. Der Kläger hat insoweit lediglich vorgetragen, aus den Auszügen des Beklagten lasse sich nicht ersehen, dass er - der Beklagte - bereits vor den streitbefangenen Zahlungen Überweisungen vom Konto des Sohnes des Schuldners erhalten habe, und der Beklagte behaupte nicht, dass er eine dementsprechende Zahlungsvereinbarung getroffen habe. Dies genügt zur Erfüllung der den Insolvenzverwalter für das Vorliegen einer Inkongruenz treffenden Darlegungslast nicht. Insoweit bestand auch keine sekundäre Darlegungslast des Beklagten. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er seine Informationsmöglichkeiten vollständig ausgeschöpft hat, insbesondere von seinem Auskunftsanspruch nach § 97 Abs. 1 InsO gegenüber dem Schuldner Gebrauch gemacht hat (vgl. BAG 18. September 2014 - 6 AZR 145/13 - Rn. 29 f.). Angesichts des Umstands, dass der Kläger nicht behauptet, geschweige denn dargelegt hat, dass der Schuldner während des Arbeitsverhältnisses überhaupt ein anderes Konto als das, über das die streitbefangenen Zahlungen geflossen sind, nutzte, ist nicht einmal nachvollziehbar, von welchem anderen Konto des Schuldners frühere Entgeltforderungen des Beklagten beglichen worden sein sollten.

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, dass eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO ausscheidet, weil die angefochtenen Zahlungen dem Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO unterliegen.

aa) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, auf welche Entgeltansprüche die angefochtenen Zahlungen erfolgt sind. Der Senat kann insoweit jedoch den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Vortrag des Klägers zugrunde legen, wonach die Zahlungen jeweils auf das Entgelt des vorherigen Monats erfolgten. Damit liegt sowohl nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 17 f., BAGE 139, 235) als auch nach der des Bundesgerichtshofs (BGH 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - Rn. 34, 37, BGHZ 202, 59) ein Bargeschäft vor, so dass es auf die zwischen den zuständigen Senaten dieser Bundesgerichte insoweit bestehenden unterschiedlichen Auffassungen über den Begriff des Bargeschäfts vorliegend nicht ankommt.

bb) Darüber hinaus fehlt jede Darlegung des Klägers dazu, inwieweit der Beklagte im Zeitpunkt der streitbefangenen Zahlungen die nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO erforderliche Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners besaß.

c) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht auch die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO verneint.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat - ohne dies allerdings ausdrücklich auszuführen - seiner Entscheidung zu Recht die Annahme zugrunde gelegt, dass die für die Vorsatzanfechtung erforderliche Rechtshandlung des Schuldners vorlag, obwohl die streitbefangenen Zahlungen über ein Konto seines Sohnes erfolgten. Die Rechtshandlung des Schuldners liegt in der Vornahme der Überweisung von dem Konto seines Sohnes, das er, wie ausgeführt, als Geschäftskonto nutzte, zur Erfüllung der Entgeltforderung des Beklagten.

bb) Der Kläger hat jedoch bereits den von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO geforderten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht dargelegt. Er hat sich darauf beschränkt, auf die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die von ihm angenommene Inkongruenz der angefochtenen Zahlungen zu verweisen. Er hat dabei die Anforderungen, die sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12 - Rn. 89, BAGE 147, 172) als auch der des Bundesgerichtshofs (BGH 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - Rn. 44, BGHZ 202, 59) an den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes bei einem wie hier vorliegenden bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch zu stellen sind, nicht berücksichtigt. Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausches, erschöpft sich der Wille des Schuldners in der Regel auch dann, wenn im Zeitpunkt der Zahlung Zahlungsunfähigkeit bestand und ihm diese bekannt war, darin, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu erbringen, so dass ihm eine mögliche mit der Zahlung verbundene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden ist. Zur Darlegung des von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO geforderten Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes muss der Insolvenzverwalter deshalb konkrete Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass der Schuldner ausnahmsweise doch im Bewusstsein der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat. Daran fehlt es.

cc) Erst recht fehlt es an der erforderlichen Darlegung der von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zusätzlich verlangten Kenntnis des Beklagten von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Die Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers erkennt der Arbeitnehmer bei einer wie hier vorliegenden (weitgehend) pünktlichen Entgeltzahlung in aller Regel nicht. Ohnehin geht er in einem solchen Fall davon aus, dass er nur bekommen hat, was ihm zusteht, die Unternehmensfortführung erfolgversprechend war und deshalb die Zahlung keine Gläubigerbenachteiligung zur Folge hatte (vgl. BAG 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12 - Rn. 97, BAGE 147, 172). Umstände, die im vorliegenden Fall auf eine abweichende Kenntnislage schließen ließen, hat der Kläger nicht vorgetragen, sondern nur auf die von ihm - wie ausgeführt zu Unrecht - angenommene Inkongruenz der streitbefangenen Zahlungen verwiesen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit (vgl. BAG 11. März 2015 - 10 AZB 101/14 - Rn. 9).

Fischermeier

Spelge

Krumbiegel

Fischermeier

M. Geyer