SG Trier, Urteil vom 31.01.2014 - S 4 AS 89/13
Fundstelle
openJur 2018, 8203
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird in Höhe von 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt zu ihren Gunsten die Abzweigung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Sicherung ihres Unterhalts.

Die Klägerin ist am ...1998 geboren. Ihr Vater ist Herr S. (Unterhaltsschuldner), geboren am ...1962. Herr S. ist daneben Vater des Kindes A. S. (geboren am ...2008) sowie des volljährigen Kindes R. S. (geboren am ...1991).

Das Jugendamt ... ist seit dem 23.5.2013 Beistand des Kindes für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen.

Durch Urteil des Amtsgerichts Trier (Az.: 9 F 234/06) vom 6.6.2007 wurde der von dem Unterhaltsschuldner an die Klägerin zu zahlende, monatliche Barunterhalt in Höhe von 223,00 Euro festgesetzt. Seiner Unterhaltspflicht kam der Kindesvater nachfolgend nicht nach.

Der Unterhaltsschuldner lebt mit seiner Lebensgefährtin und dem Kind A. S. in M.. Die Familie bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

In dem Zeitraum vom 1.7.2012 bis 31.12.2012 wurden dem Unterhaltsschuldner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 401,14 Euro monatlich durch Bescheid vom 13.6.2012 bewilligt. Im Rahmen der Bedarfsermittlung wurde berücksichtigt, dass er im Rahmen einer Nebenbeschäftigung in M. ein voraussichtliches monatliches Einkommen in Höhe von 300,00 Euro erzielte. Der Beklagte zog hiervon Freibeträge nach §§ 11 Absatz 2, 3 SGB II in Höhe von 140,00 Euro ab. Das Einkommen minderte den Bedarf um 160,00 Euro monatlich. Der Bescheid wurde durch Änderungsbescheid vom 19.11.2012 abgeändert, weil die Vorlage der konkreten Gehaltsabrechnung ergab, dass das Einkommen nur 200,00 Euro betragen hatte. Im Rahmen der vorläufigen Bewilligung weiterer Leistungen in dem Zeitraum vom Januar 2013 bis Juni 2013 legte der Beklagte wiederum ein voraussichtliches Einkommen in Höhe von 300,00 Euro monatlich zu Grunde.

Mit Antrag vom 207.2012 beantragte die Bevollmächtigte der Klägerin die Abzweigung gemäß § 48 SGB I aus dem Arbeitslosengeld II für Herrn S. in Höhe der diesem gewährten Freibeträge für Erwerbstätigkeit gemäß § 11b Absatz 2 und 3 SGB II in der jeweils ermittelten Höhe.

Durch den Bescheid vom 9.8.2012 lehnte der Beklagte die Auszahlung laufender Geldleistungen ab, da der Unterhaltsschuldner die laufende Geldleistung in voller Höhe nach dem SGB II für den eigenen Lebensunterhalt benötige. Das Ermessen könne nicht anders ausgeübt werden, weil bei der gesetzlichen Bedarfsberechnung die Freibeträge nach dem SGB II berücksichtigt werden müssten. Der ausgezahlte Betrag stelle den Mindestbedarf des Unterhaltsverpflichteten dar, der ihm auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu belassen sei.

Die Klägerin erhob durch ihren Bevollmächtigten hiergegen Widerspruch. In dem Urteil vom 17.3.2009 habe das Bundessozialgericht die Abzweigung grundsätzlich - dort anhand des Zuschlags gemäß § 24 SGB II a. F., zugelassen (B 14 AS 34/07 R). Dies sei im Ablehnungsbescheid ohne stichhaltige Begründung missachtet worden.

Der Beklagte wies nachfolgend ergänzend darauf hin, dass der Zuschlag gemäß § 24 SGB II a. F. unstreitig der Abzweigung unterliege, da er tatsächlich als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gezahlt werde. Die Beträge nach §§ 11b Absatz 2 und Absatz 3 SGB II würden aber nicht als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gezahlt, sondern seien nur ein Berechnungsfaktor der Leistung.

Durch den Widerspruchsbescheid vom 20.2.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 48 Absatz 1 Satz 1 SGB I könnten laufende Geldleistungen die der Sicherung des Lebensunterhaltes dienten, in angemessener Höhe an den Ehegatten oder an Kinder eines Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn der Unterhaltsschuldner er ihnen gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Dieser Anspruch könne gemäß § 1712 BGB grundsätzlich auch durch das Jugendamt geltend gemacht werden. Allerdings lägen die Voraussetzungen der Abzweigung nicht vor. Zwar bestehe aufgrund des Urteils vom 6.6.2007 ein vollstreckbarer Unterhaltstitel, weil der Unterhaltsschuldner der Tochter R. S. zum Unterhalt verpflichtet sei. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten richte sich aber nach § 850d ZPO. Dem Schuldner sei so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt benötige (§ 850d Absatz 1 Satz 2 ZPO). Der BGH habe in ständiger Rechtsprechung als notwendigen Unterhalt dasjenige angesehen, was nach dem 2. und 4. Abschnitt des BSHG (Bundessozialhilfegesetz) zu zahlen gewesen sei. Nach dem Inkrafttreten des SGB II seien zur Berechnung des notwendigen Bedarfs die Vorschriften des 3. und 11. Kapitels des SGB II bzw. die Regelungen der §§ 19 ff. SGB II heranzuziehen. Das Arbeitslosengeld II gewähre nur das soziokulturelle Existenzminimum. Es sei dem Zugriff im Wege der Vollstreckung entzogen. Daher sei dem Unterhaltsverpflichteten die Regelleistung (§ 20 SGB II) mit den angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung als Existenzminimum zu belassen. Herr S. erziele aus einer geringfügigen Beschäftigung aktuell monatlich ein Einkommen in Höhe von 300,00 Euro. Zur Berechnung des Erwerbseinkommens, dass nach § 11 SGB anrechenbar sei, sei der Freibetrag gemäß § 11b Absatz 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 100,00 Euro abzuziehen. Daneben sei ein weiterer Freibetrag von 40,00 Euro für den 100,00 Euro übersteigenden Betrag gemäß § 11b Absatz 3 Nr. 1 SGB II abzuziehen. Dies ergebe einen Gesamtfreibetrag von 140,00 Euro. Der Betrag der Herrn S. zustehenden Leistungen nach dem SGB II sei daher um insgesamt 160,00 Euro zu mindern. Aus dem Regelbedarf, den der Unterhaltsschuldner, könne der Betrag von 140,00 Euro nicht abgezweigt werden. Dies führe zu Verrechnungsschwierigkeiten. im Übrigen dürfe der Beklagte aber auch nicht in das Existenzminimum eingreifen. Die Abzweigung des zusätzlich gewährten Betrages des § 24 SGB II sei von den Gerichten nur zugelassen worden, weil die Sonderleistung zusätzlich zum Existenzminimum gewährt worden sei. Ein Einbehalt von 140,00 Euro sei nicht möglich.

Die Klägerin macht geltend, der gegenwärtige Sachverhalt entspreche dem, der auch der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.3.2009 (B 14 AS 34/07 R) zu Grunde gelegen habe. Das Existenzminimum werde nicht geschmälert, wenn Beträge in Höhe der Freibeträge abgezweigt würden. Diese Beträge dienten ausschließlich dazu, dem Hilfeempfänger einen Anreiz zur Ausübung der Erwerbstätigkeit zu geben. Er solle besser stehen als jemand, der ausschließlich Leistungen nach dem SGB II beziehe. Darüber hinaus sei vorliegend die Pfändungsfreigrenze anhand des individuell maßgeblichen Sozialhilfebedarf zu bestimmen (BGH vom 18.7.2003 und 12.12.2003, NJW 2003, 2918 und NJW-RR 2004, 506. Insgesamt sei aus der Sicht der Klägerin ein Betrag von 136,93 Euro monatlich abzweigbar.

Die Klägerin beantragt durch ihren Bevollmächtigten,

den Bescheid des Beklagten vom 9.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.2.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die nach dem Abzweigungsantrag vom 20.7.2012 an Herrn S. (Unterhaltsschuldner, geb. am ...1962) gewährten Leistungen rückwirkend ab dem 1.8.2012 in Höhe des jeweiligen Freibetrages für Erwerbstätigkeit, der dem Unterhaltsschuldner gewährt wurde, gemäß §§ 11b Absatz 2 und 3 SGB II im Wege der Abzweigung, der Klägerin zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich auf die Darstellung des Sachverhalts im Widerspruchsverfahren.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Das Gericht ist gemäß § 57 SGG trotz der unrichtigen Belehrung in dem Widerspruchsbescheid örtlich zuständig, da die Klägerin im Bezirk des Sozialgerichts Trier ihren Wohnsitz hat. Die Klägerin ist ordnungsgemäß durch einen Beamten des Jugendamtes als ihren Beistand vertreten (§ 1712 Absatz 1 Nr. 2 BGB, 55 Absatz 2 SGB VIII. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auch im Übrigen zulässig.

Die Klage hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 48 Absatz 1 SGB I liegen nicht vor. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung der §§ 11, 11b Absatz 2, 3 SGB II in ihrer konkreten Ausgestaltung klar zum Ausdruck gebracht, dass der nach diesen Vorschriften ermittelte Leistungsbetrag das soziokulturelle Existenzminimum darstellt. Dieses Existenzminimum ist dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers innerhalb der Grenzen des § 850d ZPO entzogen.

Gemäß § 48 Absatz 1 Satz 1 SGB I können laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, in angemessener Höhe an den Ehegatten oder an die Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Ehegatten oder den Kindern Unterhalt gewährt.

Die dem Kindesvater und Unterhaltsschuldner von dem Beklagten gewährten Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem SGB II unterfallen im Grundsatz der Regelung des § 48 Absatz 1 SGB I. Der Kindesvater ist auch seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht, wie sie in dem Urteil des Amtsgerichts Trier festgesetzt wurde, nicht nachgekommen.

Gleichwohl kann eine Abzweigung nicht erfolgen. Maßstab für die im Wege der Ermessensausübung zu treffende Entscheidung über die Abzweigung ist die Regelung des § 850 d Absatz 1 Satz 1 ZPO (vgl. BSG, Urteil v. 17.3.2009, B 14 AS 34/07 R, Nr. 17 und 18 nach juris). Dadurch wird sichergestellt, dass im Wege der Abzweigung nicht mehr abgezweigt wird, als gepfändet werden kann. Die Regelung bestimmt, dass wegen der Unterhaltsansprüche die Kraft Gesetzes einem Verwandten zustehen, das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar sind. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf.

Der BGH hat als notwendigen Unterhalt des Schuldners in ständiger Rechtsprechung für den Regelfall das angesehen, was nach dem 2. und 4. Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes (BSGHG) an Sozialleistungen zu zahlen war (BGHZ 156,30). Die Unterhaltsrichtlinien (z. B. Düsseldorfer Tabelle) finden keine Anwendung, weil sie auf das materielle Unterhaltsrecht bezogen sind. Nach Inkrafttreten des SGB II und des SGB XII sind im Anwendungsbereich des SGB II die dortigen Vorschriften - insbesondere die §§ 19 ff. SGB II (vgl. BGH, Urteil vom 23.2.2005 - XII ZR 114/03 Rn. 26) maßgeblich. Insbesondere ist dem Berechtigten die Regelleistung mit den angemessenen Kosten der Unterkunft als notwendiger Unterhalt zu belassen. Etwas anderes gilt für Leistungen nach dem SGB II, die die notwendigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts übersteigen, etwa für den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II a. F. (so das BSG, aaO).

Nach dem Maßstab dieser Regelungen verbleibt kein Betrag, der von den Leistungen, die der Beklagte dem Unterhaltsschuldner gewährt, im Wege des § 48 Absatz 1 SGB II abgezweigt werden könnte. Der Beklagte hat dem Unterhaltsschuldner nicht mehr als die Leistungen gewährt, die ihm nach dem gesetzlichen Regelungssystem des SGB II zur Sicherung seines sozialkulturellen Existenzminimums zu gewähren sind. Anders als in dem von dem BSG im Jahr 2009 entschiedenen Fall (BSG, aaO) sind dem Unterhaltsschuldner darüber hinausgehende Leistungen gerade nicht gewährt worden.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen gehalten war, das von dem Unterhaltsschuldner erzielte Einkommen - es waren in den vorliegenden Bewilligungszeiträumen tatsächlich 200,00 Euro monatlich -, nicht voll auf den Leistungsbetrag zur Anrechnung zu bringen. Richtig ist, dass von dem Gesamtbetrag von 200,00 Euro, die dem Unterhaltsschuldner monatlich von dem Arbeitgeber gewährt wurden, nur ein Betrag in Höhe von 120,00 Euro zur Anrechnung gebracht wurde. Diese Anrechnung ist im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen des § 11 Absatz 1, 11b Absatz 2, 3 SGB II erfolgt. Gemäß § 11 Absatz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung erfolgt im Zuflussmonat.

Die Regelung des § 11b SGB II bestimmt, welche Beträge vom Einkommen abzusetzen sind. In Absatz 1 - insbesondere der Nummer 3-5 sind insbesondere solche Aufwendungen erfasst, die von dem Leistungsberechtigten zur Ausübung der Tätigkeit aufgewendet werden müssen, also notwendige Versicherungen und die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen. Abweichend hiervon regelt § 11 Absatz 2 Satz 1 SGB II, dass bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von 100 Euro monatlich abzusetzen ist. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht. In diesem Fall kann der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweisen, dass die Summe der Beiträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100,00 Euro übersteigt. Daneben ist gemäß § 11 Absatz 3 in diesen Fällen ein weiterer Betrag abzusetzen, der für den Teil des Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 1000 Euro beträgt, 20 Prozent beträgt.

Schon diese Regelungssystematik zeigt, dass die gesetzlichen Freibeträge nicht, wie dies etwa das SG Hannover in dem Urteil vom 7.6.2013, S 31 AS 1756/11 angenommen hat, alleine der Motivation zur Aufnahme und Fortführung einer Erwerbstätigkeit dienen. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dem Freibetrag nach § 11b Absatz 2 Satz 1 SGB II ein System geschaffen, dass im Bereich des monatlichen Einkommens bis zu einem Betrag von 400,00 Euro eine gesetzliche Pauschalierung der Absetzbeträge nach Nummer 3-5 des Absatzes 1 herbeiführt. Die Regelung entbindet sowohl den Beklagten als auch den Leistungsberechtigten von der Notwendigkeit, bei kleineren Einkommen den konkreten Nachweis von Aufwendungen zu führen, die mit der Ausübung der Tätigkeit verbunden sind.

Dies hat auch in der Bundestagsdrucksache 15/5446 vom 12.5.2005, Seite 4 Ausdruck gefunden, wenn es in dem Gesetzentwurf zur Neufassung der Freibetragsregelungen heißt: "Die Ermittlung der Abzugsbeträge nach § 11 Abs. 2 und die nachfolgende Berechnung der Freibeträge nach § 30 waren bislang für die Betroffenen nicht transparent. Insbesondere war nicht bereits aus dem Gesetzeswortlaut zu erkennen, bis zu welcher Freigrenze das Bruttoeinkommen ohne Anrechnung auf die Leistungen blieb. Es wird daher ein Grundfreibetrag von 100 Euro eingeführt, bis zu dem das Einkommen unberücksichtigt bleibt. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Hinzuverdienstmöglichkeiten. Im Sinne einer Vereinfachung werden zudem durch Einführung des Grundfreibetrages die Absetzbeträge nach den Nummern 3 bis 5 ersetzt. Um mögliche Härten zu vermeiden, besteht für die Betroffenen bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und damit bei Einkommen oberhalb von 400 Euro aber die Möglichkeit, ggf. höhere Beträge, insbesondere bei den mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, nachzuweisen."

Die Begründung zeigt - wie die Systematik, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Freibetrages auch die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Blick hatte und nicht lediglich die Schaffung von Anreizen zur Ausübung einer Tätigkeit. Denn der Grundfreibetrag wurde bewusst so ausgestaltet, dass er an die Stelle der Absatzbeträge des §§ 11b Absatz 1 Nr. 3-5 SGB II tritt. Es handelt sich daher bei dem Grundfreibetrag um nichts anderes, als um eine pauschalierte Abgeltung von Absetzbeträgen, die der Leistungsberechtigte bei geringen Einkommen nicht vermeiden kann. Diese "generelle Abzugspauschale" (Brühl, in: Münder (Hrsg.), SGB II, 3. Auflage 2009, § 11 Rn. 49; Geiger, in: Münder (Hrsg.), SGB II, 5. Auflage 2013, § 11b Rn. 14-16)) stellt einen pauschalierten Abzug von "Werbungskosten" dar und ist mit der Regelung des § 11b Absatz 3 SGB II eben nicht nur ein Anreizsystem zur Aufrechterhaltung einer Tätigkeit.

Dementsprechend hat der Beklagte sein Ermessen in den angefochtenen Bescheiden zu Recht dahingehend ausgeübt, dass die Abzweigung zu unterbleiben hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO. Da die Klägerin mit der Klage unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Streitwert war in Höhe des Auffangstreitwerts (5.000,00 Euro) festzusetzen. Gemäß § 197a SGG unterfällt das Verfahren der Gerichtskostenpflicht, da das unterhaltsberechtigte Kind nicht zu den in § 183 SGG genanten Personen gehört, weil im Kern die Befriedigung zivilrechtlicher Unterhaltsansprüche begehrt wird (vgl. BSG, Urteil v. 17.3.2009 (B 14 AS 34/07 R). Da aufgrund des Abzweigungsantrags in Höhe der jeweiligen künftigen Freibeträge eine genaue Bestimmung nicht möglich ist, ist der Auffangstreitwert (§ 52 Absatz 2 GKG) heranzuziehen.